ARD-Morgenmagazin Service

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ARD-Morgenmagazin Service
ARD-MORGENMAGAZIN – SERVICE 10.10.2013
THEMA:
RECHTSLAGE FÜR GESCHIEDENE
Autor:
Heinz Pohl
EXPERTE IM STUDIO:
WOLFGANG BÜSER
Funktion:
MoMa-Rechtsexperte
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Zigtausende von Ehen in der Bundesrepublik gehen Jahr für Jahr in die Brüche. Nicht nur die Fragen des
Unterhalts oder des Sorgerechts für die Kinder müssen bei der Trennung geklärt werden. Was wird zum
Beispiel aus den (gemeinsamen) Versicherungen?
Krankenversicherung:
War nur ein Ehepartner berufstätig, so gehörte der andere der Krankenkasse ebenfalls an – kostenfrei. Spätestens
drei Monate nach der rechtskräftigen Scheidung muss die "Weiterversicherung" bei der AOK, IKK, BKK oder Ersatzkrankenkasse angemeldet sein. Sonst bleibt der Weg in die "Gesetzliche" versperrt. Durch die Aufnahme eines
Arbeitsverhältnisses (über 400 Euro Monatsverdienst) könnte der gesetzliche Krankenversicherungsschutz aber
wiedererlangt werden. Und wenn beide Ehepartner gearbeitet haben? Dann bleibt die Krankenversicherung auch
über die Scheidung hinaus bestehen. Wo sind die Kinder versichert? Bei dem Ehepartner, der sie bei seiner Krankenkasse angemeldet hat.
Private Haftpflicht:
Der Ehepartner, der bisher (ohne Extra-Beitrag) mitversichert war, braucht nun eine eigene Police. Die Kinder bleiben versichert – sowohl durch den Vater (wenn er bisher "Versicherungsnehmer" war) als auch durch die Mutter
(wenn sie selbst eine Versicherung abschließt). Etwaige Forderungen können natürlich nur aus einer Versicherung
geltend gemacht werden.
Unfallversicherung:
Wenn für jedes Familienmitglied eine eigene Police ausgestellt war, ändert sich mit der Scheidung nichts. War die
Familie (wie im Regelfall) durch eine einzige Police versichert, so kann "gesplittet" werden – was aber etwas höhere
(Einzel-)Beiträge zur Folge hat. Es besteht auch die Möglichkeit, die "Familien"-Versicherung fortzuführen – man
muss sich dann aber über die Verteilung der Beiträge einigen; Beitragszahler bleibt der Versicherungsnehmer.
Hausratversicherung:
Versichert bleibt das Hab und Gut in beiden Wohnungen – in der bisherigen Ehe- und auch in der neuen Wohnung,
wenn der Versicherungsnehmer die "alte" Wohnung verlässt. Der doppelte Schutz bleibt aber längstens bis drei
Monate nach der ersten Beitragszahlung nach dem Auszug bestehen. Packt der andere seine Koffer und zieht er in
eine andere Wohnung, sieht es so aus: Die Police des zurückbleibenden Partners bleibt bestehen, doch sollte die
Versicherungssumme herabgesetzt werden, weil es jetzt ja weniger zu versichern gibt. Der ausziehende Partner
braucht eine eigene Versicherung. Die oben genannte Frist gilt hier nicht.
Wohngebäudeversicherung:
Wer das Gebäude übernimmt (oder behält) und im Grundbuch eingetragen ist, wird (beziehungsweise bleibt) Versicherungsnehmer.
Rechtsschutzversicherung:
Bis zur Scheidung bleiben schon getrennt lebende Ehepaare versichert. Danach tritt die Gesellschaft nur noch für
den Versicherungsnehmer ein. Sind beide früheren Ehepartner als Versicherungsnehmer in der Police vereinbart, so
muss die Versicherung darüber informiert werden, wer von beiden die Police übernimmt. Im Scheidungsverfahren
selbst besteht lediglich "Beratungsschutz". Das bedeutet: Der Anwalt kann für Rechnung der Versicherung Tipps
geben – aber keine juristischen Schritte unternehmen. Kinder bleiben auch nach der Scheidung mitversichert.
Rentenversicherung:
Die während der Ehe erworbenen Rentenansprüche werden im "Versorgungsausgleich" gleichmäßig auf die Rentenkonten der beiden Partner aufgeteilt – es sei denn, per Ehevertrag sei diese Regelung ausgeschlossen worden.
Lebensversicherung:
Der Scheidungsrichter rechnet so: Vom aktuellen "Rückkaufswert" (das ist der Betrag, der bei einer Kündigung von
der Versicherung ausgezahlt würde) zieht er den Rückkaufswert ab, der in die Ehe eingebracht wurde. Die Differenz
ist der "Zugewinn", der zwischen den Eheleuten geteilt wird. Eine Kündigung der Versicherung(en) ist aber nicht
nötig: In Höhe des im Zugewinnausgleich ermittelten Anspruchs kann dem geschiedenen Partner ein "unwiderrufliches Bezugsrecht" eingeräumt werden. Das heißt: Der Zugewinn wird dann bei Ablauf des Vertrages oder im Todesfall gezahlt. Vorteil: Der in der Regel als Altersvorsorge gedachte Vertrag bleibt bestehen und muss nicht mit gestiegenem Eintrittsalter (und damit zu höherem Beitrag) neu abgeschlossen werden.
Trennungs- oder Scheidungskinder machen fast immer viel durch. Besonders hart getroffen werden jedoch
die Kinder, deren Eltern sich nach gescheiterter Ehe oder unglücklicher Beziehung komplett entzweit haben
und um Sorge,- Umgangs- oder Besuchsrecht erbittert streiten. Als zusätzlich erschwerend kommt es hie
und da vor, dass Mama und Papa nach der Trennung auch örtlich weit auseinander liegen. Dann greifen
Richter ein und legen bisweilen sogar Flug- oder Zugplan fest, um niemanden zu benachteiligen.
Das Bundesverfassungsgericht hat bereits 2002 entschieden, dass eine allein sorgeberechtigte Mutter, die nach der
Scheidung von ihrem Ehemann mit den beiden gemeinsamen Kindern in eine 500 Kilometer entfernte Stadt zieht,
dazu verpflichtet ist, die Sprösslinge in einen Flieger zu setzen, wenn das die bequemste Art und Weise für den
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Nachwuchs ist, zum Papa zu reisen. Das gilt insbesondere dann, wenn der – umgangsberechtigte – Vater mit ausreichend Vorlaufzeit Tickets für seine beiden Kinder schickt. Es sei nicht zuviel verlangt, dass die Mama die Kinder
zum Flughafen bringe. Aufgrund der Entfernung müsse die Mutter ihrem Ex bei der Ausübung seines grundgesetzlich geschützten Umgangsrechts helfen. (AZ: 1 BvR 2029/00)
Ebenso entschied das Kammergericht Berlin in einem Fall, in dem der geschiedene Vater in Berlin wohnte, die Mutter mit der Tochter in Bonn. Der Papa brauche wegen seines Umgangsrechts nicht auf die Vorgabe seiner Ex einzugehen, einmal im Monat zu seinem Kind zu reisen und sich dort ein Zimmer zu nehmen. Er kann verlangen, dass die
Tochter "im Wege eines begleitenden Fluges" in die Hauptstadt kommt und die Mama sie jeweils zum Flughafen
bringt und von dort wieder abholt (unterstellt, dies war auch Kindes Wille). "Gerade jungen Kindern ist ein regelmäßiger Kontakt mit dem von der Familie getrennt lebenden Vater in dessen neuer Umgebung erforderlich". Dadurch
könne das Kind ihn in der "von ihm geprägten Häuslichkeit erleben", was "einer Entfremdung entgegen" wirke.
(AZ: 13 UF 119/05)
Ein weiteres Beispiel dafür, mit welch großer List im "Umgangsrecht auf Distanz" vorgegangen wird, bekamen die
Verfassungshüter auch mit folgendem Fall geliefert: Die Mutter eines Elfjährigen, die dem Vater des Sohnes den
(hier ohnehin auf die Ferienzeiten beschränkten) Umgang nur widerwillig ermöglichte, verlangte, dass der Junge zu
einem einwöchigen Neujahrs-Trip zum Papa von Friedrichshafen nach Hamburg mit dem Flugzeug anreiste – obwohl sie wusste, dass sich (durch den ausgedünnten Flugplan um den Jahreswechsel) der Aufenthalt des Sohnes
von sieben auf vier Tage verringern würde. Damit handele sie grundgesetzwidrig, so das Bundesverfassungsgericht;
sie dürfe ihrem Ex "das Umgangsrecht nicht beschneiden". Das Oberlandesgericht hatte zwar noch geurteilt, dass –
wegen der extrem langen Zugfahrt – tatsächlich nur der Flug in Frage gekommen wäre. Jedoch hatte es mögliche
Alternativen (zum Beispiel eine "begleitete Zugfahrt") nicht ausreichend geprüft. (AZ: 1 BvR 98/06)
Bielefeld-Braunschweig für 11jährige kein Thema
Vor dem Amtsgericht Detmold wehrte sich eine geschiedene Mutter vergebens dagegen, ihrer 11jährigen Tochter
den Umgang mit ihrem Vater dadurch zu ermöglichen, dass sie das Kind allein auf die Bahnreise von Bielefeld nach
Braunschweig schickte. Ihr sei es durchaus zumutbar, das Mädchen zum Bahnhof zu bringen und auch wieder abzuholen. Das Gericht stellte fest, dass das Mädchen schon "sehr selbstständig" erschien und durchaus in der Lage
war, nach der Anmeldung beim Zugbegleiter allein im Mutter-Kind-Abteil der Deutschen Bahn den Weg zum Vater
zurückzulegen. (AZ: 15 F 449/05)
Dass auch finanziell schwache Väter nach einer Scheidung nicht auf ihr Kind verzichten müssen, wenn die sorgeberechtigte Mama mit dem Kind in eine weit entfernte Stadt zieht, machte das Oberlandesgericht Dresden deutlich.
Dort hatte der Papa fünfmal pro Jahr das Recht, das Kind für Ferienaufenthalte und Besuche an Feiertagen zu sich
zu holen. Er konnte aber nur je eine Fahrt bezahlen und das Kind nicht wieder wegbringen. Deshalb verlangte er von
seiner Ex, für die Rückreise einzustehen – mit Erfolg. Die Mutter müsse aus "Loyalität" die Kosten dafür tragen,
wenn der Vater sein Umgangsrecht aus finanziellen Gründen ansonsten gar nicht ausüben könnte – vorausgesetzt,
sie sei dazu finanziell fähig. (AZ: 20 UF 896/04)
In vielen Familien genießen Hunde einen hohen Stellenwert. Sei es, um Kindern den Umgang mit einem
Haustier nahe zu bringen – oder sogar als "Kinderersatz" in kinderlosen Familien. Doch zu wem gehört das
Tier, wenn die Ehe (oder die Lebenspartnerschaft) in die Brüche geht? Wer hat das "Sorgerecht"? Kann
Umgang (oder besser "Umgassi") oder gar Unterhalt verlangt werden? Das sagen die Gerichte:
Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat aktuell entschieden, dass gemeinsame Haustiere – lassen sich
Eheleute scheiden und zieht der Mann aus – wie Haushaltsgegenstände zu behandeln sind, wenn sich die Geschiedenen nicht gütlich einigen können. Schließlich gehörten die Tiere zur Gestaltung des Zusammenlebens.
Im konkreten Fall ging es um drei Hunde, die aufzuteilen waren. Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht
ging nach "logischen" Kriterien vor. Ein Boxer blieb bei der Frau, weil er nicht in die kleine – vom Mann nach der
Scheidung bezogene – Wohnung passe. Die Frau blieb auf dem bisher gemeinsam bewohnten Hof wohnen. Ein
Cocker-Spaniel blieb auch auf dem Hof, weil er als Geschenk vom Mann im Alleineigentum der Frau stand. Das
dritte Tier – eine Basset-Hündin – durfte mit umziehen. Die Frau konnte nicht beweisen, dass sie die einzige Bezugsperson für alle drei Hunde gewesen sei. Denn schließlich hatte sie im Rahmen der Verhandlung angeboten,
den – schwerhörigen – Boxer abgeben zu wollen. "Dass der Ehefrau damit die beiden älteren Hunde verbleiben,
von denen sie vermutet, dass diese ihr alters- und krankheitsbedingt ohnehin bald nicht mehr zur Verfügung stehen
werden, steht der Billigkeit nicht entgegen". (Schleswig-Holsteinisches OLG, 15 UF 143/12)
Ein Hund ist halt kein Kind
Auch das Oberlandegericht Hamm ging pragmatisch in einem Trennungsfall mit Hund vor. Eine von ihrem Mann
getrennt lebende Ehefrau verlangte von ihrem Gatten, dass der ihr ein Umgangsrecht mit dem während der Ehe
gemeinsam angeschafften Hund einräume. Vergeblich. Ihre Forderung, das Tier zweimal die Woche jeweils für ein
paar Stunden ausführen zu dürfen, ging ins Leere. Ihr Argument, das bei Kindern im Regelfall ausgeübte Umgangsrecht sei auch bei Hunden anzuwenden, zog nicht. Diese Regelung könne nicht entsprechend auf Bello & und Co.
übertragen werden, so das Gericht. Denn die Bestimmungen dazu zielten in erster Linie auf das Wohl eines Kindes
ab. Die emotionalen Bedürfnisse von getrennt oder geschiedenen (Ex-)Partnern stünden dabei hinten an. (OLG
Hamm, 10 WF 240/10)
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Ebenso das Amtsgericht Sondershausen: Auch hier verlangte die Frau nach der Scheidung von ihrem Ehemann ein
regelmäßiges "Umgangsrecht" mit dem Hund, welcher zur Ehezeit mit beiden zusammen im Haushalt lebte. Sie
konnte sich nicht durchsetzen. Denn der Mann wollte das nicht, und er konnte darlegen, dass das Tier unbestritten
ihm gehöre. Es gelte also Haushaltsrecht, das eine "leihweise Überlassung eines Gegenstandes" nicht vorsehe.
Hausrat könne nur endgültig geteilt werden. (AmG Sondershausen, 2 F 203/10)
100 Euro Unterhalt
In einem Fall vor dem Pfälzischen Oberlandesgericht Zweibrücken hatten Eheleute für den Fall einer Scheidung
vereinbart, dass die Frau den gemeinsam angeschafften Hund betreuen und der Mann ihr dafür einen monatlichen
"Unterhalt" in Höhe von 100 Euro zahlen solle. Es kam zur Scheidung, und der Mann wollte nichts mehr von der
Vereinbarung wissen. Er argumentierte, er könne den Vertrag kündigen, weil die Alimente "viel zu hoch bemessen"
seien. Das sah das Gericht jedoch anders. Es verpflichtete den Mann, den Betrag bis zum Tod des Vierbeiners zu
überweisen. (Pfälzisches OLG Zweibrücken, 2 UF 87/05)
25 Euro weniger musste ein Mann aus dem Rheinland an seine Ex bezahlen. Hier entschied das Oberlandesgericht
Düsseldorf, dass nach einer Trennung der Unterhaltspflichtige auch für Belange aufkommen müsse, die "der Pflege
geistiger Interessen" dienten. Dazu zählte auch die Zuwendung zu einem Haustier. (OLG Düsseldorf, 2 UFH 11/96)
Urteile zum Thema:
Steuerrecht: Die gestorbene Ex-Gattin benötigt keinen "Unterhalt" mehr
Auch wenn ein geschiedener Mann seiner Ex-Gattin jahrelang Unterhaltszahlungen geleistet hat (hier jeweils in
Höhe von 1.150 € monatlich), kann er nach ihrem Tod die Kosten (hier in Höhe von 3.000 €) für die von ihm veranlasste und finanzierte Beerdigung nicht als "nachträgliche Unterhaltsaufwendungen" steuerlich geltend machen.
Allerdings kann er diesen Aufwand als "außergewöhnliche Belastung" einbringen – wenn und soweit der Betrag
seine zumutbare Eigenbelastung in dem betreffenden Jahr übersteigt (was hier jedoch nicht der Fall war, so dass er
komplett leer ausging). (Niedersächsisches FG, 9 K 10295/11)
Unterhalt: Auch nach neuem Recht muss nach drei Jahren nicht Schluss sein
Auch nach dem neuen, 2008 in Kraft getretenen Unterhaltsrecht, ist es nicht generell so, dass ein geschiedener
Ehegatte von dem anderen "wegen der Pflege und Erziehung eines gemeinsamen Kindes" nur für mindestens drei
Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen kann. Die Dauer verlängert sich, "solange und soweit dies der Billigkeit
entspricht", so der Bundesgerichtshof. Dabei sind zum Beispiel die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Betreuung (etwa in einer Kita) zu berücksichtigen. Auch die Dauer der Ehe kann ein "Verlängerungstatbestand" sein. Und während der drei Jahre kann der – das Kind betreuende – Elternteil, im Regelfall die
Mutter, frei darüber entscheiden, ob sie selbst ihr Kind betreuen will oder es einer Einrichtung anvertraut. Sie muss
in dieser Zeit keiner Erwerbstätigkeit nachgehen. Gibt sie ihr Kind in eine Kita und arbeitet sie, so ist das daraus
erzielte "überobligatorische" Einkommen allerdings zum Teil auf ihren Unterhaltsanspruch anzurechnen. (BGH, XII
ZR 102/08)
Unterhalt: Achtjähriger soll nicht den ganzen Tag "fremdbetreut" werden
Von geschiedenen Müttern kann nicht erwartet werden, dass sie ihren achtjährigen Sohn ganztags in eine Fremdbetreuung geben. "Kinder dürfen von ihren Eltern Liebe, Rücksicht, Wärme, Zuwendung, Geduld, Anerkennung und
nicht zuletzt Förderung erwarten". Diese Leistungen kann weder ein Hort noch eine sonstige Fremdbetreuung ausreichend vermitteln, "weil die persönliche, emotionale und genetisch beeinflusste Beziehung nicht die gleiche ist
beziehungsweise weil sich das Kind die Bezugsperson im Hort mit vielen anderen Kindern teilen" müsse. Auch
nachmittägliche Aktivitäten im Hort könnten die persönliche Anteilnahme eines Elternteils an den täglichen Erfolgsoder Misserfolgserlebnissen des Kindes nicht ersetzen. (Während des Zusammenlebens der Eheleute sei die Mutter
Hauptbezugsperson für das Kind gewesen. Auch wenn der Mann bestreite, dass man sich für die Schulzeit auf eine
Erwerbstätigkeit der Frau im Umfang von 25 Wochenstunden verständigt habe, sei auf das während der Ehe praktizierte Modell abzustellen. Der geschiedene Mann könne nicht verlangen, dass die Mutter länger arbeite, um ihm
Unterhaltszahlungen zu ersparen.) (BGH, XII ZR 20/09)
Prozesskostenhilfe: Unterhaltsrückstände sind kein anrechenbares "Vermögen"
Ist einer Frau für ein Gerichtsverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt worden – dies entsprechend den Einkommensverhältnissen mit einer Raten-Rückzahlung – so kann der Bescheid nicht in eine vollständige Rückzahlung wegen
verbesserter wirtschaftlicher Verhältnisse umgewandelt werden, wenn die Frau aus Unterhaltsforderungen gegen
ihren geschiedenen Mann eine Nachzahlung (hier in Höhe von 12.000 €) erhalten hat. Es handelt sich insoweit regelmäßig nicht um "verwertbares Vermögen". (OLG Koblenz, 7 WF 1146/11)
Unterhalt: Auch in zwei Haushalten kann man "verfestigt zusammen leben"
Eine geschiedene Frau kann ihre Ansprüche auf Unterhalt gegen den Ex-Gatten verwirken, wenn sie mit einem
anderen Partner eine "verfestigte Lebensgemeinschaft" eingegangen ist. Dabei ist es nicht unbedingt erforderlich,
dass die beiden in einem gemeinsamen Haushalt zusammen sind und gemeinsam wirtschaften. Es können auch
andere Kriterien herangezogen werden, etwa die lange Dauer der Verbindung, die Exklusivität sowie gemeinsame
Unternehmungen. (Hier ging es um eine neue Verbindung, die bereits 11 Jahre bestanden hatte – da wunderte es
nicht, dass der geschiedene Mann nicht mehr bereit war, mit seinen Unterhaltszahlungen quasi seinen langjährigen
Nachfolger mit zu unterstützen.) (OLG Düsseldorf, 5 UF 238/08)
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Unterhalt: Überstunden dürfen angerechnet werden, wenn sie überhand nehmen
Für Unterhaltszahlungen an den geschiedenen Ehepartner sind Einkünfte aus Überstunden mit anzusetzen, wenn
sie "entweder in geringem Umfang angefallen oder 'berufstypisch' sind". Arbeitsentgelte aus Mehrarbeit, die deutlich
über das übliche Maß hinausgehen, sind unter Berücksichtigung des Einzelfalls anzurechnen - etwa wenn sie bereits "die intakten Lebensverhältnisse mitgeprägt hatten". (OLG Hamm, 2 UF 215/11)
Steuerrecht: Die "Ex" darf keine fiktiven Beträge abziehen, wenn sie nicht "verpflichtet" ist
Unterhaltszahlungen an bedürftige unterhaltsberechtigte Angehörige (hier eine geschiedene Frau) können als außergewöhnliche Belastung das steuerpflichtige Einkommen mindern. Dabei sind jedoch Einkünfte der unterhaltenen
Person, die 624 Euro im Jahr übersteigen, von den empfangenen Unterhaltsleistungen abzuziehen, sodass diese
Zahlungen gegebenenfalls steuerlich ins Leere gehen. Eine von ihrem geschiedenen Mann unterhaltene Frau, die
Einkünfte von mehr als 624 Euro/Jahr bezieht, kann davon nichts fiktiv als "eigene Unterhaltsleistungen an ihre
Kinder" abziehen, wenn sie ihre Unterhaltspflicht durch ihre Betreuung bereits erfüllt und deshalb "nicht bar unterhaltspflichtig" ist. (Hier führte das dazu, dass die an sie geleisteten Unterhaltsbeträge beim Zahler keine steuerliche
Auswirkung hatte, da die "Ex" über Einkünfte von wesentlich mehr als 624 € im Jahr verfügte.) (BFH, VI B 136/11)
Unterhalt: Ein "schwarz" arbeitender Hartz IV'ler darf nicht gleich zwei Parteien betrügen
Arbeitet ein Bezieher von Arbeitslosengeld II "schwarz", ohne dies dem Jobcenter mitzuteilen, so begeht er Betrug.
Informiert er zusätzlich seine geschiedene Ehefrau nicht über den Nebenerwerb, um Unterhaltszahlungen für ein
gemeinsames (nichteheliches) Kind zu sparen, so verhält er sich auch ihnen gegenüber nicht "gentlemanlike". Ist er
allerdings so unklug, über seine schwarz bezogenen Gehälter (hier angeblich bis zu 2.400 € monatlich) im Freundeskreis zu prahlen, so darf er sich nicht wundern, wenn das irgendwann auch die Mutter seiner Kinder erfährt und –
wie hier – erfolgreich einklagt. (Brandenburgisches OLG, 9 UF 292/11)
Unterhalt: Verdient die Mama zehnmal mehr als der Papa, hat sich der Sohn an die Mama zu halten
Verdient die geschiedene Mutter eines Sohnes netto das Zehnfache dessen, was der einkommenslose, Hartz IV
beziehende Vater fiktiv erzielen könnte, so hat allein die Mutter dem Jungen Unterhalt zu zahlen. Dies auch dann,
wenn die Mutter bereits den Betreuungsunterhalt bestreitet, weil der Sohn bei ihr lebt. Entscheidend ist, dass ein
"gravierendes Ungleichgewicht zwischen den Einkünften der Eltern besteht".
(Brandenburgisches OLG, 10 UF 344/11)
Unterhalt: Die berufliche Fortbildung der Ex führt nicht zu längerer Zahlung durch ihren Ex
Hat eine geschiedene Kunsthistorikerin von ihrem Ex-Gatten Unterhalt bezogen, bis die gemeinsame Tochter 13
Jahre alt geworden ist, so kann sie keinen längeren Unterhaltszeitraum beanspruchen, um ihre zwischenzeitliche
berufliche Fortbildung, die durch die Betreuung der Tochter gelitten habe, zu Ende zu bringen. Nur ein "kind- oder
elternbezogener Grund" rechtfertigt eine längere Zahlung, etwa eine Krankheit der Mutter oder des Kindes oder eine
Behinderung. Dazu der Bundesgerichtshof: Die Belastung des betreuenden Elternteils durch berufliche Aus-, Fortbildungs- beziehungsweise Qualifizierungsmaßnahmen (hier: ein Habilitationsverfahren) stellt keinen elternbezogenen Grund für eine ausgedehnte Zahlung dar. (BGH, XII ZR 97/10)
Unterhalt/Steuerrecht: Die Fahrkosten zum Filius kommen aus der Privatschatulle
Ein geschiedener Vater kann seinen Aufwand für die Fahrkosten zu seinem Filius "zur Wahrnehmung seines Umgangsrechts" nicht als außergewöhnliche Belastung vom steuerpflichtigen Einkommen abziehen. Bei diesen Aufwendungen handelt es sich um "typische Kosten der Lebensführung", die nicht nur Geschiedenen oder getrennt
Lebenden entstehen. Daran ändert auch nichts, dass im Sozialhilfe- und Hartz IV-Recht gegebenenfalls zusätzliche
Beträge für solche Fahrtaufwendungen bewilligt werden. (BFH, VI B 111/11)
Unterhalt: Wer eine gut bezahlte Stelle aufgibt, um weniger zu verdienen, steht am Ende arm da
Gibt ein geschiedener Mann, der seiner Ex-Frau unterhaltspflichtig ist, seine gut bezahlte Stelle auf, ohne dafür
überzeugende Gründe zu haben, so muss er sich bei der Berechnung des von ihm zu zahlenden Unterhalts so behandeln lassen, als hätte er den vorherigen Job noch. (Hier zu Lasten eines Mannes entschieden, der zuvor pro
Monat netto mehr als 4.000 € verdient hatte, seine Stelle aber – ohne überzeugende Gründe – aufgegeben hatte,
um schließlich als Hilfskoch mit einem Nettoeinkommen von etwa 1.000 € brutto zu arbeiten. Davon bleibt ihm nicht
viel: Das Gericht verurteilte ihn zur Zahlung von zunächst 947 € pro Monat – nachdem der Frau Rente zugebilligt
wurde, in Höhe von 500 €. Die Frau dürfe nicht darunter leiden, dass ihr "Ex" möglicherweise nur deshalb seinen
Top-Job aufgegeben habe, um ihr zu schaden.) (Saarländisches OLG, 6 UF 95/09)
Unterhalt: Zinsen aus einer Erbschaft bleiben außen vor – es sei denn ...
Erbt ein geschiedener Mann (hier: 37.000 €), so kann seine Ex-Gattin grundsätzlich keine höheren Unterhaltsansprüche wegen der aus dem Erbe anfallenden Zinsen geltend machen. Dies wäre nur dann möglich, wenn die Erbschaft schon während der Ehe "erwartet" worden (und damit in die gemeinsame Lebensplanung einbezogen worden) wäre; denn Unterhaltsansprüche richten sich nach den Lebensverhältnissen während der Ehe.
(BGH, XII ZR 72/10)
Unterhalt: Eine Krankheit ist kein "ehebedingter Nachteil"
Leidet eine geschiedene Frau an Depressionen, weswegen sie (hier nach 17jähriger Vollbeschäftigung als Lagerarbeiterin) auf Dauer arbeitsunfähig ist und sich in psychiatrischer Behandlung befindet, so kann sie von ihrem ExGatten dennoch keinen Unterhalt auf Dauer verlangen. Steht ihre Erkrankung nicht "im Zusammenhang mit der
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Rollenverteilung in der Ehe oder der sonstigen mit der Ehe verbundenen Umstände", so begründet ihre psychische
Erkrankung keinen "ehebedingten Nachteil". Dies selbst dann nicht, wenn sich ihre Krankheit im Zusammenhang mit
Ehekrise und Trennung verstärkt hat. (BGH, XII ZR 157/08)
Unterhalt: Allein erziehende Mama mit drei "Großen" braucht nur 30 Stunden zu arbeiten
Verlangt ein unterhaltspflichtiger geschiedener Mann von seiner Ex-Frau, Vollzeit zu arbeiten, obwohl sie allein die
drei gemeinsamen Söhne (12, 15 und 17 Jahre alt) zu betreuen hat, so ist ihr allenfalls eine Teilzeitbeschäftigung
von 30 Stunden wöchentlich zuzumuten. Dies mit Blick darauf, dass sie ländlich wohnt und ihre Jungs zum Sport
fährt und ihnen außerdem bei den Hausaufgaben hilft. (Der Papa war weniger kinderlieb und verlangte zumindest für
den 12jährigen die Hausaufgabenhilfe durch die beiden älteren Brüder, und Sport könnten sie auch "wohnortnäher"
betreiben. Damit kam er aber nicht durch.) (BGH, XII ZR 65/10)
Unterhalt: Nach mehr als 30 Jahren Ehe wird die Zahlung nicht gekürzt
Eine geschiedene Frau, die wegen der Kindererziehung ihre Berufsausbildung abgebrochen hatte, kann gegen ihren
Exmann einen unbefristeten Anspruch auf Unterhalt durchsetzen. Das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG)
entschied in einem Fall einer zum Zeitpunkt der ersten Schwangerschaft 17jährigen (mittlerweile 50 Jahre alten)
Frau, die seinerzeit ihre Ausbildung zur Gärtnerin abgebrochen hatte und ungelernt blieb, dass der Mann nach 30
Jahren Ehe den Unterhalt nicht kürzen dürfe. Sie hatte die Kinder betreut, übte Nebentätigkeiten aus und absolvierte
Weiterbildungen. Der Mann, der rund 1.500 Euro im Monat verdient, wurde im Rahmen der Scheidung dazu verpflichtet, Unterhalt zu zahlen. Dagegen wehrte er sich vergeblich. Sein Argument, dass seine Ex "auch ohne Ehe
keinen Berufsabschluss" gemacht hätte, zog nicht. Dafür gebe es keine Anhaltspunkte, so das OLG. Denn als
Landschaftsgärtnerin hätte sie ein ähnlich hohes Einkommen wie ihr Mann erzielen können. Der müsse den Nachteil
unbefristet und ohne Abzüge ausgleichen. (Brandenburgisches OLG, 10 UF 253/11)
Versorgungsausgleich: Auch Rentner muss "abgeben" – selbst wenn er dadurch unterhaltsberechtigt wird
Im Scheidungsfall werden die beiderseits erworbenen Anwartschaften auf eine Rente so aufgeteilt, dass – auf die
Dauer der Ehe bezogen – beide gleich hohe Beträge für sich verbuchen können. Dies gilt seit der Neuregelung im
Jahr 2009 auch für den Fall, dass einer der Ehepartner bereits Rentner ist. Nur wenn ein solcher Ausgleich "in unerträglicher Weise" den beiderseitigen Interessen widersprechen würde, kann es Ausnahmen von dem Grundsatz
geben. Das heißt auch: Selbst dann, wenn der Versorgungsausgleich den Rente beziehenden Partner so belastet,
dass er nicht einmal mehr über den "angemessenen Selbstbehalt" verfügt, kann es rechtens sein, den Versorgungsausgleich nach der gesetzlichen Regel durchzuführen (was zum Beispiel dazu führen könnte, dass der Rentner, der mit seiner Scheidung Teile seiner Rente an die geschiedene Frau abgeben muss, ihr gegenüber unterhaltsberechtigt wird). (OLG Stuttgart, 18 UF 332/10)
Unterhalt: Nach nur vier Jahren Ehe hat eine 30jährige keine Nachteile
Hat ein junges Paar geheiratet, weil ein Kind unterwegs war, und wird die Ehe nach vier Jahren wieder geschieden,
so hat die Frau keinen Anspruch auf Unterhalt gegen ihren Ex, wenn der den (inzwischen 5jährigen) Sohn allein
versorgt und betreut. Ist sie ungelernt, erst 30 Jahre alt und sowohl zeitlich als auch örtlich flexibel, so müsse sie
sich einen Job suchen (zum Beispiel als Verkäuferin, Mitarbeiterin an einer Tankstelle oder als Aufsicht in einer
Spielhalle), um ihren Unterhaltsbedarf, der hier mit 900 € bis 1.000 € angenommen wurde, selbst zu decken. Jedenfalls dürfe sie ihren Exmann nicht anzapfen, der – selbst in Vollschicht arbeitend – den Sohn erzieht, betreut und
versorgt. Auch die Tatsache, dass sie eine ärztlich attestierte Hauterkrankung habe, lasse ihr eine Erwerbstätigkeit
nicht unmöglich werden. (OLG Köln, 27 WF 220/09)
Versorgungsausgleich: Ein Ausschluss des Berechtigten ist nur sehr schwer zu erreichen
Wird eine Ehe geschieden, so kann der Partner, der während der Ehe die höheren Rentenanwartschaften erworben
hat, den kompletten oder teilweisen Ausschluss des an sich fälligen Versorgungsausgleichs mit dem anderen beantragen. Dies aber nur dann, wenn der ausgleichsberechtigte (also mit geringeren Anwartschaften ausgestattete)
Ehegatte über Vermögen verfügt, wodurch seine Altersversorgung "uneingeschränkt abgesichert ist". Vielmehr muss
der zum Ausgleich verpflichtete Partner (hier die Ex-Ehefrau) auf die selbst erworbenen Versorgungsanrechte zur
Sicherung des eigenen Unterhalts "dringend angewiesen" sein. Dies wurde im Fall einer geschiedenen Ehefrau
verneint, die über die höheren Anwartschaften verfügte, aber noch relativ jung war und deshalb ihre zu erwartende
Rente noch "ausbauen" konnte und außerdem im Rahmen des Zugewinnausgleichs 80.000 Euro erhalten hatte.
(Brandenburgisches OLG, 9 UF 167/08)
Ehevertrag/Unterhalt: Eine Änderung der Rechtslage kann ein "lebenslang" verkürzen
Ein unterhaltspflichtiger Geschiedener, der mit seiner Ex- Ehefrau einen Ehevertrag mit einer lebenslangen Unterhaltsverpflichtung geschlossen hatte, kann eine nachträgliche "Anpassung" durchsetzen, wenn sich zwischenzeitlich
die Rechtslage geändert hat. (Hier nahm der Ex-Gatte, ein Zahnarzt, die 2008 in Kraft getretene Reformierung des
Unterhaltsrechts zum Anlass, die nunmehr generell eine Befristung des Unterhaltsanspruchs vorsieht. Der BGH
nahm sich seiner an und gab den Fall an die Vorinstanz – das Oberlandesgericht Frankfurt am Main, das diese
Wende mit Blick auf den individuellen Ehevertrag abgelehnt hatte – zurück. Dieses Gericht muss nun prüfen, ob der
damals vereinbarte lebenslange Unterhalt nach der neuen Rechtslage "unbillig" ist. Für die Frau geht es nach 20
Ehejahren um 5.300 € monatlich.) (BGH, XII ZR 139/09)
Unterhalt: Nach 32 Jahren Hausfrauenehe gibt es unbegrenzt Unterhalt
Wird eine Ehe nach 32 Jahren geschieden und hatten sich die Eheleute für das traditionelle Modell einer "Hausfrauenehe" entschieden (der Mann verdient das Geld, die Frau kümmert sich um Haus und Kinder), so kann der Mann
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für die Zahlung des nachehelichen Unterhalts keine Befristung verlangen. Zwar sehe das Unterhaltsrecht (mittlerweile) eine Befristung vor. Sie dürfe aber dann nicht gelten, so das Oberlandesgericht Dresden, wenn die Frau in einer
langen Ehe nur den Haushalt geführt und die Kinder erzogen hat. Der Mann müsse zeitlich unbegrenzt Unterhalt
leisten. (OLG Dresden, 24 UF 717/08)
Versorgungsausgleich: Mit der Pistole auf der Brust wird nicht wirksam verzichtet
Bringt ein Mann einen Tag vor der Hochzeit seine hochschwangere Braut dazu, einen Ehevertrag zu unterschreiben,
wonach sie im Scheidungsfall gegebenenfalls nicht nur auf nachehelichen Unterhalt, sondern auch auf den Versorgungsausgleich verzichtet, so kann er Jahre später noch "korrigiert" werden. Wird er nämlich (hier nach 15 Jahren)
geschieden, so kann der Ausschluss des Versorgungsausgleichs immer noch für unwirksam erklärt werden. (Wie
hier geschehen, weil schon beim Abschluss des Ehevertrages klar war, dass die Frau nach der Geburt des gemeinsamen Kindes zunächst nicht mehr arbeiten und dadurch ihre Erwerbsbiographie leiden würde. Der Bundesgerichtshof: Der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen dürfe durch vertragliche Vereinbarungen "nicht beliebig
unterlaufen" werden. Der Frau wurde ein Versorgungsausgleich in Höhe von 330 € monatlich zugesprochen.)
(BGH, XII ZB 94/06)
Unterhalt: Der Ex muss der Verflossenen den "gewohnten Versicherungsschutz" erhalten
Muss eine geschiedene Ehefrau eine private Krankenversicherung anschließen, um den Umfang ihres – aus der
Ehe gewohnten – Versicherungsschutzes aufrechtzuerhalten, so kann in den dadurch ausgelösten Mehrkosten "ein
fortwirkender, auszugleichender ehebedingter Nachteil liegen", der vom Ex-Mann auszugleichen ist. Dabei ist ihr
nicht zuzumuten, nur einen Basistarif abzuschließen, der Leistungen vergleichbar der gesetzlichen Krankenversicherung bietet. Im Fall einer chronischen Erkrankung ist bei der Frage einer zeitlichen Begrenzung eines Anspruches auf nachehelichen Unterhalt auch zu berücksichtigen, ob die geschiedene Frau nach aktueller Prognose "jemals in der Lage sein wird, ihre wirtschaftliche Situation durch eigene Berufstätigkeit zu verbessern". (OLG Hamm, 2
UF 6/09)
Krankenversicherung: "Freiwillige" müssen auch vom Unterhalt Beiträge bezahlen
Freiwillig gesetzlich Krankenversicherte haben von all ihren Einnahmen zum Lebensunterhalt Beiträge an ihre Krankenkasse abzuführen. Das gilt auch für die Beträge, die sie von ihrem geschiedenen Ehepartner als Altersvorsorgeunterhalt beziehen. Denn zum üblichen Lebensunterhalt gehöre auch eine angemessene Altersvorsorge. Ebenso
wie bei Arbeitnehmern die Krankenversicherungsbeiträge aus dem Bruttogehalt berechnet werden, gehören auch
bei Unterhaltsbeziehern die Aufwendungen für die Alterssicherung zu den beitragspflichtigen Einnahmen.
(SG Stuttgart, S 16 KR 6622/08)
Unterhalt: Schon nach weniger als zwei Jahren kann eine Beziehung "verfestigt" sein
Die Inanspruchnahme von Trennungsunterhalt durch eine Ehefrau kann unzumutbar sein, wenn sie eine länger
dauernde Beziehung zu einem anderen Partner eingegangen ist, "die sich in einem solchen Maße verfestigt hat,
dass sie als eheähnlich anzusehen ist". Diese Gemeinschaft muss hierfür über eine längere Dauer, also mindestens
zwei bis drei Jahre bestanden haben. Unterhalb dieser Zeitgrenze geht die Rechtsprechung in der Regel nicht davon
aus, dass eine verfestigte Lebensgemeinschaft vorliegt. Das OLG Karlsruhe hat dennoch entschieden, dass der
Anspruch der Ehefrau auf nachehelichen Unterhalt verwirkt ist, wenn die geschiedene Frau mit ihrem neuen Lebenspartner gemeinsam eine Immobilie kauft und dort mit ihm zusammen lebt, obwohl die neue Partnerschaft noch
nicht einmal zwei Jahre bestanden hatte. Dem gemeinsamen Erwerb einer Immobilie komme eine zentrale Bedeutung zu "und verdeutliche, dass sie sich für eine langjährige Zukunft mit dem neuen Partner entschieden habe". Es
sei dann als grob unbillig anzusehen, wenn der geschiedene Ehegatte weiterhin zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet wäre. (OLG Karlsruhe, 18 UF 305/04)
Unterhalt: Sind die Kinder älter als "3", ist das Einkommen der Mama nicht "tabu"...
Nach dem neuen, seit 2008 geltenden Unterhaltsrecht hat eine geschiedene Frau und Mutter, deren Kind mindestens drei Jahre alt ist, (wieder) eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen – es sei denn, dies sei ihr aus besonderen Gründen nicht möglich oder zumutbar. Sie ist außerdem verpflichtet, ihrem unterhaltspflichtigen Ex-Gatten eine Erwerbstätigkeit und das daraus erzielte Arbeitsentgelt mitzuteilen. Und sie kann sich weder darauf berufen, dazu während
ihrer Probezeit im Arbeitsverhältnis nicht verpflichtet zu sein, noch, dass sie neben der Betreuung ihres mindestens
drei Jahre alten Kindes gar nicht verpflichtet sei, zu arbeiten. Tut sie es dennoch, so kann ihr Unterhaltsanspruch
verwirkt sein. (OLG Düsseldorf, 8 WF 73/09)
Unterhalt: Als Rentnerin kann der Unterhalt auf "0" sinken
Geschiedene Männer können den der Exfrau zugesagten Unterhalt (eventuell) kürzen, wenn sie Rentnerin wird. Das
gelte dann, so der Bundesgerichtshof (BGH), wenn "der angemessene Lebensunterhalt bereits durch die über den
Versorgungsausgleich zugesprochenen Altersbezüge gedeckt" ist. Im konkreten Fall ging es um einen Chefarzt, der
sich 1980 von seiner Frau – mit der die Ehe kinderlos blieb – getrennt hatte. Sie arbeitete als technische Assistentin
und bekam 1983 von einem anderen Mann ein Kind (1985 wurde die Ehe geschieden). Zu diesem Zeitpunkt verpflichtet sich der Arzt, – umgerechnet – 1.800 Euro Unterhalt zu zahlen. Als die Ex 2006 in Rente ging, beabsichtigte
er, den Unterhalt herabzusetzen und zeitlich zu befristen. Zu Recht, wie der BGH entschied. Entscheidend sei das
Rentenniveau, das die Frau ohne die Ehe erreicht hätte. Dies sei ihr schon durch den Versorgungsausgleich zugesichert. Dass dabei Rentennachteile durch das außereheliche Kind und dessen Versorgung entstanden seien, habe
die Frau selbst zu vertreten. Der angemessene Lebensbedarf sei vollständig durch die Alterseinkünfte der Frau
gedeckt. Der nacheheliche Unterhalt könne "maximal bis auf Null herabgesetzt werden". (BGH, XII ZR 157/09)