Die Betriebsratsanhörung bei der Einstellung
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Die Betriebsratsanhörung bei der Einstellung
„Die Betriebsratsanhörung bei Einstellung und Kündigung“ Teil 1: Die Betriebsratsanhörung bei der Einstellung Joachim Schulze Mitglied der Geschäftsleitung, Rechtsanwalt/Verbandsjurist, SACHSENMETALL Dresden, 23.01.2014 Betriebsratsanhörung bei Einstellung vom 23.01.2014 1 Die Betriebsratsanhörung bei der Einstellung Schwerpunkte: • Arten der Beteiligungsrechte des Betriebsrates • Allgemeine Mitwirkungsrechte des Betriebsrates in personellen Maßnahmen • Der Katalog der Zustimmungsverweigerungsgründe, Formen und Fristen • Das Verfahren auf Ersetzung der Zustimmung • Vorläufige Maßnahmen nach § 100 BetrVG gem. §§ 99 Abs. Abs 4 4, 100 Abs Abs. 2 BetrVG • Die Zustimmungsersetzungsverfahren gem • Besonderheiten bei Leiharbeitnehmern Betriebsratsanhörung bei Einstellung vom 23.01.2014 2 1 Arten der Beteiligungsrechte des Betriebsrates Informationsrechte Mitwirkungsrechte Vetorechte Mitbestimmungsrechte Allgemeines InfoInfo Recht: § 80 II Beispiele: Beispiele: Beispiele: § 90 Umgestaltung Arbeitsplätze § 99 personelle Einzelmaßnahme § 87 Soziale Angelegenheiten § 102 Kündigung § 103 Kündigung BR-Mitglied § 85 Beschwerde Besondere InfoRechte: § 92 Personalplanung, § 105 Einstellung leitende Angestellte § 91 besondere Belastungen § 94 Personalfragebogen Herausgabeverlangen beim Arbeitsgericht im B Beschlussverfahren hl f h Rechtswirkung: Rechtswirkung: Rechtswirkung: Entscheidungsrecht g liegt g beim Arbeitsgeber Arbeitgeber g muss fehlende Zustimmung durch Arbeitsgericht ersetzen lassen Maßnahme nur wirksam mit Zustimmung des Betriebsrat. Bei Nichteinigung entscheidet über das „Ob“ und „Wie“ die Einigungsstelle. Betriebsrat hat lediglich Verhandlungsrecht Bei Missachtung – grobe Pflichtverletzung gem. § 23 III BetrVG Betriebsratsanhörung bei Einstellung vom 23.01.2014 3 Mitwirkungsrechte in allgemeinen personellen Angelegenheiten § 92 BetrVG zu besetzende PLANSTELLE (Stellenbeschreibung/Anforderungsprofil) innerbetriebliche Stellenausschreibung § 93 BetrVG § 106 BetrVG Personalinserat Arbeitsagentur etc. Bewerbungseingang Vorauswahl aufgrund der vorliegenden Personalakte und Beurteilungen § 94 BetrVG Vorauswahl aufgrund der Bewerbungsunterlagen Bewerbungsgespräch (Mitarbeiter/Bewerber) Entscheidung - Einsatzstelle - Personalleitung Betriebsrat Versetzung § 99 BetrVG Betriebsratsanhörung bei Einstellung vom 23.01.2014 Einstellung 4 2 Personalplanung § 92 BetrVG • Personalplanung = jede Planung in den Bereichen Personalbedarf P lb d f Personalbeschaffung Personaleinsatz Personalentwicklung • Betriebsrat hat Unterrichtungsrecht bei Fragen der Personalplanung. Methoden der Personalplanung • Betriebsrat hat Beratungsrecht über Art und Umfang der zur Personalplanung erforderlichen Maßnahmen; Vermeidung von Härten bei der Personalplanung • Betriebsrat hat Vorschlagsrecht für Einführung und Durchführung einer Personalplanung Betriebsratsanhörung bei Einstellung vom 23.01.2014 5 Ausschreibung von Arbeitsplätzen § 93 BetrVG (Initiativrecht des Betriebsrates) • Betriebsrat kann verlangen, dass freie Stellen allgemein oder für bestimmte g ausgeschrieben g werden. Tätigkeiten • Mindestinformationen der Ausschreibung: zu besetzende Position (Vollzeit/Teilzeit) Qualifikationen aussagekräftige Aufgabenbeschreibung Angabe der Entgeltgruppe Zeitpunkt der Stellenbesetzung • Bei Verstoß: Zustimmungsverweigerungsgrund (§ 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG) Betriebsratsanhörung bei Einstellung vom 23.01.2014 6 3 Personalfragebogen § 94 BetrVG • Personalfragebogen = formularmäßig gefasste Zusammenstellung von Fragen, die ein Bewerber beantworten soll,, damit Arbeitgeber g Aufschluss über Person,, Kenntnisse und Fähigkeiten des Befragten erhalten kann. • Damit eine Frage in einen Personalfragebogen gestellt werden kann, muss ihr Inhalt individualrechtlich zulässig sein. Exkurs: Fragerecht des Arbeitgebers Betriebsratsanhörung bei Einstellung vom 23.01.2014 7 Alle Mitbestimmungsrechte bei personellen Einzelmaßnahmen § 99 Abs. 1 BetrVG Die Zustimmung des Betriebsrates ist erforderlich für jede • Einstellung (= tatsächliche Beschäftigung; auch Leiharbeitnehmer) • Versetzung = Zuweisung eines anderen Arbeitsbereiches + erhebliche Änderung der Arbeitsumstände oder voraussichtlich länger als einen Monat • Eingruppierung (= erstmalige Festlegung der Lohn- / Gehaltsgruppe) • Umgruppierung (= Veränderung der Lohn- / Gehaltsgruppe); Umgruppierung „nach unten“ auch arbeitsrechtlich nur schwer möglich (Einvernehmen, Änderungskündigung) Betriebsratsanhörung bei Einstellung vom 23.01.2014 8 4 Einstellung • Einstellung = tatsächliche Aufnahme der Beschäftigung im Wege der Eingliederung in den Betrieb zur Verwirklichung g des arbeitstechnischen Zwecks durch weisungsgebundene Tätigkeit zusammen mit den dort beschäftigten Arbeitnehmern. • Betriebsrat-Beteiligung vor Einstellung: Betriebsrat muss beteiligt werden, solange Arbeitgeber noch keine abschließende und endgültige Entscheidung getroffen hat Betriebsratsanhörung bei Einstellung vom 23.01.2014 9 Einstellung Sachverhalt Einstellung ja/nein unbefristetes/befristetes AV Aushilfsarbeitsverhältnis geringfügige Beschäftigung Azubis/Betriebspraktikanten freie Mitarbeiter Verlängerung befristetes AV Umwandlung befr befr. in unbefr. unbefr AV Rückkehr aus Elternzeit Erhebliche Erhöhung der Arbeitszeit Leiharbeitnehmer Betriebsratsanhörung bei Einstellung vom 23.01.2014 10 5 Mitbestimmungsrechte bei personellen Einzelmaßnahmen, § 99 BetrVG – Einstellung Einstellung (Begründung eines AV) Arbeitnehmer 1. Abschluss des Arbeitsvertrages g (unbefristet/befristet) 2. Weiterbeschäftigung nach Fristablauf (bei befristetem AV!) 3. Übernahme aus anderem Betrieb des gleichen Unternehmens 4. Eingliederung von betriebsfremden Personen (Leiharbeiter nicht OB, sondern ANZAHL, Einsatztage, Zeit, Auswirkungen) 5. Übernahme von Azubis 1. im Sinne des § 5 BetrVG 2. Leiharbeitnehmer gemäß § 14 II AÜG 3. Selbständige bei „Eingliederung“ – freie Mitarbeiter 4. Leitende Angestellte – nur Informationspflicht, dass Einstellung erfolgen soll, wenn kein Sprecherausschuss vorhanden keine Einstellung Die Übertragung bestimmter, absonderbarer Arbeiten auf Fremdfirmen und deren Arbeitnehmer, z. B. Werkvertrag, wenn nicht in Personalhoheit des Betriebes eingegliedert, aber Informationsrecht. Betriebsratsanhörung bei Einstellung vom 23.01.2014 11 Schematischer Ablauf Schematisch sieht der Ablauf der Mitbestimmung bei Einstellungen, Ein- und g pp g und Versetzungen g so aus: Umgruppierungen Situation Wer muss handeln? Was ist zu tun? Planung einer Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung oder Versetzung Arbeitgeber Unterrichtung des Betriebsrats über eine geplante Maßnahme Betriebsratsanhörung bei Einstellung vom 23.01.2014 Gelten Formvorschriften? Nein, aber die Information muss konkret und unter Vorlage von Unterlagen erfolgen. Gelten Fristen? Nein, aber die Information muss vor der geplanten Maßnahme erfolgen. 12 6 Pflichten des Arbeitgebers nach § 99 Abs. 1 BetrVG Arbeitnehmer Arbeitgeber legt dem Betriebsrat vor unterrichtet den Betriebsrat über: 1. Bewerbungsunterlagen 2. Unterlagen über Auswirkungen 1. 2. 3. 4. 5. 6. Einstellungsabsicht Auskunft über Person Auskunft über Auswirkung vorgesehener Arbeitsplatz vorgesehene Eingruppierung Antrag auf Zustimmung Betriebsrat Betriebsratsanhörung bei Einstellung vom 23.01.2014 13 Umfang der Unterrichtung • vorgesehener Arbeitsplatz • A t der Art d Tätigkeit, Täti k it Arbeitsbereich A b it b i h • Arbeitszeit • Person des Arbeitnehmers (Name, Sozialdaten) • Qualifikation • Beginn und (geplante) Dauer des Einsatzes • Auswirkungen der geplanten Maßnahme • Durchführung einer innerbetrieblichen Stellenausschreibung (falls vom Betriebsrat verlangt) Betriebsratsanhörung bei Einstellung vom 23.01.2014 14 7 Besonderheiten bei Leiharbeitnehmern • vorgesehener Arbeitsplatz • A t der Art d Tätigkeit, Täti k it Arbeitsbereich A b it b i h • Arbeitszeit • Person des Leiharbeitnehmers (Name, Sozialdaten) • Qualifikation • Beginn und (geplante) Dauer des Einsatzes • Auswirkungen der geplanten Maßnahme • Durchführung einer innerbetrieblichen Stellenausschreibung (Ausschreibungspflicht) • Arbeitnehmerüberlassungsvertrag • Schriftliche Erklärung des Verleihers über Besitz der Erlaubnis gem. § 1 AÜG Betriebsratsanhörung bei Einstellung vom 23.01.2014 15 Rechtsfolgen unterlassener oder unvollständiger Unterrichtung • einwöchige Stellungnahmefrist des Betriebsrates nach § 99 Abs. 3 S. 1 BetrVG wird g nicht ausgelöst. • Zustimmungsfiktion des § 99 Abs. 3 S. 2 BetrVG greift nicht • lässt Entleiher Leiharbeitnehmer dennoch tätig werden, handelt er betriebsverfassungswidrig; der Betriebsrat kann Verfahren nach § 101 BetrVG einleiten und so die tatsächliche Beschäftigung verhindern; wird daraufhin die Beschäftigung des Leiharbeitnehmers unterbrochen, kann Entleiher gegenüber Verleiher in Annahmeverzug geraten. • Ordnungswidrigkeit nach § 121 BetrVG – Verhängung einer Geldbuße von bis zu 10 000 EUR durch zuständige Behörde möglich. 10.000 möglich Betriebsratsanhörung bei Einstellung vom 23.01.2014 16 8 Schematischer Ablauf Schematisch sieht der Ablauf der Mitbestimmung bei Einstellungen, Ein- und Umgruppierungen g pp g und Versetzungen g so aus: Situation Wer muss handeln? Der Betriebsrat wurde informiert. Betriebsrat Was ist zu tun? a) Zustimmung oder b) Schweigen oder c) Zustimmungsverweigerung Gelten Formvorschriften? Gelten Fristen? Nein Nein Nein Die Verweigerung muss schriftlich und unter Angabe von Gründen erklärt werden. Schweigen gilt binnen 1 Woche als Zustimmung. Die Verweigerung muss binnen 1 Woche erklärt werden. Betriebsratsanhörung bei Einstellung vom 23.01.2014 17 Abschließender Katalog der Zustimmungsverweigerungsgründe (§ 99 Abs. 2 BetrVG) Nr. 1 Verstoß gegen Gesetz, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung Nr. 2 Verstoß gegen Auswahlrichtlinien Nr. 3 Besorgnis der Benachteiligung anderer Belegschaftsmitglieder Nr. 4 Besorgnis der Benachteiligung der betroffenen Arbeitnehmer Nr. 5 unterlassene Ausschreibung Nr. 6 Besorgnis der Störung des Betriebsfriedens durch betroffenen Arbeitnehmer Betriebsratsanhörung bei Einstellung vom 23.01.2014 18 9 Beispiele für Zustimmungsverweigerung Begründung: „durch d h di die Maßnahme M ß h werden d im i Betrieb B t i b angestellte t llt A Arbeitnehmer b it h b benachteiligt, ht ili t d da eine i vorhandene Mitarbeiterin (BR-Vorsitzende) vertragswidrig nicht beschäftigt wird und durch die Einstellung dieser Zustand zementiert würde. Des Weiteren liegt ein Antrag der Mitarbeiterin ……… auf Stundenerhöhung vor.“ „Die im Arbeitsvertrag vorgesehene Befristung ist unzulässig.“ Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verbietet die auch nur befristete Beschäftigung von Leiharbeitnehmern, wenn sie einen dauerhaft anfallenden Bedarf abdecken sollen (Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 08.01.2014 - 3 TaBV 43/13). Betriebsratsanhörung bei Einstellung vom 23.01.2014 19 Schematischer Ablauf Schematisch sieht der Ablauf der Mitbestimmung bei Einstellungen, Ein- und g pp g und Versetzungen g so aus: Umgruppierungen Situation Wer muss handeln? Was ist zu tun? Der BetriebsArbeitgeber rat verweigert die Zustimmung. Antrag auf gerichtliche Ersetzung der Zustimmung Der Arbeitgeber möchte die Maßnahme vorläufig durchführen. Durchführung der vorläufigen Maßnahme, Information des Betriebsrats Arbeitgeber Betriebsratsanhörung bei Einstellung vom 23.01.2014 Gelten Formvorschriften? Gelten Fristen? Der Antrag ist im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren zu stellen. Nein Nein Nein 20 10 Vorläufige Maßnahmen nach § 100 BetrVG Unterrichtung Betriebsrat: „Wir Wi b beabsichtigen, b i hti di die Ei Einstellung t ll vorläufig lä fi d durchzuführen. h füh Di Die Ei Einstellung t ll d des H Herrn ……… ist aus sachlichen Gründen dringend erforderlich. Denn im Gegensatz zu den anderen beiden internen Mitbewerbern ist Herr ……… aufgrund seiner Sprachkenntnisse der einzige, der den längerfristigen krankheitsbedingten Ausfall des bisherigen Stelleninhabers kompensieren kann. Nur auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass die Überwachung der Auslagerung von Zoll- und Freigutsendungen sowie die Terminkontrolle in der Zollabteilung reibungslos erledigt werden. Es handelt sich bei diesen Aufgaben um unaufschiebbare Arbeiten. Werden diese Aufgaben nicht von Herrn ……… kurzfristig durchgeführt , hätte das den zeitweisen „Zusammenbruch“ der Zollabteilung zur Folge Folge. Des Weiteren würde der ordnungsgemäße Ablauf der von der Zollabteilung abhängigen Tätigkeiten im Unternehmen beeinträchtigt.“ Betriebsratsanhörung bei Einstellung vom 23.01.2014 21 Schematischer Ablauf Schematisch sieht der Ablauf der Mitbestimmung bei Einstellungen, Ein- und g pp g und Versetzungen g so aus: Umgruppierungen Situation Wer muss handeln? Der Arbeitgeber führt die Maßnahme vorläufig durch. Betriebsrat Der Betriebsrat hat die Erforderlichkeit der vorl. Maßnahme bestritten. Arbeitgeber Was ist zu tun? Gelten Formvorschriften? Gelten Fristen? a) Zustimmung oder Nein Nein b) Schweigen oder Nein Nein c) Bestreiten der Erforderlichkeit der vorläufigen Maßnahme Nein Antrag auf gerichtl. Feststellung der Erforderlichkeit der vorläufigen Maßnahme. Betriebsratsanhörung bei Einstellung vom 23.01.2014 Der Antrag ist im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren zu stellen. Die Erforderlichkeit muss unverzüglich bestritten werden werden. Der Antrag ist binnen 3Tagen zu stellen. 22 11 Antrag auf Zustimmungsersetzung § 99 Abs. 4 BetrVG Antrag: Namens und N d iin V Vollmacht ll ht d der A Antragstellerin t t ll i und dB Beteiligten t ili t zu 1 1. bitt bitten wir i um Einleitung eines Beschlussverfahrens und beantragen, 1. festzustellen, dass die Zustimmung des Antragsgegners und Beteiligten zu 2. zu der beabsichtigten Einstellung des Herrn ……… als „Mitarbeiter Zoll“ in die Abteilung … als erteilt gilt, hilfsweise, 2. die von dem Antragsgegner und Beteiligten zu 2. verweigerte Zustimmung zur Einstellung des Herrn ……… als „Mitarbeiter Zoll“ Zoll in die Abteilung … zu ersetzen, 3. festzustellen, dass die am ……… durchgeführte Einstellung von Herrn ……… als „Mitarbeiter Zoll“ in die Abteilung … aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war. Betriebsratsanhörung bei Einstellung vom 23.01.2014 23 Vorläufige Maßnahme § 100 BetrVG I. Arbeitgeber 1. vorläufige Durchführung der Maßnahme (§ 100 I 1 BetrVG) a) entweder vor Äußerung des Betriebsrates oder b) nach Zustimmungsverweigerung 2. unverzüglich (mündl./schriftl.) Unterrichtung des Betriebsrates (§ 100 II 1 BetrVG) 3. Aufklärung des Arbeitnehmers über Sach- und Rechtslage (§ 100 II 2 BetrVG) II. Betriebsrat Unverzügliches (mündl./schriftl.) Bestreiten der dringenden Erforderlichkeit der Maßnahme gegenüber dem Arbeitgeber - § 100 II 2 BetrVG; anderenfalls Zugeständnis dass Maßnahme dringend erforderlich war Zugeständnis, war. III. Arbeitgeber innerhalb von 3 Tagen beim Arbeitsgericht Antrag stellen: 1. auf Ersetzung der Zustimmung, 2. auf Feststellung, dass Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war (§ 100 II 3 BetrVG) Betriebsratsanhörung bei Einstellung vom 23.01.2014 24 12 Mitbestimmung BR bei Einsatz von Leiharbeitnehmer (§ 99 BetrVG) vollst. Unterrichtung des BR gem. § 99 I g BetrVG geplanter Einsatz L ihAN LeihAN Einsatz kann erfolgen Wochenfrist § 99 II BetrVG Fr. Sa. So. Mo. Di. Mi. Do. Fr. Sa. So. Mo. Di. Mi. Do. Fr. Sa. So. Mo. Di. Mi. Do. Fr. Sa. So. • keine Zustimmungsverweigerung (Zustimmung gilt als erteilt) • Zustimmung Betriebsratsanhörung bei Einstellung vom 23.01.2014 25 Mitbestimmung BR bei Einsatz von Leiharbeitnehmer (§ 99 BetrVG) vollst. Unterrichtung des BR gem. § 99 I g BetrVG geplanter Einsatz L ihAN LeihAN Wochenfrist § 99 II BetrVG Einsatz erst, wenn Zustimmung durch Arbeitsgericht ersetzt ohne Zustimmung kein Einsatz STOPP Fr. Sa. So. Mo. Di. Mi. Do. Fr. Sa. So. Mo. Di. Mi. Do. Fr. Sa. So. Mo. Di. Mi. Do. Fr. Sa. So. Zustimmungsersetzungsantrag Zustimmungsverweigerung gem. § 99 BetrVG des Arbeitgebers beim Arbeitsgericht Betriebsratsanhörung bei Einstellung vom 23.01.2014 26 13 Vorläufige Einstellung (§ 100 BetrVG) vollst. Unterrichtung des BR gem. § 99 I g BetrVG geplanter Einsatz LeihAN unverzügl. Mitteilung des AG an BR, dass Einstellung wegen Dringlichkeit vorläufig g wird durchgeführt (Gründe) AG beantragt beim Arbeitsgericht • Zustimmungsersetzung • Feststellung der Dringlichkeit Wochenfrist § 99 II BetrVG vorl. Einstellung bis rechtskr. Entscheidung ArbG 3 Werktage Fr. Sa. So. Mo. Di. Mi. Do. Fr. Sa. So. Mo. Di. Mi. Do. Fr. Sa. So. Mo. Di. Mi. Do. Fr. Sa. So. BR bestreitet unverzüglich Dringlichkeit Zustimmungsverweigerung gem. § 99 BetrVG Betriebsratsanhörung bei Einstellung vom 23.01.2014 27 Vorläufige Einstellung (§ 100 BetrVG) vollst. Unterrichtung des BR gem. § 99 I BetrVG geplanter Einsatz LeihAN Wochenfrist § 99 II BetrVG Fr. Sa. So. Mo. Di. Mi. Do. Fr. Sa. So. Mo. Di. Mi. Do. Fr. Sa. So. Mo. Di. Mi. Do. Fr. Sa. So. unverzügl. Mitteilung des AG an BR, dass Einstellung wegen Dringlichkeit vorläufig durchgeführt wird (Gründe) weiteres Verfahren wie Folie 27 Betriebsratsanhörung bei Einstellung vom 23.01.2014 28 14 Tarif – Verhandlungsergebnis vom 24.05.2012: Hemmung des § 100 BetrVG • Kein Vetorecht des Betriebsrates • Lediglich Hemmung der vorläufigen personellen Einstellung durch Einhaltung einer tariflichen 10 - bzw. b 3 3-Tages-Frist. Tages Frist • Frist gilt nicht für Not- und außergewöhnliche Fälle, kurzfristige Vertretungsfälle und Ersetzungsfälle von Zeitarbeitnehmern Unterrichtung BR § 99 BetrVG Gesetz Tarif Zustimmungsverweigerung BR und Einleitung 100er Verfahren 1 Woche Zeitarbeitnehmer kann vorläufig eingesetzt werden 10 Tage nach 99er Antrag oder 3 Tage nach Zustimmungsverweigerung Betriebsratsanhörung bei Einstellung vom 23.01.2014 29 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Betriebsratsanhörung bei Einstellung vom 23.01.2014 30 15 „Die Betriebsratsanhörung bei Einstellung und Kündigung“ Teil 2: Die Betriebsratsanhörung bei einer Kündigung Wilma Kaiser Rechtsanwältin/Verbandsjuristin, SACHSENMETALL Dresden, 23.01.2014 Betriebsratsanhörung bei Kündigungen vom 23.01.2014 1 Die Betriebsratsanhörung bei einer Kündigung • Die Anhörung des Betriebsrates vor Kündigungen nach § 102 BetrVG • Folgen einer mangelhaften Anhörung • Mitteilung von Bedenken des Betriebsrats • Widerspruchsgründe p g gem. g § 102 Abs. 3 BetrVG Wilma Kaiser Rechtsanwältin/Verbandsjuristin, SACHSENMETALL Betriebsratsanhörung bei Kündigungen vom 23.01.2014 2 1 Betriebsratsanhörung bei Kündigungen • Das Anhörungsverfahren setzt voraus, dass im Unternehmen ein Betriebsrat wirksam besteht. • Besteht kein Betriebsrat kann Mitbestimmungsrecht nicht ausgeübt werden. • Betriebsrat hat Mitbestimmungsrecht in Form eines Informations- / Anhörungsrecht • Arbeitgeber hat Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Stichtag: Konstituierung des Betriebsrates, § 29 BetrVG Betriebsratsanhörung bei Kündigungen vom 23.01.2014 3 Betriebsratsanhörung bei Kündigungen Wann besteht die Pflicht den Betriebsrat anzuhören? A. § 102 BetrVG „… vor jeder Kündigung …“ • bei ordentlicher/außerordentlicher Kündigung g g • bei Probezeitkündigung, bei Kündigung vor Arbeitsantritt • bei vorsorglicher/hilfsweiser Kündigung • bei Wiederholungskündigung (bei z. B. Verfahrensmangel) • bei Änderungskündigung • bei Massenentlassungen • ABER nicht bei Aufhebungsverträgen! • Einigen sich die Parteien aber auf Beendigung durch Kündigung und Abwicklungsvertrag so ist der Betriebsrat zur Kündigung wiederum anzuhören. B. Das zugrundeliegende Arbeitsverhältnis ist unerheblich. • Probearbeitsverhältnis, Aushilfsarbeitsverhältnis, Befristeter Arbeitsvertrag • Geringfügige Beschäftigung, Teilzeit-Arbeitsverhältnis, etc. Unerheblich ist, ob auf das Arbeitsverhältnis das KSchG Anwendung findet. Betriebsratsanhörung bei Kündigungen vom 23.01.2014 4 2 Betriebsratsanhörung bei Kündigungen 1. Anhörungspflicht bei: alle Arbeitnehmer, einschl. der zu ihrer Berufsausbildung, Beschäftigten, g , Außendienstler,, Telearbeiter und Heimarbeitnehmer;; § 5 BetrVG 2. Keine Anhörung bei: a) § 5 Abs. 2 BetrVG: „Mitglieder von Organen jur. P.“, „Gesellschafter einer Personengesamtheit“ b) § 5 Abs. 3 BetrVG; „leitende Angestellte“, aber: Mitteilungspflicht gem. § 105 BetrVG ggü. Betriebsrat 3. Empfangszuständigkeit für Anhörung bei Kündigung: a) Anhörung hat ggü. Betriebsratsvorsitzenden, bei Verhinderungsfall dessen, ggü. Stellvertreter zu erfolgen (Empfangszuständigkeit), § 26 Abs. 2 Satz 2 BetrVG: b) existiert Kündigungsausschuss dann ggü. dessen Vorsitzenden/Stellvertreter c) einfache Betriebsratsmitglieder fungieren nur als Erklärungsboten (Problem: Fristanlauf) Betriebsratsanhörung bei Kündigungen vom 23.01.2014 5 Betriebsratsanhörungen bei Kündigungen Wann ist der Betriebsrat zu hören? 1. Vor Ausspruch der Kündigung. 2 Ni 2. Nicht ht erfolgte f l t oder d ffehlerhafte hl h ft A Anhörung hö iistt fü für di die schon h ausgesprochene h Kü Kündigung di nicht nachholbar. 3. Versäumte oder fehlerhafte Anhörung führt zur Unwirksamkeit der Kündigung. 4. Selbst wenn der Betriebsrat der Kündigung zugestimmt hat und auch der nachträglichen, korrigierten Anhörung zustimmt, bleibt die vormals ausgesprochene Kündigung unheilbar unwirksam. Nur Ausspruch erneuter Kündigung dann möglich. Betriebsratsanhörung bei Kündigungen vom 23.01.2014 6 3 Betriebsratsanhörungen bei Kündigungen Inhalt und Form der Anhörung 1. Form a) keine Formvorschrift im Gesetz b) Aber: Darlegungs- und Beweislast für ordnungsgemäße Anhörung im Kündigungsschutzprozess obliegt dem Arbeitgeber Ö daher schriftlich! 2. Inhalt Umfassende Information des Betriebsrates über die beabsichtigte Kündigung unter Beachtung des Grundsatzes der subjektiven Determination a) betriebsbedingte Kündigung b) personenbedingte Kündigung c) verhaltensbedingte Kündigung ¾ ordentliche/außerordentliche Tat- oder Verdachtskündigung In jedem Fall umfassende Sachverhaltsschilderung. Betriebsratsanhörung bei Kündigungen vom 23.01.2014 7 Betriebsratsanhörungen bei Kündigungen Inhalt der Betriebsratsanhörung (Sozialangaben) a) Name , Anschrift b) Geburtsdatum, Geburtsdatum Familienstand c) Unterhaltspflichten, Anzahl der Kinder d) etwaig bestehender Sonderkündigungsschutz e) Eintrittsdatum in das Unternehmen (Kündigungsfristberechnung) f) Funktion, welche der zu Kündigende im Unternehmen ausübt g) Vergütung (inklusive sämtlicher Bestandteile), wöchentliche Stundenzahl h) Kündigungsfrist (gesetzlich oder vertraglich vereinbarte) Betriebsratsanhörung bei Kündigungen vom 23.01.2014 8 4 Betriebsratsanhörungen bei Kündigungen Inhalt der Betriebsratsanhörung Ö zwingend mitzuteilen ist der gesamte kündigungsrelevante Sachverhalt, schlagwortartige Darstellung genügt nicht a) personenbedingt – verhaltensbedingt – betriebsbedingt b) ordentliche/außerordentliche Tat-/Verdachts-/Änderungskündigung c) aber auch den zu Kündigenden entlastende Tatsachen bei z. B. verhaltensbedingter Kündigung d) Gesichtspunkt zur Interessenabwägung 3. bei Verdachtskündigung Stellungnahme des zu kündigenden Arbeitnehmers 4. Sonstiges a)) Eb Ebenfalls f ll mitzuteilen: it t il Ermahnungen, Abmahnungen, Personalgespräche, Probleme im Arbeitsverhältnis, welche u.U. im Kündigungsschutzverfahren vorgetragen werden sollen. b) Der Betriebsrat muss in die Lage versetzt werden, nach der Unterrichtung (Anhörung) auf Basis dieser mitgeteilten Informationen den Kündigungssachverhalt beurteilen zu können, ohne zusätzliche eigene Nachforschungen anstellen zu müssen. Betriebsratsanhörung bei Kündigungen vom 23.01.2014 9 Betriebsratsanhörungen bei Kündigungen Grundsatz der subjektiven Determination a) Der Arbeitgeber hat die von ihm für maßgeblich erachteten Gründe so mitzuteilen, g Nachforschungen g die dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Kündigungsgründe prüfen und hierzu Stellung nehmen kann. b) Reichen die mitgeteilten Gründe nicht aus, um die Kündigung materiell-rechtlich zu rechtfertigen, liegt zwar u.U. eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung vor, aber das Gericht wird dennoch die Unwirksamkeit dieser feststellen, da es dem Arbeitgeber verwehrt ist, Gründe wirksam im Prozess vorzutragen, welche nicht Gegenstand der Anhörung waren. (Nachschieben von Kündigungsgründen) Betriebsratsanhörung bei Kündigungen vom 23.01.2014 10 5 Betriebsratsanhörungen bei Kündigungen Beispiel 1. - Probezeitkündigung • Im Falle der Probezeitkündigung ist weniger mehr! • Der Hinweis auf Fehler des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis versetzt diesen nur in die Lage, diese u. U. vor Gericht anzugreifen und die Anhörung als fehlerhaft zu rügen (BAG Urteil vom 12.09.2013, 6 AZR 121/12). • Begründung: − „…nach dem Verlauf der Probezeit haben wir den Eindruck gewonnen, dass der Arbeitnehmer nicht geeignet ist, für die Fortsetzung der Tätigkeit in unserem Unternehmen.“ − „Der Arbeitnehmer genügt nach unseren allgemeinen, subjektiven Einschätzungen unseren Anforderungen nicht.“ Betriebsratsanhörung bei Kündigungen vom 23.01.2014 11 Betriebsratsanhörungen bei Kündigungen Beispiel 2. – betriebsbedingte Kündigung Die Mitteilung an den Betriebsrat muss enthalten: a) Grund, Grund warum Arbeitspatz des zu Kündigenden entfallen ist/entfällt b) konkrete Darlegung der unternehmerischen Entscheidung es Arbeitgebers und die Kausalität für den Wegfall des Arbeitsplatzes c) keine weitere Beschäftigungsmöglichkeit im Betrieb vorhanden d) keine weitere Beschäftigungsmöglichkeit auch zu schlechteren Konditionen vorhanden e) Grundsozialdaten nach § 1 KSchG, wenn Sozialauswahl durchzuführen ist f) Sozialauswahl, u. U. aus Sozialauswahl herausgenommene Personen • Im Kündigungsschutzprozess können nur Sachverhalte wirksam vorgetragen werden, welche schon in der Anhörung benannt wurden. • Auf neuen Sachverhalt und nachgeschobenen Gründen, welche nicht in der Betriebsratsanhörung enthalten waren, kann die Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung nicht mehr gestützt werden. Betriebsratsanhörung bei Kündigungen vom 23.01.2014 12 6 Betriebsratsanhörungen bei Kündigungen Beispiel 2. – betriebsbedingte Kündigung Kündigungsschutzgesetz anwendbar: a) anders als bei der Probezeitkündigung: ist hier tatsächlich ein „mehr mehr“ i. i S S. vv. Vollständigkeit an Informationen an den Betriebsrat erforderlich b) wenn mehrere Kündigungsgründe vorliegen, auf die sich gestützt wird, sind diese bei der Betriebsratsanhörung mitzuteilen und die zugrundeliegenden Sachverhalte zu erläutern. Änderungskündigung: a) Vor der ordentlichen als auch der außerordentlichen Änderungskündigung ist der Betriebsrat zu hören. b) Dem Betriebsrat sind nach § 102 BetrVG die Gründe für die beabsichtigte Änderung der Arbeitsbedingungen und der Inhalt des Änderungsangebotes mitzuteilen. c) Bei Ablehnung des Änderungsangebotes steht die Beendigungskündigung im Raum. d) Zugleich ist aber auch der Betriebsrat über die im Änderungsangebot enthaltene, mögliche Versetzung zu informieren und die Zustimmung einzuholen, § 99 BetrVG. Betriebsratsanhörung bei Kündigungen vom 23.01.2014 13 Betriebsratsanhörungen bei Kündigungen Beschlussfassung des Betriebsrates • Anhörung muss so frühzeitig geschehen, dass der Betriebsrat in Ruhe beraten und g beschließen kann – als Gremium über Stellungnahme • bei ordentlicher Kündigung 1 Woche ab Zustellung Anhörungsunterlagen o. Unterrichtung • bei außerordentlichen Kündigung 3 Tage • Mängel in der Willensbildung sind unerheblich, wenn Fristen abgewartet werden! Sie gehören zur Sphäre des Betriebsrates und führen nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung Betriebsratsanhörung bei Kündigungen vom 23.01.2014 14 7 Betriebsratsanhörungen bei Kündigungen Reaktion des Betriebsrates auf Anhörung: 1. bei ordentlicher Kündigung: § 102 II 1 BetrVG – 1 Woche ab Fristablauf a) § 102 II 1 BetrVG – Betriebsrat kann schriftlich Bedenken gegen die Kündigung äußern b) § 102 III BetrVG – Betriebsrat kann der Kündigung widersprechen • § 102 IV BetrVG – form- und fristgerechter Widerspruch ist durch den Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zuzuleiten (mit Kündigungsschreiben) c) „Zustimmungsfiktion“, wenn der Betriebsrat die Frist tatenlos verstreichen lässt 2. bei außerordentlichen Kündigung: § 102 III S. 3 BetrVG: der Betriebsrat hat Bedenken unverzüglich, spätestens innerhalb von 3 Tagen, schriftlich mitzuteilen. 3. Betriebsrat kann Fristen abkürzen indem er zustimmt, Bedenken oder Widerspruch erklärt und/oder erklärt: „er habe abschließend beraten“. Betriebsratsanhörung bei Kündigungen vom 23.01.2014 15 Betriebsratsanhörungen bei Kündigungen Reaktionsmöglichkeiten des Betriebsrates - § 102 BetrVG 1. Betriebsrat fragt nach: a) bei bereits ausreichender Information: Anhörungsfrist des § 102 II BetrVG läuft weiter b) bei unzureichender Information beginnt die Frist erst nach Übermittlung der angeforderten Information zu laufen (BAG vom 06.02.1997 – 2 AZR 265/96) 2. Betriebsrat erklärt Zustimmung oder erklärt sich abschließend: a) Zustimmung Ö Anhörungsverfahren ist beendet b) abschließende Erklärung keine Stellungnahme abzugeben Ö Anhörungsverfahren ist beendet 3 Betriebsrat äußert Bedenken: 3. a) im Gegensatz zum Widerspruch können diese sich auf jeden Grund stützen b) Bedenken haben keine formalisierte Bedeutung im Kündigungsschutzprozess c) löst keinen Weiterbeschäftigungsanspruch aus d) hat schriftlich unter Angabe von Gründen zu erfolgen, § 102 II S. 1 BetrVG Betriebsratsanhörung bei Kündigungen vom 23.01.2014 16 8 Betriebsratsanhörungen bei Kündigungen Reaktionsmöglichkeiten des Betriebsrates - § 102 BetrVG 4. Der Widerspruch des Betriebsrates zur Kündigung: a) muss zweifelsfrei und unmissverständlich sein b) muss begründet sein c) muss Gründe und Tatsachen angeben, die das Vorliegen von mindestens einem der in § 102 III BetrVG abschließend festgelegten Widerspruchsgründe zumindest möglich erscheinen lassen. d) § 102 III BetrVG – zusammenfassend gekürzt – (1) soziale Gesichtspunkte sind nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt worden (2) Kündigung verstößt gegen eine Richtlinie nach § 95 (3) an anderem Arbeitsplatz im selben Betrieb oder anderen Betrieb des Unternehmens Weiterbeschäftigung möglich (4) die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers wäre nach zumutbaren Umschulungsoder Fortbildungsmaßnahmen möglich (5) Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen ist möglich und der Arbeitnehmer hat sein Einverständnis hiermit erklärt Betriebsratsanhörung bei Kündigungen vom 23.01.2014 17 Betriebsratsanhörungen bei Kündigungen Reaktionsmöglichkeiten des Betriebsrates - § 102 BetrVG 4. Rechtsfolgen des Widerspruchs a) Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers Arbeitnehmers, § 102 V BetrVG Kündigungsschutzklage + Fortbeschäftigungsbegehren des Gekündigten wird geltend gemacht b) Arbeitnehmer kann Weiterbeschäftigung auch nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses verlangen, soweit nicht überwiegende und schwerwiegende Belange des Arbeitgebers entgegenstehen. c) Weiterbeschäftigung hat zu unveränderten Arbeitsbedingungen unter Weiterzahlung des bisherigen Arbeitsentgeltes zu erfolgen. d) Durchsetzung über einstweilige Verfügung und/oder Urteilsverfahren. e) Kündigung gilt als sozial ungerechtfertigt, wenn der behauptete Widerspruchsgrund tatsächlich vorliegt, § 1 II S. 2 Nr. 1 und S. 3 KSchG. f) Stellungnahme des Betriebsrates ist bei Widerspruch dem Arbeitnehmer mit der Kündigung durch den Arbeitgeber zuzuleiten, § 102 V BetrVG. Betriebsratsanhörung bei Kündigungen vom 23.01.2014 18 9 Betriebsratsanhörungen bei Kündigungen Voraussetzung des Anspruches auf Weiterbeschäftigung a) Betriebsrat hat form- und fristgerecht widersprochen b) Arbeitnehmer hat innerhalb der 3-Wochenfrist Klage erhoben c) Arbeitnehmer hat neben Klageerhebung ausdrücklich die vorläufige Weiterbeschäftigung verlangt Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitgebers: • ausnahmsweise keine Weiterbeschäftigung, wenn Arbeitsgericht aufgrund einstweiliger Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung entbindet • Kündigungsschutzklage hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolgt oder erscheint mutwillig • Weiterbeschäftigung führt zu unzumutbaren wirtschaftlichen Belastungen des Arbeitgebers (Ausnahme) • Widerspruch Betriebsrat aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen offensichtlich unbegründet Betriebsratsanhörung bei Kündigungen vom 23.01.2014 19 Betriebsratsanhörungen bei Kündigungen Sonderfälle • § 15 KSchG: ordentlich unkündbar sind: Mitglieder g des Betriebsrates,, der Jugendg und Auszubildendenvertretung, des Wahlvorstandes sowie Wahlbewerber (je mit unterschiedlicher Dauer des Sonderkündigungsschutzes) • § 103 I BetrVG: − echtes Zustimmungserfordernis: „Kündigung…bedarf der Zustimmung des BR.“ − keine Zustimmungsfiktion bei „Nicht-Reaktion“ des Betriebsrates − analog § 102 II 3 BetrVG Ö „Drei-Tages-Frist“ zur Anhörung − Betriebsrat kann Zustimmung auch außerhalb der Frist abgeben − bei Verweigerung: § 103 II BetrVG – Zustimmungsersetzung durch Arbeitsgericht Betriebsratsanhörung bei Kündigungen vom 23.01.2014 20 10 Betriebsratsanhörungen bei Kündigungen § 105 BetrVG – leitende Angestellte • nur Informationsrecht des Betriebsrates • „personelle ll Ä Änderung“ d “ – jede j d Ä Änderung d d der Füh Führungsfunktion f kti d des lleitenden it d Angestellten • rechtzeitige Mitteilung • Kündigung ohne Information Betriebsrat nicht unwirksam • Achtung: liegt … leitender Angestellter nicht vor – muss Anhörung nach § 102 BetrVG erfolgen. • in Zweifelsfällen vorsorglich Anhörung nach § 102 BetrVG Betriebsratsanhörung bei Kündigungen vom 23.01.2014 21 Betriebsratsanhörungen bei Kündigungen Praxistipp Die Anhörung ist nicht formgebunden, daher kann sie schriftlich und/oder mündlich g erfolgen. Es kann daher sinnvoll sein, bei Übergabe des Anhörungsbogens nochmals den Gesamtsachverhalt zusammenfassend zu erläutern – auch diese Informationen können, auch wenn nicht im schriftlichen Teil enthalten, später im ggf. zu führenden Kündigungsschutzprozess vorgetragen werden, da der Betriebsrat informiert wurde. Diese erfolgte Erläuterung sollte sodann auch via Verweis in der Anhörung vermerkt sein. „Im Übrigen verweisen wir auf das mit Ihnen geführte Gespräch vom …… in welchem wir die Kündigungsgründe und die dazu erfolgten Überlegungen bezüglich der vorgenommenen Interessenabwägung ausführlich mit Ihnen erörtert haben.“ Betriebsratsanhörung bei Kündigungen vom 23.01.2014 22 11 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Betriebsratsanhörung bei Kündigungen vom 23.01.2014 23 12 Muster zur Anhörung des Betriebsrats bei Einstellung An den Betriebsrat Empfangsbestätigung des Betriebsrates über den/die Betriebsratsvorsitzende(n) Frau/ Herrn … erhalten am … nebst aller Anlagen - im Hause - Für den Betriebsrat: (Unterschrift) (Firmenstempel) Ort, Datum Anhörung des Betriebsrats zur beabsichtigten Einstellung Sehr geehrte Damen und Herren, wir beabsichtigen, zum … folgende/n Arbeitnehmer/in einzustellen: Name: … Vorname: … geb. am: … wohnhaft in: … Straße: … Familienstand: … Kinderzahl: … Fachliche Vorbildung: … besondere soziale Eigenschaften*): … Vorgesehener Arbeitsplatz: … Werk/Abteilung: … Vorgesehene Eingruppierung (nach Einarbeitung): … Sonstige Bemerkungen: … Um den vorgesehenen Arbeitsplatz bewerben sich außerdem: …. *) z.B. Schwerbehinderung **) Nichtzutreffendes bitte streichen/evtl. Beiblatt benutzen und/oder die Gründe zusätzlich mündlich erläutern 2 Die Bewerbungsunterlagen des von uns ausgesuchten Bewerbers sind als Anlage beigefügt. Ebenso sind die übrigen Bewerber/innen beigefügt. Wir bitten um Zustimmung zur Einstellung und Eingruppierung. Die – zumindest vorläufige – Einstellung und Eingruppierung der o. g. Person/en zum angegebenen Zeitpunkt ist aus folgenden Gründen dringend erforderlich**): … Mit freundlichen Grüßen Unterschrift Arbeitgeber Abschließende Stellungnahme des Betriebsrats Zu der beabsichtigten Einstellung □ □ erteilen wir unsere Zustimmung verweigern wir unsere Zustimmung aus folgenden Gründen**): … Für den Betriebsrat ____________________ _____________________________________ (Ort, Datum) (Unterschrift des/der Betriebsratsvorsitzenden oder Stellvertreters/in) [Briefkopf des Arbeitgebers] An den Betriebsrat der [Firma des Arbeitgebers] - z.Hd. Herrn/Frau Betriebsratsvorsitzende/n - im Hause [Ort, Datum] Unterrichtung über geplante Einstellung und Einholung der Zustimmung zur Einstellung von Herrn/Frau ________ gemäß § 99 BetrVG Sehr geehrte/r Frau/Herr [Name des/der Betriebsratsvorsitzenden], wir beabsichtigen, den/die Bewerber/in, Herrn/Frau [Name], geboren am [Datum, Familienstand, Unterhaltspflichten], wohnhaft in [Adresse], einzustellen. Die Einstellung soll zum [Datum] erfolgen. Wir möchten Sie und Ihr Gremium hiermit über diese Einstellung sowie die Auswirkungen dieser geplanten Einstellung unterrichten und um Ihre Zustimmung zu dieser beabsichtigten Einstellung ersuchen. 1 Zur Person und Qualifikation von Herrn/Frau [Name] Herr/Frau [Name] soll als [Tätigkeitsbezeichnung] in der Abteilung/in dem Bereich [Bereich bezeichnen] eingestellt werden. Die Einstellung soll mit einer Wochenarbeitszeit von [Anzahl] Stunden im Rahmen eines bis zum [Datum] befristeten/oder in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis erfolgen. Herr/Frau [Name] wird entsprechend [je nachdem, wonach sich die betriebliche Gehaltsstruktur bemisst, zum Beispiel Tarifvertrag] in die Vergütungsgruppe/Tarifgruppe [Gruppe bezeichnen] eingeordnet oder im Falle des Nichtbestehens einer Tarifbindung oder einer Bezugnahme mit [Betrag] EUR monatlich brutto vergütet werden. Herr/Frau [Name] war bis zum [Datum] als [Funktion/Position] bei der [Name des bisherigen Arbeitgebers] beschäftigt. [Alternativ für den Fall der Aufnahme der ersten beruflichen Tätigkeit hier den Abschluss der Ausbildung darstellen]. Den beruflichen Werdegang im Einzelnen können Sie den hier als Anlage 1 zu dem Anhörungsschreiben beigefügten Bewerbungsunterlagen des Bewerbers entnehmen. 2 Zu den Mitbewerbern von Herrn/Frau [Name] Um die Position als [Position angeben] haben sich neben Herrn/Frau [Name] weitere [Anzahl] Bewerber beworben. Die Bewerbungsunterlagen der anderen Bewerber sind diesem Schreiben als Anlage 2 beigefügt. [Die Bewerbungsunterlagen aller Bewerber sind dem Betriebsrat nach § 99 BetrVG zuzuleiten]. Unsere Entscheidung zur Auswahl von Herrn/Frau [Name] zur Einstellung beruhte insbesondere darauf, dass [kurze Begründung der Entscheidung]. 3 Zu den Auswirkungen der Einstellung von Herrn/Frau [Name] Die Einstellung von Herrn/Frau [Name] erfolgt unter Beachtung der maßgeblichen Gesetze, tarif- und betriebsvereinbarungsrechtlichen Regelungen. Es besteht keine Besorgnis, dass durch die Einstellung von Herrn/Frau [Name] andere Arbeitnehmer Nachteile erleiden. Wir bitten Ihr Gremium, innerhalb der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG schriftlich unter Angabe von Gründen zu diesem Einstellungsbegehren Stellung zu nehmen. Mit freundlichen Grüßen ______________________________ _____________________________ (Ort/Datum) (Unterschrift Arbeitgeber) Muster zur Beteiligung des Betriebsrats bei einer Versetzung, Umgruppierung und ggf. einer Änderungskündigung An den Betriebsrat Empfangsbestätigung des Betriebsrates über den/die Betriebsratsvorsitzende(n) Frau/Herrn … erhalten am … nebst aller Anlagen - im Hause - Für den Betriebsrat: (Unterschrift) (Firmenstempel) Ort, Datum Sehr geehrte Damen und Herren, wir beabsichtigen, zum … folgende(n) Arbeitnehmer/in zu versetzen und umzugruppieren, so wie ihm/ihr eine dahingehende Änderungskündigung auszusprechen a. Name: … wohnhaft in: … Vorname: … Straße: Familienstand: … geb. am: … … Kinder/Geburtsdaten: … besondere soziale Eigenschaften b): … fachliche Vorbildung: … bei uns beschäftigt seit: … bisheriger Arbeitsbereich: … Werk/Abteilung: … bisherige Lohn-/Gehaltsgruppe: … vorgesehener Arbeitsbereich: … Werk/Abteilung: … vorgesehene Lohn-/Gehaltsgruppe: … Kündigungsfrist: … Gründe für die Maßnahme c): a b c Nichtzutreffendes bitte streichen. z. B. Schwerbehinderung Hier sind alle Gründe anzugeben, auf die die Maßnahme gestützt werden soll. Evtl. Beiblatt benutzen und/oder die Gründe zusätzlich mündlich erläutern. 2 … sonstige Bemerkungen (z. B. weitere Bewerbungen um den Arbeitsplatz): … Wir bitten Sie um Zustimmung zur Versetzung/und Umgruppierunga). Die – zumindest vorläufige – Versetzung/und Umgruppierunga) der o. g. Person zum angegebenen Zeitpunkt ist aus folgenden Gründen dringend erforderlicha): … Der/die Arbeitnehmer/in ist mit den Maßnahmen einverstanden. Für den Fall, dass der/die Arbeitnehmer/in mit den Maßnahmen nicht einverstanden ist: Gleichzeitig beabsichtigen wir, dem/der Arbeitnehmer/in eine Änderungskündigung zum …………….. auszusprechen, da die Versetzung und Umgruppierung aus den o. g. Gründen dringend erforderlich ist. Wir bitten hierzu um Ihre Stellungnahme nach § 102 BetrVG. Mit freundlichen Grüßen Unterschrift Arbeitgeber Abschließende Stellungnahme des Betriebsrats Zu der beabsichtigten Versetzung und Umgruppierunga) □ □ erteilen wir unsere Zustimmung verweigern wir unsere Zustimmung aus folgenden Gründen: … Gegen eine Änderungskündigung haben wir □ □ □ keine Bedenken folgende Bedenken …. erheben wir Widerspruch aus folgenden Gründen: … Für den Betriebsrat ____________________ _____________________________________ (Ort, Datum) (Unterschrift des/der Betriebsratsvorsitzenden oder Stellvertreters/in) Schematisch sieht der Ablauf der Mitbestimmung bei Einstellungen, Ein- und Umgruppierungen und Versetzungen so aus: Situation Wer muss Was ist zu tun? handeln? Arbeitgeber Unterrichtung des Planung einer Betriebsrats über Einstellung, eine geplante Eingruppierung, Maßnahme Umgruppierung oder Versetzung Der BetriebsBetriebsrat a) Zustimmung rat wurde informiert. oder b) Schweigen oder c) Zustimmungsverweigerung Arbeitgeber Antrag auf gerichtliche Ersetzung der Zustimmung Der Arbeitgeber Arbeitgeber Durchführung der möchte die vorläufigen Maßnahme vorläufig Maßnahme, durchführen. Information des Betriebsrats Betriebsrat a) Zustimmung Der Arbeitoder geber führt die Maßnahme vorläufig durch. b) Schweigen oder c) Bestreiten der Erforderlichkeit der vorläufigen Maßnahme Der Betriebsrat hat Arbeitgeber Antrag auf gerichtliche die Erforderlichkeit Feststellung der der vorläufigen ErforderMaßnahme lichkeit der bestritten. vorläufigen Maßnahme Der Betriebsrat verweigert die Zustimmung. Gelten Formvorschriften? Nein, aber die Information muss konkret und unter Vorlage von Unterlagen erfolgen. Nein Gelten Fristen? Nein, aber die Information muss vor der geplanten Maßnahme erfolgen. Nein Nein Schweigen gilt binnen einer Woche als Zustimmung. Die Verweigerung muss Die Verweigerung muss schriftlich und unter binnen einer Angabe von Gründen Woche erklärt erklärt werden. werden. Der Antrag ist im Nein arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren zu stellen. Nein Nein Nein Nein Nein Nein Nein Die Erforderlichkeit muss unverzüglich bestritten werden. Der Antrag ist binnen drei Tagen zu stellen. Der Antrag ist im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren zu stellen. Rundschreiben Talkenberg Informationsrechte des Betriebsrates - Werkverträge 2124-20.30 21. September 2013 I. Einleitung Die von den Gewerkschaften und insbesondere der IG Metall getriebene Kampagne gegen Werkverträge erreicht zunehmend die M+E-Betriebe. Verstärkt machen die Betriebsräte Informationsrechte aus dem BetrVG zum Thema Werkverträge geltend. Einer einheitlichen Beratung unserer Mitgliedsunternehmen soll dieser Kurzleitfaden dienen. Der Begriff Werkverträge wird in diesem Kontext häufig undifferenziert verwandt; je nach Einzelfall handelt es sich auch um Dienstverträge. Die Informationsrechte des Betriebsrates werden von der Rechtsprechung teils sehr großzügig ausgelegt. Die bislang ausdrücklich durch die Rechtsprechung bestätigten Inhalte des Informationsrechts werden nachfolgend dargestellt. Verallgemeinernd können folgende Aussagen vorangestellt werden: Unterrichtung nur über Werkverträge auf dem Betriebsgelände und von gewisser Dauer, Vorlage nur vorhandener Unterlagen (keine Beschaffungspflicht des Arbeitgebers), Unterrichtung des Betriebsrates nur unter ausdrücklichem Geheimhaltungsvorbehalt. II. Rechtliche Ausgangslage Nach § 80 Abs. 2 BetrVG hat der Betriebsrat einen Anspruch auf umfassende Unterrichtung und auf Vorlage der für die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen. Als Aufgabe des Betriebsrats kommen hierbei insbesondere die Überwachungsrechte des § 80 Abs. 1 BetrVG und die Beratungsrechte bei der Personalplanung nach §§ 92, 92a BetrVG in Betracht. Die Unterrichtung erstreckt sich auch auf die Beschäftigung von Personen im Betrieb, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen (§ 80 Abs. 1 Satz 1 BetrVG). Hinweis: Ein echtes Zustimmungsverweigerungsrecht nach § 99 BetrVG steht dem Betriebsrat jedoch nur dann zu, wenn der Werkvertragseinsatz tatsächlich eine verdeckte Arbeitnehmerüberlassung darstellt. Ausgenommen sind hier aber nach der Gesetzesbegründung Personen, die nur kurzfristig im Betrieb beschäftigt sind (z. B. der Elektriker, der eine kaputte Lampe im Betrieb reparieren soll). Unterlagen im Sinne des § 80 BetrVG sind die beim Arbeitgeber vorhandenen schriftlichen Aufzeichnungen. Zu diesen gehören auch die bei ihm in Datenverarbeitungsanlagen vorhandenen Dateien, die der vorlageverpflichtete Arbeitgeber auszudrucken und dem Betriebsrat auszuhändigen hat.1 Dem Arbeitgeber ist die Prüfung erlaubt, ob aus den Unterlagen Angaben hervorgehen, die in keinem Zusammenhang mit der geltend gemachten Überwachungsaufgabe oder einer anderen Betriebsratsaufgabe stehen. Solche Angaben kann der Arbeitgeber unkenntlich machen.2 1 2 BAG v. 16.08.2011 – 1 ABR 22/10. BAG v. 16.08.2011 – 1 ABR 22/10; BAG 17.03.1983 - 6 ABR 33/80. Informationsrechte des Betriebsrates bei Werkverträgen Der Betriebsrat muss darlegen, dass er die begehrte - stichtagsbezogene3 - Auskunft zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben benötigt. Missbräuchliche oder unbegründete Auskunftsverlangen sind daher ausgeschlossen. Weitere Informationspflichten können sich aus §§ 106, 111 BetrVG ergeben. III. Informationsumfang in der Praxis In den bislang bekannten Schreiben der Betriebsräte werden folgende Informationen verlangt: Gesamtübersicht über alle Fremdbeschäftigten … mit Auflistung der JA4 Einsatztage und der Einsatzzeiten Nach der Rechtsprechung des BAG muss der Arbeitgeber an den Werktoren geführte (d.h. bereits vorhandene) Kontrolllisten, aus denen sich die Einsatztage und die Einsatzzeiten der einzelnen Fremdarbeitnehmer ergeben, dem Betriebsrat auf Verlangen zur Verfügung stellen. Denn der Betriebsrat könne im Rahmen seiner Beteiligung bei der Personalplanung auch vorschlagen, gegenwärtig von Fremdfirmen verrichtete Arbeiten durch Arbeitnehmer des Betriebes, ggf. auch durch neu einzustellende Arbeitnehmer, verrichten zu lassen (§ 92a BetrVG). … nach Einsatzbe- JA reichen (Aufgabenbeschreibung) Allgemeine, personenunabhängige Benennung der Einsatzbereiche, da im Rahmen der Personalplanung der Betriebsrat auch vorschlagen kann, gegenwärtig von Fremdfirmen verrichtete Arbeiten durch Arbeitnehmer des Betriebes, ggf. auch durch neu einzustellende Arbeitnehmer, verrichten zu lassen (§ 92a BetrVG). … gegliedert nach NEIN der Häufigkeit des Einsatzes … unter Benennung NEIN des jeweiligen Vertragsverhältnisses 3 4 2 Auswertung bzw. Kategorisierung der Informationen sind Aufgabe des Betriebsrates. Auswertung bzw. Kategorisierung der Informationen sind Aufgabe des Betriebsrates. BAG v. 15.12.1998 – 1 ABR 9/98. BAG v. 31.01.1989 – 1 ABR 72/87. Informationsrechte des Betriebsrates bei Werkverträgen Vorlage der vertraglichen Vereinbarungen … mit Werkver- JA5 tragsunternehmen (anderen Arbeitgebern) Nach der Rechtsprechung kann der Betriebsrat auch die Vorlage des Vertrages mit dem Drittunternehmer verlangen, um überprüfen zu können, ob es sich nicht doch um Zeitarbeit handelt und Beteiligungsrechte in Betracht kommen. … mit Auftragneh- JA6 mern (Soloselbstständige) Ein Beteiligungsrecht nach § 99 BetrVG stünde dem Betriebsrat auch dann zu, wenn es sich um den Einsatz eines Scheinselbstständigen handelte. Das muss er prüfen können. … mit Subunter- NEIN nehmen Der Arbeitgeber muss nur vorhandene Unterlagen vorlegen; bei diesen Verträgen ist der Arbeitgeber gar nicht Vertragspartner. … mit Hinweis, wem JA das Weisungsrecht zusteht Ein pauschaler Hinweis auf das Weisungsrecht des Werkvertragsunternehmens oder ggf. Verweis auf die vertragliche Regelung ist sinnvoll, da für die Frage, ob es sich um verdeckte Arbeitnehmerüberlassung oder Scheinselbstständigkeit handelt, die Frage des Weisungsrechts eine vorrangige Rolle spielt. Angabe über soziale Standards … Höhe des Ent- NEIN7 gelts des Fremdpersonals Die Höhe des an den Auftraggeber zu zahlenden Entgeltes braucht, auch wenn es bekannt sein sollte, nicht offen gelegt zu werden, da der Betriebsrat nur Auskunft über die im Zusammenhang mit der geltend gemachten Überwachungsaufgabe oder einer anderen Betriebsratsaufgabe verlangen kann. … die bei der NEIN8 Vergabe von Aufträgen gelten Arbeitsbedingungen in fremden Betrieben gehören nicht zum Aufgabengebiet eines Betriebsrates. Praxishinweis: Soweit solche aber beachtet werden, kann dies bei der Erörterung mit dem Betriebsrat vorteilhaft sein. … und wie diese NEIN9 geprüft werden Arbeitsbedingungen in fremden Betrieben gehören nicht zum Aufgabengebiet eines Betriebsrates. Praxishinweis: Soweit solche Prüfungen erfolgen, kann dies bei der Erörterung mit dem Betriebsrat vorteilhaft sein. 5 BAG v. 31.01.1989 – 1 ABR 72/87; BAG v. 09.07.1991 – 1 ABR 45/90; BAG v. 15.12.1998 – 1 ABR 9/98 (Art der Entlohnung bei freien Mitarbeitern). 6 BAG v. 15.12.1998 – 1 ABR 9/98. 7 BAG v. 16.08.2011 – 1 ABR 22/10. 8 wird nicht einmal von Ulber in AiB 2013, 285 gefordert. 9 wird nicht einmal von Ulber in AiB 2013, 285 gefordert. 3 Informationsrechte des Betriebsrates bei Werkverträgen IV. Empfehlungen für die Praxis Da dem Betriebsrat grundsätzlich Informationsrechte zustehen, sollte dem Verlangen des Betriebsrates in den dargestellten Grenzen nachgekommen werden, auch wenn die Informationen betriebsintern zu weiteren Diskussionen führen können. 1. Vorgehensweise in einzelnen Fragen Der vereinbarte Preis mit dem Werkvertragsunternehmen kann nach derzeitiger Lesart der Rechtsprechung geschwärzt werden. In den Werkverträgen sollte klargestellt werden, dass das Weisungsrecht gegenüber dem Fremdpersonal beim Werkvertragsunternehmer liegt. Daran muss auch bei der Durchführung des Vertrages festgehalten werden. Schulungen der Führungskräfte in dieser Frage sind unbedingt zu empfehlen. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Betriebsräte Informationen an die IG Metall weitergeben, sollten die Informationen unbedingt unter den Vorbehalt der Geheimhaltung gemäß § 79 BetrVG gestellt werden. Dieser Hinweis sollte hervorgehoben werden. 2. Textbaustein Geheimhaltungsvorbehalt „Hiermit teilen wir Ihnen mit, dass es sich bei den in diesem Schreiben und in den Anlagen … aufgeführten Angelegenheiten und Inhalten um geheimhaltungsbedürftige Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse handelt. Die aufgeführten Inhalte und Angelegenheiten unterliegen daher der Geheimhaltungspflicht nach § 79 BetrVG. Die Verletzung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ist nach § 120 BetrVG strafbar.“ 4 Beim Einsatz von Werkverträgen auch auf dem Betriebsgelände handelt es sich um eine unternehmerische Entscheidung des Arbeitgebers, die keinem echten Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates unterliegt. BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 12.09.2013, 6 AZR 121/12 Betriebsratsanhörung in der Wartezeit Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 22. November 2011 - 17 Sa 961/11 - aufgehoben. 2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 12. Mai 2011 - 6 Ca 166/11 - wird zurückgewiesen. 3. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen. Tatbestand 1 Die Parteien streiten noch darüber, ob der Betriebsrat vor einer in der gesetzlichen Wartezeit erklärten ordentlichen Kündigung ordnungsgemäß angehört worden ist. 2 Die Klägerin war seit dem 1. Juli 2010 bei der Beklagten (vormals: Beklagte zu 3.) beschäftigt. In § 2 des Arbeitsvertrags ist eine Probezeit bis zum 31. Dezember 2010 mit einer Kündigungsfrist von zwei Wochen zum 15. des Monats bzw. zum Monatsende vereinbart. Die Beklagte ist ein Versorgungsdienstleister mit Sitz in P, der Transport- und Serviceleistungen im Gesundheitswesen anbietet. Die Klägerin wurde als Mitarbeiterin im Bereich Logistik und Hausservice im Klinikverbund der früheren Beklagten zu 1. in W eingesetzt, die den Hol- und Bringdienst mit Wirkung zum 1. Juli 2010 an die Beklagte fremdvergeben hatte, statt ihn wie bisher im Verbund mit der früheren Beklagten zu 2., bei der die Klägerin bis zum 30. Juni 2010 beschäftigt war, zu erbringen. Es ist rechtskräftig festgestellt bzw. unstreitig, dass zwischen der früheren Beklagten zu 1. und der Klägerin kein Arbeitsverhältnis bestand, kein Betriebsübergang auf die Beklagte erfolgt ist und das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der früheren Beklagten zu 2. zum 30. Juni 2010 wirksam beendet worden ist. 3 Die Beklagte hörte mit Schreiben vom 14. Dezember 2010 den an ihrem Sitz gebildeten Betriebsrat vorsorglich und „ohne eine Präjudizierung, ob eine Zuständigkeit des Betriebsrats für die Betriebsstätte W vorliegt“ zur beabsichtigten Kündigung der Klägerin an. Neben den Sozialdaten der Klägerin, ihrem Eintrittsdatum und Beschäftigungsort teilte die Beklagte dem Betriebsrat mit, sie beabsichtige, das Arbeitsverhältnis vor Ablauf des 31. Dezember 2010 ordentlich fristgerecht unter Einhaltung der Kündigungsfrist von 14 Tagen zu kündigen. Weiter heißt es in dem Anhörungsschreiben: „Auf das Arbeitsverhältnis findet das KSchG noch keine Anwendung, es wurde zudem eine sechsmonatige Probezeit vereinbart. Eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ist nicht in unserem Interesse.“ 4 Mit Schreiben vom 22. Dezember 2010 widersprach der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung, weil ihm kein Kündigungsgrund genannt worden sei. Er könne nicht nachvollziehen, ob es sich um eine betriebsbedingte, personenbedingte oder verhaltensbedingte Kündigung 2 handele und ob soziale Aspekte hinreichend berücksichtigt worden seien. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 28. Dezember 2010 zum 15. Januar 2011. 5 Die Klägerin hat - soweit für die Revisionsinstanz von Bedeutung - mit ihrer am 18. Januar 2011 erhobenen Klage geltend gemacht, die Beklagte habe den Betriebsrat nicht ausreichend informiert. Die Beklagte habe im Verlauf des Rechtsstreits vorgetragen, ihr Kündigungsentschluss beruhe auf der Würdigung konkreter, objektiver Tatsachen. Diese habe sie dem Betriebsrat mitteilen müssen. 6 Die Klägerin hat zuletzt beantragt 1. festzustellen, dass das zwischen der Klägerin und der Beklagten bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 28. Dezember 2010 nicht aufgelöst wird; 2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin über den 15. Januar 2011 hinaus entsprechend dem Arbeitsvertrag vom 23. Juni 2010 zu unveränderten Bedingungen als Mitarbeiterin für den Bereich Logistik und Hausservice gegen Zahlung einer Bruttomonatsvergütung von 1.850,00 Euro, bezogen auf eine 40Stundenwoche, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Kündigungsschutzantrag weiterzubeschäftigen. 7 Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass sich die Klägerin innerhalb der Probezeit nicht für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses qualifiziert habe. Sie hat im Einzelnen angeführt, worauf sie diese Einschätzung stützt, und dies mit konkreten Beispielen belegt. Diese Wahrnehmungen seien jedoch nur Vorüberlegungen bei ihrer Beurteilung, ob sich die Klägerin bewährt habe, gewesen. Im Ergebnis habe die Beklagte das verneint. Diesen Schluss habe sie anschließend ihrer Abwägung zugrunde gelegt, ob sie das Risiko eingehen wolle, die Klägerin nach Ablauf der Wartezeit in ein kündigungsgeschütztes Arbeitsverhältnis zu übernehmen, und sie sei zu der Entscheidung gelangt, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über die Wartezeit hinweg nicht ihrem unternehmerischen Interesse entsprochen habe. Mit der Kundgabe ihres Abwägungsergebnisses, die Klägerin nicht weiterbeschäftigen zu wollen, das subjektiv das unmittelbare Kündigungsmotiv gewesen sei, habe sie den Betriebsrat ordnungsgemäß unterrichtet. 8 Das Arbeitsgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Klägerin der Klage im noch rechtshängigen Umfang stattgegeben. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter. Entscheidungsgründe: 9 Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung der Beklagten vom 28. Dezember 2010 mit dem 15. Januar 2011 beendet worden. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts ist die Kündigung nicht nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Andere Unwirksamkeitsgründe macht die Klägerin nicht mehr geltend. Der Weiterbeschäftigungsantrag fällt nicht zur Entscheidung an. 3 10 I. Die Revision rügt allerdings ohne Erfolg, das Landesarbeitsgericht habe seine Prüfungskompetenz überschritten. Es sei nicht befugt gewesen, seine Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs „ordnungsgemäße Anhörung“ an die Stelle der Auslegung dieses Begriffs durch das Arbeitsgericht zu setzen. 11 1. Die Revision geht bereits von einem unzutreffenden Ausgangspunkt aus, wenn sie annimmt, es gehe bei der Frage, ob der Betriebsrat „ordnungsgemäß angehört“ worden sei, um die Auslegung eines unbestimmten Rechtsbegriffs. Das Landesarbeitsgericht hat vielmehr im Wege der Rechtsfehlerkontrolle zu prüfen, ob die Vorinstanz die Bestimmung des § 102 BetrVG rechtsfehlerfrei angewandt hat. Gemäß § 529 Abs. 2 Satz 2 ZPO unterliegt das mit einer zulässigen Berufung angefochtene Urteil, von den in § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO und § 65 ArbGG genannten, hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen, der inhaltlich unbeschränkten, nicht an die geltend gemachten Berufungsgründe gebundenen Überprüfung auf Fehler bei der Anwendung formellen und materiellen Rechts durch das Landesarbeitsgericht. Das Berufungsgericht hat insoweit den Prozessstoff selbstständig nach allen Richtungen von Neuem zu prüfen, ohne dabei an die rechtlichen Gesichtspunkte und Beurteilungen der Parteien oder der Vorinstanz gebunden zu sein. Insbesondere hat es alle in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen zu prüfen (vgl. BGH 25. Januar 2005 - XI ZR 78/04 - zu II 2 der Gründe). 12 2. Die Revision missversteht zudem die Funktion des Berufungsverfahrens, wenn sie annimmt, bei der Überprüfung der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe durch das Arbeitsgericht komme dem Landesarbeitsgericht nur eine begrenzte Prüfungskompetenz zu, die der des Revisionsgerichts entspreche. Zu Unrecht folgert die Revision dies aus dem Verweis auf § 546 ZPO in § 513 Abs. 1 ZPO. Bei dieser Argumentation berücksichtigt sie nicht, dass das Landesarbeitsgericht weiterhin (auch) Tatsachengericht ist. 13 a) Durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses (Zivilprozess-Reformgesetz - ZPO-RG) vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) ist die Berufungsinstanz zwar zu einem Instrument zur Kontrolle und Beseitigung von Fehlern der erstinstanzlichen Entscheidung umgestaltet worden (BGH 14. Juli 2004 - VIII ZR 164/03 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 160, 83). Anders als im Revisionsverfahren ist das angefochtene Urteil im Berufungsverfahren aber nicht nur auf Rechtsfehler hin zu überprüfen. Vielmehr gehört es gemäß § 513 Abs. 1 Alt. 2 ZPO, der über die Verweisung in § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG auch im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren Anwendung findet (ErfK/Koch 13. Aufl. § 66 ArbGG Rn. 26), zu den Aufgaben des Berufungsgerichts, das Urteil der Vorinstanz auch auf konkrete Anhaltspunkte für Zweifel hinsichtlich der Richtigkeit und Vollständigkeit der getroffenen Tatsachenfeststellungen zu prüfen und etwaige Fehler zu beseitigen (BGH 12. März 2004 - V ZR 257/03 - zu II 2 b aa (3) der Gründe, BGHZ 158, 269). Es dient insoweit auch der Kontrolle und Korrektur fehlerhafter Tatsachenfeststellungen (BGH 19. März 2004 - V ZR 104/03 - zu II 2 d bb (3) (a) der Gründe, BGHZ 158, 295). 14 b) Das Berufungsgericht kann seine mit der Einrichtung einer zweiten - wenn auch beschränkten - Tatsacheninstanz verbundene Funktion, die Einzelfallgerechtigkeit zu gewährleisten, nur erfüllen, wenn es die rechtliche Tatsachenwürdigung der Vorinstanz zumindest im selben Umfang zu überprüfen hat, in dem auch die zugrunde liegenden Tatsachenfest- 4 stellungen überprüft werden dürfen. Deshalb ist ungeachtet der Bezugnahme in § 513 Abs. 1 ZPO auf die revisionsrechtliche Bestimmung des § 546 ZPO die Prüfungsbefugnis des Berufungsgerichts bezüglich der erstinstanzlichen Auslegung von Individualvereinbarungen und unbestimmten Rechtsbegriffen nicht in gleichem Umfang wie die des Revisionsgerichts beschränkt (aA Holthaus/Koch RdA 2002, 140, 154; ErfK/Koch 13. Aufl. § 66 ArbGG Rn. 28). Vielmehr hat das Berufungsgericht die erstinstanzliche Auslegung solcher Vereinbarungen und Rechtsbegriffe in vollem Umfang darauf zu überprüfen, ob die Auslegung überzeugt. Insoweit haben Berufungs- und Revisionsgerichte auch nach der Reform des Rechtsmittelrechts weiterhin unterschiedliche Funktionen. Die Beschränkung des revisionsrechtlichen Prüfungsumfangs beruht auf der Funktion der Revision, die Klärung grundsätzlicher Rechtsfragen, die Fortbildung des Rechts und die Wahrung der Rechtseinheit zu fördern. Aufgrund dieser sog. „Leitbildfunktion“ der revisionsgerichtlichen Entscheidung für zukünftige Fälle werden nur die verallgemeinerungsfähigen Aspekte der Auslegung von Individualvereinbarungen und unbestimmten Rechtsbegriffen in die revisionsgerichtliche Überprüfung einbezogen. Diese Leitbildfunktion und die daraus abzuleitende Rechtfertigung für die eingeschränkte Überprüfung der Auslegung von Individualvereinbarungen und unbestimmten Rechtsbegriffen im Revisionsverfahren sind auf das Berufungsverfahren auch nach dessen Umgestaltung nicht zu übertragen (BGH 14. Juli 2004 - VIII ZR 164/03 - zu II 1 a bb und II 1 b aa und bb der Gründe, BGHZ 160, 83; Düwell/Lipke/MaulSartori ArbGG 3. Aufl. § 64 Rn. 86; im Ergebnis wohl auch GMP/Germelmann 8. Aufl. § 64 Rn. 74, der darauf hinweist, dass im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren gemäß § 67 ArbGG im stärkeren Umfang als im Zivilverfahren neue Tatsachen berücksichtigt werden können). 15 II. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht die Kündigung vom 28. Dezember 2010 gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG als unwirksam angesehen. 16 1. Das Landesarbeitsgericht hat nicht aufgeklärt, ob der am Sitz der Beklagten in P gebildete Betriebsrat für die in W beschäftigten Arbeitnehmer zuständig war. Nur wenn das der Fall gewesen wäre, könnte die streitbefangene Kündigung wegen der Verletzung der Pflichten der Beklagten aus § 102 BetrVG unwirksam sein (vgl. BAG 8. Januar 1980 - 6 AZR 659/77 - zu II 1 der Gründe). Es kann jedoch zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass der Betriebsrat am Sitz der Beklagten vor der Kündigung der Klägerin anzuhören war. 17 2. Die Anhörung des Betriebsrats vom 14. Dezember 2010 genügt den Anforderungen des § 102 Abs. 1 BetrVG. 18 a) Die Kündigung ist unstreitig in der gesetzlichen Wartezeit des § 1 KSchG erfolgt. 19 b) Auch in der gesetzlichen Wartezeit ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (seit Urteil vom 13. Januar 1978 - 2 AZR 717/76 - zu III 1 der Gründe, BAGE 30, 386) der Betriebsrat vor der beabsichtigten Kündigung zu hören. Dies folgt schon aus dem Wortlaut des § 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, wonach der Betriebsrat „vor jeder Kündigung“ zu hören ist. Auch wenn ein individual-rechtlicher Kündigungsschutz nicht oder noch nicht besteht, soll der Betriebsrat in die Lage versetzt werden, auf den Arbeitgeber einzuwirken, um ihn ggf. mit besseren Argumenten von seinem Kündigungsentschluss abzubrin- 5 gen. Dafür muss der Betriebsrat die Gründe kennen, die den Arbeitgeber zur Kündigung veranlassen (BAG 3. Dezember 1998 - 2 AZR 234/98 - zu II 1 der Gründe). 20 c) Bei einer Kündigung in der Wartezeit ist die Substantiierungspflicht nicht an den objektiven Merkmalen der Kündigungsgründe des noch nicht anwendbaren § 1 KSchG, sondern allein an den Umständen zu messen, aus denen der Arbeitgeber subjektiv seinen Kündigungsentschluss herleitet (BAG 22. April 2010 - 6 AZR 828/08 - Rn. 26). Dies folgt aus dem Grundsatz der subjektiven Determination. 21 aa) Nach diesem Grundsatz ist der Betriebsrat immer dann ordnungsgemäß angehört, wenn der Arbeitgeber ihm die Gründe mitgeteilt hat, die nach seiner subjektiven Sicht die Kündigung rechtfertigen und die für seinen Kündigungsentschluss maßgeblich sind. Diesen Kündigungsentschluss hat er regelmäßig unter Angabe von Tatsachen so zu beschreiben, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe prüfen kann (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 773/10 - Rn. 30). Schildert der Arbeitgeber dem Betriebsrat den seiner Kündigungsentscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt bewusst irreführend, ist die Anhörung unzureichend, die Kündigung deshalb unwirksam. Eine vermeidbare oder unbewusste Fehlinformation macht die Betriebsratsanhörung dagegen noch nicht unwirksam (vgl. BAG 22. September 1994 - 2 AZR 31/94 - zu II 3 der Gründe, BAGE 78, 39). 22 bb) Hinsichtlich der Anforderungen, die an die Information des Betriebsrats durch den Arbeitgeber bei Wartezeitkündigungen zu stellen sind, ist deshalb zwischen Kündigungen, die auf substantiierbare Tatsachen gestützt werden (vgl. BAG 8. September 1988 - 2 AZR 103/88 - zu II 3 b aa der Gründe, BAGE 59, 295) und Kündigungen, die auf personenbezogenen Werturteilen beruhen, die sich in vielen Fällen durch Tatsachen nicht näher belegen lassen (BAG 18. Mai 1994 - 2 AZR 920/93 - zu II 4 a der Gründe, BAGE 77, 13), zu differenzieren. In der ersten Konstellation genügt die Anhörung den Anforderungen des § 102 BetrVG nur, wenn dem Betriebsrat die zugrunde liegenden Tatsachen bzw. Ausgangsgrundlagen mitgeteilt werden. In der zweiten Konstellation reicht die Mitteilung allein des Werturteils für eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung aus. Der Arbeitgeber ist in diesem Fall nicht verpflichtet, im Rahmen des Anhörungsverfahrens nach § 102 BetrVG sein Werturteil gegenüber der Arbeitnehmervertretung zu substantiieren oder zu begründen. Darum genügten die Mitteilungen, die Arbeitnehmerin habe sich „während der Probezeit nicht bewährt“ und sei „nicht geeignet, die ihr übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen“ (BAG 22. April 2010 - 6 AZR 828/08 - Rn. 26 f.), „nach unserer allgemeinen, subjektiven Einschätzung genügt die Arbeitnehmerin unseren Anforderungen nicht“ (BAG 3. Dezember 1998 - 2 AZR 234/98 -) oder der Arbeitnehmer habe die „in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllt“ (BAG 18. Mai 1994 - 2 AZR 920/93 - aaO) jeweils den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats. 23 d) Liegen dem subjektiven Werturteil des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis nicht über die Wartezeit hinaus fortsetzen zu wollen, nach Zeit, Ort und Umständen konkretisierbare Tatsachenelemente zugrunde, muss der Arbeitgeber den Betriebsrat über diesen Tatsachenkern bzw. die Ansatzpunkte seines subjektiven Werturteils nicht informieren. Es genügt für eine ordnungsgemäße Anhörung, wenn er allein das Werturteil selbst als das Ergebnis sei- 6 nes Entscheidungsprozesses mitteilt. Diese Auslegung der Pflichten des Arbeitgebers im Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG bei Kündigungen innerhalb der Wartezeit, die auf subjektive Werturteile gestützt werden, ist Konsequenz des Grundsatzes der subjektiven Determination. Sie koordiniert den formellen Kündigungsschutz nach § 102 BetrVG mit dem materiellen Kündigungsschutz des Arbeitnehmers während der Wartezeit in einer Weise, die sowohl den (Grund-)Rechten des Arbeitnehmers als auch des Arbeitgebers sowie dem Zweck des Anhörungsverfahrens Rechnung trägt und diese wechselseitigen Rechte und Interessen zum Ausgleich bringt. 24 aa) Die Wartezeit dient der beiderseitigen Überprüfung der Arbeitsvertragsparteien, ob sie das Arbeitsverhältnis über die Wartezeit hinaus fortsetzen wollen (BAG 22. April 2010 6 AZR 828/08 - Rn. 26). In der Wartezeit besteht Kündigungsfreiheit auch des Arbeitgebers. Diese Freiheit ist durch Art. 12 Abs. 1 GG bzw. durch die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit iSv. Art. 2 Abs. 1 GG geschützt. Die grundrechtliche Gewährleistung erstreckt sich auch auf das Interesse des Arbeitgebers, in seinem Unternehmen nur Mitarbeiter zu beschäftigen, die seinen Vorstellungen entsprechen (BVerfG 27. Januar 1998 - 1 BvL 15/87 zu B I 3 a der Gründe, BVerfGE 97, 169; vgl. auch 21. Juni 2006 - 1 BvR 1659/04 - Rn. 13, BVerfGK 8, 244). In der gesetzlichen Wartezeit unterliegt die Bildung der Meinung des Arbeitgebers, ob ein Arbeitnehmer seinen Vorstellungen entspricht, von Missbrauchsfällen abgesehen keiner Überprüfung nach objektiven Maßstäben. Kommt der Arbeitgeber bei dieser Prüfung zu einem negativen Ergebnis, kann er das Arbeitsverhältnis grundsätzlich frei kündigen, ohne auf entgegenstehende Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht nehmen zu müssen (BAG 23. April 2009 - 6 AZR 516/08 - Rn. 23, BAGE 130, 369). Die während der Wartezeit grundsätzlich bestehende Kündigungsfreiheit des Arbeitgebers ist das Gegengewicht zu dem im Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes entstehenden materiellen Kündigungsschutz, der die Kündigungsfreiheit des Arbeitgebers nicht unerheblich beschneidet. 25 (1) Insoweit ist die kündigungsrechtliche Ausgangssituation vergleichbar mit der freien unternehmerischen Entscheidung, die einer betriebsbedingten Kündigung zugrunde liegt. Kündigungsgrund ist die getroffene unternehmerische Entscheidung und sind nicht die dieser Entscheidung zugrunde liegenden Erwägungen (vgl. HaKo/Nägele 4. Aufl. § 102 BetrVG Rn. 105). Beruht diese Entscheidung auf innerbetrieblichen Gründen, müssen dem Betriebsrat nur die nach dieser freien unternehmerischen Entscheidung beabsichtigten organisatorischen Maßnahmen als der eigentliche Kündigungsgrund sowie deren Auswirkungen auf das Beschäftigungsbedürfnis dargestellt werden (vgl. KR/Etzel 10. Aufl. § 102 BetrVG Rn. 62d). Die Erläuterung der dieser Entscheidung zugrunde liegenden Hintergründe, Motive oder Vorüberlegungen ist dagegen nicht erforderlich (vgl. BAG 21. September 2000 - 2 AZR 385/99 - zu B II 3 b der Gründe; APS/Koch 4. Aufl. § 102 BetrVG Rn. 109a). 26 (2) Der erst nach Ablauf der Wartezeit eintretende Kündigungsschutz darf durch die Anforderungen, die an eine Anhörung nach § 102 BetrVG gestellt werden, nicht vorverlagert werden. Eine Vermengung der formellen Wirksamkeitsvoraussetzungen der Anhörung mit der Überprüfung der Kündigungsgründe aufgrund der Prozesssituation bezweckt § 102 BetrVG nicht (BAG 26. Januar 1995 - 2 AZR 386/94 - zu II 2 a der Gründe). Die formellen 7 Anforderungen an die Unterrichtung des Betriebsrats sind deshalb an dem Schutzniveau des materiell-rechtlichen Kündigungsschutzes des Arbeitnehmers in der Wartezeit zu messen (vgl. BAG 22. April 2010 - 6 AZR 828/08 - Rn. 26; Tiling ZTR 2012, 554, 556 nimmt zu Unrecht an, dass die Fehleranfälligkeit der Wartezeitkündigung insbesondere darauf beruhe, dass das verfahrensrechtliche Schutzniveau höher sei als das materiell-rechtliche). 27 (3) Dementsprechend ist dem Betriebsrat bei einer auf einem subjektiven Werturteil beruhenden Kündigung in der Wartezeit nur dieses Werturteil als der eigentliche Kündigungsgrund mitzuteilen. Die dem Urteil zugrunde liegenden Erwägungen bzw. Ansatzpunkte müssen auch dann nicht mitgeteilt werden, wenn sie einen substantiierbaren Tatsachenkern haben (vgl. bereits BAG 18. Mai 1994 - 2 AZR 920/93 - zu II 4 a der Gründe, BAGE 77, 13). Etwas anderes gilt nur dann, wenn in Wirklichkeit nicht das Werturteil, sondern bestimmte konkrete Verhaltensweisen oder Tatsachen den eigentlichen Kündigungsgrund bilden. 28 (a) Werturteile sind in einer Vielzahl von Fällen durch Tatsachen nicht belegbar (vgl. BAG 18. Mai 1994 - 2 AZR 920/93 - zu II 4 a der Gründe, BAGE 77, 13). Deshalb kann vom Arbeitgeber nicht verlangt werden, sein Werturteil gegenüber dem Betriebsrat zu substantiieren oder zu begründen, wenn er die Kündigungsentscheidung lediglich auf ein subjektives, nicht durch objektivierbare Tatsachen begründbares Werturteil stützt (vgl. BAG 22. April 2010 - 6 AZR 828/08 - Rn. 26). 29 (b) Gleichwohl werden Werturteile in aller Regel nicht aus dem bzw. im luftleeren Raum getroffen. Sie beruhen vielfach auf einer Vielzahl kleinerer Beobachtungen, Vorfälle oder Verhaltensweisen und damit auf mehr oder minder fundierten, objektiven Tatsachen, die der Arbeitgeber oft nicht abschließend reflektieren kann und will und die oft auch nicht objektivierbar sind. Gleichwohl vermitteln diese Umstände in ihrer Gesamtheit dem Arbeitgeber bzw. dem zuständigen Vorgesetzten das Gefühl, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht sinnvoll erscheint, sondern der Arbeitgeber von seiner Kündigungsfreiheit Gebrauch machen will (auf dieses Gefühl abstellend bereits BAG 3. Dezember 1998 2 AZR 234/98 - zu II 1 der Gründe). Dieses Gefühl manifestiert sich dann in einem Werturteil, etwa „der Arbeitnehmer ist ungeeignet“ oder „der Arbeitnehmer erbringt keine ausreichende Leistung“ oder „der Arbeitnehmer hat die Probezeit nicht bestanden“, das dann den Kündigungsgrund bildet. 30 (c) Wird die Kündigung auf ein so gewonnenes subjektives Werturteil gestützt, ist strikt zwischen dem Werturteil selbst als dem eigentlichen Kündigungsgrund und dem diesem Urteil zugrunde liegenden Tatsachenkern zu differenzieren. Dem Betriebsrat muss nur der eigentliche Kündigungsgrund, dh. das Werturteil, nicht aber die Grundlage dieser subjektiven Einschätzung mitgeteilt werden. 31 bb) Diese Auslegung trägt auch dem bereits in der Wartezeit bestehenden, aus Art. 12 GG (vgl. BVerfG 21. Juni 2006 - 1 BvR 1659/04 - Rn. 13, BVerfGK 8, 244) und den Diskriminierungsverboten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes hergeleiteten Kündigungsschutz des Arbeitnehmers hinreichend Rechnung. Es bleibt ihm unbenommen, im Rahmen der abgestuften Darlegungslast zu der Betriebsratsanhörung Indizien darzulegen, die dafür 8 sprechen, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat bewusst falsch bzw. unvollständig informiert hat und in Wirklichkeit doch wegen konkreter Tatsachen gekündigt hat (zu dieser Möglichkeit der Rechtsverteidigung des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess bereits BAG 3. Dezember 1998 - 2 AZR 234/98 - zu II 2 der Gründe). Trägt der Arbeitnehmer derartige Indizien vor, muss der Arbeitgeber beweisen, dass er den Betriebsrat nicht bewusst irreführend informiert hat (vgl. BAG 22. September 1994 - 2 AZR 31/94 - zu II 3 c der Gründe, BAGE 78, 39). 32 cc) Auch der Zweck der Betriebsratsanhörung ist bei einer solchen Differenzierung zwischen dem Werturteil und dem Tatsachenkern dieses Urteils gewahrt. Die Anhörung soll, wie ausgeführt, den Betriebsrat in die Lage versetzen, auf den Arbeitgeber einzuwirken, um ihn ggf. mit besseren Argumenten von seinem Kündigungsentschluss abzubringen. Das ist zwar bei einem unbestimmten Werturteil schwieriger als bei einer auf konkrete Tatsachen gestützten Kündigung. Gleichwohl kann der Betriebsrat auch bei einer auf ein solches Urteil gestützten Kündigung auf den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers einwirken. Insbesondere kann er versuchen, den Arbeitgeber mit Sachargumenten zu einer besseren Einschätzung des Arbeitnehmers zu bewegen. Er kann insoweit unter Umständen sein möglicherweise umfassenderes Tatsachenwissen über die Umstände der Leistungserbringung des Arbeitnehmers einbringen (vgl. dazu BAG 13. Juli 1978 - 2 AZR 717/76 - zu III 2 a der Gründe, BAGE 30, 386). Dabei kann er gemäß § 102 Abs. 2 Satz 4 BetrVG auch den Arbeitnehmer anhören und sich den Sachverhalt aus dessen Sicht darstellen lassen (vgl. KR/Etzel 10. Aufl. § 102 BetrVG Rn. 94; Thüsing in Richardi BetrVG 13. Aufl. § 102 Rn. 107; APS/Koch 4. Aufl. § 102 BetrVG Rn. 137 und KR/Etzel aaO nehmen insoweit eine Pflicht des Betriebsrats zur Anhörung des Arbeitnehmers an). So haben sich die Betriebsräte im Vorfeld der den Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 13. Juli 1978 (2 AZR 717/76 - BAGE 30, 386), 18. Mai 1994 (- 2 AZR 920/93 - BAGE 77, 13) sowie vom 21. Juli 2005 (- 6 AZR 498/04 -) zugrunde liegenden Kündigungen trotz der lediglich mitgeteilten pauschalen Werturteile nicht gehindert gesehen, umfangreiche und substantiierte Stellungnahmen unter Nennung der Gründe, die aus ihrer Sicht gegen die Kündigungsabsicht sprachen, zu verfassen. 33 e) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die von der Beklagten angestellten Vorüberlegungen seien für die Kündigungsentscheidung von Bedeutung gewesen und hätten dem Betriebsrat mitgeteilt werden müssen, auch wenn die meisten Gründe nicht durch Tatsachen konkretisiert werden könnten, sondern auf subjektiven Wertungen beruhten und jeder Grund für sich allein nicht ausschlaggebend für die Kündigung gewesen sei, wird vorstehenden Maßstäben nicht gerecht. 34 aa) Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe als Resultat verschiedener Wahrnehmungen, die selbst nicht der eigentliche Kündigungsgrund gewesen seien, den Schluss gezogen, dass sich die Klägerin aus ihrer Sicht in der Probezeit nicht bewährt habe. Diesen Schluss habe sie ihrer Abwägung zugrunde gelegt, ob sie das Risiko eingehen wolle, die Klägerin nach Ablauf der Wartezeit in ein kündigungsgeschütztes Arbeitsverhältnis zu übernehmen. Sie sei zu der Entscheidung gelangt, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über die Wartezeit hinweg nicht ihrem unternehmerischen Interesse entsprochen habe. Subjektiv 9 sei ihr unmittelbares Kündigungsmotiv das Abwägungsergebnis gewesen. 35 bb) Diesen Tatsachenvortrag hat das Landesarbeitsgericht seiner rechtlichen Würdigung zugrunde gelegt und ihn damit für den Senat bindend festgestellt (vgl. zur Tatsachenfeststellung in den Entscheidungsgründen BAG 24. Februar 2011 - 6 AZR 626/09 - Rn. 59). Die Klägerin hat keine Gegenrügen erhoben. 36 cc) Die Beklagte hat ihren nach diesen bindenden Feststellungen maßgeblichen Kündigungsgrund, nämlich ihre subjektive Entscheidung, als Ergebnis ihrer Abwägungen das Arbeitsverhältnis nicht über die Wartezeit hinaus fortsetzen zu wollen, weil dies nicht in ihrem Interesse liege, dem Betriebsrat vollständig mitgeteilt. Auf die einzelnen, im Prozess vorgetragenen Vorfälle und Beobachtungen hat sie sich zur Rechtfertigung ihrer Kündigung nicht berufen. Im Gegenteil hat sie im Kammertermin vor dem Landesarbeitsgericht unwidersprochen vorgetragen, diese Umstände seien jeder für sich genommen nicht ausschlaggebend für die Kündigung gewesen. Ihre Vorüberlegungen, die zu ihrer Entscheidung geführt haben, das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Wartezeit zu kündigen, musste sie dem Betriebsrat deshalb nicht mitteilen (vgl. bereits BAG 22. April 2010 - 6 AZR 828/08 - Rn. 27; 27. Oktober 2005 - 6 AZR 27/05 - Rn. 40). Anders als die Klägerin annimmt, hat die Beklagte ihr Kündigungsmotiv dem Betriebsrat auch hinreichend deutlich erklärt. Mit der Angabe, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses liege nicht in ihrem Interesse, hat die Beklagte zu erkennen gegeben, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den Ablauf der Wartezeit nicht ihre Absicht sei bzw. nicht ihrem Willen entspreche (vgl. Duden Das Synonymwörterbuch 4. Aufl. Stichwort: „Interesse“ Nr. 3). In der Zusammenschau mit dem Hinweis darauf, dass das Kündigungsschutzgesetz noch keine Anwendung finde, ließ diese Begründung nur den Rückschluss zu, dass die Kündigung allein von subjektiven Wertungen getragen war. Genauso gut hätte die Beklagte mitteilen können, dass sie sich entschlossen habe, von ihrer Kündigungsfreiheit Gebrauch zu machen. 37 f) Mit dem Schreiben vom 14. Dezember 2010 hat die Beklagte den Betriebsrat ausreichend über den Zeitpunkt der beabsichtigten Beendigung des Arbeitsverhältnisses informiert. Sie hat die Kündigungsfrist mitgeteilt und klargestellt, dass die Kündigung in naher Zukunft, nämlich noch vor dem 31. Dezember 2010, erklärt werden sollte (vgl. BAG 20. Juni 2013 - 6 AZR 805/11 - Rn. 38). 38 3. Auf die von der Revision aufgeworfene Frage nach den Rechtsfolgen einer fehlerhaften Betriebsratsanhörung (zu dieser Frage zuletzt BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 773/10 Rn. 30) kommt es nicht an. 39 III. Die angefochtene Entscheidung stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Die Klägerin macht keine weiteren Unwirksamkeitsgründe der Kündigung vom 28. Dezember 2010 mehr geltend. Insbesondere rügt sie nicht mehr, die Parteien hätten stillschweigend eine zeitliche Vorverlagerung des Kündigungsschutzes vereinbart (vgl. zur Zulässigkeit einer solchen Vereinbarung BAG 24. Oktober 1996 - 2 AZR 874/95 - zu II 1 a der Gründe). Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Kündigung die Klägerin diskriminierte, sittenwidrig war, gegen § 242 BGB verstieß oder willkürlich war. Entschließt sich der Arbeitgeber, das Arbeitsverhältnis nicht über die Wartezeit hinaus fortzusetzen, 10 ohne dies auf objektivierbare Faktoren stützen zu können oder zu wollen, macht dies die Kündigung allein noch nicht willkürlich. Gerade eine solche Kündigung ist Teil der in der Wartezeit grundsätzlich bestehenden Kündigungsfreiheit, die dem Arbeitgeber das Recht gibt, von dieser Freiheit Gebrauch zu machen und sich dabei von seinem „Bauchgefühl“ leiten zu lassen (vgl. BAG 3. Dezember 1998 - 2 AZR 234/98 - zu II 1 der Gründe). Bis zum Ablauf der Wartezeit kann sich der Arbeitgeber - außerhalb von hier nicht vorgetragenen und nicht ersichtlichen Missbrauchs-, insbesondere Diskriminierungsfällen - frei von solchen Arbeitnehmern trennen, bei denen er während der Wartezeit den Eindruck gewonnen hat, dass eine weitere Zusammenarbeit nicht sinnvoll ist. Von dieser Kündigungsfreiheit hat die Beklagte Gebrauch gemacht. 40 IV. Die Klägerin hat gemäß § 92 Abs. 2 Nr. 1, § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Fischermeier Gallner Wollensak Spelge Lorenz