ANP PsyP Rollen_2010_März

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ANP PsyP Rollen_2010_März
Februar 2010
Berufsfelder der ANP in der Psychiatrischen Pflege
Eine Empfehlung der AFG Psychiatrische Pflege
Einleitung
Advanced Nursing Practice (ANP) und Advanced Practice Nursing (APN) werden teilweise als
Synonyme verwendet. Bryant-Lukosius et al (2004) weisen jedoch darauf hin, dass es wichtig ist,
die Unterschiede dieser Konzepte zu verstehen, um entsprechende Rollen entwickeln zu können.
Im Folgenden werden die Begriffe definiert und mögliche Aufgaben / Rollen einer ANP in der
Psychiatrischen Pflege abgeleitet.
Definition ‚Advanced Nursing Practice’
Advanced wird von der American Nursing Association (ANA)beschrieben als ‘die Integration von
theoretischem, forschungsbasiertem und praktischem Wissen, welches in universitären MasterStudiengängen (graduate nursing education) entwickelt wird.
Advanced Nursing Practice unterscheidet sich vom grundpflegerischen Angebot durch:
- Spezialisierung oder Bereitstellung von Pflege für eine spezifische Population von Patienten
mit komplexem, unvorhersehbarem und/oder intensivem Pflegebedarf (z.B. Suizidalität,
Aggressionsmanagement, Angst).
- Erweiterung oder Aneignung von neuem Wissen und Fähigkeiten und einer Rollenautonomie
welche weiter führt als die der traditionellen Pflegepraxis; und Weiterentwicklung, welche
Spezialisierung und Erweiterung beinhaltet (Bryant-Lukosius et al, 2004).
Unter Advanced Nursing Practice (ANP) wird die Art des Denkens und der Weltsicht, basierend auf
klinischem Wissen, und weniger die Gestaltung von Rollen beschrieben (Hamric et al 2000; BryantLukosius et al 2004).
„Durch Advanced Nursing Practice erfahren Patienten mit spezifischen Bedürfnissen und
Problemen – in einem spezialisierten, eingegrenzten Gebiet der Pflegedisziplin – ein erweitertes
praktisches, theoretisches und forschungsbasiertes Behandlungsangebot“ (Hamric et al, 2000, S.
57; Übersetzung R. Meer-Lueth).
ANP zeigt sich in verschiedenen Pflegerollen (Advanced Practice Nurses = APN), für welche ein
Hochschulabschluss erforderlich ist. Das International Council of Nurses (ICN, 2002) empfiehlt
einen Masterabschluss oder Doktorat). Hamric et al (2000) beschreiben die folgenden APN-Rollen
(als eine Operationalisierung von ANP):
• Clinical Nurse Specialist (PflegeexpertIn)
• Primary Care Nurse Practitioner
• Acute Care Nurse Practitioner
• Blended Role of Clinical Nurse Specialist and Nurse Practitioner
• Nurse-Midwife
• Certified Registered Nurse Anesthesist
• Advanced Practice Nurse Case Manager
Evaluation Ende 2011
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Definition “Advanced Practice Nurse”
Der Begriff Advanced Nursing Practice wird zusammenfassend eher als Oberbegriff verwendet,
welcher alle Aspekte der Pflege, die mit erweitert oder weiterführend zu tun haben, einschliesst. Der
Begriff Advanced Practice Nurse meint die Person, welche die erweiterte Rolle innehat (Schober &
Affara, 2008).
Die Amerikanische Nursing Association definiert Advanced Practice Nurse folgendermassen:
„Pflegende mit einer Weiterbildung zur Advanced Practice Nurse (APN) weisen sich
durch einen hohen Grad an Expertise in Assessment, Diagnostik und Behandlung
der komplexen Reaktionen von Individuen, Familien oder Gruppierungen auf
aktuelle oder potentielle Gesundheitsprobleme, bei der Prävention von Krankheit
und Unfällen, beim Erhalt des Wohlbefindens und im Gewährleisten von Trost aus.
Die ausgebildete APN verfügt über einen Masterabschluss oder ein Doktorat in
einem spezifischen Gebiet der ANP, hatte supervidierte Praxis während der
Weiterbildung und verfügt über eine laufende klinische Erfahrung. APN’s führen
viele der Interventionen der pflegerischen Grundversorgung durch. Der
Unterschied in der Praxis zeigt sich in einem vertieften und breiteren Wissen, einem
grösseren Ausmass von Datensynthese sowie komplexeren Skills und
Interventionen“ (ANA 1996, zitiert in Hamric et al 2000, S. 57; Übersetzung R. Meer
Lueth).
Welche Rollen in den verschiedenen Ländern zum Einsatz kommen, hängt von berufs- und
gesundheitspolitischen Entscheidungen/Gegebenheiten ab und ist daher auf der ganzen Welt
uneinheitlich (Schober & Affara, 2008). Ebenso sind die Titel, die Anerkennung, die Ausbildungen in
verschiedenen Ländern unterschiedlich (Schober & Affara, 2008).
In der Schweiz werden am Institut für Pflegewissenschaft an der Universität Basel APN’s
ausgebildet. Die Definition einer APN des Institutes für Pflegewissenschaft der Universität Basel
orientiert sich an oben erwähnter Definition (www.nursing.unibas.ch).
Eine grössere Anzahl von Pflegenden hat einen Master in Nursing Science der Universität
Maastricht (NL) und weitere Pflegende haben an diversen anderen europäischen oder
amerikanischen Universitäten mit einem Master oder Doktorat in Nursing oder Nursing Science
abgeschlossen. Andere Pflegende haben einen (Weiterbildungs-) Master in Public Health, Ethik,
Psychologie oder Soziologie abgeschlossen. An den Fachhochschulen in der Schweiz werden
2009/2010 starten. Die Weiterbildungen für Anästhesie, Intensivpflege und Notfallpflege werden in
der Schweiz vorwiegend auf dem Niveau der höheren Fachschulen angesiedelt und qualifizieren
damit nicht als ANP (gemäss den oben dargelegten internationalen Definitionen).
Hamric et al. (2000) und Mantzoukas et al. (2006) weisen Pflegenden folgende spezifischen
Kompetenzen oder Aufgabenfelder zu, in denen eine ANP tätig ist:
Hamric et al, 2000
- In der direkten klinischen Praxis
- Coaching und Führung
- Beratung
- Forschung
- Leadership: Empowerment, ChangeAgency und Activism
- Zusammenarbeit
- Skills zu ethischer Entscheidungsfindung
Evaluation Ende 2011
Mantzoukas et al, 2006
- Anwendung von Wissen in der Praxis
- Kritisches Denken und analytische Fähigkeiten
- Klinische Urteilsbildung / Fähigkeiten zur Entscheidungsfindung
- Professioneller Leadership und klinische Erhebungen
- Fähigkeiten in Coaching und Mentoring
- Forschungs-Skills
- Veränderungen einführen, Praxisentwicklung
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ANP-Rollen in der psychiatrischen Pflege – Empfehlungen der AFG Psychiatrische Pflege
Die AFG Psychiatrische Pflege hat 2009 die oben aufgeführten Beschreibungen der
unterschiedlichen Tätigkeitsfelder oder Aufgaben einer ANP im psychiatrischen Setting geordnet
nach Verfahren, Setting und Konzepten (Tabelle 1). Diese Auflistung ist nicht erschöpfend.
Tabelle 1: ANP-Rollen nach Verfahren, Setting und Konzepten eingeteilt
Verfahren
- Patientenedukation / Psychoedukation
- DBT
(Dialektisch-Behaviorale
Therapie)
- Kognitive Verhaltenstherapie
- Motivationale Intervenierung
- Adherence Therapie
- Familientherapie
Settings
- Ambulatorien
- Gerontologie, Sucht, und andere
Spezialgebiete
- Spitex Psy.Pflege
- Liaison Dienste
- Forschung
- Stabstellen
- Ambulante Krisen
- ACT (Assertive Community
Treatment = aufsuchende und
nachgehende Betreuung)
Konzepte
- Casemanagement
- Familienmanagement
- Illenssmanagement
- Ernährungsberatung
- Pflegeprozess
- Triage
- Angehörigenarbeit
- Partizpation von Betroffenen
- Recovery
Voraussetzung für die Tätigkeit einer ANP
Als Voraussetzung für eine ANP-Rolle empfiehlt die AFG Psychiatrische Pflege den
- Abschluss eines Studiums Master Nursing Science an einer Fachhochschule oder einer
Universität.
- Abschluss eines MAS-Studiums an einer Fachhochschule oder Universität
Diese Studiengänge knüpfen an die bisherigen Höfa-II Weiterbildungen an und werden sie teilweise
ersetzen. In den vergangenen Jahren wurden in der Praxis verschiedene Stellen (PflegeexpertIn,
PflegeberaterIn, Qualitätsbeauftragte, etc), welche in Richtung ANP Rollen gehen, geschaffen und
mit AbsolventInnen von Höfa-II Weiterbildungen besetzt.
Für die ANP-Rollen, welche unter ‘Verfahren‘ aufgelistet sind (Tabelle 1) erachten wir es als
notwendig, dass neben einem weiterführenden Pflegestudium eine spezifische Weiterbildung mit
Fachvertiefung z.B. in Patientenedukation und Psychoeduktion erworben wird. Diese Weiterbildung
mit Fachvertiefung sollte an einer Universität, Fachhochschule oder einem anerkannten privaten
Bildungsinstitut erworben werden.
Literatur:
- Hamric A.B. et al; 2000, Advanced Nursing Practice; W.B. Saunders, Philadelphia, 2nd Edition
- Mantzoukas S. et al; 2006; Review of advanced nursing practice: the international literature and
developing the generic features; Journal of Clinical Nursing; 16, 28-37
- Bryant-Lukosius et al; 2004; Advanced practice nursing roles: development, implementation and
evaluation; Journal of Advanced Nursing, 48 (5), 519-529
- Schober, M. & F. Affara. Advanced Nursing Practice (ANP). (2008). Hrsg. Vom ICN.
Deutschsprachige Asugabe herausgegeben von Prof. Dr. Rebecca Spirig und Prof. Dr. Sabina
De Geest. 2008. Bern: Hans Huber.
- ICN. (2002). Defintion and characteristics of the role. Zugriff: 05.12.08: www.icn-apnetwork.org).
- www.nursing.unibas.ch (Zugriff: 25.01.10) http://nursing.unibas.ch/klinische-praxis/advancednursing-practice/
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