KunstKonkret Zeitschrift für Kunst, Architekur und Gestaltung
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KunstKonkret Zeitschrift für Kunst, Architekur und Gestaltung
KunstKonkret Zeitschrift für Kunst, Architekur und Gestaltung Ausgabe 15 Inhalt KunstKonkret extra 6 Kunststiftung Robert S. Gessner Susan Lutz KunstKonkret vorgestellt 7 Robert S. Gessner Zur Wiederbegegnung mit dem Schweizer Künstler Eugen Gomringer Atelierportrait 11 notes d‘atelier Jean-Gabriel Coignet 13 architectonic drawing: the impingements 1982 gary woodley Kunsttheorie/Künstlertheorie 15 Spiel des Möglichen Ursula Meyer Rogge 18 ‚art concret‘ oder ‚abstraction géométrique‘? Hansjörg Glattfelder 20 a bstrahieren Sigurd Rompza 22 K unstKonkret 1-15. Beiträge zur Kunsttheorie seit 1995 Museen und Galerien 23 Galerie Paks Ungarn Zoltán Prosek 24 G impel & Müller: un nouveau lieu à Paris pour «l‘art construit» Jacques Bouzerand 26 G alerie Jean Greset. Vingt-cinq années d’activité Louis Ucciani Editorial Die Zeitschrift Kunst Konkret, Ausgabe 15 ist dem Künstler Robert S. Gessner gewidmet. Präsentiert wird sie von der Kunststiftung Rob. S. Gessner Altendorf, Schweiz die herausgabe der nummer 15 der zeitschrift ‘kunst konkret‘ wird ermöglicht durch unterstützung von seiten der robert s. gessner stiftung. eugen gomringer stellt den schweizer künstler gessner vor, dessen werk von der stiftung betreut wird. der künstler ist über die schweizer grenzen hinaus noch immer wenig bekannt. im ‘atelierportrait‘ werden die plastiken des französischen künstlers jean-gabriel coignet und die achitectonic drawings des engländers gary woodley erläutert. die hamburger kunsthistorikerin ursula meyer-rogge setzt sich in ihrem beitrag mit konkreter kunst als ‘spiel des möglichen‘ auseinander. unter ‘museen und galerien’ stellt der museumsdirektor zoltán prosek die ‘galerie paks‘ in ungarn vor. jaques bouzerand beleuchtet die aktivitäten der galerie gimpel und müller, die seit einigen jahren ihren platz in paris in der nähe der rue de seine hat. und louis ucciani macht mit der galerie jean greset in besançon bekannt – der galerist kann auf 25 jahre galerieaktivität zurückschauen. für die unterstützung bei der redaktionellen arbeit danke ich vielmals sandra kraemer. für die herausgeber sigurd rompza ebenfalls in der rubrik ‘kunsttheorie/ künstlertheorie’ geht der schweizer künstler hansjörg glattfelder der frage nach, warum im französischen sprachgebrauch der begriff ‘art concret‘ selten verwendet wird und man stattdessen von ‘abstraction géométrique‘ spricht. sigurd rompza beschäftigt sich in seinem text mit der frage: was heißt abstrahieren in der bildenden kunst? anschließend sind die seit 1995 in der zeitschrift erschienenen beiträge zu kunst- und zu künstlertheorien aufgelistet. interessierte können sich so schneller einen überblick hinsichtlich der veröffentlichungen verschaffen. deutlich wird, dass die zeitschrift seit ihrem erscheinen einen großen beitrag zur theorie konkreter kunst geleistet hat. 5 KunstKonkret extra Die Kunststiftung Robert S. Gessner in Altendorf, Schweiz Susan Lutz Die Stiftung wird in den nächsten Jahren das umfangreiche Werk kunsthistorisch weiter aufarbeiten, damit ein Werkkatalog bereitgestellt werden kann. Ebenso sind Publikationen auf kunstwissenschaftlicher Ebene in Planung. Als im Jahr 2007 die umfangreiche Sammlung des Künstlers Robert S. Gessner von der Galleria il Tesoro erworben wurde, stellten die Verantwortlichen fest, dass der Nachlass neben den über 1500 Werken, auch viel persönliches Material, wie Skizzen- und Tagebücher, Briefe und Dokumente enthielt, die kunsthistorisch von großem Wert sind. Aus diesem Grund war klar, dass man zur Bekanntmachung, Förderung, Forschung, Illustration und Publikation des Werkes am besten eine Stiftung gründet. Dieser Gedanke wurde vom Eigentümer umgesetzt und die Robert S. Gessner Kunststiftung wurde im Januar 2011 gegründet. Sie hat heute neben einem namhaften Stiftungsrat auch ein Kapital von CHF 500‘000,- und Verträge zur Generierung neuer Finanzmittel. Die Kunststiftung Robert S. Gessner bezweckt den Aufbau und die Pflege dieser einzigartigen Sammlung, die erweiterte Bekanntmachung seines Œuvres sowie unentgeltliches Zugänglichmachen von Kunstgegenständen, die er geschaffen hat. Durch die unentgeltliche Leihgabe von Werken Robert S. Gessners an Kunstmuseen, Galerien und ähnliche Institutionen im In- und Ausland, soll das Gesamtwerk der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. 6 Robert S. Gessner hinterließ ein bedeutendes Werk. Zürich war seine Heimat, in der sich seine künstlerische und berufliche Entwicklung abspielte. Zürich mit Max Bill, Richard Paul Lohse, Leo Leuppi, Johannes Itten, Camille Graeser, Fritz Glarner und Verena Loewensberg war eine Hochburg der konkreten Malerei. In diesem zürcherischen Spannungsfeld zeigt Robert S. Gessner seine Stadt in den abstrakten Stadtbildern. Sonnenbilder entstanden in der Wärme von Ibiza. Beim Malen verwendete er teilweise Salz und Sand, um besondere Effekte zu erreichen. In seinem Tagebuch schrieb er: „Seither (seit der 1. Einzelausstellung 1949) bin ich ein lokaler Kleinerfolg als Maler, Graphiker und Plastiker. Und ich möchte es darum bleiben, weil ein großer Erfolg auch mit Abstempeln und Anforderungen von Galerien verbunden ist. Das würde meine Freiheit beschneiden. Und Freiheit ist mein wertvollster Besitz“. Die Malerei, die Musik, die Literatur, dies war seine Welt. Zu Lebzeiten ließ er seine Bilder sprechen und hielt sich im Hintergrund. Kunststiftung Robert S. Gessner Mülistraße 3 8852 Altendorf, Schweiz Telefon 055 462 38 88 E-mail [email protected] oben: Robert S. Gessner, „Haus an der Sonne“, KunstKonkret vorgestellt Robert S. Gessner Zur Wiederbegegnung mit dem Schweizer Künstler 1947, Öl, Pavtex, 39,5 x 31 cm unten: „Kristall“, 1960, Öl, Spanplatte, 35 x 47,5 cm Eugen Gomringer Der 1908 in Zürich geborene Robert S. Gessner war Zeit seines Lebens eine bekannte und angesehene Persönlichkeit seiner Vaterstadt und war als Künstler im In- und Ausland an zahlreichen Ausstellungen beteiligt, aber trotzdem wurde sein Name nur selten genannt oder blieb unerwähnt, wenn die berühmte Phalanx der Zürcher Konkreten die Konkrete Kunst der Schweiz vertrat. Das ging allerdings nicht nur ihm allein so, wenn man den Blick einmal auf die Reihen gleichzeitig arbeitender KünstlerInnen wirft. Auch deren Namen sind wohlvertraut und sie galten auch damals schon als anerkannte Künstlerschaft, wie sich das eben bei Robert S. Gessner exemplarisch erkennen lässt. Ihre Arbeit war nicht nur notwendig, um die neue Kunst in der Schweiz zu festigen, sie hatten auch als Einzelne immer wieder hervorragende Werke geschaffen. Um auf die gelegentliche Verflechtung von beiden „Gruppierungen“ – weder die einen noch die andern waren jedoch im Sinne von Künstlergruppen anzusprechen – hinweisen zu können, eignet sich vorzüglich eine gemeinsame Ausstellung in Bern im Jahr 1951. In Bern hatte sich in den frühen 1950er Jahren eine Szene künstlerisch motivierter Jugend gebildet. Es waren vornehmlich Grafikerinnen und Grafiker, womöglich aus den gleichen Ateliers stammend, und es waren KünstlerInnen und Schriftsteller, alle vor ihrer ersten Anerkennung. Es waren darunter später so bekannte Namen wie Diter Rot, Marcel Wyss und Luginbühl. Und alles in der Hand hatte der Buchhändler und Galerist René Simmen. Der Titel der erwähnten Ausstellung lautete „Neue Malerei und Plastik aus Zürich“. Die Namen der Teilnehmer in alphabetischer Reihenfolge waren: Aeschbacher, Bill, Coray, Eichmann, Fischli, Gessner, Graeser, Honegger, Leuppi, Loewensberg, Lohse. Keine Frage war, dass die Auswahl gut überlegt war, und die Eingeladenen für die neue Kunst aus Zürich repräsentativ sein sollten. Ungefähr die Hälfte der Namen umgab bereits die Aura interna tionaler Erfolge. Für die moderne Kunst in Zürich, dem Schweizerischen Schwerpunkt jedoch, sprachen alle Eingeladenen. Der Ausstellung war ein kleiner Katalog im Postkartenformat gewidmet, der sich aus einem A4-Format falten ließ und auf zwei Seiten des Faltblattes einen programmatischen Text von Bill 7 Robert S. Gessner, „Sombra, Ibiza/Zürich“, 1975, Robert S. Gessner, „Komposition in Rot“, 1961, Öl, Leinwand, 40 x 40 cm Öl, Spanplatte, 70 x 43 cm bgedruckt hatte. Es war der bekannte a Text mit dem Eingangssatz: Kürzlich bat mich ein Freund aus Teneriffa für seine Zeitschrift einen kurzen Aufsatz über das Thema „Realismus und Abstraktion“ zu schreiben. Das Ganze trug die Handschrift von Max Bill, auch die Auswahl der 11 Künstler und der einen Künstlerin. Als Zürcher, der in Bern studierte und gleichzeitig ein Praktikum an der Feuilleton-Redaktion des Bund absolvierte, hatte ich bei der Auswahl auch ein bisschen mithelfen können, da mir die Zürcher Künstler seit 1944, der Ausstellung der Konkreten in der Galerie „Des Eaux Vives“ an der Seefeldstraße, zunehmend bekannt geworden waren. Für die Revision Robert S. Gessner ist diese Einbindung in eine recht honorige Gruppe der Beweis seiner Anerkennung. In meinen Notizen zur Ausstellung machte ich zu jedem Namen einige Bemerkungen. Bei Robert S. Gessner hatte ich notiert: Diese Kunst ist auf alle Fälle nicht mehr wegzudenken. Es erhebt sich die Frage, ob sich die schweizerische Kunstgeschichte nicht einmal der Gruppe der weniger bekannt gewordenen Künstler annehmen sollte, also z.B. Gessner, Aeschbacher, Fischli, Eichmann, Leuppi hinsichtlich ihrer persönlichen Rolle der Aufarbeitung des modernen Postulats. Was sich bei der Revision von Robert S. Gessner erhellt, ist, dass dieser Mann, der nicht scheu war, was seine Stellungnahmen zu verschiedenen 8 städtischen und beruflichen Ärgernissen beweisen, dennoch ein zurückhaltender Mann war und dies ganz einfach aus persönlicher Noblesse. Robert S. Gessner ist einmal der Zürcherischste aller Zürcher genannt worden. Nicht zu unrecht, denn seine berufliche und künstlerische Entwicklung spielte sich – auch wenn man die vielen Reisen berücksichtigt – in der Stadt Zürich ab, in der er sich so gut auskannte. Ein wichtiger Austausch fand für ihn durch die meist längeren Aufenthalte in seinem Haus auf der Insel Ibiza statt, die seine Malerei wesentlich beeinflussten. Diese beiden Schauplätze umfassen bereits die Geografie seiner Arbeitsplätze. Wirft man einen Blick auf die Alterskollegen z.B. in Deutschland, so standen dort eine bis zwei Generationen zur Zeit als Gessners berufliche Tätigkeit als Grafiker und gleichzeitig als freier Künstler einsetzte, 1932, vor der Frage der Emigration oder des Ausharrens. Zürich, das seit der Dada-Bewegung von 1916 internationalen Strömungen gegenüber offen war, wurde in den 1930er Jahren Sammelbecken von Emigranten und Rückkehrern. Doch auch unter den Einheimischen waren Künstler, die im Sog der großen Wandlungen, die ihren Anfang im ersten und zweiten Jahrzehnt des Jahrhunderts nahmen, für eine Erneuerung, für eine zeitgerechte Kunst eintraten. Gessner ist bei diesen Bewegungen in Zürich nicht von Anfang an dabei. Er hatte sich auch nicht wie Hans Fischli, Max Bill, Serge Brignoni, Hans Erni – um nur die bekanntesten zu nennen – am Bauhaus oder in Paris „umgesehen“. In der einschlägigen Literatur wird er vergessen. Dabei hat die Entwicklung seiner Kunst viele Prägungen von urpersönlicher Eigenart hervorgebracht. Ihre Wirkungskraft verteilte sich jedoch über die Jahre. Ein Höhepunkt oder mehrere, die unbedingt bemerkt werden mussten, entsprechen nicht dem Charakter von Gessners Kunst. Zudem geriet sie ins Spannungsfeld der Konstruktiven und Konkreten Kunst. Es ist durchaus richtig, beide Begriffe neben-einander zu verwenden. Denn durch ihr Nebeneinander wird im Grunde auch ein Spannungsfeld abgesteckt, indem mit „konstruktiv“ – abgesehen von der historisch erklärbaren Entstehung – strukturdeterminierte Gestaltung auf der Basis von Mathematik und Geometrie verstanden wird, mit „konkret“ andererseits auch empirischpsychisch bedingte Gestaltung, wodurch innere Tatbestände zu äußeren Tatbeständen konkretisiert werden. Dass sich auf der Ebene der subjektiven Entscheidung Methoden oft auswechseln lassen, ist verständlich. Durch das besondere theoretische Übergewicht der mathematischen Richtung innerhalb der jungen Zürcher Bewegung wurde schließlich das Verständnis der Konkreten Kunst mehr und mehr vom Zweig der rein mathematischen Denkweise vereinnahmt, was jedoch nicht der Absicht von Max Bill entsprach. Die Spannung spiegelt sich in Gessners Ausspruch wider: Aber bin ich nicht ein romantischer Konstruktivist? Die Doppelsinnigkeit der beiden Begriffe „romantisch“ Robert S. Gessner, „Zweiteilung mit dem Roten Robert S. Gessner, „ohne Titel“, 1946, Quadrat in der Mitte“, 1963, Acryl, Pavatex, Mischtechnik, Pavatex, 20 x 32,5 cm 32,5 x 20 cm und „Konstruktivist“ hat immer wieder manchen Künstlern mehr oder weniger bewusst Probleme aufgegeben. Die Selbsterkenntnis Gessners ist deshalb verständlich genug, um damit in sein Werk, wie an einem roten Faden geführt, hinein zu leuchten. Im Vorgriff kann auch schon bemerkt werden, dass, wenn es einem Zürcher Künstler gelingen musste, den Widerspruch aufzuheben, die Kunst Gessners dazu prädestiniert war und dass sie dadurch überzeugende Ergebnisse erbracht hat. Es war aber schon viel früher Paul Klee, welcher am Zwiespalt litt, den die „Abstraktion“ entstehen ließ. Auch die Ausstellungen der Galerie „Des Eaux Vives“ von 1944/45 liefen noch unter dem Programm „abstrakt-konkret“. In seinem Tagebuch-Eintrag Nr. 951 des Jahres 1915 notierte Paul Klee: „Man verlässt die diesseitige Gegend und baut dafür hinüber in eine jenseitige, die ganz ja sein darf. Abstraktion. Die kühle Romantik dieses Stils ohne Pathos ist unerhört. Je schreckensvoller diese Welt (wie gerade heute), desto abstrakter die Kunst, während eine glückliche Welt eine diesseitige Kunst hervorbringt“. Für die Kunst von Robert S. Gessner ist Klees Feststellung von der kühlen Romantik dieses Stils ohne Pathos Jahrzehnte später auf eigentümliche Weise immer noch zutreffend. Von einer Spiegelung der Schrecken dieser Welt ist jedoch in Gessners abstrakter – jetzt also auch nicht in seiner Konkreten Kunst – nichts mehr zu bemerken. Im Gegenteil: Die romantische Konkrete Kunst Gessners erweckt eine positive Grundstimmung, in welcher z. B. mediterrane Naturgläubigkeit in Teilen stark mitbestimmend ist. Überdies ist die Kunst Gessners geprägt von seiner langjährigen Tätigkeit als Lehrer an der Kunstgewerbeschule Zürich. Er beherrscht die Techniken. Trotz der Bemerkung, dass sein Werk nicht die Höhepunkte aufweist, die ein Werk in die höchsten Ränge hebt, sind es einige Themen, die, wie ich 1951 bei der Begegnung in Bern meinte, in einer Revision, im Verein mit der sachlich sauberen Maltechnik, besondere Berücksichtigung einfordern. Er war ein Suchender, ein Suchender nach Urbildern, ein Suchender nach der reifen Komposition, ein Suchender nach der perfekten Technik. Man wird seinem Werk insgesamt den Stellenwert einer in sich gereiften, thematisch interessanten Kunst zuschreiben. 9 Robert S. Gessner Biografie Elisabeth Ott-Schreiner 1908 in Zürich geboren als Sohn eines Zürcher Oberrichters und InfanterieOberst, als Ur-Ur-Enkel des Zürcher Dichters und Malers Salomon Gessner, der durch seine idyllische Behandlung antiker Bukolik berühmt wurde Besuch der Handelsschule ab 1924 Beschäftigung mit abstrakter und ungegenständlicher Malerei 1925-27 Lehre als Schaufensterdekorateur bei Jelmoli Zürich 1927-31 Besuch der Kunstgewerbeschule Zürich, Klasse von Alfred Altherr Übertritt und Abschluss in der Fachklasse für Grafik. Kontakte mit den Lehrern Walter Roshardt, Ernst Keller, Karl Hügin, Otto Meyer-Amden, Ernst Gubler. Kurze Studienaufenthalte in München, Paris, Spanien und Mailand ab 1932 Selbständiger Gebrauchs- und Werbegrafiker und Maler 1932- 33 Beteiligung an einer kleinen Keramikwerkstatt in Ascona. Erste Ölbilder und Linolschnitte entstehen, neben Gouache, Aquarell und Tusche. Erfolg als Grafiker 1933 Heirat mit Edith Carola Wernecke ab 1933 Tätigkeit als Grafiker in Zürich, zeichnet und malt in der Freizeit 10 Robert S. Gessner in seinem Atelier 1935 Heirat mit Beatrice Hüni Von W. Boesiger erhält er den Auftrag das bekannte Künstler-Café Select an der Limmat in Zürich mit einem Wandbild auszustatten (zerstört beim Selectbrand in den 1940er Jahren. Nur der Entwurf bleibt erhalten) 1938 Mitglied der Allianz, Vereinigung moderner Schweizer Künstler, die im Vorjahr gegründet wurde. Ihr Präsident ist Leo Leuppi, die Vorstandsmitglieder sind Richard P. Lohse, Hans. R. Schiess, Walter Bodmer und Hans Erni. Zweck des Vereins ist die gemeinsame Förderung der modernen Kunst und die Wahrung der daraus sich ergebenden Interessen 1941 Heirat mit Selma Bührer 1940- 56 Beauftragter für die Ausbildung von Lehrlingen und von Volontären der Kunstgewerbeschule Zürich 1942-44 Gessner hat sich an der Geometrie und Mathematik erprobt, es entstehen Spiral-Kompositionen, die wohl mit Zirkel und Winkel konstruiert werden, deren Wege und Endpunkte jedoch dem Gefühl überlassen sind 1944-45 Hilfslehrer für Zeichnen an der Kunstgewerbeschule Zürich. Strenge Rechteckformen in Gitterkon struktionen wechseln ab mit frei im Raum schwingenden Formen. Es erscheint mond- und sonnenhaft eine Kreisscheibe, entweder in der Funktion eines Gestirns über der Landschaft oder als Kontrapunkt zu spitzen, kristallinen Kumulationen von Flächenverspannun gen. Die farbliche Differenzierung verleiht jedem Bild seinen eigenen Charakter. Die Bilder tragen keinen Titel. Sie sollen nichts als sich selber darstellen. 1947 Gessner malt das Ölbild „Haus an der Sonne“, das aufgebaut ist aus einem Gefüge von Rechtecken, Schrägflächen und kleinen Quadraten. Er bleibt dem Hausgefüge, woraus sich auch Stadtgefüge bauen lassen, lange treu. 1950er Jahre In der Themenwahl stehen drei Bereiche im Mittelpunkt: „Stadtarchitektur“ (wohl unter dem Einfluss von Paul Klee), „Kristalline Durchdringung“ (Bilder mit einem markanten Schnittpunkt) und „Flächenproportionen“ (reine Bilder ohne äußerlichen Gegenstandsbezug), wobei sie sich zum Teil überschneiden. Aus Skizzen gegenständlicher Motive entstehen Abstraktionen und auch rein ungegenständliche Gestaltungen 1957-63 Fachlehrer für Zeichnen und Prorektor von Hans Fischer (fis) an der Kunstgewerbeschule Zürich. Leiter der Lehrlingsausbildung. Verschiedene Aufenthalte auf Ibiza 1960er Jahre Jahrzehnt seines reifsten Wirkens. Er überblickt alles bisher Geschaffene und seit seinem Rückzug aus der Kunstgewerbeschule gelangt er viel befreiter zur Entfaltung. Seine Hauptthemen sind das „Idol“ – verstanden als Kreisscheibe, Sonnenscheibe, Segment, oft in Verbindung mit dem Meer und fast immer das Erlebnis in Ibiza widerspiegelnd. Das andere Thema wird als „Geheimnis der Geometrie“ bezeichnet, in denen der letzte Rest gegenständlicher Erinnerungen getilgt ist 1970er Jahre Die konstruktiven Lösungen werden immer reiner und einfacher 1982 in Ascona gestorben Notes d‘atelier Jean-Gabriel Coignet Clément Greenberg rêvait d’un «art doux, grand, équilibré, apollinien dans lequel la passion ne remplit pas les vides laissés par l’application défectueuse ou incomplète des théories mais part du point où la théorie la plus avancée s’arrête, un art dans lequel un détachement intense informe toute chose».1 Cette citation m’a beaucoup éclairé sur l’orientation qu’a pris mon travail depuis 1990. Ma pratique de la sculpture se situe entre l’objet et l’architecture en empruntant à l’objet son aspect lisse, homogène, voire impersonnel ainsi que la sérialité et à l’architecture quelques éléments de son vocabulaire et dispositif. Il en résulte des formes presque familières mais qui n’appartiennent ni à l’un, ni à l’autre, Jean Gabriel Coignet, série «Sculpture Opaque» doivent s’inventer une place, un mode de cohabitation avec ce qui les entoure en organisant un écart, une respiration. Ainsi la série «Sculpture Opaque» désigne un ensemble de constructions qui sont posées directement au sol et constituées de cinq plans visibles. Un seul de ces plans est orthonormé et perpendiculaire au sol, les autres s’appuient sur lui de façon oblique. Quatre des arêtes convergent sur le bord supérieur droit et produisent donc un décentrement. Peinte d’une seule couleur, aucun des plans n’est privilégié. Cependant ils se distinguent les uns des autres par la lumière qu’ils reçoivent. C’est sa situation au sol et les qualités d’éclairement du lieu qui inscrivent et articulent la sculpture en ce lieu. Les sculptures de la série «Ana» sont des constructions peintes également d’une seule couleur, elles s’organisent autour d’une ouverture décentrée. La base asymétrique encadre une partie du sol sur lequel elle repose et fait seuil. Des deux extrémités de cette base se dresse perpendiculairement un portique formant élévation. Cette construction totalement orthonormée mais combinant des décalages, amène à l’aborder de façon oblique. Selon leur échelle, ces sculptures sont soit proches de l’objet soit rejoignent les dimensions d’un abri mais pas au-delà car comme le déclarait Max Bill il y a quelques années lors d’une émission à la radio; «la sculpture est inhabitable». La série «Relief» a été un moyen de transposer au mur les articulations de la 11 Jean Gabriel Coignet, «Relief C2-3», 2000, Jean Gabriel Coignet acier, peinture polyuréthane, 90 x 100 x 9cm Vue de l’exposition à La Verrière, Bruxelles, 2009 série «Sculpture Opaque»: voir comment ce type de configuration peut exister ainsi. Peints en blanc, ces reliefs s’approchent de la forme et de la discrétion de l’applique, mais leur positionnement, conditionné par leur constitution, semble les faire pivoter sur le mur ce qui engendre une idée d’étendue renforcée par l’ombre portée variant suivant l’heure. Il en va tout autrement avec la série « Vanité »qui au même titre que la série «Ana» s’organise autour d’une ouverture. Ici, une partie du mur apparaît à travers la construction tout en la complétant. L’ombre portée joue ici aussi bien à l’intérieur qu’en périphérie ce qui donne un aspect instable à ces solides constructions. Dans une certaine mesure, ces réalisations font écho au tableau, sa constitution et une réelle profondeur faisant office de perspective qui n’aboutit qu’au mur, d’où l’appellation «Vanité». «Appareillage» est une série qui regroupe un ensemble de dessins linéaires tracés à même le mur à la mine de plomb. Inscrits dans un format carré ou rectangulaire, ce sont de simples répartitions de surface en bandes horizontales ou verticales proportionnelles les unes aux autres. Selon l’incidence lumineuse, ces lignes, tout en révélant le grain du mur, peuvent passer du noir profond à la brillance, jusqu’à leur quasi disparition et bien souvent les défauts de planéité de la surface murale donnent une certaine instabilité à ce tracé géométrique rigoureux. Ces dessins ne sont en aucun cas le plan d’une sculpture à venir, «appareillage» est pris dans le sens: disposition régulière d’un matériau de construction, c’est à dire mettre sous le regard ce qui préside à la réalisation, comme l’écrit Paul Ardenne «… ce que l’on voir en filigrane des plans d’Appareillage est bien plus qu’une forme: une géométrisation, donc un 12 processus; une organisation en devenir, donc une tactique dévoilée; un relevé, donc une tentation de saisie de l’espace. Toute œuvre doit donner à voir ce qui en elle se construit et ce qu’elle-même élabore au-delà de sa forme propre». 2 l’organisation du monde afin de le changer, programme s’inscrivant dans une période révolutionnaire, ce qui n’est malheureusement plus à l’ordre du jour. Pour ma part je me contente de contribuer à le regarder autrement. C’est une rude tâche que je tente de poursuivre comme beaucoup d’autres et avec discrétion dans le domaine élargi de l’abstraction qui comme l’écrit Jean Lauxérois: «En phase avec la modernité poétique, l’abstraction picturale a été précisément cette rupture inaugurale qui a permis à la pensée créatrice, au-delà des catégories de perception et de représentation, d’instaurer notre rapport libre et libéré, contemplatif, avec l’espace et le temps du monde, c’est à dire avec une réalité dont elle permet d’interroger le sens». 5 Notes 1) c ité par Harry Cooper in: Un détachement De ces dessins est directement issue «Katarzyna série», série très récente qui regroupe des sculptures faites de 5 surfaces superposées de 5 couleurs différentes. Sorte d’énoncé d’éléments constructifs et constitutifs de mon travail de ces 20 dernières années et qui suivant les dimensions de ses plans fait masse ou s’étire. Sorte de stock de formes possibles en suspend. Son titre est un hommage à Katarzyna Kobro dont l’œuvre m’accompagne depuis longtemps ainsi que certaines de ses déclarations: «Nous brisons le volume par la couleur. Le volume dont chaque face est peinte d’une couleur différente, cesse d’être un volume, se disloque en plusieurs surfaces dont aucune ne sert plus à la fermeture du volume». 3 Ou encore «La construction centrée de la sculpture, viol manifeste de la loi de l’homogénéité et de l’équivalence de l’espace, est une erreur du point de vue Uniste. La construction centrée doit être abandonnée pour toujours car elle entraîne l’opposition de la sculpture et de l’espace». 4 Chez Katarzyna Kobro, je retrouve cette volonté d’inscrire la sculpture dans intense: Line Form Color d’Ellwoth Kelly, p 6, ed. Harvard Univesity Art Museum 1999 2) J ean-Gabriel Coignet: Constructions et solides irréguliers. Catalogue des expositions. La Chaufferie, Strasbourg, Frac Alsace, Sélestat, La Criée, Rennes 1997 3) W . Stréminski, K. Kobro: L’espace uniste. ed. L’Age d’Homme, 1977, p. 106 4) Ibid p. 99 5) + de Réalité. livre catalogue de l’exposition + de Réalité. Le Hangar à Bananes, Nantes. ed Jannink 2009 architectonic drawing: the impingements 1982 impingement no. 54. elliptical helix, flowers central, gary woodley London, UK 2010 (detail) the central concerns have remained in the coding, distribution and orientation of edge, surface, volume and space through the use of projective, discriptive and topological geometries. earlier works explored the possibilities within lightweight 3- dimensional constructions, the complex curves produced by the tensile forces acting upon simply disrupted grid forms. this led to an investigation of soap film structures and the least amount of material necessary to create a form. a critical realisation at this point was that the line derived by the intersection of one form with another was all that was needed to create a 3 dimensional structure and offered the possibility of an increase in scale. this became the basis of the ‚impingement‘ series of architectonic drawings whereby large scale immaterial forms are thrown onto the given environment. the lines of intersection of these virtual volumes with the rebarbative elements of a given site are all that is marked. the activity seeks to articulate whole buildings, or as much as is allowed. a wandering investigation of often overlooked spaces and mundane details lets the 3 dimensional image and dynamic build slowly in the mind and act phenomenologically on the body. initial tests were made in 1982 and by 1987 I was fully committed to this methodology and immaterial ideology. the main question was in how to develop the geometries through the technical limitations. the first works were resolved through a length of string and then the development of simple 3-D drawing machines that could generate spheres and ellipsoids, and could to some extent be manipulated to draw around corners. one noteable early use of a calculated spherical template was made for a simple site in 1988. these means were extended by the incorporation of lasers and precision optical instruments that offered 13 impingement no. 49. xyz axes disrupted v.2 project franchise/r c de riumte, Beverwijk, NL 2007 (detail) accurate planar configurations and allowed for a greater scale. cusped and conic curve variatons could also be projected by laser, but from one point only, the restriction of line of sight. around 1996 3-D computer programmes became more useful, predominately as a ‘sketchbook’ space where concepts and configurations could be developed. more complex curvilinear forms could be explored, although initial studies were only realised in model form. by 2000 I had begun to take thorough site measurements of rectilinear architecture to build reasonably accurate computer models of places. once my forms were added I found I could print a full scale paper template of all the flat surfaces of the site (floors, walls, ceilings, windows) with my lines of intersection located. for a complex site a lot of paper was necessary and the installation process rather slow , but it worked. a limitation of this computer templating is that some architectural form is either too complex or too inaccurate, through either the building method or from 14 structural movement, for my simple measuring. another curious problem is that my full scale paper pattern does not always conform to the more complex architectural surfaces or textures, although technical developments in scanning and projection may overcome this in the near future. for now I retain all of the possible means at hand to deploy as necessary to the limitations of site, scale and time. this also means that I retain all the possible geometric options gathered over the years, to be modified and developed, and added to by those forms that continue to intrigue me to venture further. 58 manifestations to date, most of them temporary, from compounds of spheres and ellipsoids, planar configurations that play off the architectural form and the human scale, various conics, toroidal permutations, volumetric helices, through to the geometry of minimal sufaces, both finite and infinite, that relate so neatly to the starting point with soap films. Spiel des Möglichen Ursula Meyer-Rogge „Spiel des Möglichen“ – ich möchte den Titel zu dieser Ausstellung 1 einmal zum Anlass nehmen, nach der Rolle der Kunst zu fragen, nicht irgendeiner, sondern der, die Sie hier sehen. Im Titel steckt ja bereits so etwas wie eine Rolle, eben die des Spielenden oder des Spielerischen, aber, und das ist die klare Einschränkung, im Bereich des Möglichen. Was hier nicht eigentlich das Unmögliche zum Gegensatz hat, sondern das Spektakuläre. Denn es ist keine Kunst, die mit dem Überschreiten von Reizschwellen arbeitet, nicht mit provokanten Inszenierungen etwa auftritt, sondern sich weiterentwickelt hat aus jener Kunst, die in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts konkret genannt worden ist. Sie versteht sich als äquivalent zur sinnlich wahrnehmbaren Welt. Eine Kunst also, die sich konzentriert auf die ihr eigenen Bildmittel und die plastischen Mittel, auf deren Beschaffenheit, Form, auf das Verhältnis der Teile zueinander, usf., wobei sich immer die Frage gestellt hat, ob in ein Bild, die Plastik nicht doch noch Reste jener alten abbildenden Kunst eingeflossen sind. Wieweit also der Emanzipationsprozess der Kunst zu treiben ist, hin zu jener Äquivalenz, oder doch Unabhängigkeit von allen Ansprüchen, die an Kunst gestellt werden. Man kann aber auch von einer ganz anderen Seite her an dieses Problem herangehen und fragen, was eigentlich sehen wir, wenn wir unsere Umgebung etwa betrachten und wie sehen wir etwas an. Und was übersehen wir. Eine Frage an die Wahrnehmung, die die Künstler sich natürlich selbst gestellt haben. Sie ist nicht verloren gegangen, im Gegenteil, sie ist immer wichtiger geworden. Doch hat sich seltsamerweise dann der Begriff des Konkreten davor geschoben, ein wenig wie eine hoch zu haltende Fahne, hinter der sich die Künstler geschart haben und nicht nur 15 geschart, sondern mit theoretischen Äußerungen ihre Haltung untermauert, sie zu einem Credo gemacht haben. Das ist bemerkenswert und hat den Zugang zu dieser Kunst nicht erleichtert, einer Kunst, die sich doch unmittelbar an den Betrachter wendet, an seine Wahrnehmung, ein Sehen speziell, das allerdings nicht leicht zu erreichen ist, weil es gefärbt ist von Vorstellungen, beladen mit Erinnerung und mit Wünschen, mit Erwartungen an die Dinge und die Ereignisse. Das also meistens bereits mit Vorzeichen versehen ist, und wir sehen nicht das dann, was gewissermaßen da ist, sondern das, was wir zu sehen wünschen etwa, oder das was wir erwarten. Wann wird Kunst sichtbar, müsste man eigentlich fragen. Dann also erst, wenn all jenes ausgeschlossen wird, was die Wahrnehmung ablenkt, das, was bloß an etwas anderes erinnert, was der Kunst zumutet, die Welt gleichsam zu bestätigen in dem, wie sie ist. Um zu verstehen, wie gebunden das Sehen ist, braucht man nur an die Farben zu denken. Vom Grün braucht man kaum zu sprechen, das ist Gras. Braun suggeriert unbedingt etwas Erdiges, Blau hat die wunderbare Qualität, in die Ferne zu fluktuieren und sich an ein Himmelsblau anzuschließen, ein Rot an ein Rosenrot vielleicht oder Verkehrsschildrot, oder Blutrot... Lauter Verführungen, könnte man sagen, die das Wahrnehmen an die bekannte Realität anschließen wollen, was nicht ohne Grund geschieht, denn man hat festgestellt, dass das Sehen von Farbe, zum Beispiel, von „unserem auf Dinge fixierten Bewusstsein verdrängt“ wird. 2 Wir sind nicht in der Lage ein Rot nur als Rot, man müßte schon sagen, anzuerkennen. Nicht anders geschieht es mit Formen, Strukturen, dem Lineament 16 einer scheinbar doch offenen, im Grunde jedoch strikt an Erwartungen gebundenen Ordnung, die uns täglich begegnet. Eine langgestreckte Waagerechte suggeriert Horizont. In Symmetrien erscheint uns, Europäern muss man hinzufügen, die Welt harmonisch gespiegelt über jener Mittelachse, die wir für uns selbst gleichsam als Herrschaftsachse beanspruchen. Dann gibt es die Diagonale, die von links nach rechts ansteigend etwas Positives signalisiert, umgekehrt, also abfallend, negativ besetzt ist. Ein Dreieck, nach unten geöffnet, ist sofort Zeichen für Dach, also Behüten, Beschützen, usf. Unser Wahrnehmen, das ist ganz eindeutig, ist nicht frei. Die Welt scheint übersät von Zeichen, die wir nicht etwa zu deuten haben, sondern bereits gedeutet haben. Man könnte behaupten, wir sehen nichts als das, was wir bereits wissen. Da also, an dieser Stelle, setzt diese Kunst an, wenn sie das Bild zu befreien versucht von all jenen Vor-Zeichen, wenn sie den Blick des Betrachters lenkt auf das, was vor den Gegenständen, Dingen, auf die wir fixiert sind, liegt. Was die Künstler einer gewissermaßen fertigen Welt an die Seite zu stellen versuchen, ist dabei nicht irgendeine neue, unbekannte, umstürzende Tatsache, sondern etwas sehr Einfaches und darum höchst Schwieriges. Sie berühren die verschleierte Sicht auf die Welt, aber nicht dadurch, dass sie einen Schleier oder den Vorhang wegreißen, sondern mit ihren Kunstmitteln, und nur diesen, sich an ein Wahrnehmen oder Sehen wenden, das von allen Schleiern und Vorurteilen verborgen doch da ist. Dafür suchen sie nach dem Grundvokabular der Bildmittel, nach einer Farbe etwa, die als Farbe wahrnehmbar ist, nach einem Bildaufbau, in dem es keine Komposition mehr gibt, weil eine Komposition mit der Über- und Unterord- nung der Teile an die alten Hierarchien erinnert. Dasselbe gilt für die Plastik. Es ist eine asketische Haltung, vielleicht, wenn man sie mit dem optischen Überfluss vergleicht, der unseren Alltag begleitet. Wenn man dann ihren Gesten folgt, und es liegen dieser Kunst immer auch Gesten zugrunde, kommt man noch auf etwas anderes. Auf eben jene Rolle, die sich nicht mehr als Avantgarde, im gleichsam militärischen Jargon als Eroberin von Welt versteht, sondern mit Emanzipation zu tun hat, der Kunst und des Sehens. Sie hat darum auch den Zusammenhang mit der Gesellschaft gesucht, den sozialen Aspekt betont, den politischen Hintergrund reflektiert. „Das gesamte, tiefer werdende moderne Leben“, schrieb Piet Mondrian 1918, „kann sich rein in der Malerei spiegeln“. 3 Richard Paul Lohse mit seinem Konzept der seriellen und modularen Bildordnung, sah sein Werk in Analogie zu einer endlich radikal verwirklichten Demokratie. Max Hermann Mahlmann verstand seine Kunst der Ordnung als Gegenbild zum Chaos, man muss hinzufügen, der Kriegs- und Nachkriegszeit. Vom Bauhaus ist der pädagogische Impuls ausgegangen, ein Aspekt, der in Deutschland immer eine große Rolle gespielt hat. Ein schönes Beispiel ist Josef Albers, der vom Bauhaus nach US-Amerika emigrierte und mit seiner „Interaction of Color“ dort und später auch hier großen Einfluss hatte. Das sind herausgegriffene Beispiele, die doch belegen, wie die Künstler ihr Handeln verstanden haben, nicht als isoliert Schaffende, die die Gesellschaft dann mit den Ergebnissen konfrontieren, sondern sie fühlten sich zugleich als Mitglieder dieser Gesellschaft. Geändert hat sich dann allerdings, und das ist nicht erstaunlich bei einer Kunst mit einer langen Geschichte, die Blickrichtung. Nicht mehr auf das Ganze einer Gesellschaft bezieht sich ihr Handeln, sondern auf den Betrachter zuerst. Das ist natürlich auch vor dem Hintergrund dieser Gesellschaft zu sehen, die es zu tun hat mit dem Begriff des Globalen, in dem Unterschiede sich verwischen, dem diese Kunst ein ursprüngliches Bild, eine Plastik nicht einmal entgegensetzt, nur zeigt. Das könnte man fast schon verstehen als einen Affront, wenn das dieser Kunst nicht ganz fremd wäre. Sie hat sich konzentriert, man möchte es nennen, auf ein Fingerspitzengefühl, jenes feine Empfinden, das man doch hat oder einmal gehabt hat, am Anfang, als man noch staunte über Farben, über die Beschaffenheit der Dinge, sich bewusst wurde nicht bloß der Erscheinungen, sondern im selben Maß seiner eigenen Sinne. Prozess hin zu etwas, das Mondrian einmal so formuliert hatte: „Es ist die Aufgabe der Kunst, eine klare Erkenntnis der Wirklichkeit auszusprechen“. 4 Wenn wir heute bescheidener sagten, einer Wirklichkeit, ist das schon viel. Und nicht nur irgendeiner, sondern dieser ganz unmittelbaren, womöglich punktgleichen, von der dann alles andere abhängt. In einem Hinweisen, Vorführen, dem Zeigen der empfindlichen, differenzierten Prozesse, die zu einem Erkennen führen, darin, so scheint mir, verstehen diese Künstler ihr Arbeiten heute und also ihre Rolle. Anmerkungen 1 D er Text ist entstanden zur Ausstellung „spiel des möglichen“, im Forum-Kultur der Stadt Norderstedt, März/April 2003. 2 Michael Fehr (Hg.): Die Farbe hat mich. Positionen zur nicht-gegenständlichen Malerei. Katalog-Buch Was man ein Selbstbewusstsein nennen könnte, wenn das Wort noch tauglich ist. Dem Künstler stellt sich die Frage anders. Was er im Umgang mit jenen grundsätzlichen Materialien erfahren hat und erfährt, was ihm gleichsam durch die Finger gegangen ist, legt er dem Bild, der Plastik zugrunde. Er kehrt als ein Autor zurück, nicht mit einer Handschrift, die alle Aufmerksamkeit vom Bild weg auf eine persönliche Geschichte lenkte, sondern als Partner im Dialog mit dem Betrachter. zur gleichnamigen Ausstellung. Karl Ernst Osthaus-Museum Hagen 2000, S. 370. 3 Hans L. C. Jaffé: Monrian und De Stijl. Köln 1967, S. 37. 4 Piet Mondrian. In: Equilibre. Gleichgewicht, Äquivalenz und Harmonie in der Kunst des 20. Jahrhunderts, Kunsthaus Aargau 1993, S. 100. Es ist eine Gleichberechtigung mit empfindsamen Vorzeichen, ein Vertiefen und Balancieren von Wahrnehmen, Empfinden, in dem beiden Seiten das gleiche Gewicht zugesprochen wird, dem Bild oder der Plastik, und dem Betrachter. Darin liegt die Betonung. All das, was diese Künstler erforscht haben, und sie verstehen sich auch als Forscher, ist dann im Bild, der Plastik nicht einfach Ergebnis, sondern lesbar als Stufe im langen 17 ‚art concret’ oder ‘abstraction géométrique’? Hansjörg Glattfelder Vor einigen Monaten präsentierte an der Sorbonne eine Doktorandin den ‘Catalogue raisonné’ der Werke von Aurélie Nemours zur Erlangung der Doktorwürde. Sie tat dies, wie üblich vor einer akademischen Jury von Kunsthistorikern und das Ritual dauerte über drei Stunden; Referate, Befragung und Repliken folgten sich ohne Unterlass. Als die Promotion schließlich feierlich erfolgt war und Champagner ausgeschenkt wurde, stellten Sigurd Rompza und ich in einem Gespräch fest, dass während der ganzen Diskussion die Bezeichnung ‚art concret’ kein einziges Mal benutzt worden war. Dies gab den Anstoß zu den nun folgenden Überlegungen. Wie kommt es, dass in Frankreich, wo doch 1930 ‚art concret’ aus der Taufe gehoben wurde, diese Art Kunst hartnäckig und eigentlich widersinnig als ‚abstraction géométrique’, seltener – und etwas neutraler – als ‚art construit’ bezeichnet wird? Wenn man, was nahe liegt, die Autoren selbst nach den Gründen dieser Wortwahl befragt, erhält man meistens die Antwort, dass dies fast unvermeidlich sei, weil der französische Leser mit dem Wort ‚concret’ etwas Handgreifliches, Materielles, Gegenständliches verbinde. Es sei daher verständlicher, wenn man eine nicht repräsentierende Kunstform wie die konkrete Kunst mit dem Wort ‚abstraction’ bezeichne. Gelegentlich lässt sich die Argumentation noch etwas weiter entwickeln, wenn man den Gesprächspartner darauf aufmerksam macht, dass 18 sich das gleiche Problem auch für den deutschen Sprachraum gestellt habe und stelle, dass sich aber dort dennoch im Laufe der Jahrzehnte eine Reihe von Museen, Assoziationen und Galerien gebildet habe, welche die Bezeichnung ‚konkret’ nicht scheuen; und Ähnliches gilt übrigens auch für Lateinamerika, insbesondere für Brasilien. Allerdings kann dem entgegengehalten werden, dass auch im angelsächsischen Sprachraum die Bezeichnung ‚concrete art’ sich kaum mehr durchgesetzt hat als im Französischen, mit dem Unterschied allerdings, dass das Wort dort fälschlicherweise mit ‚Betonskulpturen’ assoziiert wird. Nun ist die konkrete Kunst nicht eine Bewegung, die in einer fernen, nebelhaften Vergangenheit entstand, ihre Entwicklung ist vielmehr seit dem Gründungsmanifest von 1930 recht gut dokumentiert. Die Unterschiede in der Benennung in den verschiedenen Sprachen sollten sich folglich in den geschichtlichen Dokumenten erkennen lassen. Die Schwierigkeiten für das Wort ‚art concret‘ begannen schon wenige Monate nach dem Gründungsmanifest von 1930, nämlich als es in Paris darum ging, eine neue, breiter gefasste Künstlerbewegung zu schaffen, in der sich die gesamte anti-surrealistische Avantgarde zusammenfinden sollte. Die vorbereitenden Gespräche fanden bei Theo van Doesburg in Meudon statt. Leider sind von diesen Verhandlungen, an denen sich u. a. Herbin, Kupka und Vantongerloo beteiligten, keine Protokolle bekannt. Offensichtlich gelang es van Doesburg nicht, die Bezeichnung ‚concret’ durchzusetzen, denn die neue Assoziation nannte sich ABSTRACTION – CREATION, art non figuratif. In der programmatischen Erklärung der Bewegung wird deutlich, dass mit dem Wort création ziemlich genau das umschrieben wird, was van Doesburg für die art concret formuliert hatte. Doesburg starb fast auf den Tag genau mit der Gründung von Abstraction – Création, doch nicht wenige seiner Ideen wurden von wichtigen Künstlern wie Kupka und Vantongerloo auf ihre Weise weitergetragen und weiterentwickelt. Im Laufe der 1930er Jahren wurde die Bezeichnung ‚konkrete Kunst’ nur selten gebraucht, doch muss man sich in diesem Zusammenhang in Erinnerung rufen, dass die Sache und der Name nicht immer identisch sind. Tatsächlich gab es in den dreißiger Jahren konkrete Kunst, die sich nicht so nannte, obschon sie weitgehend den Kriterien van Doesburgs entsprach, und umgekehrt verlangten nun Künstler die Bezeichnung ‚konkret’ für ihr Werk, das sich in einem der konkreten Kunst sehr fremden Ideenreich entwickelt hatte. Dies gilt vor allem für Kandinsky, der 1938 mit seinem Artikel „art concret“ in der Pariser Zeitschrift ‚XX siècle’ mehr eine psychologisierende causerie als ein programmatisches Statement gab, dessen Werke aber höchstens in seiner Bauhauszeit eine ferne Affinität mit der konkreten Kunst erkennen lassen. Nicht unerwähnt bleiben soll in diesem Zusammenhang die Ausstellung „abstract & concrete“ in der „Reid & Lefèvre Gallery“ von 1936 in London, welche dem Begriff ‚concrete‘ eine Zukunft im britischen Reich zu versprechen schien, die sich dann aber nicht weiterentwickelte. Im gleichen Jahr schrieb auch Max Bill sein bekanntes Statement „konkrete gestaltung“ in Zürich. Die ersten Jahre nach dem zweiten Weltkrieg schienen zunächst der Bezeichnung ‚art concret’ in Frankreich einen beachtlichen Raum zu geben: 1945 organisierte die Galerie Drouin in Paris eine Ausstellung mit dem Titel ‚Art Concret‘, begleitet von einem Text Jean Gorins und im gleichen Jahr wurde in der Grundsatzerklärung des Salon des Réalités Nouvelles ‚art concret’ an erster Stelle genannt um den Interessebereich des Salons zu definieren. Das Problem dabei war, dass an zweiter Stelle jedoch sogleich ‚art non figuratif ou art abstrait’ steht, wodurch für Missverständnisse ein enormer Spielraum geschaffen wurde. In der Euphorie der ersten Nachkriegsjahre, befreit von Zensur und amtlicher Bevormundung, war dieser Widerspruch allerdings nicht sofort erkennbar. Die Hauptauseinandersetzung fand zunächst zwischen dem auch in der öffentlichen Meinung immer noch dominierenden Lager der ‚realistischen’, abbildenden Malerei und den Verfechtern einer experimentellen, nicht abbildendenden (eben: ’abstrakt’ genannten) Kunstauffassung statt. Innerhalb dieser nicht unbedeutenden Minderheit der ‚Abstrakten’, für welche der Salon des Réalités Nouvelles ein wichtiges Forum repräsentierte, kam es nun bald zu heftigen Kämpfen um die Hegemonie innerhalb der Bewegung. Bei diesen Auseinandersetzungen wurden selbstverständlich auch theoretische Argumente ins Feld geführt, die jedoch kaum systematisch entwickelt, sondern eher schlagwortartig eingesetzt wurden. Sehr einflussreich in den Diskussionen jener Jahre war Auguste Herbin, der 1948 seine Lehre im Buch „L’Art non figuratif non objectif“ bei Lydia Conti veröffentlicht hatte. Die von Herbin vertretene Kunst wird von ihm also schon im Titel gleich zweimal negativ definiert, wobei vor allem der Begriff der ‚Ungegenständlichkeit’ auf prononcierte Denkungenauigkeit hinweist. Gemeint ist offenbar das Fehlen eines Objektbezugs, eines Verweisens auf etwas außerhalb des Bildes Befindliches. Den Gedanken, dass dies eine Frage der Semiotik und nicht der grundlegenden Seinsweise von Bildern ist, findet man bei Herbin nicht. Zwar fehlt es in den Texten Herbins und anderer Beteiligter der Réalités Nouvelles nicht an Formulierungen, die durchaus in der Linie der konkreten Kunst stehen, so etwa die Bekämpfung der letzten Spuren von Illusionismus und die Forderung nach reiner Flächigkeit der Gestaltung bei Dewasne. Trotz all dieser Ansätze kommt es aber im Frankreich der Nachkriegszeit für die konkrete Kunst zu keiner überzeugenden, einschlägigen Formulierung eines Programms wie dies 1930 van Doesburg gelungen war und wie es im deutschen Sprachraum in jenen Jahren Max Bill mit viel Geschick durchsetzte. In diesem Unterschied ist vermutlich der Hauptgrund für das hartnäckige Überleben der Bezeichnung ‚Abstraction Géométrique‘ zu suchen. Durch das Fehlen einer klaren Formulierung, verbunden mit einer offenen, weitsichtigen Konzeption, verhielt sich die Führungsgruppe der Réalités Nouvelles bis in die 1950er Jahre sehr restriktiv und doktrinär, mit einem Anhauch von Akademismus, was zur Folge hatte, dass in den alljährlichen Ausstellungen immer mehr künstlerisch wenig profilierte, aber linientreue Mitläufer präsentiert wurden. Anderseits aber bewirkte dies wiederum, dass sich sehr kreative jüngere Künstler zu neuen Formationen zusammenschlossen und neue Programme formulierten, wie beispielsweise die ‚kinetische Kunst’, die monochrome Malerei und in einem gewissen Sinn gehört hierzu auch die ‚Groupe Espace’, die sich mit Fragen der Integration von bildender Kunst und Architektur beschäftigte. Um sich in diesem in den 1950er Jahren ständig wachsenden Lager der ‚Abstrakten’ zurechtzufinden – ‚Abstrakte’ zu denen sich inzwischen die experimentell konstruktiven Künstler von Agam bis Tinguely, die zahlreichen Tachisten und dann auch die Monochromen zählten – bildete sich im öffentlichen Diskurs, in den Fachzeitschriften und dann auch in den Zeitungsberichten und in den Medien die Gewohnheit, die an Ordnungssystemen interessierte, an die Bildfläche gebundene Malerei im Umkreis von Herbin und auch Magnelli, kurz als ‚Abstraction géométrique’ zu bezeichnen, im Unterschied zur ‚Abstraction lyrique’ oder ‚Abstraction gestuelle’ usw. Dabei ist es seither geblieben und selbst viel später entstandene Strömungen wie die Op-Art eines Vasarely werden unter dieser Bezeichnung angeführt. Es wäre aber ungerecht, zum Abschluss nicht zu erwähnen, dass es auch in Frankreich immer wieder Ansätze gibt, konkrete Kunst in kompetenter und aktueller Form zu pflegen: in erster Linie ist hier der von Sybil Albers und Gottfried Honegger geschaffene „Espace de l‘art concret“ in Mouans-Sartoux zu nennen; auch die von Serge Lemoine 2000 herausgegebene Monografie ‚Art Concret’, die an Umfang und Sachkenntnis der Analysen ihresgleichen im deutschen Sprachraum sucht; Serge Lemoine gelingt es zudem dank seiner Lehrtätigkeit an der Sorbonne auch immer wieder, junge Kunsthistorikerinnen und Kunsthistoriker für die konkrete Kunst zu interessieren. Auch dies ist an deutschen Universitäten kaum mehr der Fall. In dem Umstand, dass das Wort ‚concret’ in Frankreich bisher noch kaum mit einer künstlerischen Konzeption assoziiert wird, könnte man schließlich auch eine Chance erblicken, einer aus den Prinzipien der konkreten Kunst – die auch heute noch einen offenen epochalen Auftrag hat – konsequent weiterentwickelten neuen Konzeption eine noch unverbrauchte verbale Resonanz zu verschaffen. 19 abstrahieren piet mondrian, baum II, 1912 piet mondrian, der graue baum, 1912 sigurd rompza piet mondrian, blühender apfelbaum, 1912 abstrahieren kommt in jeder art von darstellung vor, weil darstellen auf weglassen beruht. wird wenig abstrahiert, ergibt sich ein gleichgewicht zwischen gegenstand und medium. z.b.: ein haus ist fotografisch dargestellt. wird hingegen viel abstrahiert, so kommt es zu einem übergewicht des mediums. z.b.: ein haus ist unscharf fotografisch dargestellt. das medium ist als semiotisch gegliedertes material zu verstehen, in welchem die darstellungsmittel auftreten. im bild gehört visuell-semiotisch gegliedertes material zu visuellen darstellungsmitteln. (synthetisch) vollzogen werden. für das bilden von merkmalen, den logischen umgang mit diesen, d.h. die begriffsbildung, schlägt kant drei schritte vor: handlungen des abstrahierens sind medienabhängig; sie haben zum ziel, etwas von etwas wegzunehmen, an etwas etwas wegzulassen oder aber an etwas etwas auszuschalten. voraussetzung für abstrahieren ist also, dass der gegenstand in teile (merkmale) zerlegt wurde. kein gegenstand bringt diese merkmale einfach mit. sie müssen vielmehr von dem handelnden festgestellt, z.b. herausgestellt (exemplifiziert) werden.1 explizit weist kant darauf hin:“Wir müssen nicht sagen: etwas abstrahieren (abstrahere aliquid), sondern von etwas abstrahieren (abstrahere ab aliquo). Wenn ich z.B. beim Scharlach-Tuche nur die rote Farbe denke: so abstrahiere ich vom Tuche...“ 3 von etwas kann solange etwas weggenommen werden, wie in der darstellung der gegenstand noch wiederzuerkennen ist. wird diese grenze überschritten, liegen die mittel verselbständigt vor. auf dieses phänomen treffen wir in werken der konkreten kunst. abstraktion kann vom ganzen zu den teilen (analytisch) und umgekehrt 20 1. d ie komparation (an gegenständen die verschiedenen teile vergleichen). 2. die reflexion (kriterien für die vergleichbarkeit von teilen suchen, d.h., die gemeinsamkeiten suchen; auf den begriff bringen). 3. d ie abstraktion (alles übrige absondern, worin die gegebenen vorstellungen sich unterscheiden). 2 begriffliches und bildliches abstrahieren verfahren gleich, was den besonderen umgang mit den jeweiligen merkmalen betrifft; d.h., dass auch beim bildlichen darstellen stets merkmale angegeben werden müssen. z.b.: beim zeichnen, etwa beim darstellen eines laubbaumes, müssen zumindest folgende gegenstandsmerkmale angegeben werden: stamm, äste, blätter. da wir es beim bildlichen darstellen mit dem gegenstand und dem medium (darstellungsmittel) zu tun haben, haben wir es mit gegenstandsmerkmalen (z.b. stamm, äste, blätter) und visuellen merkmalen (u.a. form, farbe, helligkeit) zu tun. unterschiedliche gewichtung von gegenstand oder medium führt zum herausstellen unterschiedlicher merkmale. in modrians baum-serie von 1912 (abb.1-3) zeigt sich das finden und erfinden von bildzeichen für baum (äste und stamm) als ein je anderes darstellen mit linien. freihandgezogene sich verzweigende linienformen, die baum repräsentieren, weichen von bild zu bild mehr freihandgeometrisch dargestellten. (abb. 1-3) letztendlich sind rhythmisch geordnete und zugleich gekurvte linien deutlich als merkmale herausgestellt. das konstruieren als ein kennzeichnendes verfahren des abstrahierens wird hier deutlich. denotierendes (abbildendes) darstellen ist an der schwelle, wo es in nichtdenotierendes (abbildungsfreies) darstellen übergeführt wird. mondrian hat in seinem künstlerischen schaffen diesen schritt letztendlich kompromisslos vollzogen, indem er sich der konkreten kunst zuwandte. in dieser kunst liegen die darstellungsmittel verselbständigt vor. „Das Bild als konkrete Gestalt erweist sich als Ort, wo Sichtbarkeit als ein sinnliches und zugleich geistiges Ereignis bewusst wird..“4 aufgrund pictural nichtdenotativer darstellung ist eine verweisfunktion auf außerbildliche wirklichkeit in konkreter kunst nicht mehr vorhanden. 5 als ‚kunstwelt’ tritt konkrete kunst neben die ‚naturwelt’. 6 theo van doesburg, ästhetische transfiguration eines gegenstandes anmerkungen: 1 v gl. nelson goodman: sprachen der kunst: entwurf einer symboltheorie. frankfurt a. m. 1995, s. 59 ff; dietfried gerhardus: medium. in: jürgen mittelstraß (hg): enzyklopädie philosophie und wissensschaftstheorie, bd. 2. mannheim 1984, s. 829-831 2 v gl. immanuel kant: schriften zur metaphysik und logik 2. werkausgabe bd. 6. hg. w. weischedel. frankfurt a. m. 1991/8. aufl., s. 524 f 3 ebd. s. 525 4 m ichael bockemühl: das transzendentale als das sichtbare – zur wirkungsform von werken konkreter kunst: kandinsky, mondrian, newman. in: günther hauff, hans rudolf schweizer, armin wildermuth (hg.): in erscheinung treten – heinrich barths philosophie des ästhetischen. basel 1990, s. 307 5 v gl. dietfried gerhardus: sichtbarmachen durch konstruktion – bemerkungen zum künstlerischen konstruktivismus. in: michael astroh, dietfried gerhardus, gerhard heinzmann: dialogisches handeln – eine festschrift für kuno lorenz. heidelberg 1997, s. 1995 6 v gl. michael bockemühl, a. a. o., anmerkung 1 7 d ietfried gerhardus: spontaneität und struktur. in: jo enzweiler, oskar holweck, sigurd rompza, klaus staudt – reliefs. ausstellungskatalog kimberlin exhibition hall, leicester. hg. ders. saarbrücken 1986, s. 13 8 lambert wiesing: die sichtbarkeit des bildes. reinbek bei hamburg 1997, s. 47 didaktisch wird ein konstruierendes verfahren des abstrahierens vorgeführt von van doesburg in dessen ‚ästhetischer transfiguration eines gegenstandes’. (abb 4) bereits die zweite darstellung repräsentiert nur noch im kontext zu der ersten „kuh“. aufgrund des weglassens und des besonderen vereinfachens von formen können hier quadratische und rechteckige farbformen und deren harmonisches zueinander besonders herausgestellt werden. insbesondere van doesburgs ‚ästhetische transfiguration eines gegenstandes’ zeigt deutlich, dass, um von etwas im hinblick auf eine darstellung abstrahieren zu können, man es bereits als bild sehen muss. dieses ist hier zu beginn der bilderreihe eine fotografie. die beiden bilderreihen, die von mondrian und von van doesburg, zeigen, dass auch beim bildlichen abstrahieren gezielt eine auswahl vorgenommen wird hinsichtlich dessen, was gezeigt werden soll. für das bildsprachliche zeigen gilt generell, was dietfried gerhardus mit blick auf die konkrete kunst anführt: „Ich denke, es kommt nicht nur der künstlerischen Praxis, sondern genauso jeder auf diese Praxis gerichteten theoretischen Anstrengung zugute, sich ganz klar darüber zu werden, dass Konkrete Kunst nicht alles zeigt, was sie macht; sie macht vielmehr alles, um einiges sehr ausführlich zeigen zu können. Denn, wo schlichtweg alles gezeigt wird, da kann am Ende überhaupt nichts gezeigt werden... Während das Herstellen eines Gegenstandes den Gegenstand in all seinen Teilen und Einrichtungen umfasst, geht es beim Darstellen immer darum, eine picturalsprachlich jeweils relevante Auswahl vorzunehmen.“ 7 (hervorhebungen durch sigurd rompza) diese picturalsprachlich relevante auswahl konzentriert sich in den angeführten bildbeispielen beim dies ist die abgeänderte form des textes „abstrahieren“, erstmals veröffentlicht in: kunst – gestaltung – design. heft 6 . hg. dietfried gerhardus und sigurd rompza. saarbrücken 1998 abbildungen abb. s. 20, aus: piet mondrian, recklinghausen 1968 (aurel bongers) abb. s. 21 aus: theo van doesburg, grundbegriffe der neuen gestaltenden kunst, mainz 1966 (florian kupferberg) a bstrahieren auf die form. die erfährt eine besondere beachtung. die geschichte der kunst und der formalen ästhetik zeigen deutlich: “Die abstrakte Kunst der klassischen Moderne erscheint über weite Strecken sogar wie eine explizite künstlerische Umsetzung des Herbartianismus.“ 8 (hervorhebungen durch sigurd rompza) dieser widmet der form besondere aufmerksamkeit. 21 KunstKonkret Beiträge zur Kunsttheorie seit 1995 Die Zeitschrift KunstKonkret bietet ein Forum für die Veröffentlichung kunst- und künstlertheoretischer Texte zur konkreten Kunst. In den nunmehr fünfzehn Ausgaben, die seit 1995 erschienen sind, erörtern Kunstwissenschaftler und Künstler, beispielsweise Lorenz Dittmann, Gottfried Honegger, Hansjörg Glattfelder, Sigurd Rompza und Eugen Gomringer, um nur einige zu nennen, Kernfragen dieser Kunstrichtung. Die folgende Aufzählung bildet eine Übersicht der Beiträge in der chronologischen Abfolge des Erscheinungsjahres. KunstKonkret im Internet unter: www.galerie-st-johann.de/ verlag-st-johann/kunst-konkret/ KunstKonkret 1, 1995 – Discours pour le colloque intitulé „L‘art contemporain: savoir ou non savoir“ à Saint-Étienne le 13 novembre 1991. Gottfried Honegger – Au sujet de la mouvance construite et de mon travail. Jean Pierre Maury – Interview de Vera Molnar et de François Molnar. Sigurd Rompza KunstKonkret 2, 1996 – Konkrete Kunst im Saarland. Fokussierung einer Kunstrichtung. Rita Horsch-Everinghoff – Address on the occasion of the exhibition with works by Michael Kidner at the Gallery Suciu in Ettlingen 1995. Sigurd Rompza – John Carter, Objekte. Klaus Staudt – Zum künstlerischen Werk von Milan Grygar. Mojmír Grygar – Gottfried Honegger: Konkrete Kunst – Manifest 2 – Ursula Meyer-Rogge im Gespräch mit Jan Meyer-Rogge KunstKonkret 3, 1996 – Entbildlichung gegen Bilderflut. Walfried Pohl – Intuition bekommt Methode oder Malerei und was dazugehört. Dietfried Gerhardus – Rouge. Bernard Aubertin – Aurélie Nemours – Interview mit Nelly Rudin. Sigurd Rompza KunstKonkret 4, 1998 – Jean-François Dubreuil et Yves Popet. Sigurd Rompza – Zu Walter Leblancs künstlerischer Konzeption. Sigurd Rompza – Andreas Brandt. Eugen Gomringer – Interview mit Gottfried Honegger. Sigurd Rompza – Interview mit Rolf Glasmeier. Sigurd Rompza – Johannes Peter Hölzinger KunstKonkret 5, 1999 – Boîtes d‘ombres. Simon Welch – Mehr als konstruktive Arbeit beim Künstlersymposium Material – Konstrukt / Konzept. Peter Assmann – Wie man ein Bild von Aurélie Nemours lesen kann. Sigurd Rompza – Heijo Hangen KunstKonkret 6, 1999 – Was ist konkret an der konkreten Kunst? Raimer Jochims – Probleme der Konkreten Kunst. Lorenz Dittmann 22 – Zeichenphilosophische Bemerkungen zur Konkreten Kunst. Dietfried Gerhardus – Le langage pictural à l‘épreuve. Sigurd Rompza – Meta-Rationalismus (1). Hans Jörg Glattfelder – E xploring the Background to Constructivism. John Carter – Concrete Art, some pros, some cons. Peter Lowe – Klaus Staudt. Hans-Peter Riese – Lohse lesen – a correction. John Carter – A rational aesthetic: The UK Systems Group: 1969-1976. Alan Fowler – Konkrete Tendenzen in der Kunst der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts: Die „neue gruppe saar“. Sigurd Rompza – Zu den Steinen des Bildhauers Karl Prantl. Alex Winter KunstKonkret 7, 2001 – max h. mahlmann. Ein Leben für die konstruktive Kunst. Klaus Staudt – Le rythme du millimètre: l´un et le multiple. Anne Tronche – Gottfried Honegger: Un cri KunstKonkret 13, 2008 – Die kreative Verbindung zwischen Konkreter Kunst und Mathematik... Marlene Lauter – Wenn Kunst zur Ware wird. Gottfried Honegger – E xemplifizieren wird Kunst. Krisztina Passuth – Die gelben Reliefs des István Haász. László Beke – Milan Grygar. Mojmír Grygar – Kunst als Annäherung an die Architektur – am Beispiel der Arbeiten von Nicholas Bodde und Léon Wuidar. Walfried Pohl KunstKonkret 8, 2002 – Künstlerischer Konstruktivismus: Sichtbarmachen durch Konstruktion. Dietfried Gerhardus – Künstlerstatements zum Thema „Konstruieren“: Norman Dilworth, Jean-François Dubreuil, Gottfried Honegger, Michael Kidner, Peter Lowe, Vera Molnar, François Morellet, Gudrun Piper, Yves Popet, Sigurd Rompza, Nelly Rudin – Hans Jörg Glattfelder, Konstruktive Metaphern. Eugen Gomringer – Marie Thérèse Vacossin KunstKonkret 9, 2003 – Joost Baljeu, Leonardo Mosso, Klaus Staudt – drei künstlerische Konzepte – ein Vergleich. Sigurd Rompza – Künstlerstatements zum Thema „Konstruieren“II John Carter, Rita Ernst, Hans Jörg Glattfelder, Eugen Gomringer, Milan Grygar, Edgar Gutbub, Heijo Hangen, Dittmar Krüger, Arnulf Letto, Adalberto Mecarelli, Jan Meyer-Rogge, Ben Muthofer, Aurélie Nemours, Horst Rave, Klaus Staudt, Friedhelm Tschentscher, Shizuko Yoshikawa – A Missing Force. Peter Lowe KunstKonkret 10, 2004 – Zur Zukunft konkreter und anderer Poesie. Ed Sommer – Mary Martin as a Teacher. Peter Lowe – Konkrete Fotografie. Gottfried Jäger – Adalberto Mecarelli – Zur Rekonstruktion des Ornaments aus dem Geist der Moderne. Walfried Pohl KunstKonkret 11, 2006 – Über den sozialen Auftrag der Kunst ... Gottfried Honegger – Lohse lesen. Texte der Künstler: John Carter, Norman Dilworth, Hans Jörg Glattfelder, Florin Granwehr, Sigurd Rompza, Jeffrey Steele zu „Entwicklungslinien seit 1943“, Düsseldorf, Richard Paul Lohse – Transparenz in Werken Konkreter Kunst. Sigurd Rompza – Miteinander: Ausstellung von drei Mappenwerken der Künstler Heinz Gappmayr, Eugen Gomringer und Josef Linschinger in Gmunden/Österreich im Jahr 2005. Heidi Bierwisch – Peter Lowe. Alan Fowler KunstKonkret 12, 2007 – Kernstück Konkreter Kunst: Exemplifikation. Dietfried Gerhardus KunstKonkret 14, 2009 – Künstlerpaare in Budapest: Dóra Maurer und Tibor Gáyor, Katalin Hetey und Tamás Konok – Josef Linschinger – zwei Ausstellungen in der Landesgalerie Linz. Martin Hochleitner – Joan Palà: Christophe Duvivier – bilder machen – zum problem des herstellens und darstellens in der konkreten kunst. Sigurd Rompza – Colin Ardley. Gabriele D. Grawe, D. W. Dörrbecker KunstKonkret 15, 2012 – Robert S. Gessner. Zur Wiederbegegnung mit dem Schweizer Künstler. Eugen Gomringer – notes d‘atelier Jean-Gabriel Coignet – architectonic drawing: the impingements 1982. gary woodley – Spiel des Möglichen. Ursula Meyer Rogge – ‚art concret‘ oder ‚abstraction géométrique‘? Hansjörg Glattfelder – abstrahieren. sigurd rompza Galerie Paks Zoltán Prosek Die Galerie Paks war seit ihrer Gründung im Jahr 1991 fast zwei Jahrzehnte lang in einem provisorischen Domizil untergebracht. Gegründet wurde sie auf Initiative des Künstlers Károly Halász und somit konnte in einer Stadt mit 15.000 Einwohnern, in Ungarn weitgehend einmalig, eine Sammlung zeitgenössischer Kunst entstehen. Das klassizistische Gebäude des ehemaligen Erzsébet Hotels, das die Sammlung zuerst aufgenommen hatte, wurde 2005 von der Stadtverwaltung veräußert und gleichzeitig begann man damit, den Umzug der Galerie in ihren endgültigen Sitz vorzubereiten. Die Stadtverwaltung erwarb dafür im Süden der Stadt in einem sich dynamisch entwickelnden Gebiet eine leer stehende Betriebshalle mit insgesamt 1.100 m2 Fläche und das zu ihm gehörende Grundstück von 1.026 m2, um durch deren Sanierung und Umgestaltung die Voraussetzungen für den Fortbestand der Galerie zu sichern. Die Betriebshalle war Teil der einstigen Konservenfabrik und die Vor- und Nachteile dieser Zugehörigkeit waren für die Planer bei den möglichen Überlegungen gleichermaßen bestimmend, wobei diese Überlegungen durch die für solche Industriegelände kennzeichnende gleichmäßige Raumverteilung und ausgeglichene Raumgestaltung erleichtert wurden. Die Planer mussten einfache und praktische, „industrielle” Lösungen finden und die zukünftige Einrichtung so gestalten, dass sie ökonomisch zu bewirtschaften und gut kommunizierbar wird, zudem mussten sie genug Raum für weitere Entwicklungen lassen. Man ging prinzipiell davon aus, nur hochqualitative und endgültige Lösungen zu realisieren, es durften nur dauerhafte Materialien und Strukturen mit minimalem Wartungsbedarf verwendet werden, zudem musste man trotz der Geschlossenheit des Komplexes Möglichkeiten für einen etappenweisen Ausbau finden. Bei der Volumenbildung und der Materialienwahl waren Schlichtheit, Zurückhaltung und Großzügigkeit maßgebend. Das Gebäude wird durch die Baustoffe Glas und Cor-Ten-Stahl beherrscht. In der Eingangszone unter der Arkade wurde das Informations- und Kassenpult angebracht. Diesem Raum schließt sich die Cafeteria an, bei deren Gestaltung auch der nahe gelegene Garten zur Geltung kommen sollte. Die Planer wollten die Räume mit verschiedenem Charakter zu einem Konglomerat zusammenschließen, in dem die einzelnen Einheiten ihren Charakter bewahren, die Besucher jedoch in jedem Raum und in jeder Raumabteilung mit der gleichen Qualität, mit gleichrangigen, dennoch unterschiedlichen Erfahrungen konfrontiert werden. Zwischen den einzelnen Räumen bestehen somit keine über- und untergeordneten Verhältnisse, es geht viel mehr um die Wechselwirkungen zwischen gleichwertigen Formen. Die Integrität des Hallenraumes sollte unter anderem mit Rücksicht auf das fachliche Konzept auf keinen Fall zerstört werden. Die große Innenhöhe ermöglichte die Einfügung einer Zwischenebene, wobei deren Größe die Hälfte der gesamten Grundfläche nicht überschreiten durfte. Um die Stützstellen der Zwischendecke wurden die Lagerräume und das „System” der sonstigen Räume angeord- net, die somit das Tragwerk verhüllen und zugleich die Begrenzungswände des Ausstellungsraumes bilden. Die Halle sollte trotz ihrer Zweiteilung durch die Zwischendecke ihre Großzügigkeit bewahren, die Durchblicksstruktur sollte möglichst vielseitig eingesetzt werden können. Das Gebäude kann (je nach unseren Plänen und finanziellen Möglichkeiten) architektonisch fortgesetzt, erweitert werden, und dank dieser Flexibilität konnte man bei der Fassadenund Volumenbildung auf Geschlossenheit verzichten. Somit gelangte man schließlich zur Idee der Dezentralisierung. Das Gebäude wurde als homogenes Raumvolumen gedacht, in dem es keine bevorzugten Plätze und Richtungen gibt. Die Funktionen der Nutzungsräume fließen im Gegensatz zur allgemeinen monofunktionalistischen Auffassung ineinander über, das Gebäude stellt in diesem Fall eine multifunktionale Einheit dar. Der Raum besitzt in jeglicher Ausrichtung die gleiche Qualität, nicht nur im Horizontalen sind Erweiterungen und Zwischenräume entstanden, die ein fein nuanciertes Geflecht von qualitativ gleichwertigen Räumen ergeben. Das Gebäude der Galerie Paks wurde 2008 für den Mies-van-der-Rohe-Preis nominiert. Die Galerie Paks ist ein überregionales Fachmuseum. Unsere Aufgabe besteht 23 Gimpel & Müller: Un nouveau lieu à Paris pour «l‘art construit» Galerie Paks Blick in die Ausstellung Vera Molnar, François Morellet Jacques Bouzerand darin, kulturelle Güter im Sammelbereich unserer Einrichtung (bildliche und schriftliche Dokumente, Tonträger und andere Quellen) und die dazugehörigen Informationen von kulturellem Wert zu identifizieren und zu sammeln, sie aufzubewahren, sachgemäß zu dokumentieren, zu konservieren und zu schützen. Im weiteren werden diese Kulturgüter wissenschaftlich aufgearbeitet und die Ergebnisse dieser Aufarbeitung veröffentlicht. Diese Arbeit umfasst die wissenschaftliche und methodische Forschungs- und Publikationstätigkeit zu Themen unseres Sammelbereiches und allgemein auf dem Gebiet der Museologie sowie die fachliche Unterstützung externer Forscher. Zu unserer Arbeit gehört ebenfalls die Organisation von Veranstaltungen, Ausstellungen und Tagungen, Veröffentlichungen in traditionellen und elektronischen Publikationen, Forschungsberichte und Periodika unter dem Einsatz der verschiedenen Medien sowie die Betreuung einer entsprechenden Fachbibliothek, eines Dokumentationszentrums, einer Mediathek und eines entsprechenden Archivs. Gimpel & Müller. Le double patronyme de cette galerie de Saint-Germain-desPrés indique une conjonction de passions extraordinaires. Tout commence dans les années 1990, au château de Courtry, en région parisienne. Un jeune couple, Karin et Berthold Müller, y organise des expositions et concerts de haut niveau. Berthold, passionné d’art moderne, a d’abord apprécié les figuratifs de la première École de Paris. Karin est la fille d’un critique d’art norvégien renommé qui initie Berthold aux abstractions d‘après-guerre. Zu unserem Sammlungs- und Ausstellungsbereich gehören konstruktivistischgeometrische, konkrete, minimalistische, konzeptuelle und experimentelle Werke. Karin s’ingénie également à faire vivre le paysage intellectuel autour d’eux. En juin 2005, elle organise à Salies un colloquehommage à Jean-Paul Sartre puis assiste au colloque Sartre de Cerisy, où elle rencontre un galeriste londonien, René Gimpel, directeur de la galerie Gimpel Fils. Son nom est célèbre dans le monde de l’art. Son grand-père, René Gimpel senior, mort en 1945, a laissé le «Journal d’un collectionneur et marchand de tableaux», publié en 1963 dont la réédition paraitra en 2011. Cet ami de Marcel Proust collectionnait et vendait à Paris et à New York Chardin, Fragonard, Corot, Cézanne, Renoir, Monet… Au sortir de la guerre, en 1946, ses fils Charles et Pierre ouvrent à Londres la galerie Gimpel Fils qui défendra entre autres Nicolas de Staël, Pierre Soulages, 24 A cette époque, les Müller visitent régulièrement les galeries parisiennes, et, par affinité, deviennent membres de l’association «Repères-Paris» qui défend l’art «construit-concret». Pendant six étés, ils accueillent des expositions d’artistes de cette association présidée par Eva-Maria Fruhtrunk. En 1999, vivant alors dans le Sud-Ouest, ils ouvrent la Galerie 17 à Salies-de-Béarn. Leur première exposition est consacrée au cinétique vénézuélien Carlos Cruz-Diez. La galerie étend très vite sa renommée jusqu‘à Toulouse et Bordeaux. ‚a french summer‘ – vue de l‘exposition de Jan Meyer-Rogge et Knut Navrot à la galerie Gimpel Fils, London 2009 Yves Klein, Marcel Duchamp, Ben Nicholson, Barbara Hepworth, Henry Moore, Antony Caro, Lynn Chadwick… René Gimpel, quatrième génération de cette lignée de galeristes, et Berthold Müller décident d’ouvrir ensemble une galerie à Paris. Pour René Gimpel, c’est un retour à ses racines françaises et un hommage à son grand-père. En parfaite cohérence avec la tradition d’associations chez Gimpel Fils: Gimpel & Hanover à Zurich (1963-1983) et Gimpel & Weitzenhoffer à New-York (1969–1988). Pour Berthold Müller, c’est la possibilité d’affirmer sa programmation minimaliste et non-figurative avec principalement des artistes dont le langage commun est la géométrie, mais aussi des expressions informelles dont l’abstraction lyrique. Gimpel & Müller ouvre ses portes en octobre 2007 avec une exposition de groupe annonçant ce programme mixte. Elle est suivie d’une première exposition personnelle en hommage à Léon Zack, longtemps absent des cimaises parisiennes, disparu en 1980, qui suscitera un achat public par le Musée Unterlinden de Colmar. Suivront les expositions Guy de Lussigny, Eve Gramatzki, Hans Steinbrenner, Klaus Staudt, Jan Meyer-Rogge, Friedhelm Tschentscher... Knut Navrot – un jeune artiste que le FNAC et le Musée de Mouans-Sartoux ajoutent à leurs collections – fait l’objet d’une publication. Et plus récemment, une exposition des toiles d’Antoine de Margerie, disparu en 2005, à l’occasion de la sortie d’une importante monographie. Galerie Gimpel & Müller 12 rue Guénégaud 75006 Paris, France +33 (0)1 43 25 33 80 +33 (0)6 16 81 71 49 [email protected] www.gimpel-muller.com Devant le succès des expositions personnelles organisées par Gimpel & Müller pour Alan Davie, Albert Irvin, deux des artistes historiques de Gimpel Fils, et afin de renforcer la visibilité internationale de leurs artistes, René Gimpel et Berthold Müller décident de programmer sept expositions communes à partir de 2011. Ainsi Norman Dilworth pour ses 80 ans et Guy de Lussigny seront également exposés chez Gimpel Fils dans la grande galerie et Eve Gramatzki, Knut Navrot, Madé, Klaus Staudt, Robert Currie dans la petite galerie. Pour continuer une tradition née au Château de Courtry voilà bientôt trente ans, Karin Müller complète la programmation de la galerie par des concerts (Madeleine Malraux), des tables rondes (Jean Lacouture, Olivier Todd, Dominique Desanti…), des lectures (Marie-Christine Barrault, François Marthouret… ). Gimpel et Müller est devenue à son tour une passerelle sympathique, chaleureuse et efficace entre les arts. 25 Galerie Jean Greset Vingt-cinq années d’activité Louis Ucciani Galerie Jean Greset, Besançon Jean Greset und Claude Viallat 26 Depuis 1986, avec la création de la Galerie. G, Jean Greset est un acteur principal de la vie artistique de la Région Franche-Comté. En 1993 son activité s’est prolongée et étendue avec la Galerie Zéro, l’infini, qui possédait une antenne à Paris. Aujourd’hui, depuis deux ans, il dirige la Galerie Jean Greset dont la vitrine est à Besançon. En près de vingt-cinq ans, son activité de galeriste a permis d’imposer aux regards de la province un bon nombre d’artistes autour du fil directeur de l’abstraction géométrique dont on a pu voir les expressions de Madi avec Carmelo Arden Quin, à Aurelie Nemours et aujourd’hui l’art concret, avec Ode Bertrand, Vera Volnar, Cécile Bart, Jean-François Dubreuil, Jean Brault ou encore Sigurd Rompza, Hans Glattfelder. Le repérage dans cette mouvance de la géométrisation de l’espace pictural qu’elle prenne le nom d’abstraction, d’art concret, d’art construit ou d’art géométrique, constitue la dimension et la ligne de force de son activité d’exposition. Cela le situe comme référence majeure sur le territoire français en la matière. Il est d’autre part un initiateur accueillant de jeunes artistes prometteurs comme, par exemple, Hugo Schüwer-Boss et ses «abstractions trouvées» ou les déjà confirmés, dont on a pu voir à Besançon les premières expositions, Christophe Cuzin, Bruno Rousselot et Michael Eul. Cependant ce travail de fond sur cette mouvance rigoureuse s’accompagne d’échappées qui éclairent par contraste, c’est notamment le travail effectué avec Claude Viallat, Arthur Aeschbacher, Michel Seuphor, Jean Messagier, Bernard Aubertin, Herbert Zangs, ou encore Didier Demozay, Cette ligne de force qui permet de faire voir les évolutions de l’abstraction et qui en expose les facettes les plus extrêmes, les plus radicales et les plus contradictoires, agit en imposant au-delà des modes la logique de la rigueur. Mais ce regard de référence s’accompagne de la mise en évidence d’autres individualités que la galerie montre tout aussi généreusement, par exemple Didier Marcel qui fit à la Galerie.G sa première exposition et qui est régulièrement montré, ou encore Loïc Raguénès, tous deux sont issus de l’Ecole d’art de Besançon. Impliquée dans la vie locale la Galerie s’ouvre à des collaborations avec notamment le Centre d’Art Mobile du réseau ACSC. Cela a donné l’occasion de lancer un travail autour de l’art et de la poésie, avec les expositions de Jean-Luc Parant, celle des dessins de Matthieu Messagier et, prochainement celle de Gérard Duchêne. Sur un autre versant, elle est éminemment présente dans le champ de la photographie où elle montre les travaux de Jean-Luc Tartarin , Neil Folberg, Lin Delpierre ou Stephan Girard, et par sa présence notamment à Paris Photo. L’intérêt d’une telle galerie, outre son activité de base qui bien évidemment la justifie, réside dans l’éclairage qu’elle apporte, par sa présence même à la logique territoriale des politiques de l’art. En contrepoint à la logique d’animation Œuvres de Vera Molnar à la Galerie de Jean Greset culturelle qui meut les institutions, elle met en avant la notion d’œuvre, d’objet d’art et de collection. Inscrite dans le localisme elle est l’agent premier de ce qu’on peut appeler l’école de Besançon, c’est-à-dire une généalogie de la création plastique à partir des deux piliers que sont Jean Messagier et Jean Ricardon, mais que l’on peut faire remonter à Courbet et Pointelin, et dans laquelle on retrouve bon nombre de ceux qui ont fait leurs premiers pas dans la galerie comme Didier Marcel ou des confirmés comme Gérard Collin-Thiébaut. Ouvrant son espace à cette jeune création, elle la défend et la montre au niveau international dans les foires comme Art Brussels, Artissima Turin, Art Zürich, Paris Photo ou Art Paris. C’est en cela qu’elle est creuset de ce qui se génère de nouveauté au niveau local en montrant par exemple Jérôme Conscience, Thierry Bernard, Joffrey Pleignet, Hugo Schüwer-Boss, Thomas Henriot, Barbara Puthomme. Ce qui constitue sa seconde ligne de force. Vingt-cinq années de présence l’ont imposée comme à la fois ce qui fait découvrir l’extérieur et comme ce qui révèle l’intérieur, ce qui en fait un acteur vraiment vivant et sollicité dans une ville, un peu sinistrée où il n’y a pas d’autres lieux d’art, mais, cependant une véritable acuité artistique qui reçoit avec intérêt et bienveillance les expressions tant européennes, asiatiques qu’américaines avec entre autres Vladimir Skoda, Robert Schad, Harald Schmitz-Schmelzer, Takesada Matsutani, Alan Ebnother, Matt Mc Clune, John Nixon, Christina Renggli et Roy Thurston. Galerie Jean Greset 7 rue Rivotte 25000 Besançon, France + 33 (0)3 81 81 38 52 www.jeangreset.com 27 Impressum Herausgeber: Jo Enzweiler, Sigurd Rompza Verlag: Galerie St. Johann Beethovenstraße 31 66111 Saarbrücken Tel. 0681 / 3 34 73 Fax. 0681 / 3 05 47 www.galerie-st-johann.de Redaktion: Sigurd Rompza Alle Texte und Textauszüge mit Genehmigung der Autoren Gestaltung: Nina Jäger Fotos: Jean-Gabriel Coignet: S. 12 Jean Daubas: S. 26 R. Decker: S. 11 L‘Affaire Edith: S. 27 Galleria il Tesoro: S. 6-10 Lukas Gimpel: S. 25 links Paksi Képtár: S. 23, 24 Raphael Müller: S. 25 rechts Gary Woodley: S. 13, 14 © Jo Enzweiler, Sigurd Rompza, Rob. S. Gessner Stiftung Auflage: 500 ISSN 1431-2980 Druck: Krüger Druck+Verlag GmbH, Dillingen Saarbrücken 2012