140714_Impfung gegen Sommerekzem_für Homepage
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140714_Impfung gegen Sommerekzem_für Homepage
Probanden für Sommerekzem-Impfstoff Studie gesucht Die Decke ist zerrissen, es hat 25°C, es wimmelt nur so von Bremsen, Mücken und sonstigem Fliegzeug. Alles Einschmieren scheint nichts zu nutzten – der Juckreiz überwiegt und wir müssen mit ansehen wie sich unser Pferd schändet. Kann man gegen Sommerekzem impfen? Dieser Frage möchte ich mit dieser Studie auf den Grund gehen. Ich bin Wissenschaftlerin im Bereich Immunologie an der Uni Zürich und habe einen Impfstoff gegen Sommerekzem entwickelt. Um die Wirksamkeit zu testen, bin ich auf der Suche nach Studienteilnehmern. WAS WISSEN WIR ÜBER DAS SOMMEREKZEM? Sommerekzem, oder auch sweet itch genannt, hat den Fachausdruck insect bite hypersensitivity (IBH). Es manifestiert sich als chronische, wiederkehrende, saisonale allergische Dermatitis (entzündliche Reaktion der Haut). IBH ist die derzeit am besten charakterisierte allergische Erkrankung des Pferdes – allerdings sind die Behandlungsoptionen noch immer dürftig und lange nicht zufriedenstellend ! Nachdem es in der Vergangenheit eine lange Liste von Verdächtigen Auslöser gegeben hat zum Beispiel Pilze, Parasitenlarven im Bauch, Parasiten in der Haut, Diät, Klima, unhygienische Konditionen, Nieren-, Leber-, oder Milz- Funktionsstörungen, zu wenig Bewegung, Nahrungsmittelallergie - wurde schliesslich der wahre Feind gefunden und wissenschaftlich bestätigt: die Proteine aus der Speicheldrüse, die bei Insektenstichen der Gattung Culicoides spp. übertragen werden. Gegen welche Proteine genau die Pferde allergisch sind, ist nicht bekannt. Bei einem Stich gibt die Mücke ihre Proteine aus der Speicheldrüse als Anti-Koagulum ins Blut des Opfers sodass das Blut nicht gerinnt und sie eine ganze Mahlzeit heraussaugen kann. Es sind mittlerweile über 700 Mückenarten der Art Culicoides beschrieben, ca. 130 davon sind blutsaugend. Hierzulande plagt uns die Kribbelmücke am meisten. Die Kribbelmücke und andere Unterarten der Gattung Culicoides findet man an den verschiedensten Orten der Welt, nur eben auf Island nicht. Daher die hohe Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) von über 50% bei nach Europa exportierte Islandpferden. Typischerweise entwickeln sie im dritten oder vierten europäischen Sommer das Ekzem. Die Prävalenz unter den Isländern, die auf dem europäischen Kontinent geboren werden, liegt bei ca. 5% und ist somit vergleichbar mit anderen Rassen. Weltweit sind ca. 5-10% der Pferde betroffen. In Gross Britannien sind ca. 3% der Pferde betroffen, in Deutschland ca. 38% und in Queensland, Australien - aufgrund der grossen Sandfly-Plage (auch eine Unterart der Culicoides) - sogar ca. 60%. Das Auftreten des Sommerekzems und die Prävalenz korreliert positiv mit dem Vorkommen der Mücke. Zudem wissen wir aus der Human-Medizin, je häufiger eine Person Kontakt mit einem potentiellen Allergen (das wogegen man allergische wird) kommt, desto höher die Wahrscheinlichkeit ist es, dass die Person eine Allergie dagegen entwickelt. Dies gilt auch fürs Pferd. Je häufiger ein Pferd gestochen wird, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass es Sommerekzem entwickelt. Zudem scheint es besonders wichtig zu sein in jungen Jahren Kontakt mit dem Allergen zu bekommen, so dass das Immunsystem eine sogenannte Toleranz dagegen entwickeln kann. Lernt das Immunsystem in jungen Jahren das Allergen nicht kennen (so wie bei den Isländern auf Island), so sind die Chancen besonders hoch, eine Allergie zu entwickeln, wenn der erstmalige Kontakt in späteren Jahren sein wird. Klinische Symptome des Sommerekzems sind intensives Kratzen was beim Isländer zu den typischen Wunden an Mähne, Schweif, Bauch, Widerrist und Flanke führt. Dadurch brechen die Haare, die Haut wird ledrig und häufig bilden sich entzündete nässende Stellen oder Krusten. Betroffene Stellen charakterisieren sich durch die deutliche Verdickung der obersten drei Hautschichten, dem Stratum corneum, die (oberste) Hornschicht der Haut, der Epidermis, der Oberhaut, und der darunter liegenden Dermis (Lederhaut). Hinzu kommen akute Entzündungen, die durch Ödeme (Schwellung durch Flüssigkeit) und Ansammlungen von entzündlichen Immunzellen charakterisiert sind. Die entzündlichen Zellen sind häufig in perivaskulären Clustern in den tieferen Lagen der Dermis zu finden – genau dort wo eigentlich keine entzündlichen Immunzellen sein sollten! Betroffene Pferde leiden die ganze Saison durch das schlimme Kratzen an kahlen, abgeschürften und nässenden Stellen, welche sich in schlimmen Fällen zu kutan ulzerierenden (geschwürigen Haut-) Läsionen entwickeln. Häufig können Milben, Bakterien oder Pilze sekundäre Infektionen in betroffenen Stellen verursachen. Dies erhöht zusätzlich die Einwanderung an entzündlicher Immunzellen in betroffene Hautstellen. WIE FUNKTIONIERT EINE IMPFUNG? UND WIE KANN EINE IMPFUNG GEGEN DAS SOMMEREKZEM HELFEN? Impfungen haben die Funktion das Immunsystem gegen, klassischerweise, Infektionen zu „trainieren“, sodass es im Ernstfall schneller und effektiver den Eindringling bekämpfen kann. Wie funktioniert das? Das Immunsystem kann man in zwei Teile unterteilen. Das angeborene Immunsystem und das lernfähige (adaptive) Immunsystem. Der Teil des angeborenen Immunsystems fungiert als unser Erste-Hilfe-Kasten, das heisst in den ersten Tagen nach Infektion bekommen wir Schutz von diesem Teil des Immunsystems. Allerdings ist der Schutz des angeborenen Immunsystems limitiert und kann den Eindringling bestenfalls eindämmen aber nicht eliminieren. Daher ist es wichtig, dass unser lernfähiges Immunsystem das angeborene Immunsystem unterstützt. Das lernfähige Immunsystem zeichnet sich dadurch aus, dass seine Immunantwort effektiver ist als die des angeborenen Immunsystems und auch spezifischer auf die Natur des Eindringlings angepasst ist. Das bedeutet, dass das lernfähige Immunsystem auf den Eindringling angepasste spezielle Waffen entwickelt und ihn so gezielter eliminieren kann. Daher ist das lernfähige Immunsystem sehr viel effektiver in der Bekämpfung des Eindringlings als das angeborene Immunsystem. Allerdings hat die Spezifität der Bekämpfung einen Preis: Der Prozess die passenden Waffen zu machen, benötigt Zeit! In dieser Zeit ist das angeborene Immunsystem ganz auf sich allein gestellt. Im Falle einer Infektion kann es über Leben und Tod entscheiden wie lange es dauert, bis das angeborenen Immunsystem Unterstützung vom lernfähigen bekommt. Dies führt mich zum Sinn der Impfung. Das lernfähige Immunsystem kann nicht nur die spezifischeren Waffen entwickeln, die den Feind eliminieren können, sondern es hat auch Gedächtnis. Das heisst, kommt derselbe Eindringling ein zweites mal, dann werden die Gedächtniszellen aktiv und können innert kürzester Zeit die speziell angepassten Waffen abfeuern. Dieses Prinzip nutzt die Impfung. Mit dem Impfstoff möchten wir das Immunsystem schulen, so dass es im Ernstfall schneller mit den Gedächtniszellen die richtigen Waffen gegen den Eindringling auspacken und abfeuern kann. Somit wird bestenfalls der Körper nicht krank und merkt nicht einmal dass er infiziert wurde. Die Herausforderung eines Impfstoffes ist es nun, einerseits etwas zu finden, dass dem Feind möglichst ähnlich sieht, um das Immunsystem best-möglichst zu „trainieren“, und andererseits nicht krank macht. Beim Sommerekzem haben wir es allerdings nicht mit einer Infektion zu tun sondern mit einer Allergie. Das macht leider alles deutlich komplizierter. Jedoch gibt es neue Forschungs-Ansätze für Impfungen, die nicht nur gegen Infektionen entwickelt sind, sondern auch gegen chronische Erkrankungen. Bei chronischen Erkrankungen produziert der Körper oft zu viel von irgendeinem Stoff, sodass der Körper dadurch krank wird. Die neuen Forschungs-Impfstoffe setzten hier an: man impft gegen den Stoff von dem der Körper zu viel macht. Somit eliminiert das eigene Immunsystem den Stoff von welchem krankheitsbedingt zu viel vorhanden ist. Dieses Prinzip nutze ich in dem Sommerekzem Impfstoff: Den Fachausdruck insect bite hypersensitivity, finde ich besonders passend, da „insect bite“, den Auslöser Insektenstich beschreibt uns das Wort hypersensitivity schon einen Hinweis über die Art der Erkrankung gibt. „Hyper“ heisst immer, dass von etwas zu viel da ist. In diesem Fall können wir von einer allergischen Überreaktion des Pferdes sprechen. Wie oben beschrieben, befinden sich in den Hautläsionen zu viele entzündlichen Immunzellen, die dort nicht sein sollten. Diese Immunzellen sind massgeblich für die Pathologie des Sommerekzems verantwortlich. Das bedeutet betroffene Pferde haben zu viele Immunzellen in der Haut, die diese Überreaktion vermitteln. Der Sommerekzem-Impfstoff wird zum einen gegen das Einwandern der entzündlichen Zellen in die Haut und zum anderen gegen den Juckreiz impfen. ERSTE ERGEBNISSE AUS DER VOR-STUDIE: Im kleinen Rahmen wurde der Impfstoff auf seine Verträglichkeit getestet. Erste vielversprechende Ergebnisse für die Wirksamkeit liegen vor. FÜR MEHR INFOS ZUR STUDIE: Kontaktieren Sie bitte Dr. sc. ETH Antonia Fettelschoss, [email protected], 078 - 697 86 25.