beeinträchtigte geschmacksempfindung bei patienten mit diabetes

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beeinträchtigte geschmacksempfindung bei patienten mit diabetes
S. MATSUO ET AL.
S. MATSUO, M. NAKAMOTO, G. NISHIHARA, C. YASUNAGA, T. YANAGIDA,
K. MATSUO, T. SAKEMI
BEEINTRÄCHTIGTE GESCHMACKSEMPFINDUNG
BEI PATIENTEN MIT DIABETES MELLITUS UND
CHRONISCHER HÄMODIALYSE
Es wurde berichtet, dass die Sensibilität für
die vier Hauptgeschmacksrichtungen – sauer,
süß, salzig und bitter – bei Hämodialyse
(HD)-Patienten beeinträchtigt ist. Bis heute
gibt es jedoch keine Studien zur Geschmacksempfindung bei diabetischen HDPatienten. Die vorliegende Arbeit versuchte,
die Geschmacksempfindung von diabetischen und nicht-diabetischen HD-Patienten
zu quantifizieren und zu vergleichen sowie
Korrelationen zu bestimmten Blutserumparametern zu ermitteln.
Methoden: Bei einer Testgruppe von 24
diabetischen und 24 nicht-diabetischen HDPatienten, die nach Alter, Body Mass Index
und Dauer der HD-Therapie gematcht sind,
wurde die Empfindung für die vier Geschmacksrichtungen bestimmt, indem die
Patienten gebeten wurden, sie in unterschiedlichen Konzentrationen zu bewerten.
Ergebnisse: Statistische Analysen weisen
darauf hin, dass die Empfindung von bitterem Geschmack und von Geschmack insgesamt bei diabetischen HD-Patienten signifikant beeinträchtigt ist. Bei diesen Patienten
wurde eine Korrelation zwischen der Empfindung für süßen, salzigen oder Geschmack
insgesamt und der Rate von Harnstoffstickstoff im Blut oder der normalisierten Proteinkatabolierate gefunden.
Schlussfolgerungen: Wir kommen zu dem
Ergebnis, dass die Geschmacksempfindung
bei diabetischen HD-Patienten teilweise
beeinträchtigt ist, und gehen davon aus, dass
dies zu geringerem Appetit mit daraus folgender Mangelernährung und schlechten
Prognosen führt.
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EINLEITUNG
Die Geschmacksempfindung bei Patienten
unter Hämodialyse (HD) wurde erstmals
von Fornari und Avram in einem Bericht aus
dem Jahre 1978 beschrieben; das Erkennen
aller vier Geschmacksrichtungen war im
Vergleich mit Kontrollpersonen beeinträchtigt. Seit dieser Zeit wurden unterschiedliche
und manchmal sogar widersprüchliche Ergebnisse hinsichtlich der Geschmacksempfindung bei HD-Patienten veröffentlicht.
Buerger et al. berichteten, dass die mittlere
Genauigkeit der Geschmackserkennung für
süß und sauer, nicht aber für salzig und
bitter, bei PD-Patienten vor Aufnahme der
Dialysebehandlung signifikant beeinträchtigt
waren – nach Dialyse war dann nur noch
die Geschmacksempfindung von sauer signifikant beeinträchtigt. Im Gegensatz zu den
Ergebnissen von Buerger et al. berichtete
Fernstrom über eine beeinträchtigte Erkennung von salzigem Geschmack bei HDPatienten vor Dialyse. Atkin-Thor et al. berichteten, dass die verminderte Geschmacksempfindung bei chronischen Dialysepatienten durch einen Mangel an Zink verursacht
wird und die Geschmacksempfindung bei
Verabreichung von Zink verbessert werden
konnte.
Die höhere Morbidität und Mortalität unter
diabetischen HD-Patienten lässt sich großteils auf Komplikationen wie kardiovaskuläre
Erkrankungen, zerebrovaskuläre Erkrankungen und Infektionen zurückführen. Diabetische HD-Patienten weisen jedoch auch ein
erhöhtes Risiko von Mangelernährung auf,
das sicher auch zu ihrer hohen Morbidität
und Mortalität beiträgt. Diese Patienten
haben oft einen schlechten Appetit und
beklagen sich über „ geschmackloses Essen“.
Da es keine Berichte über die Geschmacksempfindung von diabetischen HD-Patien-
BEEINTRÄCHTIGTE GESCHMACKSEMPFINDUNG BEI PATIENTEN MIT DIABETES MELLITUS
ten gibt, haben wir dieses Thema erforscht
und die Ergebnisse mit denen von nichtdiabetischen HD-Patienten verglichen.
PATIENTEN UND METHODEN
In der vorliegenden Studie waren alle Teilnehmer stabile ambulante Patienten am
Hämodialyse-Zentrum der Saiseikai Yahata
und Kokura Daiichi Krankenhäuser in Japan.
Alle 48 Patienten wurden mit chronischer
Bikarbonat-Hämodialyse behandelt (Dialysezeit 4 Std, 3x wöchentlich, Dialysefluss
500 ml/min, Blutfluss 180-200 ml/min, mittleres Kt/V 1,40, mittlere nPCR 0,98). Die
diabetischen HD-Teilnehmer (DM) setzten
sich aus 10 Frauen und 14 Männern zusammen, deren mittleres Alter 63 Jahre betrug (Bereich 26-76, SD 10,4 Jahre). Die
nicht-diabetischen
HD-Kontrollteilnehmer
(non-DM) setzten sich aus 7 Frauen und 17
Männern zusammen, ihr mittleres Alter lag
bei 57 Jahren (Bereich 43-82, SD 11,3 Jahre). Die mittlere HD-Behandlungsdauer bei
DM-Teilnehmern belief sich auf 2,9 Jahre
(SD 1,15 Jahre) und die der non-DMTeilnehmer auf 3,2 Jahre (SD 1,79 Jahre).
Die ursprünglichen Erkrankungen der nonDM-Teilnehmer waren chronische Glomerulonephritis (22-mal), Nephrosklerose (1mal) und unbekannt (1-mal).
Die Teilnehmer wurden gebeten, zwei
Stunden vor dem Geschmackstest nicht
mehr zu essen oder zu rauchen. Keiner der
Teilnehmer nahm ACE-Inhibitoren, Antibiotika oder Antihistamine ein, die den Geschmack hätten beeinflussen können. Alle
Personen unterzogen sich einem Vibrationstest im Fuß, um feststellen zu können, ob
eine periphere Neuropathie in Zusammenhang mit Diabetes mellitus oder Urämie
vorliegt. Probanden mit signifikant beeinträchtigtem Vibrationstest wurden ausgeschlossen.
Die vier primären Teststoffe waren Kochsalz
(salzig), Saccharose (süß), Weinsteinsäure
(sauer) und Chinin-Salzsäure (bitter). Es wurden mit Teststoff getränkte FiltrierpapierScheiben benutzt und die von Sanwa Kagaku Kenkyusho Co. Ltd. empfohlenen Verfahren angewandt. Das Geschmack-Testverfahren wurde wie folgt standardisiert. Alle
Tests wurden in einem ruhigen Raum von
derselben Person an den Teilnehmern
durchgeführt, und jeder Test dauerte ungefähr 15 min. Der Geschmackstest erfolgte
eine Stunde vor Dialyse. Jeder der vier Teststoffe wurde in fünf verschiedenen Konzentrationen direkt vor dem Testdurchlauf zubereitet. Bevor die Testpersonen jeden Teststoff zu identifizieren suchten, spülten sie
den Mund mit einer kleinen Menge destillierten Wassers und spuckten es aus. Jedes
mit einem Teststoff getränkte Filtrierpapier
wurde auf die Spitze der Zunge des Patienten gelegt, der danach den Geschmack
identifizieren sollte.
Die Abfolge der Teststoffe (süß, salzig, sauer, dann bitter) war für alle Teilnehmer
gleich. Zuerst wurde die niedrigste Konzentration eines bestimmten Teststoffes gegeben. Wenn die Identifizierung dieses Stoffes
nicht korrekt war oder keine Antwort gegeben werden konnte, wurden höhere Konzentrationen des gleichen Teststoffes verabreicht, bis die Identifizierung korrekt war.
Die niedrigste Konzentration eines korrekt
identifizierten Teststoffes wurde als sein
Geschmacks-Grenzwert definiert, der dann
mit einem Punktwert von 1 bis 5, entsprechend der niedrigsten zur höchsten Konzentration, definiert wurde. Ein Wert von 6
wurde für eine falsche oder nicht versuchte
Identifizierung der höchsten Konzentration
vergeben (Tabelle 1).
Darüber hinaus wurde Gesamtblut ein paar
Minuten vor Dialyse abgenommen und
zentrifugiert, um Serum zu erhalten, das
dann auf die folgenden Parameter analysiert
wurde: Serumkreatinin (S-Cr), Harnstoffstickstoff im Blut (BUN), Hämatokrit (Hat), Blutzucker (BS), Gesamtprotein im Serum (TP),
Serumalbumin (ALB), Zinkkonzentration im
Serum (Zn). Die normalisierte Proteinkatabolierate (nPCR) wurde aus dem BUN vor
und nach einer einzelnen Dialysebehandlung mit Hilfe der Computer-Software errechnet. Der Body Mass Index (BMI) war
das Verhältnis von Gewicht (kg) zu Größe
(m) im Quadrat.
Die Werte wurden als Durchschnittswerte ±
SD beschrieben (Tabelle 2). Der Student’s tTest wurde herangezogen, um feststellen zu
können, ob zwischen der DM-Gruppe und
der non-DM-Gruppe signifikante Unterschiede vorhanden waren. Der mittlere
Durchschnitt der Teilnehmer-Werte für jeden einzelnen Teststoff und der mittlere
Durchschnitt der gesamten Teststoff-Werte
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TABELLE 1:
Grenzwert-Quantifizierung der TeststoffKonzentrationen
Teststoff
Saccharose
NaCl
Weinsteinsäure
Chinin-HCl
Geschmack
süß
salzig
sauer
bitter
1
1
0,3
0,3
0,02
0,001
1
2
2,5
1,25
0,2
0,02
1
3
10
5
2
0,2
1
4
20
10
4
0,5
1
5
80
20
8
4
Prozentwerte
1
Punktwert-Zuteilung, wenn der Teststoff zu dieser Konzentration korrekt identifiziert wurde.
TABELLE 2:
Unterschiede zwischen diabetischen
und nicht-diabetischen
HD-Patienten
Teilnehmer
Geschlecht (m/w)
Alter, Jahre (Mittel/Bereich/SD)
HD-Dauer, Jahre (Mittel ± SD)
2
BMI, kg/m
TP, g/dl
Albumin, g/dl
BUN, mg/dl
Cr, mg/dl
Ht, %
BS, mg/dl
Zn, µg/dl
nPCR, g/kg BW/Tag
Kt/v
DM
24
14/10
63/26-76/±10,4
2,9 ± 1,15
25,1 ± 1,83
6,9 ± 0,57
3,8 ± 0,34
69 ± 10,9
10 ± 2,14
32 ± 4,60
203 ± 28,4
63 ± 13,8
0,92 ± 0,12
1,39 ± 0,21
(Summe der vier Teststoff-Werte) wurden
zwischen den zwei Gruppen verglichen. Die
Ergebnisse wurden mit dem Mann-WhitneyU-Test analysiert. Zudem suchten wir nach
Korrelationen unter den Teststoff-Werten,
Laborwerten und Alter. Die statistischen
Analysen erfolgten mit dem Spearman’s
Korrelationskoeffizienten mittels Rank-Test.
Ein p<0,05 wurde als statistisch signifikant
betrachtet.
ERGEBNISSE
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Die Grenzwerte für die Erkennung der Teststoffe waren bei diabetischen Patienten
(DM) signifikant höher für bitteren Geschmack und für alle Geschmacksrichtungen
zusammen, verglichen mit nicht-diabetischen (non-DM) Patienten (p=0,006 bzw.
p=0,027); die Grenzwerte für süß, salzig
und sauer waren jedoch nicht signifikant
verschieden (Abb. 1).
Die Blutserum-Parameter waren zwischen
den zwei Gruppen hinsichtlich Harnstoffstickstoff im Blut (BUN), normalisierter
Proteinkatabolierate (nPCR) und Blutzucker
(BS) signifikant verschieden (Tabelle 2).
Non-DM
24
17/7
57/43-82/±11,3
3,2 ± 1,79
24,9 ± 2,03
6,67 ± 0,41
3,9 ± 0,25
78 ± 10,5
12 ± 1,50
32 ± 3,99
117 ± 13,0
63 ± 11,8
1,03 ± 0,15
1,42 ± 0,28
p
–
–
NS
NS
NS
NS
NS
0,011
NS
NS
0,0003
NS
0,020
NS
Darüber hinaus gab es bei den DMTeilnehmern eine negative Korrelation zwischen Grenzwerten für süßen Teststoff und
BUN oder nPCR (r=-0,51, p=0,014 bzw. r=0,57, p=0,006) und zwischen Grenzwerten
für salzigen Teststoff und BUN oder nPCR
(r=-0,73, p=0,0005 bzw. r=-0,47, p=0,023)
(Abb. 2).
Zudem zeigte sich bei DM-Teilnehmern eine
negative Korrelation zwischen Grenzwerten
für alle Teststoffe zusammen und BUN oder
nPCR (r=-0,59, p=0,005 bzw. r=-0,50,
p=0,016) (Abb. 2), nicht aber zwischen
Grenzwerten für alle Teststoffe zusammen
und BS, S-Cr, Ht, TP, ALB oder Zn. Weiter
bestanden weder in der DM- noch in der
nicht-DM-Gruppe signifikante Korrelationen
zwischen Geschmacksempfindung und Alter
oder Dauer der Dialysebehandlung.
DISKUSSION
Es gab einige Studien, die über eine geringe
Geschmacksempfindung bei Patienten mit
chronischem Nierenversagen berichteten.
Fernstrom et al. beschrieben in 1996, dass
die Erkennung von salzigem Geschmack
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ABBILDUNG 1:
Geschmacksvergleiche zwischen diabetischen
und nicht-diabetischen HD-Patienten
ABBILDUNG 2:
Korrelationen zwischen Geschmacks-Punkten und
Harnstoffstickstoff im Blut oder normalisierter Proteinkatabolierate bei diabetischen HD-Patienten
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bei HD-Patienten und die Erkennung von
bitterem Geschmack bei CAPD-Patienten
beeinträchtigt sei. Darüber hinaus beobachteten Vreman et al. eine geringere Geschmacksempfindung für sauer bei 26 HDPatienten. Im Gegensatz dazu berichteten
Hurley et al., dass die Fähigkeit, unterschiedlichen salzigen Geschmack zu
schmecken, bei Patienten unter Nierenersatztherapie (HD, CAPD, Nierentransplantat) möglicherweise nicht beeinträchtigt sei.
Als Bellisle et al. die Empfindung und Vorliebe für süßen Geschmack bei urämischen
Kindern untersuchte, machten die hämodialysierten Kinder mehr Fehler als die Kontrollen, wenn man sie um Beurteilung der
Süße von Teststoffen bat. In den Berichten
waren die ursprünglichen Erkrankungen der
Hämodialyse-Patienten nicht vermerkt. Folglich wurde über die Geschmacksempfindung von diabetischen HD-Patienten nicht
berichtet. Auch wenn Lowrie et al. nahe
legten, dass die schlechteren Prognosen von
diabetischen HD-Patienten im Vergleich zu
nicht-diabetischen HD-Patienten auf ihren
schlechteren Ernährungszustand zurückgeführt werden könnten, wurde unseres Wissens kein Zusammenhang zwischen Geschmacksempfindung und Ernährungszustand von HD-Patienten berichtet. Die zwei
Ziele der vorliegenden Studie waren: (1) die
Geschmacksempfindung von nicht-diabetischen Patienten unter chronischer HD zu
quantifizieren und sie mit der Geschmacksempfindung von nicht-diabetischen Patienten unter chronischer HD zu vergleichen,
und (2) nach Korrelationen zu suchen zwischen verminderter Geschmacksempfindung
und bestimmten Blutparametern, die bei
HD-Patienten typischerweise nicht im normalen Bereich liegen.
Die Bedeutung der Ernährung für die Gesundheit von chronischen HD-Patienten
wurde bereits in früheren Jahren erkannt.
Mangelernährung wird in ungefähr einem
Drittel der HD-Patienten in Japan diagnostiziert und geht mit erhöhter Mortalität und
Morbidität einher. Verschiedene Berichte
haben den Ernährungszustand von diabetischen und nicht-diabetischen Patienten
verglichen. Okuno et al. beschrieben, dass
die nPCR bei diabetischen HD-Patienten
signifikant niedriger als bei nicht-diabetischen HD-Patienten waren. Daneben bestand eine signifikante Korrelation zwischen
nPCR und Prozent der Fettmassen-Veränderungen. Sie kamen zu der Schlussfolgerung, dass eine geringe Proteinaufnahme
einer der Risikofaktoren für die reduzierte
Fettmasse und Mangelernährung sein könnte. Jung et al. berichteten über die Proteinaufnahme und den Ernährungszustand von
prädialytischen Patienten mit chronischem
Nierenversagen (CNV). Sie beschrieben
ebenfalls, dass CNV-Patienten mit DM einen
schlechteren Ernährungszustand aufwiesen
als diejenigen ohne DM. Scanziani et al.
untersuchten CAPD-Patienten und fanden
eine signifikant verringerte Proteinaufnahme
bei der Bestimmung der nPCR. Diese Ergebnisse können durch viele Faktoren verursacht sein, einschließlich falscher Nahrungsaufnahme, diabetischer Gastroparese und
Enteropathie, des Weiteren durch katabolen
Stress in Verbindung mit häufiger interkurrenter Erkrankung.
Es gibt einige Berichte über die Geschmacksempfindung von diabetischen Patienten
ohne Dialysetherapie. Le Floch et al. untersuchten die Geschmacksfunktion mittels
Elektrogustometrie. Eine verminderte Geschmacksempfindung wurde hierbei in 54%
der diabetischen Patienten versus 2% der
Kontrollprobanden gefunden. Hardy SL et al.
verglichen die Geschmacks-Grenzwerte
zwischen nicht-dialysierten diabetischen
Patienten und Kontrollprobanden. Die Ergebnisse zeigten, dass Diabetes mellitus die
Fähigkeit einer Person, süßen, salzigen und
bitteren Geschmack zu erkennen, verringern
könnte. Die Resultate aus diesen zwei Berichten stützen unsere Studie, da sie eine
verringerte Geschmacksempfindung von
diabetischen Patienten ohne Dialysetherapie
ergaben.
In unserer Studie waren die Empfindung von
bitterem Geschmack und die allgemeine
Geschmacksempfindung bei diabetischen
HD-Teilnehmern signifikant beeinträchtigt im
Vergleich zu nicht-diabetischen HD-Teilnehmern (Abb. 1) Die Empfindung von süßem,
salzigem oder saurem Geschmack war zwischen den zwei Gruppen nicht signifikant
verschieden. Es ist nicht bekannt, warum nur
der bittere Geschmack signifikant beeinträchtigt ist.
Darüber hinaus war die Empfindung von
süßem, salzigem Geschmack oder die allgemeine Geschmacksempfindung bei diabetischen HD-Teilnehmern positiv korreliert
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mit BUN oder nPCR (Abb. 2). Die erniedrigten Werte für BUN oder nPCR bei HDPatienten spiegeln den schlechteren Ernährungszustand wider.
Ältere Probanden besitzen bekanntermaßen
eine reduzierte Geschmacksempfindung.
Menucha et al. berichtete, dass ältere urämische Patienten und ältere Patienten mit
Dialysetherapie eine stärkere Geschmacksbeeinträchtigung aufwiesen als jüngere Patienten. Nach Dialyse zeigte sich keine Verbesserung der Geschmacksempfindung bei
älteren Patienten (>55 Jahre). In der vorliegenden Studie bestand keine Korrelation
zwischen Alter des Patienten und Geschmacksempfindung. Die Blutzuckerwerte
wurden direkt vor Dialysebehandlung gemessen. Auch wenn die Blutzuckerwerte bei
diabetischen Patienten im Vergleich zu
nicht-diabetischen Patienten höher waren,
wurde keine Korrelation zwischen den Blutzuckerwerten und der Geschmacksempfindung gefunden. Le Floch et al. berichteten
auch, dass es keine Unterschiede zwischen
den Blutzuckerwerten in der elektrisch auf
verminderte Geschmacksempfindung untersuchten Gruppe und in der Gruppe mit
normaler Geschmacksempfindung gab.
Es wurden verschiedene Erklärungen für die
verringerte Geschmacksempfindung bei
CNV-Patienten vorgeschlagen. Menucha et
al. legten nahe, dass die teilweise Verbesserung in der Geschmacksempfindung nach
Dialyse auf ein urämisches Toxin deuten
könnte, das für die verringerte Geschmackserkennung verantwortlich ist. Andererseits
berichteten Gavalda et al., dass die Speichelsekretion bei HD-Patienten niedriger als
bei Kontrollpatienten sei. Des Weiteren
liegen einige Berichte vor, dass der ZinkMangel bei CNV-Patienten zur verringerten
Geschmacksempfindung betragen könnte.
Atkin-Thor et al. berichteten, dass 90% der
Dialysepatienten niedrigere Zinkspiegel als
normal aufwiesen und dass sich die Geschmacksempfindung mit der Zink-Substitution verbesserte. Ähnlich beschrieben Eggert
et al., dass bei pädiatrischen CNV-Patienten
eine Zink-Substitution die Zink-Konzentrationen und die Geschmacksempfindung erhöhte. In der vorliegenden Studie waren die
Zinkspiegel im Plasma bei allen unseren
Patienten im Normalbereich, daher können
wir eine Verbindung zwischen Geschmacksempfindung und Zinkspiegel im Plasma
nicht bestätigen.
Abschließend legen wir nahe, dass die beeinträchtigte Geschmacksempfindung von
diabetischen HD-Patienten zu ihrem geringeren Appetit und der reduzierten Proteinaufnahme beiträgt, die wiederum zu einer
Verschlechterung des Ernährungszustandes
und zu schlechten Prognosen von diabetischen HD-Patienten führen. Die Mechanismen für diese Geschmacksveränderungen –
ob nun physiologisch, biochemisch oder
psychologisch – konnten bis heute noch
nicht geklärt werden.
Literatur beim Verlag.
DR. SHUNYA MATSUO
Kindey Center
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