Nimm`s - Motorrad
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Nimm`s - Motorrad
t o p - t e s t Suzuki V-Strom 1000 Nimm’s Leicht Bei Leistung, Preis und Gewicht soll Suzukis neue V-Strom 1000 mitten in die Lücke zwischen 800er- und 1200er-Reise-Enduros treffen. Das gilt auch fürs Gewicht: Nur 229 Kilogramm vollgetankt wirken wirklich einladend. Zusätzlich schaffen ABS, Traktionskontrolle und viele durchdachte Details Vertrauen. Von Thomas Schmieder; Fotos: fact, Hersteller (7) 30 test+Technik 4/2014 P ierre-Yves kennt sich aus: „Wow, ihr habt ja schon die neue V-Strom 1000 dabei.“ Er hat Suzukis große Neuheit für 2014 schon aus der Ferne erkannt. Kein Wunder, der Mann aus Marseille fährt die 650er-Schwester. So wie Zehntausende Motorradfahrer rund um den Globus: Fast 200 000 Exemplare von V-Strom 650 und 1000 hat Suzuki seit dem Jahr 2002 gebaut. Davon sind drei Viertel 650er. Sie ist seit 2004 durchgehend im Angebot, mittlerweile stark überarbeitet. Der alten 1000er fehlte es dagegen an ABS und Feinabstimmung, 2008 purzelte sie folgerichtig in Europa aus dem Programm. Wie gut denn die Neue ist, will PierreYves wissen. Seine Frage zielt aufs große Ganze: Ist die komplett umgekrempelte 1000er der passende Aufstieg für alle, denen aktuelle 1200er-ReiseEnduros zu mächtig sind – bei Preis und Abmessungen, Gewicht und Leistung? Die aber mehr wollen als eine 650er w w w. m otor r ad onl i ne.d e oder 800er? Nun, zunächst mal überrascht die Akribie, mit der Suzukis Techniker und Ingenieure sich ans Werk gemacht haben – siehe Kasten auf Seite 34. Nicht allein optisch wirkt die neue V-Strom, die eben keine alte Bekannte ist, erstaunlich frisch. Ihr spitzer Schnabel soll nicht etwa Nähe zur BMW GS betonen, sagt Suzuki. Sondern die hauseigene DR Big mit 750er-Einzylinder zitieren. Schließlich habe diese Schnabeltiere in der Motorradwelt vor gut 25 Jahren salonfähig gemacht. Neuzeitlich garniert mit golden eloxierter Upsidedown-Gabel und filigranen Zehn-SpeichenRädern statt plumper wirkenden DreiSpeichen-Gussfelgen wie früher. Edel: Aluminiumblenden vom Tank zum Schnabel. „Très chic“ findet Pierre-Yves das alles. Vor allem die „schlanke Stirn“ mit den übereinander montierten Hauptscheinwerfern. Sitzprobe für den Franzosen. „Oh là là, pas mal“, nicht schlecht! Leicht bekommen auch 1,70-Meter-Männer beide Fußsohlen test+Technik 31 Top-Test Suzuki V-Strom 1000 auf den Erdboden. Denn die Taille der Suzuki ist schön schlank zugeschnitten, relativiert 86 Zentimeter lichte Höhe der einteiligen Sitzbank. Allerdings ist der Tank spürbar breiter, spreizt die Beine doch ein wenig. Wer’s am Po niedriger oder höher mag: Das reichhaltige Zubehörprogramm hält passende Sitzbänke zu 180 Euro extra parat. Was Pierre-Yves sofort auffällt, ist „das neue Sitzgefühl“: aktiver und höher als auf seiner 650er. Näher am Vorderrad, näher am Geschehen als auf der alten 1000er. Der aktuelle, moderat gekröpfte Lenker kommt dem Fahrer gut drei Zentimeter mehr entgegen. Pierre-Yves schwenkt die V-Strom im Stand von links nach rechts und wieder retour. „Not too heavy“, nicht zu Fein gemacht: Wartungsfreie LED-Rückleuchten, die Gepäckbrücke hat praktische Haken schwer, befindet er. 229 Kilogramm vollgetankt sind nur 15 mehr als bei seiner 650er. Handschlag, Fahrerwechsel, au revoir. Der V2 mit komplett neuen Zylindern, Köpfen und Kurbeltrieb klingt kernig, wummert wohlig. Trotzdem nimmt der nun einzelne Schalldämpfer seine Aufgabe ernst, dämpft sehr ordentlich. Wild und mild. Trotz Klappe im Auspuff : Dieser Motor bleibt auch beim Hochdrehen akustisch dezent, schont seine Umwelt. Ohne deswegen durch faden Sound zu langweilen. Gut so. Lieber Pierre-Yves, vielleicht liest du ja diesen Artikel in unserer gallischen Schwesterzeitschrift „Moto Journal“. Es gibt noch so viel zu berichten über die 1000er. Vor allem Gutes! Das beginnt mit dem Kraftwerk. „Nur“ 100 statt früher 98 PS Spitzenleistung könnten einem verwöhnten Kennzeichen der neuen V-Strom: ABS, Vierkolbenstopper und die voll einstellbare Upside-down-Gabel Deutschen wenig scheinen. Aber bei euch in Frankreich ist das ja ohnehin das Ende der Fahnenstange. Und bei der Art seiner Leistungsabgabe erfuhr Suzukis alter Bekannter eine bemerkenswerte Kraftkur. Der auf 1037 Kubik aufgepumpte 90-GradV2 stammt ja in Grundzügen noch aus der TL 1000 S. Sensible Naturen glauben, die typischen Zwischenwellen zum Antrieb der je zwei obenliegenden Nockenwellen beim Kaltstart herauszuhören. Warm wie kalt springt der Motor tadellos an, hält eine stabile Leerlaufdrehzahl. Kräftig, fast ungestüm kommt der Kurzhuber von der Antihopping-Kupplung. Sie soll ein stempelndes Hinterrad beim heftigen Runterschalten verhindern. Der Kupplungshebel lässt sich zwar dank Servo-Unterstüt- Gut bestückt: Cockpit mit dominantem Drehzahlmesser, Ganganzeige, Bordcomputer und Steckdose Drehmomentfördernd: Ein flaches Interferenzrohr verbindet die zwei Krümmer suzuki V-strom 1000 ABs M oto R Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-90-Grad-V-Motor, zwei obenliegende, zahnrad-/kettengetriebene Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, Tassenstößel, Nasssumpfschmierung, Einspritzung, Ø 45 mm, geregelter Katalysator mit Sekundärluftsystem, Lichtmaschine 490 W, Batterie 12 V/12 Ah, hydraulisch betätigte MehrscheibenÖlbadkupplung (Anti-Hopping), Sechsganggetriebe, O-Ring-Kette, Sekundärübersetzung 41:17. Bohrung x Hub 100,0 x 66,0 mm Hubraum 1037 cm³ Verdichtungsverhältnis 11,3:1 Nennleistung 73,5 kW (100 PS) bei 8000/min Max. Drehmoment 103 Nm bei 4000/min FA H R W e R K Brückenrahmen aus Aluminium, Upside-down-Gabel, Ø 43 mm, verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Zweiarmschwinge aus Aluminium, Zentralfederbein mit Hebelsystem, verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn, Ø 310 mm, Plump: Höhenverstellung per Werkzeug. Pfiffig: Die Neigung der Scheibe rastet per Hand in drei Stufen Vierkolben-Festsättel, Scheibenbremse hinten, Ø 260 mm, Einkolben-Schwimmsattel, Traktionskontrolle, ABS. Alugussräder 2.50 x 19; 4.00 x 17 Reifen 110/80 R 19; 150/70 R 17 Bereifung im Test Bridgestone BW 501/502 „J“ MAße + G e W I C H t e Radstand 1555 mm, Lenkkopfwinkel 64,5 Grad, Nachlauf 109 mm, Federweg v/h 160/160 mm, zulässiges Gesamtgewicht 440 kg, Tankinhalt 20,0 Liter. zung leicht ziehen, aber nicht besonders gut dosieren: Kraftschluss gibt’s erst auf den allerletzten Millimetern Hebelweg. Lästig beim feinfühligen Anfahren oder Wenden. Einmal in Fahrt, drückt der V2 nachdrücklich nach vorn, bereits tief im Drehzahlkeller. Suzuki verspricht maximal 103-Newtonmeter-Drehmoment bereits bei 4000 Umdrehungen. Kommt fast hin. Unser DynojetPrüfstand daheim in Deutschland fand 99,7 Newtonmeter bei 6400 Touren. Und zusätzlich einen ersten, kaum weniger kräftigen Peak zwischen 3500 und 4000 Touren. Im Drehzahlkeller gibt’s also reichlich Kraft. Da wird frühes Hochschalten zum Genuss. Bereits bei 7000 Touren liegen volle 98 PS an. Über der 7000er-Marke wirkt der V2 zäh, dreht in den höheren Gängen wenig lustvoll aus. Auspressen bis 8300/min, damit volle 102 PS anliegen? Nicht nötig. Doppelte Drosselklappen, eine vom Fahrer, eine vom schnell reagierenden 32-Bit-Bordrechner betätigt, sollen die Strömung im Einlasstrakt verbessern. Und so die Füllung in den großen Brennräumen samt Ansprechverhalten optimieren. In der Tat folgt der V2 dem Zug am Gaszug direkt. Erschreckend oder aggressiv geht er nie ans set up s e R V I C e - D At e N Service-Intervalle 12 000 km Öl- und Filterwechsel alle 12 000 km, 3,1 Liter Motoröl SAE 10W-40 Telegabelöl k. A. Zündkerzen NGK LMAR8BI-9 Leerlaufdrehzahl 1200 ± 100/min Reifenluftdruck solo (mit Sozius) vorn/hinten 2,5/2,9 (2,5/2,9) bar Garantie zwei Jahre Farben Braun, Rot, Schwarz, Weiß Preis Nebenkosten 12 290 Euro 250 Euro Zubehör -programm Selbst empfehlenswertes Zubehör lässt sich Suzuki an der V-Strom 1000 extra bezahlen. Hier sind die wichtigsten Komponenten: ◾ Tourenscheibe (rund 50 Millimeter höher, dreifach höhenverstellbar): 174,95 Euro ◾ Beheizte Griffe (fünfstufig): 209,95 Euro ◾ Handprotektoren (schwarz): 74,95 Euro ◾ Kofferset (Volumen 26 Liter rechts, 29 Liter links): 879,90 Euro ◾ Topcase (35 Liter Volumen): 620 Euro ◾ Tankrucksack (Nylon, fünf bis neun oder elf bis 15 Liter Volumen): 109,95 und 184,95 Euro ◾ Befestigung für Tankrucksack: 31,95 Euro ◾ Hauptständer (pulverbeschichtetes Stahlrohr): 199,95 Euro ◾ Motorschutz (wahlweise Kunststoff mit Aluminiumeinlagen oder zwei Millimeter starkes Alublech): 174,95 bzw. 239,95 Euro ◾ Sturzbügel-Set (pulverbeschichtetes, zwei Millimeter starkes Stahlrohr): 239,95 Euro ◾ LED-Nebellampen (310 Gramm je Leuchte, zur Montage am Sturzbügel-Set): 599,90 Euro ◾ Niedrigere oder höhere Sitzbank (um 30 Millimeter flacher oder 35 Millimeter zusätzlich aufgepolstert): je 179,95 Euro ◾ LED-Blinker (4er-Set): 99,95 Euro SETUP LANDSTRASSE* GABEL Zugstufe 7 von 14 Umdrehungen auf Druckstufe 7 von 18 Umdrehungen auf Vorspannung vier Ringe sichtbar Luftdruck 2,5 bar Umdrehungen von geschlossener Position aus gezählt FEDERBEIN Zugstufe 1 von 3 Umdrehungen auf Vorspannung 5 von 25 Klicks auf Luftdruck 2,9 bar Teures Zubehör: In Vollausstattung steigt der Preis auf happige 15 000 Euro an *Von MOTORRAD gefahrene Einstellung, kann von SuzukiEmpfehlungen abweichen test+technik 33 Top-Test Suzuki V-Strom 1000 Gas. Apropos: In der neuen V-Strom arbeitet Suzukis erste Traktionskontrolle in einem Serienmotorrad. Sie überwacht 250-mal pro Sekunde die Geschwindigkeit des Vorderund Hinterrades, die Gasstellung, Kurbelwellendrehzahl sowie Gangposition und gleicht sie mit Solldaten ab. Sobald die Sensoren Schlupf am Hinterrad feststellen, reduzieren sie sofort die Motorleistung durch Eingriffe beim Zündzeitpunkt und der Luftzufuhr. Diese Technik soll, behauptet Suzuki, direkt von MotoGP-Rennern abgeleitet sein. Hm, auf der Rennstrecke greift der Anti-Durchdrehmechanismus bestimmt erst viel später regulierend ein. Erst in der zweiten Stufe lässt die Traktionskontrolle spürbar etwas mehr Schlupf zu. Trotzdem regelt sie im Zweifelsfall eher defensiv. Nun, wer offroad driften oder onroad wheelen will, kann sie ja immerhin noch abschalten. Okay, es gibt feurigere, explosivere V-Zwos. Aber auch sparsamere dieses Kalibers, mit fetten 100er-Kolben? Niedrigeren Benzinverbrauch verspricht der Auch- technik Was ist neu? Neu im Motor 2014 (gelb): Kolben, Pleuel, Kurbelwelle, Doppelzündung mit Iridium-Zündkerzen, Lichtmaschine, Kupplung mit Servo-/ Antihopping-Funktion Brückenrahmen und Schwinge bestehen aus Aluminiumprofilen, das Stahlheck ist geschraubt. Die Neukonstruktion soll 13 Prozent leichter und ein Drittel steifer sein Wühlen bis tief ins Verborgene Zwar basiert die Grundkonstruktion auf der ersten V-Strom 1000 (2002 bis 2008). Doch bei genauer Betrachtung überrascht der Aufwand, den die Suzuki-Ingenieure allen Baugruppen gewidmet haben. Bis hin zu viel Feinarbeit in kleinen Details. D ie Zahl der neuen Teile übersteigt diejenige der übernommenen bei Weitem. Räder, Bremsen vorn, Gabel, Federbein, Sitzbank, Tank, Verkleidung, Scheinwerfer, Scheibe, Cockpit, Auspuff : alles neu. Geändert wurden Haupt- und Heckrahmen sowie Die erste Version der V-Strom 1000 (2002 bis 2008) hatte noch kein ABS, aber zwei XXL-Auspuffe Alu- 34 Schwinge. Größerer Radstand (1555 statt 1535 Millimeter) und längere Aluschwinge dienen höherer Fahrstabilität. Zum gleichen Zweck stieg der Durchmesser der Radachsen von je 20 Millimeter auf nun 25 Millimeter vorn und 28 hinten. Der ein Grad steilere Lenkkopf und zwei Millimeter weniger Nachlauf sollen das Handling verbessern. Die neue V-Strom trägt eine voll einstellbare Upside-downGabel von Kayaba. Die alte hatte eine konventionelle Showa-Telegabel ohne justierbare Dämpfung. Bissfest sind radial angeschraubte Vierkolbenbremsen statt Doppelkolben-Schwimmsätteln bis 2008. Prima: serienmäßig Bosch-ABS und Suzukis erste Traktionskontrolle. Sie arbeitet in zwei Stufen und ist abschaltbar. test+technik Der 90-Grad-V2 erhielt einen komplett neuen Kurbeltrieb, also Kurbelwelle, Pleuel und Kolben mit reibungsoptimierten Ringen. Ferner eine Kupplung mit Servound Antihopping-Funktion. 100 Millimeter Bohrung, zwei mehr als bisher, pumpen den Motor bei unverändertem 66erHub auf 1037 statt einst 996 cm3 auf. Die Nennleistung stieg von 98 auf 100 PS, das Drehmoment wuchs vor allem bei niedrigeren Drehzahlen kräftig an. Zu Kraftkur, saubererem Abgas und geringerem Spritkonsum tragen neues 32-Bit-Steuergerät samt Mapping, Doppelzündung, Iridium-Kerzen, effektivere Zehn-Loch-Einspritzdüsen und die neue Auspuffanlage bei. Sie hat ein drehmomentsteigerndes Interferenzrohr zwischen den Krümmern und spart dank singulärem Schalldämpfer 4,7 Kilogramm Gewicht ein. Der breitere und niedrigere Wasserkühler (je zwei Zentimeter) stieg in der Kühlleistung von 19,8 auf 22,7 kW. Dies spart einen zusätzlichen Ölkühler und somit 1,5 Kilogramm ein. Gewicht senkt ferner das von 22 auf 20 Liter reduzierte Tankvolumen. Alles in allem wiegt die neue V-Strom trotz besserer Ausstattung acht Kilogramm weniger als zuvor – real 229 statt 237 Kilogramm. 4/2014 In ihrem Element. Die straff abgestimmten Federelemente laden mit guter Rückmeldung zum Kurvenräubern ein Autohersteller Suzuki. Stimmt. Beim vortriebslosen Ausrollen (Schubabschaltung) zeigt der neue Bordcomputer im Cockpit nur 0,1 Liter Verbrauch an. Glatt fünf Liter im Durchschnitt nimmt sich der Allrounder auf der Landstraße, sechs Liter bei konstant 130. Macht 0,4 bzw. 0,3 Liter weniger als die alte 1000er. Ordentlich, wenn man weiß, dass der neu abgestimmte sechste Gang fast neun Prozent kürzer ist: Der neue V2 dreht bei gleichem Tempo höher als früher. Und verbraucht trotzdem weniger. Respekt! Den Durchzug verbessert diese Maßnahme eh: Obwohl die V-Strom bei Tempo 100 moderat knapp 4000 Touren dreht, braucht sie weniger als acht Sekunden im sechsten Gang von 60 auf 140 km/h. Das ist ein richtig guter Wert. Besser nämlich als bei einer „alten“, luft-/ölgekühlten BMW R 1200 GS bis Baujahr 2013. Noch Fragen? Ein weiterer Pluspunkt: Die V-Strom ist die erste Suzuki mit auf 12 000 Kilometer verdoppelten Wartungsintervallen. Prima für Vielfahrer. Ansonsten will „Suzi sorglos“ (Mobilitäts garantie und Verbandspäckchen unter der Sitzbank hat sie auch) mindestens einmal jährlich eine Werkstatt sehen. Wie Fahrwerk und Bremsen sind? Anders als früher, besser! Nur beim morgend lichen Losfahren nicht. Da irritieren die w w w. m otor r ad onl i ne.d e Bridgestone Battle Wing BW 501 und 502 „J“ durch abruptes Abklappen in Schräglage und null Gefühl für das, was gerade passiert. Fühlt sich an wie Fahren über aufgeschlagene Eier. Die Reifen brauchen Temperatur, um Haftung und neutrales Fahrverhalten aufzubauen. Nicht von ungefähr fand sich diese Reifenpaarung beim Enduro-Reifentest 2013 am Ende des Testfeldes wieder. Aber bei einer Probefahrt nicht bange machen lassen: Die V-Strom hat Standard-reifengrößen 110/80 R 19 und 150/70 R 17 – ganz ohne Reifenbindung. Da kann man also auch die Testsieger Metzeler Tourance Next oder Conti Trail Attack montieren. Erst mit aufgewärmten Pneus fährt die V-Strom vertrauenerweckend, macht, was sie soll. Stellt sich mit den schmalen Reifen auch auf Buckelpisten kaum auf. Ihre eher stramm gedämpften Federelemente vermitteln dann viel Kontakt zur Fahrbahn. Ausgewogene Radlastverteilung, fast 50:50, macht die V-Strom gut ausbalanciert. Straff, sportlich und neutral umrundet sie Kurven aller Radien. Trotz magerer Kilos ist die 1000er kein Handlingwunder. Sie mag ehr liche Impulse am relativ schmalen Lenker, um einzulenken und tief abzutauchen. Was die voll einstellbare Upside- down-Gabel noch zum Fahrer durchlässt, fischt spätestens die Gummilagerung des schmächtigen 22-Millimeter-Lenkers Auf gefallen Mithilfe des großen Wippschalters am linken Lenkerende lassen sich Bordcomputer und Traktionskontrolle während der Fahrt einfach bedienen. Praktisch ist der Drehknauf zur hydraulischen Anpassung der Federbasis am Zentralfederbein. Für den Fall der Fälle ist ein Verbandspäckchen unter der Sitzbank dabei. Clever konstruiert: Die Neigung der Scheibe lässt sich durch simples Drücken verstellen. Einem Motorrad mit Kettenantrieb fehlt ein Hauptständer ganz besonders, eine Reise-Enduro hätte gerne einen Motorschutz ab Werk. Das Zubehör ist generell hochwertig, aber teuer. Im Gelände betrieb störend: ABS nicht abschaltbar. test+Technik 35 Wichtig auf deutschen Autobahnen: Die Pendelneigung der alten 1000er ist zumindest ohne Gepäck endgültig passé. Die stabilen, aber kleinen und sündhaft teuren Koffer waren noch nicht lieferbar: 880 Euro das Set, und dann geht noch nicht einmal ein Helm rein. Einen solchen schluckt erst das Topcase für 620 Euro! Unbeladen zieht die Suzuki nach etwas Anlauf selbst mit 200 Sachen unbeeindruckt ihre Bahn. Der Windschutz ist je nach Fahrerstatur bis etwa 130, 140 km/h passabel. Man muss sich spät abducken. Höher oder steiler gestellt, schirmt die Scheibe besser und akustisch leiser ab. Top-Test Suzuki V-Strom 1000 wieder raus. Ruhig noch knackiger, schärfer dürfte die Lenkpräzision sein. Ob andere Reifen noch zielgenauer machen? Nun, der Dauertest über 50 000 Kilometer bei MOTORRAD wird’s zeigen. Komfortabel arbeitet das Federbein mit praktischem Handrad, steckt auch mieseste Straßen dritter Ordnung und zerwühlte Feldwege locker weg. Mehr Federvorspannung hinten macht etwas handlicher, bringt spürbar mehr Last aufs Vorderrad. Und verbessert das Gefühl, mit dem man die Kurven umrundet. Allerdings tritt dann mitunter Unterdruck (Sog) am Rumpf auf. Schultern und Helm liegen ruhig in laminarer Strömung. Clever: Die Neigung des Windschilds ist auch während der Fahrt in drei Stufen verstellbar, einfach durch simples Gegendrücken. Sicherheit beim Bremsen vermittelt das serienmäßige Bosch-ABS mit seinen feinen Regelintervallen. Und die einteilig gegossenen Vierkolben-Sättel nehmen die 310erScheiben richtig knackig, prima dosierbar in die Zange. Ohne haufenweise überkandidelte Technik aufzufahren, ist die V-Strom ein echtes Wohlfühlpaket, ein dufter Kum- -Messungen Höchstgeschwindigkeit* 205 (200)1 km/h Beschleunigung 0–100 km/h 4,0 (3,9) sek 0–140 km/h 6,8 (6,8) sek 0–200 km/h 19,4 (–) sek Durchzug 60–100 km/h 3,7 (6,2) sek 100–140 km/h 4,2 (5,5) sek 140–180 km/h 6,4 (8,7) sek Tachometerabweichung Effektiv (Anzeige 50/100) 47/95 km/h Drehzahlmesserabweichung Anzeige roter Bereich 9500/min Effektiv 9200/min 80 70 90 80 50 70 BReMseN Suzuki V-Strom ABS 74,8 kW (102 PS) bei 8300/min 100 Nm bei 6400/min Suzuki V-Strom 1000 Modell 2008 73,9 kW (100 PS) bei 8300/min 96 Nm bei 4500/min 50 40 100 30 90 60 40 Landstraße 5,0 (5,4) l/100 km Bei 130 km/h 6,0 (6,3) l/100 km Theor. Reichweite Landstraße 400 km Kraftstoffart Normal 30 20 Motorleistung L/B/H 2310/840/1450 mm Sitzhöhe 860 mm Lenkerhöhe 1160 mm Wendekreis 5930 mm Gewicht vollgetankt 229 (237) kg Zuladung 211 (203) kg Radlastverteilung v/h 49,3/50,7 % 80 20 10 70 10 kW PS 0 1 2 3 4 Motordrehzahl in 1/min x 1000 5 6 7 8 9 10 11 240 220 200 180 160 140 120 100 80 60 40 20 0 6. 229 5. 211 4. 187 3. 153 2. 119 1. 76 Nenndrehzahl 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Motordrehzahl in 1/min x 1000 Stark verbessert! Das Hubraumplus von 41 Kubikzentimeter, neue Motorkomponenten und frische Software samt Doppelzündung münzt der V2 in eine viel fülligere Drehmomentkurve als der Vorgänger um. Zehn Newtonmeter mehr zwischen 3000 und 4000 Touren und rund fünf zwischen 6000 und 7000/min sprechen für sich. Dazu addiert sich die praxisgerecht kürzere Übersetzung des sechsten Gangs auf 229 statt früher 265 km/h. Folge: Die neue 1000er zieht besser durch. 2 Wirbelt viel Staub auf. Sofern man vorher Suzukis erste Traktionskontrolle ausschaltet 12 10 8 Verzögerung in m/s2 GetRIeBe Drehmoment in Nm 60 V e R B R AU C H M Aß e+ G e W I C H t e 100 3 Max. Drehzahl M oto R Geschwindigkeit in km/h FA H R L e I s t U N G e N 6 4 Mittlere Bremsverzögerung 9,5 m/s2 entspricht einem Bremsweg von 40,6 m aus 100 km/h 2 0 Zeit t Bremsmessung aus 100 km/h Bremsweg Referenz BMW R 1200 GS Restgeschwindigkeit 17,9 km/h 39,3 m 40,6 m Problem erkannt, Problem gebannt. Die zahnlos-stumpfen Doppelkolben-Schwimmsättel waren ein Kritikpunkt an der alten V-Strom 1000. Das ist nun Geschichte. Die Neue bremst mit den radial angeschraubten Vierkolben-Sätteln kräftig und gut dosierbar. Das Bosch-ABS regelt fein, hält die Verzögerung des schmalen Vorderreifens auf hohem Niveau. Absolut gesehen, kann es die teurere Konkurrenz jedoch noch einen Tick besser, unterbietet die magische Grenze von 40 Meter Bremsweg aus Tempo 100. *Herstellerangabe; 1Werte in Klammern: V-Strom 1000 Modell 2008; 2MOTORRAD-Testparcours, Werte vom Bremsentest aus den drei besten Fahrversuchen gemittelt; Referenz: Motorrad aus der jeweiligen Kategorie mit den bisherigen Bestwerten; 3Leistung an der Kurbelwelle. Messungen auf Dynojet-Rollenprüfstand 250, korrigiert nach 95/1/EG, maximal mögliche Abweichung ± 5 % 36 test+technik 4/2014 Konkurrenz -Punktewertung M Pu axim nk a tza le h Su l V-S zuk tro i m 10 00 A Vierzylinder-Reihenmotor, 1043 cm3, 118 PS, 241 kg, 0–100 km/h 3,5 sek, Vmax 226 km/h, Verbrauch 5,4 Liter, ABS, 11 995 Euro* BS Kawasaki Versys 1000 MOTOR Durchzug Beschleunigung Topspeed Motorcharakteristik Ansprechverhalten Lastwechsel Laufruhe Kupplung Schaltung Getriebeabstufung Starten Summe 40 40 30 30 20 20 20 10 20 10 10 250 29 Der erstarkte V2 macht seine Sache gut. Okay, 19 er reißt beim Beschleunigen nicht gleich den Helm von 14 den Schultern. Aber auf der Landstraße setzt er sich mit 22 viel Kraft rund um 4000 Touren prima in Szene. Zumal 12 der Durchzug im sechsten Gang gegenüber der V-Strom 14 der Jahre 2002 bis 2008 deutlich rasanter ausfällt. Der 11 aufgepumpte Motor hängt direkt, aber nicht gierig am 7 Gas. Er lastwechselt wenig, obenheraus dreht er eher 13 zäh aus. Vibrationen? Der 90-Grad-V2 mit gutem Mas8 senausgleich pulsiert spürbar, aber nie nervig. Leicht9 gängig, doch mäßig dosierbar operiert die Kupplung. 158 Handlichkeit Stabilität in Kurven Lenkverhalten Rückmeldung Schräglage Geradeauslaufstabilität Fahrwerksabstimmung vorn Fahrwerksabstimmung hinten Einstellmöglichkeiten Fahrwerk Federungskomfort Fahrverhalten mit Sozius Summe 40 40 40 10 20 20 20 20 10 10 20 250 28 Verlässliche Partnerin mit Sportivem Fahr28 gestell, diese Frau Strom. Kurven umrundet sie sehr 26 berechenbar. Die Rückmeldung fürs Geschehen fällt nur 6 bei warmen Reifen gut aus. Trotz nur 229 Kilogramm 14 Masse mag die Japanerin zum Abklappen etwas Nach14 druck am nicht überbreiten Lenker spüren. Um Welten 13 besser als bei der alten 1000er ist der Geradeauslauf: 13 Pendelneigung ist endgültig passé. Die Federelemente 7 weisen straffe Grundabstimmung und praxisgerecht 6 nutzbare Einstellmöglichkeiten auf. Trotzdem ist der 13 Federungskomfort in Ordnung. Recht so, ist ja ein Tourer. 168 Ergonomie Fahrer Ergonomie Sozius Windschutz Sicht Licht Ausstattung Handhabung/Wartung Gepäckunterbringung Zuladung Reichweite Verarbeitung Summe 40 20 20 20 20 30 30 10 10 30 20 250 30 Beste Anlagen für eine Erfüllte Beziehung. 13 Im Alltag spielt die V-Strom viele Trümpfe aus, über13 zeugt voll. Die durchgehende Sitzbank hält vorn wie 13 hinten einen bequemen Platz parat. Vor allem in der 13 ersten Reihe hält man es stundenlang im Sattel aus. Was 22 bei 400 Kilometer Reichweite schnell passieren kann. 17 Hohe Zuladung von 211 Kilogramm lädt dazu ein, Sozius5 sitz plus Gepäckbrücke zu nutzen. Der Windschutz auf 8 der Autobahn ist recht ordentlich, die Ausstattung reich25 haltig, ohne gleich überladen zu sein. Und die Verarbei13 tung ist für Suzuki-Verhältnisse regelrecht gediegen. 172 Bremswirkung Bremsdosierung Bremsen mit Sozius/Fading Aufstellmoment beim Bremsen ABS-Funktion Lenkerschlagen Bodenfreiheit Summe 40 30 20 10 20 20 10 150 28 Vorbildlich sicher, diese Suzuki. Die gut dosier22 baren und zupackenden Vierkolben-Monoblock-Sättel 13 zahlen sich aus. Hinzu kommen das zwar defensiv, aber 8 fein regelnde Bosch-ABS. So bremst ein Tourenmotorrad 14 heute! Das in diesem Fall noch Traktionskontrolle und 15 viel Bodenfreiheit auffährt. Aufstellen bei Bremsen in 8 Schräglage oder Lenkerschlagen? Fehlanzeige. 108 30 30 20 20 100 17 Keine LuxusAllüren. Im Gegenteil. Noch moderater 19 Verbrauch (ab fünf Liter), Mobilitätsgarantie und im18 mense 12 000 Kilometer Distanz zwischen zwei Service11 Terminen, erstmals bei Suzuki, freuen Vielfahrer. 65 Triumph Tiger Sport Dreizylinder-Reihenmotor, 1050 cm3, 125 PS, Gewicht 256 kg, 0–100 km/h 3,5 sek, Vmax 220 km/h, Verbrauch 5,4 Liter, ABS, 12 190 Euro* *Preis ohne Nebenkosten peltyp. Gut gemacht, Suzuki. Früher galt die 650er als die bessere Version. Diese Zeiten sind vorbei. Nun hält die große Schwester für 12 290 Euro das Zepter fest in der Hand. Und, Pierre-Yves, sind dir alle diese Quali täten rund 4000 Euro Aufpreis auf deine bewährte V-Strom 650 wert? www.motorradonline.de/suzuki FAHRWERK ALLTAG Geht gut. Ein Passagier reist komfortabel, mit genug Platz und offenem Kniewinkel Fazit Voilà, Suzuki hat mit viel Hingabe eine richtig frische ReiseEnduro aus dem Hut gezaubert. Vergesst die alte 1000er, die neue V-Strom fährt viel knackiger, ist dennoch komfortabel. Lob verdient der modifizierte V2, antrittsstark und sparsam. Richtige Akzente setzen lang gestreckte Wartungsintervalle von 12 000 Kilometern und magere 229 Kilogramm Gewicht. Kompliment. Nur das Zubehör dürfte ruhig günstiger sein. w w w. m otor r ad onl i ne.d e SICHERHEIT KOSTEN Garantie Verbrauch (Landstraße) Inspektionskosten Unterhaltskosten Summe Gesamtwertung Preis-Leistungs-Note 1000 671 Bestnote 1,0 1,9 Preislich sticht die neue 1000er in die Lücke zwischen 800er und 1200er. Das ergibt angesichts ihrer Qualitäten ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. test+Technik 37