Gemessene Windstatistiken - Baden

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Gemessene Windstatistiken - Baden
Landesanstalt für Umwelt, Messungen und
Naturschutz in Baden-Württemberg
Gemessene Windstatistiken
Hinweise für Anwender
Impressum
Impressum
Herausgeber
LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg
Postfach 10 01 63, 76231 Karlsruhe, www.lubw.baden-wuerttemberg.de
Bearbeitung
Institut für Angewandte Forschung (IAF) der Hochschule Karlsruhe
Diplom -Ingenieur (FH) Armin Wäspy
und
LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg
Postfach 10 01 63, 76231 Karlsruhe, www.lubw.baden-wuerttemberg.de
Redaktion
LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg
Titelfoto: Katja Anke
Bezug
Download unter: http://www.lubw.bwl.de/
Stand
August 2007
Nachdruck – auch auszugsweise – ist nur mit Zustimmung des Herausgebers unter Quellangabe und
Überlassung von Belegexemplaren gestattet.
© LUBW
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Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Impressum................................................................................................................................2
Inhaltsverzeichnis.....................................................................................................................3
1 Einleitung...............................................................................................................................4
2 Anwendungsbereich..............................................................................................................8
3 Daten und ihre Bearbeitung ..................................................................................................9
3.1 Datengrundlage ..............................................................................................................9
3.2 Bearbeitung und Darstellung der Windrosen..................................................................9
4 Ergebnisse ..........................................................................................................................11
4.1 Allgemeines zu den Windverhältnissen in Baden-Württemberg...................................11
4.2 Tagesgänge der Windgeschwindigkeit .........................................................................12
4.3 Räumliche Gültigkeit der Windstatistiken .....................................................................15
Literatur ..................................................................................................................................16
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Einleitung
1 Einleitung
Eine Darstellung der Windmessungen in Baden-Württemberg ist für alle Belange der
Luftreinhaltung von Bedeutung. Eine Zunahme von geeigneten Messungen ist besonders in
den letzten Jahren zu verzeichnen. Die einfachere Registrierung und Verarbeitung mit
elektronischen Datenerfassungssystemen hat dazu beigetragen. Ein Anlass zu solchen
Messungen ergab sich häufig im Rahmen von Standortgutachten für luftverunreinigende
Anlagen oder durch den laufenden Betrieb an den Luftmessstationen.
Eine richtungsweisende Bearbeitung von Windmessungen wurde im Projekt REKLIP
[Quelle 5] durchgeführt. Besonders die zeitgemäße, informative Art der Darstellung setzte
Maßstäbe. Es hat sich deshalb angeboten, die dabei entwickelte Darstellungsweise
weitgehend zu übernehmen.
Die erste Auflage des "Windrosenatlas für Fragestellungen der Luftreinhaltung" der
Landesanstalt für Umweltschutz, 1995 noch als Broschüre gedruckt, war schnell vergriffen.
Bereits 1997 konnte die Neuauflage "Windrosenkarte Baden-Württemberg" als CD-ROM
allen Dienststellen des Landes, welche für ihre tägliche Arbeit Informationen über die
örtlichen Windverhältnisse benötigen, zur Verfügung gestellt werden. Die rasche Verbreitung
auch außerhalb der Landesverwaltung bei Ingenieurbüros zeigte, dass die Darstellung und
der Inhalt einen Nutzen für die Anwender bringen.
In der jetzt vorliegenden Neubearbeitung 2007 konnten die Wünsche und Erfahrungen der
Benutzer weitgehend berücksichtigt werden. Wichtigste Neuerung der Windrosenkarte ist die
Präsentation im Internet (http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/27321/), wozu
neuste Geo-Web-Technologien verwendet werden. Dies garantiert eine hohe Performance
und einen hohen Grad der Aktualität. Die Anwendung wird auf Servern der LUBW betrieben
und ist an den gewohnten Internet-Standard angepasst und mit Hilfe von handelsüblichen
Browsern auszuführen.
In der kartographischen Darstellung ist die größte Neuerung gegenüber der CD-ROM eine
zoombare, interaktive Karte. Die Messwerte der Stationen werden maßstabsabhängig
unterschiedlich
dargestellt.
In
der
Startkarte,
eine
Höhenstufenkarte
von
Baden-
Württemberg, werden zunächst nur die Standorte der Messstationen in drei verschiedenen
Ausprägungen angezeigt (Abbildung 1). Dabei wird unterschieden zwischen aktiven und
stillgelegten LUBW-Stationen (dunkel- bzw. hellgrün) und stillgelegten REKLIP-Stationen
(hellblau).
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Einleitung
Abbildung 1: Startkarte mit Messstandorten
Zur besseren Orientierung werden zudem alle Kreisstädte Baden-Württembergs als rote
Punktsignaturen dargestellt. In der ersten Zoomstufe werden die Standorte der Windstationen beschriftet. In der folgenden Zoomstufe werden zunächst aus den Standortpunktsignaturen die Umrisse der jeweiligen Windrose. Im nächsten Schritt werden Sektoren mit
Gradzahlen bzw. Himmelsrichtungen eingeblendet, während die Standortbeschriftung
verschwindet. Als Hintergrundinformationen stehen topographische Karten in verschiedenen
Maßstäben (Abbildung 2) sowie ein aus dem hochaufgelöstem Digitalen Geländemodell
(DGM 5) abgeleitetes Relief (Abbildung 3) zur Verfügung.
Abbildung 2: Windrosenkarte Benutzeroberfläche
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Einleitung
Abbildung 3: Detailkarte mit Relief
Der Nutzer kann in der Karte navigieren und die Karten ausdrucken. Zudem sieht der
Benutzer in einer Übersichtskarte welcher Ausschnitt von Baden-Württemberg im aktuellen
Kartenfenster angezeigt wird. Eine Auswahlliste bietet dem Anwender die Möglichkeit jede
Windstation direkt anzuwählen und in der Karte darzustellen. Mit dem „i-Knopf“ kann
außerdem zu jeder Windrose per Mausklick der zugehörige „Steckbrief“ aufgerufen werden.
Der Steckbrief enthält neben der Windrose auch Standortinformationen und die zugrunde
liegenden Messergebnisse in Tabellenform (Abbildung 4).
Abbildung 4: Windstation - Steckbrief
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Einleitung
Zusätzlich wird die Windrosenkarte von der LUBW als OGC Web Map Service angeboten.
Dies ermöglicht dem Nutzer die Windrosen mit verschiedenen GIS-Werkzeugen (ArcGIS,
Smallworld, MapInfo, Intergraph u.a.) oder Kartendiensten (z. B. Google Maps oder Google
Earth) zu visualisieren, ohne deren Grundlage direkt vor Ort zu haben.
Weitere Informationen über das LUBW-WMS-Angebot unter:
http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/16143/
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Anwendungsbereich
2 Anwendungsbereich
Der Zusammenhang zwischen der Emission und der Immission von Luftverunreinigungen an
einem Standort wird von den Ausbreitungsverhältnissen bestimmt. Die Ausbreitungsverhältnisse hängen von vielen standorttypischen Geofaktoren ab, insbesondere von meteorologischen Einflussgrößen. Dazu zählen Wind, Niederschlag, Bewölkung, Lufttemperatur
sowie Zustand und Art der Erdoberfläche und das Relief.
Der Wind ist zweifellos die wichtigste Einflussgröße: Er bestimmt die Transportrichtung von
Gasen und Partikeln, deren Verweildauer, Vermischung und Konzentration in der Atmosphäre. Unter dem Wind wird die horizontale Bewegung der Luft verstanden. Der Wind ist
eine vektorielle Größe. Daher ist zu seiner vollständigen Beschreibung die Angabe von
Geschwindigkeit und Richtung erforderlich. Beide Komponenten unterliegen starken räumlichen und zeitlichen Schwankungen.
Die Zusammenfassung der Einzelwerte einer längeren Messreihe von Windrichtung und
Windgeschwindigkeit wird als Windstatistik bezeichnet, als Windrose die Darstellung der
Häufigkeitsverteilung der Windrichtungen an einem Messort über eine längere Zeit. Eine
Windstatistik zur Beurteilung der Ausbreitungsverhältnisse soll in der Regel ein Messzeitraum von mindestens einem Jahr umfassen. Diese Mindestanforderung ist in der TA Luft
[Quelle 1] festgelegt. Kürzere Messzeiträume wie z. B. sechs Monate können nur in
besonderen Fällen verlässliche Aussagen liefern.
Windstatistiken sind die Grundlagen für
•
Berechnungen oder Abschätzungen von Immissionen im Rahmen der TA Luft
[Quelle1]
•
Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) [Quelle 4]
•
Immissionsberechnungen für die 22. BImSchV mit mikroskaligen Modellen [Quelle 6]
•
alle sonstigen Umweltverträglichkeitsprüfungen.
Ausbreitungsberechnungen nach der TA Luft [Quelle 1], oder der GIRL [Quelle 4] benötigen
als weitere Größe neben Windrichtungen und Geschwindigkeit auch die Ausbreitungsklassen. Zur Definition und Bestimmung der Ausbreitungsklassen siehe die TA Luft
[Quelle_1], und VDI Richtlinie 3782 Blatt 1 [Quelle 2]. Bis auf wenige Ausnahmen liegen für
die hier aufgeführten Standorte mit Windmessungen keine Ausbreitungsklassen vor. Solche
sind im Rahmen eines Fachgutachtens von einer geeigneten benachbarten Wetterstation zu
übertragen.
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Daten und ihre Bearbeitung
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3 Daten und ihre Bearbeitung
3.1 Datengrundlage
In das hier vorgestellte Verzeichnis wurden nur solche Messungen aufgenommen, bei denen
folgende Merkmale erfüllt sind:
•
Messdauer mindestens ein Jahr
•
Zeitauflösung von Windgeschwindigkeit und Windrichtung maximal eine Stunde oder kürzer
•
Auswertung nach der 360°- Richtungsskala mit einer Auflösung von 12 Sektoren oder feiner
•
Verfügbarkeit der Daten als Windstatistik oder als Zeitreihe (Einzelwerte)
Die allgemeinen Qualitätsanforderungen an Windmessungen ergeben sich darüber hinaus
nach der VDI-Richtlinie 3786, Blatt 2 [Quelle 3].
3.2 Bearbeitung und Darstellung der Windrosen
Die Darstellung erfolgt grundsätzlich nach 12 Richtungsklassen (30°- Sektoren) zentriert auf
Nord. Die Himmelsrichtungen sind mit N = Norden, E = Osten (entsprechend internationalem
Gebrauch), S = Süden und W = Westen angegeben.
12 Richtungsklassen sind im Allgemeinen ausreichend, um das Charakteristische der
Windverhältnisse an einem Ort zu verdeutlichen, auch wenn die meisten neueren
Messungen in 36 Windrichtungsklassen (10°- Sektoren) ausgewertet werden können. Ältere
Messungen, die hier auch dargestellt werden, beruhen häufig noch auf der Auswertung von
Papierregistrierung und haben seinerzeit nur eine Auflösung auf 30°- Sektoren zugelassen.
Die Windrose selbst wird so dargestellt, dass die Verbindungslinie vom Mittelpunkt des
Kreises bis zum Randpunkt die Häufigkeit in % angibt, mit welcher der Wind aus der
angegebenen Richtung weht. Die Farben der ausgefüllten Fläche entsprechen den unterschiedlichen Geschwindigkeitsklassen, wie sie ebenfalls als Balken über der Häufigkeitstabelle von Windrichtung und Geschwindigkeit angeordnet sind [Abbildung 4]. Die Farbe
Dunkelblau, z. B. entspricht der Geschwindigkeitsstufe 0 - 1 m/s, das hellste Blau der Stufe >
5 m/s.
Der innere Kreis bedeutet eine Häufigkeit von 7,5 % aus dieser Richtung, der mittlere von
15,0 % und der äußere von 22,5 %. Die genauen Häufigkeitswerte pro Richtung können
besser der Tabelle entnommen werden.
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Daten und ihre Bearbeitung
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Die Tabellenseite enthält weitere Informationen zur Lage der Messstelle, wobei die
Koordinaten im Gauß-Krüger-System angegeben sind. Die Höhe über N.N. bezieht sich auf
die Geländehöhe am Standort des Messgerätes, nicht auf die Höhe der Geber, welche
unterschiedlich sein kann.
Die Messperiode der dargestellten Windrose mit Messbeginn und -ende ist ebenfalls
angegeben. Die mittlere, arithmetisch berechnete Windgeschwindigkeit bezieht sich auf den
gesamten Messzeitraum.
Die Geschwindigkeit wird in ganzen 1 m-Stufen angegeben. In der Restklasse mit
Geschwindigkeiten > 5 m/s sind im Allgemeinen nur noch wenige Fälle enthalten als Folge
der meist niedrigen Windgeschwindigkeiten in den tiefer gelegenen Landesteilen von BadenWürttemberg. Eine andere Aufteilung der Windgeschwindigkeit, z. B. nach den Stufen der TA
Luft, kann aus den Einzeldaten berechnet werden, ist aber für eine Übersichtsdarstellung
nicht zweckmäßig. Die LUBW bietet alle ihre Messdaten im Internet an zum Herunterladen
an. (http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/).
Der Begriff "Windstille" (Kalmen) wird anhand der Nachweisgrenze des Messgerätes definiert
und ist stark vom Gerätetyp abhängig. Bei neueren Messgeräten liegt die untere
Nachweisgrenze bei 0,2 bis 0,4 m/s. Eine einheitliche Angabe der Kalmenhäufigkeit ist daher
aufgrund der verwendeten, verschiedenen Messgeräte nicht möglich. Die Häufigkeit ist in der
Stufe 0 bis 1 m/s mitberücksichtigt.
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Ergebnisse
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4 Ergebnisse
4.1 Allgemeines zu den Windverhältnissen in Baden-Württemberg
In Baden-Württemberg sind im allgemeinen Winde aus Süd-West am häufigsten, sofern die
Strömung durch das Geländerelief nicht in andere Hauptrichtungen gezwungen wird. Eine
weitere häufige Windrichtung ist Nord-Osten, somit sind zweigipfelige Windrosen typisch.
Dies gilt für die Ebenen bis hinauf in mittlere Höhenlagen. Die Windrosen von Bad Wurzach
(660 m ü.N.N.), in Oberschwaben und Krensheim (352 ü.N.N.) im Taubergebiet sind hierfür
besonders typisch.
Auf den freigelegenen Kuppen und Gipfellagen des Schwarzwaldes und der Schwäbischen
Alb drehen die Hauptwindrichtungen weitgehend auf eine West-Ost-Verteilung. Charakteristische Vertreter dieses Höhentypes sind die Hornisgrinde (1160 m ü.N.N.), Freudenstadt
(750 m ü.N.N.) und Herrischried (1000 m ü.N.N.). In den ebenen Gebieten mittlerer Höhenlagen sind teilweise Umströmungseffekte der benachbarten Mittelgebirge zu erkennen. So
sind auf der Baar-Hochfläche südliche bis südöstliche Winde sehr häufig eine Folge der
Ablenkung durch den Hochschwarzwald, vergleiche die Windrosen von Villingen-Schwenningen und Unterbaldingen. Auch Bretten im Kraichgau wird so vom Nordschwarzwald
beeinflusst, ebenso wie Isny im Allgäu von den südöstlich gelegenen Allgäuer Alpen.
Vielfältig sind die Veränderungen der Hauptwindrichtungen im stärker gegliederten Gelände.
Selbst in der weiten Oberrheinebene kommt es zu einer durch die Randberge bedingten
Ausrichtung auf die Talrichtung. Deutlich wird dies an den Windrosen von Neuenburg, Kehl
und Mannheim. Lediglich in der Kraichgausenke erfolgt wieder eine Drehung auf die SüdWest- / Nordost-Hauptwindrichtungen, wie Wiesloch und Bruchsal belegen. Besonders
kleinräumig wird die Gliederung der Windrichtungsverhältnisse im Neckartal und am Hochrhein. Aber auch in den Tallagen von Schwarzwald, Schwäbischer Alb und Schwäbischem
Wald herrschen starke lokale Veränderungen des Windes vor. Vor allem enge Tallagen
führen zu einer Kanalisierung der Windrichtungen auf wenige Sektoren, die zumeist exakt
dem Verlauf des Tales parallel sind. Dabei können die Hauptwindrichtungen im Tal teilweise
von den großräumigen Hauptwindrichtungen vollkommen abgekoppelt sein. Typische Beispiele sind die Windrosen von Heidenheim im Vergleich zum benachbarten Dischingen
(Schwäbische Alb) oder Tauberbischofsheim (Taubertal) zu Krensheim.
An den Randzonen zu Schwarzwald, Schwäbischer Alb und Odenwald treten häufig BergTalwind - Systeme auf. Sie haben für die Ausbreitungsverhältnisse eine große Bedeutung.
Bedingt durch den thermisch verursachten Antrieb dieser Windsysteme weist die
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Ergebnisse
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Windrichtung einen sehr ausgeprägten Tagesgang auf. Durch die Erwärmung der
Hangzonen weht tagsüber der Wind talaufwärts. Nachts kehren sich die Verhältnisse um.
Kühlere Luft fließt von den Hängen und wird im Tal gesammelt. Es existiert nur noch ein dem
Talverlauf folgender Wind, alle anderen Richtungen sind unterdrückt. Diese extreme
Bündelung der abendlichen und nächtlichen Windrichtungen hat u. U. starke Konsequenzen
bei der Ausbreitung von Luftverunreinigungen und Geruchsstoffen, welche durch die große
Regelmäßigkeit stets in dieselbe Richtung verdriftet werden. Charakteristische Beispiele sind
die Windrosen von Oberkirch (Ortenau), von Glottertal (Breisgau) und Dettingen (am Fuße
der Schwäbischen Alb). Für die Beurteilung der Wind- und Ausbreitungsverhältnisse für
Standorte am Talausgang ist allerdings zu beachten, dass die Bergwindzirkulation nicht allzu
weit in die Ebene hinausreicht. Selbst bei sehr mächtigen Bergwinden, wie z. B. am Ausgang
des Kinzigtales bei Ortenberg und Offenburg belegen die dort vorhandenen Windrosen aus
dieser Region, dass die Reichweite bei 3 - 4 km in der Ebene endet. Bei kleineren Tälern ist
die Wirkung oft schon nach einigen 100 m abgeklungen.
4.2 Tagesgänge der Windgeschwindigkeit
Die Windgeschwindigkeit ist eine weitere wesentliche Einflussgröße auf die Ausbreitung von
Luftbeimengungen. Besonders bei bodennahen Emissionsquellen ist die Immissionskonzentration im Lee der Anlage oder des Emittenten direkt umgekehrt proportional zur
Windgeschwindigkeit. Da die Windgeschwindigkeit neben einem geringen Jahresgang vor
allem einen ausgeprägten Tagesgang aufweist, kommt es häufig zu einem dadurch
verursachten charakteristischen Tagesgang der Immissionen. Besonders auffällig sind in
diesem Zusammenhang die Häufung von Geruchsbelästigungen in den Morgen- und
Abendstunden.
In den folgenden Abbildungen werden typische Tagesgänge aus verschiedenen Regionen
des Landes dargestellt. Der normale Tagesgang hat die Form einer einfachen Welle:
Während der ersten Tagesstunden bis etwa 6.00 Uhr weist die Windgeschwindigkeit
minimale Werte auf und wächst danach allmählich an. Am frühen Nachmittag gegen 14.00
Uhr wird das Maximum der Windgeschwindigkeit im Tagesverlauf erreicht. Nach 16.00 Uhr
geht die Geschwindigkeit rasch wieder zurück und fällt auf das abendliche bzw. nächtliche
Minimum ab. Aus diesem Tagesgang erklären sich die schlechteren nächtlichen
Ausbreitungsbedingungen und die bessere Verdünnung der Luftbeimengungen tagsüber. Ein
solcher Verlauf der Windgeschwindigkeit entspricht dem Tagesgang der thermischen
Schichtung bei Hochdruckwetterlagen mit einer kräftigen Durchmischung der bodennahen
Luftschicht während des Tages und stabiler Schichtung (Inversion) während der Nacht.
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Ergebnisse
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Dieser normale Tagesgang wird beispielhaft in Abbildung 5 für Bad Wurzach dargestellt. Er
findet sich ähnlich in der Oberrheinebene, im Kraichgau, in Hohenlohe und in
Oberschwaben, den Gäuplatten der Baar und den niedrigeren Teilen der Schwäbischen Alb.
Typisch sind mittlere Windgeschwindigkeiten um 3 m/s.
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Beispielort: Bad Wurzach
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Abbildung 5: Normaler Tagesgang in den Hochebenen und im Rheingraben
Große Teile des Landes werden von Becken- und Talllagen eingenommen. In diesen oft
kleinräumig gegliederten Landschaftsformen ist die Windgeschwindigkeit deutlich erniedrigt
und beträgt meist nur noch um die 2 m/s im Jahresmittel. In engen, verbauten Talllagen
werden sogar nur noch 1,0 m/s bis 1,5 m/s erreicht. Die Form des Tagesganges ist ebenfalls
eine einfache Welle, vergl. Abbildung 6. Auffällig sind die für die Ausbreitung ungünstigen,
geringen Geschwindigkeiten in der Nacht.
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Beispielort: Tübingen
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Abbildung 6: Schwächere Winde in den Tal- und Beckenlagen
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Besondere Windverhältnisse herrschen oft im Mündungsbereich großer Täler aus den
Mittelgebirgen in die vorgelagerten Ebenen. Am westlichen Schwarzwald und am Odenwaldrand gibt es ausgeprägte Berg-/Talwindsysteme, welche nicht nur tagesperiodische
Richtungswechsel verursachen, sondern auch einen typischen Anstieg der Windgeschwindigkeit in den Abendstunden hervorrufen. Es entsteht eine Doppelwelle im
Tagesgang, vergl. Abbildung 7. Dabei kann an manchen Orten die höchste Windgeschwindigkeit im Tagesverlauf sogar nachts erreicht werden. Diese Form des
Tagesganges ist meist auf kleinere Gebiete in Mündungsbereichen großer Täler beschränkt.
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Beispielort: Ortenberg-Kinzigdamm
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Abbildung 7: Tagesgang unter dem Einfluß eines Berg-Tal-Windsystems
Ein im Tagesgang sehr ausgeglichenes Windregime zeichnet die freien Hochlagen und
Kuppen aus. Als Beispiel hierzu sind die Werte der Station Reisenbach am östlichen
Odenwaldrand in Abbildung 8 dargestellt. Die mittlere Windgeschwindigkeit beträgt üblicherweise 4 m/s oder mehr. Solche Verhältnisse finden sich im Bauland, in Hochflächen des
Taubergebietes, den höheren Lagen der Schwäbischen Alb, den freien Hochflächen des
Schwarzwaldes und in den Kuppenlagen Oberschwabens. Weil sich in diesen Regionen nur
wenige luftverunreinigende Anlagen befinden, ist die Bedeutung dieses Windtyps für Fragen
der Luftreinhaltung eher gering.
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Beispielort: Reisenbach
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Abbildung 8: Ausgeglichenes Windregime der freien Hoch- und Kuppenlagen
4.3 Räumliche Gültigkeit der Windstatistiken
Generell stellt sich bei allen Windmessungen die Frage nach der räumlichen Gültigkeit
(Repräsentanz der Statistiken). Im Rahmen dieser Datensammlung können hierzu keine
allgemeinen Angaben gemacht werden. Die Auswahl einer Windstatistik für Ausbreitungsrechnungen muss in jedem Einzelfall gutachtlich geprüft werden. Die Repräsentanz einer
Windmessung hängt für Fragen der Luftreinhaltung ganz wesentlich auch vom Einwirkungsbereich der betrachteten Anlage ab. So kann eine extrem auf die Talrichtung kanalisierte
Windrose durchaus für die Geruchsausbreitung von nur wenigen 100 m Einflussradius
absolut repräsentativ sein. Der Ausbreitungsraum eines Hochschornsteines am selben
Standort umfasst dagegen viele Kilometer. Überragt der Schornstein u. U. noch die
Talränder, so ist die am Standort im Tal erhobene Windrose vollkommen ungeeignet zur
Beurteilung der Ausbreitung. Hier wird man eher die Windstatistik einer weiter entfernten,
ungestörten Station heranziehen.
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Literatur
Literatur
[Quelle 1]
Erste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsgesetz
(Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft - TA Luft) vom 24.07.2002
(GMBI., S. 511 - 605)
[Quelle 2]
VDI Richtlinie 3782, Blatt 1
Umweltmeteorologie, Atmosphärische Ausbreitungsmodelle
Beuth-Verlag, Berlin, 2001
[Quelle 3]
VDI Richtlinie 3786, Blatt 2
Meteorologische Messungen für Fragen der Luftreinhaltung – Wind
Beuth-Verlag, Berlin 2002
[Quelle 4]
Geruchs-Immissionsrichtlinie –GIRL–
Länderausschuss für Immissionsschutz von 21.09.2004
[Quelle 5]
Klimaatlas Oberrhein / Mitte Süd
Atlas climatique du Fossé Rhénan Méridorial
Hrsg.: Trinationale Arbeitsgemeinschaft, Inst. F. Ang. Geowissenschaften,
Offenbach / M. 1995
[Quelle 6]
Verordnung über Immissionswerte in der Luft – 22.BImSchV vom 4. Juni 2007
(BGBl. I S.1006)
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LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg
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