Bestrahlen schon während der Operation

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Bestrahlen schon während der Operation
EHINGER TAGBLATT
Mittwoch, 22. Mai 2013
Polizei gibt
Geleitschutz
für Entenfamilie
AU S DE M INH ALT
Gamerschwang:
Spenden erhofft für
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Madonna
Grundschüler
erkunden
Metallberufe
Ehingen. Das war ein ungewöhnlicher Einsatz für die Ehinger Polizei:
In einer Tiefgarage in der Gymnasiumstraße hatte sich am Pfingstmontag eine Entenfamilie verlaufen. Ein
Mann fand die Enten gegen 16 Uhr
und bat die Polizei um Hilfe, um die
Entenmutter samt ihrer zehn Kinder wieder in ungefährlichere Gefilde zu bringen. Dabei scheiterte
der Versuch, die Kleinen in einem
Karton zu transportieren, am Widerstand der Wildentenmutter: Sie
setzte sich mit aller Kraft zur Wehr,
heißt es im Bericht der Polizei. Also
trieben die Helfer die Familie vorsichtig aus der Tiefgarage, geleiteten sie über die Lindenstraße und
weiter zum Groggensee. Vereinzelt
musste dazu der Verkehr kurzfristig
angehalten werden. Unterwegs
wurde ein Gullydeckel für drei der
Kleinen zum Verhängnis. Sie stürzten durch die Lücken, blieben aber
unversehrt. Während die Polizeibeamten den Rest der Familie weiterbegleiteten, barg der Helfer die drei
anderen aus dem Gully und führte
sie der Familie wieder zu. Am Groggensee fanden die Elf auf dem Wasser wieder zusammen und waren in
Sicherheit.
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Dorf mit Zukunft:
Viel Lob für
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Gruorn
Querspange:
Kläger sind
gescheitert
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2014 Ringtreffen
der ADR-Narren in
Schelklingen Seite 17
Ökumenisches
Projekt: Reise
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nach Assisi
Sappi ist mit einem Stromverbrauch von 253 Millionen Kilowattstunden im Jahr das Unternehmen mit dem größten Energiebedarf im Raum Ehingen.
Lokalsport: Erfolg
für Munderkinger
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im Elsass
Foto: Herbert Geiger
Sorge um die Energie
Unternehmen betrachten die Lage auf dem Energiemarkt als kritisch
TAGE S T I P P
Ulm. „Pornographie“ ist ein Theater-
stück, das heute im Akademietheater
in Ulm Premiere hat. Es beschreibt am
Beispiel Londons eine Stadt im Ausnahmezustand: In Episoden geht es
um die Gefühls- und Gedankenwelt
von Bürgern nach den Attentaten im
Jahr 2005, wo sich vier Rucksackbomber in die Luft gesprengt hatten
(20.15 Uhr, Fort Unterer Kuhberg 10,
Karten-콯 0731/387531). – Weitere Termine heute auf Seite 16.
NOTI Z E N
Zu schnell auf der Alb
Frankenhofen. Gestern morgen hat
die Polizei auf der B 465 bei Frankenhofen Geschwindigkeitskontrollen
durchgeführt. Ein 24-Jähriger war mit
gestoppten 126 km/h statt der erlaubten 100 km/h unterwegs; das bringt
ihm neben einem Bußgeld auch drei
Punkte ein.
Menschen und ihre Bücher
Ehingen. Mit Dr. Verena Breitenbach
und Benedikt Maier setzt die VHS
Ehingen ihre Literaturreihe „Menschen und ihre Bücher“ fort. Die Ehinger Ärztin und der Gemeinderat der
Grünen berichten am Dienstag,
4. Juni um 20 Uhr im Franziskanerkloster über Bücher, die sie geprägt und ihrem Leben Richtung und Orientierung gegeben haben. Dabei wird
nicht nur über Literatur gesprochen,
sondern auch über ihre Leser und deren Leben (Eintritt frei).
Anmelden für Beratung
Ehingen. Am 4. Juni ist Anmeldeschluss für die nächste Energieberatung der Regionalen Energieagentur
am 11. Juni im Rathaus in Ehingen. Anmeldungen ans Stadtbauamt, Wolfgang Liedel, 콯 (07391) 503-169.
Open Air am Flugplatz
Ehingen. Früher als sonst veranstal-
ten die Ehinger Sportflieger ihr Open
Air am Flugplatz am Schlechtenfelder
Hang. Weil die Wunschband des SFC,
„Cops Unlimited“, nicht anders kann,
gibt es jetzt schon am 13. Juli das sommerliche Musikfest mit Hits auf der
Wiese vor der Halle (19 Uhr).
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Die angestrebte Energiewende
sorgt für eine kritsche Situation
auf dem Energiemarkt. Vor allem die energieintensiven Firmen in der Region betrachten
die Situation mit Sorge – etwa
Sappi in Ehingen.
BERNHARD RAIDT
Ehingen. Die angekündigte Energiewende – der Ausstieg aus dem Atomstrom, hin zu erneuerbaren Energien – verläuft holprig. Die Bürger
haben mit hohen Energiepreisen zu
kämpfen. Aber auch auf der anderen Seite, bei den Großverbrauchern der Industrie, wächst das Unbehagen.
Als kritisch bezüglich Netzstabilität, Versorgungssicherheit und
Preisentwicklung stuft Dr. Steffen
Wurdinger, Geschäftsführer von
Sappi Ehingen, die Situation auf
dem Energiemarkt ein. Sappi benötigt für die Papierherstellung rund
253 Millionen Kilowattstunden
Strom im Jahr – und ist damit das
Unternehmen mit dem größten
Energiebedarf in der Region Ehingen. Wurdinger sieht vor allem auch
einen erheblichen negativen Einfluss auf die Planungssicherheit für
die Industrie.
Sappi nimmt die teilweise Befreiung von der EEG-Umlage in Anspruch. Dies sei absolut notwendig,
sagt Wurdinger. „Wir stehen im intensiven nationalen Wettbewerb.“
Skandinavien, Frankreich, Italien,
Spanien oder Asien hätten deutlich
geringere Stomkosten, Papierimporte von dort könnten die SappiProdukte über den Preis leicht vom
Markt verdrängen.
Der Sappi-Geschäftsführer schildert die Absurditäten des Energiemarkts am Beispiel eines sonnigen,
windreichen
Sonntagmorgens:
Dann fällt viel Strom aus erneuerbaren Quellen an. Gleichzeitig arbeiten viele Industriebetriebe wegen
des Sonntags nicht. Dann werden
Abnehmer im Ausland sogar dafür
bezahlt, dass sie den deutschen
Strom abnehmen. Auch Sappi
muss, wenn das Werk etwa laut Tarifvertrag stillzustehen hat, für den
Strom bezahlen, der nicht abgenommen wird. „Diese gesamte Situation
ist nur noch schwer zu verstehen
und entzieht sich mehr und mehr einer rationalen Steuerung“, schreibt
Wurdinger.
Wichtig ist für die Firmen auch
die Netzstabilität. „Schon kleinste
Schwankungen der Frequenz und
Ausfälle im Millisekunden-Bereich
führen zum Ausfall unserer Großanlagen“, berichtet Wurdinger. Deutliche Folgeschäden an elektronischen Bauteilen und in der Produktion seien die Folge.
Seit Jahren Arbeit an
der Reduzierung des
Energieverbrauchs
Sicher, die Energiewende sei notwendig und wichtig, sagt Wurdinger. Allerdings werde ohne klare
Konzeption vorgegangen. „Das Ausland schaut mit Verwunderung,
Kopfschütteln und Verärgerung auf
Deutschland“, sagt Wurdinger. Dort
sei man erstaunt, wie das sonst so
überlegte und rationale Deutschland vorgehe. Wurdinger verweist
im Übrigen darauf, dass Sappi etwa
125 Millionen Kilowattstunden elektrische Energie selbst erzeugt – und
zu fast neunzig Prozent aus erneuerbaren Energieträgern wie Dicklauge, Rinde oder Biogas. Der
Sappi-Geschäftsführer berichtet zudem über das Energieeffizienzprogramm des Unternehmens. Seit Oktober vergangenen Jahres sei Sappi
Ehingen nach ISO 50001 zertifiziert
und habe erfolgreich ein Energiemanagementsystem eingeführt.
Seit vielen Jahren werde bei
Sappi kontinuierlich an einer Reduzierung des Energieverbrauchs gearbeitet. Alle Neuanlagen würden
energieeffizienter ausgelegt, etwa
durch frequenzgeregelte Antriebe,
berichtet Wurdinger. Die neue Sortieranlage zur Schmutzpunktabtrennung spare sieben Millionen Kilowatt-Stunden elektrische Energie,
die Beleuchtung werde Schritt für
Schritt auf energiesparende LEDTechnologie umgestellt.
Info Im zweiten Beitrag zur Auswirkung der Energiewende auf örtliche
Unternehmen geht es morgen um
die Zementwerke in Schelklingen
und Allmendingen.
Absturz am Pass:
46-Jähriger
schwer verletzt
Region/Bad Hindelang. Erst einige
Stunden nach einem spektakulären
Unfall auf einer Bergstraße im Allgäu ist ein schwer verletzter Mann
aus dem Alb-Donau-Kreis bemerkt
worden. Wie die Polizei meldet, war
der 46-Jährige an Pfingstmontag
zwischen 20 und 22 Uhr alleine in
seinem Kleinwagen talwärts auf der
Jochpassstraße unterwegs, als er
von der Fahrbahn abkam. Das Auto
überschlug sich mehrmals und
blieb in einer engen, schluchtartigen Rinne auf dem Dach liegen. Der
Mann konnte sich selbst befreien
und lief zurück bis zur Straße, wo er
dann nach Mitternacht anderen Verkehrsteilnehmern aufgefallen ist.
Bei Eintreffen von Rettungsdienst
und Polizei war er noch ansprechbar, er kam in ein nahegelegenes
Krankenhaus. Aufgrund des nach
Polizeiangaben deutlich wahrnehmbaren Alkoholgeruchs wurde ein
Atemalkoholtest durchgeführt; dieser ergab Stunden nach dem Unfall
noch ein Ergebnis von mehr als 0,7
Promille. Mit Hilfe der Feuerwehr
und
eines
Abschleppdienstes
wurde das total beschädigte Fahrzeug geborgen. Der Führerschein
des Mannes wurde beschlagnahmt;
der Schaden liegt bei 6000 Euro.
Bestrahlen schon während der Operation
Frauenklinik Ehingen hat ein neues Gerät, das die Strahlentherapie bei Brustkrebs um ein bis zwei Wochen verkürzt
Seit Mitte Mai verfügt die Frauenklinik Ehingen über eine
neue Behandlungsmethode,
die die Strahlentherapie für
Krebspatienten verkürzt. Nun
kann schon während der Operation bestrahlt werden.
Ehingen. Patientinnen und Patienten mit Brustkrebs können im Kreiskrankenhaus Ehingen von einer
neuen Behandlungsmethode profitieren, die seit Mitte Mai eingesetzt
wird. In einer Presseerklärung informiert die Krankenhaus GmbH jetzt
über die intraoperative Strahlentherapie, für das dafür erforderliche
mobile Bestrahlungsgerät wurden
270 000 Euro investiert.
Im Brustzentrum Donau-Riß
wird im Rahmen der wöchentlich
durchgeführten Tumorfallkonferenzen über jede einzelne Patientin einzeln und in interdisziplinärer Zusammensetzung beraten. In diesem
Gremium entscheiden Gynäkologen, Strahlentherapeuten, Onkologen, Radiologen und Pathologen
auf der Basis der Untersuchungsergebnisse, welche Behandlung im
Einzelfall erforderlich ist. Dies
hängt ab vom Alter der Frau, der
Größe und Lage des Tumors, dessen
bekanntem Wachstum, seiner Reaktion auf Chemotherapie oder Hormontherapie. In der Regel wird zunächst der Tumor operativ entfernt.
Ist eine an die OP anschließende
Chemotherapie erforderlich, so
wird diese meist als erste Maßnahme nach der Operation durchgeführt. Im Anschluss daran kann
dann noch eine Strahlentherapie
notwendig werden.
Rund 80 Prozent der Brustkrebspatientinnen im Brustzentrum Donau-Riß werden brusterhaltend
operiert. Bei diesen Frauen wird
also nicht die komplette Brust entfernt, sondern lediglich der Tumor
mit einem ausreichenden Sicherheitsabstand zum Restgewebe. Damit dies ohne höheres Risiko möglich ist, werden diese Patientinnen
nach der operativen Entfernung des
Tumors für etwa sechs bis acht Wo-
Die biologische
Wirksamkeit der
Strahlen ist höher
chen bestrahlt. Während dieser Zeit
müssen sie an fünf Tagen in der Woche zur Strahlentherapie, die sie
seit Sommer 2011 im Gesundheitszentrum Ehingen durchführen lassen können, denn dort betreibt die
Universitätsklinik Ulm die Strahlentherapie als Hochschulambulanz
der Klinik für Strahlentherapie und
Radioonkologie unter Leitung von
Prof. Dr. Thomas Wiegel.
Mit der intraoperativen Strahlentherapie ist es nun möglich, unmittelbar nach der operativen Entfernung des Tumors die Gegend, in der
zuvor der Tumor lag, noch während
der Operation mit einer hohen Ein-
Das Bild aus dem Operationssaal in der Frauenklinik Ehingen zeigt das neue Gerät
Foto: Krankenhaus GmbH
(die Spitze in der Mitte der beiden Operateure) im Einsatz.
maldosis zu bestrahlen. Möglich
wird das durch das so genannte Intrabeam – ein spezielles mobiles Bestrahlungsgerät. Die Operation
läuft dabei zunächst wie gewohnt
ab – der Tumor wird entfernt, das
Tumorgewebe zum Pathologen geschickt, der die Wundränder im
Schnelltest auf mögliche weitere Tu-
morzellen untersucht. Während
das OP-Team noch auf das Ergebnis
des Schnelltests wartet, werden die
Vorbereitung für die intraoperative
Bestrahlung getroffen. Denn mit
dieser Methode kann nun noch im
OP-Saal das Tumorbett bestrahlt
werden. Dazu wird ein Applikator direkt in das Tumorbett eingeführt.
Das umliegende Hautgewebe wird
geschützt und der Brustraum mit einer Bleimatte abgedeckt. Dann gibt
das mobile Strahlengerät eine hohe
Einmaldosis ab. Diese hat nach Angaben der Krankenhaus GmbH eine
wesentlich stärkere biologische Wirkung als die gleiche Summe mehrerer Einzeldosen, die von außen über
die Haut gegeben werden – die Bestrahlung noch während der OP erreiche genau das gewünschte Gebiet. Die Patientin bekomme von
der Bestrahlung nichts mit, versichert die Krankenhaus GmbH, weil
sie während dieser ganzen Zeit in
Narkose liege. Nach Beendigung
der Bestrahlung wird der Tubus wieder entfernt und die Operation wie
geplant zu Ende geführt.
Durch die intraoperative Bestrahlung kann nach heutigem Kenntnisstand noch nicht vollständig auf die
Bestrahlung nach der OP verzichtet
werden. Die erforderliche Bestrahlungszeit werde dadurch aber um
ein bis zwei Wochen verkürzt. Studien zeigen zudem, dass sich die intraoperative Bestrahlung positiv auf
die Rückfallwahrscheinlichkeit auswirkt.
„Wir sind ausgesprochen froh,
dass wir unseren Patientinnen und
Patienten diese schonende und
gleichzeitig hocheffektive Behandlung anbieten können“, erklärt Dr.
Ulf Göretzlehner, Chefarzt der Frauenklinik Ehingen. Für die Patientinnen und Patienten sei diese Methode eine deutliche Verbesserung
in den Wochen nach dem Eingriff.