Neuordnung des ORF
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Neuordnung des ORF
Medienpolitik Neuordnung des ORF Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird nachfolgend auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Die männliche Form schließt die weibliche mit ein. 1 Präambel Medien sind als vierte Gewalt im Staat unverzichtbarer Bestandteil des demokratischen Systems. Sie haben die Aufgabe, die Öffentlichkeit objektiv über relevante Vorgänge und Zusammenhänge zu informieren und schaffen damit die Voraussetzung für einen offenen, politischen Diskurs. Damit die Medien dieser Verantwortung nachkommen können, ist es notwendig, ihre größtmögliche Unabhängigkeit zu gewährleisten. Diese unverzichtbare Medienfunktion wollen wir unter anderem durch ein öffentlich-rechtliches Medienhaus sicherstellen. Unsere Vision des österreichischen Medienmarkts ist ein Ort freier Medien und eines unabhängigen, lebendigen Qualitätsjournalismus. Eine Vielzahl kritischer Medien sorgt über diverse Vertriebskanäle für eine lebhafte Debatte. Der ORF kommt seinem öffentlichrechtlichen Auftrag in vorbildlicher Weise nach und setzt unabhängig von politischer Einflussnahme qualitative Maßstäbe in Europa. 2 Die Situation des ORF 2.1 Politischer Einfluss Der öffentlich-rechtliche Rundfunk, als eine der wichtigsten Medienstrukturen in Österreich, steht nach wie vor unter enormem und direktem Einfluss durch Regierung und Parteien. Dieser Einfluss NEOS – Das Neue Österreich und Liberales Forum · facebook.com/NeosDasNeueOesterreich Neustiftgasse 73-75/DG, 1070 Wien · +43 5 07 05 070 · [email protected] · www.neos.eu Seite 1 von 6 ist politisch gewollt und über die Governance des ORF – insbesondere die Art der personellen Besetzung der Spitzen- und Schlüsselpositionen – lebende Praxis. Hinzu kommen zahlreiche direkte inhaltliche Interventionen von öffentlicher Hand und Parteien in ORF-Redaktionen. Was in anderen EU-Ländern bereits zu einigen handfesten Skandalen und Rücktritten von höchstrangigen Politikern geführt hat, gehört in Österreich zum journalistischen Alltag und wird von vielen Verantwortlichen nicht einmal als Kavaliersdelikt wahrgenommen. Viele Betroffene sind gezwungen, sich mit diesem Einfluss und Druck zu arrangieren, da die Kleinheit des journalistischen Marktes in Österreich wenig Beschäftigungsalternativen zulässt. Um jeglichem Machtmissbrauch im ORF vorzubeugen muss sich die Politik selbst beschränken, das bedeutet die Entmachtung der politischen Apparate in diesem Feld zuzulassen. Auf dem Spiel steht nicht weniger als die Sicherstellung des freien Journalismus und ein würdiger Umgang mit dem Gut Information und Unterhaltung im öffentlichen Interesse, als vierte Säule der Demokratie. 2.2 Öffentlich-rechtlicher Auftrag Grundsätzlich sind die marktverzerrende Stellung des ORF und seine Finanzierung über Gebühren nur durch die Erfüllung des öffentlichrechtlichen Auftrags zu rechtfertigen. Eine Bescheid der KommAustria vom 04.10.2012 bewertet jedoch diesen Auftrag als dauerhaft nicht erfüllt. Ein überproportionaler Anteil (von 80% in ORF1) an Unterhaltungsprogrammen verstieß gegen den öffentlich-rechtlichen Kernauftrag nach §4 Abs.2 des ORF-Gesetzes. Falls Ö3 und ORF1 permanent die Grenzen der Belastbarkeit ihres öffentlich-rechtlichen Auftrages ausloten, rücken sie nahe an die Programmierung privater Sender. In diesem Fall stellt sich die Frage, ob die Finanzierung über Gebühren oder eine Haushaltsabgabe noch angemessen ist und ob bei wiederholtem Verfehlen des Kernauftrags nicht die Privatisierung dieser Sender sinnvoll ist. NEOS – Das Neue Österreich und Liberales Forum · facebook.com/NeosDasNeueOesterreich Neustiftgasse 73-75/DG, 1070 Wien · +43 5 07 05 070 · [email protected] · www.neos.eu Seite 2 von 6 2.3 Mitbewerb Der ORF befindet sich nicht nur im ökonomischen Mitbewerb mit Privatsendern, sondern vor allem auch in einem inhaltlichen Mitbewerb mit anderen deutschsprachigen öffentlich-rechtlichen Medienhäusern, und definiert damit die Zukunftsfähigkeit seines Angebotes. Die Entwicklungen des Medienkonsums und der Medientechnologie, die Verschmelzung und Konvergenz der Medienarten, die Verschränkungen mit der IT und die Vielfalt der Kommunikationsmittel verlangen, dass auch der öffentlichrechtliche Rundfunk nicht nur als Rundfunk, sondern als umfassendes Medienhaus gesehen werden muss. 3 Ein starker ORF durch unabhängige Gremien Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk kommt gerade in einem kleinen Land wie Österreich aufgrund seiner großen Bedeutung für die Meinungsbildung eine wesentliche Rolle im demokratischen System zu. NEOS bekennt sich zu einem starken und unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, in dem aber die erwähnten wesentlichen Bedingungen erfüllt sein müssen. Um dies zu erreichen braucht es eine: Neuordnung der ORF Gremien. Der ORF ist bereits als Stiftung organisiert, er soll jedoch weitgehend an die Rechtsform der AG angelehnt werden. Im novellierten ORF-G Stiftung "Österreichischer Rundfunk" wird die Stiftungsurkunde geändert und darin der Auftrag des ORF genauer festgeschrieben. Zwischen Vorstand und Stiftungsrat wird ein neues Gremium installiert: Der Aufsichtsrat. Der Stiftungsrat wird zur Stifterversammlung und damit aus seiner Hybridrolle als Aufsichtsrat und Eigentümervertretung befreit. NEOS – Das Neue Österreich und Liberales Forum · facebook.com/NeosDasNeueOesterreich Neustiftgasse 73-75/DG, 1070 Wien · +43 5 07 05 070 · [email protected] · www.neos.eu Seite 3 von 6 Die Organe sollen in Zukunft sein: 3.1 Stifterversammlung (SV) Die Stifterversammlung repräsentiert die Eigentümerin – das ist die österreichische Bevölkerung – und entspricht damit der Hauptversammlung einer AG. ● ● ● ● ● ● Die SV setzt sich aus einer breiten Repräsentanz der österreichischen Gesellschaft zusammen. Interessenskonflikte mit insbesondere politischen Funktionen sollen sehr eng gesehen werden. Mitglieder müssen daher mit Ausnahme der politisch entsandten die Bestellungskriterien (siehe Punkt 3.4) erfüllen. In die SV berufende Organisationen können auch Nichtmitglieder entsenden. Die Statuten werden per Gesetz festgelegt und können nur mit 2/3 Mehrheit von der SV selbst geändert werden. Um politischen Einfluss gering zu halten, ist große Breite erforderlich, bei gleichzeitiger Reduktion der parteipolitischen Repräsentanten. Die Anzahl der nicht parteipolitischen Mitglieder der SV muss daher im Verhältnis mindestens drei Mal höher sein als das der politischen Funktionäre aus Parteien, Gewerkschaft, etc. (im unteren Vorschlag 52). Zusammensetzung der SV: 13 politische Vertreter (pro Parlamentsklub mind. eine Person) 13 gesellschaftliche Vertreter (z. B. ÖGB, NGOs, Universitäten, IV) 26 aus Gebührenzahlern bzw. Haushaltsabgabenentrichtern schöffengleich Berufene Summe: 52 (13 + 13 + 26) Die Stifterversammlung erneuert sich durch die Beschickung durch die verschiedenen Organisationen von selbst, wobei die Dauer der Zugehörigkeit einer Person sechs Jahre nicht überschreiten darf. NEOS – Das Neue Österreich und Liberales Forum · facebook.com/NeosDasNeueOesterreich Neustiftgasse 73-75/DG, 1070 Wien · +43 5 07 05 070 · [email protected] · www.neos.eu Seite 4 von 6 Nach einer Cool-Off-Periode von 5 Jahren ist eine neuerliche Entsendung möglich. Die Aufgaben der Stifterversammlung: • • • • • • • • • • • Entgegennahme der Bewerbungen für den Aufsichtsrat. Bewerber müssen EU-Bürger sein und einen noch zu definierenden Kompetenzkatalog sowie die Bestellungskriterien (Punkt 3.4) erfüllen. Ein Bewerber muss von zwei Mitgliedern der Stiftungsversammlung unterstützt werden. Diese dürfen jeweils nur einen Bewerber unterstützen. Öffentliches Hearing der Bewerber Wahl des AR nach Anhörung aller Kandidaten. Beschluss einer Geschäftsordnung für den AR. Entlastung des AR. Entlastung des Vorstands auf Vorschlag des AR. Beschluss der Kosten und Vergütung des AR. Bestellung eines Wirtschaftsprüfers. Genehmigung des Jahresabschlusses. 3.2 Aufsichtsrat (AR) Der Aufsichtsrat ist nach den oben gewählten Kriterien politikfern und besteht aus maximal 15 Mitgliedern. ● ● ● ● ● ● ● 1/3 davon Arbeitnehmer-Vertreter (unter Mitwirkung der Redakteursversammlung) 2/3 Kapitalvertreter (= Vertreter der Bürger Österreichs) In Personalfragen ist eine doppelte Mehrheit erforderlich. Die Aufgaben des AR entsprechen grundsätzlich dem AktG. Der Aufsichtsrat wird angemessen bezahlt, um wirtschaftliche Abhängigkeiten zu vermeiden. Der AR gibt dem Vorstand eine Geschäftsordnung, in welcher laut Aktiengesetz zustimmungspflichtige Geschäfte und weitere Zustimmungserfordernisse geregelt sind. Der AR wird auf vier Jahre bestellt. NEOS – Das Neue Österreich und Liberales Forum · facebook.com/NeosDasNeueOesterreich Neustiftgasse 73-75/DG, 1070 Wien · +43 5 07 05 070 · [email protected] · www.neos.eu Seite 5 von 6 3.3 Vorstand Der Vorstand wird als Kollektivorgan vom Aufsichtsrat bestellt. ● ● ● ● ● Er besteht aus 4-6 Personen (z. B. Vorsitzender, TV, HF, Online, Technik, Kaufmännischer Direktor). Das Bewerbungsverfahren erfolgt im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung Der Vorstand arbeitet weisungsfrei, dem Erfolg des Unternehmens verpflichtet (siehe AktG). Eine Funktionsperiode dauert max. 4 Jahre. Es wird nach Möglichkeit versetzt bestellt. Eine Wiederbestellung ist zulässig. Die Entlohnung erfolgt marktentsprechend mit Erfolgstangente. 3.4 Allgemeine Bestellungskriterien Mitglieder des Aufsichtsrats, des Vorstands und leitende Redakteure müssen folgende Bestellungskriterien erfüllen: ● ● ● 4 Mitglieder dürfen seit mindestens vier Jahren keine Funktion in einer Partei oder in einer politischen Körperschaft wie ÖH, AK, WKO und keinen maßgeblichen Einfluss in Parteimedien inne gehabt haben. Sie dürfen keine operative Funktion in zuliefernden Unternehmen wie z. B. Filmproduktion, Nachrichtendiensten (APA, ÖSV, etc.) anderen Medien, oder bei Kunden (Werbewirtschaft) bekleiden. Treuhandgleiche Verhältnisse sind verboten. Schlussbestimmungen Die Einflussnahme auf Mitglieder von Aufsichtsrat und/oder Vorstand bzw. Redakteure erfüllt den Korruptionstatbestand. Dies soll entsprechend verankert werden. 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