GZ. 85.046/2-FUS/04 Vereinfachter Untersuchungsbericht Flugunfall
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GZ. 85.046/2-FUS/04 Vereinfachter Untersuchungsbericht Flugunfall mit dem Motorflugzeug Type SOCATA Rallye 110 ST am 31. August 2002 östlich vom Flugplatz Gmunden, Oberösterreich Die Untersuchung erfolgte in Übereinstimmung mit dem Flugunfall-Untersuchungs-Gesetz-FlUG, BGBI.Nr. 105/1999. Zweck der Untersuchung ist ausschließlich die Feststellung der Ursache des Unfalles oder der schweren Störung zur Verhütung künftiger Unfälle oder schwerer Störungen. Die Untersuchung dient nicht der Feststellung des Verschuldens oder der Haftung. Flugunfalluntersuchungsstelle, Lohnergasse 9, A-1210 Wien, Tel.: +43(0)1-27760 DW 9200 – 9207, Fax: +43(0)1-27760 DW 9299, email: [email protected] Flugunfall vom 31. August 2002 Seite 2 von 5 Einleitung Luftfahrzeug Luftfahrzeugart: Motorflugzeug Flugzeughersteller: SOCATA / Frankreich Musterbezeichnung: Rallye 110 ST Staatszugehörigkeit: Österreich Luftfahrzeughalter: Privat Pilot: Art des Zivilluftfahrerscheines: Privatpilotenschein Flugerfahrung gesamt: 322h davon in den letzten 90 Tagen: 15h Auf dem Unfallmuster: 47h davon in den letzten 90 Tagen: 6h Datum und Zeitpunkt: 31.8.2002, ca. 15:00 Uhr UTC Unfallort: ca. 680 m östlich des Flugplatzes Gmunden Koordinaten (WGS 84): N 47°57’14“ O 13°52’34“ Höhe über Meer (MSL): 514m Betriebsart: Flugphase: Anfangssteigflug Unfallart: Notlandung mit Kollision Personenschäden: Besatzung: Passagiere: Dritte: Tödlich verletzt: ----- ----- ----- Schwer verletzt: ----- 1 ----- 2 ----- ----- Leicht/Unverletzt: Schäden: Luftfahrzeug: schwer beschädigt Drittschaden: keiner Wetter: Flugwetterbedingungen: VFR Lichtverhältnisse: Tag Flugunfall vom 31. August 2002 Seite 3 von 5 Flugverlauf Der Flugverlauf wurde anhand der Aussagen der Piloten, des Passagiers und der Augenzeugen am Boden wie folgt rekonstruiert: Nach Aussage des Piloten hatte er Außenkontrolle, Benzindruck, Magnetprobe und Vollastprobe durchgeführt und startete dann auf der Betriebspiste 08. Das Flugzeug hob bei etwa ¾ der Pistenlänge ab. Der Anfangssteigflug wurde bis in eine Höhe von 20 bis 30 m fortgesetzt, konnte aber nicht beibehalten werden, da die Fahrt abnahm. Um die Mindestfahrt nicht zu unterschreiten, ließ der Pilot am Knüppel nach. Ungeachtet dessen blieb der Anstellwinkel aber hoch, sodass kein Horizontalflug möglich war. Daraufhin leitete der Pilot eine Notlandung ein. Diese erfolgte ca. 420 m vom Pistenende entfernt und 11 m höher auf einer von einem Feldweg und Bäumen begrenzten Wiese. Beim Ausrollen über den Feldweg brach das Fahrwerk und das Flugzeug kollidierte mit der linken Fläche mit einem Baum. Es entstand kein Brand. Der Passagier wurde bei der Notlandung am linken Handgelenk schwer verletzt, am Luftfahrzeug entstand wirtschaftlicher Totalschaden. Untersuchung des Luftfahrzeuges Das Luftfahrzeug wurde geborgen und am Flugplatzgelände gelagert. Die Borddokumente wurden übernommen und sichergestellt. Das Triebwerk wurde von der Flugunfalluntersuchungsstelle aus dem Wrack ausgebaut und zur weiteren Untersuchung in die Untersuchungsräumlichkeiten nach Wien gebracht. Bei der letzten Wartung handelte es sich um eine 50h-Kontrolle, die 52 h 30 zurücklag. Die zulässige Toleranz für diese Art der Wartung beträgt 10% (vgl. Österreichisches Nachrichtenblatt für Luftfahrer). Am kalten Triebwerk wurde eine Differenzdruckmessung auf allen Zylindern durchgeführt und zulässige Werte ermittelt. Das Boroskopieren ergab keine Beanstandungen. Die Überprüfung der Einstellung der Zündzeitpunkte ergab am linken Zündmagneten 23,6° vor OT, mit Schnapper 6,6° vor OT, am rechten Zündmagneten betrug der Wert 24,6° vor OT. Der Sollwert im Betrieb beträgt 20° vor OT. Die Zündkerzen wurden demontiert und beurteilt. An der unteren Kerze des Zylinders Nr. 1 wurde ein starker Belag am Isolierkörper festgestellt, während die untere Kerze des Zylinders 2 stark verölt war. Beide beanstandeten Zündkerzen wurden am Kerzenprüfstand geprüft, die Kerze des Zylinder Nr. 1 zündete nicht mehr. Auf den Ventildeckeln und im Ölfilter befand sich eine erhebliche Menge an Rostpartikeln. Der Öldruckgeber, Öltemperaturgeber und Kraftstoffdruckgeber entsprachen nicht den zugelassenen Originalteilen. Flugunfall vom 31. August 2002 Kerze Zylinder 1 unten Seite 4 von 5 Kerze Zylinder 1 oben Weiterführende Untersuchungen Unter Zugrundelegung der Angaben der Insassen wurde die Abflugmasse mit etwa 830 kg ermittelt. Die höchstzulässige Abflugmasse des Luftfahrzeuges liegt bei 770 kg. Mit Hilfe des Flughandbuches wurde bei 770kg Abflugmasse, einer Druckhöhe von 1670ft und einer Außentemperatur von 25°C eine Rollstrecke von 258m und eine Startstrecke über ein 15m Hindernis von 520m ermittelt. Diese Werte gelten bei Windstille und trockener, befestigter Piste. Zur Verdeutlichung der Situation wurden unter zu Hilfenahme des General Aviation Safety Sense Leaflets 7B, herausgegeben von der britischen Luftfahrtbehörde CAA, noch Faktoren für die Überladung (x1,16), die einprozentige Steigung der Piste (x1,05) sowie der empfohlene Sicherheitsfaktor (x1,33) angewandt. Die somit errechnete Startstrecke über das 15m Hindernis liegt mit 842m nur knapp über dem Geländeprofil. Das Luftfahrzeug wurde bis Jahresende 1981 durchschnittlich eine Stunde täglich geflogen. Anschließend sinkt die durchschnittliche Nutzung erheblich ab. Erst ab August 2002 steigt die durchschnittliche Nutzung wieder auf eine Flugstunde täglich. Ab September 1999 gibt es Hinweise, dass dem Motoröl AVBLEND beigemischt wurde. Die Auswirkungen auf den Betrieb und das Korrosionsverhalten lassen sich nicht abschätzen. Beurteilung Das Luftfahrzeug war ordnungsgemäß zugelassen; ein gültiges Lufttüchtigkeitszeugnis war ausgestellt. Zum Unfallzeitpunkt war das Luftfahrzeug um ca. 8 % des höchstzulässigen Fluggewichts überladen; der Schwerpunkt lag im zulässigen Bereich. Flugunfall vom 31. August 2002 Seite 5 von 5 Der Pilot war im Besitz der zur Durchführung des Fluges erforderlichen Berechtigung. Diese war am Unfalltag gültig. Das im Flughandbuch vorgesehene Maximal-Steigflugverfahren mit ausgefahrenen Spaltvorflügeln wurde angewandt. Zeugen am Flugplatz berichteten, dass der Anstellwinkel zu groß gewesen sei und das Flugzeug daher im Sackflug geflogen sei. Subjektiv verspürten Pilot und Copilot im Anfangssteigflug zuwenig Motorleistung. Der Zündzeitpunkt lag um 4° vor dem vorgesehenen Sollwert. Eine Zündkerze konnte aufgrund der starken Ablagerungen am Isolierkörper am Prüfstand nicht mehr zünden. Beides hatte negativen Einfluss auf die Leistung und die Höchstdrehzahl des Triebwerks, ein genauer Wert lässt sich jedoch nicht angeben. Einen bestehenden Kurzschluss der Kerze hätte der Pilot jedenfalls bei Magnet- und Volllastprobe an der Drehzahl bzw. deren Abfall erkennen können. Der Entschluss zur Notlandung war angesichts der Kollisionsgefahr mit den Bäumen richtig, da diese letztlich mit niedriger Geschwindigkeit erfolgte und somit das Verletzungsrisiko deutlich verringert war. Wahrscheinliche Ursachen Pilot • Überladung • Fehleinschätzung der Startstrecke Triebwerk • Leistungsminderung durch mangelhaften Zustand einer Zündkerze Sicherheitsempfehlungen Da die Zündkerzen innerhalb ihres zulässigen Wartungsintervalls derart starke Ablagerungen aufwiesen, sollte die Luftfahrtbehörde eine Verkürzung des Wartungsintervalls bei Triebwerken O-235-L2A erwägen. Wien, am 23. Juni 2004 Der Untersuchungsleiter: Günther Raicher