Predigt vom 15. März, Das Weizenkorn

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Predigt vom 15. März, Das Weizenkorn
 Das Weizenkorn Johannesevangelium Kapitel 12, Verse 20-­‐26 Predigt von Pfarrerin Theresa Rieder 15. März 2015 Alte reformierte Kirche Pfarrerin Theresa Rieder Im Baurenacker 9, 8902 Urdorf, 043 540 74 94, theresa.rieder@kirche-­‐urdorf.ch
BILD zur Predigt Ein Weizenkorn keimt -­‐2-­‐ Hoffen auf Gerechtigkeit LESUNG: Johannesevangelium Kapitel 12, Verse 20-­‐26 Die Stunde der Entscheidung 20
Es waren aber einige Griechen unter denen, die hinaufzogen, um am Fest teilzunehmen. 21Die traten nun an Philippus heran, der aus Betsaida in Galiläa war, und baten ihn: Herr, wir möchten Jesus sehen. 22
Philippus geht und sagt es Andreas; Andreas und Philippus gehen und sagen es Jesus. 23Jesus aber antwortet ihnen: Die Stunde ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht werde. 24Amen, amen, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht. 25Wer sein Leben liebt, verliert es; und wer sein Leben in dieser Welt hasst, wird es bewahren ins ewige Leben. 26
Wenn einer mir dienen will, folge er mir; und wo ich bin, da wird auch mein Diener sein. Wenn einer mir dient, wird der Vater ihn ehren. Wort der Heiligen Schrift. Hoffen auf Gerechtigkeit -­‐3-­‐ Predigt zum Thema „Das Weizenkorn“
Inhalt 1. Das Weizenkorn ist Jesus. Erläuterung ................................................. 5 Prozess des Vergehens und Werdens .......................................................... 5 2. Lätare. Liturgische Einbettung .............................................................. 6 Osterfreude – Christi Auferstehung ............................................................ 6 3. Verhinderungsmechanismen. Beispiele ............................................... 6 Nicht jetzt, später . . . .................................................................................. 6 4. In unserer Gemeinde. Beispiel .............................................................. 7 Einen ‚Träff‘ für Kinder und Jugendliche ..................................................... 7 5. Jesus sehen. Lesung .............................................................................. 8 Nachfolge Christi ......................................................................................... 8 6. Meine Stunde ist gekommen. Bibel ...................................................... 9 Kontrapunkt zur Hochzeit zu Kana .............................................................. 9 7. Sehnsucht Jesus zu sehen. Fazit ......................................................... 10 Verdeutlichung .......................................................................................... 10 -­‐4-­‐ Hoffen auf Gerechtigkeit 1. Das Weizenkorn ist Jesus. Erläuterung Prozess des Vergehens und Werdens Liebe Gemeinde, „Wir sollten Weizenkornmenschen werden!“ So verstehe ich diesen Bibeltext. Wir sollten wie ein Weizenkorn werden, das sich furchtlos den grossen Veränderungen hingibt. Die grossen Veränderungen bedeuten für das Weizenkorn, dass es einen Keim schlagen wird und dabei seine Form verliert; das bedeutet, es stirbt, um zu keimen. Das bedeutet, die alte Form stirbt ab, damit eine neue erwächst. Das bedeutet: stetige Veränderung, ein Prozess des Vergehens und des Werdens. Jesus erklärt: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht. Niemand kann diesen Prozess aufhalten, doch wir Menschen haben alle Ängste vor Veränderungen, obwohl sie ganz unabdingbar zu unserem Leben gehören. Im Gleichnis vom Sämann aus dem Lukasevangelium Kapitel 8, Verse 4-­‐15 erzählt Jesus auch vom Weizenkorn, das auf vier Orte fallen kann, aber nur auf guter Erde trägt es 100-­‐fach Frucht. Das bedeutet: -­‐ Wer den Lebensprozess des Weizenkorns stoppen will, wirft das Korn anstatt auf Erde auf Stein: dann aber bleibt das Korn allein und verdorrt. Oder -­‐ wer den Lebensprozess des Weizenkorns aufhalten will, wirft das Korn ins Dornengestrüpp, dann keimt das Korn, aber die Pflanze erstickt. Oder -­‐ Wer diesen Lebensprozess dem Zufall überlassen will, der legt das Korn auf den Weg, wo vermutlich Vögel das Korn aufpicken Hoffen auf Gerechtigkeit -­‐5-­‐ und vielleicht – vielleicht unverdaut ganz zufällig auf fruchtbaren Boden abwirft. In der heutigen Lesung liegt das Korn auf guter Erde, -­‐ erster Schritt geglückt -­‐ aber es muss sterben, um viel Frucht zu bringen. Das Weizenkorn ist Jesus. Er verdeutlicht seinen Leidensweg des Todes, das ist fast gegenständlich: In die Erde gelegt werden wie ein Korn, um dann die Auferstehung, die Frucht seines Sterbens und die Osterfreude des neuen Lebens zu erwarten. 2. Lätare. Liturgische Einbettung Osterfreude – Christi Auferstehung Die Osterfreude erwarten, warten auf neues Leben. Laetare, freut euch – der Name „Kleinostern“ für diesen Sonntag zeigt eine richtige Richtung. Die Betonung liegt auf Frucht, nicht auf Sterben. Das österliche Licht aller Evangelien wird sichtbar. Alle Evangelien sind auf Ostern ausgerichtet. Durch Ostern und wegen Ostern wurden sie im Rückblick geschrieben. Warum das so ist, ist so einfach, dass man es manchmal fast vergisst: Jesus ist wie tausende anderer Menschen am Kreuz gestorben, aber Jesus ist am dritten Tag auferstanden und wurde zuerst von den Frauen, dann von seinen Jüngern gleichzeitig gesehen und sie haben mit dem Auferstandenen gesprochen. Das ist Ostern, das ist die gute Nachricht, das ist Evangelium, gute Nachricht: Christus ist auferstanden! 3. Verhinderungsmechanismen. Beispiele Nicht jetzt, später . . . Wer sein Leben liebt, verliert es, erklärt uns Jesus. Damit sind Verzögerungstaktiken oder Verhinderungsmechanismen gemeint, die -­‐6-­‐ Hoffen auf Gerechtigkeit wir Menschen alle kennen. „Bevor ich beispielsweise beginne, die Predigt zu schreiben, esse ich noch ein Stück Kuchen . . . schwatze mit der freundlichen Nachbarin, telefoniere, koche Tee . . .“. Verzögerungstaktiken eben. Für Jesus wäre es einfach gewesen, Jerusalem einfach wieder zu verlassen. Dann hätte er seinen Kreuzweg noch etwas hinauszögern können. Da kamen alljährlich so viele Menschen an das Fest der Verschonung, das Pesachfest in Jerusalem. Jesus hätte doch noch ein paar Jahre zuwarten können. 4. In unserer Gemeinde. Beispiel Einen ‚Träff‘ für Kinder und Jugendliche Das Verzögern und Verhindern ist nicht immer falsch, zum Beispiel, wenn es um das Verhindern von Krieg oder Umweltkatastrophen geht. Oft ist es aber nötig, den richtigen Moment, den Kairos zu erkennen und dann die Veränderungen zu ertragen, weil da eine Hoffnung auf viel Frucht ist. Unsere Gemeinde hat im letzten Dezember an der Gemeindever-­‐
sammlung diesen richtigen Moment erkannt und ‚Ja‘ gesagt für die Anstellung eines Jugendarbeiters, der für unsere Kinder und Jugendlichen viele ‚Treffen‘ anbieten wird. Sich treffen, wie wir das nach dem Gottesdienst zum Chilekafi machen, ist auch für unsere Kinder wichtig. Sich treffen, miteinander reden, miteinander etwas unternehmen – Wie macht man das? Das lernen Kinder nun kennen unter der Leitung des Jugendarbeiters Thomas Luginbühl. Das alles gibt Veränderungen, neue Farbe an die Wände, das eine alte Bild an der Wand muss weichen, damit ein neuer Zeitgeist für die Kinder Platz bekommt. Hoffen auf Gerechtigkeit -­‐7-­‐ Jede Erneuerung, jeder Wechsel, jede Veränderung deutet immer auch eine Art Sterben an, eben weil etwas verändert wird, aus Altem Neues wird. Ich merke, ich werde älter. Einen Kinder-­‐Träff will jetzt niemand hinauszögern, weil unseren Kindern und Jugendlichen ein Treffpunkt zu ihrem guten Gedeihen und Erwachsenwerden helfen wird. Diese Idee ist nicht neu, sie wird nur neu belebt. Trotzdem, man muss auch Abschied nehmen vom einen und anderen, das man gern bekommen hat. Haben Sie übrigens schon gesehen, wie das Logo aussieht? Es heisst immer ‚Träff‘. Zum Beispiel immer nach den Jugendgottesdiensten einen Chuecheträff Aber es gibt ja auch den Manneträff, einen Frauenträff und den Jassträff – irgendwo treffen sich Menschen eben immer wieder. Und da werden weitere Träffs dazu kommen, andere verschwinden, weil der Lauf der Welt so ist. Man sollte Veränderungen weder stoppen noch aufhalten. Beistehen, wohlwollend unterstützen, aushalten und für gutes Gelingen beitragen, dass sie gedeihen und Frucht tragen können, darin liegt unsere Aufgabe, wenn wir es mit dem Weizenkornmenschen ernst nehmen. Aber wozu einen Träff? Was erwarten die Kinder am Träff? Was wollen sie/Sie/wir sehen, wenn wir an ein Treffen gehen? 5. Jesus sehen. Lesung Nachfolge Christi Sie wollten Jesus sehen. Jesus treffen. In der Lesung wollten griechische Männer Jesus sehen. Aber Jesus bedeutete ihnen: Ihr könnt nicht Zuschauer bleiben. Jesus ruft sie in eine Beziehung hinein. Nachfolge heisst sie und: Wer mir dienen will. Und Wer sein -­‐8-­‐ Hoffen auf Gerechtigkeit Leben liebt, verliert es; und wer sein Leben in dieser Welt hasst, wird es bewahren ins ewige Leben. Was hören wir da, verlieren, das Leben verlieren, wir müssen protestieren! -­‐ Aber das Ziel heisst anders: wir bekommen Leben ins ewige Leben. Dahin will der Lesungstext mit uns. Die Jünger wollen Jesus sehen und werden ent-­‐täuscht, denn als Antwort bekommen sie einen Blick auf seine Passion. Jesus verlangt aber keine Imitation seines Leidensweges ans Kreuz. Sein Weg ist einzigartig und einmalig. Jesus opferte sich als Gotteslamm am Kreuz für alle Menschen, die ihm in dieser Liebe zu anderen Menschen nachfolgen. Nicht das Kreuz von Jesus imitieren, sondern jeden Tag aufs Neue aufrichtig leben, das ist unser Weg. Ein jeder von uns darf sich an den dreieinen Gott wenden, so ist es uns versprochen: Wo ich bin, da wird auch mein Diener sein. Wenn einer mir dient, wird der Vater ihn ehren. Wir stehen heute an einem anderen Ort und in einer anderen Zeit. Ein jeder an seinem Ort und in seiner Lebenszeit. Weil Jesu Stunde angebrochen war, sagte er, die Stunde ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht werde. Es geht auf die Passion zu. 6. Meine Stunde ist gekommen. Bibel Kontrapunkt zur Hochzeit zu Kana „Meine Stunde ist noch nicht gekommen“ sagte Jesus im Anfangsteil des Evangeliums im 2. Kapitel. Es ist die Geschichte der Hochzeit zu Kana. Dort will Jesu Mutter ihren Sohn drängen, ein Zeichen zu tun. Hoffen auf Gerechtigkeit -­‐9-­‐ Doch Jesus fährt sie hart an: Weib, was habe ich mit dir zu schaffen. Und er sagt dort: „Meine Stunde ist noch nicht gekommen“. In unserer Lesung haben wir den Kontrapunkt dazu gehört: Jetzt ist die Stunde gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht werde. Die richtige Zeit ist jetzt da. Es gibt kein Hinauszögern mehr. Jetzt, nicht später, jetzt. Passion. Die Verherrlichung von Jesus verläuft anders als eine weltliche Karriere, die Verherrlichung gilt seiner inneren Kraft, nicht äusserer Macht, gilt seiner ewigen Liebe, nicht schnellem Gewinn. Doch der richtige Ort – Jerusalem -­‐ und der richtige Zeitpunkt – das Pesachfest -­‐ ist in seiner Zeit schicksalhaft vorgegeben. Jesus erfüllt den Willen seines Vaters. 7. Sehnsucht Jesus zu sehen. Fazit Verdeutlichung Wir sind nicht Jesus, wir können weder in unserem Leben noch nach unserem Tod Gott werden, wir bleiben Menschen. Die Sehnsucht, Gott zu sehen und bei Gott Anteil zu bekommen in alle Ewigkeit, also über unseren Tod hinaus, ist nicht egoistisch. Diese Sehnsucht ist voller Liebe und darum schickt Gott diejenigen, die ihm gehören wollen, mit dem Weizenkornwort in die Schule. Wir sollten Weizenkornmenschen werden. Das sind Menschen, die sich ganz nach unten senden lassen und sich um ihre eigene Herrlichkeit überhaupt keine Sorgen machen sondern danach fragen: Herr, wir möchten Jesus sehen. AMEN. -­‐10-­‐ Hoffen auf Gerechtigkeit Bibeltext: Zürcher Bibel Bildnachweis: Ein Weizenkorn keimt. Abgerufen von: http://www.zentrum-­‐der-­‐gesundheit.de/sprossen-­‐ziehen-­‐ia.html Aufbereitung für Druck und Web: Daniel Suter
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