HACCP* – Aufbau und Umsetzung

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HACCP* – Aufbau und Umsetzung
HACCP* – Aufbau und
Umsetzung
1 HACCP – Aufbau und Umsetzung
Themenbereiche
- Notwendigkeit von Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen
- Wichtige Grundvoraussetzungen
- Instrumente für die Lebensmittelsicherheit: HACCP und
Eigenkontrollen
Index
1 Voraussetzungen
2
2 HACCP-Grundsätze
3
3 Implementierung des Systems
3
SCHRITT 1: HACCP-Team zusammenstellen
3
SCHRITT 2: Produkt beschreiben
3
SCHRITT 3: Verwendungszweck feststellen
3
SCHRITT 4: Flussdiagramme erstellen
4
SCHRITT 5: Flussdiagramme vor Ort bestätigen
4
SCHRITT 6: Risiken benennen
4
SCHRITT 7:Kritische Kontrollpunkte ermitteln
5
SCHRITT 8: Kritische Grenzwerte festlegen
5
SCHRITT 9: Überwachungssystem einrichten
7
SCHRITT 10:Korrekturmaßnahmen festlegen
7
SCHRITT 11: Verifizierungsverfahren einrichten
7
SCHRITT 12: System zur Datenerfassung und Dokumentation
aufbauen
7
4 Weiterführende Literatur und Links
* HACCP steht für „Hazard Analysis Critical Control Points“ und
umfasst die Gefahrenanalyse und Kontrolle kritischer Punkte - und
zwar auf allen Stufen der Zubereitung, Verarbeitung, Herstellung,
Verpackung, Lagerung, Beförderung, Verteilung, Behandlung und des
Verkaufs von Lebensmitteln.
7
2 HACCP – Aufbau und Umsetzung
HACCP – Aufbau
1 Voraussetzungen
Eine international anerkannte Methode zur Eigenkontrolle ist das
HACCP-System (Hazard Analysis Critical Control Point). Hierbei geht es
vor allem darum, die Risiken und Gefahren, denen Lebensmittel in
den verschiedenen Produktions- bzw. Handelsstadien ausgesetzt sind,
zu bestimmen und zu analysieren.
HACCP stellt dazu einen systematischen Ansatz für die Vermeidung
bzw. Kontrolle potenzieller Gesundheitsgefahren bei der
Lebensmittelproduktion. Das System ist auf aktives Agieren statt
passivem Reagieren angelegt.
Bevor das HACCP-System eingerichtet werden kann, müssen folgende
Voraussetzungen geprüft werden:
- Gibt es ausgebildetes Personal
- Werden Daten bezüglich:
o der Lebensmittelgesetze
o der verwendeten Rohmaterialien (inkl. Verpackungsmaterial)
o der Produkte
o der Prozesse und Methoden
o der Risiken und Gefahren (physikalisch, chemisch, biologisch)
festgehalten, gesammelt und ausgewertet?
Vorteile von HACCP-Systemen:
- Optimierung von Aktivitäten, von denen Gefährdungspotential
ausgeht (technisch und menschlich)
- Effiziente Selbstkontrolle und Fehlervermeidung
- Kostenreduktion durch präventive Maßnahmen
- Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen
- Unterstützung von Qualitätsmanagementsystemen
- Lebensmittelsicherheit wird auch für die Produktentwicklung ein
Thema
- anerkannt auf internationalen Märkten
Anforderungen:
- Technische, zeitliche und materielle Ressourcen müssen
vorhanden sein
- Zentrale Organisation und praktische Anstrengungen zur
Umsetzung der Methode müssen erkennbar sein
- Verhaltensänderungen müssen unterstützt werden
- Fortwährende Aktualisierungen müssen umgesetzt werden;
3 HACCP – Aufbau und Umsetzung
2 HACCP Grundsätze
Grundsatz 1
Grundsatz 2
Grundsatz 3
Grundsatz 4
Grundsatz 5
Grundsatz 6
Grundsatz 7
Identifizierung der möglichen Gefahren, die auf den einzelnen Stufen
der Herstellung des Lebensmittels vom Ursprung über die
Behandlung, Verarbeitung und Verteilung bis zum Verbrauch auftreten
können. Feststellung der Wahrscheinlichkeit des Auftretens der
Gefahr und Festlegung vorbeugender Maßnahmen zu ihrer
Beherrschung.
Bestimmung der Punkte, Behandlungs- und Verfahrensschritte, die
soweit beherrschbar sind, dass sich die Gefahren eliminieren oder
auf ein akzeptables Maß reduzieren lassen (kritische Kontrollpunkte,
CCP)
Festlegung der kritischen Werte (Grenzwerte), deren Einhaltung
sicherstellt, dass der CCP unter Kontrolle ist. Die Einhaltung
unterscheidet zwischen akzeptablen und nicht akzeptablen Abläufen.
Einrichtung eines Systems zur Überwachung der CCPs durch
planmäßige Untersuchungen
Festlegung von Korrekturmaßnahmen, die ergriffen werden müssen,
sobald die Überwachung anzeigt, dass ein CCP nicht mehr unter
Kontrolle ist.
Einrichtung eines Verfahrens mit ergänzenden Prüfungen oder
Maßnahmen zur Bestätigung, dass das HACCP-System einwandfrei
funktioniert.
Einrichtung einer Dokumentation, die alle Berichte zu diesen
Prinzipien und ihrer Anwendung erfasst.
3 Implementierung des
HACCP-Systems
Schritt 1:
HACCP-Team
zusammenstellen
Schritt 2:
Produkt beschreiben
Das HACCP-Team ist zuständig für die Entwicklung, die Einrichtung und
die Aufrechterhaltung des HACCP-Systems im Unternehmen. Das Team
sollte multidisziplinär aufgestellt sein, also aus Angestellten aus den
Bereichen Mikrobiologie, Chemie, Qualitätssicherung, Produktion,
Verwaltung etc. bestehen. Mindestens eine Person im Team sollte aus
dem Bereich Produktion stammen, sodass die realistische
Anwendbarkeit des Systems sichergestellt wird.
Um die Bestimmung aller potentiellen Gefahren zu garantieren,
müssen sämtliche Merkmale des betreffenden Produkts
4 HACCP – Aufbau und Umsetzung
zusammengestellt werden. Die Produktbeschreibung muss dabei
folgende Punkte beinhalten:
- Zusammensetzung (Rohmaterialien, Zutaten, Zusätze etc.);
- strukturelle, physikalische, chemische und biologische Merkmale (a WWert, pH-Wert, Bakterienzahl etc.)
- Verarbeitung (Einfrieren, Erhitzen, Trocknen, Räuchern etc.)
- Art der Verpackung (Material, veränderte Gaszusammensetzung,
Vakuum etc.)
- Verwendung und Vertrieb (Fertigware, weitere Verarbeitung etc.)
- Mindesthaltbarkeitsdatum / -zeitraum
- Lager- und Transportkonditionen (Temperatur, Feuchte etc.)
- Kennzeichnung
Schritt 3:
Verwendungszweck feststellen
Typische Anwendungen durch den Konsumenten, Verkaufspunkte und
Zielgruppen müssen definiert werden. Risikogruppen wie YOPIs (jung,
alt, schwanger, immunabwehrgeschwächt), Allergiker müssen benannt
werden.
Schritt 4:
Flussdiagramme erstellen
Ein Flussdiagramm sollte die exakte Abfolge von Produktionsphasen
sowie die gesamte Dauer und die Temperaturen während des
gesamten Produktionsprozesses darstellen:
- Annahme von Rohmaterialien und Zwischenprodukten
-
Wiederverwendung und/oder Wiederverwertung von
Rohmaterialien / -produkten
-
Entsorgung von Zwischenprodukten, Nebenprodukten oder Abfällen
-
Mögliche Kreuzkontaminationswege
Ein Prozessdiagramm sollte die Bewegung des Produkts sowie des
Personals darstellen (inklusive aller Bewegungen innerhalb des
Betriebes wie in Umkleideräumen, Toiletten und Speiseräumen). Auch
Abflüsse und Leitungen sollten illustriert werden.
Schritt 5:
5 HACCP – Aufbau und Umsetzung
Flussdiagramme vor Ort bestätigen
Die Bestätigung der entwickelten Flussdiagramme sollte direkt im
Betrieb stattfinden, damit sie korrigiert oder um Details aus dem
realen Arbeitsablauf ergänzt werden können. Dazu sollte der gesamte
Prozess mehrmals während der Arbeitszeit begleitet werden, alle
Arbeitsschritte umfassen sowie alle Mitglieder der HACCP-Teams
einbeziehen.
Schritt 6: (Prinzip 1)
Benennung der Risiken für jeden Schritt, Risikoeinschätzung,
Inspektionsmaßnahmen
Die zu erwartenden Gefahren müssen identifiziert und ausgeräumt
bzw. auf ein akzeptables Maß reduziert werden. Einige
beachtenswerte Punkte sind:
- Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Gefahr und die damit
verbundene Gesundheitsgefährdung
- Qualitative und quantitative Beurteilung des Vorhandenseins von
Gefahren
- Kontamination, Überleben und Wachstumsrate von pathogenen
Mikroorganismen
- Inakzeptable Werte von Chemikalien in Zwischen- und
Endprodukten
- Produktion von oder Vorkommen von Giften (z.B. durch
mikrobiellen Stoffwechsel oder Verwendung von Chemikalien,
physikalischen Objekten oder Allergenen)
- Mögliche Stellen, an denen fehlerhaftes Handeln auftreten kann
- Identifikation von Gegenständen, die häufig kontaminiert werden.
Schritt 7: (Prinzip 2)
Festlegung der CCPs
Eine Risikomatrix ist ein Werkzeug zur Bewertung von Risiken und
Gefahren (siehe Abbildung 1). Die schattierten Bereiche bezeichnen
dabei die signifikanten Risiken. Die grünen Bereiche bedeuten ein
annehmbares Risiko, das mit vorbeugenden Maßnahmen unter
Kontrolle gehalten werden kann. Gelb steht für Risiken, die so niedrig
wie möglich gehalten werden und daher eine CCP-Bewertung
6 HACCP – Aufbau und Umsetzung
Beobachtungspunkt). Die roten Bereiche bedeuten nicht-akzeptable
Risiken, die auf CCPs überprüft werden müssen und
Kontrollmaßnahmen nach sich ziehen. Diese Analyse muss für jedes
einzelne Produkt / jeden einzelnen Prozess durchgeführt und im Falle
von Veränderungen (andere Rohmaterialien, andere
Zusammensetzungen etc.) revidiert werden.
Wahrscheinlichkeit
niedrig
mittel
hoch
+++
++++
++++
mittel
++
+++
++++
niedrig
+
++
+++
hoch
Gefahr
durchlaufen müssen. Wenn sich
daraus ergibt, dass kein CCP
vorliegt, muss das Risiko als
“nicht-CCP” klassifiziert
werden (Kontroll- bzw.
Risikoschätzung:
klein
moderat
groß
Abbildung 1 Beispiel für eine Risikomatrix
+ keine Maßnahmen erforderlich
++ Vorbeugungsmaßnahmen erforderlich
+++ CCP Bewertung und Festlegung *
(obwohl der CCP überwiegend mit grundsätzlichen Tätigkeiten
und Maßnahmen unter Kontrolle gehalten werden kann)
++++ CCP Bewertung und Festlegung *
* Bewertung über Entscheidungsbaum (siehe Abb. 2)
Die Identifikation eines CCP kann durch die Benutzung des
Entscheidungsbaums des Codex Alimentarius vereinfacht werden
(siehe Abbildung 2). Die Bestimmung eines CCP beruht dabei auf der
Schwere und der Wahrscheinlichkeit einer Gefahr sowie möglichen
Maßnahmen, diese zu eliminieren, verhindern oder reduzieren.
7 HACCP – Aufbau und Umsetzung
Schritt 8: (Prinzip 3)
Kritische Grenzwerte
festlegen
Jedem CCP muss ein kritischer
Grenzwert zugeordnet werden.
Dieser bezieht sich auf den
maximalen akzeptablen Wert
hinsichtlich der
Produktsicherheit. Die Kriterien müssen dabei gesetzlichen Vorgaben,
Anforderungen und Standards sowie internen Regelungen entsprechen.
F1 – Gibt es für die Gefahr mögliche PräventivHACCP – Aufbau und Umsetzung
und8 Kontrollmaßnahmen?
Muss zu diesem
Zeitpunkt eine
Kontrolle zur Garantie
der
Lebensmittelsicherheit
stattfinden ?
Nein
Ja
F2 – Behebt diese Maßnahme die Gefahr oder
reduziert sie sie auf ein angemessenes Maß?
Ja
Veränderung
von
Arbeitsschritt,
Prozess oder
Produkt
Ja
Nein
Nein
F3 – Kann durch die Gefahr eine Kontamination
erfolgen oder kann die Gefahr sich auf ein
gefährliches Maß vergrößern?
Nein
Ja
F4 – Gibt es eine Folgemaßnahme, die die Gefahr
behebt oder auf einen akzeptablen Level reduziert?
Kein
CCP
Ja
Nein
CCP
9 HACCP – Aufbau und Umsetzung
Abbildung 2 – CCP Entscheidungsbaum des Codex Alimentarius
10 HACCP – Aufbau und Umsetzung
Schritt 9: (Prinzip 4)
Überwachungssystem einrichten
Schritt 10: (Prinzip 5)
Korrekturmaßnahmen festlegen
Schritt 11: (Prinzip 6)
Verifizierungsverfahren einrichten
Schritt 12: (Prinzip 7)
Aufzeichnungen und Dokumentation
4 Weiterführende Literatur und
Links
Überwachungsmaßnahmen müssen sicherstellen, dass die
festgelegten Grenzwerte für die CCP eingehalten werden. Sie
sollten in jedem Fall Nachfolgekontrollen und –maßnahmen
sowie Maßnahmen für einen schnellen Eingriff im Falle einer
Abänderung umfassen. Dafür muss zeitnah über den jeweiligen
Zustand des Produkts im aktuellen Prozess informiert werden.
Sie sollten Methoden, Messintervalle, zugehörige
Aufzeichnungen, kritische Punkte und verantwortliche Personen
festlegen. Berichte über Überwachungsmaßnahmen müssen von
der durchführenden/verantwortlichen Person abgezeichnet
werden.
Für jeden CCP müssen Korrekturmaßnahmen bestimmt werden.
Diese greifen, wenn die Grenzwerte überschritten werden oder
der Prozess außer Kontrolle zu geraten droht. Das Ziel dieser
Maßnahmen ist die Wiedererlangung der Kontrolle über den
jeweiligen CCP. Die Beschreibung der Aktionen beinhaltet die
zugehörigen CCPs, verantwortliche Personen und die
Konsequenzen für das betreffende Produkt. Für jeden CCP
können eine oder mehr Korrekturmaßnahmen festgelegt werden
– je nach den möglichen Kontrollmaßnahmen für den
betreffenden Prozess. Auch ist es möglich, verschiedene CCPs
mit den gleichen Korrekturmaßnahmen zu begegnen.
Der HACCP-Plan muss hinsichtlich seiner Gültigkeit und
Praktikabilität überprüft werden. Dies kann chemische und
mikrobiologische Analysen, Prüfungen, Analysen von
Abweichungen, durchgeführten Korrekturmaßnahmen etc.
umfassen.
Die Dokumentation eines HACCP-Systems besteht aus einem
Handbuch, Anweisungen und Formularen. Im Handbuch werden
Produkte, Risikobewertungen, CCPs, kritische Grenzwerte und
Korrekturmaßnahmen beschrieben. Daraus resultieren Regeln
für das korrekte Verhalten in den jeweiligen Arbeitsbereichen.
Diese werden in Formularen zur Selbstkontrolle und den
durchzuführenden Kontrollen (Temperatur, Zeit, pH etc.)
umgesetzt. Änderungen, Erneuerungen und Korrekturen dürfen
nur durch das HACCP-Team vorgenommen werden und müssen in
den entsprechenden Dokumenten gekennzeichnet werden.
Sinell, Meyer; “HACCP in der Praxis”; 1st Ed. 1996; Behr’s Verlag
11 HACCP – Aufbau und Umsetzung
http://www.haccp.de/
http://www.bfr.bund.de/cm/234/fra
gen_und_antworten_zum_hazard_anal
ysis_and_critical_control_point__hacc
p__konzept.pdf