emily hindrichs - Badisches Staatstheater Karlsruhe

Transcription

emily hindrichs - Badisches Staatstheater Karlsruhe
2.
EMILY HINDRICHS
Auf den Fäden des Regens
Spielen die DonnerstagsEngel Lange Zeit Harfe.
Und unter ihren Fingern
Erklingt Mozart,
entzUckend, In den
Tropfen aus blauer Freude.
2. LIEDERABEND – EMILY HINDRICHS
Hugo Wolf
Der Gärtner
(1860 – 1903)
Schlafendes Jesuskind
Mausfallen-Sprüchlein
Richard Strauss
DREI LIEDER DER OPHELIA op. 67
(1864 – 1949)
Wie erkenn’ ich mein Treulieb
Guten Morgen, ’s ist St. Valentinstag
Sie trugen ihn auf der Bahre bloss
Joseph Schwantner (*1943)
– PAUSE –
TWO POEMS OF AGUEDA PIZARRO
Shadowinnower
Black Anemones
Claude Debussy
Pierrot
(1862 – 1918)
Beau Soir
En Sourdine (aus Fêtes Galantes I)
Pantomime (aus Quatre chansons
de jeunesse)
Francis Poulenc LA COURTE PAILLE
(1899 – 1963)
Le sommeil
Quelle aventure!
La reine de cœur
Ba, be, bi, bo, bu
Les anges musiciens
Le carafon
Lune d’Avril
Richard Strauss Ich wollt’ ein Sträußlein binden op. 68, 2
(1864 – 1949)
Die Nacht op. 10, 3
Morgen op. 27, 4
Amor op. 68, 5
Emily Hindrichs Sopran John Parr Klavier
5.1.14 19.00 KLEINES HAUS
Dauer 2 Stunden, eine Pause
KRAFT
AUSDRUCKS
VON DER
DES MUSIKALISCHEN
ZUR MUSIK
„Was er in den kurzen Phasen seines
Schaffens an herrlicher Musik aus sich
herausgepresst hat, zählt zu den erstaunlichsten Leistungen auf diesem Gebiet.“
Dieses Urteil stammt von Friedrich
Fischer-Dieskau anlässlich des Erscheinens seiner Biografie über Hugo Wolf.
Ein Galopprhythmus zieht sich durch die
Klavierstimme von Der Gärtner, der in
Betrachtung einer jungen Reiterin ins
Träumen gerät. Interessant ist das unmittelbare Stocken in Vor- und Nachspiel. Hier
hält die positive Grundstimmung, die das
Lied ausstrahlt, für einen Moment inne.
Die Melodie gliedert sich in klare Perioden,
was den Volksliedcharakter der Komposition unterstreicht. In choralhaftem Stil ist
Schlafendes Jesuskind komponiert. Der
Rhythmus ist hier zugunsten eines weihevollen Klangteppichs aufgehoben. Auch
der 4/2-Takt verstärkt die schwebende
Tendenz. Textlich wie melodisch verfügt
2
das Lied über einen Zirkelschluss, das
anfängliche „Sohn der Jungfrau“ kehrt
abgespalten nach dem ersten Teil des
Nachspiels wieder. Die Melodie tendiert
zum Vortragscharakter. Die Deklamation
ist dem Sprachrhythmus untergeordnet
und legt den Schwerpunkt auf das harmonische Fundament der Klavierstimme
und auf die Sprachlichkeit des Gedichts.
Mausfallen-Sprüchlein besingt ein kleines
Kind, das darauf wartet, dass eine Maus
in eine gestellte Falle geht. Steigerungen
finden am Ende der Einschnitte statt. Während das Wort „Mondenschein“ dreifach
wiederholt wird, setzt bei „Hörst du?“ ein
musikalisch-metrisches Echo in der Klavierstimme ein. Interessant ist die rhythmische Verschiebung bei „Ein Tänzchen“,
die den Takt leicht aus dem Gleichgewicht
bringt. In Fortführung verstummt die Begleitung bei den Worten „Meine alte Katze
tanzt wahrscheinlich mit“ nahezu ganz.
John Everett Millais: Ophelia, ~ 1851, Öl auf Leinwand, 76 cm x 1,12 m, Tate Gallery London
3
Die DREI LIEDER DER OPHELIA von Richard Strauss sind kleine dramatische Monologe aus Shakespeares Hamlet-Drama
und stammen aus der Zeit um 1919. Anstoß
zur Komposition war eine Schadensersatzleistung an den Verlag Bote & Bock, wie
u. a. bei Otto Erhardt zu lesen ist. Sie
tragen den von Strauss hinzugefügten
Untertitel „Lieder des Unmutes“. Die Liedkompositionen beginnen an jenem Punkt,
als Ophelia den Vater Polonius und ihren
Geliebten Hamlet verliert und langsam dem
Wahnsinn verfällt.
terstellt Hamlet seiner Geliebten Unzucht
und drängt sie, in ein Kloster zu gehen. In
Sie trugen ihn auf der Bahre bloß besingt
Ophelia den Tod ihres Vaters. Während zu
Beginn die Singstimme in phrasierten Sätzen singt, zerbricht die Struktur im zweiten
Teil immer mehr. Höhepunkt ist der Ausruf
„Er ist tot, oh weh!“. Ein akkordischer
Satz rundet den Epilog ab. Hier folgen die
Akkorde des Klaviers der Singstimme, die
den Jenseitswunsch Ophelias äußert und
mit den Worten „Gott sei mit euch!“ ihren
Abschiedsgruß zum Ausdruck bringen.
Im ersten Lied Wie erkenn’ ich mein Treulieb beklagt Ophelia den Tod ihres Vaters.
Sofort sticht die dissonante Harmonik ins
Ohr, die eindrucksvoll Ophelias Schmerz
zum Ausdruck bringt. Zentral ist der Ausruf
„Er ist tot und lange hin / Tot und hin, Fräulein!“. Während der erste Vers in liegenden
Tönen deklamiert wird, steigert sich bei
„Tot und hin“ die Melodik der Singstimme
in einen Tritonus. Hin- und herpendelnd
wirkt die Bewegung im Gesang, während
das Klavier die Aufgewühltheit mit gewagten Dissonanzklängen untermalt. Der pulsierende Rhythmus des langen Nachspiels
überhöht den Seelenzustand Ophelias. Die
Überwindung der Sprachlosigkeit des Instrumentalen hatte Strauss vor allem in den
Zwischenspielen seiner Oper Salome zur
Perfektion gebracht. Wie verloren geistert
ein markantes Motiv durch die Oberstimme, bevor die Musik langsam verstummt.
Der amerikanische Komponist Joseph
Schwantner wurde 1943 geboren, 1981
erhielt er den „Kennedy Center Friedheim
Award for excellence in chamber composition“. Als einflussreiche Vorbilder gelten
George Crumb, Olivier Messiaen und Claude Debussy. Die TWO POEMS OF AGUEDA
PIZARRO entstanden 1980. Die Gedichte
sind abstrakt und stammen aus der Tradition des spanischen Symbolismus, der
den Meisten vor allem aus den Gemälden
Salvador Dalís bekannt sein dürfte. In Shadowinnower beeindrucken vor allem die
Pfeif-Passagen der Sängerin. Außerdem
muss diese während des Singens auf Crotale (Glocken) spielen. Black Anemones ist
weniger experimentell und weist tendenziell melodisch-lyrische Elemente auf.
Das zweite Lied Guten Morgen ‘s ist Sankt
Valentinstag hat einen lebhaften Tonfall
und unterstreicht die Verspieltheit des
Gedichts. Eine ironische Kritik an der
Männerwelt, die jedoch durch die alles
andere als keuschen Gedanken Ophelias in
Zweifel gezogen wird. Der Bezug zum dritten Hamlet-Akt ist unverkennbar. Hier un4
Debussys Lieder sind weniger formell
strukturiert, sondern fokussieren sich
auf die Ausgestaltung von Klangbildern.
Die Lieder Pantomime und Pierrot widerspiegeln die Renaissance der Commedia
dell’arte, motiviert durch die Forschungen
von Maurice Sand und die Kupferstiche
von Alexandre Manceau Mitte des 19.
Jahrhunderts. Beau soir und En Sourdine
dagegen sind ganz der impressionistischen
Klangmalerei verschrieben. Hier stehen
die Natur und ihre klangliche Umsetzung
im Mittelpunkt. So legt der Komponist dem
Lied Beau soir eine romantische Grundstimmung zugrunde, die durch triolische
Akkordbrechungen in der Klavierstimme
entsteht. Der schwebende Charakter entsteht u. a. durch den Einsatz der Gesangsstimme auf der Terz. Gleich einer fatalen
Vorahnung gerät bei den Worten „Un
conseil de goûter le charme“ der stabile
Rhythmus durch eine Zwei-gegen-DreiBewegung im Klavier aus dem Gleichgewicht. Eine wellenartige Auf- und Abbewegung zieht sich durch die Singstimme,
bis bei den letzten Worten „Comme s’en va
cette onde“ die Deklamation auf repetierenden Tonwiederholungen ausklingt.
In En Sourdine intoniert das Klavier im Vorspiel ein markantes Motiv, das sich wie ein
roter Faden durch den ersten Teil des Liedes zieht. Die Singstimme wechselt zwischen Wortpassagen auf Tonrepetitionen
(„Calmes dans le demi-jour“, „Laissonsnous persuader“) und frei gestaltener
Melodik. Auf „Fondons nos âmes“ wechseln die Tonrepetitionen in die Klavierbegleitung. Im kontrastierenden Mittelteil
„Ferme tes yeux“ erklingen wieder die für
Debussy typischen triolischen Akkordgirlanden. Erst bei den letzten Worten „le
rossignol chantera“ entpuppt sich das
Anfangsmotiv als Gesang der Nachtigall in
der Abenddämmerung. Ein buffonesker Ton
durchzieht den ersten Teil von Pantomime.
Bereits im Vorspiel erreicht Debussy dies
durch punktierte Rhythmen, Vorschläge
und Triller. Im Zwischenspiel wird durch
hart staccierte Tonwiederholungen die
Leichtfertigkeit und Komik der Commedia dell’arte-Figuren hervorgehoben. Im
Gegensatz dazu erklingen im zweiten Teil
„Colombine rêve“ aufsteigende Akkordfiguren, die eine lyrisch-innige Atmosphäre
schaffen. Hier wird der Kontrast zwischen
komödiantischem Schein auf der Theaterbühne und wirklichem Sein der menschlichen Gefühle deutlich. In Pierrot steigert
sich der komödienhafte Klang durch ebenfalls staccierte Rhythmusfiguren. Hier gestaltet Debussy einen thematischen Kern
mit kinderliedhaftem Ton. Die Infantilität
des Sujets erreicht durch diese kompositorischen Mittel eine neue Dimension.
Francis Poulenc widmete seinen Zyklus
LA COURTE PAILLE dem Sohn seiner Lieblingssängerin Denise Duval. Le sommeil
hat typischen Wiegenliedcharakter. Die
beruhigende Bewegung entsteht durch die
komplementäre Rhythmik von Ober- und
Unterstimme. Der Gesang gliedert sich
in taktweise Phrasen, was die wiegende
Bewegung noch verstärkt. Lebhaft und
frech erklingt Quelle aventure!, ein fantasievolles Lied, das die Geisteswelt eines
kleinen Kindes thematisiert. Musikalisch
geschieht dies durch spritzige Harmonik
und einen vorwärtsdrängenden Rhythmus. Markant sind die Oktavsprünge auf
„Mon Dieu!“, die den Ausrufungscharakter
unverkennbar machen. Melodisch sind
die chromatischen Abwärtsskalen bei
„Mais la puce“ und „Soudain, le long d’une
clôture“ erwähnenswert.
In La reine de cœur wird der Zuhörer in
eine Traumwelt entführt. Der Schein des
Mondlichts durchzieht in sanften Akkordgruppen den Klavierpart. Auch hier
besticht die Gesangslinie durch eine klare
Gliederung. In Ba, be, bi, bo, bu dominiert
eine homophone Rhythmik. Der Ausdruck
wird dadurch kraftvoll und dynamisch.
Markant ist die syllabische Betonung der
letzten Phrase „Il est le chat botté“. Les
anges musiciens bezaubert durch einen
die Harfen imitierenden Melodiepart, wäh5
rend die einzelnen Verse im Gesang sanft
skandiert werden. Unterstützt wird dies
durch ein sich wiederholendes RhythmusModell der Melodie, was dem Lied ein
lyrisches Innehalten verleiht. In Le carafon
spiegelt der Rhythmus die Groß-KleinSymbolik von Carafe-Carafon und GirafeGirafon. In den ersten Takten erklingt ein
Achtel-Sechzehntel-Modell, während am
Ende bei „Elle trouva“ dasselbe Schema
ausgedehnt in Viertel-Achtel-Bewegungen
zu hören ist. So gelingt es Poulenc durch
eine Differenzierung der Zeit-Dimensionen,
dem Zuhörer die Botschaft deutlich zu
vermitteln. Lune d’Avril beginnt mit einem
sanften Synkopenteppich, der ein weiteres
Mal den Mondschein in Töne malt. Auffällig sind die Phrasen „Où il fait joie, où il
fait clair“ mit einem isolierten Terzmotiv
versehen. Das Nachspiel fokussiert den
Mondschein mit gehaltenen Akkorden und
einer synkopischen Basslinie.
In Ich wollt’ ein Sträußlein binden folgt Richard Strauss dem traditionellen Figurenkanon. Das Lied entstammt wie Amor der
mittleren Schaffensperiode um 1919. So
sind Worte wie „Sträußlein“, „Blümlein“,
„Wangen“ mit Triolen figuriert, Phrasen
wie „dunkle Nacht“ sind mit einem „passus duriusculus“, also einer chromatisch
absteigenden Linie, gestaltet. Affektvoll
ist die Ausdeutung von „Tränen in den
Klee“, in der die Triolenfiguren nur noch
fragmentiert und von Pausen unterbrochen
erklingen. Dieser Kunstgriff macht den
Gefühlszustand unmittelbar verständlich.
So ist der Ausruf „Ach, tue mir nicht weh!“
mit gehaltenen Tonrepetitionen versehen,
gepaart mit einem Tritonus auf „weh!“, wodurch der ganze Schmerz erfahrbar wird.
Die Nacht dagegen gehört zum Frühwerk
des Komponisten und ist ein durch Zwischenspiele gegliedertes Strophenlied mit
6
harmonischer Akkordbegleitung, über der
sich in lyrischer Schönheit die Gesangsstimme entfalten kann. Die Bewegtheit
der Melodieführung lässt am Ende des
Liedes nach, ab „Seel‘ an Seele“ halbiert
sich das Tempo durch eine getragene
Halbe- und Viertelbewegung. Gesteigert
wird dies durch die durch Pausen unterbrochenen Schlussworte „Stehle dich mir
auch“. Noch mehr Wert auf den Ausdruck
des Gefühls legte Strauss in Morgen. Das
Vorspiel ist mit dreizehn Takten überraschend lang. Die letzten Takte bilden einen
Zirkelschluss, der die Komposition in eine
statische Idylle taucht. Die Singstimme
hält sich melodisch zurück und ist auf
ihren Sprachduktus reduziert und lässt
so die gehaltenen Töne der Klavieroberstimme mit den gebrochenen Akkorden
im Bass die nötige Transparenz. Am Ende
nähert sich die Musik an zwei Stellen
dem Textinhalt an. Eine absteigende Skala verdeutlicht das „niedersteigen“, auf
die Worte „Stumm werden wir uns in die
Augen schauen“ hält die Begleitung inne
und beschränkt sich auf lange akkordische
Haltetöne, emblematisch für das „stumme
Schweigen“.
Strauss’ Liebe zur griechischen Antike
zeigt sich in Amor, wie der Titel des Liedes bereits zeigt. Hier sind bestimmte
Wörter „melismiert“. Strauss setzt klare
Schwerpunkte. Dies betrifft u. a. Begriffe
wie „Feuer“, „Flügel“, „Flammen“. Bei
„lächelt“ dienen neben den Triolenketten
auch Triller zum Affektenkanon. Ebenso
plastisch sind die Terzfälle bei „Amor“.
Als Höhepunkt des Liedes übernimmt auf
einem langen Halteton bei „geschwind“
der Klavierpart die Figurationen der Singstimme. Das Wort „lächelt“ ist am Ende
mit einem über fünf Takte gezogenen Triller
versehen.
HUGO WOLF – AUSGEWÄHLTE LIEDER
Der Gärtner
Text von Eduard Mörike (1804 – 1875)
Mausfallen‑Sprüchlein
Text von Eduard Mörike (1804 – 1875)
Auf ihrem Leibrösslein
So weiß wie der Schnee,
Die schönste Prinzessin
Reit’t durch die Allee.
Kleine Gäste, kleines Haus,
Liebe Mäusin oder Maus,
Stelle dich nur kecklich ein
Heute nacht bei Mondenschein!
Mach aber die Tür fein hinter dir zu,
Hörst du?
Dabei hüte dein Schwänzchen!
Nach Tische singen wir,
Nach Tische springen wir
Und machen ein Tänzchen:
Witt witt!
Meine alte Katze tanzt wahrscheinlich mit.
Der Weg, den das Rösslein
Hintanzet so hold,
Der Sand, den ich streute,
Er blinket wie Gold!
Du rosenfarb’s Hütlein
Wohl auf und wohl ab,
O wirf eine Feder
Verstohlen herab!
Und willst du dagegen
Eine Blüte von mir,
Nimm tausend für eine,
Nimm alle dafür!
Schlafendes Jesuskind
Text von Eduard Mörike (1804 – 1875)
Sohn der Jungfrau, Himmelskind, am Boden
Auf dem Holz der Schmerzen eingeschlafen,
Das der fromme Meister, sinnvoll spielend,
Deinen leichten Träumen unterlegte;
Blume du, noch in der Knospe dämmernd
Eingehüllt die Herrlichkeit des Vaters!
O wer sehen könnte, welche Bilder
Hinter dieser Stirne, diesen schwarzen
Wimpern sich in sanftem Wechsel malen!
7
RICHARD STRAUSS – DREI LIEDER DER OPHELIA
aus op. 67
Texte nach William Shakespeares Hamlet in der deutschen Übersetzung von Ludwig Seeger (1810 – 1864)
Wie erkenn’ ich mein Treulieb
Sie trugen ihn auf der Bahre bloß
Wie erkenn’ ich mein Treulieb
Vor andern nun?
An dem Muschelhut und Stab
Und den Sandalschuh’n.
Sie trugen ihn auf der Bahre bloß
Leider, ach leider, den Liebsten!
Manche Träne fiel in des Grabes Schoß
Fahr wohl, fahr wohl, meine Taube!
Er ist tot und lange hin,
Tot und hin, Fräulein!
Ihm zu Häupten grünes Gras,
Ihm zu Fuß ein Stein. Oho.
Mein junger frischer Hansel ist’s,
Der mir gefällt – und kommt er nimmermehr?
Auf seinem Bahrtuch, weiß wie Schnee,
Viel liebe Blumen trauern.
Sie geh’n zu Grabe nass,
O weh! vor Liebesschauern.
Guten Morgen, ’s ist Valentinstag
Guten Morgen, ’s ist Sankt Valentinstag
So früh vor Sonnenschein.
Ich junge Maid am Fensterschlag
Will Euer Valentin sein.
Der junge Mann tut Hosen an,
Tät auf die Kammertür,
Ließ ein die Maid, die als Maid
Ging nimmermehr herfür.
Bei Sankt Niklas und Charitas!
Ein unverschämt Geschlecht!
Ein junger Mann tut’s, wenn er kann,
Fürwahr, das ist nicht recht.
Sie sprach: Eh’ Ihr gescherzt mit mir,
Verspracht Ihr mich zu frein.
Ich bräch’s auch nicht beim Sonnenlicht,
Wärst du nicht kommen herein.
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Er ist tot, o weh!
In dein Totbett geh,
Er kommt dir nimmermehr.
Sein Bart war weiß wie Schnee,
Sein Haupt wie Flachs dazu.
Er ist hin, er ist hin,
Kein Trauern bringt Gewinn:
Mit seiner Seele Ruh’
Und mit allen Christenseelen!
Darum bet’ ich! Gott sei mit euch!
JOSEPH SCHWANTNER –
TWO POEMS OF AGUEDA PIZARRO
Shadowinnower
Schatten-Worfschaufel
Naked fierce to the waist
Where the gras flows strong sowing
I comb my hair with sun teeth
Nackt und wild bis zur Taille
Wo das Gras stark säend fließt
Kämme ich mir die Haare mit Sonnen-
[zähnen
In Einsamkeit ist dieser irdische Tag.
Ein rollender Nebel verwickelt meine [feuchten Haare,
Ist mit meinem Tod
Gewiegt in meinen Tod.
Der Kampf mit Waffen, bewaffnet mit
[Kämmen
Gegen den Schlaf, fällt ein in Saat
Licht auf meinem Bauch fallend
Während die Dunkelheit meine Feuer-Füße
[trocknet
Meine lose weibliche Mähne wacht auf
Als flammende Krone für die Schatten-
[Worfschaufel.
In solitude the earth’s day
A rolling fog my damp hair
Is tangled in my death,
Cradled in my death.
The battle of arms, armed with combs
Against sleep tumbles inseeds
Light falling on my belly
While the dark dries at my fire feet
My female mane loosened awakes
A crown in flames for the shadowinnower.
Black Anemones
Schwarze Anemonen
Mother you watch me sleep
And your life is a large tapestry
Of all the colors, of all the most ancient [murmurs,
Knot after twin knot root after root of story
Mutter, du beobachtest mich im Schlaf
Und dein Leben ist ein Bilderteppich
Von allen Farben, von allen uralten
[Murmeln
Knoten nach Zwillings-Knoten,
Wurzel nach Wurzel von Geschichten
Du weißt nicht, wie angsteinflößend deine
Schönheit ist, wenn ich schlafe.
Dein Haar ist der Mond auf einem See, [gesungen in der Stille.
Du spazierst mit silbernen Löwen,
Mich zu entfremden
Tief im Teppich, gedeckt mit Kummer
Ausgeschmückt von dir in scharfer
[Symmetrie
You don’t know how fearful your beauty is
While I sleep.
Your hair is the moon of a sea sung in
[silence
You walk with silver lions
And wait to estrange me
Deep in the rug, covered with sorrow
Embroidered by you in a fiere symmetry
9
Binding with thread of persian silk
The pine trees and the griffins.
You call me blind,
You touch my eyes
With black anemones
I am a spider that keeps spinning
From the spool in my womb
Weaving through eyes
The dew of flames on the web.
Mit einem Faden persischer Seide
Sind die Pinienbäume und Greife
[verwoben.
Du rufst mich, blind,
Du berührst meine Augen
Mit schwarzen Anemonen
Ich bin eine Spinne, die weiter spinnt
Von der Garnspule in meinem Schoß
Webend durch Augen
Den Tau von Flammen auf das Gewebte.
CLAUDE DEBUSSY – AUSGEWÄHLTE LIEDER
Pierrot
Text von Théodore Faullin de Banville
(1823 – 1891)
Pierrot
Le bon Pierrot, que la foule contemple,
Ayant fini les noces d’Arlequin,
Suit en songeant le boulevard du Temple.
Der gute Pierrot, den die Menge bestaunt,
Hat Harlekins Hochzeit verlassen
Und geht auf dem Boulevard du Temple [spazieren.
Ein kleines Mädchen mit weichem Mieder
Neckt ihn vergebens mit schelmischem [Blick.
Der rätselhafte und glatte Mond
Bereitet ihm derweil die größte Freude,
Der weiße Mond mit Stierhörnern
Wirft einen verstohlenen Blick
Auf seinen Freund Jean Gaspard Debureau.
Une fillette au souple casaquin
En vain l’agace de son oeil coquin ;
Et cependant mystérieuse et lisse
Faisant de lui sa plus chère délice,
La blanche lune aux cornes de taureau
Jette un regard de son oeil en coulisse
À son ami Jean Gaspard Deburau.
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Beau Soir
Text von Paul Bourget (1852 – 1935)
Schöner Abend
Lorsque au soleil couchant les rivières [sont roses,
Et qu’un tiède frisson court sur les champs [de blé,
Un conseil d’être heureux semble sortir [des choses
Et monter vers le cœur troublé;
Wenn die Flüsse in der untergehenden [Sonne rosig scheinen,
Und ein lauwarmer Schauer über die
[Kornfelder weht
Scheinen die Dinge uns den Rat zu geben,
[glücklich zu sein,
Was in unser verwirrtes Herz trifft.
Un conseil de goûter le charme d‘être au [monde,
Der Rat, den Zauber des Auf-Der-Welt-
[Seins zu genießen
Cependant qu’on est jeune et que le soir [est beau,
Car nous nous en allons comme s’en va [cette onde:
Elle à la mer, nous au tombeau!
Solange wir jung sind und der Abend [schön ist
Denn wir gehen dahin wie diese Welle:
En Sourdine
Text von Paul Verlaine (1844 – 1896)
Leise
Calmes dans le demi-jour
Que les branches hautes font,
Pénétrons bien notre amour
De ce silence profond.
Ruhig sind wir im Dämmerlicht,
Das die hohen Äste erzeugen,
Lass uns diese tiefe Stille
In unsere Liebe dringen.
Fondons nos âmes, nos cœurs
Et nos sens extasiés,
Parmi les vagues langueurs
Des pins et des arbousiers.
Lass uns unsere Seelen, unsere Herzen
Und unsere berauschten Sinne
[verschmelzen
In die sehnsuchtsvolle Stimmung,
Die Pinien und Erdbeerbäume ausströmen.
Ferme tes yeux à demi,
Croise tes bras sur ton sein,
Et de ton cœur endormi
Chasse à jamais tout dessein.
Halte deine Augen halb geschlossen,
Kreuze deine Arme auf der Brust,
Und von deinem schlummernden Herzen
Verjage auf immer jede Absicht.
Laissons-nous persuader
Au souffle berceur et doux
Qui vient, à tes pieds, rider
Les ondes des gazons roux.
Lass uns überkommen
Beim wiegenden und sanften Wehen,
Das zu deinen Füßen
Die Wellen des roten Rasens kräuselt
Sie eilt zum Meer, wir ins Grab!
11
Et quand, solennel, le soir
Des chênes noirs tombera
Voix de notre désespoir,
Le rossignol chantera.
Und wenn, feierlich, der Abend
Von den schwarzen Eichen herabfällt
Wird als Stimme unserer Verzweiflung
Die Nachtigall singen.
Pantomime
Text von Paul Verlaine (1844 – 1896)
Pantomime
Pierrot, qui n’a rien d’un clitandre,
Vide un flacon sans plus attendre,
Et, pratique, entame un pâté.
Pierrot, der kein verträumter Liebhaber ist,
Leert eine Flasche ohne zu zögern,
Und schneidet dazu eine Pastete.
Cassandre, au fond de l’avenue,
Verse une larme méconnue
Sur son neveu déshérité.
Cassandre, am Ende der Straße,
Vergießt eine heimliche Träne
Über ihren enterbten Neffen.
Ce faquin d’Arlequin combine
L‘enlèvement de Colombine
Et pirouette quatre fois.
Dieser Taugenichts von Harlequin plant
Die Entführung von Colombine
Und kreiselt vier Mal.
Colombine rêve, surprise
De sentir un cœur dans la brise
Et d’entendre en son cœur des voix.
Colombine träumt und wundert sich,
Ein Herz im Wind zu vernehmen
Und in ihrem Herz Stimmen zu hören.
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Jean-Honoré Fragonard: Junge als Pierrot, ~1776, Öl auf Leinwand, 60 x 50 cm,
Wallace Collection, London
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FRANCIS POULENC –
LA COURTE PAILLE (HÄLMCHENZIEHEN)
Le sommeil
Der Schlaf
Le sommeil est en voyage,
Mon Dieu! Où est-il parti?
J’ai beau bercer mon petit;
Il se tourne tout en nage,
Il sanglote dans son lit.
Ah! Reviens, reviens, sommeil,
Sur ton beau cheval de course!
Dans le ciel noir, la Grand Ourse
A enterré le soleil
Et rallumé ses abeilles.
Si l’enfant ne dort pas bien,
Il ne dira pas bonjour,
Il ne dira rien demain
A ses doigts, au lait, au pain
Qui l’accueillent dans le jour.
Der Schlaf ist abgereist,
Mein Gott! Wo ist er hin?
Ich kann mein Kleines wiegen, soviel ich [will,
Es weint in seinem hohen Bettchen,
Er weint seit Mittag.
Wo hat der Schlaf seinen Sand
Und seine weisen Träume hingetan?
Ich kann mein Kleines wiegen, soviel ich [will,
Es windet sich schweißgebadet,
Es schluchzt in seinem Bett.
Ach! Komm, Schlaf, komm
Auf deinem schönen Rennpferd!
Am dunklen Himmel hat der Große Bär
Die Sonne beerdigt und seine Bienen
Wieder zum Funkeln gebracht.
Schläft das Kind nicht gut,
So sagt es nicht „Guten Tag“,
Sagt es morgen nichts
Zu seinen Fingern, zur Milch, zum Brot
Die es zu Tagesanfang empfangen hat.
Quelle aventure!
Was für ein Ereignis!
Une puce, dans sa voiture,
Tirait un petit éléphant
En regardant les devantures
Où scintillaient les diamants.
Ein Floh, in seinem Auto,
Schleppte einen kleinen Elefanten
Und schaute dabei die Schaufenster an,
In denen Diamanten schimmerten.
Mon Dieu! Mon Dieu! Quelle aventure!
Qui va me croire, s’il m’entend?
L’éléphanteau, d’un air absent,
Suçait un pot de confiture.
Mais la puce n’en avait cure,
Elle tirait en souriant.
Mon Dieu! Mon Dieu! Que cela dure
Mein Gott! Mein Gott! Was für ein Ereignis!
Glaubt mir jemand, der mich hört?
Der kleine Elefant, mit zerstreuter Miene,
Nuckelt an einem Marmeladenglas.
Doch das macht dem Floh nichts aus,
Er schleppte lächelnd weiter.
Mein Gott! Mein Gott! Das dauert
Il pleure dans son litcage,
Il pleure depuis midi.
Où le sommeil a-t-il mis
Son sable et ses rêves sages?
J’ai beau bercer mon petit;
14
Et je vais me croire dément!
Soudain, le long d’une clôture,
La puce fondit dans le vent
Et je vis le jeune éléphant
Se sauver en fendant les murs.
Und ich glaube verrückt zu werden!
Plötzlich stürzte der Floh
Entlang einem Zaun in den Wind
Und ich sah, wie der junge Elefant,
Durch die Mauer fortging.
Mon Dieu! Mon Dieu! La chose est sure,
Mais comment le dire a maman?
Mein Gott! Mein Gott! Es ist wirklich so,
Aber wie es der Mutter sagen?
La reine de cœur
Die Herzenskönigin
Mollement accoudée
A ses vitres de lune,
La reine vous salue
D’une fleur d’amandier.
Sanft aufgestützt
Auf ihre Mondfenster
Grüßt euch die Königin
Mit einer Mandelbaumblüte.
C’est la reine de cœur.
Elle peut, s’il lui plaît,
Vous mener en secret
Vers d’étranges demeures
Es ist die Herzenskönigin,
Sie kann, wenn es ihr danach ist,
Euch insgeheim
Zu sonderbaren Häusern bringen.
Où il n’est plus de portes,
De salles ni de tours
Et où les jeunes mortes
Viennent parler d’amour.
Dorthin, wo es weder Türen,
Noch Räume und Türme mehr gibt,
Und wo jung gestorbene Frauen kommen
Und über Liebe reden.
La reine vous salue;
Hâtez-vous de la suivre
Dans son château de givre
Aux doux vitraux de lune.
Die Königin grüßt euch,
Beeilt euch, ihr zu folgen
In ihr Schloss aus Reif
Mit lieblichen Mondfenstern.
Ba, Be, Bi, Bo, Bu
Ba, Be, Bi, Bo, Bü
Ba, be, bi, bo, bu, bé!
Le chat a mis ses bottes,
Il va de porte en porte
Jouer, danser, danser, chanter.
Pou, chou, genou, hibou.
Ba, be, bi, bo, bü, beh!
Der Kater hat seine Stiefel angezogen,
Er geht von Tür zu Tür
Zu spielen, tanzen, tanzen, singen.
Pou, chou, genou, hibou.
„Tu dois apprendre à lire,
A compter, à écrire“
Lui crie-t-on de partout.
„Du musst Lesen lernen,
Zu rechnen, zu schreiben“
Brüllt man zu ihm von überall her.
15
Mais rikketikketau,
Le chat de s’esclaffer
En rentrant au château:
Il est le Chat botté.
Aber rikketikketoh,
Der Kater bricht in Gelächter aus,
Indem er ins Schloss zurückkehrt:
Es ist der Gestiefelte Kater.
Les anges musiciens
Die musizierenden Engel
Sur les fils de la pluie,
Les anges du jeudi
Jouent longtemps de la harpe.
Et sous leurs doigts,
Mozart tinte, délicieux,
En gouttes de joie bleue.
Auf den Fäden des Regens
Spielen die Donnerstags-Engel
Lange Zeit Harfe.
Und unter ihren Fingern
Erklingt Mozart, entzückend,
In den Tropfen aus blauer Freude.
Car c’est toujours Mozart
Que reprennent sans fin
Les anges musiciens
Qui, au long du jeudi,
Font chanter sur la harpe
La douceur de la pluie.
Denn es ist immer Mozart,
Was sich endlos fortsetzt
Die musizierenden Engel
Die, den ganzen Donnerstag lang,
Auf der Harfe die Süße
Des Regens zum Klingen bringen.
Le carafon
Die kleine Karaffe
„Pourquoi, se plaignai la carafe,
N’aurais-je pas un carafon?
Au zoo, madame la girafe
N’a-t-elle pas un girafon?
Un sorcier qui passait par là,
A cheval sur un phonographe,
Enregistra la belle voix
De soprano de la carafe
Et la fit entendre à Merlin.
„Fort bien, dit celui-ci, fort bien“!
Il frappa trois fois dans le mains
Et la dame de la maison
Se demande encore pourquoi
Elle trouva, ce matin-là.
Un joli petit carafon
Blotti tout contre la caraffe
Ainsi qu’au zoo, le girafon
Pose son cou fragile et long
Sur le flanc clair de la girafe.
„Warum, beklagte sich die Karaffe,
habe ich keine kleine Karaffe?
Hat die Giraffe im Zoo
Etwa nicht ein Giraffenkalb?
Ein Zauberer, der zufällig
Rittlings auf einem Fonografen vorbeizog,
Zeichnet die schöne Sopranstimme
Der Karaffe auf
Und spielte sie Merlin vor
„Sehr schön, sagt er, sehr schön!“
Drei Mal klatschte er in die Hände
Und die Dame des Hauses
Fragt sich noch immer,
Warum sie an diesem Morgen
Eine hübsche kleine Karaffe fand,
Die sich an die große Karaffe kuschelte
Wie im Zoo, wo das Giraffenkalb
Ihren zerbrechlichen und langen Hals
An die Seite der Giraffenmutter schmiegt.
16
Lune d’Avril
Aprilmond
Lune, belle lune, lune d’Avril
Faites-moi voir en mon dormant
Le pêcher au cœur de safran,
Le poisson qui rit du grésil,
Mond, schöner Mond, Aprilmond,
Lasst mich sehen, wenn ich einschlafe,
Den Fischer mit seinem Safran-Herzen,
Den Fisch, der sich nicht um den
[Graupelschauer schert,
Den Vogel, der wie ein ferner Hornruf
Die Toten sanft wachbläst,
Und vor allem das Land,
Wo Freude und Licht herrschen,
Wo man im Primelrausch,
Alle Gewehre zerbrochen hat.
Mond, schöner Mond, Aprilmond.
L’oiseau qui, lointain comme un cor,
Doucement réveille les morts
Et surtout le pays
Où il fait joie, où il fait clair,
Où, soleilleux de primevères,
On a brisé tous les fusils.
Lune, belle lune, lune d’avril.
17
RICHARD STRAUSS –
VIER AUSGEWÄHLTE LIEDER
Ich wollt ein Sträußlein binden
Text von Clemens Maria Wenzeslaus von Brentano (1778 – 1842)
Ich wollt ein Sträußlein binden,
Da kam die dunkle Nacht,
Kein Blümlein war zu finden,
Sonst hätt ich dir’s gebracht.
Da flossen von den Wangen
Mir Tränen in den Klee,
Ein Blümlein aufgegangen
Ich nun im Garten seh’.
Das wollte ich dir brechen
Wohl in dem dunklen Klee,
Doch fing es an zu sprechen:
„Ach, tue mir nicht weh!
Sei freundlich im Herzen,
Betracht dein eigen Leid,
Und lasse mich in Schmerzen
Nicht sterben vor der Zeit!“
Und hätt’s nicht so gesprochen,
Im Garten ganz allein,
So hätt ich dir’s gebrochen,
Nun aber darf’s nicht sein.
Mein Schatz ist ausgeblieben,
Ich bin so ganz allein.
Im Lieben wohnt Betrüben,
Und kann nicht anders sein.
18
Die Nacht
Hermann von Gilm zu Rosenegg (1812 – 1864)
Mach auf, mach auf, doch leise mein Kind,
Um keinen vom Schlummer zu wecken.
Kaum murmelt der Bach, kaum zittert im Wind
Ein Blatt an den Büschen und Hecken.
Drum leise, mein Mädchen, dass nichts sich regt,
Nur leise die Hand auf die Klinke gelegt.
Mit Tritten, wie Tritte der Elfen so sacht,
Um über Blumen zu hüpfen,
Flieg leicht hinaus in die Mondscheinnacht,
Zu mir in den Garten zu schlüpfen.
Rings schlummern die Blüten am rieselnden Bach
Und duften im Schlaf, nur die Liebe ist wach.
Sitz nieder, hier dämmert’s geheimnisvoll
Unter den Lindenbäumen,
Die Nachtigall uns zu Häupten soll
Von unseren Küssen träumen,
Und die Rose, wenn sie am Morgen erwacht,
Hoch glüh’n von den Wonnenschauern der Nacht.
Morgen
Text von John Henry Mackay (1864 – 1933)
Und morgen wird die Sonne wieder scheinen,
Und auf dem Wege, den ich gehen werde,
Wird uns, die Glücklichen, sie wieder einen
Inmitten dieser sonnenatmenden Erde.
Und zu dem Strand, dem weiten, wogenblauen,
Werden wir still und langsam niedersteigen,
Stumm werden wir uns in die Augen schauen,
Und auf uns sinkt des Glückes stummes Schweigen.
19
Amor
Text von Clemens Maria Wenzeslaus von Brentano (1778 – 1842)
An dem Feuer saß das Kind
Amor, Amor
Und war blind;
Mit dem kleinen Flügel fächelt
In die Flammen er und lächelt,
Fächle, lächle, schlaues Kind.
Ach, der Flügel brennt dem Kind!
Amor, Amor
Läuft geschwind!
O wie ihn die Glut durchpeinet!
Flügelschlagend laut er weinet;
In der Hirtin Schoß entrinnt
Hülfeschreiend das schlaue Kind.
Und die Hirtin hilft dem Kind,
Amor, Amor,
Bös’ und blind.
Hirtin, sieh, dein Herz entbrennet,
Hast den Schelmen nicht gekennet.
Sieh, die Flamme wächst geschwinde.
Hüt’ dich vor dem schlauen Kind!
20
Benjamin West: Omnia vincit amor, 1809, Öl auf Leinwand, 179 x 205 cm
Metropolitan Museum of Art, New York
21
EMILY HINDRICHS Sopran
John Parr Klavier
Die Preisträgerin des Sullivan Foundation
Award 2009 hat in der jüngeren Vergangenheit mit erfolgreichen Auftritten als Koloratursopranistin Aufmerksamkeit erregt. Sie
gewann den Preis der Metropolitan Opera
National Council Auditions in Boston (2010).
Im Frühjahr 2009 gestaltete sie die Königin
der Nacht erstmals an der English National
Opera London. Sie gastierte als Königin der
Nacht im Herbst 2013 an der Oper Frankfurt.
Zudem sang sie Ann Trulove in The Rake’s
Progress an der Opéra de St. Étienne, Konstanze in Die Entführung aus dem Serail
beim Connecticut Early Music Festival und
Bachs h-Moll-Messe mit dem National
Chorale in der Avery Fisher Hall. Seit der
Spielzeit 2013/14 ist sie Ensemblemitglied
am STAATSTHEATER KARLSRUHE und singt
hier u. a. Oscar in Ein Maskenball, Costanza
in Riccardo Primo, Prinzessin, Feuer und
Nachtigall in Das Kind und die Zauberdinge
sowie die Titelpartie in Die Nachtigall.
John Parr studierte an der Manchester
University und am Royal Northern College
of Music bei Sulamita Aronovsky. Er gastierte als Repetitor u. a. am Royal Opera
House Covent Garden und arbeitete für die
Scottish Opera in Glasgow. Zudem war er
„Head of Music Staff“ an der San Francisco
Opera. Ein wichtiger Teil seiner Aufgaben
war die Arbeit mit den weltberühmten
Adler Fellow- und Merola-Programmen
für junge Sänger. Von 2002 bis 2005 war er
musikalischer Assistent bei den Bayreuther
Festspielen. Als Liedbegleiter trat er in
Deutschland und den USA auf. Seit der
Spielzeit 2011/12 ist er am STAATSTHEATER
KARLSRUHE als Casting Direktor und Assistent des Generalmusikdirektors engagiert.
Außerdem ist er künstlerischer Leiter der
Liederabend-Reihe am STAATSTHEATER.
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liederabende
1. LIEDERABEND –
Rebecca Raffell
Liederzyklen
Rebecca Raffell Mezzosopran
John Parr Klavier
Henry Purcell / Benjamin Britten Mad Bess
Ivor Gurney Ausgewählte Lieder
Joseph Horovitz Lady Macbeth
Edward Elgar Sea Pictures
13.10.13 KLEINES HAUS
2. LIEDERABEND –
EMILY HINDRICHS
Emily Hindrichs Sopran
John Parr Klavier
Hugo Wolf Ausgewählte Lieder
Richard Strauss Drei Lieder der Ophelia &
ausgewählte Lieder
Joseph Schwantner Two Poems of Agueda
Pizarro
Claude Debussy Ausgewählte Lieder
Francis Poulenc La courte paille
5.1.14 KLEINES HAUS
3. Liederabend – STEVEN EBEL
Steven Ebel Tenor John Parr Klavier Lili Boulanger Clairières dans le ciel
Steven Ebel Auftragswerk
Charles Ives Three Songs of the War
Richard Strauss Drei Lieder aus Goethes
‚West-östlicher Divan‘
Ivor Gurney und Rudi Stephan Lieder
17.5.14 KLEINES HAUS
Im Rahmen der Europäischen Kulturtage
13/14
Liederabend –
Ks. INA SCHLINGENSIEPEN
Ks. Ina Schlingensiepen Sopran
John Parr Klavier
Ausgewählte Lieder von Alessandro
Scarlatti, Vincenzo Bellini, Gaetano
Donizetti und Richard Strauss
31.5.14 KLEINES HAUS
4. Liederabend
„Wege der Liebe“ Emily Hindrichs Sopran
Stefanie Schaefer Mezzosopran
Eleazar Rodriguez Tenor
Gabriel Urrutia Benet Bariton
Jan Roelof Wolthuis Klavier
Pascal Paul-Harang Konzept & Regie
Lieder von Gabriel Fauré, Georges Bizet,
Reynaldo Hahn, Claude Debussy, Ernest
Chausson und Maurice Ravel
21.6.14 KLEINES HAUS
5. Liederabend –
ARMIN KOLARCZYK
Armin Kolarczyk Bariton
John Parr Klavier
Johannes Brahms Die Schöne Magelone
13.7.14 KLEINES HAUS
23
bildnachweise
IMPRESSUM
TITEL
Arielle Doneson
S. 22Arielle Doneson
privat
HERAUSGEBER
STAATSTHEATER KARLSRUHE
TEXTNACHWEISE
Die Übersetzungen aus dem Englischen
stammen von Emily Hindrichs. Die Übersetzungen aus dem Französischen von Pascal
Paul-Harang und Daniel Rilling.
Der abgedruckte Text ist ein Originalbeitrag
für dieses Heft von Daniel Rilling.
URHEBERRECHTE
Music © 1980 by Schott Helicon Music
Corporation
Lyrics by Agueda Pizarro, English
translation by Barbara Stoler Miller
From SOMBRAVENTADORA/
SHADOWINNOWER © 1979 Columbia
University Press
All Rights Reserved
Sollten wir Rechteinhaber übersehen
haben, bitten wir um Nachricht.
GENERALINTENDANT
Peter Spuhler
VERWALTUNGSDIREKTOR
Michael Obermeier
CHEFDRAMATURG
Bernd Feuchtner
OPERNDIREKTOR
Joscha Schaback
REDAKTION
Daniel Rilling
KONZEPT
DOUBLE STANDARDS BERLIN
www.doublestandards.net
GESTALTUNG
Kristina Pernesch
DRUCK
medialogik GmbH, Karlsruhe
STAATSTHEATER KARLSRUHE 2013/14
Programm Nr. 158
www.staatstheater.karlsruhe.de
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ZWEI SEELEN – EINE STIMME
Oper, Operette & Musical aus dem Leben eines Mezzo
Stefanie Schaefer Mezzosopran Christian Grygas a. G. Bariton
2.2.14 KLEINES HAUS
PASIÓN ESPAÑOLA
Zarzuelas, Arien & spanische Lieder
Gabriel Urrutia Benet Bariton Eleazar Rodriguez Tenor
3.3.14 KLEINES HAUS
OHNE FRAUEN GEHT DIE CHOSE NICHT!
Ein Schlagerabend
Christina Niessen Sopran Stefanie Schaefer Mezzosopran
Ks. Ina Schlingensiepen Sopran u. a.
29.6.14 KLEINES HAUS
LIEDERABEND-
ABONNENT WERDEN!
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Ensemblemitglieder in sechs Liederabenden
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F 0721 3557 346
E-Mail abonnementbuero@staatstheater.
karlsruhe.de
Und willst du dagegen
Eine BlUte von mir,
Nimm tausend fUr eine,
Nimm alle dafUr!