Neuordnung des ORF

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Neuordnung des ORF
Medienpolitik
Neuordnung des ORF
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird nachfolgend auf die
gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen
verzichtet. Die männliche Form schließt die weibliche mit ein.
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Präambel
Medien sind als vierte Gewalt im Staat unverzichtbarer Bestandteil
des demokratischen Systems. Sie haben die Aufgabe, die
Öffentlichkeit objektiv über relevante Vorgänge und
Zusammenhänge zu informieren und schaffen damit die
Voraussetzung für einen offenen, politischen Diskurs. Damit die
Medien dieser Verantwortung nachkommen können, ist es
notwendig, ihre größtmögliche Unabhängigkeit zu gewährleisten.
Diese unverzichtbare Medienfunktion wollen wir unter anderem
durch ein öffentlich-rechtliches Medienhaus sicherstellen.
Unsere Vision des österreichischen Medienmarkts ist ein Ort freier
Medien und eines unabhängigen, lebendigen Qualitätsjournalismus.
Eine Vielzahl kritischer Medien sorgt über diverse Vertriebskanäle für
eine lebhafte Debatte. Der ORF kommt seinem öffentlichrechtlichen Auftrag in vorbildlicher Weise nach und setzt
unabhängig von politischer Einflussnahme qualitative Maßstäbe in
Europa.
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Die Situation des ORF
2.1 Politischer Einfluss
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk, als eine der wichtigsten
Medienstrukturen in Österreich, steht nach wie vor unter enormem
und direktem Einfluss durch Regierung und Parteien. Dieser Einfluss
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ist politisch gewollt und über die Governance des ORF –
insbesondere die Art der personellen Besetzung der Spitzen- und
Schlüsselpositionen – lebende Praxis. Hinzu kommen zahlreiche
direkte inhaltliche Interventionen von öffentlicher Hand und
Parteien in ORF-Redaktionen. Was in anderen EU-Ländern bereits zu
einigen handfesten Skandalen und Rücktritten von höchstrangigen
Politikern geführt hat, gehört in Österreich zum journalistischen
Alltag und wird von vielen Verantwortlichen nicht einmal als
Kavaliersdelikt wahrgenommen.
Viele Betroffene sind gezwungen, sich mit diesem Einfluss und Druck
zu arrangieren, da die Kleinheit des journalistischen Marktes in
Österreich wenig Beschäftigungsalternativen zulässt.
Um jeglichem Machtmissbrauch im ORF vorzubeugen muss sich die
Politik selbst beschränken, das bedeutet die Entmachtung der
politischen Apparate in diesem Feld zuzulassen.
Auf dem Spiel steht nicht weniger als die Sicherstellung des freien
Journalismus und ein würdiger Umgang mit dem Gut Information
und Unterhaltung im öffentlichen Interesse, als vierte Säule der
Demokratie.
2.2 Öffentlich-rechtlicher Auftrag
Grundsätzlich sind die marktverzerrende Stellung des ORF und seine
Finanzierung über Gebühren nur durch die Erfüllung des öffentlichrechtlichen Auftrags zu rechtfertigen.
Eine Bescheid der KommAustria vom 04.10.2012 bewertet jedoch
diesen Auftrag als dauerhaft nicht erfüllt. Ein überproportionaler
Anteil (von 80% in ORF1) an Unterhaltungsprogrammen verstieß
gegen den öffentlich-rechtlichen Kernauftrag nach §4 Abs.2 des
ORF-Gesetzes.
Falls Ö3 und ORF1 permanent die Grenzen der Belastbarkeit ihres
öffentlich-rechtlichen Auftrages ausloten, rücken sie nahe an die
Programmierung privater Sender. In diesem Fall stellt sich die Frage,
ob die Finanzierung über Gebühren oder eine Haushaltsabgabe noch
angemessen ist und ob bei wiederholtem Verfehlen des Kernauftrags
nicht die Privatisierung dieser Sender sinnvoll ist.
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2.3 Mitbewerb
Der ORF befindet sich nicht nur im ökonomischen Mitbewerb mit
Privatsendern, sondern vor allem auch in einem inhaltlichen
Mitbewerb mit anderen deutschsprachigen öffentlich-rechtlichen
Medienhäusern, und definiert damit die Zukunftsfähigkeit seines
Angebotes.
Die Entwicklungen des Medienkonsums und der Medientechnologie,
die Verschmelzung und Konvergenz der Medienarten, die
Verschränkungen mit der IT und die Vielfalt der
Kommunikationsmittel verlangen, dass auch der öffentlichrechtliche Rundfunk nicht nur als Rundfunk, sondern als
umfassendes Medienhaus gesehen werden muss.
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Ein starker ORF durch unabhängige Gremien
Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk kommt gerade in einem
kleinen Land wie Österreich aufgrund seiner großen Bedeutung für
die Meinungsbildung eine wesentliche Rolle im demokratischen
System zu. NEOS bekennt sich zu einem starken und unabhängigen
öffentlich-rechtlichen Rundfunk, in dem aber die erwähnten
wesentlichen Bedingungen erfüllt sein müssen.
Um dies zu erreichen braucht es eine:
Neuordnung der ORF Gremien.
Der ORF ist bereits als Stiftung organisiert, er soll jedoch weitgehend
an die Rechtsform der AG angelehnt werden.
Im novellierten ORF-G Stiftung "Österreichischer Rundfunk" wird die
Stiftungsurkunde geändert und darin der Auftrag des ORF genauer
festgeschrieben. Zwischen Vorstand und Stiftungsrat wird ein neues
Gremium installiert: Der Aufsichtsrat. Der Stiftungsrat wird zur
Stifterversammlung und damit aus seiner Hybridrolle als
Aufsichtsrat und Eigentümervertretung befreit.
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Die Organe sollen in Zukunft sein:
3.1 Stifterversammlung (SV)
Die Stifterversammlung repräsentiert die Eigentümerin – das ist die
österreichische Bevölkerung – und entspricht damit der
Hauptversammlung einer AG.
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Die SV setzt sich aus einer breiten Repräsentanz der
österreichischen Gesellschaft zusammen.
Interessenskonflikte mit insbesondere politischen Funktionen
sollen sehr eng gesehen werden. Mitglieder müssen daher mit
Ausnahme der politisch entsandten die Bestellungskriterien
(siehe Punkt 3.4) erfüllen.
In die SV berufende Organisationen können auch
Nichtmitglieder entsenden.
Die Statuten werden per Gesetz festgelegt und können nur
mit 2/3 Mehrheit von der SV selbst geändert werden.
Um politischen Einfluss gering zu halten, ist große Breite
erforderlich, bei gleichzeitiger Reduktion der parteipolitischen
Repräsentanten. Die Anzahl der nicht parteipolitischen
Mitglieder der SV muss daher im Verhältnis mindestens drei
Mal höher sein als das der politischen Funktionäre aus Parteien,
Gewerkschaft, etc. (im unteren Vorschlag 52).
Zusammensetzung der SV:
13 politische Vertreter (pro Parlamentsklub mind. eine Person)
13 gesellschaftliche Vertreter (z. B. ÖGB, NGOs, Universitäten,
IV)
26 aus Gebührenzahlern bzw. Haushaltsabgabenentrichtern
schöffengleich Berufene
Summe: 52 (13 + 13 + 26)
Die Stifterversammlung erneuert sich durch die Beschickung durch
die verschiedenen Organisationen von selbst, wobei die Dauer der
Zugehörigkeit einer Person sechs Jahre nicht überschreiten darf.
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Nach einer Cool-Off-Periode von 5 Jahren ist eine neuerliche
Entsendung möglich.
Die Aufgaben der Stifterversammlung:
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Entgegennahme der Bewerbungen für den Aufsichtsrat.
Bewerber müssen EU-Bürger sein und einen noch zu
definierenden Kompetenzkatalog sowie die
Bestellungskriterien (Punkt 3.4) erfüllen.
Ein Bewerber muss von zwei Mitgliedern der
Stiftungsversammlung unterstützt werden. Diese dürfen
jeweils nur einen Bewerber unterstützen.
Öffentliches Hearing der Bewerber
Wahl des AR nach Anhörung aller Kandidaten.
Beschluss einer Geschäftsordnung für den AR.
Entlastung des AR.
Entlastung des Vorstands auf Vorschlag des AR.
Beschluss der Kosten und Vergütung des AR.
Bestellung eines Wirtschaftsprüfers.
Genehmigung des Jahresabschlusses.
3.2 Aufsichtsrat (AR)
Der Aufsichtsrat ist nach den oben gewählten Kriterien politikfern
und besteht aus maximal 15 Mitgliedern.
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1/3 davon Arbeitnehmer-Vertreter (unter Mitwirkung der
Redakteursversammlung)
2/3 Kapitalvertreter (= Vertreter der Bürger Österreichs)
In Personalfragen ist eine doppelte Mehrheit erforderlich.
Die Aufgaben des AR entsprechen grundsätzlich dem AktG.
Der Aufsichtsrat wird angemessen bezahlt, um wirtschaftliche
Abhängigkeiten zu vermeiden.
Der AR gibt dem Vorstand eine Geschäftsordnung, in welcher
laut Aktiengesetz zustimmungspflichtige Geschäfte und
weitere Zustimmungserfordernisse geregelt sind.
Der AR wird auf vier Jahre bestellt.
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3.3 Vorstand
Der Vorstand wird als Kollektivorgan vom Aufsichtsrat bestellt.
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Er besteht aus 4-6 Personen (z. B. Vorsitzender, TV, HF, Online,
Technik, Kaufmännischer Direktor).
Das Bewerbungsverfahren erfolgt im Rahmen einer
öffentlichen Ausschreibung
Der Vorstand arbeitet weisungsfrei, dem Erfolg des
Unternehmens verpflichtet (siehe AktG).
Eine Funktionsperiode dauert max. 4 Jahre. Es wird nach
Möglichkeit versetzt bestellt. Eine Wiederbestellung ist
zulässig.
Die Entlohnung erfolgt marktentsprechend mit
Erfolgstangente.
3.4 Allgemeine Bestellungskriterien
Mitglieder des Aufsichtsrats, des Vorstands und leitende Redakteure
müssen folgende Bestellungskriterien erfüllen:
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Mitglieder dürfen seit mindestens vier Jahren keine Funktion
in einer Partei oder in einer politischen Körperschaft wie ÖH,
AK, WKO und keinen maßgeblichen Einfluss in Parteimedien
inne gehabt haben.
Sie dürfen keine operative Funktion in zuliefernden
Unternehmen wie z. B. Filmproduktion, Nachrichtendiensten
(APA, ÖSV, etc.) anderen Medien, oder bei Kunden
(Werbewirtschaft) bekleiden.
Treuhandgleiche Verhältnisse sind verboten.
Schlussbestimmungen
Die Einflussnahme auf Mitglieder von Aufsichtsrat und/oder
Vorstand bzw. Redakteure erfüllt den Korruptionstatbestand. Dies
soll entsprechend verankert werden.
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