Inhaltsverzeichnis/Sommaire
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Inhaltsverzeichnis/Sommaire AJP/PJA 12/2013 Aufsätze / Articles Der Beitrag gibt einen Überblick über die Neuerungen im Sanierungsrecht (vgl. BBl 2013, 4747 ff.), welche per 1. Januar 2014 in Kraft treten. Die Revision erfasst nicht nur das Nachlassverfahren, sondern u.a. auch das Arbeitsrecht (Art. 333 OR), die Dauerschuldverhältnisse und die Pauliana. Die neuen Verfahrensregeln sind anwendbar, wenn das Gesuch um Nachlassstundung nach dem 31.12.2013 eingereicht wird. ■ Daniel Staehelin Überblick über die Neuerungen im Sanierungsrecht 1735 Die schweizerische Herkunft eines Produktes generiert einen nicht zu vernachlässigenden wirtschaftlichen Wert. Um Missbrauch zu verhindern, sind zahlreiche Vorschriften erlassen worden, deren Vereinheitlichung und Präzisierung sich die Swissness-Vorlage (vgl. BBl 2009, 8533 ff.) vornimmt. ■ Roland Müller / Thomas Geiser / Mélissa Dufournet Swissness bei Produktionsgütern und beim Film 1743 Besonderheiten bei der Verwertung strittiger Rechtsansprüche im Konkursverfahren (wie auch beim Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung und im Anschlusskonkursverfahren nach Art. 166 ff. IPRG) und im Insolvenzrecht für Banken, Versicherungsunternehmungen und kollektive Kapitalanlagen. ■ Franco Lorandi Entgeltliche Verwertung von strittigen Rechtsansprüchen in der Generalexekution 1758 Der Verfasser zeigt die Rechtslage in den verschiedenen Konstellationen auf, in denen dem Werkunternehmer die Ablieferung des Werks ganz oder teilweise unmöglich wird. ■ Alfred Koller Nachträgliche Leistungsunmöglichkeit auf Seiten des Unternehmers 1765 Sex unter Männern in der Strafanstalt soll nicht toleriert werden. Dieser Beitrag zeigt auf, dass der Schutz schwächerer Insassen und die innere Sicherheit vorgehen. ■ Thomas Noll Sexualität zwischen männlichen Gefangenen 1773 Es stellt sich die Frage, ob sich die weitreichenden Neuerungen und Sonderregeln, mit denen bisheriges Recht abgeändert werden soll, rechtfertigen, wenn fraglich bleibt, ob die Zielsetzung des Projekts FIDLEG, nämlich der Zugang zu den europäischen Finanzmärkten, wirklich erreicht wird. ■ Flavio Amadò / Raffaele De Vecchi / Giovanni Molo Die regulatorischen und zivilrechtlichen Aspekte des FIDLEG-Projektes: eine kritische Auseinandersetzung 1783 Der neue Rechtsrahmen für die Vergabe von Regionalverkehrsleistungen in der Schweiz bringt begrüssenswerte Entwicklungen, aber auch heikle Fragestellungen u.a. im Zusammenhang mit der zuweilen bestehenden Wahl zwischen öffentlicher Ausschreibung und direkter Vergabe. ■ Markus 1806 Kern Zwischen Effizienz- und Qualitätsbestrebungen: Die Vergabe von Transportleistungen im öffentlichen Personenverkehr in der EU und der Schweiz Chronik der Rechtsetzung / Législation ■ Marco Bär 1827 Rechtsprechungsübersicht / Aperçu de la jurisprudence ■ Marco Bär 1836 Kommentierte Chronik der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Fällen gegen die Schweiz im Jahr 2012 Im Jahre 2012 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg sieben Urteile gefällt, welche die Schweiz betreffen. Im Fokus standen dabei die EMRKArtikel 8 (Familienleben) und 10 (Meinungsäusserungs freiheit). AJP 12_2013.indb 1733 ■ Daniel Rietiker 1844 16.12.13 10:36 Inhaltsverzeichnis/Sommaire AJP/PJA 12/2013 Entscheide des Bundesgerichts im Bereich des Immaterial güter- und Lauterkeitsrechts aus dem Jahr 2012 Die Autorin bespricht dreizehn bemerkenswerte Entscheidungen, die das Bundesgericht im Jahre 2012 in den genannten Materien gefällt hat. ■ Lorenza Ferrari Hofer 1865 Entscheidungsbesprechungen / Discussions d’arrêts actuels Das Bundesgerichtsurteil BGer 5A_637/2013 vom 1.10.2013 weist nebst schon in früheren Entscheidungen zum Haager Kindesrückführungsabkommen festgestellten Mängeln einige positive Aspekte auf. Morgenrot? ■ Andreas Bucher (1) Kindesentführung. Mutter zieht mit dem Kleinkind in die Schweiz. Französische Verfügung erteilt dem Vater das alleinige Obhutsrecht. Trennung von der Mutter für das Kind unzumutbar. Einholen von Garantien bei den französischen Behörden. 1869 Literaturübersicht / Bibliographie ■ Lorenz Lauer 1880 Mitteilungen / Communications AJP 12_2013.indb 1734 75-Jahre IRP-HSG 1888 Impressum 1891 Autorenverzeichnis / Adresse des auteurs 1892 16.12.13 10:36 Überblick über die Neuerungen im Sanierungsrecht AJP/PJA 12/2013 Überblick über die Neuerungen im Sanierungsrecht 1735 Daniel Staehelin Der Beitrag gibt einen Überblick über die Neuerungen im Sanierungsrecht, welche per 1. Januar 2014 in Kraft treten. Als Mitglied der seinerzeitigen Expertengruppe erläutert der Autor die Gesetzgebungsgeschichte (Auslöser war das Grounding der Swissair) und die Zielrichtung des Entwurfes (Reform des Dividendenvergleichs). Es folgt die Darstellung der diskutierten, jedoch verworfenen Änderungen (u.a. Abschaffung des Vermieterretentionsrechts, Regelung der Sanierungsdarlehen). Da das Gesetz am bisherigen System von Nachlassstundung und Nachlassvertrag festhält, werden sodann diejenigen Bestimmungen dargestellt, die weiterhin Geltung haben. Der Aufsatz schliesst mit einer Übersicht über die Neuerungen im SchKG (u.a. Forderungen aus Dauerschuldverhältnissen in der Insolvenz; Aufhebung des Privilegs der MWSt-Verwaltung; prov. Stundung ohne Sachwalter; prov. Stundung ohne Publikation; fak. Gläubigerausschuss und Gläubigerversammlung während der Stundung; Aufhebung der Stundung ohne Nachlassvertrag bei erfolgreicher Sanierung; Möglichkeit der Umwandlung von Real- in Geldforderungen; Möglichkeit der Kündigung von Dauerschuldverhältnissen; Pflicht der Anteilsinhaber, einen Sanierungsbeitrag zu leisten; Aufhebung der Pflicht, beim Dividendenvergleich die Dividende für die Drittklassforderungen sicherzustellen) und im OR (Übergang der Arbeitsverhältnisse bei der Betriebsübertragung in der Insolvenz nur, wenn dies mit dem Erwerber vereinbart worden ist). Inhaltsübersicht I.Gesetzesgebungsgeschichte II. Die Zielrichtung des Entwurfes III.Verworfene Änderungen IV.Fortgeltendes bisheriges Recht V. Die Neuerungen im SchKG VI.Die Neuerungen im Arbeitsrecht I.Gesetzesgebungsgeschichte Auslöser für die am 1. Januar 2014 in Kraft tretenden Änderungen des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) vom 21. Juni 2013 war das spektakuläre Grounding der Swissair am 2. Oktober 2001. Dieses wurde herbeigeführt durch die Ankündigung eines Gesuches um Nachlassstundung. Da daraufhin sämtliche Lieferanten fürchteten, zu Verlust zu kommen, verlangten sie, namentlich für die Treibstofflieferungen, Vorauszahlung. Daniel Staehelin, Prof. Dr. iur., Advokat und Notar, Partner Kellerhals Anwälte, Basel (Mitglied der vom Bundesamt für Justiz eingesetzten Expertenkommission Sanierungsrecht [2003–2008]). AJP 12_2013.indb 1735 La contribution offre un aperçu des nouveautés en matière de droit de l’assainissement, qui entreront en vigueur le 1er janvier 2014. En tant que membre de l’ancien groupe d’experts, l’auteur explique l’historique de la réglementation (l’élément déclencheur ayant été la débâcle de Swissair) et les objectifs poursuivis par le projet (réforme du concordat-dividende). Il présente ensuite les modifications qui ont été discutées, mais qui ont finalement été rejetées (notamment l’abolition du droit de rétention du bailleur, la réglementation des prêts d’assainissement). Comme la loi conserve l’actuel système du sursis concordataire et du concordat, l’auteur présente ensuite les dispositions qui restent applicables. L’article s’achève par un aperçu des nouveautés dans la LP (notamment les créances issues de contrats de durée en cas d’insolvabilité ; suppression du privilège en faveur de l’administration TVA ; sursis provisoire sans commissaire ; sursis provisoire sans publication ; commission des créanciers et assemblée des créanciers durant le sursis ; annulation du sursis sans concordat en cas d’assainissement ; possibilité de convertir les créances en nature en créances en argent ; possibilité de dénoncer les contrats de durée ; obligation des titulaires de parts de s’acquitter d’une contribution à l’assainissement ; suppression de l’obligation de garantie de dividendes pour les créances de troisième classe dans le cadre du concordat-dividende) et dans le CO (transfert des rapports de travail lors de la cession de l’entreprise, en cas d’insolvabilité, uniquement si cela a été convenu avec l’acquéreur). Dies führte zu einem stark gestiegenen Liquiditätsbedarf, der nicht mehr gedeckt werden konnte. Erst aufgrund eines Notkredites des Bundes über 450 Mio. Franken konnte der Flugbetrieb am 5. Oktober wieder aufgenommen werden. Die Übertragung des Flugbetriebes an die Crossair, welche danach in Swiss umbenannt wurde, erforderte einen weiteren à fonds perdu Kredit des Bundes in der Höhe von 1 Milliarde Franken1. Im Anschluss daran verlangten zahlreiche parlamentarische Vorstösse die Abklärung des Revisionsbedarfes des Schweizerischen Insolvenzrechts. Der Bundesrat setzte daraufhin eine Expertengruppe2 ein mit dem Auftrag, den Reformbedarf des Insolvenz Vergleiche zur Rolle von Bundesrat und Bundesverwaltung im Zusammenhang mit der Swissair-Krise, BBl 2003, 5403 ff. 2 Fürsprecher Dominik Gasser, Bundesamt für Justiz, Bern (Vorsitz); Dr. Daniel Hunkeler, Rechtsanwalt, Zürich und Baden; Prof. Dr. Franco Lorandi, Rechtsanwalt, Zürich; Prof. Dr. Isaak Meier, Rechtsanwalt, Zürich; Prof. Dr. Henry Peter, Rechtsanwalt, Lugano; Prof. Dr. Daniel Staehelin, Advokat und Notar, Basel; lic. iur. Karl Wüthrich, Rechtsanwalt, Zürich; lic. iur. Monique Albrecht, Rechtsanwältin, Bundesamt für Justiz, Bern. 1 16.12.13 10:36 Swissness bei Produktionsgütern und beim Film AJP/PJA 12/2013 Swissness bei Produktionsgütern und beim Film 1743 Thomas Geiser Roland Müller Mélissa Dufournet Die schlichte Kennzeichnung eines Produktes mit der schweizerischen Herkunft kann einen Mehrwert im Sinne eines höheren Absatzes generieren. Um den Missbrauch der Kennzeichenverwendung zu verhindern, existieren zahlreiche Vorschriften, welche die Voraussetzungen des Gebrauchs regeln. Mit der Verabschiedung der sogenannten Swissness-Vorlage werden diese Regeln teilweise vereinheitlicht und präzisiert, wobei dennoch Fragen offen bleiben, welche in der Praxis zu Unsicherheiten führen könnten. Die revidierte Gesetzgebung wird neu auch Aufwendungen für Forschung und Entwicklung in den Voraussetzungen der Nutzung der schweizerischen Herkunftsbezeichnung berücksichtigen. Nach wie vor nicht berücksichtigt werden Kosten für die Verpackung und das Marketing der Produkte. In Analogie zur Herkunftsbezeichnung bei Produktionsgütern spielt das Kriterium des schweizerischen Anteils auch beim Film eine wesentliche Rolle. Denn erst wenn der schweizerische Anteil genügend gross ist, werden Fördergelder des Bundes zugänglich. Demzufolge misst sich sämtlicher Profit an der Definition der Swissness. Inhaltsübersicht I.Einleitung II.Rechtsgrundlagen 1.Regulierungsübersicht a. Allgemein gültige Normen b. Sektoriell gültige Normen c.Gesetzesrevision 2. Industrie- und Technologiegüter a. Rechtsprechung der Gerichte b. Auswirkungen in der Praxis 3. Schweizer Film a. Besonderheiten der öffentlichen Filmförderung b. Rechtspraxis zur Qualifizierung als Schweizer Film c. Auswirkungen in der Praxis III.Abgrenzungsprobleme in der Praxis 1. Bedeutung von Konzeption und Entwicklung a. Forschung und Entwicklung bei Produktionsgütern b. Drehbuch und Entwicklung beim Schweizer Film 2. Bedeutung von Zusatzleistungen a.Verpackungen AJP 12_2013.indb 1743 La simple identification d’un produit avec l’indication de provenance « Suisse » peut entraîner une plus-value sous forme de hausse des ventes. Afin d’éviter des abus dans l’utilisation des désignations, il existe de nombreuses dispositions qui règlent les conditions de cet usage. L’adoption dudit projet Swissness a, en partie, pour effet d’unifier et de préciser ces règles, mais laisse toutefois certaines questions ouvertes. Cela pourrait conduire à des incertitudes dans la pratique. La législation révisée prend désormais aussi en compte les frais de recherche et de développement dans les conditions pour l’utilisation de l’indication de provenance suisse. En revanche, les frais d’emballage et de marketing des produits ne sont toujours pas pris en considération. Par analogie avec l’indication de provenance des biens de production, le critère de la participation suisse joue également un rôle essentiel pour les films. En effet, ce n’est que si la participation suisse est suffisamment importante que des subventions fédérales sont envisageables. Par conséquent, tout profit se mesure à la définition de la suissitude ou Swissness. b. Trailer und Promotion IV.Aktuell ungenügende Regulierung 1. Zusammenfassung der Abgrenzungsprobleme betreffend Swissness 2.Empfehlungen a. Empfehlungen allgemeiner Art b. Überprüfung der Swissness-Voraussetzungen I.Einleitung Die schweizerische Herkunft eines Produktes generiert einen nicht zu vernachlässigbaren wirtschaftlichen Wert; Roland Müller, Prof. Dr. iur., Universität St. Gallen/Bern. Thomas Geiser, Prof. Dr. iur., Universität St. Gallen. Mélissa Dufournet, M.A. HSG in Law, Zürich. 16.12.13 10:36 Franco Lorandi AJP/PJA 12/2013 Entgeltliche Verwertung von strittigen Rechtsansprüchen in der Generalexekution 1758 Teleologische Reduktion von Art. 260 Abs. 3 SchKG Franco Lorandi Das Gesetz sieht vor, dass in der Generalexekution bestrittene Aktivansprüche primär den Gläubigern gemäss Art. 260 SchKG zur Abtretung zu offerieren sind. Nur wenn kein Gläubiger die Abtretung verlangt, können die Ansprüche versteigert oder freihändig verwertet werden (Art. 260 Abs. 3 SchKG). Diese Regel gilt jedoch nicht ausnahmslos: Sie kann nicht gelten, wenn der bestritten Anspruch verpfändet ist. Diesfalls geniesst die Verwertung den Vorrang. Sie gilt entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichts auch dann nicht, wenn ein Angebot vorliegt, das anzunehmen sich im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger aufdrängt; den Gläubigern kommt dann jedoch – als Ausgleich – das Recht zum höheren Angebot zu (BGE 93 III 23 ff.). Die Verwertung muss diesfalls jedoch (nach Meinung des Bundesgerichts) durch freihändige Verwertung (und nicht durch Versteigerung) erfolgen. Letztlich bedeutet dies, dass dem Konkursamt ein vernünftiges Angebot vorliegen muss. Wann ein solches vorliegt, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Nach den Sondergesetzen des Finanzmarktrechts (insbesondere nach der BIV-FINMA) gilt bei strittigen Ansprüchen kein Vorrang der Abtretung gemäss Art. 260 SchKG; die Verwertung durch Steigerung oder Freihandverkauf können nach Entscheid des Konkursliquidators anstelle der Abtretung treten. Inhaltsübersicht A. Im Geltungsbereich des SchKG 1. Grundsatz: Gesetzliche Stufenfolge 2.Ausnahmen a. Bei Verpfändung strittiger Ansprüche b. Bei einem Freihandverkauf zu einem «vernünftigen» Preis c. Bei einer Versteigerung mit «vernünftigem» Mindestgebot B. Im Geltungsbereich der Sondergesetzgebung für Banken, Versicherungsunternehmungen und kollektive Kapitalanlagen 1. Konkurs über Banken 2. Konkurs über Versicherungsunternehmungen 3. Konkurs über kollektive Kapitalanlagen Wie strittige Rechtsansprüche zu verwerten sind, ist im SchKG anders geregelt als im Insolvenzrecht für Banken, Versicherungsunternehmungen und kollektive Kapitalanlagen. Es sollen deshalb nachfolgend beide Regelungen dargestellt werden. Franco Lorandi, Prof. Dr. iur., Rechtsanwalt, LL.M., Zürich. Herrn lic. iur. Michael Schürch sei bestens gedankt für die vorzügliche Administration des Fussnotenapparates. AJP 12_2013.indb 1758 La loi prévoit que les créances contestées dans l’exécution générale doivent être prioritairement offertes en cession aux créanciers, en vertu de l’art. 260 LP. Ce n’est que si aucun créancier n’en demande la cession que les prétentions peuvent être vendues aux enchères ou réalisées de gré à gré (art. 260 al. 3 LP). Cette règle ne vaut toutefois pas sans exception : elle ne s’applique pas aux prétentions contestées sur lesquelles il existe un droit de gage. Dans ce cas, la réalisation a priorité. Selon la jurisprudence du Tribunal fédéral, cette règle ne s’applique pas non plus en présence d’une offre dont l’acceptation s’impose dans l’intérêt de l’ensemble des créanciers ; en compensation, les créanciers ont alors droit à l’offre supérieure (ATF 93 III 23 ss). Dans ce cas, le Tribunal fédéral estime que la réalisation doit cependant se faire de gré à gré (et non par voie d’enchères). En fin de compte, cela signifie que l’office des faillites doit disposer d’une offre raisonnable. L’existence d’une telle offre se détermine au cas par cas, en fonction des circonstances. En vertu des lois spéciales du droit des marchés financiers (en particulier l’OIB-FINMA), la règle de priorité de la cession selon l’art. 260 LP ne vaut pas, lorsque les prétentions sont contestées ; le liquidateur de la faillite peut décider de procéder à la réalisation par la voie de la vente aux enchères ou de gré à gré, en lieu et place de la cession. A. Im Geltungsbereich des SchKG Das SchKG sieht drei Verwertungsarten vor: die Zwangsversteigerung, den Freihandverkauf und die Abtretung gemäss Art. 260 SchKG. Bewegliche Sachen und Grundstücke sind in der Regel durch Versteigerung oder sonst durch Freihandverkauf zu verwerten. Für stritte Ansprüche gilt eine andere Ordnung: Diese Ordnung gilt sowohl im (ordentlichen oder summarischen) Konkursverfahren als auch beim Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung1 1 Peter Ludwig, Der Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung (Liquidationsvergleich), Diss. Bern 1970, 103; Felix Stutz, Der Freihandverkauf im SchKG, Diss. Zürich 1978, 55; Franco Lorandi, Freihandverkauf im schweizerischen Schuldbetreibungs- und Konkursrecht, Diss. St. Gallen 1994 (zit. Freihandverkauf), 389; Adrian Staehelin/Thomas Bauer/Daniel Staehelin (Hrsg.), Basler Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 2. A., Basel 2010 (zit. BSK SchKG II-Bearbeiter), BSK SchKG II-Thomas Bauer/Olivier Hari/Vincent Jeanneret/ Karl Wüthrich, Art. 325 N 14; BSK SchKG II-Stephen Berti, Art. 260 N 7; Daniel Hunkeler (Hrsg.), Kurzkommentar SchKG, Basel 2009 (zit. KUKO-Bearbeiter), KUKO-Karl Wüthrich/ Fritz Rothenbühler, Art. 325 SchKG N 6. 16.12.13 10:36 Nachträgliche Leistungsunmöglichkeit auf Seiten des Unternehmers AJP/PJA 12/2013 Nachträgliche Leistungsunmöglichkeit auf Seiten des Unternehmers 1765 Alfred Koller Der Aufsatz befasst sich mit der Rechtslage in Fällen, in denen einem Werkunternehmer (Art. 363 OR) die Verschaffung des versprochenen Arbeitserfolgs (die Ablieferung des Werks) ganz oder teilweise unmöglich geworden ist, und zwar absolut und dauernd. Nach allgemeiner Regel (Art. 119 Abs. 1 OR) fällt in einem solchen Fall die ursprüngliche Leistungspflicht des Unternehmers dahin. Im Übrigen hängt die Rechtslage wesentlich von der Ursache der Unmöglichkeit ab: Beruht sie auf Zufall, so kann der Unternehmer mit den Vorbehalten, die sich aus Art. 376 Abs. 1, 378 Abs. 1 und 379 Abs. 2 OR ergeben, weder Werklohn noch Ersatz seiner Auslagen verlangen (Art. 119 Abs. 2 OR). Demgegenüber hat er mit gewissen Einschränkungen den ganzen Werklohn zugute, wenn der Besteller die Unmöglichkeit verschuldet hat (Art. 378 Abs. 2 OR). War es hingegen der Unternehmer, der die Unmöglichkeit verschuldet hat, so ist er dem Besteller nach Massgabe von Art. 97 ff. OR zu Schadenersatz verpflichtet. Inhaltsübersicht I. Zum Thema II. Die Rechtslage im Überblick III.Präzisierungen zu Art. 378 OR IV.Präzisierungen zu Art. 379 OR I. Zum Thema Im Folgenden interessiert die Rechtslage in Fällen, in denen dem Unternehmer die Verschaffung des versprochenen Arbeitserfolgs (die Ablieferung des Werks) ganz oder teilweise unmöglich geworden ist, und zwar absolut und dauernd. Ausser Betracht bleiben also die sog. relative Unmöglichkeit sowie die vorübergehende Unmöglichkeit. Sodann wird von den verschiedenen Unterarten der Teilunmöglichkeit nur eine einzige behandelt. Präzisierungen: a) Absolut unmöglich ist eine Leistung, wenn sie vom Schuldner (hier: Unternehmer) schlechterdings nicht er- L’article analyse la situation juridique dans les cas où un entrepreneur (art. 363 CO) se retrouve dans l’impossibilité, totale ou partielle, de fournir le résultat du travail, tel que promis (la livraison de l’ouvrage), et cela, de manière absolue et durable. La règle générale (art. 119 al. 1 CO) prévoit que, dans ce cas, l’obligation initiale de l’entrepreneur s’éteint. La situation juridique dépend, par ailleurs, essentiellement de la cause de l’impossibilité : si celle-ci repose sur un cas fortuit, l’entrepreneur ne peut ni réclamer le prix de son travail, ni le remboursement de ses dépenses (art. 119 al. 2 CO). Les cas prévus aux art. 376 al. 1, 378 al. 1 et 379 al. 2 CO sont réservés. Par contre, il a droit, avec certaines restrictions, à la totalité du prix de l’ouvrage, si l’impossibilité est imputable au maître de l’ouvrage (art. 378 al. 2 CO). Si, en revanche, l’entrepreneur est à l’origine de l’impossibilité, il est tenu de verser des dommages-intérêts au maître, conformément aux art. 97 ss CO. bracht werden kann. Keine Unmöglichkeit in diesem Sinne ist daher – wie bereits gesagt – die relative Unmöglichkeit (Ausdruck von BGE 45 II 386, 398), welche auch als Unvermögen oder wirtschaftliche Unmöglichkeit bezeichnet wird und deren Kennzeichen darin besteht, dass die Leistung zwar noch erbracht werden kann, jedoch dem Schuldner «nach Treu und Glauben im Verkehr … billigerweise nicht mehr zumutbar ist» (SJZ 1989, 1771)2. b) Dauernd ist die Unmöglichkeit, wenn das Leistungshindernis ein dauerndes ist (das zu reparierende Auto ist einem Brand zum Opfer gefallen, BGE 59 II 63) oder, wenn es zwar ein vorübergehendes ist, jedoch nicht damit gerechnet werden kann, dass es während der für die Erfüllung vorgesehenen Zeit wegfällt. Von Bedeutung ist dies für absolute Fixgeschäfte, also Verträge, bei denen nach der vertraglichen Abmachung nur während oder an einem bestimmten Zeitpunkt erfüllt werden kann3. Hat beispielsweise der Taxifahrer U dem B zugesagt, ihn am 10. Sep- 1 Alfred Koller, Prof. Dr. iur., Universität St. Gallen. Meinen Assistenten Peter Loher, BLaw, und Fabian Mörtl, MLaw, danke ich für die formale Bereinigung des Textes. Herrn Mörtl danke ich zudem für die kritische Durchsicht des Manuskripts. Dazu war er in besonderem Masse befähigt, weil ein Ausschnitt aus der hier behandelten Unmöglichkeitsproblematik (die zufällige Unmöglichkeit der Werkleistung) Gegenstand seines Dissertationsprojekts bildet. AJP 12_2013.indb 1765 2 3 In diesem Entscheid wurde Unzumutbarkeit bejaht; verneint wurde sie in ZR 1994, 59 ff. Zur rechtlichen Behandlung der relativen (Ganz-)Unmöglichkeit s. Alfred Koller, Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Bern 2009, § 53 Rn. 6 f., § 54 Rn. 191 ff. Koller, OR AT (FN 2), § 53 Rn. 4, mit Beispiel; Pascal Pichonnaz, Impossibilité et exorbitance, Diss. Freiburg 1997, Rn. 1060. Näheres zum Begriff des absoluten Fixgeschäfts bei Koller (FN 2), § 39 Rn. 66. 16.12.13 10:36 Sexualität zwischen männlichen Gefangenen AJP/PJA 12/2013 Sexualität zwischen männlichen Gefangenen 1773 Thomas Noll Sexuelle Handlungen zwischen Strafgefangenen sind in Justizvollzugsanstalten an der Tagesordnung. Zusätzlich zum sexuellen Austausch, der dem Aufsichts- und Betreuungspersonal bekannt ist, muss auf diesem Gebiet eine grosse Dunkelziffer vermutet werden. Erhebungen in US-amerikanischen und kanadischen Anstalten haben ergeben, dass ein grosser Teil der sexuellen Kontakte im Gefängnis nicht auf Freiwilligkeit zwischen gleichgestellten Partnern beruht, sondern Teil eines Rechtsgeschäfts (Prostitution) oder gar erzwungen ist. Da bei solchen Konstellationen tendenziell die schwächeren Insassen die Leidtragenden sind, muss man sich als Verantwortlicher die Frage stellen, ob es nicht aus moralischer Sicht und aufgrund von Sicherheitsüberlegungen geboten ist, sexuelle Kontakte zwischen Insassen gänzlich zu verbieten. Am Ende des Textes werden Empfehlungen für die zuständigen Vollzugsbehörden abgegeben. Inhaltsübersicht I.Einleitung II. Sexuelle Gewalt im Gefängnis III. Konsequenzen sexueller Gewalt hinter Gittern IV. Häufigkeit sexueller Gewalt im Gefängnis V. Ursachen der sexuellen Gewalt im Gefängnis VI. Risikofaktoren sexueller Gewalt im Gefängnis VII.Opfercharakteristika VIII. Engagement des Personals IX. Weitere Faktoren X.Empfehlungen I.Einleitung «Sex ist wichtig!» So wurde 2011 vom Chefarzt der Forensisch-Psychiatrischen Universitätsklinik Basel in einem Artikel der Stellenwert des Verhaltens betont, das aus Fortpflanzung, genitaler Erregung sowie intimer körperlicher Nähe besteht1. Obwohl dieses Thema stark tabuisiert wird, besteht kein Zweifel, dass Sexualität auch zwischen Häftlingen praktiziert wird. Zur Häufigkeit dieser sexuellen Kontakte in Schweizer Gefängnissen gibt es keine zuverlässigen Angaben. Sogar im kanadischen und US-amerikanischen Raum, wo aufgrund der zentralen Erfassung der wichtigen Vollzugsdaten noch am ehesten Thomas Noll, Dr. iur., Dr. med., Direktor Schweizerisches Aus- 1 bildungszentrum für das Strafvollzugspersonal. Marc Graf, «Let’s talk about sex.» Die Sexualität in Haft: Was der Psychiater dazu denkt, info bulletin, Bundesamt für Justiz, 2011, 2, 3–4. AJP 12_2013.indb 1773 Les actes d’ordre sexuel commis entre détenus sont monnaie courante dans les établissements pénitentiaires. En plus des échanges sexuels qui sont connus du personnel de surveillance et d’encadrement, il faut supposer qu’il existe, dans ce domaine, un nombre élevé de cas occultes. Des enquêtes réalisées dans des établissements américains et canadiens ont révélé qu’un grand nombre des contacts sexuels en prison ne repose pas sur une base volontaire entre partenaires égaux, mais relève d’une transaction juridique (prostitution) ou est même imposé. Comme, dans ces cas, ce sont souvent les détenus les plus faibles qui sont les victimes, il faut se demander, en tant que responsable, s’il n’est pas indiqué, d’un point de vue moral et pour des considérations de sécurité, d’interdire totalement les contacts sexuels entre détenus. A la fin de l’article, des recommandations sont émises à l’adresse des autorités d’exécution compétentes. Prävalenzzahlen vorliegen, sind die Angaben bezüglich sexueller Handlungen zwischen gleichgeschlechtlichen Gefangenen alles andere als gesichert. Es wird aber geschätzt, dass 30–40 % der Insassen nordamerikanischer Gefängnisse während ihrer Freiheitsstrafe mindestens einen gleichgeschlechtlichen sexuellen Kontakt hatten2. Neueste Zahlen aus den USA sprechen von 4 % der Vollzugshäftlinge und 3,2 % der Untersuchungshäftlinge, die in den zwölf Monaten vor der Erhebung ein- oder mehrmals Opfer eines sexuellen Übergriffs wurden3. Der als «Babyquäler» bekannt gewordene und für seine grausamen Verbrechen an Kleinkindern verurteilte und in der JVA Pöschwies verwahrte Sexualstraftäter René Osterwalder beschrieb am 23. Juni 2009 in einem dreiseitigen Brief an den «Tages-Anzeiger» seine seelischen Nöte und beklagte sich über das Kontaktverbot zu seinem Mitinsassen und Freund D., das damals vom Zürcher Amt für Justizvollzug verhängt worden war. Im Brief war unter anderem zu lesen: Donald Clemmer, Some aspects of sexual behavior in the prison Allan J. Beck/Marcus Berzofsky/Rachel Caspar/Christopher Krebs, Sexual victimization in prisons and jails reported 2 3 community. Proceedings of the American Correctional Associa tion, 1958, zitiert in Peter C. Buffum, Homosexuality in Prisons, Honolulu 2004, 12; Gresham M. Sykes, The society of captives: A study of a maximum security prison, Princeton, NJ 1958; zitiert in Buffum, 12 f. by inmates, 2011–12, Washington DC 2013. http://www.bjs.gov/ content/pub/pdf/svpjri1112.pdf, 1 ff. 16.12.13 10:36 Die regulatorischen und zivilrechtlichen Aspekte des FIDLEG-Projektes: eine kritische Auseinandersetzung AJP/PJA 12/2013 Die regulatorischen und zivilrechtlichen Aspekte des FIDLEG-Projektes: eine kritische Auseinandersetzung 1783 Raffaele De Vecchi Flavio Amadò Giovanni Molo Finanzdienstleistungsgesetz ante portas! Dieser Beitrag beinhaltet eine Auseinandersetzung mit den wichtigsten finanzmarktregulatorischen und zivilrechtlichen Absichten des Hearingberichts über das Finanzdienstleistungsgesetz (kurz FIDLEG), dessen Gesetzestextentwurf voraussichtlich im zweiten Quartal 2014 präsentiert und in Vernehmlassung geschickt wird. Insbesondere wird das Verhältnis dieses ersten Anstosses zur europäischen Gesetzgebung (MiFID I und MiFID II) und die Auswirkungen betreffend des Zugangs zum europäischen Markt untersucht. In einem nächsten Schritt wird der geplanter Geltungsbereich des FIDLEG und das Verhältnis zum kantonalen Recht vertieft. Weiter geht es um eine kritische Auseinandersetzung mit den zivilrechtlichen Aspekten des FIDLEG-Projektes: auf materieller Ebene, bezüglich der Vorlage zur Beweislastumkehr und der Einführung spezieller Prozessbestimmungen. Inhaltsübersicht I. Das FIDLEG-Projekt des EFD II. Zugang zum europäischen Markt III.Geplanter Geltungsbereich des FIDLEG 1. Sachlicher Geltungsbereich 2. Persönlicher Geltungsbereich 3. Aufsichtsorgane für unabhängige Vermögensverwalter 4. Räumlicher Geltungsbereich 5. Zeitlicher Geltungsbereich 6. Verhältnis zum kantonalen Recht IV.Die Umgestaltung der Verhaltensregeln des Finanzdienstleisters 1. Allgemeine Vorbemerkungen zum Vertragsverhältnis mit dem Kunden 2. Die Sorgfaltspflicht 3. Segmentierung der Kundschaft 4.Anlageprinzipien 5. Informations- und Rechenschaftspflichten a. Umfang der Informationspflicht b. Modalitäten der Information c. Zeitpunkt der Information d. Die Rechenschaftspflicht 6.Treuepflichten a. Vermeidung von Interessenkonflikten AJP 12_2013.indb 1783 La loi sur les services financiers est à nos portes ! Cette contribution discute les intentions, les plus importantes en matière de régulation des marchés financiers et de droit civil, du rapport destiné à l’audition relatif à la loi sur les services financiers (en abrégé LSF). Le projet de texte de loi de la LSF sera probablement présenté et mis en consultation au deuxième trimestre 2014. L’article analyse en particulier la relation de cette première initiative avec la législation européenne (MiFID I et MiFID II) et les répercussions en ce qui concerne l’accès au marché européen. Il approfondit, dans un deuxième temps, le champ d’application prévu par la LSF ainsi que son rapport avec le droit cantonal. Les auteurs soumettent ensuite les aspects de droit civil du projet de la LSF à une réflexion critique : au niveau matériel, en ce qui concerne le projet de renversement du fardeau de la preuve et l’introduction de dispositions procédurales spéciales. b. Die Frage der Drittvergütungen im Besonderen 7. Zivilrechtliche Rechtsfolgen a. Auftragsrechtliche Haftung b.Prospekthaftung c.Deliktshaftung 8. Aufsichtsrechtliche Folgen 9. Intertemporale Auswirkungen V. Die Vorlage zur Beweislastumkehr VI.Die Einführung spezieller Prozessbestimmungen 1. Der Anspruch auf Dossierherausgabe 2. Das Ombudswesen 3. Die Prozesskosten VII.Schlussfolgerungen Flavio Amadò, LL.M., Rechtsanwalt, Solicitor, Notar, Partner bei Gaggini&Partners, Lugano. Raffaele De Vecchi, lic. iur., Praktikant, Mendrisio/Basel. Giovanni Molo, LL.M, Rechtsanwalt, Partner bei Bolla Bonzanigo&Associati, Lugano. 16.12.13 10:36 Markus Kern AJP/PJA 12/2013 Zwischen Effizienz- und Qualitäts bestrebungen: Die Vergabe von Transport leistungen im öffentlichen Personen verkehr in der EU und der Schweiz 1806 Markus Kern Der Rechtsrahmen für Ausschreibungen im öffentlichen Personenverkehr auf Strasse und Schiene hat mit dem Inkrafttreten des 2. Teilpakets der Bahnreform 2 am 1. Juli 2013 eine massgebliche Fortentwicklung erfahren. Die Reform schafft eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für Ausschreibungen von Verkehrsleistungen, womit dieser Vergabemodus im Busbereich inskünftig zum Grundsatz erhoben und im Schienenbereich als Möglichkeit neben der hergebrachten Direktvergabe etabliert wird. Damit bewegt sich das Regulativ in der Schweiz einen Schritt in Richtung des wettbewerblicher ausgerichteten Systems in der EU, ohne allerdings das Unionsrecht vollumfänglich zu übernehmen. Vorliegend näher zu diskutieren bleiben dabei einerseits Fragen etwa zur Abgrenzung vom allgemeinen Beschaffungsrecht, zu Gewinnanreizen oder zu den Modalitäten bei Unternehmenswechseln, aber auch die übergreifende Frage, ob der eingeschlagene Regulationsweg tatsächlich zielführend ist oder ob im engverzahnten System des öffentlichen Verkehrs in der Schweiz stattdessen nicht ein Wettbewerb der Kennzahlen im Sinne einer Yardstick Competition angestrebt werden könnte. Inhaltsübersicht I.Einleitung II. Regelungsrahmen in der Europäischen Union A.Ursprünge B. Aktueller Regelungsstand C. Weitere Entwicklungen des Unionsrechts D.Einschätzung E. Bedeutung des Unionsrechts für die Schweiz III.Ausgangslage in der Schweiz IV.Der neue Rechtsrahmen A.Grundsätzliches 1.Bestellprinzip 2.Finanzierung 3. Anforderungen an das Transportunternehmen B.Vergabeverfahren 1. Wahl des Vergabeverfahrens 2.Direktvergabeverfahren 3.Ausschreibungsverfahren V. Einzelne Fragestellungen zum neuen Rechtsrahmen A. Abgrenzung zum Beschaffungsrecht 1. Verkehrsleistungen auf der Schiene 2. Verkehrsleistungen auf der Strasse 3.Fazit B.Gewinnanreize C.Unternehmenswechsel D. Ausschreibungen auch im Schienenverkehr VI.Schlussfolgerungen Markus Kern, Dr. iur., LL.M. (Harvard), MA in Economics Oberassistent, Institut für Europarecht Freiburg. AJP 12_2013.indb 1806 Le cadre juridique des appels d’offres en matière de transports publics sur la route et le rail a connu une évolution considérable avec l’entrée en vigueur le 1er juillet 2013 du 2e paquet de la réforme des chemins de fer 2. Cette réforme crée une base légale explicite pour les appels d’offres de prestations de transport. Désormais, ce mode d’attribution est érigé au rang de principe dans le secteur des transports par bus et est défini comme une possibilité supplémentaire, en plus de l’attribution directe traditionnelle, dans le secteur du rail. La réglementation suisse fait ainsi un pas en direction du système européen qui est plus axé sur la concurrence, sans toutefois reprendre intégralement le droit de l’Union. En l’espèce, il reste à examiner plus en détail, d’une part, les questions qui concernent notamment la délimitation par rapport au droit général des marchés publics, les perspectives de gain ou les modalités lors de changements d’entreprises, mais aussi la question plus générale de savoir si la voie de réglementation choisie est vraiment efficace et appropriée ou si, au contraire, une concurrence basée sur les indicateurs, au sens d’une concurrence par comparaison (yardstick competition), ne serait pas plus souhaitable, au vu du système étroitement imbriqué des transports publics en Suisse. I.Einleitung Der öffentliche Regionalverkehr in der Schweiz ist ein kostspieliges Qualitätsprodukt: Zusammen mit dem Ortsund Fernverkehr bietet er eine nahezu flächendeckende Versorgung mit den Dienstleistungen des öffentlichen Verkehrs und mit den Errungenschaften des Taktfahrplans, des Knotensystems mit optimierten Umsteigezeiten und einer einheitlichen Tarif- und Fahrkartenstruktur auch ein bemerkenswert hohes Qualitätsniveau1. Gleichzeitig ist der Regionalverkehr jedoch eine teure Staatsaufgabe: Im Jahre 2009 beliefen sich alleine die Abgeltungen der öffentlichen Hand für die Verkehrsleistungen auf CHF 1.55 Mrd.2, wozu noch die mittelbare Subventionierung über die Finanzierung der Infrastrukturbenutzung kommt3. Vor diesem Hintergrund kommt dem rechtlichen Rahmen des Regionalverkehrs die doppelte Funktion zu, Vgl. BBl 2011 911, 931. Verband öffentlicher Verkehr/Informationsdienst für den öffentlichen Verkehr, Finanzierung des öffentlichen Verkehrs – ein Überblick, Bern 2011, 3. 3 Gemäss dem geltenden Trassenpreissystem orientieren sich die Trassenpreise an den Normgrenzkosten, wobei zusätzlich noch der sogenannte Deckungsbeitrag erhoben wird, welcher im Regionalverkehr gegenwärtig 8 % der Verkehrserlöse ausmacht (Art. 19 und 20 Eisenbahn-Netzzugangsverordnung [NZV; SR 742.122]), damit wird jedoch keine Deckung der Vollkosten erreicht. 1 2 16.12.13 10:36