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INHALTSVERZEICHNIS
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
1.
Einleitende Bemerkungen zum Problem des Fanatismus und des Fundamentalismus
in protestantischem Christentum und zeitgenössischem Islam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
2.
Theologische und religionspädagogische Bemerkungen zu den Materialien . . . . . . . . . . . . . . . . 9
3.
Die Unterrichtsmaterialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
3.1 Materialien zum Einstieg in das Thema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
Grundlagentext: Sabine Brächter: Grundstrukturen des religiösen Fundamentalismus . . . . . . . . . . . 12
M 1:
Assoziationen zum Stichwort „Fundamentalismus“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
M 2:
Filmanalyse „Delphinsommer“ und ein erster Definitionsversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
3.2 Materialien zum protestantisch-christlichen Fundamentalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
M 3:
Der protestantische Fundamentalismus in den USA zwischen 1900 und 1930 –
ein historischer Überblick (Information) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
M 4:
Das Verhältnis von Evangelikalismus und Fundamentalismus
in der Bundesrepublik Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
M 5:
Auswertung der Recherche und Analyse: Evangelikalismus/Fundamentalismus
in der aktuellen Diskussion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
M 6:
Theologische Grundlagen des protestantischen Fundamentalismus I . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
M 7:
Gegenthesen zur Auseinandersetzung mit der Chicago-Erklärung
zur Irrtumslosigkeit der Bibel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
M 8:
Theologische Grundlagen des protestantischen Fundamentalismus II . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
M 9:
Der Dispensationalismus im Überblick (Information) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
M 10: Aktuelle Facetten (Explikationen) der protestantisch-fundamentalistischen
Wirklichkeitsdeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
M 11: Christlicher Fundamentalismus in der Auseinandersetzung mit der
staatlichen Schul- und Bildungspolitik: Die Homeschooling-Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . 44
M 12: Die fundamentalistische Kritik an der Infragestellung grundlegender
Glaubensüberzeugungen in akademischer Theologie, kirchenleitendem
Handeln und christlichem Gemeindeleben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
M 13: Die Kritik am Niedergang der öffentlichen und privaten Ethik und Moral
und die (vermeintlichen) Alternativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
M 14: Die protestantisch-fundamentalistische Kritik an den sog. fremdkulturellen
Einflüssen und an neuen religiösen Strömungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
M 14,1: Mission oder Dialog? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
M 15: Die mediale Verbreitung der fundamentalistischen Ideologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
M 16: „Heilige Allianzen!?“ – Das Phänomen des sog. „christlichen Zionismus“. . . . . . . . . . . . . . . 60
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3.3 Materialien zum Islamismus/islamischen Fundamentalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
M 17: Assoziationen zum Stichwort „Islamismus“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
M 18: Ein erster Definitionsversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
M 19: Rechercheaufträge: Theoretiker des modernen Islamismus (Biografische Skizzen) . . . . . . . . 68
M 20: Filmanalyse „Persepolis“: Der Alltag in einer Theokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
M 21: Islam und Islamismus in der Bundesrepublik Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
M 22: Ideologeme des Islamismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
M 23: Reizthemen: Gibt es eine schleichende Islamisierung Deutschlands?
Das Konfliktfeld Scharia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
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3
Vorwort
VORWORT
Das Phänomen und der Begriff „Fundamentalismus“ stehen auch noch Jahre nach den Terroranschlägen auf
das World Trade Center im Fokus der öffentlichen Diskussion. Allerdings wird „Fundamentalismus“ oftmals
unreflektiert und im Sinne eines abwertend gemeinten „Kampfbegriffes“ verwendet. Da ist die Rede von kreationistischen Fundamentalisten, atheistischen Fundamentalisten, „gefährlichen Evangelikalen“ und die Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland unterminierenden Islamisten.
Der vorliegende Band versucht, etwas Ordnung in das vermeintlich unübersichtliche Gestrüpp von Phänomenen und Begrifflichkeiten zu bringen. Dabei stehen die beiden Themenkomplexe protestantisch-christlicher Fundamentalismus und Islamismus/islamischer Fundamentalismus im Vordergrund. Weitere umfangreiche Materialien zum katholischen Traditionalismus und zum religiös motivierten Fundamentalismus
im Judentum sowie ausführliche, kommentierte Literaturhinweise bzw. Internetlinks stehen auf der Homepage des Autors (www.theologie-kontrovers.de, Link auf www.auer-verlag.de/go/6473) zur Verfügung. Für
den Unterrichtsprozess wichtige Literatur ist in den Anmerkungen genannt.
Im 1. und 2. Kapitel werden die tragenden religionssoziologischen, theologischen und religionspsychologischen Erwägungen des Verfassers kurz skizziert.
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Das 3. Kapitel enthält eine Fülle von Unterrichtsmaterialien, die zum großen Teil direkt im Unterricht eingesetzt werden können. Teilweise wird auf weitere Medien (v. a. Internet) verwiesen. Eine Quellenauswahl, die
es den unterschiedlichen Lerngruppen ermöglichen soll, eine religionssoziologisch reflektierte Definition des
Begriffs „Fundamentalismus“ (u. a. auch in Abgrenzung zum Begriff „Evangelikalismus“) zu erarbeiten und
ggf. kontrovers zu diskutieren, findet sich in Kapitel 3.1. Daran schließen sich in Kapitel 3.2 Materialien für die
Erarbeitung und kritische theologische Reflexion der beiden grundlegenden Ideologeme der Wirklichkeitsdeutung des protestantischen Fundamentalismus an. Die nachfolgenden Materialien ermöglichen es den Lerngruppen – ggf. in arbeitsteiliger Gruppenarbeit –, aktuelle und kontroverse Reaktionen hervorrufende Explikationen dieser Wirklichkeitsdeutung kennenzulernen, zu analysieren und Stellung dazu zu beziehen.
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Die zur verfügung stehenden Materialien eignen sich für verschiedene Unterrichtsformen, jedoch bieten sie
sich besonders an für freies Arbeiten (materialgeleitete Freiarbeit, Projektunterricht, Webquest) in Einzel-,
Partner- oder Gruppenarbeit und können durch weitere Arbeitsweisen, wie Bibliotheksrecherche, Experteninterviews, Umfragen usw., ergänzt werden.
Hinweis zu den Internetquellen: Alle im Buch angegebenen Internetlinks wurden bei Drucklegung überprüft. Falls sich Änderungen ergeben, können Sie dies dem Verlag oder dem Autor gerne mitteilen. Bekannte
Änderungen werden auf der Homepage des Verlages (www.auer-verlag.de/go/6473) veröffentlicht.
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Matthias Roser: Zwischen Glaube und Besessenheit © Auer Verlag GmbH, Donauwörth
Die Materialien unter 3.3 bieten den Schülern die Möglichkeit, eine politologisch valide Diskussion des Phänomens Islamismus/islamischer Fundamentalismus kennenzulernen. Zudem sind Kopiervorlagen zur Erarbeitung und Diskussion einer „islamistischen Biografie“ in der Bundesrepublik Deutschland enthalten. Dabei
ist es dem Verfasser wichtig, dass die Religion des Islam nicht (!) auf den Aspekt Islamismus/islamischer Fundamentalismus reduziert werden darf. Der Verfasser intendiert nicht, eine wie auch immer geartete Islamphobie zu schüren! Die diesen Materialband abschließenden Quellen helfen den Lernenden, sich grundlegende Informationen in der aktuellen Streitfrage „Gibt es eine schleichende Islamisierung Deutschlands?“ zu
erarbeiten und dadurch kompetent in den Diskussionsprozess „Soll es eine Teilintegration der Scharia in das
Rechtssystem der Bundesrepublik Deutschland geben?“ einzutreten.
Bereits 1990 konstatierte Martin Riesebrodt in seinem grundlegenden Werk „Fundamentalismus als patriarchalische Protestbewegung“1: „Seit Ende der 70er Jahre hat sich das Schlagwort des ‚Fundamentalismus’ im
wissenschaftlichen wie journalistischen Sprachgebrauch rasant ausgebreitet. Mit diesem Begriff werden vor
allem religiöse Protestbewegungen und militante Gruppen bezeichnet, die mit ihren radikalen Forderungen
und spektakulären Aktionen die politischen Kräfteverhältnisse zum Teil dramatisch verändert haben: vor allem
in islamischen Ländern, aber auch in Israel, den Vereinigten Staaten von Amerika und in Süd- und Ostasien.“2
Martin Riesebrodt nennt zum Beleg für seine Beobachtungen u. a. folgende – mittlerweile historisch gewordene – Beispiele: die iranische Revolution unter Führung von Ayatollah Khomeini und die Errichtung der Islamischen Republik Iran 1979 sowie die Ermordung des ägyptischen Präsidenten Anwar El Sadat im Jahre
1981.
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Seit dem 11. September 2001 ist der Begriff „Fundamentalismus“ endgültig in aller Munde. Aber das Phänomen des Fundamentalismus ist nicht auf den Nahen Osten bzw. den Islam beschränkt.3 Vielmehr spricht man
auch in der Bundesrepublik Deutschland nicht nur vom islamischen Fundamentalismus (Islamismus/Terrorismus)4, sondern verstärkt auch von einem christlich motivierten Fundamentalismus, sei es in protestantischer5
oder katholischer6 Gestalt.
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Die nachfolgende Materialsammlung geht mit Martin Riesebrodt davon aus, dass sich grundlegende, gemeinsame Ideologeme sowohl des christlichen als auch des islamischen Fundamentalismus in religionssoziologischer Perspektive auffinden und beschreiben lassen.
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Martin Riesebrodt benennt folgende Aspekte, die in wissenssoziologischer Perspektive ein gemeinsames
„Grundmuster der fundamentalistischen Ideologie“7 – auch im interreligiösen Vergleich – erkennen lassen:
Matthias Roser: Zwischen Glaube und Besessenheit © Auer Verlag GmbH, Donauwörth
a)
b)
c)
d)
e)
1
2
3
4
5
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7
1. Einleitende Bemerkungen zum Problem des Fanatismus und des Fundamentalismus
1. EINLEITENDE BEMERKUNGEN ZUM PROBLEM
DES FANATISMUS UND DES FUNDAMENTALISMUS IN PROTESTANTISCHEM CHRISTENTUM
UND ZEITGENÖSSISCHEM ISLAM
Fundamentalismus als patriarchalischer Moralismus
Fundamentalismus als organische Sozialethik
Fundamentalismus als gesetzesethischer Monismus
Fundamentalismus als religiöser Nativismus
Fundamentalismus als Messianismus und Millenialismus
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Martin Riesebrodt: Fundamentalismus als patriarchalische Protestbewegung. Amerikanische Protestanten (1910 – 1928) und
iranische Schiiten (1961 – 1979) im Vergleich, Tübingen 1990
a. a. O., S. 1
a. a. O.
Die Literatur zum Islamismus ist mittlerweile Legion. Als erste Überblicksdarstellungen sind geeignet:
– Johannes Kandel: Herausforderung Islamismus, in: Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (Hg.): Materialdienst 8/05, S. 203 ff., Ausschnitt online verfügar unter http://www.fes-online-akademie.de/modul.php?md=4&c=texte&
id=77
– Bundesministerium des Inneren (Hg.): Islamismus, Berlin 2003, 5. Auflage 2006, online verfügbar unter http://www.bmi.
bund.de/cln_173/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/DE/2004/Islamismus_Id_93846_de.html
– Abteilung Verfassungsschutz der Senatsverwaltung für Inneres und Sport Berlin (Hg.): Islamismus – Diskussion eines vielschichtigen Phänomens. Berlin 2005, online verfügbar unter http://www.berlin.de/sen/inneres/verfassungsschutz/e2_
publikationen.html
Vgl. Oda Lambrecht/Christian Baars: Mission Gottesreich. Fundamentalistische Christen in Deutschland, Berlin 2009 und die
Aufsätze von Richard Ziegert (Landeskirchlicher Beauftragter für Weltanschauungsfragen der Evangelischen Kirche der Pfalz):
Die EKD-Kirchen angesichts der Globalisierung, in: Deutsches Pfarrerblatt, Nr. 6/ Juni 2003, S. 291 ff., online verfügbar unter
http://www.dekanat-hof.de/meinungdesmonats/meinungjuli03.htm und Wohin entwickelt sich der Protestantismus?, in:
Pfälzisches Pfarrerblatt, online verfügbar unter http://www.pfarrerblatt.de/text_52.htm –
Alle drei Autoren konstatieren einen „fundamentalistic turn“ sowohl in den Gliedkirchen der EKD als auch in der Deutschen
Evangelikalen Bewegung. Mit Verve wendet sich z. B. Thomas Schirrmacher in seinem Beitrag „Mission Gottesreich“ oder: Die
Kriminalisierung der Evangelikalen, 2009, online verfügbar unter http://www.kepnet.info/evangelikal/cms/index.php?option=
com_content&view=article&id=31:mission-gottesreich&catid=2:beitraege gegen eine vermeintliche Kriminalisierung der
Deutschen Evangelikalen Bewegung.
Vgl. die Debatte um die Pius-Bruderschaft. Hierzu: Alois Schifferle: Die Pius-Bruderschaft. Informationen – Positionen – Perspektiven, Kevelaer 2009
Martin Riesebrodt, a. a. O.
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5
Der im deutschsprachigen Raum m. W. beinahe unbekannte neuseeländische Theologe und Religionsphilosoph Lloyd Geering28 veröffentliche 2003 den Band „Fundamentalism: The Challenge to the Secular World“29.
Darin vergleicht Geering den religiösen Fundamentalismus innerhalb der drei großen monotheistischen Weltreligionen und kommt zu einigen wichtigen theologischen Einsichten, die auch religionspädagogisch fruchtbar zu machen sind.
Geering schreibt: „It cannot be stressed too strongly, […] that if we wish to make any headway in our encounter with fundamentalism, we must make a genuine attempt to understand and listen to its protest.“30 Geering
fordert folglich dazu auf, auf die Explikationen des modernen religiösen Fundamentalismus genau zu hören
und diese auf ihre grundlegenden theologischen, religionspsychologischen und politischen Ideologeme
(Axiome) hin zu analysieren.
In religionsphilosophischer Hinsicht versteht Geering den religiösen Fundamentalismus als Ausdruck einer
„spiritual famine in the western culture“31. Mit dieser von Geering so bezeichneten „geistlichen Hungersnot“
ist auch die Frage verbunden, welche Rolle Religion in der Kultur und Gesellschaft der Gegenwart übernehmen kann bzw. übernehmen soll: „This critical assessment of the modern secular world, made by both Christian and Muslim fundamentalists, cannot just be brushed aside. They have a point to make which must be
listened to. The West is still living on cultural and moral capital inherited from the past. This has remained part
of the fabric of society for some generations after church practices and beliefs ceased to engage the whole of
society. But it is now wasting away, revealing some serious lacks in secular culture.“32 Der sog. „neue (Vulgär)Atheismus“ (Richard Dawkins, Christopher Hitchens, Sam Harris usw.) kann auch als Antwort auf die „Wiederkehr der Religionen“ verstanden werden. Von daher ist es sicherlich lohnend, mit den Schülern die Frage zu
diskutieren, welchen Stellenwert bzw. welche Funktion sie von (!) Religion(en) in einem säkularen Staat sehen
bzw. namhaft zu machen vermögen.33 Im Kontext von Politik und Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland sei hier nur an das Diktum von Ernst Wolfgang Bockenförde erinnert: „Der freiheitliche, säkularisierte
Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann. Das ist das große Wagnis, das er,
um der Freiheit willen, eingegangen ist. Als freiheitlicher Staat kann er einerseits nur bestehen, wenn sich die
Freiheit, die er seinen Bürgern gewährt, von innen her, aus der moralischen Substanz des einzelnen und der
Homogenität der Gesellschaft, reguliert. Andererseits kann er diese inneren Regulierungskräfte nicht von sich
aus, das heißt, mit den Mitteln des Rechtszwanges und autoritativen Gebots zu garantieren versuchen, ohne
seine Freiheitlichkeit aufzugeben und – auf säkularisierter Ebene – in jenen Totalitätsanspruch zurückzufallen,
aus dem er in den konfessionellen Bürgerkriegen herausgeführt hat.“34
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Matthias Roser: Zwischen Glaube und Besessenheit © Auer Verlag GmbH, Donauwörth
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2. Theologische und religionspädagogische Bemerkungen zu den Materialien
2. THEOLOGISCHE UND RELIGIONSPÄDAGOGISCHE BEMERKUNGEN
ZU DEN MATERIALIEN
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An die christliche Theologie richtet Geering die dringende Aufforderung, das theologische und philosophische
Erbe der Aufklärung nicht fahrlässig aufzugeben:
The liberal voices in the churches have long been reluctant to say anything too critical about fundamentalists, on
the grounds that they have every right to live by the beliefs they feel most comfortable with. In view of the obvious
devotion and commitment displayed by fundamentalists, liberals have often leaned over backwards to accommo28
29
30
31
32
33
Zur Biografie vgl. die autobiografische Skizze Geerings auf der Internetseite http://www.abc.net.au/religion/stories/s1333339.htm
Lloyd Geering: Fundamentalism: The Challenge to the Secular World, Wellington 2003
Zitiert nach der online verfügbaren Fassung, http://www.religion-online.org/showchapter.asp?title=2732&C=2440
a. a. O.
a. a. O.
Materialien zur kritischen Auseinandersetzung mit dem neuen Atheismus finden sich u. a. in: Matthias Roser: Gott vs. Darwin,
Donauwörth 2. Aufl. 2010. In den Kontext der kritischen Auseinandersetzung mit dem Fundamentalismus in Judentum,
Christentum und Islam gehört sicherlich auch die Analyse und kritische Diskussion der Thesen bzw. Fragestellungen von Jan
Assmann: „Bestätigen die Sprache und die Bilder der Gewalt, die gerade im Kontext der Gottesfrage verwendet werden, also
die These, dass sie sog. abrahamitischen Religionen als sekundäre Religionen intolerant sein müssen und so von ihrem Ansatz
her ein hohes inhärentes Gewaltpotential besitzen?“.
Zitiert nach: Herbert Frohnhofen: http://www.theologie-systematisch.de/gotteslehre/2/assmann.htm . Jan Assmann beschreibt
seine Position detailliert in den folgenden Arbeiten:
Jan Assmann: Moses der Ägypter. Entzifferung einer Gedächtnisspur, München-Wien 1998, Frankfurt/Main 3. Aufl. 2001
ders.: Monotheismus und Ikonoklasmus als politische Theologie, in: Mose. Ägypten und das Alte Testament, hg. v. E. Otto
(Stuttgarter Bibelstudien 189) Stuttgart 2000, 121–131
ders: Die Mosaische Unterscheidung oder der Preis des Monotheismus, München 2003
Jan Assmann: Ist der Eine Gott gewalttätig? / E. REINMUTH, Ist der eine Gott gewalttätig?: Fragen an das Neue Testament,
beide in: Zeitschrift für Neues Testament 9 (2006), 42–47/48–52
34 Ernst-Wolfgang Bockenförde: Staat, Gesellschaft, Freiheit, Frankfurt 1976, S. 60
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9
Eine – zumindestens in den Vereinigten Staaten – sehr populäre
Form der Verbreitung der protestantisch-fundamentalistischen
Ideologie ist die „Left Behind Series“ von Tim LaHaye und Jerry B.
Jenkins. Das Internetlexikon „Wikipedia“ schreibt über diese Produkte:
Q 1 Wikipedia zur „Left Behind Series“
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Inhalt
Die Erzählung beginnt während eines Linienfluges. Plötzlich sind im Flugzeug ca. 100 Passagiere
spurlos verschwunden. Schnell stellt Pilot Rayford Steele fest, dass nicht nur sein Flugzeug, sondern
die ganze Welt von diesem unerklärlichen Phänomen betroffen ist. Insbesondere alle Babys und Kinder sind verschwunden, sowie Steeles Frau, die gläubige Christin war, während Steele immer ein
Zweifler blieb. Um ihn herum bildet sich ein Kern von neuen Christen, von denen vor allem Hattie
Durham (eine Stewardess des betroffenen Fluges, die drei Jahre später zur Gruppe stößt) und Buck
Williams (ein Reporter) eine Rolle spielen.
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Die Personen werden unweigerlich in den Bann und Kreis eines neu gewählten, jungen, charismatischen UN-Generalsekretärs aus Rumänien namens Nicolai Carpathia gezogen. Steele wird der Pilot
des Generalsekretärs, Williams erhält mehrfach Gelegenheit zu exklusiver Berichterstattung. Während ihrer Dienstzeit für Carpathia kommen die Hauptpersonen jedoch erst zu der Vermutung, später
zu der Sicherheit, dass Carpathia in Wirklichkeit der Antichrist ist, und sie beginnen, eine Untergrundorganisation in nächster Nähe zum Zentrum des Bösen aufzubauen.
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Die ersten Plagen der Apokalypse treffen ein und die Herrschaft des Bösen verdichtet sich langsam.
Jedoch bleibt Nicolai nach außen hin immer noch unantastbar und wird zum Volkshelden, während
die Katastrophen Millionen dahinraffen. Nach einem Mordanschlag stirbt Carpathia, nur um drei
Tage später, nun beseelt vom Teufel und überzeugt, Gott zu sein, wiederaufzuerstehen.
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Das Zeichen des Bösen, ohne das niemand kaufen oder verkaufen kann, wird eingeführt, und alle
diejenigen, die es nicht annehmen, werden hingerichtet. Carpathias Schreckensherrschaft bringt
auch die Gruppe um Williams und Steele immer mehr in Bedrängnis, bis sich schließlich die überlebenden Gläubigen in die Felsenstadt Petra zurückziehen können. Petra wird zu einem sicheren Hort,
den die Mächte des Bösen nicht angreifen können. Die letzten Bücher beschreiben die Entscheidungsschlacht um Jerusalem und die Schlacht von Harmagedon. Am Ende stehen die Rückkehr
Christi und die Auferstehung der Märtyrer.
5
10
15
20
25
[…]
Aufbau
Die komplette Buchserie besteht aus 12 Romanen, denen nach ihrer Vollendung noch Vor- und
Nachfolgebände hinzugefügt wurden. Teile von „Left Behind“ wurden bereits unter dem Titel Left
Behind – the Movie verfilmt.
30
[…]
Deutsche Buchtitel
• Der Pakt: Auftakt zum Finale
1. Finale
2. Finale, Band 2 (später neu veröffentlicht unter „Die Heimsuchung")
3. Nicolai
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Matthias Roser: Zwischen Glaube und Besessenheit © Auer Verlag GmbH, Donauwörth
3.2 Materialien zum protestantisch-christlichen Fundamentalismus
M 15 Die mediale Verbreitung der fundamentalistischen
Ideologie
Die Ernte
Apollyon
Die Verschwörung
Die Rückkehr
Das Zeichen
Die Entweihung
Die Felsenstadt
Harmagedon
Der Triumph
40
45
[…]
Erfolg und Folgewerke
Die Left-Behind-Bücher haben bisher eine Gesamtauflage in den USA von über 50 Millionen Exemplaren und waren nahezu alle auf den Bestsellerlisten zu finden. Aufgrund ihres Erfolgs haben die
Autoren mehrere Folgeserien mit unterschiedlicher Zielgruppe begonnen:
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• Left Behind: The Kids – eine Serie um Jugendliche, die sich an 10- bis 14-Jährige richtet. Je 4 Bücher der Kids-Serie decken in etwa den Zeitraum eines der Erwachsenenbücher ab. Derzeit gibt es
40 Bücher in dieser Serie.
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• Die politische und die militärische Serie – zwei unterschiedliche Blickwinkel auf die Haupthandlung mit neuen Hauptcharakteren.
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• Graphic Novels (Comics) sind zu den ersten beiden Büchern erschienen – je 5 Comics decken einen Roman ab.
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• Filme – es sind bisher drei Filme produziert worden, der erste, Left Behind – the Movie, entspricht
im Inhalt dem ersten Roman, der zweite, Tribulation Force, etwa der ersten Hälfte des zweiten
Romans und der dritte, World at War, – inzwischen auf Deutsch unter dem Titel Finale – Welt im
Krieg erschienen –, ist eine sehr freie Adaptation des Schlusses des zweiten Buches.
• Die „Soon“-Serie beginnt in der späteren Zeit der Left-Behind-Serie, wo jede Religion außer der
Verehrung Carpathias bereits verboten ist, und hat als Hauptfigur einen Agenten der Weltregierung, der das Religionsverbot mit überwachen und durchsetzen soll. Die Serie besteht aus bisher 3
Bänden.
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3.2 Materialien zum protestantisch-christlichen Fundamentalismus
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
60
65
• Seit Herbst 2006 existiert auch noch ein Computerspiel Left Behind – Eternal Forces, in dem der
Spieler Ungläubige erschießen oder missionieren soll; nach dem Töten müssen die Seelenpunkte
durch Beten wieder aufgeladen werden.
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• Das Thema wurde auch in einem Simpsons-Halloween-Special aufgegriffen.
Matthias Roser: Zwischen Glaube und Besessenheit © Auer Verlag GmbH, Donauwörth
Wikipedia, Die freie Enzyklopädie: Left Behind, http://de.wikipedia.org/wiki/Left_Behind
Arbeitsaufträge:
1. Auf der Homepage des deutschen Verlages Gerth-Medien (www.gerth.de) finden Sie längere Leseproben aus
„Der Pakt: Auftakt zum Finale“ und „Finale – Band 1: Die letzten Tage der Erde“. Studieren Sie folgende
Leseproben genau und analysieren Sie die Texte unter den Gesichtspunkten Stil, Schwierigkeitsgrad, Attraktivität und Spannung. Links zu den Leseproben:
http://www.gerth.de/pdf/products/816070/816070_.pdf
http://www.gerth.de/pdf/products/816270/816270_Leseprobe.pdf
2. Würden Sie sich die komplette Reihe kaufen wollen? Bitte begründen Sie Ihre Meinung.
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3.2 Materialien zum protestantisch-christlichen Fundamentalismus
Q 2 Das PC-Spiel „Left Behind – Eternal Forces“
Arbeitsaufträge:
1. Orientieren Sie sich über Inhalt, zu lösende Aufgaben, technische Voraussetzungen und Kritik an diesem Echtzeit-Strategiespiel (engl. realtime strategy). Zur Bearbeitung dieser Aufgabe können Sie folgende
Quellen bzw. Links verwenden.
a) Positiv: http://www.wired.com/gaming/gamingreviews/
commentary/games/2006/11/72071
b) Abwägend: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/22/22792/
1.html
c) Kritisch: http://www.spiegel.de/netzwelt/spielzeug/
0,1518,454316,00.html
d) Demo-Version des Spiels: http://www.eternalforces.com/
downloads.aspx
2. Entscheiden Sie sich: Würden Sie sich eine aktuelle Version des Spiels
kaufen und es mit ihren Freunden spielen? Oder sind Sie der Meinung,
dass das Spiel erst ab 18 Jahren freigegeben werden sollte, weil es jugendgefährdende Inhalte vermittelt bzw. zu verbreiten hilft?
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M 16 „Heilige Allianzen!?“ – Das Phänomen
des sog. „christlichen Zionismus“
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http://www.staff.uni-marburg.de/~terno/judentum/index.
html?tempelberg.html
http://www.reisenews-online.de/2008/11/24/pilgerreisennach-jerusalem/
Arbeitsaufträge:
1. Recherchieren Sie die religiöse Bedeutung der Klagemauer, der al-Aqsa-Moschee und des Felsendoms in Judentum, Christentum und Islam. Versuchen Sie anschließend, das interreligiöse Konfliktpotenzial zu benennen.
2. Informieren Sie sich bitte über das Phänomen des sog. „christlichen Zionismus“ (Wurzeln – Wirkung – Widerspruch). Als Ausgangspunkt Ihrer Recherchen können Sie die deutschsprachige Wikipedia wählen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Christlicher_Zionismus
3. Zur Vertiefung: Dr. Erhard Kamphausen von der Missionsakademie in Hamburg beschreibt in seinem Vortrag
„Christlicher Zionismus. Die Bedeutung Jerusalems im Endzeitdenken christlicher (US–amerikanischer M.R.)
Fundamentalisten (2006)“ seiner Meinung nach zweifelhafte Israel-Freunde. Fassen Sie bitte die wesentlichen Aussagen dieses Vortrages thesenartig zusammen. Sie finden diesen Vortrag unter:
www.ev-akademie-boll.de/fileadmin/res/otg/640806-Kamphausen.pdf
4. Welches Bild des Islam bzw. der palästinensischen Bevölkerung wird in der skizzierten Form des US–amerikanischen christlichen Zionismus vertreten? Wie beurteilen Sie dieses Bild?
5. Erkennen Sie Parallelen zu den Thesen von Lothar Gassmann und Dave Hunt (M14)?
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zur Vollversion
Matthias Roser: Zwischen Glaube und Besessenheit © Auer Verlag GmbH, Donauwörth
Als Beispiel für die in der Überschrift genannte „Zusammenarbeit“ soll hier der Tempelberg in Jerusalem dienen.
Die Journalistin Fathiyeh Naghibzadeh berichtete 2007 in der Wochenzeitung „Jungle World“ (http://jungle-world.com) über den Film „Persepolis“.
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Filmplakat „Persepolis“ (2007)
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Black Box Gottesstaat
Marjane Satrapis Comic über ihre Kindheit im Iran und das Aufwachsen im Wiener Exil wurde
zum Bestseller. Die Kinoversion verdichtet ihre dreihundertseitige Graphic Novel zu einem eindringlichen Animationsfilm. „Persepolis“ gewährt einen seltenen Einblick in den Alltag des Gottesstaats. Aber, warnt Fathiyeh Naghibzadeh, die religiöse Diktatur darf nicht zur iranischen Nationalkultur stilisiert werden.
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Als der Schah von Persien 1979 gestürzt wurde, glaubte die Mehrheit der Iraner an eine Zukunft ohne
Tyrannei und Repression. Was jedoch folgte, übertraf alle Dimensionen vorstellbarer Unterdrückung.
„Persepolis“ erschien zunächst als zweiteiliger Comic, in dem die Autorin Marjane Satrapi ihre Kindheit und Jugend im Iran und im Exil schildert. Die Verschränkung der neueren Geschichte des Iran
– die viele Europäer und Amerikaner nur schemenhaft kennen – mit der sehr persönlichen Sicht des
Kindes Marjane hat die grafische Novelle zum Bestseller gemacht.
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Der Film „Persepolis“ ist ein Animationsfilm in Schwarz-Weiß, der jedoch einen farbigen Erinnerungsabdruck im Gedächtnis hinterlässt. Er schildert plastisch zentrale Stationen iranischer Geschichte seit Ende der siebziger Jahre: die Konsolidierung des neuen Regimes vor dem Hintergrund
des Iran-Irak-Kriegs, die Kampagnen für den Märtyrertod und die Reaktionen der Familien, das Verschwinden von politischen Aktivisten, Gefängnis und Folter, die dramatischen Veränderungen im
öffentlichen und im Privatleben, die ständigen Kontrollen durch die Sittenpolizei, die Zwangsverschleierung der Frauen und schließlich das Exil als einzigen Ausweg für viele. An vielen Stellen erscheint dieser Albtraum jedoch wie eine Tragikomödie. Die Verunsicherung und die Schwierigkeiten
der iranischen Gesellschaft bei der Anpassung an die Normen und Werte der Islamischen Republik
führen immer wieder zu absurden Situationen. So zum Beispiel, wenn islamische Revolutionswächterinnen sich als Popkultur-Expertinnen gerieren, wenn es um die Frage geht, ob dieses oder jenes
Kleidungsstück einen Ausdruck von „Verwestlichung“ darstellt. Ich erinnere mich, dass wir die Sittenpolizei in Teheran in den achtziger Jahren die „Michael-Jackson-Verfolger“ nannten, weil sie nach
Jugendlichen fahndete, die sich angeblich wie Michael Jackson kleideten oder es zumindest versuchten.
„Persepolis“ ist auch ein Film über tausende und abertausende Familien, die die dramatische Entscheidung trafen, ihre Kinder alleine ins ungewisse Exil zu schicken, um sie vor der Deformierung
ihres Lebens durch die permanente öffentliche Lüge, vor der Zwangsverschleierung oder vor dem
Märtyrertod als minenräumende Kindersoldaten zu schützen.
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Aus Sicht der 14-jährigen Marjane ist das Leben im Ausland jedoch auch nicht besser. Während im
Iran der private Raum, Freunde, die Eltern und die Großmutter, die nach Jasminblüten duftet, die
Einzigen sind, die Schutz vor einer feindlichen Außenwelt bieten, wird ihr das Privatleben im Exil
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Matthias Roser: Zwischen Glaube und Besessenheit © Auer Verlag GmbH, Donauwörth
3.3 Materialien zum Islamismus/islamischen Fundamentalismus
M 20 Filmanalyse „Persepolis“: Der Alltag in einer Theokratie
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„Persepolis“ ist ein trauriger und zugleich amüsanter Film, der mich berührt, weil er auch meine eigene Geschichte erzählt. Ich frage mich, ob die Behauptung stimmt, dass die Geschichte vor allem
deswegen so interessant sei, weil sie aus der Perspektive eines Kindes geschildert wird. Als sich die
Islamische Republik zu formieren begann, wurde aus Angst und Vorsicht nicht offen über diesen
Albtraum gesprochen. Nur die Kinder drückten in ihrer Naivität die absurden Erfahrungen im Umgang mit den neuen Normen und Werten ganz unverblümt aus.
Trotz einiger Kritikpunkte bietet der Film einen einmaligen Einblick in das öffentliche und private
Leben im Gottesstaat Iran. Daher ist dem Film ein großes und aufmerksames Publikum zu wünschen.
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Fathiyeh Naghibzadeh: Black Box Gottesstaat, in: Jungle World Nr. 47, November 2007,
http://jungle-world.com/artikel/2007/47/20733.html
Arbeitsaufträge
1. Skizzieren Sie mit eigenen Worten den Alltag in einem theokratischen Staat, wie er im Film „Persepolis“ zum
Ausdruck kommt.
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3.3 Materialien zum Islamismus/islamischen Fundamentalismus
zum Verhängnis. Geflohen aus dem islamistischen Iran, landet sie in Wien in einem katholischen
Internat. Das öffentliche Leben steht für die Erfahrung der Freiheit. Aber Marjane muss diese Erfahrung zunächst völlig auf sich gestellt, ohne jede emotionale Begleitung machen. Nicht die wirkliche
kulturelle Differenz, sondern die Ablehnung, die Marjane als „Fremde“ erfährt, ist der Schock des
Exils. Doch auch die Rückkehr in den Iran kann ihre inneren Widersprüche nicht mehr auflösen. Sie
verfällt in tiefe Depression und entschließt sich nach einer gescheiterten Ehe, nach Europa zurückzukehren.
2. Welche fundamentalen Menschenrechte werden in einem theokratischen Staat außer Kraft gesetzt? Gibt es
hierfür Begründungen? Wie beurteilen Sie diese Begründungen?
3. Vergleichen Sie die Staatsform der Theokratie mit einer parlamentarischen Demokratie. Was fällt Ihnen
auf?
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4. Den Trailer zum Film können Sie sich im Internet anschauen.
Matthias Roser: Zwischen Glaube und Besessenheit © Auer Verlag GmbH, Donauwörth
Links:
http://www.youtube.de (Suchbegriff: Persepolis Teaser – deutsch)
http://www.persepolismovie.co.uk (englisch)
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M 21 Islam und Islamismus in der Bundesrepublik
Deutschland
Ende 2007 veröffentlichte das Bundesministerium des Innern eine von Prof. Dr. Wetzels und Dr. Katrin Brettfeld (Universität Hamburg) erstellte Studie unter dem Titel „Muslime in Deutschland. Integration, Integrationsbarrieren, Religion und Einstellungen zu Demokratie, Rechtsstaat und politisch-religiös motivierter Gewalt“. Christine Schirrmacher fasste 2008 wesentliche Ergebnisse der Studie für den Materialdienst der
Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen zusammen.
Muslime in Deutschland. Zu einer Studie des Bundesinnenministeriums
Mitarbeiter der Hamburger Kriminologen Karin Brettfeld und Peter Wetzels erfragten über drei Jahre
hinweg Einstellungen von Muslimen in Deutschland zu den Themen Integration und Demokratie,
Rechtsstaatlichkeit und politisch-religiös motivierte Gewalt. Nun liegt eine 500 Seiten starke Studie1
vor, die von Bedeutung ist, weil sie einen wissenschaftlich fundierten Beitrag zur dringend notwendigen Bestandsaufnahme muslimischen Lebens in Deutschland bietet. Nach einer langen Geschichte
der Verweigerung der Erkenntnis, dass die muslimischen „Gastarbeiter“ der 60er Jahre auf Dauer in
Deutschland leben würden, und der weithin ungeplanten und ungesteuerten Zuwanderung von
Menschen aufgrund politischer Verfolgung, Asylersuchen, wirtschaftlicher Not sowie Familiennachzug in den vergangenen Jahrzehnten war es längst an der Zeit, sich mit der gesellschaftlichen und
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