1939-Wie wurden Personennamen zu Familiennamen
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1939-Wie wurden Personennamen zu Familiennamen
Untervazer Burgenverein Untervaz Texte zur Dorfgeschichte von Untervaz 1939 Wie wurden Personennamen zu Familiennamen Email: [email protected]. Weitere Texte zur Dorfgeschichte sind im Internet unter http://www.burgenverein-untervaz.ch/dorfgeschichte erhältlich. Beilagen der Jahresberichte „Anno Domini“ unter http://www.burgenverein-untervaz.ch/annodomini. -21939 Wie wurden Personennamen zu Familiennamen Gustav Zollinger Zollinger Gustav: Wie wurden altdeutsche Personennamen zu Familiennamen? in: Veröffentlichungen der Schweizerischen Gesellschaft für Familienforschung. Reihe I. Heft 7. Zentralstelle der Schweizerischen Gesellschaft für Familienforschung. Bern 1939. Seite 01-64. -3ABKÜRZUNGEN: ahd. = althochdeutsch altnd. = altniederdeutsch got. = gotisch gr. = griechisch sanskr. = Sanskrit (altindisch) HBL = Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz. ags. = angelsächsisch Druck der Genossenschafts-Buchdruckerei Bern S. 03: Wie wurden altdeutsche Personennamen zu Familiennamen? Statt der grossen Anzahl von Gruppen, die oft in Schriften über Familiennamen angeführt werden, käme man wohl mit deren vier aus, in die sie sich einordnen liessen: 1. Personennamen (zum grossen Teil althochdeutschen Ursprungs). 2. Herkunftsnamen nach Besitztum, Dorf, Weiler, Gehöft, Haus. 3. Tätigkeit, Beruf, Amt. 4. Eigentliche Übernamen. Benennungen nach Tieren und Eigenschaften (Bär, Wolf, Haas, Schnell) sind zumeist nicht als Übernamen entstanden, sondern gehören in die Gruppe der ahd. Namen. Solche, die Pflanzen und Bäume enthalten (Lüscher, Eicher, Bucher, Tanner, Linder, Lindenmann) sind Herkunftsnamen nach Gehöften oder Weilern, dahin sind auch die Grütter einzureihen (und nicht in die dritte Abteilung). Für Hering lässt sich eine dreifache Entstehungsweise zeigen: Ahd. Name, zu heri, hari (häufigste Art), nach einem Haus zum Hering, als Übername. Ein beträchtlicher Teil der heutigen Familiennamen leitet sich von den zur alemannischen Zeit der Einnamigkeit gebräuchlichen ab. Einige dieser altdeutschen Namen sind noch heute als Vornamen in Verwendung wie Bruno, Walt(h)er, Wern(h)er (ahd. Warinhari), andere wurden nur ganz früh noch als solche gebraucht S. 04: wie Ingolt (1290), Hess, Aebi = Ebi (1331 im Einsiedler-Urbar, 1325 Ebi Pfister im Buchsgau), Lüti, Lamprecht, Heimo, 1239 Schwicker (= Switker, -41296 Swigger, 1483 Swicker von Schollenberg), Aellen1, Kraft (1324 Kraft Ab Egge, Kraft von Toggenburg, in derselben Urkunde) usw. Eine recht grosse Anzahl davon kann überhaupt nicht urkundlich als Vorname belegt werden, und doch gibt es auffallenderweise eine Menge heutiger Geschlechtsnamen, die trotzdem ganz unverkennbar auf ahd. Personennamen zurückführen. Dazu gehören: Kägi, zum, Hilty, Hegi, Iseli, Bebie (Bäbi), Hüni, Nägeli, Liechti, Sterchi, Halbheer (1296 Halpherre, ahd. Alphere, Albher(i), Alfheri), Zweifel (ahd. Zuival), Irung, Sigbott (um 1400), Ingo (1380 Buri Ingo von Wengi), Wick, Wipf, Wichram, Gottschalch, Kissling, Bopp, Boss, Hotz, Frauch, Flück, Buess, Busse (ahd. Buozo, Puazo), T(h)ut, Zaugg, Zoss, Zingg, Zeitz, Zang(g) er (ahd. Zangrulf, Zangro), Marolt, Marbot (schon im 1. Jahrh.), Höhn (s. HBL: Hunno), Knus (Knüsli, Kneusslin, ahd. Chnuz), Regez (ahd. Regezo a. 1056), Obrecht, Mumprecht, Streitbrecht (Kurzform Streit), Schertenleib, Scherz, Lanz, Grimm, Kopp, Maag (Mägli), Gysler, Morf, Kehrli, Kern (Kero, KelTo), Schaad, Schneewli, Rapp, Rupp, Rätz, Heid (802 Haito Bischof von Basel), Böckli (Bucco, Bocco, Buchilo, Buccellinus), Schluep (Sluopo), Neithard, Iff, Erb (ahd. Aribo mit Akzent auf a), Tödtli (ahd. Todan), Rallen, Senft(en) (ahd. Samfto, Samftilo), Iten, Hari, Germann, Zuter, Noth (patronymisch Nöthiger), Irminger (Ger, Speer des Gottes Irmin, bei Irminger und Beringer handelt es sich nicht um patronymische Endung -inger), Wüthrich (hiessen im Mittelalter Ueterich2, analog zu Üetliberg, zum ahd. Uoto, Vuato, Uuoto = Wuoto, in Beziehung stehend zu Wuotan, ein Üetisheer kommt in gewissen Sagen vor). S. 05: Germanischen Ursprungs sind auch viele französische Geschlechtsnamen, in erster Linie die auf -bert, -oud (ahd. -olt), -ard: Per(re)noud, Perroud (ahd. Perenolt, Perolt), Cueno(u)d, Conod (ahd. Chuonolt), Guenot, Audeoud (ahd. Uodelolt, Audelolt, Audovald, Auduald, Audoald), Vuichoud (ahd. Wicholt), Vuichard = Guichard (ahd. Wichhart = kampfeskühn), Eynard (ahd. Eginhart), Menard (ahd. Meginhart, Meinhart), Hainard (ahd. Hainhart), Richard, Erard3, Girard, Girardin, Bourquard, Bourqui, Bourquin, Anselmier4, Beranger, Roger, Thi(e)baud, Thierry, Tieche, Baud, Baudin, Huguenaud, Huguenin, Vuarin, Vuille, Vuillaume, Wuilleumier, Vuille(u)mier, Wuillemin, Guillotin, Guillermin, Guillebeau = Guillebaud (ahd. Willibald), Guilland (ahd. Wieland), Guinand, Guignard, Quartenoud, -5Guinchard, Reymond5, Re(y)naud, Cuenin, Quenin, Quenet (zu ahd. chuoni = kühn), Lambert, Humbert, Gremaud (ahd. Gremald, Grimald, Crimolt), Perthoud, Bertholet, Bertrand (ahd, Berchtram), Gondrand (ahd. Guntram) , Gonthier (ahd. Guntheri), Vaut(h)ier = Gaut(h)ier (ahd. Waltheri), Garnier (ahd. Warinheri), Marcuard (ahd. Markwart), S. 06: Gervain, Piraud, Garmond (ahd. Garmund, Kermunt), Aymon (ahd. Aymo, Haimo), Vuadens (ahd. W(u)ading, die vielen welschen Ortsnamen auf -ens, besonders im Kt. Freiburg, entsprechen denen auf -ingen), Rumley (ahd. Rumali, mhd. Rüm(e)li, zu hruom = Ruhm). Hierher gehören sogar italienische wie Garibaldi, Grimaldi, Roggero, Gilardi, Guicciardi (ahd. Wichhart), Odescalchi (ahd. Uodal-, Odelscalch), Marescalchi, Ghisalberti, Ghielmetti, Jelmoli (wie Jelmini, Jelmoni zu Guglielmo = Wilhelm), Rinaldo Rinaldini, Baldo degli Ubaldi, Ermenegildo (Vorname), Gottardo u. a. So fragt man sich: Wie ging denn das zu, dass solche teilweise recht eigenartige altgermanische Namen sich bis auf die Gegenwart in Geschlechtsnamen erhalten konnten? Da muss vorerst auf eine Besonderheit hingewiesen werden aus der Zeit vor der Entstehung der richtigen feststehenden Familiennamen. In dem bekannten altdeutschen Hildebrandslied frägt Hildebrand (= Kampfschwert) nach dem Geschlecht (cnuosal), und bemerkt: «wenn du mir einen nennst, weiss ich mir die andern». Die Erklärung dazu liegt darin, dass sich die Namen von Angehörigen eines Geschlechts zumeist auf die gleiche Art reimten, wie es die Germanen in ihren Liedern zu tun pflegten, nämlich durch Alliteration oder Stabreim («welaga nü, waltant got, wewurt skihit»). Im Hildebrandslied sind drei Generationen mit Namen genannt, Grossvater, Vater und Sohn heissen Heribrand, Hildebrand und Hadubrand. Eine starre Regel war diese Übereinstimmung in den Namen von Blutsverwandten allerdings nicht, wie ja auch in den Liedern die Alliteration nach Lust und Laune angewandt wurde, aber eben doch vorherrschte. Wolvin, Wolfhart, Wolvene usw. gehörten dem Geschlecht der Welfen an (s. HBL unter Wolvene). Die Kinder eines Germenulf hiessen German(us) und Germana, diejenigen eines Teuto: Teuthad und Teutmar. Gotische Inschrift auf einem Stein: Für Hariwulf ritzte Hathuwulf, der Sohn des Haeruwulf, diese Runen. Aus Socin, Mittelhochdeutsches Namenbuch, Seite 201: «Schon -6S. 07: die ältesten überlieferten Namen von Verwandten sehen wir durch Alliteration verbunden: Thusnelda und Thumelicus, Segimerus und Segestes, Segimerus und Sesithacus, Vangio Schwestersohn des Vannius. Burgundische Könige: Gibica, Godomarus, Gislaharius, Gundaharius, Gundeveqhus, Gundobadus, Godegisilus, Gislabadus. Merowinger waren Childerich mit Sohn Chlodwig und Enkeln Chlodomir, Childebert, Chlothar, des letztem Söhne Charibert und Chilperich, daneben: Vater, Sohn, Enkel = Theoderich, Theodebert, Theodebald. In der Heldensage: Sigfrid Sohn des Sigmund und der Siglinde. Zu den Amelungen gehörten Wolfwin, Wolfhart, Wolfbrant, Wichart, Hildebrant, Helferich, Helmnot, Liudeger und Liudegast. Longnon S. 264 hebt hervor, dass die Verwendung des gleichen Namenselements innerhalb der Familie auch bei Leuten niedern Standes beliebt war.» - Wer sich für eine Menge weiterer Beispiele interessiert, möge diese bei Socin, Seiten 201-209, selber nachsehen.6 Man kann sich fragen, warum zuweilen eine Umstellung auf ein neues Stichwort in einem Geschlecht stattfand, und warum der Schwestersohn7 des Vannius den Namen Vangio erhielt. Nach mittelalterlicher Sitte wurden oft Namen und Wappen der Mutter angenommen, falls diese vornehmeren Geblütes war. - «Sippe» (ahd. sipp(e)a = consanguinitas, sanskr. sabhä Stammgenossenschaft, Gesellschaft, Versammlung), womit die in Gemeinschaft Lebenden bezeichnet wurden, war ursprünglich kein scharf umrissener Begriff.8 Dieselbe Wartwurzel ist enthalten im Latein: pro-sapia. Es ist nicht verwunderlich, wenn das altdeutsche Geschlecht («cnuosal») mit der Kennsilbe zur Entstehungszeit von richtigen Geschlechtsnamen auch seinen Ausdruck fand. Die Benennung nach der altdeutschen Sippe war da das Naheliegendste und Ursprünglichste. S. 08: Ganz naturgemäss bezieht sich das vorhandene Belegmaterial für Geschlechterfolgen hauptsächlich auf Adelige, doch müssen die Verhältnisse ähnlich gelegen sein bei freien Bauern mit eigenem seit der Alemannenzeit ererbtem Besitz und ererbtem Namen. Zur Entstehungszeit der Geschlechtsnamen waren freie Bauern eben noch häufiger als etwa später, da die beträchtlich umfangreichen Vergabungen von Gebieten an Klöster stattfanden, da auch viele vorher Freie unter die Gotteshausleute gerieten, und da die fremden Namen Johannes, Jacobus u.a. ihren Einzug hielten. Beispiel: -7Heinr. und Petrus Sterchi (Mehrzahl Sterchin), freie Bauern in Brienz schon vor 1256. Zur Zeit ihres Vaters oder Grossvaters gab es noch keine Familiennamen. 1303 Heinr. Sterki de villa Briens, liber rusticus. Diese müssen einem Geschlecht angehören, das vorher Namen wie Starcho, Staracho, Star(a)ch(h)eri, Star(a)cholf, Star(a)chfrid, Sterchere, Starchari, Starcbert, Starkhand. Starchart, Starchelm, Starcleip, Starchman, Starcrat, Starcherich bevorzugte (Umlaut, sobald auslautendes o durch i ersetzt wurde: Starcho Sterchi, Arno Erni, Abo Ebi, Walto Welti, Kago Kägi, Stahalo Stäheli, Pabo Päbi (Bäbi, heute Bebie), Agilo Egli, Ramo Rämi,9 Zullo Zülli, Huno Hüni). Diejenigen Schütz alter schweizerischer Herkunft haben ihren Ausgangspunkt etwa im Gebiet von Eriswil, und da dieses unweit der luzernischen Grenze liegt, fand ihre Verbreitung im Laufe der Zeit auch ins nahe Amt Willisau und ins Entlebuch statt, in verschiedene Orte des Emmentals (Sumiswald, Wasen). Derselben Gegend und demselben Stamme entspringen jedenfalls auch die frühen Burger von Burgdorf (1271 ff.) und Bern (1294 ff.). 1276 Werner Schuzo unmittelbar neben den Edeln Joh. und H. v. Eriswil (alle drei in Burgdorf verbürgert). Die Schütz gehen wohl auf ein freies Alemannengeschlecht zurück, ahd. Personenname Scuzzeo (anno 806), Scuzo (855), ahd. scuzzo = der Schütze. - Bei Unfreien, die ja im allgemeinen auch am spätesten zu feststehenden Geschlechtsnamen kamen, war der Boden S. 09: geeigneter zur Bildung von Übernamen (z. B. 1318 Struma, Bauer in Zuzwil, d.h. «Kropf»), doch gibt es natürlich keine starre Regel. Im folgenden Beispiele haben wir unzweifelhaft einen ahd. Namen: 1279 Chuonrat Witecho, Bauer auf Gütern des Ritters Peter von Messen (ahd. Widuco, Witucho, davon: Witschi). Schade, dass das Urkundenmaterial von 1100-1200, d.h. aus der Zeit des Übergangs von den Einzelnamen zu den frühesten Fällen von Zweinamigkeit (Taufname und Geschlecht) eine klaffende Lücke aufweist und fast nur über Edelgeschlechter Kunde gibt, aber auch darüber noch recht spärliche Urbarien aus dieser Zeit gibt es überhaupt nicht, und selbst das älteste Einsiedler-Urbar begnügt sich statt Personen oft mit summarischen Bezeichnungen «Wernoltshusen de mansu, von dem Turline, cinseigen in curte Urinkon liberi homines dant 5 sol. Selbst im Habsburger Urbar werden freie Bauern statt mit Namen vielfach bloss kollektiv angeführt: «die vryen lüte, die ze Bintzinkon gesessen sind, gebent …, ze Holtzhusen der vryen güeter, die geltent ze vogtrechte .... , ze Ytzikon der vryen lüte guot giltet .... » usw. -8An dieser Stelle mag noch eine Einschränkung eingefügt werden in bezug auf die vorerwähnten welschen Beispiele. Es soll keineswegs behauptet werden, dass diese Namen in jedem Fall einem Geschlecht in eben dargelegtem Sinne seit der Zeit der Einnamigkeit eigentümlich waren, sondern solche, die bereits als Vornamen gebraucht wurden, konnten sich auch erst später zu Geschlechtsnamen entwickeln. *** Burgen und sonstiger Besitz wurden oft nach dem Namen des Eigentümergeschlechts bezeichnet, das schon vor Entstehung der Familiennamen Benennungen nach einem sich durch Generationen wiederholenden Kennwort oder Kennbuchstaben trugen. Zur Zeit des Altdeutschen nannte man ein solches Geschlecht «cnuosal, chnuosal» = das «Kennsal» oder das «Kennsel».10 S. 10: Hatte so das Eigentum seine Benennung nach einem «Geschlecht», das schon vor Entstehung unserer Geschlechtsnamen als solches angesehen wurde, da es durch ein bestimmtes, sich ständig wiederholendes Stichwort gekennzeichnet war, so erhielt anderseits der Eigentümer nach Aufkommen der Geschlechtsnamen seine Benennung sehr häufig nach seinem Besitz. Oft jedoch wurde in solchen Fällen der alte Name trotzdem beibehalten, so dass pleonastische Formen entstanden wie Reich von Reichenstein, Kerren von Kerrenried (später in der Stadt Bern bloss Kerro), Beli (älter Beling) von Belfort (bei Davos), Vrieso de Friesenberg, Babo von (Rhein-)Baben, (Lando von Landenberg s. unten). Die Burg Schollenberg bat ihren Namen nach dem Ministerialengeschlecht Schollo erhalten. 1258 Cuno dictus Schollo und seine Brüder = die Schollen von Schollenberg. Der ahd, Name Schollo, Scholin11 ist 1235 bezeugt, älter Scollo.12. Heutige Nachkommen der Schollen von Schollenberg tragen nur noch den Herkunftsnamen Schollenberger unter Auslassung des ursprünglichen Sippennamens Schollo (pl. «die Schollen»), der allerdings zuweilen (z.B. 1663, letztmals 1780) noch als Beiname erwähnt ist.13 Im Jahr 741 schenkte die Gemahlin eines Landoald (Landolt) der Kirche auf der Lützelau Güter und Leibeigene zu Mönchaltorf, Zell, Riedikon, Uznach, Schmerikon, Nänikon, Dattikon, Kempraten, Bäretswil und auf der Lützelau. Die nämliche Vergabung, die damals nicht zur wirklichen Ausführung kam, -9fand mit Landoalds Zustimmung 744 statt, aber dieses Mal ans Kloster St. Gallen. 745 machte Landbert, Sohn des vorigen Landoald zwei Schenkungen an das Kloster St. Gallen, u. a. in Illnau, Effretikon, Mesikon, Dürnten, Weisslingen, Hinwil, Bäretswil, das gesamte Vater- und Muttergut sowie selbsterworbenes Vermögen des Landbert, wogegen das Kloster St. Gallen lebenslänglichen Unterhalt zusicherte (Urkunde ausgefertigt in Illnau). 1044 Landolt, Bernger de Ilnowa.14 806 vergabte ein Landbert S. 11: Besitzungen und Hörige in Weisslingen und Tagelswangen, 811 seinen Besitz zu Kempten und Irgenhausen an St. Gallen. 829 machte ein Landbert bei der Vergabung eines gewissen Altirich in Seen und Turbenthal einen Vorbehalt auf seinen Gütern. - Beim ersten Auftreten des Namens «von Landenberg» sind sie Besitzer der Kirchensätze von Turbenthal, Bäretswil und Aadorf, die sie vom Kloster St. Gallen zu Lehen trugen. Unter Abt Hartmut war 882/883 ein Landolt Vogt im Zürichgau (zu Grüningen?). Der Abt von St. Gallen nennt einen von Alt-Landenberg urkundlich «seinen lieben Dienstmann» (Studer, Edle von Landenberg, S. 25). 1437 tilgte Beringer von Landenberg eine Schuld, die herrührte seit der Zeit des Herrn Lange (= Lando?) von (Alt-) Landenberg15 (Studer, S. 29). Die von Landenberg waren auch Lehenträger der Grafen von Kiburg (Studer, S. 9), von 1230 an erscheint ein kiburgisches Dienstmannengeschlecht von Illnau. Ein Bubo von Bubenberg (Alt-Bubenberg in der Wohlei b. Frauenkappelen) ist zwar heute dokumentarisch nirgends mehr nachweisbar, muss aber trotzdem einmal existiert und einem Geschlecht angehört haben, worin zur Alemannenzeit der Name Buobo, Puabo charakteristisch war. Dazu könnten die folgenden grossen Grundbesitzer gezählt haben: Im Jahr 861 schenkte Diethart (Theathart) der Abtei St. Gallen alles, was er an Gütern im Oberaargau hatte, d. h. sowohl zu Bäriswil bei Hindelbank als auch zu Langenthal, wie auch die Besitzungen seines Bruders (germani) Buobo (Pubo) «in Langatun» (Oberaargau war damals ein viel weiterer Begriff als heute). Ein typisches Beispiel für den Nachklang der altdeutschen Namengebung liefert uns das Geschlecht Reding (ahd. Ratinc, Reting). S. 12: Dort war der Vorname Recta (Rechta) beliebt, der sonst nirgends mehr vorkam. Erst im 17. Jahrhundert haben die Reding den traditionellen Namen Rechta, der nicht mehr verstanden wurde, in Hektor umgedeutet (Schweiz. - 10 Geschlechterbuch, V., 8. 503). Auch 1414 Johans Grimm von Grünenberg (Burg bei Melchnau) scheint keine zufällige Alliteration zu sein, sondern ein Rudiment der alten Nomenklatur.16 *** Bei Geschlechtern, die eine Herkunftsbenennung tragen, verrät manchmal der Beiname das ahd. Geschlecht («chnuosal, knuosel»). So ist bei den «von Winkelried» der alte Geschlechtsname Schrutan (ahd. Scrutan, Scrutolf) durch die Wohnsitzbezeichnung nach einer kleinem Burg im Güterkomplex Winkelried (heute partiell erhalten als Wichried) ersetzt worden, doch so, dass er noch durch Generationen hindurch bewusst blieb. Zeitgenössische Urkunden schreiben Schrutan, die verständnislos verstümmelte Form Struthan ist erst später entstanden. 1275/1281 Edelknecht Heinrich von Winkelried, gen. Schrutan. In der Schlacht bei Sempach: Arnold Winkelried (im Sempacherlied Struthan). - Das Geschlecht «von Stotzheim»17 im Elsass muss eine Abspaltung aus dem «cnuosal» der S. 13: Schollen sein, d.h. aus einem Geschlecht, bei dem vor Entstehen der eigentlichen Geschlechtsnamen Einzelnamen wie Scollo, Scolin u.ä. kennzeichnend waren. 1235 ist ein Ritter Heim. Scholin(i) Zeuge für Otto von Stotzheim genannt Schollo. In derselben Gegend 1236 Albertus, miles, dictus Schollo, 1248 dominus Scholinus de Ensheim, 1262 drei Scholini (= Schollen), 1275/76 Cunr. Scholle von Ehnheim im Elsass. Es gibt Fälle, wo der alte Sippenname schon verhältnismässig recht früh wieder in Vergessenheit geriet und nur beim ersten urkundlichen Auftreten eines Geschlechts belegbar ist. So hat sich ein Zweig einer Familie, die auf den ahd. Namen Wiman (Winiman, Winoman, Wineman) hörte, nach ihrer Burg «von Oberburg» genannt. - Zwei Brüder, die zur Sippe der Krieche, Krieg zählten, nannten sich, nachdem sie wohl in den Besitz (des grössten Teiles) von Bollodingen gelangt waren und dort wohnten «von Bollodingen» (später in Burgdorf) , indes ein anderer Bruder ohne nähere Beziehungen zu Bollodingen den Geschlechtsnamen Kriech beibehielt, und ein vierter einen Übernamen Winesse (vgl. Wortbildungen wie Manesse, Bokess, Bonesse) bekam, dessen Nachkomme höchst wahrscheinlich ein Bauer namens Winesse in Niederönz ist. Die «von Ergöw» (hauptsächlich in Burgdorf, wenige auch in Solothurn usw.) leiten sich von einem Geschlecht Werdin ab. (Im Jahr 872 ist ein - 11 Personenname Werdin bezeugt.) - 1223, 1241 ff. Dominus Joh. miles de Münsingen mit dem Beinamen Senno. Hier kommt kaum das Gewerbe eines Sennen in Betracht, als doch wohl vielmehr der ahd. Name Sanno, Senepert Senhart, Senuald, Senwin, Senocus. Dieses Geschlecht behielt den Namen Senn bei, indes die Bezeichnung «von Münsingen» wieder verschwand. - Bei den «von Önz» hatte die Benennung nach dem Stammort den ahd. Namen verdrängt, doch dürfte er trotzdem noch lebendig gewesen sein in dem später als Beiname auftauchenden Kecho, zumal schon im 13. Jahrh. ein dominus Joh. Checho (Kecho = Keke) im Kloster St. Urban auftritt, dessen Wohltäter die von Önz waren, und weil alle Käch der Kantone Solothurn und Bern, auch die am Bielersee S. 14: verburgerten, ursprünglich vom Gebiet der heutigen Ämter Wangen und Aarwangen ausgingen.18 Ähnlich kann in dem Beinamen Snello beim Geschlecht von Oltigen der gleichlautende ahd. Name stecken, wogegen ein anderer von Oltigen, gen. Wolfzahn, einen typischen persönlichen Übernamen erhalten hat (vgl. dazu das obige Beispiel, wo von vier Brüdern der eine den altdeutschen, zwei weitere einen Herkunftsnamen tragen und der vierte einen Übernamen), - Die Edlen non Bollingen zu Bern sollen einem Geschlecht Statzi entstammen (v. Mülinen, Heimatkunde). - 1453/ 1454 Schultheiss von Solothurn ist Burkhart von Buchegg, auch Burkhart Fräwi genannt (ahd. Frowin). - Um 1400 Ulr. von Grasswil, genempt Wicht (Wiedlisbach hiess Wiechtilspach). - Im Familiennamen Hetzel von Lindach hat sich ein ahd. Name (Hezilo, Hezelo, Hezzel) und eine Ortsbezeichnung zu einer Einheit verschmolzen. Zuweilen wird das Geschlecht auch bloss «von Lindach» genannt. Offenbar ist der erste Namensteil der ältere und die Herkunft dazu gekommen. (Hetzel kann noch als Vorname getroffen werden, als es bereits Familiennamen gab, so z.B. 1163 in Engadin.) Im Mittelalter trug der überwiegende Teil des Landadels das Prädikat «von», während dem der Stadtadel eher Namen ohne «von» aufweist. Das hatte seinen guten Grund zu einer Zeit, da diesem Wörtchen eben noch ein wirklicher Sinn zukam, wogegen heutige Zusammensetzungen wie «von Müller» usw. vom sprachlichen Standpunkte aus einen Unsinn darstellen. Das Erb- oder Stammgut («uodal»), von dem die Adeligen ihren Geschlechtsnamen ableiteten, hatte auf dem Land seinen besonderen Namen, was in der Stadt jedoch nicht zutraf (z. B. nach dem Bache Oenz, nach der Örtlichkeit Halten, - 12 vom Stein = grosser erratischer Block auf dem Steinhof). Daher führen StadtAdelige oft einen ahd. Namen, übernommen aus alter Zeit, z, B. Schwager, Swager, Adelsgeschlecht der Stadt Schaffhausen, zu ahd. Swabger (wie Swamund, S. 15: enthalten in Swamundingen, zu Swabmund), Rich19 in Freiburg und Solothurn (manchmal mit Artikel «der Riche», in Verkennung des ahd. Namens latinisiert Dives), Warnagel (ahd. Swarnagal), Geschlecht im Städtchen Unterseen, z.T. Ritter, Snewli, schon Anfang des 13. Jahrhunderts bedeutendes Adelsgeschlecht in Freiburg im Breisgau. Derselbe ahd. Name tritt um 1280 als Beiname der Ritter Heim. und Joh. v. Lunkhofen auf, wohl wegen einer Verwandtschaft mit dem Breisgauer Geschlecht. Trotz der Bezeichnung «von Lunkhofens geriet der ahd. Name bei dieser Linie nicht in Vergessenheit, sondern wurde oft als Beiname verwendet und lebt heute fort in den Schneeli von Zürich und in den Schneebeli von Affoltern am Albis, die über 400 Jahre im Besitz der dortigen Mühle standen (vgl. Schweiz. Geschlechterbuch, Band V, S. 541 und HBL, IV, S. 223). Bei Land-Adeligen ist der ahd. Name aus vorerwähnten Gründen viel häufiger als beim Stadt-Adel verloren gegangen und durch den Herkunfts- oder UodelNamen (von ... ) ersetzt worden. Wechselbeziehungen zwischen Geschlechts- und Siedelungenamen. Schon zur Zeit der Einnamigkeit fällt die mächtige Anzahl der Abstammungsoder Kollektivbenennungen mit -ing (altertümlicher -ung) auf: Rading, Hozing, Huning, Wining, Liubing, Herinc, Harding, Herting, Billung, Baldung, Liutunc, Ating, Naning, Richinc, Zulling (Zullung), Iring (Irung), Sciltung, Sweding, Bodalung, Nivilung (Nibelung, Neveling), Ruching (Ruohhing), Snellung, Gering, Hrabaning usw. Die Endung -ing bezeichnete die Deszendenz und somit auch den einzelnen Zugehörigen zu einem «cnuosal». Heutige Namen auf -inger sind, wo es zugehörige Ortsnamen auf -ingen oder S. 16: -ikon gibt, vorerst als Herkunftsnamen zu deuten (Hulliger von Heimiswil ursprünglich von Hulligen b. Dürrenroth), was aber nicht ausschliesst, dass diese Geschlechter eben doch zur Sippe dessen gehörten, nach dem der Ort bezeichnet wurde. Der Ritter Jakob von Büetingen (1252(1292) wird auch Jac. dict. Büeting und Jacobus Büetingus genannt. Benninger sind desselben - 13 Stammes wie die «von Benikon», die Russinger wie die «von Russikon», Zollinger wie die «von Zollikon» usw. Gelegentlich findet sich sogar die nämliche Person einmal unter der Benennung «(von) ... ikon», das andere Mal als « ... inger». Wo es sich ursprünglich nur um wenige Gehöfte als Siedelung einer Sippschaft handelte, blieb diese oft jahrhundertelang als Erbgut in deren Händen. Flückigen war bis 1653 im Besitz von Flückigern (Konfiskation wegen Teilnahme am Bauernkrieg), die wohl denjenigen Flück zum Stammvater hatten, von dem die Häuser den Namen trugen. Übrigens entstanden Ortsbezeichnungen auf -ingen auch noch verhältnismässig spät: 1327 Johannes filius Henrici Owilin, 1357 Jodocus Owling, 1399 zen Owlingen (ungefähr gleichzeitig Antonius de Owlingen). Im Wallis: 1374 J. und H. Grasso, 1398 Örtlichkeit zen Gressingen, 1498 die Grassig. 1414 Ruodi Galati, Heini Galati, der Galatinge eina, zuo dien Galatingen. 1273 Conr. Bolati = 1277 Conr. Polati von Langenthal = 1296 Conr. Polating (alle drei Male als Zeuge für das Kloster St. Urban, 1273 zugleich mit J. Checho). Bolati = Polati = Polating steht ganz offenbar mit dem Dorf Bolatingen = Polatingen (heute Bollodingen) in Beziehung, wo das Kloster St. Urban einiges an Einkünften hatte.20 Die Kriechen, Kriecho, Krieg (latinisiert Graecus) dürfen wohl als die Sippe derer angesehen werden, wovon Kriegstetten (1307 Kriechstetten) vor Zeiten den Namen erhalten hatte. Heinr. S. 17: Krieg (Kriech), 1295 im Rat der CC in Bern, † 1296, hatte der Komturei Thunstetten eine Schuppöse im Forst bei Thunstetten verkauft. Zwei seiner Brüder nannten sich «von Bollodingen». Die einstmalige Herkunft aus Kriegstetten wird um so wahrscheinlicher, als auch noch ein anderes Geschlecht aus jener Gegend in Bollodingen zu schaffen gehabt hatte, nämlich die «von Biberist». Schon 1262 tätigte C. v. Biberist Verkäufe zu Bollodingen. Es ist möglich, dass die beiden aus dem Geschlecht Kriech) die sich dann «von Bollodingen» nannten, durch Heirat den Besitz der v. Biberist in Bollodingen erlangt haben. Um 1350 war von zwei Brüdern «vom Stein» auf der Burg am Burgäschisee der eine mit einer Kriech, der andere mit einer «v. Biberist» vermählt. Von 1256 an erscheint ein kiburgisches Dienstleutegeschlecht benannt «von Kriegstetten», - Es ist denkbar, dass sich die beiden Geschlechter Kriech (später in Aarburg) und «von Kriegstetten» aus einem gemeinsamen - 14 Stamm der «Kriechen von Kriechstetten» entwickelt haben. (Vergl. damit: Die Nachkommen der Scholl auf Schollenberg nennen sich nur nach ihrer Herkunft «von Schollenberg und umgekehrt hiessen die Korren von Kerrenried, nachdem die Stammburg zerstört und der Zusammenhang mit dem Ort nicht mehr bestand, bloss noch Kerro.) Ähnlich wie die Kriech und die «von Kriegstetten» wohl eines Ursprungs der Kriech von Kriechstetten sind, so mögen auch die Zimer und die von Zimikon auf einen gemeinsamen Ausgangspunkt der Zimer von Zimikon (Cymer von Cyminkon) zurückführen. Die Weitergezogenen bewahrten den alten Sippennamen (nach dem cnuosal), die am Stammsitz Verbliebenen dagegen den Herkunftsnamen (nach ihrem uodal), vergl. die vorerwähnten Kriech, Kerro. Die Zimer (Cymer, Zymer, Zimmer) waren um 1300 ein angesehenes Burgergeschlecht des Städtchens Grüningen, nach dem Urbar über die habsburgischen Lehensinhaber in jener Gegend reich begütert, später in der Umgebung des Städtchens verbauert.21 S. 18: Das ursprünglichste Geschlecht in Inkwil und heute noch dort verbreitetste ist das der Ingold. Inkwil ist der Weiler des Incuald, Inchoald, Ing-olt.22 Die Ingold sind heute auch in den nahe um Inkwil herum liegenden Orten stark verbreitet (verbürgert) und zwar, da Inkwil an der Kantonsgrenze liegt, sowohl reformiert auf Bernerseite (Inkwil, Herzogenbuchsee, Röthenbach, Heimenhausen, Bettenhausen) als auch katholisch auf solothurnischem Boden (Subingen usw.). In der benachbarten Stadt Solothurn 1291 Ulr. Ingolt Zeuge für die drei Junker von Messen. Es gab auch ein Geschlecht von Incwile = v. Ingewile = v. Ingwile.23 Man kann sich das so vorstellen, dass die «von Inkwil» sich nach ihrem Stammsitz und Uodal benannten, weil sie die Fortsetzung der einstmaligen, wohl auf den Begründer der Siedelung Inkwil zurückgehenden Grundherren waren, wogegen es sich bei den Ingolt teilweise wohl um frühe Abzweigungen handelt, die keinen Grundbesitz mehr in Inkwil hatten, zum Teil vielleicht einfach um Nachkommen der Leute, die in dem «Weiler des Inc-olt» als geschlossene Sippengemeinschaft gelebt hatten. Wenn ein bis 1324 erwähnter Burger von Solothurn namens Lütprand von Inchwile doch noch den UodalNamen führt, obwohl er zu dieser Zeit wohl kein Uodal mehr in Inkwil besass, - 15 so bewahrte er damit bloss noch die Tradition seiner Abstammung von den letzten Uodal-Besitzern oder Edeln24 von Inkwil. Die Etzeli = Atzli werden wohl die Sippe derjenigen sein, die den Siedlungsnamen Etziken (Etzikofen, Etzinkon) bewirkt haben. Im Mittelalter waren sie besonders in der grossen Kirchgemeinde Herzogenbuchsee heimisch (1478 Etzikofen in der Kilchhöre Herzogenbuchsee, Ratsmanual Solothurn). 1363 Etzzeli und Atzzel im Zinsurbar von St. Urban (auch Hug Seberg, der Schultheiss von H.-Buchsee). 1504 mehrere Atzli in Thörigen.25 Im 16. Jahrhundert S. 19: in Derendingen und Etziken. Heute in Subigen verbürgert, Ungefähr im Mittelpunkt der erwähnten Orte liegt Etziken. 1252 erscheinen zwei Ritter namens «von Ezzinchon». 1373 verkauften Hedi von Etzkoven = Etziken (Vogt Joh. von Heimenhusen) und ihre Kinder Peter, Johans, Katharina (00 Claus von Buchsi) sieben Schupposen zu Sinneringen (siegelte Schultheiss Ulr. v. Bubenberg). Das neben Etziken liegende Bolken hiess Bollikon, Pollinchoven. In Urkunden des Klosters St. Urban: 1393 Bollo, 1400 Polling.26 Dies ist wohl nicht blosser Herkunftsname, sondern steht in direktem Zusammenhang mit der alten Sippe des Ortsbegründers. Hegenli = Hegi (in Roggwil, Heimiswil, Pfaffnau) weisen auf Hägendorf, Hegindorf (Nüesch, Roggwiler-Chronik, S. 209/211). Es gab auch Ritter von Hegendorf. Conr. und Peter Rogko, Cour. Roggo im Jahrzeitbuch des St. Ursenstiftes in Solothurn. Ganz früh ein Rittergeschlecht von Roggwil. Die Rallen sind im Berner Oberland daheim (Frutigen), eine Siedelung dieser Sippe liegt vor in Ralligen bei Sigriswil. - Dagegen die Iringer (1300 Irung, 1399 Iring) haben ihre alte Heimat rechts vom Zürichsee, wo auch Irgenhausen (Iringeshusen, Iringinhusen) zu finden ist.27 Kräuchi, seit Jahrhunderten verburgert in Bäriswil, das direkt an die Gemeinde Krauchthal angrenzt, ca. 1400 Kröichi von Hindelbank. S. 20: 1436 ein Burger Kroichi in der nächstliegenden Stadt Burgdorf. 1496, 1501 Hans Krauchthaler, Landvogt zu Trachselwald. Im Mittelalter gab es Herren von Krauchthal. - Zu obgenanntem Bäriswil (861 Perolteswilare) könnten - 16 ihrerseits die Pärli in ursprünglicher Beziehung stehen (heute verbürgert in Rüegsau). Rubi verbürgert in Oppligen, Amt Konolfingen, Rubigen ebenfalls im Amt Konolfingen. Hötschi(n)gen (Gmde. Gysenstein) im Amt Konolfingen. Im selben Amt in benachbarten Dörfern: 1336 Hötschi in Freimettigen, 1348 zwei Brüder Hötsching in Kleinhöchstetten. Nennigkofen am Bucheggberg hat den Namen offenbar von der Sippe der Nenninge oder Nenninger, die in jener Gegend vorkamen: 1513 Nenniger in Utzenstorf. Um 1400 J. Leymer von Nenikon und C. Leymer ouch von Nennikofen. 1361/72 Joh. Hutti, Burger in Burgdorf. Huttwil (Huttiwilare) war ursprünglich kein Städtchen, sondern eine kleine Siedelung wie andere auf -wil (Rohrbach war der bedeutendere Ort jener Gegend). Die ersten Schultheissen von Huttwil waren Burger von Burgdorf. Ulr. Ecgart, Burger von Burgdorf, kaufte 1375 den ganzen Hof Otterbach. Da dieser unmittelbar neben Eggerdingen liegt (Gmde. Affoltern i. E.), so ist wahrscheinlich, dass U. Ecgart aus jener Gegend stammt und zur Sippe gehört, nach der Eggerdingen den Namen erhalten hat. 1374 Joh. Zitloso in Burgdorf. Der Name gehörte wohl einst zu dem nahe gelegenen Citlostal 1312, Zitlistal 1380, heute Zeitlisthal (Gmde. Heimiswil). Vorn ahd. Personennamen Citilo. Saraz, uraltes Geschlecht von Pontresina (= 1139 ad pontem Sarisinam), die Siedelung der Saraz, Saracin bei einer Brücke. Woher diese den Namen der Sarazenen erhalten haben, ist eine Frage für sich (Abkömmlinge?). 1239 Leibeigener Saracinus im Engadin. 1244, 1291, 1296, 1303 MinisterialGeschlecht de Ponte Zarisino, de Ponte Sarraceno, de Ponte Sarracino. - Im alten Deutschen existierte für den Sarazenen die Bezeichnung Sarz, Serzo, S. 21: Saracin (arab. sarqi = Orientale, Mehrzahl sarqiyin,28 bei Schade, Ahd. Wörterbuch saraqyn). Auch anderswo ist der Sarazenen-Name zum Personenund Geschlechtsnamen geworden: 1240 vergabte der Priester Rud. Sarasin von Mülhausen all sein Gut dem Kloster St. Urban (Th. v. Mohr, Codex diplomaticus, und Solothurner Wochenblatt 1831, S. 128). - 17 Graf, Geschlecht in Winterthur, bereits 1361 als Bürger der Stadt, steht vielleicht in Beziehung mit der Sippe des Gründers von Grafstall bei Kempthal, früher Craolfestal (Tal des Craolf). An den alten Namen Craolf gemahnen: 1405 Heini und Hans Grauff von Winterthur. Schon 1356 war ein Geschlecht Graf in Bäretswil ansässig. Zillisheim im Elsass (eigentl. «Züllisheim», im heutigen Elsässerdialekt wird ü zu i, z.B. «nin» statt «nün» = 9, usw.). 792 Zullineshaim, 823 Zullenesheim, im 13. Jahrh. Züllinsheim, Züllensheim. Der älteste Beleg für den Namen Zullin (im Jahr 778) stammt ausgerechnet aus dieser Gegend, und im 13. Jahrh. und später ist dort der Familienname Zülli häufig. Von einem Namen Derendinger glaubt man auf den ersten Blick, er sei aus blosser Ortsherkunft entstanden. Die ältere Form dagegen (1495 Täreding zu Ättikofen, 1560 Therading in Solothurn) lässt vermuten, es handle sich um direkte Nachkommen der Teraldinge, von denen die einstige Waldsiedelung ihre Benennung erhalten hat. - Der Name Kreling gehört wohl zu Kräiligen: 1331 quidam dictus Krelingen, 1340 J. Kreling, 1362/64 C. Kreling. Ähnlich Frutig zu Frutigen. Es gibt auch Weiler und Häusergruppen. die nicht nach einer Sippe benannt worden sind, z. B. Nyffel (= lat. novale. d.i. Grütt), Fiechten (nach Bäumen), wo die Familiennamen Nyffeler und Fiechter entstanden. Es macht den Anschein, als ob bei solchen Geschlechtern oft bereits Ansätze zu einem altdeutschen Sippennamen, S. 22: die eben doch die ältern sind, vorhanden gewesen und durch den Wohnortsnamen verdrängt worden seien. In diesem Fall treffen wir in Nyffel zuerst Hensli Bertschis von Nifel, dann bloss «von Nifel», «von Nyfen», später Nyffeler, und die Fiechter scheinen aus einem Geschlecht Ruch (zu ahd. Namen wie bei Förstemann unter Hroc) hervorgegangen zu sein.29 Umdeutungen kamen zu allen Zeiten vor. Es war naheliegend, dass sich der alte Göttername Angil, Ingal nach Einführung des Christentums sofort auf Engel umstellen musste: Engelbrecht, Engelfrid, Engelhelm, wobei aber in einigen Namen die nicht-christliche Herkunft doch noch klar genug zu Tage tritt: Engelram (Angil-, Ingalramnus = - 18 Rabe des Ingal, eine andere Form Ingraban), Engelhart, Engelpero (Bär), Engelger, Engelwolf. Mit dem Christentum verschwanden Namen wie Ballomar und Balovin, und es blieben Baldomar und Baldwin, wo man nicht mehr an den Gott Bal(l) (Pol(l) , Phol, Balder) zu denken brauchte, sondern bloss an «bald» = kühn. Also konnte Baldwin aufgefasst werden als «kühner Freund» statt «Balders Freund». Die ältesten überlieferten Personennamen aus der Zeit, da das Christentum bei den deutschen Stämmen noch nicht Eingang gefunden hatte, zeigen ganz offenbar, dass sie mit dem Kult zusammenhingen und mit Vorliebe Götterbenennungen enthielten: Ingomar im 1. Jahrhundert, Ballomar um 170, Ermenmar, Ansmar, Vadomarius im 4. Jahrhundert (B schon früh als V zu lesen) = Uuatmir, Votmar. S. 23: Vadomar, «Uuadomar», Uuotmar gehört zu W(u)otan,30 Uuodan (angelsächs. Vôden) und bedeutet «W(u)otanverkünder» (vergl. anno 667 Cristomar, Engilmar noch 1163 als Vorname belegt, gleichzeitig Uto und Uta, Th. v. Mohr, Codex diplomaticus). Bereits in den Jahren 805-824 hat ein Abt zu St. Mihiel an der Maas altdeutsche Namen völlig falsch erklärt, so z. B. das mit Vadomar identische Uuatmir durch «vestimentum mihi», Richimir = «potens mihi», Altimir «vetulus mihi» (!). - In den zweistämmigen Personennamen, die als ersten Bestandteil W(u)otan enthalten, ist die Endung -an weggefallen (vergl. Scrut-an, aber Scrut-olf, Jord-an aber Jord-uin) oder durch -al ersetzt: W(u)odan, W(u)odal gleich wie Ing Ingal, Ans Ansel (Anselbert), God Godal (Godalbold, Godalfrid, Godalger, Godalgrim, Godalhart, Godalrich usw.). Einer Umdeutung von Vuat-, Wuot-, Uot- kam das ähnlich klingende Wort ôt zu Hilfe, und da dieses seinerseits auch zu Namenbildungen diente, fand eine Vermengung der beiden Stämme statt, so dass Uuatmir, Votmar, Uotmar zu Otmar wurde und aus einem Wuotwin, Uotwin (Freund Wuotans) ein Otwin (Freund des Besitzes, des Reichtums), später Oetwin. Oetwil a.S hiess 943, 972 Utinwilare, 1018 Utonwilare, 1040 Utoniswilare. - Namen wie Wotansdiener (Wuodalscalch, vergl. Ingalscalch, Godalscalch, Asscalc), Wotansgrimm, Wotansspeer, Wotansrabe hatten noch eine Bedeutung, ersetzte man aber später Wodan durch (u)odal und ôt (Besitz), so ergaben sich teilweise ganz sinn- und inhaltslose Formen. Die ursprüngliche Bedeutung leuchtet in einigen Namen trotz der Vertuschung noch deutlich genug durch: Otramnus - 19 (Wotansrabe), Othelm, Otgrim, Otker,31 Otgunt, Otbald, Otprand, Othart, Otmunt (Edmund), Otnant, Oterat (= Udurat, vergl. Donarad, Erat), Odoachar (= Audovachrius, wachar = wacker, wachsam), Otolf (Vuadouulf). Übrigens sind trotz Christentum direkt die S. 24: Formen Wotan (mehrmals, 800, 819, 821, 823 usw., auch Woatan, Autan, Odan, Otan) und Denar als Personennamen bezeugt. Viele mit «uodal» (Stammgut) gebildete Namen gehörten offenbar in vorchristlicher Zeit zum Namen des Gottes: Odolerhamnus (Odilcramnus, hramn, hraban = Rabe), Odescalch, Oudelscalch (Vadalscalch, Uodalscalch, Oadalscalch), Wadalgrim (Odhilgrim), Odelprand, Odelhelm (Uodalhalm), Uodalfrit (Vaddalfrid, Wadefred, Otfrid), Uodalger (Vadalgar, Wodolgar, Aodalker, Wodelger, Vadalket), Udilbald (Odalpald, Wodilbalt, Vadilbold), Uodelolf (Watlulf, Wodilolf, Othilulf), Udalwin, Uadah·at (Wodilrat, vergl. Angilrat). In den Monumenta Germaniae (Libri Confraternitatum) kommt mehrmals vor: Wodalrich.32 Auch andere Umdeutungen kamen bereits zur Zeit der Einzelnamen vor. Ein Willehelm, also einer, der einem «cnuosal» mit dem Kennzeichen W angehörte, hatte als Söhne: Willehelm, Willihar, Wintar, Sumar. Der Name Wint(h)ar ist jedenfalls ursprünglich identisch mit den ebenfalls bezeugten Formen Wineter. Winiter, Winither, Winithar, Winidhar(i), die Auffassung als Winter rief den gegensätzlichen Namen Sumar hervor. Besonders üppig gediehen die Umdeutungen nach Entstehung der eigentlichen Geschlechtsnamen, nachdem schon viele fremde Vornamen aufgekommen waren wie Johannes, Petrus, Jacobus und der Sinn vieler altdeutscher Wortstämme nicht mehr verstanden wurde, so z. B. Hunger, der dem Hungerbühl zum Namen verhalf, Haas (als Personenname Haso) schon im 9. Jahrh. und 1028 (ahd. hasan = politus, venustus, hasinôn = polire). S. 25: Zeppelin (Zepellinus) wird im mittelhochdeutschen Namenbuch von Socin doppelt eingereiht, sowohl unter ahd, Taufnamen wie auch unter Übernamen (Zwiebelchen?). Dort finden sich ferner: Zebel = Cebel = Zebil = Zepel (caepula, zibel, zwebel, zwobel = Zwiebel), 1219 Rollus Cebolle miles. Zeppo im althochdeutschen Namenbuch von Förstemann. 1044 Zibo et Zinpelin de Ilnowa (Urkundenbuch Zürich). - 20 Benzo (= Penzo = Panzo = Banzo) gehörte ursprünglich zu Namen wie Pandolf u.a., später wurde Benz Abkürzung für Benedikt. Banz stammt nach dem HBL vom ahd. Namen. Die Schreibweise Ingold für Ing-olt wurde offenbar durch die Auslegung «in Gold» inspiriert. (1279/83 Ulr. Angold im Codex diplomaticus). - Stächeli lässt eher an Stachel denken statt an Stahl (stahal). Der stächeline Bund = der stählerne Bund (HBL). Beer (zu Pero, Bär) ist durch das Wort Beere beeinflusst, sowie Läubli durch Laube, statt Leubli zu Leubwin, Liubwin, Liubene. Die Lanz (zu Namen mit Land ... ) führen als «sprechendes Wappen» die Lanze, die Aerni drei Aehren, statt arn, aro = Adler, was zwar wiederum nicht der ursprünglichste Sinn sein mag. Der in der Schweiz schon im 13. Jahrh. belegbare Geschlechtsname Jud könnte der ahd. Name Juto, Judo (anno 797) sein, Yuto (9. Jahrh.), Jutcar (Eotkar, Juthingar), Jutrad, Judoald, Eodunc, Judelhildis, vergl. HBL unter Juthungen. Auf einen ahd. Namen geht jedenfalls das schon im 12. Jahrhundert vorkommende Geschlecht Judemann zurück, trotz den drei Judenhütchen im «redenden» Wappen, anno 865 Jodelman. Bilgeri kann der ziemlich häufige ahd. Name Biligrim (Pilgrim, Belegrim usw.) sein, der ursprünglich nichts mit peregrinus = Pilger zu tun hatte, denn darin steckt der Stamm «Grimm». Die eigentümliche Formveränderung von lat. peregrinus zu deutschem «Pilgrim» ist jedenfalls in Anlehnung an den uralten Personennamen entstanden (ahd. Namen: Bilitrud, Bilifrid, Biligard, Biligrim, Biliheid, Bilihelm, Bilimunt, Biliram, Bilerat, Piligis usw.). S. 26: Zimmerli wird immer mit der grössten Selbstverständlichkeit als zum Beruf des Zimmermanns gehörig dargestellt, obwohl es mit mehr Wahrscheinlichkeit ein Diminutiv zu Zimmer (früher Zimer, Cymer) darstellt, welcher Name auch in Zimikon enthalten ist. Umdeutungen machten sich natürlich nicht nur in den Personen- und Familiennamen geltend, sondern auch auf dem Gebiet der Siedelungsnamen. So scheint «Ammannsegg» völlig unmissverständlich aus den beiden Komponenten «Ammann» und «Egg» zusammengesetzt, wogegen uns aber die Urkunden belehren, dass weder das eine noch das andere stimmt. Es handelt - 21 sich um den Personennamen Amalo (Amalolt, Amanolt), im zweiten Bestandteil um «Eich», der alte Name lautete nämlich Amelseich, Amaltseich. Auch die Bezeichnung Weinfelden scheint klar. Die ursprüngliche Ortsbenennung begann aber nicht mit «Wein», sondern mit dem gleichen Wort wie Kiburg (Chuigeburch, Cuiburg, Quiburk), denn in der ältesten Urkunde heisst es Quivelda. Solche Umdeutungen nennt man Volksetymologien. *** Rückblick. Vorab galt es zu zeigen, dass die heutigen Geschlechtsnamen, die auf altdeutsche Personennamen zurückgehen, an Zahl viel grösser sind als man gemeinhin annimmt, und zwar gibt es eine beträchtliche Menge solcher, die überhaupt nicht als Vornamen belegt werden können. Es ist also keineswegs angängig das Axiom aufzustellen: «Eine Ableitung von einem ahd. Namen kommt nur dann in Frage, wenn vorerst der Nachweis erbracht worden ist, dass dieser in der betreffenden Gegend einst als Vorname zur Verwendung kam.» Man will es vielfach nicht wahr haben, dass sich ein Familienname unmittelbar aus einem ahd. Namen entwickeln konnte. Der Leser ist mit der alliterierenden Art der Sippenbenennung der alten Deutschen, dem Begriff «cnuosal»33 und mit dessen Auswirkungen auf die spätere Zeit nach der Entstehung von Familiennamen vertraut gemacht worden. Es ist gezeigt worden, dass der im «cnuosal» begründete Geschlechtsname vielfach durch einen Wohnsitznamen (vom «uodal») verdrängt wurde, der aber oft neben dem Letztem als Beiname im S. 27: Bewusstsein verblieb. In diesem Falle konnten sich solche Doppelbenennungen manchmal eine Zeitlang den Rang streitig machen, wobei dann z.T. der eine, z.T. der andere endgültig die Oberhand als bleibender Familienname gewann. Ferner wurden die Wechselbeziehungen zwischen Sippen- und Siedelungsnamen einer Erörterung unterzogen. Übereinstimmungen zwischen solchen sind nicht immer blass dahin zu deuten, dass ein Geschlecht den Namen nach dem betreffenden Orte erhalten habe, sondern vielfach handelt es sich direkt um die Fortsetzung der Sippe, die dem Ort einstmals zum Namen verholfen hat. Viele der Familien, die heute einen Geschlechtsnamen nach Herkunft, Beruf oder Übernamen tragen, hatten einst bereits Ansätze zu einem ahd. Sippennamen, die die ältesten sind. Ein letzter Abschnitt handelt über ahd. - 22 Namen, die eine Umdeutung des ursprünglichen Sinnes erfahren haben. Zuweilen gehen heutige Familiennamen auf ahd. Namen zurück, obwohl sie dies jetzt nicht mehr so leicht erkennen lassen, weil sie schon recht früh im Mittelalter anders aufgefasst worden sind.34 Ein besonderes Augenmerk ist denjenigen Namen geschenkt worden, die auf den alten Götterkult Bezug haben, und zwar aus dem Grunde, weil diese bisher zum grossen Teil verkannt und missverstanden wurden. Es ist interessant zu zeigen, wie in vielen deutschen und sogar in welschen Vor- und Geschlechtsnamen die alten deutschen Götter immer noch ihr verstecktes Dasein fristen, so Wodan im deutschen Ulrich, Uodalrich, im französischen Audeoud, im italienischen Odescalchi, Balder in den französischen Geschlechtsnamen Baudry, Baudin, Ern im franz. Erard usw. Förstemann hat in seinem ahd. Namenbuch die vielen Zusammensetzungen mit dem WodanStamm nicht erkannt, aber es fällt ihm die Häufigkeit der Namenselemente auf, die er unter OTHAL und AUDA vereinigt (siehe dort auch unter UD, OD, VADJA, VODJA usw.). Sogar beim Personennamen, der direkt in der Form Wotan erscheint, wagt er den Zusammenhang mit dem Namen des Gottes in Zweifel zu ziehen. Uto, Uta wurden bisher als Stammvater, Stamm-mutter ausgelegt, indem man diese Bedeutungen willkürlich sekundär von uodal = Stammgut ableitete. Eben gerade kultische Begriffe und Götterbezeichnungen kamen am häufigsten als Bestandteile von ahd. Personennamen vor, man sehe z. B. bei Förstemann die umfangreichen Gruppen unter ANS, ANGIL, INGVI, IRMIN nach. Anmerkungen: 1 Zu Namen wie Ellenbrecht, Ellinhart usw. Der Ort Ellikon wird schwerlich aus einem Frauennamen entstanden sein. 1366 Johs. Schrindleder und Elli sin sun (Steuerbuch Zürich). 2 Der altdeutsche Name Wuoterich, Uoterich ist belegt in den Formen Wadirich, Udorich, Wodaricus, Wuderihc, Vutrihhus. Uuoto im Necrologium von Reichenau. Vuato in Goldast's alamannischer Namenliste. 3 Eru (Ares) ist der Beiname des Gottes Ziu (Mars). Der Dienstag (dies Martis) hiess ausser zistag auch ertag, ertac, eritac, erichtac, in süddeutschen Mundarten noch heute erta; (Eresburg, Aeresburg = Mons Martis; altnordisch ör = Pfeil, Streit, Hader, Kampf). Erhart = beherzt (hardi) wie der Kriegsgott Eru, Ares. Erwin = Freund des Kriegsgottes. Ferner enthalten Götterbezeichnungen: Irminwin (Ermoin, Armoin, Armin), Ingalwin (Angloin, Engelwin), Ingelram (von Coucy 1375), Baldwin (franz. Baudouin, Baudin) = Freund Balders (Phol's, Apollo's), Uotwin (Utin, Otini, später Oetwin) = Freund Wuotans (1336 Heinr. Oetwin in Thayngen), Godwin, Frowin (Fro, Gott der Fruchtbarkeit), Answin, Gothart, Inghart (Inchard), Baldhart, Godolt (Godoald), Erolt (Eriswil = Erolteswilare), - 23 Ingolt (Engewald), Thorwald, Ansolt, Baldolt (Baldoald), Irminolt, Erich, Balderich (franz. Geschlechtsname Baudry), Ziolf (Thiulf), Thunerulf, Donarpercht, Donarad, E(h)rat, Albthonar, Anshelm, Ingalhelm, Esthelm, Asthar, anno 547 Astulf. Die noch modernen nordischen Frauennamen Ingeborg, Ingrid, Astrid beginnen mit denselben Götternamen wie die Benennungen der alten Kultverbände der Ingväonen und Istväonen. Für Astrid altschwed. auch Estrid, Aestrith. 4 Ans. entspricht der nordischen Götterbezeichnung «die Asen»; ferner enthalten in Oswald (= Ansolt) und Oskar (= Ansgar). 5 Raymund, Raginmund, Reginmund = «Götterschutz», regin = die Götter («die Beratenden», «die vorsehenden Lenker», «die Richtung Gebenden»). Nordisch Ragna-Rök = der Untergang der altgermanischen Götter (Götterdämmerung). 6 Die Alliteration scheint auch bei den alten Kelten gegolten zu haben: Vercassivellaunus war Vetter des Vercingetorix. (Vermutlich auch noch bei andern Indogermanen). 7 «Die Schwestersöhne geniessen bei ihrem Oheim mütterlicherseits dieselbe Ehre wie bei ihrem Vater. Einige betrachten Blutsverwandtschaft dieser Art sogar für heiliger und enger.» Diese Stelle aus Tacitus Germania macht es wahrscheinlich, dass die alliterierende Benennung oft nach der Sippe des Oheims mütterlicherseits stattfand. 8 In der altgermanischen Mythologie kommt «Sippe» als Gottheit der Ehe vor (Sif, Thonars Gemahlin). 9 Rams-ei, Rämis-gummen zu Ram (anno 807), Ramno (853), Hramn, Hraban (= der Rabe). 10 Althochdeutsch -knäu = (ich) erkenne (-gnosco), cnäan kennen, hi-knäen, bechnäen, ir-chnäen = erkennen. Die Wortgruppen «kennen» und «gen-» (= zeugen) müssen urverwandt sein. Ahd. chunni = Geschlecht (gens), chunnan= kennen, wissen, engl. kin = Verwandtschaft, angelsächsisch cennan = zeugen, gebären, sanskr. jna = kennen, wissen, jilati = Verwandter, jan = zeugen, gebären, janaka Vater, janani Mutter, jana Mensch, Leute (franz. les gens), got. kunds herstammend (z. B. himinakunds). 11 Vergl. die ahd. Namen Zollo, Zollin (801). - 1240 Schullo (Nebenform zum Namen Schollo, wie Zullo, Zulli zu Zollo). 12 Wohl auch Scal, Scali (bei Förstemann), wie aus dem alten Namen Scalaberg für Schollenberg zu erschliessen ist. Schollbach, B.-A. Ebersberg, hiess einst Scalpach, Schlettstadt = Scalistati. 13 Fr. M. Huggenberg, Die Schollenberger von Berg und Buch a. Irchel, 1937. 14 Die «von Illnau» können kaum die Vorfahren der «von Landenberg- auf der alten Burg sein, wohl aber vom selben «cnuosal» abstammen, wie vielleicht auch die von Landsberg (1257 Lantsberc), ein St. Galler Ministerialengeschlecht. (1263 zeugen auf der Burg Elgg Walter von Landsberg und Beringer von Landenberg.) Es kann an Verzweigungen in ganz früher Zeit gedacht werden wie es später solche gab von Alt.-L., von Hohen-L., von Breiten-L., von Landenberg-Greifensee usw. Zu den Landenbergern gehört auch das St. gallische Ministerialengeschlecht, das sich «von Turbental» nannte (zuerst 1177). In Turbenthaler Urkunden: 858 Waltheri neben Lantfrit und Lantoll, 869 Perenhart, Peringer, 878 Waltheri, Pernhart, Lantolt, 884 Waldhere, Pernhart, 892 Waldharius, Lantfridus. Es ist nicht ausgeschlossen, dass auch die spätern Freiherren von Regensberg um 800 oder vorher dem «cnuosal» der «Lande» entstammten, denn der erste bekannte heisst Landeloh. (870), später wiederholte sich immer wieder der Name Lülolt. (Zusammenhängender Besitz von Rüti bis Kaiserstuhl, Streubesitz im Aargau, Thurgau usw. Vgl. auch die Namen Lanzrain und Glanzenberg.) 15 Betreffs Umwandlung von nd zu ng vergl. 1489 Cuoni Lanndollf von Büren zum Hof = 1527 Cuon Langolff von Büren zum Hof, 1380 C. Mindrer (Minder) zu Limpach, - 24 1513, 1527 Ben(e)dict Min(n)drer von Limpach = 1528 Benedickt Mingger = 1529 Bendickt Minger = 1533 Bendicht Mingerer von Limpach, Sowohl Minder wie Minger hiessen ursprünglich Mindrer, jedenfalls nach dem mittelalterl. Hof Mindren, Gmde. Wynigen, heute Mingeri, zentral gelegen im alten Verbreitungsgebiet: Huttwil, Utzenstorf, Limpach, Fraubrunnen. 16 Die Vorliebe für einen gewissen alten Namen tritt zuweilen deutlich zutage: Bei den von Deitingen waren Hesso und besonders Sachso beliebt, so dass man auch von den Sachsen von Deitigen spricht. Dass sich der Name Sachso bereits znm richtigen Geschlechtsnamen entwickelt hatte, zeigen Beispiele wie Konrad und Johans Sachso von Deitingen. - In der Familie «von Burgistein» wurde in verschiedenen Generationen der Vorname Jordan gegeben. (Jordanes, Jornandes, Jordoin kamen schon vor dem Jahr 1000 im deutschen Sprachgebiet vor, auch weibliche Jord(h)ildis, Jordana.) - Die von Uozingen liebten die Ortolfe, einmal finden sich gleichzeitig zwei Brüder dieses Vornamens. - «Herr Wernher und aber Herr Wernher sin bruoder, ritter von Hegendorf». - Die Grafen von Pfullendorf (s. HBL) stammen von dem Udalrichinger Ulrich VI. ab und die Grafen von Zollern (s. HBL) wahrscheinlich von den Burkhardingern. - In diesem Sinne könnte man die Freiherren von Regensberg als «Lütoldinger» bezeichnen. - Ingelram von Coucy, der 1375 ins Aaregebiet einfiel, war der siebente mit solch ungewöhnlichem Vornamen von den historisch Belegbaren dieses Geschlechts. 17 z.B. 1268 Reinbold von Stotzheim, Landcommenthur der Deutschherren in Burgund und Elsass, 1326 Bruder Heinr. Stotzheim. 18 Das dürfte selbst bei den im 14. Jahrh. im Luzernerbiet vorkommenden der Fall sein. Das Kloster St. Urban liegt ja auf Luzernerboden. 1295 erhielt ein Ritter v. Önz einen Leibeigenen aus Roggliswil, namens Rozelin, geschenkt. 19 Vielleicht hängt Richisberg mit diesem Geschlecht zusammen. 1375 eine Urkunde, wonach Jost der Richo, Ritter, Schultheiss zu Solothurn, einen Hof im Kirchspiel Lünisberg verkauft. (Richisberg unmittelbar neben Lünisberg, das eine Kapelle besass.) - Rich bedeutet «Herrschen und ist mit lat. regere verwandt (got. reiks = Herrscher, mächtig). Hildebrandslied: bi desemo riche (= bei diesem Herrscher). Muspilli: Dâr scal er vora demo riche az rachu stantan (da soll er vor dem Herrscher zur Rechenschaft stehen). Reich im Sinn von «dives» hiess ahd, ôtag, die Latinisierung mit Dives entspricht einer spätern Umdeutung von «Rich». 20 Im Necrologium von St. Urban: R. de Wile, can. Zovingensis, dedil certos redditus 3 lb. in Bolatingen. - Ausser in Polatingen steckt der altgermanische Gott Pol = Phol = Balder (= Apollo) in oberdeutschen Ortsnamen: Pholesbrunno, Poleschirichün. Pholes-piunt, Pholinc-hova, Pholes-auwa (heute Pfalsau), Pfullendorf. Geschlecht Pfohl. 21 Gleich wie auch die Schwager, die Wetzel, die «von Zollikon», alle ebenfalls Burgergeschlechter von Grüningen. 22 Burgundisch Engewald, im Norden in Runenschrift überliefert: Inkiualtr. 23 1276 ein Maior-domus zu St. Urban und ein Notarius im Kloster Frienisberg. Vor 1278 Vergabungen zu Recherswil und Niedergerlafingen ans Kloster Fraubrunnen. 1318/24 Lütprand von Inchwile, Burger von Solothurn, dessen Frau später den Joh. von Eriswil heiratete. 24 «Uodal» (Erbgut, angestammtes Besitztum, Grundeigentum, Stammgut) und «Adel, edel» sind sprachlich verwandt. 25 Diese besuchten 1504 in Zürich ein grosses Schützenfest, samt dem Mönchsbruder von Stauffen, wo es schon vor 1275 eine Kapelle gab. (1311/16 Hartm. vom Stein, Kirchherr zu Stauffen.) 26 Bollo, Pollo, Ballo zu Pol, Phol (= Balder, Apollo) wie Uto zu Uuotan (Odin). Ein alter Zauberspruch beginnt: «Phol (ph = pf) ende Uuodan fuorun zi holza ..., Vergl. mit Phol und Uuodan die Personennamen Pollachar und Odoachar (Odoaker). Phol, Apollo = der assyrische Sonnengott Bel = der biblische Baal = der keltische - 25 Feuergott Beall. Der Name Baldwin kommt auch in der ursprünglicheren Form Balovin vor (bal = licht, hell). Ums Jahr 170 ein germanischer Name Ballomar (aus griechischer Quelle) Verkünder des Ball, Phol, wie Vadomar (im 4. Jahrh., Wotanverkünder, «Uuadomar»), Ingomar (im 1. Jahrh.), Cristomar (667). 27 Der Name Iring muss mit altgermanischem Kult in Zusammenhang stehen: IringesWeg = die Milchstrasse, Irmines-Wagen = der Himmelswagen, im 8. Jahrhundert ein Personenname Irincramnus (Irings Rabe). Kultstätten: Iringisperg, Irminperg, Thuneresberg, Wodenesberg (= Godesberg a. Rhein), Asenberg (= Hasenburg), Eresburg. 28 Im klassischen Arabisch: Plural: (Gen., Ace.). 29 Vergl. die folgenden Zeugenlisten miteinander, beide von 1438. 1. Hensli Schütz, Heini Huber, Hensli Cun, Ulli Marchwart, Clewi und Ulli Züricher, Ulli Gerwer der Weibel zu Huttwil, Hensli Ruchen von Fiechten, Heintz Trachsel, Clewi Schindler, Hensli KnolL 2. Hans Schütz, Hein von der Hub, Cuno von Niderhuttwil, Ulli Marquart, Clewi und Ulli Züricher, Ulli der Weibel, Ruch von Fiechten, Hentz Trächsel, Clewi Schindler, Hans Knoll. - Im zweiten Fall ist «von Fiechten » deutlich als Geschlechtsname aufzufassen, im ersten dagegen noch nicht. Von da an findet man den Namen Ruch nicht mehr in Fiechten, sondern «von Fiechten» = Fiechter. 30 W(u)otan ist auch in der Form Watan belegt: 937 Watanesweg = 973 Wodenesweg, Vodenesvege. Wodenesberg = Utenesberg (= Godesberg a. Rh.). Auf einer Votivtafel steht: Vatvims. 31 Otker, Otgar, Odgar, Wadegar, Autgar, Audogar, Autcar, Otcher, Okger, Ugger usw. ursprünglich «Wotans-Speen. Daher der heutige Geschlechtsname Oegger und der Ortsname Oekingen im soloth. Wasser amt, früher Oetkingen. 32 Dieser Name (heute Ulrich) hat im Laufe der Zeit eine dreifache Deutung erfahren: ursprünglich zu Wotan Wuodan, Uuodan (also Wodalrich, Uuodalrich wie Godalrich, Ingalrich, Balderich, Erich), dann zu «uodal» = Erbgut, und drittens durch Zwingli als Huldreich aufgefasst. - Eine andere Umdeutung des WotanStammes in Personennamen: Adelgoz wird als «Edelgote» ausgelegt. Derselbe Name kommt auch in den Schreibweisen Aodalgoz, Oadalgaoz, Wadalgaut vor und entspricht dem angelsächsischen Vödelgeät (Wotan-Gottheit). - Statt uo steht oft altertümlicher ua (Ruadolf z. B. im Totenbuch von Reichenau). Im Anlaut erleidet nichts so viele Variationen in der Schreibweise wie eben die Gruppe Wuo, nämlich Uuo, Uua, Vuo, Vua, Wa, Wo, Uo, Oa, Ou, Vu, Vo, daher Uato, Uado, Vado, Oato, Vuato, Uuoto, Woto, Waddo, Wato, Watto, Uoto, Voto, Voddo, mit wini (noch älter wuni) Otini, Otuni, skandinavisch ödven, Audun, Öthin, Oddvin. 33 «Kennsal», «Kennsel» (sprachlich wie Schicksal, Ueberbleibsl, Anhängsel). 34 Die Form Zitloso 1374 neben einem Zitlostal verrät, dass der Name bereits damals falsch gedeutet wurde, nämlich als «der Zeitlose, derjenige ohne Zeit», statt zu ahd. Citilo. Internet-Bearbeitung: K. J. Version 10/2012 --------