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Literatur
John Irving »Bis ich dich finde«
w w w. s u m m a c u l t u r a . d e
5. Woche | 2006
Titel, Bis ich dich finde
Autor, John Irving
Verlag, Diogenes
Seiten, 1139 Seiten
ISBN, 3257065221
Preis, 20,90 Euro
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Irving auf der Suche nach dem verlorenen Vater
SUMMA-METER
FFFFF
MEDIEN-ECHO
© Diogenes
Inhalt
Besonderheit
Verletzter Held. Jack Burns ist vier Jahre alt, als er sene Mutter
Autobiografisches Bekenntnis. Ungewöhnlich offen äuÿerte sich
Alice, eine Tätowiererin, auf der Suche nach seinem leiblichen Vater begleitet. Jahrzehnte sollen vergehen, bis Jack seinem Vater,
einem Kirchenorganisten und leidenschaftlichen Sammler von
Tattoos, endlich begegnet. Jack ist zu diesem Zeitpunkt bereits
ein erfolgreicher Hollywoodschauspieler. John Irving erzählt von
den Verletzungen, die das Leben seinem Helden zugefügt hat: von
der Lücke, die Jacks Vater hinterlassen hat, und auch von der
Vergewaltigung des Zehnjährigen durch eine ältere Frau.
Irving zu den autobiografischen Bezügen seines Romans: Ich
hätte in Memoiren gar nicht direkter beschreiben können, was
mir widerfahren ist, als in fiktiver Form. Auch er habe zeitlebens unter dem Verlust des Vaters gelitten, auch er sei als
Elfjähriger von einer Erziehungsberechtigten vergewaltigt worden. Ursprünglich schrieb Irving den Roman als Ich-Erzählung,
übertrug ihn dann jedoch in die dritte Person, um eine gröÿere
Distanz zu seinem Helden zu gewinnen.
Kritikenspiegel
Biografisches
John Irving, *02.03.1942 in Exeter, USA, ist Autor zahlreicher
Bestseller, darunter Garp und wie er die Welt sah (1979), Das
Hotel New Hampshire (1982), Gottes Werk und Teufels Beitrag (1988), Owen Meany (1990) und Zirkuskind (1995).
1980 wurde ihm der National Book Award verliehen, im Jahr
2000 der Oscar für das beste Drehbuch zur Verfilmung von Gottes Werk und Teufels Beitrag . Charakteristisch für das Werk
Irvings ist sein tragisch-komischer Humor, die Romanwelten
Irvings werden zudem häufig von allein erziehenden Müttern,
vaterlosen Jungen, Witwen und Waisen bewohnt. Oft verarbeitet
Irving biografische Ereignisse in seinen Romanen.
Unterhaltung wichtiger als Trauma. Bis ich dich finde , der mitt-
lerweile elfte Roman John Irvings, hat im Feuilleton keine Lobeshymnen hervorgerufen. Unterhaltsam sei das Buch, zugleich
aber auch oberflächlich und stereotyp, so die Kritik. Irving ist
Irving geblieben , stellt Wieland Freund (Die Welt) fest. Alles,
was es zu einem Roman Irvings brauche, sei da: der lange Atem
und die kurzen Sätze, die exotischen Schauplätze und das exzentrische Personal, und auch die Motive sind vertraut: der fehlende
Vater, die fehlenden Körperteile, die mutige Mutter, der malade
Moment, das tröstlich Groteske und das verlässlich Freudianische. Doch zum groÿen Bedauern des Rezensenten leistet der
Roman eines nicht: Er ist nicht der schonungslos offene, wahrhaftige Bekenntnisroman, als der er angekündigt wurde. Die
wahren Gefühle hat John Irving am Ende doch für sich behalten
und nichts ist für den Roman charakteristischer als die vielen kantigen Bodyguards, die ihn beschützen". Vernichtend äuÿert sich
Susanne Kunckel (WamS). Irvings Bekenntnisse lieÿen den Leser
schlichtweg kalt: Der Held ist eine leere Hülle, seine Gefährten
sind Attrappen, Leid gerinnt zur Anekdotensammlung. Gerrit
Bartels (taz) hingegen bekennt sich zu Irvings Roman. Bis ich
dich finde sei nicht nur der längste, sondern in seiner Chronologie auch stringenteste Roman Irvings. In diesem beweise
der Autor sein Geschick, Tragisches und Lebensschweres einfach
und unterhaltsam darzustellen und aus den psychischen und körperlichen Beschädigungen seiner Figuren erzählerisches Kapital
zu schlagen. Und dies alles, ohne in Rührseligkeit zu verfallen.
Dennoch sei für Irving eines wichtig: Die Unterhaltung kommt
für ihn immer vor der Botschaft, Traumata hin, Traumata her.
Ähnliche Werke
Bei kaum einem anderen Schriftsteller liegt das Urteil von Literaturkritik und Leserschaft weiter auseinander als bei John
Irving. So schaffen es seine Romanen regelmäÿig auf die Bestsellerlisten - aller Kritik zum Trotz. DieWelt am Sonntag nimmt
Irvings Buch zum Anlass, eine Schwarzliste der jüngsten autobiografischen Schriften zu veröffentlichen. Unter der Überschrift
Schriftsteller in den Niederungen des Lebens nennt sie drei
Groÿe der internationalen Literaturszene: Bret Easton Ellis mit
dem Roman Lunar Park bezichtigt sie der eitlen Selbstbeweihräucherung . Paulo Coelho mit Der Zahir bescheinigt sie,
die selbstgefällige und ermüdende Bilanz eines Starautors zu
sein. Und dem Nobelpreisträger V. S. Naipaul mit seinen autobiografischen Essays Das Lesen und das Schreiben attestiert
die Zeitung schlichtweg Farblosigkeit.
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