Eine Auswahl von Bücherzeichen mit Garten

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Eine Auswahl von Bücherzeichen mit Garten
Eine Auswahl von Bücherzeichen
mit Garten- und Feldfrüchte
B49b, 12.2015
Übersicht über die hier vertretenen Drucker
Johannes Albrecht
Giovanni Battista Faelli
Niccolò Bascarini
Nikolaus Basse
Dietrich Baum
Franz Behem
Adam Berg
Gimel Bergen
und Nachfolger
Thiebold Berger
Anton Bertram
Johannes Besicken
Alessandro Brucioli
Johann Busaeus
Andreas Geßner d.J.
und Hans Jakob Geßner
Paolo Gherardo
Hans von Ghetelen
Richard Grafton
Claude Chevallon
Matern Cholin
Samuel Crespin
Ludwig Dietz
Henry Denham
Samuel Emmel
Thomas East
Richard Harrison
William und Isaac Jaggard
Johannes Knoblouch
Wilhelm Lützenkirchen
Pere Patrizi Mey
Niccolò Misserini
Andrew Myllar
und Walter Chapman
Giovanni Antonio Nicolini
Johannes Otmar
Peter Perna
Friedrich Peypus
Pietro Paolo Porro
Berthold Rembolt
Werner Richwin
Wendelin Rihel
Tommaso Ruffinelli
Orazio Salviani
Martin Schott
Engelhard Schultis
Nicola Antonio Stigliola
Domenico Nicolini da Sabbio
Georg Ulricher
Meinhard Ungut
Bernardino Vitali
Johannes Wilcke
John Windet
Francesco Zanetti
Bernardo Zucchetta
In diesem »Buch« werden Druckermarken vorgestellt, die mit Nahrungsmitteln in
Verbindung stehen: Da sind zu nennen Getreide, Wein, Äpfel und Birnen, eine
Mühle, ein Pflug, ein Acker, ein Sämann, Eicheln, Artischocken, Porree und anderes.
Es ist bei weitem keine vollständige Übersicht. Fast immer, wenn Adam und Eva
in einem Bücherzeichen gezeigt werden, stellt es die berühmte Apfelszene dar.
Wein, das Hauptgetränk in Südeuropa, ist auf »unzähligen« Bücherzeichen vertreten. Andererseits: Kein Buchdrucker zeigt in seinem Zeichen Bier oder Hopfen.
Kartoffeln, erst 1535 nach Europa eingeführt, sind – wohl weil die erdgebundene
unterirdisch wachsende Frucht als minderwertig angesehen wurde – nicht
gefunden worden. Auch anderes Wurzelgemüse, gleichfalls verachtet in gebildeten und adligen Kreisen, ist nur vereinzelt zu finden: Porree und Knoblauch ist da,
aber da sind es deutliche Verweise auf den Namen des Druckers. An Gewürzen
ist nur Beifuß gefunden worden; doch auch hier handelt es sich um ein »redendes« Zeichen des Buchdruckers Peypus. Der Ackermann ist in den Bücherzeichen
ebenfalls vertreten.
Auf die Abbildung von Wild, Hase, Huhn und Fisch und damals nicht unübliche
Leckerbissen wie Katz und Hund oder Schlange wird in einem gesonderten Band
in dieser Reihe zurückzukommen sein.
Johannes Albrecht
stammt aus Offwiler am Oberrhein. Er zog um 1500 nach Hagenau, wo er als
»Gießer« arbeitete. In den Jahren 1516 und 1517 schloß er sich mit Thomas
Anshelm als Drucker zusammen. Mit diesem druckte er 1516 die »Teutsch
Evangelij vnnd Epistel«. 1532 heiratete er die Witwe des 1528 verstorbenen Drukkers Johannes Knoblouch d.Ä. und zog deshalb nach Straßburg. Wahrscheinlich
arbeitete er auf eigene Rechnung in der Officin seines Schwiegersohns. Er firmierte hierbei häufiger mit »ex officina Knoblochiana«. Als seine Setzer werden
Georg Messerschmitt, der ab 1541 sein Nachfolger wurde (vielleicht als Pächter
der Knoblouchschen Werkstatt), und Ludwig Botz genannt. 1538 druckte er mit
Wendelin Rihel zusammen. Aus diesem Jahr stammt das von Albrecht gedruckte
Augsburger Geschlechterbuch mit Holzschnitten von Christoph Weiditz und David Kannel. Mit wenigen Ausnahmen druckte Albrecht nur lateinischsprachige
Schriften. Er starb 1539.
Das Bücherzeichen zeigt den bewußten Baum im Paradies; die Schlange schlängelt sich um die erste Astgabel und reicht Eva den Apfel. Der Wappenschild von
Albrecht mit den beiden Sternen hängt an einem Band im Maul der dickleibigen
Schlange.
Niccolò Bascarini
(Nicolaus de Bascarinis) stammt aus Padova, einem Ort in Sabbio Chiese in der
Nähe von Brescia. Als Verleger und Drucker war er in den Jahren 1541 bis 1554
in Venedig tätig.
Das Bücherzeichen, das Bascarini in den Jahren 1547 bis 1559 verwendete, zeigt
in einem Blätter- und Früchtekranz zwei sich reichende Hände, aus denen eine
Flamme (Glorienschein) schlägt. Die Devise lautet: »QUAE PER CHARITATEM OPERATUR
FIDES.«
Nicolaus Basse
(Bassaeus, Bassee, Nicolaum Basse, Nicolai Bassaei, Nicolavs Bassaves) stammt
aus Valenciennes in Flandern und ging 1561 nach Frankfurt am Main, wo er im
selben Jahr die Frankfurter Bürgerstochter Anna Ross heiratete und anschließend
das Bürgerrecht erhielt. Er war zuerst als Buchbinder tätig und begann 1561/62
mit dem Buchdruck. Nach einem Aufenthalt in Worms kehrte er 1564 nach zwei
Jahren nach Frankfurt zurück; vorher mußte er nachweisen, daß er in Worms
nicht das »Judenn buchleinn« gedruckte hatte. Hier kaufte er das Haus »Zum
Roseneck« in der Alten Mainzer Gasse und später das Haus »Zum Wetterhahn«
in der Kerbengasse. In den Jahren 1572–1576 arbeitete er bei mindestens vier
Drucken mit seinem Konkurrenten Sigmund Feyerabend zusammen, aber auch
1583 hat er nachweislich noch für diesen gedruckt. 1574 wurde er von dem Schriftgießer Jacob Sabon wegen einer Meinungsverschiedenheit mit der »blanken
Waffe« bedroht. 1575 kaufte er von Johann Feyerabend einen Teil des Verlagsgeschäfts von Sigmund Feyerabend. Basse druckte zahlreiche Werke des
Marburger Hofgerichtsanwalts Abraham Saur und des kurpfälzischen Leibarztes
Jacob Tabernaemontanus. Bis zur Mitte der 1570er Jahre soll Basse (»Typographi
et Bibliopolae«) insgesamt über 90 Verlagswerke hergestellt haben. Nach dem
Tod von Feyerabend (1590) war Basse der erfolgreichste Verlagsdrucker der Stadt,
der auch mit Caspar Behem in Mainz und Lazarus Zetzner in Straßburg zusammenarbeitete. 1598 verkaufte er die Officin mit drei Pressen für 990 Gulden an
Johannes Lechler d.J. und war fortan nur noch als Verleger und Buchhändler
tätig. Insgesamt verlegte und druckte Basse fast 900 Titel. Basse starb 1601.
Sein Sohn Johannes führte zusammen mit seinem Schwager Johannes Traudt
den Verlag und den Buchhandel bis 1613 fort. Sein Bruder Franz Basse war
gleichfalls als Drucker tätig und druckte ab 1574 mehrere Werke in der Basseschen
Officin.
Nicolaus Basse
Das Bücherzeichen gibt wieder einen Einblick in die Gestaltung von RenaissanceDruckermarken. Da sind zum ersten schambedeckt links unten Adam und rechts
unten Eva zu sehen. Hinter Eva wächst ein kleiner Apfelbaum. Hinter Adam sind
Pastinaken o.ä. zu sehen, denn die Vertreibung aus dem Paradies zwingt zum
Verzehr der minderwertigen Gemüse. Zwischen ihnen Früchte verschiedener Art.
Zwischen Adam und Eva ist in der Mitte eine Fratze, flankiert von Obst und Gemüse. Rechts oben sitzt auf einem Thron ein König (Nebukadnezar, Pharao?),
an Bändern ein rundes Gefäß haltend. Ihm gegenüber sitzt der weniger prächtig
gezeichnete Mose mit den Gesetzestafeln. Vor diesem – zur Mitte hin – ein weiblicher Engel, vor dem König ein männlicher; zwischen ihnen eine Fratze. Die
Figuren rahmen ein Oval ein. da sieht man auf zwei steilen Bergen zwei Burgen.
Im Hintergrund ein Fluß mit Schiff und auf dem gegenüberliegenden Ufer eine
Ortschaft. Zwischen den Burgen ein betender Mann, teilweise in der Erde versunken. Oben am Himmel in einer Wolke Gott. Der Text und die umlaufende Devise
lautet: »NICOLAUS BASEUS EXCELSUSDEOMINUS ET HUMILIA RESPICIT ET ALTA ALOGE CONSIDERAT
PS. 138« und die Jahreszahl »1570«.
Dietrich Baum
war in den Jahren 1556 bis 1588 ein Kölner Buchhändler, Verleger und Druckherr
und Mitglied der Achatius-Bruderschaft, ab 1573 sogar Brudermeister. Er hatte
seine Officin in der Schmiergasse (»sub sole aureo« bzw. »sub signo arboris«).
Seine Buchhandlung betrieb er in einem von dem Buchdrucker Gervinus Calenius
gemieteten Haus vor St. Paulus. In den Jahren 1568 bis 1573 hatte er eine Druckund Verlagsgemeinschaft mit Johannes Birckmann (»apud Joh. Birckmann et
Theod. Baum«). Von 1576 bis 1585 war er als angesehener Mann, »zu vill geschefften gebraucht«, und Mitglied des Stadtrats. Er starb 1588; seine Witwe setzte
unter dem Namen »Apud Viduam Theodorii Baumii« das Geschäft bis 1596 fort.
Das Bücherzeichen (1567 in »Descriptio totius Italiæ« des Leandri Alberti) ist ein
auf den Namen bezogenes »redendes« Signet. Es zeigt unter dem berühmten
Apfelbaum Adam und Eva im Paradies; Eva pflückt gerade den Apfel (die Folgen
kennen wir), die Schlange windet sich um die untersten Äste. Im Hintergrund sind
ein weißes Pferd (als Symbol für den »Lichtbringer«) und ein Hirsch (Symbol der
Erlösung durch Christus) zu sehen. Die umlaufende Devise und der erläuternde
Text lautet: »FRUCTUS HOMINIS IUSTI LIGNUM VITÆ, PROVERB XI D B«, Die Frucht des Gerechten ist ein Baum des Lebens (Vulgata, Liber proverbium XI, 30).
Franz Behem
Mit großer Unterstützung seines »Schwagers« Johann Dobeneck (Cochlea, Cochlaeus), einem der entschiedensten Luthergegner, errichtete sich Franz Behem
(Franciscus, Behm, [Sanctus Victor, Divus Victor], frantz behem) aus Dippoldiswalde 1539/40 in Mainz eine Druckereiwerkstatt. Er war aus Dresden gekommen, wo er als Buchhändler und Buchbinder tätig gewesen ist. Die Officin befand
sich im St. Viktor-Stift (zwischen Mainz und dem Vorort Weisenau) und war die
achte Druckstätte nach Gutenberg; Mitglied der St.-Viktors-Bruderschaft war übrigens Johannes Gutenberg. Dobeneck war über seine Nichten mit mehreren
anderen Buchdruckern, Buchhändlern bzw. Buchbindern verwandt. Behem erhielt durch die Vermittlung Dobenecks finanzielle Mittel zur Gründung der Officin
u.a. von Kardinal Farnese. Er war damit der 14. Mainzer Typograph. 1541 veröffentlichte er ein mit einer Druckerei geschmücktes Lobgedicht des Humanisten und
Korrektors Arnoldus Bergellanus. Im selben Jahr begründete er eine langjährige
Zusammenarbeit mit Arnold und Franz Birckmann in Köln. Ein Jahr später bewarb er sich erfolglos als Drucker in Heidelberg. Er war seit 1549 Mitglied der
»Großen Kompagnie« von Theobald Spengel und Johann Quentel. Die Werkstatt im St.-Viktorstift wurde 1552 von den Söldnern des Albrecht Alcibiades von
Brandenburg-Kulmbach durch Brand zerstört, wobei das gesamte Typenmaterial,
die Pressen und die Büchervorräte vernichtet wurden; bei dieser Gelegenheit
raubten die Söldner auch die Bücher aus allen Klöstern und Stiften in Mainz.
Behem zog deshalb in die Stadt Mainz. Erst ein Jahr später konnte er wieder mit
Drucken beginnen, doch fehlten die Druckergesellen, von denen ein Teil durch
die von dem Heer eingeschleppte Seuche starb (auch die Gattin Elisabeth starb
an dieser Seuche). 1555 erhielt er ein kaiserliches Privileg für Reichsdrucksachen
und gründete mit den Mainzer Bürgern Theobald Spengel und Nikolaus Geyer
eine Verlagsgesellschaft. Ab 1556 war Behem Besitzer des Hauses »Zum Maul-
Franz Behem
baum« in der Birnbaumgasse (»Franciscum Behem zum Maulbaum«), bis ins
17. Jahrhundert als »die Truckerei« bezeichnet; das Haus befand sich in der
gleichen Altstadtstraße wie der Algersheimer Hof, in dem Gutenberg Mitte der
1440er Jahre gewohnt haben soll. Im Hause Behems war 1565 Pantaleon, der
Zeichner eines Gutenberg-Bildnisses, und lernte die beiden flandrischen Drucker
Plantin und Moretus kennen. 1565 oder erst 1570 war er Hausmeister bei Hartmut von Kronberg und eröffnete erneut eine kleine Gesellschaft, da die ihm zur
Alterssicherung dienende »Kompagnie« wohl nicht genug Geld erwirtschaftete.
Über 300 Drucke verließen seine Pressen, darunter Schriften von Georg Witzel
und Michael Helding. Behem, der viermal verheiratet war und etwa 10 eigene
und angenommene Kinder hatte, starb 1582. Von den Söhnen wurde Caspar
Buchdrucker und Johann Buchhändler.
Sein Sohn Caspar (Casparus, Casparum) ist wohl schon in Dresden geboren
worden und war bereits ab 1563 als Gesellschafter der »Großen Kompagnie«
und Teilhaber in der Officin tätig. 1588/89 arbeitete Behem mit Nicolaus Basse in
Frankfurt zusammen. Er druckte bis 1592 vor allem Reichstagsabschiede, Disputationen, Dissertationen und in der Zusammenarbeit mit den »Großen
Kompagnie« auch einige Bücher; insgesamt sind es wohl um die 150 Drucke, die
er herstellte. Sein Stiefsohn Heinrich aus der Ehe mit der Witwe des Goldschmieds
Heinrich Brehms lernte Drucker bei Franz Behem, der 1601 starb. Die Officin
wurde von Heinrich Brehm (Caspar Behems Erben) übernommen. Nach dessen
Tod, 1598, ging die Druckerei an Johann Albin, der die Witwe heiratete. 1622
druckt Anton Strohecker im »Maulbeerbaum«, 1631 wird es von schwedischen
Truppen im Dreißigjährigen Krieg zerstört.
Franz Behem
Das Bücherzeichen zeigt in einem Kreis den auferstandenen Jesus, der als Zeichen seines Triumphes in der linken Hand eine Fahne hält vor einem Sarkophag;
er steht auf dem liegenden (niedergerungenen) Teufel. Oben befindet sich auf
jeder Seite eine Frauenfigur, die eine Amphore mit Lilienzweige hält. Unten sind
zwei Putten zu sehen. Insgesamt befinden sich vier Schilde in diesem Signet:
Oben – in der Mitte – ist ein Wappenschild mit einer Lilie (es könnten auch Hanfblätter sein). Neben diesem Schild und an den Seiten sind insgesamt sechs Äpfel
untergebracht. Oberhalb der beiden Putten sind ebenfalls Wappenschilde angebracht: links ist ein Wappen mit einem gekrönten Greif, rechts befindet sich ein
Wappen mit einem Hahn vor einer Birke (das Bücherzeichen der Kölner Verlegerfamilie Birckmann). Zwischen den beiden Putten ein weiterer Schild mit drei Löwenköpfen. Unter den Früchten am Rand des Bücherzeichens befinden sich Granatäpfel, Oliven. Die Devise lautet: »SINE ME NIHIL POTESTIS FACERE.« (Johannes 16).
Adam Berg
(Adamus, Adami, Montanus), der wohl nicht aus München stammte, erwarb dort
1564 die daniederliegende Druckerei des Andreas Schobser. 1568 besaß er ein
Haus in der Fürstenfelderstraße. Ein Jahr später mußte er ins Gefängnis, da er
eine evangelische Schrift hergestellt hatte; sicherlich beschleunigte die für ihn
ungewohnte Behausung seinen Übertritt zum katholischen Glauben. Stark gefördert von Herzog Albrecht V. und dessen Sohn Wilhelm V., wurde Berg Hofbuchdrucker und gehörte zu den bedeutendsten Druckern der Gegenreformation
in Süddeutschland. Neben offiziellen Verordnungen und Erlassen des Hofs und
der Regierung, dem Index der verbotenen Bücher (1564), zeitgeschichtlichen
Berichten und religiöser Literatur in weitestem Sinne erschienen bei ihm Werke
von Albertinus Aegidius. 1585 erhielt er ein kaiserliches Druckprivileg. 1592 kam
Berg, obwohl »Fürstl. Durchl. Hofbuchdrucker«, abermals ins Gefängnis, da er
wohl sehr streitsüchtig war. Anfang der 1590er Jahre unterstützte er die Errichtung einer Druckerei in Thannhausen durch die Juden Isaac Masia und Simon
Levi Günzburg. Ihm wird nachgesagt, daß er nur mangelnde kaufmännische Fähigkeiten besessen habe. Er hat fast 600 Titel herausgegeben. Nahezu ebenso
bedeutend war Bergs Musikalien-Druckerei, in der u.a. Werke Orlando di Lassos
verlegt wurden. Über die Arbeit als Drucker und Verleger hinaus hat er an einigen
Werken auch inhaltlich mitgewirkt (z.B. am »Wappenbuch des Heiligen Roemischen Reichs und allgemainer Christenheit in Europa« von Martin Schrot). Bei
seiner Tätigkeit wurde er unterstützt von seiner Frau Anna, die nach seinem Tod
1609/1610 die Geschäfte bis zu ihrem Tod 1629 weiterführte. Anna Berg (Anna
Bergin Wittib) gab als ersten Druck die »Reise nach Palästina« von Bernhard
Walther heraus, die schon Adam begonnen hatte, zu drucken. 1617 kaufte sie
ein Haus in der Münchner Theatinerstraße. Ab 1627 gab sie die »Gewisse und
warhaffte Wochentliche Ordinari zeitungen« heraus. Ab 1628 arbeitete sie in einer
Gemeinschaft mit Cornelius Leysser und Nicolaus Henricus d.J. zusammen. Ihr
Sohn Adam Berg d.J. übernahm die Officin nach ihrem Tod. bis 1634; auch er
arbeitete, wie seine Mutter, mit »Peter Königs Kunstführer« zusammen.
Das Bücherzeichen ist ein auf den Namen bezogenes »redendes« Signet. Es
zeigt in einem Oval einen blattlosen Baum, um den sich eine Weinrebe rankt. Am
unteren Teil des Baumes hängt ein Renaissancewappenschild mit dem bayerischen Löwen; darüber ein Helm. Links vom Baum steht die Glücksgöttin Fortuna
mit einem Szepter in der rechten Hand. Sie greift dem von rechts kommenden
und einen Berg ansteigenden Hermes hilfreich unter die Arme. Der Mann, angeblich der Druckherr selbst, trägt am rechten Handgelenk ein Paar Flügel. In
seiner linken Hand schleppt an einer Schnur oder einem Band einen Stein. Im
Hintergrund sind zwei steile Berge zu sehen, hinter denen die Sonne aufgeht.
Das Monogramm »FF« bezieht sich auf den Zeichner; die Buchstaben daneben,
»AB«, sind die Initialen des Druckers. Die Devise lautet: »PAVPERIES VIRTVS STVDIA IN
CONTRARIA TENDVNT ILLA PREMIT SVRSVM ISTA PETIT SPES SVSTINET ÆGRVM.«
Gimel Bergen
Der erste Drucker aus der Familie war der aus Lübeck stammende Gimel (ein
Diminutiv von Joachim) Bergen (I.), der um 1570 nach Dresden kam und dort
eine Berufung zum kurfürstlichen Buchdruckergehilfen (nicht jedoch zum Hofbuchdrucker) erhielt. Gimel Bergen soll ein Sohn des niederländischen Druckers
Adam de Monte (gest. 1561) sein, der in Nürnberg arbeitete. 1571 wurde er Geschäftspartner von Wolfgang Stoeckel. Seine Officin besaß außer Fraktur- noch
Antiqua-, griechische und hebräische Schriften sowie Musiknoten. Er war Hausbesitzer in der Moritzstraße. Sein erster Druck in Dresden, die 1577 entstandene
Konkordienformel für Kurfürst August von Sachsen in einer Auflage von 6000
Exemplaren, erfolgte 1578 oder 1579. Zu diesem Zeitpunkt stehen vier Pressen
in der Officin. Für »formula concordiæ« erhielten die beiden Drucker ein Privilegium für zwei Jahre. 1580 wird Bergen beschuldigt, er drucke »säumig«. Gimel
Bergen (I.) starb 1597.
Seine Söhne Christian, Johannes und Gimel führten die Druckerei gemeinsam
bis 1610 fort. Ab 1610 betrieb Gimel Bergen (II.) die Werkstatt allein. Nach dem
Tod des Hofbuchdruckers Heinrich (Hieronymus) Schütz 1616 wurde er zum
Nachfolger ernannt. In seinen Drucken, erstmals im Impressum einer Dresdner
Grammatik, nennt er sich »Churfürstl. Sächs. Hoff Buchdrucker«. 1630 druckte
er 300 Exemplare der Ballette »von den zweien Hirten« und wird »von den Waldgöttern« bezahlt. Er starb 1637. Die Officin wurde von seiner Witwe und seinem
Sohn Gimel bis 1640 weitergeführt. Danach übernahm Gimel Bergen (III.) die
väterliche Werkstatt.
Gimel Bergen (III.) schloß 1640 seine Ausbildung ab und wurde im selben Jahr
»postuliert«. Er starb 1643. Seine Söhne Christian und Melchior betrieben die
Gimel Bergen
Druckerei weiter: »gedruckt bei Melchior und Christian Bergen«. Der Schwerpunkt von Christian Bergen lag auf dem Verlagsgeschäft (ab 1666 soll er nicht
mehr gedruckt haben), der seine Werke in der Druckerei seines Schwagers Wolfgang Seyffert, ein ehemaliger Faktor bei Gimel Bergen (II.), herstellen ließ. Christian
Bergen, der »bey den Bergen« firmierte, starb um 1678, Melchior Bergen um
1670. In den Jahren 1670 bis zu ihrem Tod 1688 leitete die Witwe Melchior Bergens die Officin »Melchiors Bergen Witwe und Erben«.
In der Mitte des Bücherzeichens steht der Apostel Matthäus auf einem Podest.
Rechts neben ihm steht ein Baum, von dem links ein Apfel herunterhängt und
rechts eine Rose. Um den Baumstamm winden sich zwei Schlangen nach oben –
eine züngelt nach dem Apfel, die andere zu der Rose. In den Blättern befindet
sich einen Schild: »Psal 37« (»... Befiehl dem Herrn deine Wege ...«). Darüber in
einem Halbkreis Sonne, Mond und Sterne. Vor dem rechten Apfelbaum liegen
am Boden ein Totenschädel, eine Lampe und Beinknochen – Vergänglichkeitssymbole. Links außen steht ein Baum, gewachsen aus einem abgesägten Stamm,
auf dessen Spitze eine Taube (ein Attribut des in den Apokryphen erwähnten
Joachim – Gimel – sind zwei Tauben) sitzt. Die aus dem Baumstumpf sprießenden Schößlinge werden auch als Stöckel bezeichnet, so daß es sich in diesem
Teil um ein »redendes« Bücherzeichen handelt. Vier von sechs Früchten an diesem Baum tragen ein Kreuz. Ein Hund mit buschigem Schwanz (wie ein Eichhörnchen) bellt die Taube an. Vor dem Hund könnte eine Margerite blühen: Die
Margerite, deren Name Perle bedeutet, ist das Sinnbild vergossener Tränen und
verweist auf das Leiden Christi und der Märtyrer. Im Hintergrund sind Wolken und
davor (!) Sterne. Unterhalb des Podestes ist die Jahreszahl 1579 eingetragen. Im
Halbkreis um die Szene mit Matthäus stehen die beiden Druckernamen Matthes
Gimel Bergen
Stoeckel und Gimel Bergen). Außerhalb dieses Bogens sieht man die vier Evangelisten: Markus mit Löwen (rechts oben), darunter Johannes mit dem Adler, links
oben Matthäus mit einem Engel und darunter Lukas mit einem Tier, das mehr
einem Schaf als einem Stier, dem Symboltier des Apostels, ähnelt. Alle vier Evangelisten werden gezeigt, wie sie in einem Buch schreiben.
Thiebold Berger
hatte seine Officin in Straßburg ab 1551 in dem Haus Nr. 2 am Barfüßerplatz
(heute Kleberplatz), das er 1565 wieder verkaufte. In den Jahren 1562 und 1563
stellte er in kirchlichem Auftrag zwei Schriften gegen Juden her. Ein weiteres
Domizil war dann am Weinmarkt im Haus »Zum Treubel«. 1579 kaufte er das
Haus Gewerbslauben Nr. 83. Berger beschäftigte auch Briefmaler und Buchbindergesellen, was ihm (wie auch seinem Kollegen Nicolaus Wyriot) ein Verfahren vor
dem Zunftgericht einbrachte. Er druckte sehr viele volkstümliche Literatur und
auch einige geistliche Lieder, jedoch ohne Jahrgangsangabe. Seine Officintätigkeit
endete 1584.
Das Bücherzeichen zeigt Josua und Caleb als Kundschafter mit der Weintraube
(»Aber Josua, der Sohn Nuns, und Kaleb, der Sohn Jephunnes, blieben lebendig
aus den Männern, die gegangen waren, das Land zu erkunden«, 4. Mose 14:38).
Oberhalb des Ovals ist ein Gesicht mit einer Krone, gegenüber (unten) ein Löwenkopf. Links und rechts vom Löwenkopf sind zwei Fratzen eingezeichnet. Links
und rechts oben stehen – nach innen blickend – zwei junge Frauen. Die umlaufende Devise lautet: »TIME TE DOMINVM OMNES SANCTI EIVS QUONIAM NON EST INOPIA
TIMENTIBVS EVM. PS. 34«.
Anton Bertram
stammt aus Linz und war 1583 als Geselle bei dem Mainzer Drucker Kaspar
Behem tätig. 1584 zog er nach Straßburg, wo er im selben Jahr die Witwe des
Nicolaus Wyriot heiratete und dessen Nachfolger wurde. Zugleich erhielt er das
Straßburger Bürgerrecht. Die Officin befand sich von 1587 bis zum Verkauf des
Hauses 1604 im Haus Nr. 25 der Großen Stadelgasse. Sein erster Druck war das
Drama »Esthera Regina« des Cornelius Laurimannus. Bertram wurde zum Drucker
der Universität (»Academiæ typographus«) berufen. Ihm wurde auch ein Privileg
für den Druck der Domkapitelkalender erteilt. Er starb 1622; sein gleichnamiger
Sohn führte das Geschäft, auch als Akademiedrucker, noch vier Jahre fort.
Das Bücherzeichen zeigt in einem Rahmen innerhalb eines Ovals zwei aus den
Wolken kommende Hände. Zwischen ihnen befindet sich eine Margarite als Sinnbild der Leiden Christi. Sonnenblumenstaude. Am oberen Rand des Rahmens,
links und rechts, sitzen zwei Putten. Um das Oval herum läuft die Devise »SPES
MEA CHRIST«, der Druckername »ANTONIVS BERTRAM« und die Jahreszahl » ANNO
MDLXXXIIII« (1584).
Johannes Besicken
stammt aus Besigheim (Württemberg) und wird 1475 in den Basler Margzalsteuerbüchern erwähnt; als seine Wohnung wird »Sant Alban by dem Wechter
Hußly« angegeben. 1478 wurde er Bürger von Basel, wo er 1483 ein einziges
Druckwerk (Moesch »De honoris canonicis«) herstellte. Die Officin war jedoch
nicht sehr erfolgreich; aus Unterlagen geht hervor, daß seine Papierlieferanten
sogar vor Gericht zogen, um ihre Gulden einzutreiben. 1493 zog er nach Rom
und betrieb mit dem Drucker Sigmund Mayr in den Jahren 1493 und 1494 gemeinsam eine Officin. Auch mit Andreas Fritag (de Argentina, aus Straßburg)
arbeitete er zusammen; er stellte mit diesem ein Prognostikon für das Jahr 1496
her. 1500 schloß er sich mit Martin von (aus) Amsterdam zusammen, der noch
1499 in Neapel eine Officin betrieben hatte. Ihr erster großer Druck war eine
Ausgabe der »Mirabilia Romæ«. In den Jahren 1501 bis 1512 arbeitete Besicken
wieder allein. Er verwendete ganz überwiegend gotische Typen.
Das Bücherzeichen (um 1500 in »Leggenda di S. Eustachio«) zeigt zwei »fliegende« nackte Frauen, die eine Girlande halten, an der sich ein Wappenschild
mit einem Monogramm befindet. Das Monogramm besteht aus einem »I« für Johannes und einem querliegenden »M« für Martin, darüber ist ein »I« und »B« zu
lesen. Außen befinden sich (halbe) Blüten der Margarite.
Alessandro Brucioli
stammt aus Florenz und betrieb in Venedig mit seinen Brüdern Antonio und
Francesco eine Werkstatt. 1542 druckten sie die Schriften von Aristoteles, 1543
stellten sie zweisprachig, Griechisch/Latein, die Schriften des griechischen Staatsmannes und Redners Demosthenes (384–322 v.Chr.) her. Die Officin wurde 1548
wegen des Drucks angeblich ketzerischer Schriften geschlossen. Sie – in der
auch Giovanni Centani tätig war – befand sich im Bezirk San Filippo e Giacomo.
Sechs Jahre später erscheint noch einmal Werk ohne Druckernamen, aber mit
den Typen der Bruciolis (»Nella creatione del serenissimo principe Francesco
Veniero«).
Das erste Bücherzeichen aus dem Jahr 1546 zeigt in einem Oval einen Weinstock (ein Symbol Christi) mit Blättern und Trauben. Um das Oval herum sind
weitere Weinranken mit Blättern. Auf diesem Weinstock ist in Anspielung auf
Aesops Fabel ein Fuchs geklettert. Das Bücherzeichen wurde mit und ohne umlaufende Devise (»Dal Signore ju questo è mirabile negli occhi nostri«) verwendet.
Die beiden anderen Bücherzeichen zeigen in einem Rahmen ebenfalls je einen
Weinstock mit Blättern und Trauben; die Wurzeln sind klar erkennbar.
Ausschnitt
Alessandro Brucioli
l
m
Johann Busaeus
war ein Kölner Buchhändler und Verleger und durch Heirat der Witwe des 1653
verstorbenen Gerwin Gymnich, dem Sohn Johann Gymnichs (IV.), auch Buchdrucker. In den 1560er Jahren legte er die sich seit mehreren Generationen in
der Familie Gymnich befindliche, aber nur noch mit einer Presse ausgestattete
Druckerei still und beschäftigte nur noch Lohndrucker. 200 Titel, in der Mehrzahl
theologische Schriften, sind von ihm bekannt. Unter den von ihm verlegten Autoren findet sich auch der neulateinische deutsche Dichter Jakob Balde. Busaeus
starb 1669. Seine schon aus Gymnichs Zeiten her sehr reiche Witwe heiratete
1672 Hermann Demen, ebenfalls Buchhändler in Köln. Der zog in das 1599 von
den Gymnichs erworbene Haus »Zum Einhorn« und führte neben dem eigenen
auch das Geschäft seiner Frau weiter, bis ein Busaeus-Sohn wieder selbst die
Leitung übernehmen konnte.
Das Bücherzeichen zeigt in einem rechteckigen Format links und rechts je ein
Füllhorn mit daraus überquellenden Früchten aller Art. Dazwischen in einem Oval
eine Taube als Symbol des Heiligen Geistes. Oberhalb der Taube ist eine Muschel
eingezeichnet; Johannes der Täufer wurde in vielen Darstellungen mit einer
Muschel wiedergegeben und insofern ist dieses Bücherzeichen ein auf den Namen
bezogenes »redendes« Signet. Die Devise lautet: »sPIRAT UBI VULT.«
Claude Chevallon
(Claudij Cheuallon) war seit 1511 in Paris als Verleger, Buchhändler, Drucker und
Buchbinder tätig. Er war Nachfolger des deutschen Druckers Berthold Rembolt,
da er 1520 dessen Witwe Charlotte Guillard geheiratet hatte. Seine Officin war in
der rue St. Jacques unter dem Zeichen »soleil d’or«, wo schon Rembolt seine
Werkstatt betrieben hatte. Sein erstes Verlagswerk war wohl eine Ausgabe der
»Legenda Francisci«, gedruckt von Jean Barbier. Mit Francois Regnault gab er
eine Ausgabe eines Breviers für die Abtei Sarum bei London heraus. Er starb
58jährig im Jahr 1537. Sein Nachfolger in der Officin war seine Witwe. Seine
Tochter Gillette heiratete um 1542 den Drucker Pierre Regnault d.J.
Das Bücherzeichen aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts zeigt einen Wappenschild mit zwei Pferden und einem Weinstock mit Weintrauben. Die Sonne zwischen den beiden Hauptästen gibt einen Hinweis auf den Ort seiner Officin, das
Haus »soleil d’or« bzw. »sub sole aureo« in der rue St. Jacques, in der auch
andere Druckherren ihre Werkstätten betrieben. Die Pferde im Druckerzeichen
sind eine Anspielung auf seinen Namen. Auf dem Wappenschild ist ein dreigeteilter
»Reichsapfel«, in dessen unterer Hälfte die Initialen des Druckers zu lesen sind.
Oberhalb des »Reichsapfels« eine Buchhandels-»4«, dem schon im 13./14. Jahrhundert in England verbreiteten Markenzeichen eines Händlers. Das Druckerzeichen ist Handelsmarke einer Werkstatt. Der Name im Wappen ist in einer
eigenen Schrift geschrieben und dokumentiert den Übergang von der gotischen
Schrift zur Antiqua.
Matern Cholin
stammt aus Flandern und begann um 1547 seine Tätigkeit als Buchhändler und
Verleger in Köln und betrieb seit 1557 zudem eine eigene Druckerei. 1562 bis
1586 war er als Mitglied der Gürtlerzunft im Kölner Rat und außerdem seit 1574
Ratsdrucker; 1585 wurde er Mitglied der Achatius-Bruderschaft. Seine Officin hatte
er im Hause »Zum goldenen Halsbande« in der Straße »Unter Fetten Hennen«.
Cholin hatte intensive Beziehungen zur Kölner Jesuitenniederlassung und unterstützte durch seine Tätigkeit den katholischen Standpunkt. Durch die Vermittlung
des Jesuiten Petrus Canisius erhielt er 1560 von Kaiser Ferdinand I. ein Privileg
auf zehn Jahre, um seine Verlagserzeugnisse gegen Nachdruck zu schützen;
daneben besaß er ein weiteres Privileg für den Katechismus des Canisius’, dessen Erstausgabe er veröffentlichte. Die Produktion von Cholin umfaßte mehr als
350 Bücher; er galt als einer der bedeutendsten Kölner Verleger des 16. Jahrhunderts. Neben Predigtschriften, liturgischen Büchern und Streitschriften gegen
die reformatorische Bewegung gab er 1584 die Werke von Kardinal Stanislaus
Hosius heraus. Cholin starb 1588 in Köln. Sein Sohn Goswin, eines von neun
Kindern, übernahm die Werkstatt, die nach dessen Tod auf Peter Cholin überging. 1664 verlegte Johannes Arnold Cholin, der Urenkel von Matern, die Officin
nach Frankfurt am Main und später nach Bamberg.
Das Bücherzeichen zeigt eine sich in den Schwanz beißende mit Eichen und
Lorbeerzweigen umwundene Schlange. Eine aus den Wolken kommende Hand
hält die Schlange – ein Symbol für die Ewigkeit. Um diese herum befindet sich ein
Früchtekranz, in dem sich Ähren, Äpfel, Birnen und Weintrauben befinden und
der mit Ringen an der Schlange fest verbunden ist. Die Devise lautet: »BENEDICES
CORONÆ ANNI BENIGNITATIS TUÆ (Psalm 46)«.
Jean Crespin
(Crispinus) wurde als Sohn eines Anwalts um 1520 in Arras (im heutigen Departement Pas-de-Calais) geboren. 1541 schließt er sein Studium in Leuven als lic.
iur. utr. ab. In den Jahren 1541 bis 1542 ist er als Sekretär des Rechtsgelehrten
Charles Dumoulin in Paris tätig und tritt hier zum evangelischen Glauben über. Er
wird deshalb 1545 wegen Ketzerei verurteilt und flüchtet 1548 nach Genf, wo er
eine Druckerei gründet. Das Handwerk erlernt er bei Conrad Bade. 1550 bis 1572
druckt er für den französischsprachigen Raum rund 250 Schriften religiösen Inhalts. Crespin verfaßt außerdem ein Martyrologium und ein Handbuch zum Zivilrecht. Er starb 1572 in Genf. Bei Jean Crespin arbeitet ab 1551 der aus Nîmes
stammende und als Anhänger der Reformation verfolgte Claude Baduel als
Castigator. Nach Crespins Tod geht die Werkstatt an seinen Schwiegersohn
Eustache Vignon über.
Samuel Crespin war ein Drucker und Verleger, der in den Jahren 1599 bis 1620
in Genf eine Officin unterhielt. Er wird auch mit Geschäften in Lyon (1601 bis um
1616) und in Saint-Servais (1602 bis um 1607) genannt. In seinen Genfer Drukken nannte er als Druckort »Colonia Allobrogum« bzw. »Cologny«, was verschiedentlich zu der Vermutung geführt hat, er hätte auch in Köln gearbeitet, doch ist
diese Angabe die lateinische Bezeichnung für Genf. Als Verleger soll er nur von
1614 bis 1618 tätig gewesen sein. Er starb 1648 und soll bis zu seinem Tod aktiv
gewesen sein.
Das Bücherzeichen von Samuel Crespin (1619 in Hieronimus Zanchius »Opera
theologica«) zeigt in einem Oval einen Landmann, der auf einem Feld Getreide
sät. Er trägt ein Schultertuch (mit der linken Hand offen haltend) und verstreut mit
der linken Hand den Getreidesamen. Klar erkennbar sind die Furchen im Feld.
Jean Crespin
Im Hintergrund ist rechts ein Haus, links auf einem Berg eine Burg zu erkennen.
Es ist eines der wenigen zweifarbigen, rot und schwarz, Druckermarken jener
Zeit. Im linken rot gedruckten Bildteil sitzt ein nach außen blickender Mann inmitten
von Früchten, auf der rechten Seite eine junge Frau. Die insgesamt vier rotfarbigen
Teile ergänzen den Schwarzteil und sind wahrscheinlich aus dem vollständigen
Holzschnitt ausgeschnitten worden. Oberhalb des Sämann ein Spruchband mit
der Devise; dahinter eine strahlende Sonne (mit angedeutetem Gesicht). Samuel
Crespin verwendete 1619 die Devise »SON ART EN DIEU«.
Henry Denham
war ab 1560 Buchdrucker in London und Mitglied der Stationers’ company. Seine
erste Officin befand sich in einem von ihm erworbenen Haus ab 1564 in der White
Cross Street in Cripplegate, das vorher dem Drucker Richard Harrison gehört
hatte. Schon ein Jahr später errichtete er in der Paternoster Row im Hause »The
Star« eine neue Officin; diesen Namen übertrug er auf seine dritte Wirkungsstätte in der Aldersgate Street. Er war einer der Lehrlinge von Richard Tottell und
wurde freigesprochen und freeman der Stationers’ im August 1560. 1574 erwarb
er mehrere Druckprivilegien von William Seres für die Herstellung eines Gebetbuches für Kinder und alle Bücher in Latein und Englisch für private (nichtöffentliche) Gebete. Außerdem übernahm er Druckmaterial von William Seres. Denham
besaß eine große Anzahl von Typen, darunter eine Textura mit klaren Konturen,
und einen großen Vorrat an Initialen (einige von Anton Sylvius in Antwerpen geschnitten), Ornamenten und Randleisten. 1582 druckte er mit vielen Holzschnitten »Monument of Matrones«, eine Sammlung privater Gebete. 1583 wurde er
mit Ralph Newbery zum Testamentsvollstrecker von Henry Bynneman berufen.
Im »Eliot’s Court Printing House« gründete er in Old Bailey eine Gesellschaft
mehrerer Drucker, darunter Ninian Newton, Arnold Hatfield und Edmund Bollifant,
die vorher als Lehrlinge bei ihm tätig waren. Er war wohl auch Vormund des später
als Drucker tätigen Christopher Barker. 1583 besaß er vier Druckpresse. 1586/87
und 1588/89 war er Junior Warden der Company of Stationers’. Im Jahr 1589
beendete er seine Tätigkeit.
Das Bücherzeichen zeigt oben das königliche Wappen, gegenüber (unten) ist
der Wappenschild der Stationers Company. Das königliche Wappen wird gehalten
von einem Löwen und einem geflügeltem Hund. Links und rechts oben sind am
Rand zwei Frauen mit Füllhörnern abgebildet. Darunter befindet sich links ein
ovales Monogramm-Schild mit der Druckermarke von Henry Denham. Unten werden Frauen mit landwirtschaftlichen Gerätschaften gezeigt.
Ludwig Dietz
aus Speyer war in den Jahren 1505 bis 1515 der zweite Drucker in Rostock; er
druckte für Hermann Barckhusen, ab 1509 dann auf eigene Rechnung. Dann
zog er nach Lübeck. Von ihm wurde die erste niederdeutsche Bibel von Luther in
Lübeck 1533–1534 hergestellt. Auf Bitten des dänischen Königs Christian III. ging
Dietz nach Kopenhagen und fertigte dort 1550 die erste dänischsprachige Bibel.
Seine meisten Werke gab Dietz in der niederdeutschen Sprache heraus. 1558
wurde er in Rostock zum Universitätsdrucker ernannt, wo er auch mehr und mehr
Werke in lateinischer Sprache druckte. Seine Witwe, er starb 1559, heiratete den
Drucker Stephan Möllemann (Myliander).
Das Bücherzeichen (Lübeck 1522 in »Cursus de Domina secundum ecclesiam
Hamburgensem«) ist eine Nachahmung des Druckerzeichens von Berthold
Rembolt in Paris. Es zeigt einen Wappenschild mit dem »Reichsapfel«, der von
zwei Löwen gehalten wird. Umrankt wird der Schild von Weinreben mit zehn Trauben. Das eigentliche Wappen von Dietz ist der dreigeteilte »Reichsapfel« mit den
Initialen des Druckers, aus dem ein Pfeil mit einer Spitze emporwächst; darüber
befindet sich ein Kreuz für Christus.
Thomas East
war ein Londoner Drucker in den Jahren 1567 bis zu seinem Tod 1609. Seine
Witwe übertrug im selben Jahr sein Bücherzeichen auf Thomas Snodham, der
möglicherweise vorher bei ihm Lehrling war. Snodham starb im Herbst 1625, seine
Witwe druckte noch einige Monate weiter. Sein Druckmaterial wurde von George
Wood und William Lee gekauft. Wood seinerseits verkaufte 1629 (oder erst 1634)
seine Officin an Thomas Harper.
Das Bücherzeichen (1595 und 1600 in »The first Book of Ballets to Five Voice«
von Thomas Morley) zeigt eine Heugabel, eine Sense und eine Harke. Die Devise
ist ein Zitat von Publius Ovidius Naso und lautet: »SED ADHUC MEA MESSIS IN HERBA
EST.«
Samuel Emmel
war in den Jahren 1551 bis 1571 in Straßburg als Drucker tätig. Er heiratete eine
Tochter des Druckers Wendelin Rihel, die verwitwete Sarah Esslinger. Sein erster
Druck war eine
deutsche Übersetzung über den Feldbau von Kaiser Konstantin. 1556 stellte er
ein »Vita Fl. Josephi«, 1558 (das damals schon gesungene und heute noch aktuelle Klagelied) »Von Schulen. Auss was vrsachen dieselben hin vnnd wider in
Stetten vnnd Flecken so jämmerlich zerfallen« des Johannes Friedrich Coellestinus
und 1559 einen »Catechismus« her. Er besaß das Haus Nr. 7 in der Barbaragasse, das er aber 1571 verkaufen mußte, da er in Konkurs gegangen war; es
wurde wahrscheinlich von Theodosius Rihel übernommen. Emmel ging daraufhin nach Köln, wo er ab 1573 in der Officin von Felix Röschlin arbeitete und unter
eigenem Namen einen Druck herausbrachte. Emmel druckte gelegentlich mit
Josias Rihel und 1569 auch einmal mit Theobold Dietrich.
Das Bücherzeichen zeigt in einem mit Früchten, darunter auch Weintrauben,
geschmückten Renaissancerahmen einen sog. wilden Mann mit Pfeil und Bogen.
Über ihm ist im Rahmen eine Fratze zu sehen. Am unteren Rand des Rahmens
ist die eigentliche Druckermarke angebracht. Auf einer Art Schild befindet sich
das Monogramm »SE« nebst einem »A«, dem Hinweis auf Straßburg (Argentipolis,
Argentina).
Giovanni Battista Faelli
war in den Jahren 1526 bis 1543 Buchdrucker und -händler in Bologna und betrieb 1539 außerdem eine Buchhandlung in Lucca. Bereits sein Vater Rinaldo wie
auch seine Brüder Benedetto und Riccardo waren als Drucker tätig. Er arbeitete
sowohl allein wie auch mit seinem Bruder Benedetto zusammen. Seine Officin
befand sich in Bologna in der via delle Scuole (Schulstraße). Er druckte, wie
damals üblich, unter verschiedenen Namen: Ioannes Baptista Hectoris de Phaellis,
Ioannes Baptista de Phaellis calcographus Bonon., Ioannes Baptista Phaellus
und Giovanbattista di Phaelli.
Das Bücherzeichen in dem 1543 gedruckten Werk »Dichiarzione fatta sopra la
seconda partedelle rime Divina Vittorio Colonna Marchesana di Pescara da Rinaldo
Corso« zeigt eine Lilie mit drei Blüten und eine Weizenähre. Beide Pflanzen
kreuzen sich. Die Devise lautet: »Qvoniam tacvi inveteravervnt ossa mea.« Ein
anderes Bücherzeichen von Faelli, schon von seinem Vater verwendet, war der
»Reichapfel« mit einem Kreuz mit zwei Querbalken. Der dreigeteilte Kreis zeigt
ein »B« in einem Dreieck.
Andreas Geßner d.J. und Hans Jakob Geßner
(Andreae Gesneri) und Hans Jakob Geßner (Iacobus Gessnerus, Jacobo Geszner,
Gesnerus) waren Söhne eines Züricher Krämers. Ursprünglich war auch Andreas Geßner ein Krämer. 1536 wurde er Bürger und zugleich Mitglied der Safranzunft. Ende 1551 schloß er sich mit Rudolf Wyssenbach (1551–1553/57) zu einer
Gemeinschaft zusammen; von Wyssenbach kaufte Geßner die Werkstatt im Haus
an der Frankengasse. 1553 druckte er allein (»Andream Geßnerum«), insgesamt
etwa 25 Werke, darunter einen »Catechismus Brevis«. 1554 nahm sein Bruder
Hans Jakob eine Tätigkeit in der Druckerei auf. Ihr erster gemeinsamer Druck
(»Tigvri per Andream Geßnerum F. et Iacobum Geßnerum fratres«) war wohl ein
Neues Testament in einer Erasmus-Übersetzung. Ein weiteres Druckwerk war
»Kunstliche und aigentliche bildnussen der Rhömischen Keysseren« von Jacopo
Strada (man wollte ja schließlich wissen, wie die Herren Kaiser aussahen). Gemeinsam stellten sie auch einige Werke ihres Vetters Konrad Geßner her (z.B.
1555 »Chirurgia«), insgesamt etwa 40 Drucke. Andreas Geßner starb 1559.
Hans Jakob wurde 1554 Mitglied der Safranzunft und führte nach dem Tode
seines Bruders die Officin allein weiter; bei ihm arbeitete 1560 sein Neffe Tobias
Geßner (der auch ein Jahr allein druckte). 1566 wurde die Firma aus finanziellen
Gründen aufgelöst; das letzte Werk war die Schrift von Wyssenburg in einer Neuauflage »Contrafacturen«. Hans Jakob Geßner war von da an nur noch Buchhändler und Krämer. Er starb nach 1573. Sein Sohn Jonas wurde Drucker (1607
bis 1610) mit einem Teil des väterlichen Betriebes, den er aufgekauft hatte, und
sein Sohn Josias (1578–?) Verleger und Buchhändler.
Andreas Geßner d.J. und Hans Jakob Geßner
Das Bücherzeichen zeigt das Motiv einschließlich des Wappenschilds mit der
eigentlichen Druckermarke in einem Rollwerkrahmen. Links und rechts oben sind
in den Ecken Tauben (als Symbol des Heiligen Geistes), nach außen blickend,
abgebildet. In der Mitte, oben und unten, sind Fratzen eingezeichnet. Die Seiten
sind mit Obst und anderen Früchten ausgeschmückt, unten handelt es sich um
Weintrauben. Zwischendurch sind auch noch Blüten zugegeben.
Paolo Gherardo
war 1543 bis 1560 Verleger und Buchhändler in Venedig. Er ließ bei zahlreichen
Buchdruckern in Venedig seine Werke herstellen. Unter den von ihm verlegten
Drucken war 1557 auch das Decamerone (»Il Decamerone con le richezze
dell’Alunno«) von Giovanni Boccaccio, in dem das Bücherzeichen verwendet
wurde. Zu den von ihm auch verlegten Autoren gehören Dante, Petrarca, Bembo,
Sannazaro und Ariost. Gherardo verlegte seine Bücher auch unter den Namen
Paulo Girardo, Paolo Gerardo, Paulus Girardus, Paulo Gherardo, Paulus Gerardus
und Paulus Gherardus.
Das Bücherzeichen zeigt in einem Oval, um das die Devise läuft, eine Ackerszene mit mehreren Symbolen und Attributen. Unter einem Sternenhimmel mit
aufgehendem Mond ist eine weite Ackerbaulandschaft zu sehen. Ein Pferd, Pegasus, zieht einen Pflug, der von Merkur mit der typischen geflügelten Kopfbedeckung geführt wird. Auf dem Pflug ist der als Caduceus (griech. Kerykeion)
bezeichnete goldene Merkurstab mit den beiden Schlangen gesteckt. Hinter
Merkur mit Pegasus und Pflug steht ein Baum, an dem Zaumzeug hängt – ein
Hinweis auf die Göttin Nemesis, deren Attribut u.a. das Zaumzeug ist. Der Pflug
wurde früher als phallisches Symbol gedeutet und wird wohl im Kontext mit den
anderen Bildteilen hier auch so gemeint sein. Im Vordergrund steht links auf einem
Bein ein Storch, der nach dem Volksglauben die Seelen der Verstorbenen aufnimmt (obwohl er in der Bibel zu den »unreinen« Tieren gezählt wird); der Storch
gilt als Schlangenfresser als Feind des Bösen und als Symbol des Guten. An
einem abgebrochenen Ast an einem Baumstumpf vor ihm hängt als Symbol der
Dreieinigkeit ein Winkelmaß, an dem ein Lot über einer Sanduhr pendelt. Die
Sanduhr gehört zu den Memento-mori-Symbolen (Gedenke des Todes) und verweist auf die Vergänglichkeit und auf den Tod als Mahnung vor Sinneslust, Eitelkeiten und Putzsucht der Frauen. Dem Storch gegenüber steht ein Hund als
Symbol der Treue und der Wachsamkeit. Die Devise in einem doppelten Rahmen lautet: »NOCTE AGIT AD NORMAM SULCOS INCURVUS ARATOR.«
Hans van Ghetelen
stammte wahrscheinlich aus einer Lübecker Kaufmannsfamilie und war der Verleger des Mohnkopfverlags. Ghetelen nennt sich selbst 1488 durch ein Akrostichon in den Schlußversen eines Mohnkopfdrucks. Er war seit 1480 nachweislich
in Lübeck ansässig. Er war höchstwahrscheinlich Hauptinhaber des Verlagsunternehmens, in dem verschiedene Lübecker Drucker tätig waren und das zahlreiche, meist niederdeutsche Drucke herstellte. Der Forschung zufolge besteht
auch die Möglichkeit, daß »G« der Verfasser bzw. Bearbeiter eines Großteils seiner Verlagswerke, darunter »Spygel der Leyden« (1496) und das »Narrenschyp«
(1497), war. Von 1487 bis 1493 sollen die Werke des Verlags von Matthaeus
Brandis, von 1495 bis 1520 von Stephan Arndes gedruckt worden sein. In den
Jahren 1497 bis 1499 wurden die Mohnkopfdrucke in einer weiteren Werkstatt
hergestellt. Ghetelen gehörte zu den reicheren Bürgern Lübecks und mußte jährlich über eine Mark Vermögenssteuer entrichten; er war auch Besitzer eines Hauses. Er starb nach 1524.
Das Bücherzeichen zeigt drei Mohnkapseln, die in fast allen Bücherzeichen des
Mohnkopfverlages als Marke gezeigt werden.
Richard Grafton
Der Lebensmittelhändler Richard Grafton gründete im Jahr 1538 in London eine
Buchdruckerei. Er und Edward Whitchurch, ein Kurzwarenhändler und Mitglied
der Haberdashers company, brachten von einem Aufenthalt in Paris Pressen und
Drucker mit nach London, da sie beabsichtigten, in England eine (erste) Ausgabe
der »Great Bible« zu drucken. Whitchurch druckte eine Zeitlang gemeinsam mit
Grafton, der seine Presse im Benediktiner-Kloster aufstellen konnte. 1541 erhielten
sie ein Privileg für das Drucken religiöser Bücher; im selben Jahr wurde ihnen
zusätzlich ein Privileg für den Druck von Fibeln in lateinischer und englischer
Sprache gewährt. Doch im selben Jahr wurde Grafton auch angeklagt wegen des
Drucks der Schriften von Melanchthon und des Drucks von Balladen. Im April
1543 wurde er mit sieben anderen Druckern, unter ihnen Whitchurch, ins Gefängnis geworfen wegen des Drucks von »ungesetzlichen« Büchern. In Graftons
Fall erfolgte die Verurteilung wegen des Drucks der »Great Bible« im Jahr 1539.
Er verbrachte sechs Wochen im Gefängnis und wurde unter Androhung einer
Geldstrafe von 300 Pfund verurteilt, solche Bücher zukünftig weder zu verkaufen
noch weitere englischsprachige Bibeln zu drucken, es sei denn, der König und
die Geistlichkeit stimmten der Übersetzung zu. Nach dem Thronantritt Edwards
VI. 1547 wurde Grafton zum königlichen Drucker ernannt und erhielt damit das
Privileg, alle Gesetze und staatlichen Veröffentlichungen zu drucken. Er behielt
dieses Privileg jedoch nur 6 Jahre. 1553 druckte er – etwas voreilig – eine Proklamation zum Thronantritt Lady Jane Greys, einer Großnichte von Edward VI., zur
Königin von England und Schottland (was sie nur neun Tage blieb) und in der er
sich als »Drucker der Königin« bezeichnete. Er wurde deshalb unmittelbar nach
dem Amtsantritt von Mary Tudor ins Gefängnis geworfen. John Cawood wurde
nun Drucker der Königin, und Graftons Karriere als Drucker endete. 1553 druckte
unter seiner Adresse und mit seinem Bücherzeichen Robert Caly, der eine katho-
Richard Grafton
lische Bibel herstellte. Im Gefängnis schrieb Grafton eine »Kurzfassung der Geschichte Englands« (1563), die er 1568 mit einer allgemeinen Geschichte ergänzte. Um 1560 hatte er einen Unfall, bei dem er sich beide Beine brach und
deshalb für den Rest seines Lebens behindert war. Grafton war auch bei der
Gründung und dem Betrieb eines der ersten Londoner Krankenhäuser, des
»Christ’s Hospital« der Karmeliter, beteiligt. Er starb 1572 oder 1573; seine Tochter Joan hatte den Drucker Richard Tottyll geheiratet, der eine Officin in der später wohlbekannten Londoner Fleet Street betrieb.
Das Druckerzeichen von Grafton bildet ein Wortspiel mit seinem Namen, denn es
zeigt ein Weinfaß, mit einem »G« gekennzeichnet, aus dem ein Propfreis wächst
(graft bedeutet Pfropfreis). Auf dem Schriftband ist der Spruch »FRUCTIBUS EORUM
COGNOSCETIS EOS«. Das Druckerzeichen wurde von Tottyll weiter verwendet.
Richard Harrison
Der Buchhändler Richard Harrison (Harryson, Harison) druckte in London nur in
den beiden Jahren 1561 und 1562 und stellte nur etwa ein halbes Dutzend Bücher
her. Seine Officin befand sich in der White Crosse Street in Cripplegate. Sein
erstes Werk war 1562 »The Bible in Englyshe, that is to say, the contentes of all
the holy Scriptures«, das Neue Testament. Er druckte zwei Ausgaben, doch die
zweite ohne Genehmigung, so daß er dafür mit einer Geldbuße bestraft wurde.
»The Institution of Christian Religion« von Calvin wurde von ihm im selben Jahr
fertiggestellt. 1562 wurde er zum Warden gewählt. Kurz bevor er Anfang 1563
starb, vollendete er in lateinischer Sprache »De Neutralibus et Mediis«. Die Erlaubnis, »The Dyxcionary of Mr. Tho. Elyott, and Mr. Cowper« zu drucken, ging
auf seinen Nachfolger, seinen Sohn John, über. John Harrison war seit 1556
Mitglied der Stationers’, obwohl er nicht auf der Liste des Star Chamber decree
aufgeführt wurde. Er bekam 1564 den Status eines liveryman und war dreimal
Warden (1573: Junior Renter Warden) und dreimal sogar Master; 1574 war er
Mitglied des Court der Stationers’. Seine Officin befand sich unter dem Zeichen
»White Greyhound« in St. Paul’s Churchyard und in der Paternoster Row unter
dem Schild des Greyhounds. John Harrison starb 1617.
Das Bücherzeichen zeigt in einem rechteckigen Format einen Hasen, eine
Getreidegarbe und eine Sonne. Mit diesen drei Elementen schafft Harrison ein
Bilderrätsel: Der Hase heißt im Englischen »hare«, »rye« ist der Roggen und die
Sonne ist »sun«. Unter diesem Rebus sind noch ein Frauenkopf und links und
rechts davon zwei nach außen blickende Fratzen.
William und Isaac Jaggard
Die Brüder William und Isaac Jaggard betrieben in London eine Offizin und wurden als Drucker der Werke Shakespeares berühmt. 1623 druckte Isaac Jaggard
unter Mitwirkung von Edward Blount, Jacob Smethwicke und William Aspley den
ersten Band der Werke Shakespeares. In der Offizin Jaggards wurde auch eine
erste Gesamtausgabe gedruckt, herausgegeben von J. Heminge und H. Condell.
Die Titelseite zeigte das Porträt des Dichters von Droeshout. Isaac und William
Jaggard benutzten für dieses umfangreiche Druckwerk eine Antiqua-Type in unterschiedlichen Größen. Für den Text, in zwei Spalten gedruckt, ist die Antiqua
mit einer Kursiven vermischt worden.
Das Bücherzeichen (1609 in »Troia Britannica«) zeigt in der Mitte eines mit Früchten, mehreren Wappenschilde und Fabelwesen versehenes Randes eine aus
den Wolken kommende Hand, die von einer sich zu einem Kreis formenden
Schlange umwunden ist. In dem Schlangenkreis mit dem Kopf, ein Symbol für
Anfang und Ende und für die Ewigkeit, steht das Wort »PRUDENTIA«, ein Hinweis
auf die personifizierte Weisheit. Die Hand umgreift eine Rolle und zwei Zweige.
Links im Rand befindet sich in einem Oval mit einer Devise (»POST TENEBRAS LUX«)
das Wappen von Genf, rechts das eigentliche Druckerzeichen, gleichfalls mit einer
Devise (»BE THANKFULL TO GOD«). Das Zeichen besteht aus einem Monogramm aus
den Buchstaben PWGL und einem Buchhandelszeichen. Links und rechts unten,
neben dem Zeichen der Stationers Company, sind diverse Früchte und ganz außen
Papageien vor Zelten. Oberhalb der beiden seitlichen Ovale sind gleichfalls Früchte
(an einem Band), die von zwei Fabelwesen mit Schwanz gehalten werden. Dazwischen eine Putte.
Johann Knoblouch
(Johannem, Knobeloch) – sein Vater wird als Johann Cist genannt Knoblouch in
seinem Heimatdorf Zofingen aufgeführt – wird erstmals 1486 erwähnt. Verheiratet war er mit Katharina Dammerer, der Witwe des Buchdruckers Martin Flach
d.Ä. und in zweiter Ehe mit Magdalena Vogler. 1501 erhält Knoblouch das Straßburger Bürgerrecht (»Johans Knobeloch v. Zofingen der trucker«). In den Jahren
1497 bis 1528 war er hauptsächlich in Straßburg als Buchdrucker und Verleger in
der Officin »Zur Turteltaube« tätig. Um 1500 stellte er in Sursee mit einer mobilen
Presse Niklaus Schradins Chronik des Schwabenkriegs mit 42 Holzschnitten
(1516) her und damit die erste Schweizer Chronik überhaupt, 1506 druckte er
wieder in Straßburg den Passionstext des Elsässer Humanisten Matthias Ringmann mit Holzschnittillustrationen von Urs Graf d.Ä. und Hans Wechtlin, von der
bis 1510 sechs weitere Auflagen erschienen. 1513 gab er die Gesamtausgabe
der Werke von Poggio Bracciolini (z.T. mit Illustrationen von Graf) heraus. Insgesamt druckte Knoblouch weit über 300 Werke. Er starb um 1528.
Cist oder Ziest kommt aus dem westslawischen Sprachraum und verweist auf ein
Verwaschkraut.
Das erste Bücherzeichen ist ein auf den Namen bezogenes »redendes« Signet,
denn für den Kranz wählte der Drucker Knoblauchzehen. Das Zeichen (1521)
zeigt die personifizierte Wahrheit (Veritas), unbekleidet (denn die Wahrheit ist
unverhüllt) aus einer Felsspalte zum Licht emporsteigend. Knoblouch setzt dem
Bücherzeichen in manchen Ausgaben hinzu: »VERUM QUUM LATEBRIS DELITUIT DIU
EMERGIT.«
Johann Knoblouch
Das zweite Bücherzeichen ist ebenfalls ein auf den Namen bezogenes »redendes« Signet. Es zeigt als Schildhalterin eine Bürgerin in Straßburger Tracht, die
dem anderen Schildhalter, einem sog. wilden Mann, gegenübersteht. Zwischen
ihnen steht der Wappenschild mit der Druckermarke. Es sind drei gekreuzte
Knoblauchpflanzen zu sehen, dazwischen die Initialen »I« und »K«.
Das letzte Bücherzeichen verwendete Knoblouch erstmals im Jahr 1507 für »De
religione christiana« des Marselius Ficinus. Es zeigt einen Bären und einen Löwen,
die in ihrer Mitte einen Wappenschild mit dem Druckerzeichen der gekreuzten
Knoblauchpflanzen und den Initialen halten. Dahinter
steht ein blätterloser Baum mit sternförmigen Blüten.
Es scheint Winter und Nacht zu sein. Graphisch sehr
geschickt hat Knoblouch im vorderen Bildteil einen Stein
(?) plaziert.
k
l
Wilhelm Lützenkirchen
Der Buchhändler Wilhelm Lützenkirchen betrieb in den Jahren 1588 bis 1610 in
Köln eine Officin in der Mariagartengasse, wo er mit seinem Bruder Johannes
auch Miteigentümer zweier Häuser war. Er war Mitglied der Goldschmiedegaffel,
der Zunftorganisation für die Buchdrucker. Von ihm stammen zahlreiche geographische und historische Werke und Erbauungsbücher. Ab 1593 erschienen bei
ihm die »Meßrelationen« des Konrad Löw, dann ab 1597 die von Jacob Friedlieb,
die noch bis 1607 hergestellt wurden. Lützenkirchen starb nach 1634.
In einem von Säulen flankierten Oval wird Europa von Zeus als Stier entführt.
Links und rechts oben sind an dem Queroval eine Birne (links) und ein Apfel als
Symbole der Fruchtbarkeit und der Unsterblichkeit angebracht.
Pedro Patrizio Mey
war in den Jahren 1581 bis 1621 Drucker in Valencia. Er stammte aus einer Familie, die aus Flandern nach Spanien eingewandert war und deren erster Buchdrucker sich in Spanien Juan de Mey nannte. Juan besaß eine Officin in Alcalá
und später in Valencia, wo er mit Juan Baldovini in der früheren Werkstatt des
Juan Brocar, zwischenzeitlich im Besitz des Alonso Mendes de Robles, zusammenarbeitete. Juan de Mey starb 1557, seine Witwe druckte noch bis 1568. Ein
gemeinsamer Sohn, Felipe, druckte u.a. in Taragona von 1579 bis in die 1590er
Jahre. Pedro Patrizio Mey war wohl ein jüngerer Bruder. Weitere Drucker aus der
Familie waren Aurelio Mey (druckte in Valencia) und Francisco Felipe Mey, der
nach 1613 in Segorbe arbeitete.
In einem doppelten ovalen Rahmen, in dem die Devise gedruckt ist, befindet sich
ein Ochse, zwischen den Hörnern ein Stern. Der Ochse steht auf vier Säulen, die
ihrerseits auf einem Berg stehen. Links und rechts sind zwei Füllhörner mit diversen Früchten, darunter Getreideähren und Weintrauben. Über dem Ochsen hängen aus Wolken weitere Früchte heraus. Mit den Säulen können die vier kaiserlichen Tugenden (Gerechtigkeit, Tapferkeit, Milde und Frömmigkeit) gemeint sein,
mit dem Ochsen der Kretische Stier oder das Sinnbild des geduldigen Dienens;
aber auch an das Symbol für Manneskraft kann gedacht werden. Unten steht das
Wort »potencia«, was aber wohl eher »Patiencia«, die symbolisierte Geduld, meint.
Der Text auf den Säulen ist nicht identifizierbar. Die Devise lautet: »HIS AD COELUM
EXTOLIOR.«
Niccolò Misserini
war ein venezianischer Drucker, der in den Jahren 1590 bis 1600 als Mitglied
einer Druckgesellschaft die Officin leitete. Der Schwerpunkt dieser Werkstatt lag
auf dem Druck liturgischer Bücher, insbesondere Meßbücher. Ihr erstes Werk
war »La historia romoaldina, ouero eremitica dell’Ordine camaldolese, di Monte
Corona, del reuer« von Luca Hispano. Das letzte Buch dieser Gesellschaft war
wohl Ariostos »Orlando furioso. Con gli argomenti in ottaua rima di Lodouico Dolce,
et con le allegorie a ciascun canto«. Nach Auflösung dieser Gesellschaft arbeitete
Misserini mindestens bis 1630 allein weiter.
Das Bücherzeichen (verwendet von dieser Druckgesellschaft) zeigt einen Weinstock mit Trauben. Die Devise lautet: »VINEA MEA ELECTA EGO TE PLANTAVI.«
Andrew Myllar und Walterus Chapman
(Androv Myllar) betrieb mit Walterus Chapman gemeinsam eine Druckerei in Edinburg. Myllar war in der schottischen Hauptstadt ursprünglich als Buchhändler tätig,
was für die Jahre 1503 und 1507 nachweisbar ist. Ein erster Druckauftrag für
Schottland stammt aus dem Jahr 1505: das Wörterbuch »Multum Vocabularium«,
gedruckt in Rouen. Es wird angenommen, daß Myllar die Buchdruckerkunst auch
in Frankreich lernte, denn 1505 und 1506 druckte er in Rouen zwei Bücher von
Jordanus Nemorarius (mit seinem Druckerzeichen), so daß er als der erste schottische Drucker anzusehen ist. 1506 wurde von Myllar außerdem in Rouen das
»Expositio Sequentiarium« gedruckt. 1507/1508 erhalten Chapman und Myllar
durch den schottischen König James IV. die Erlaubnis, Bücher, Druckmaschinen
und Schriften und alle für eine Druckerei benötigten Materialien zu importieren
und in Edinburg eine Werkstatt einzurichten: »To furnis and bring hame ane prent
with al stuf belangand tharto and expert men to use the samyne.« Sie erhalten
zugleich das Privileg, Parlamentsentscheidungen, Gesetze, Chroniken und tragbare Meßbücher zu drucken: »For imprenting within our realme of the bukis of
our lawis, actis of parliament, croniclis, mess bukis and portuus efter the use of
our realme, with additiouns and legendis of Scottis sanctis ... and al utheris bukis.«
Bis zur Einrichtung dieser Druckerei wurden Bücher für Schottland aus England
und Frankreich importiert. Seine Druckerei richtete Myllar in den Räumen eines
verlassenen Klosters der Benediktiner in Southgait (heute Cowgate) bei Edinburg ein. 1509 wird das Druckprivileg vom Staatsrat, dem »privy council«, bestätigt,
da auch andere Edinburger begannen, Bücher zu importieren, ohne daß eine
Erlaubnis vorlag. Chapman besaß die besondere Unterstützung des Erzbischofs
von Aberdeen, Elphinstone. Von den beiden Officingründern gilt Andrew Myllar
als der »Praktiker«. Das erste Buch der Edinburger Werkstatt war 1508 »The
Maying on Disport of Chaucer«. Es folgten sieben weitere Bücher poetischen
Andrew Myllar und Walterus Chapman
Inhalts. Ein Brevier für Aberdeen ist im kleinen Oktavformat, zweispaltig in Rot
und Schwarz gedruckt. Myllar verwendete drei verschiedene Typen einer gotischen Schrift, die in Größe und Schnitt den Schriften des Wynkyn de Worde
ähneln. Der Verbleib der Officin ist unbekannt; sein Nachfolger in Edinburg, John
Scot, kam aus Aberdeen mit einer eigenen Druckereinrichtung.
Das Bücherzeichen zeigt eine Mühle. Ein Mann steigt die Leiter mit einem Sack
hinauf oder hinab. In den beiden oberen Ecken sind – wohl als Erinnerung an
seine französische Zeit – zwei Wappenschilde mit Lilien untergebracht. Vor der
Mühle befindet sich ein weiterer Schild mit der Tartsche auf der rechten Seite mit
der eigentlichen Buchdruckermarke Myllars mit dem Monogramm »MA« und dem
allgemeinen Buchhandelszeichen mit der querliegenden 4. Neben dem unteren
Schild drei Pflanzen mit Blüten. Bei der linken Pflanze könnte es sich um Raps
handeln, zumal das Schild von Myllar an einem Band aufgehängt ist, das einer
Schote ähnelt. Die Gewinnung von Leinöl erfolgt mit den Mitteln der Ölmüllerei
und besteht hauptsächlich im Zerkleinern der Samen zwischen Mühlsteinen und
Auspressen des so erhaltenen Pulvers in Säcken.
Familie Nicolini
Die Familie Nicolini stammte ursprünglich aus dem Ort Sabbio Chiese in
der Nähe von Brescia. Giovanni Antonio war der erste Drucker der Familie, die ab 1521 bis mindestens 1605 als Buchhändler, Verleger und Drukker in Venedig tätig waren und ihrem Familiennamen den Herkunftsort
anhängten. Ihr Geschäft befand sich zeitweilig im Bezirk San Giuliano. In
der Mitte der 1580er Jahre war ihre Buchhandlung unter dem Zeichen
der Viktoria (all’insegna della Vittoria). Sie arbeiteten mit allen großen
Druckern und Verlegern Venedigs und Roms wie den Torresanos, den
Sessas, den Giuntas und den Scotos.
Das erste Bücherzeichen (ein Ausschnitt aus der Titelseite »Martyrologium secundum morem Romane Curie, cum Calendario nouiter impresso«) zeigt einen
Wappenschild mit einem Kohlkopf; links und rechts davon steht abgekürzt der
Name des Druckers »IO. ANTO. ET FRATELLI«, Giovanni Antonio und Brüder. Darunter
ein Hinweis auf den Herkunftsort der Familie: »BRASICA«. Links vom Wappenschild
ist ein Bild des heiligen Stephanus (S. STEPHANVS) und rechts ein Bild des heiligen
Marinus (S. MARIANYS ARC).
Das zweite Bücherzeichen zeigt ebenfalls einen Kohlkopf, bei dem die Blätter
deutlich erkennbar sind. Um den Stamm wickelt sich ein Drache. Auf einem Band
steht der Name des Druckers: »IO. ANT. F[RA]TRES DE SABIO«, am Fuß des Kohlkopfes ist wieder der Ortshinweis »BRASICA«.
Familie Nicolini
Das dritte Bücherzeichen zeigt in einem rechteckigen Rahmen wieder einen Kohlkopf auf einem Wappenschild, dessen Spitze mit einer Lilie verziert ist. Um den
Schild herum eine sich nach oben windende Schlange.
Das vierte Bücherzeichen ist zweigeteilt: In der oberen Hälfte wird die Geburt
Jesus (in einem offenen Stall sind Maria, Josef und das Kind in einer zwischen
ihnen stehenden Krippe zu sehen). Dazu ein Ochs und ein Esel. Im Hintergrund
ein Ort – Bethlehem. In der unteren Hälfte des Bücherzeichens stehen zwei Engel,
zwischen ihnen an Bändern gehalten ein Schild mit dem Kohlkopf. Am Fuß ist zu
lesen »IO. ANT. P. ET FR. BR.«, was wohl zu lesen ist
als Hinweis auf Giovanni Antonio, Pietro (Nicolini
da Sabbio) und weitere Brüder und dem Ort
Brescia.
l
m
Johannes Otmar
war ein Wanderdrucker, der in Reutlingen zahlreiche lateinische Schulbücher
herstellte. Sein erster Reutlinger Druck sind die »Formulæ epistolarum« von C.
Mennicken. Er druckte insbesondere theologische und homilitische Schriften und
Schulbücher. Er arbeitete mit Michael Greyff zusammen für den Verleger Konrad
Schlafer. Ab 1495 war Otmar in Reutlingen nur noch als Verleger und Buchhändler tätig. 1497 zog er nach Tübingen, um dort die erste Officin zu eröffnen. Sein
erstes Druckwerk erschien ein Jahr später. In Tübingen druckte er insbesondere
die Schriften der Universitätsprofessoren. Bis 1502 erschienen einige Schriften,
u.a. für den Verleger und Buchhändler Friedrich Meynberger. In Augsburg, wohin
er 1502 ging, druckte er gemeinsam mit seinem Druckergesellen Erhard Oeglin,
den er aus Reutlingen mitgenommen hatte; seine Officin befand sich beim St.Ursula-Kloster am Lech (»apud cenobium S. Ursulæ cis Licum«). Von ihm stammt
die dreizehnte vorlutherische deutschsprachige Bibel (1507) und das »Taschenbüchlein. Aus einem Kloster in dem Rieß«. Insgesamt hat er wohl rund 40 Drucke
in Augsburg hergestellt. Otmar war Magister artium liberalium und so qualifiziert,
daß er sein eigener Castigator war und Korrekturen selber durchführen konnte.
Er starb um 1514; sein Sohn Silvan Otmar übernahm die Officin, die er bis 1539
fortführte.
Das Bücherzeichen (Reutlingen 1491 in Ebrardus »Modus latinitatis«) zeigt den
Gründer der Abtei von St. Gallen, den heiligen Otmar, in der üblichen Darstellung
mit Nimbus und einem Weinfaß. Dieser Otmar war Helfer bei Kinderkrankheiten
und (u.a.) Patron der Schwangeren und der Verleumdeten und deshalb (bis wir
auf Johannes kamen) auch der Schutzheilige der Buchdrucker. Der Buchdrucker
Otmar zeigt den Abt mit einem Bischofsstab, obwohl dieser »nur« Abt war und
sogar in der Verbannung sterben mußte; Abt Otmar leitete bereits mit etwa zwanzig
Johannes Otmar
Jahren die Einsiedelei, die sich um das Grab von Gallus angesiedelt hatte. Das
von ihm gehaltene Faß verweist auf das sog. Weinwunder des Abtes hin, nach
welchem das Faß nie leer wurde, obwohl er Pilgern und Wallfahrern daraus stets
zu trinken gab. Der Hahn auf dem Faß ist im Mittelalter ein Zeichen des Fleißes
und auch der Weisheit; in diesem Zusammenhang wurde er in den Fibeln für
Schulkinder dargestellt, und er ist ein Sinnbild der Manneskraft wegen seiner
steten Paarungsbereitschaft. Neben dem Heiligen das Monogramm des Druckers
»IO« und ein »R« für Reutlingen.
Peter Perna
stammt aus Lucca in Italien und war seit 1542 in Basel. 1543 ist er an der Universität eingeschrieben. Ein Jahr später erwirbt er die Officin von Thomas Platter.
1557 wurde Perna Bürger von Basel und trat im selben Jahr in die Safranzunft
ein. Mit Heinrich Petri begann er 1559, Schriften des aus Como stammenden
Zeithistorikers Paolo Giovi nachzudrucken. Im selben Jahr gab er auch die Schriften eines des bedeutendsten Philosophen der griechischen Kaiserzeit und Begründers des Neuplatonismus Plotin in der Übersetzung des führenden Neuplatonikers der Renaissance Marsilius Ficinus neu heraus. Perna hatte seine Offizin in der Johannesvorstadt. 1570 brachte er mit Theobald Dietrich eine Polyglotte heraus. Insgesamt hat er wohl über 200 Drucke hergestellt. Perna setzte
sich sehr für die Verbindung zu italienischen Kunden ein, obwohl alle Basler
Drucker und alle Bücher »ex officio« auf dem Index standen. In seiner Officin
wurden viele Schriften italienischer Glaubensflüchtlinge gedruckt, aber auch kirchenrechtlich unverfängliche Werke. Er starb 1582; seine Officin führte Konrad
von Waldkirch fort, der die Tochter Laura geheiratet hatte. Der Verlag besteht
noch heute und verwendet ein schon von Perna genutztes Markenzeichen.
Das Bücherzeichen zeigt eine Eule auf einer Amphore sitzend, aus der Oliven
kullern. Im Hintergrund ist eine bergige Landschaft zu sehen. Links und rechts
oben stehen zwei Putten in der Art von Atlanten. In den unteren Ecken befinden
sich Früchte.
Friedrich Peypus
Arthemisius, wie sich Friedrich Peypus latinisiert nannte, stammt aus Forchheim
in Oberfranken 1512 heiratete er in Nürnberg die Tochter Martha des Ulrich Pinder, der eine Privatdruckerei betrieb. Anfänglich arbeitete Peypus im Haus seines
Schwiegervaters. Als Mitgift erhielt er »zwo gegossen schrift zu einer press für
sibenzig gulden und gedruckte püecher für dreissig gulden angeslagen und darzu
fünfzig rheinisch gulden«. Nach 1515 druckte er unter der Adresse »prope capellam
diuæ virginis« am Marktplatz; später zog er um »zum Weintraub am Fischbach«.
»Unter dem von Plaben« unterhielt er eine Buchhandlung. 1518 druckte er
Christian Scheuerls »Epostolas ad Charitatem« auf eigene Rechnung. Im übrigen
war Peypus vielfach Auftragdrucker für Anton Koberger, Leonhard und Lucas
Alantse, Georg Glockendon und Leonhard zu der Aich. Zu seinen Drucken gehörten auch Veröffentlichungen des Reichstags, der Stadt und reformatorische
Schriften. Er starb 1534; seine Erben druckten noch bis 1537.
Das auf den Namen bezogene »redende« Bücherzeichen zeigt auf einem Wappenschild in einem rechteckigen doppelrandigen Rahmen eine blühende Beifußstaude. Die Gewürzpflanze erwächst aus einer Kugel, die wiederum in der Mitte
von zwei Hügeln liegt und so ein Herz ergibt. Kugel und Hügel ergeben einen
Dreiberg, den Peypus auch bei anderen Signets zeigt. Der Dreiberg verweist auf die Dreieinigkeit, ist aber in Bücherzeichen anderer Drucker auch
ein Verweis auf den Breisgau. Die Initialen des Druckers stehen oberhalb
des Schilds, dessen obere Ecken nach innen gebogen sind.
Das zweite Bücherzeichen aus einem Titelblatt zeigt den Wappenschild
von Peypus mit dem Porree, gehalten von zwei Putten.
Pietro Paolo Porro,
latinisiert Petruspaulus de Porris, war wie sein Bruder Galeazza ein ausgebildeter
Goldschmied. Beide arbeiteten in der Münze des Herzogs von Savoyen. Pietro
Paolo war außerdem Holzschneider. 1512 gründeten sie in Turin eine Druckereiwerkstatt; bis 1515 arbeitete er mit seinem Bruder, 1516 allein in Genua und
dann wieder in Turin (bis 1532). Er stellte für den Turiner Verleger und Buchhändler Giovanni Dossena 1524 etliche Werke her. Porro war der erste italienische
Drucker, der 1516 arabische Typen in dem »Psalterium Hebraeum, Graecum,
Arabicum, & Chaldaeum cum tribus Latinis interpretationibus & glossis« für den
genuesischen Bischof Agostino verwendete. Galeazza Porro starb um 1515; Pietro
Paolo Ende 1531. Die Officin wurde von den Erben weiterbetrieben.
Das erste Bücherzeichen zeigt auf einem herzförmigen Schild eine Porreepflanze;
es ist damit ein auf den Namen des Druckers bezogenes »redendes« Signet. Die
Devise auf einem Band lautet »VIRESCIT«.
Pietro Paolo Porro
Das zweite Bücherzeichen zeigt eine Porreepflanze mit sechs Blättern und einer
Blüte. Mit der Staude ist ein Herz wie mit einem Knoten verbunden, in dem sich
die Initialen des Druckers befinden.
Das dritte Bücherzeichen zeigt die Porreepflanze oberhalb eines Herzens, das
sich durch die Initialen »PP« schlingt.
k
l
Berthold Rembolt
aus Oberehnheim bei Straßburg immatrikulierte sich 1483 in Tübingen und wurde
dort 1487 zum Magister artium promoviert. 1493 ging er nach Paris und trat in die
Officin »Au soleil d’or« in der rue St. Jacques von Ulrich Gering ein. Ihr erster
Druck, 1494, war »De sermone domini in monte« des heiligen Augustinus. Gedruckt wurden in lateinischer Sprache theologische Werke, Missale, Breviere,
aber auch die Klassiker und Bücher der Humanisten sowie einige juristische Schriften. Gedruckt wurden auch die Klassiker wie z.B. Werke von Vergil. Ausschließlich die Gebetbücher waren in französischer Sprache gedruckt. Fast sämtliche
Drucke dieser Officin sind selbständige Werke auf eigene Rechnung. In den liturgischen Werken und beim Notendruck wird zweifarbig, schwarz und rot, gedruckt.
Die Holzschnitte entsprechen dem Stand der Kunst. Die Initialen in Metallschnitt
nach Pariser Art übertreffen die Drucke seiner Zeitgenossen. Die beiden Drucker
besaßen zahlreiche gotische Typen (für den Druck liturgischer Werke) und eine
griechische Schrift in Minuskeln. Ab 1505 druckte Rembolt gelegentlich für andere Verleger, z.B. das »Missale Sacrum« für Simon de Vostre. Berthold Rembolt
starb nicht vor 1519; seine Witwe Charlotte Guillard führte die Officin weiter.
Das erste Druckerzeichen (1494 in Guillermus »Sermones super orationem
dominicam«) ist von Berthold Rembolt und ist ein auf den Ort der Officin bezogenes »redendes« Signet: Rembolt druckte mit Ulrich Gering im Haus »au soleil
d’or« in der rue St. Jacques; deshalb halten die Knappen eine Sonne. Unter der
Sonne befindet sich ein Blütenstrauch: Darunter der Name »Berchtoldvs R.« in
Antiquaschrift – die Schrift der Humanisten. Im Hintergrund befinden sich Weinstöcke (Montmartre war ein stadtnaher Weinberg). Bei den kleinen Pflanzen zwischen den beiden Männern kann es sich um dreiblättrigen Klee als Hinweis auf
die Dreifaltigkeit handeln.
Berthold Rembolt
Auch die Witwe Berthold Rembolts verwendet ein »redendes« Bücherzeichen.
Es zeigt zwei stehende Löwen, die einen Wappenschild mit der eigentlichen
Druckermarke Rembolts halten. Der Schild hängt in einem Baum, der Weintrauben trägt; auch Weinblätter sind zu sehen. Auf dem Schild befindet sich ein dreigeteilter »Reichsapfel«, aus dem ein Kreuz mit einer querliegenden »4«, dem
Buchhandelszeichen, hervorragt.
Werner Richwin
Zusammen mit oder für Johannes Birckmann aus der berühmten Kölner Verlegerfamilie druckte Werner Richwin (Wernerus, Richwinus, Wernerum Richwinum,
Werneru[m] Richvuinu[m]) in einer Kölner Druckwerkstatt in den Jahren 1561 bis
1565. Sein erstes Werk erschien 1561: »Institutiones absolutissimae in linguam
Graecam«; sein letztes Werk war wohl »De imitatione Christi«. Ihm allein oder in
Gemeinschaft Mit anderen werden nur etwa 40 Drucke zugeordnet, darunter zwei
Ausgaben der »Imitatio Christi« des Thomas von Kempen. Von ihm wurde als
erstes Werk eine Schrift von Jean Taisner (»Opus Mathematicum octo libros complectens ... Omnibus Metheseos, Chiromantiæ, Philosophiæ & Medicinæ studiosis
utiles ac necesarii ...«) mit mehr als 600 Seiten in Folio hergestellt. Seine Officin
befand sich »sub intersignio Falconis«, im Haus »zum Falken«.
Das Bücherzeichen zeigt in einem Oval einen Weinstock auf einer Grasfläche mit
vier Reben. Um den Stock windet sich eine Schlange. Die umlaufende Devise
lautet: »LATET ANGIUS IN HERBA.«
Wendelin Rihel d.Ä.
Möglicherweise war Wendelin Rihel d.Ä. (Wendel, Wendelinus, Ryel, Rihelius,
Richel, Reihel, Riel) der Sohn des Basler Druckers Bernhard Rihel; 1535 beginnt
er in Straßburg seine Tätigkeit mit einem Nachdruck der Wittenberger Ausgabe
von Luthers Bibelübersetzung. Bereits zehn Jahre vorher war er Straßburger
Bürger geworden; ab 1531 besaß er eine Buchhandlung. 1536 wird er von den
Straßburger Druckern Johann Schott und Johann Albrecht wegen des Raubdrucks
eines deutsch-lateinischen Wörterbuchs verklagt. In seiner Druckermarke zeigt
er ab 1537 stets die Nemesis. Bis zu seinem Tode, Ende März 1555, hat er etwa
50 zumeist reformatorische oder humanistische Werke verlegt, darunter solche
von Martin Bucer, Johannes Sturm, Johann Calvin, Johannes Sleidan u.a. Den
größten Erfolg hatte des letzteren (protestantisches) Geschichtsbuch »de statu
religionis et republica, Carolo quinto Caesare, commentarii«, welches im Jahre
1555 sogar in vier Auflagen erschien. Mehrmals druckte er das »Dictionarum
Latinogermanicum« von Petrus Dasypodius. In Rihels Officin wurde auch die elsässische Polizeiordnung von 1552 gedruckt. Rihel gehörte zu den namhaftesten Buchdruckern und Buchhändlern seiner Zeit und beschäftigte eigene Formschneider (wie Bartholomäus Grüninger und Jacob Cammerlander) zur Illustration der Verlagswerke. Insgesamt stellte er wohl um die 400 Bücher her. Eines
seiner letzten Werke war ein Kochbuch (»Teütsche Speiszkammer« des Botanikers und lutherischen Predigers Hieronymus Bock. Wendelin Rihel starb 1555.
Die Officin wird zunächst eine Zeit lang unter den Namen Wendelin Rihels Erben
(»officina haeredum Vuendelini Rihelij«) von den Söhnen Theodosius und Josias
fortgeführt. Ihm gehörte auch eine Papiermühle. Von seinen Kindern wurde Josias
d.Ä., Theodosius, Wendelin d.J. und Hieronymus ebenfalls Drucker; die Tochter
Sarah heiratete den Drucker Samuel Emmel.
Wendelin Rihel d.Ä.
Das erste Bücherzeichen zeigt die Göttin der Vergeltung Nemesis (Rhamnusia
Nemesis, dea magna), die ein Winkelmaß in der linken und Zaumzeug für ein
Reitpferd in der rechten Hand hält. Unter ihr befindet sich das eigentliche Druckerzeichen – ein Kreuz, dessen Querbalken eine »4« und ein weiteres Kreuz ergibt.
Dazu kommt die Initiale »R«. Außerhalb des Ovals mit der Frauengestalt sind
links eine männliche Halbfigur (wegen der Weintrauben möglicherweise Bacchus)
und rechts eine weibliche (Flora?) zu erkennen. Oberhalb des Ovals – in der
Mitte – ist ein Spatenblatt (Fränkische Form) angebracht. Am Rand sind unten in
den Ecken Weingirlanden angebracht.
Das zweite Bücherzeichen von Wendelin Rihel zeigt wieder die Göttin Nemesis.
Sie steht auf einem Podest, vor dem sich ein Wappenschild befindet. Auf diesem
Schild ist ein Spatenblatt abgebildet.
Tommaso Ruffinelli
war der Sohn des Druckers Giacomo Ruffinelli und arbeitete mit diesem in den
Jahren 1594 bis 1595 in Mantua in einer gemeinsamen Officin. Schon der Großvater Venturino war Drucker, der mit Giovanni Padovani in Venedig 1534 bis 1545
eine Officin betrieb. Mit dem Druckhaus des Francesco Osannas gab es größere
Auseinandersetzungen um die vom Herzog gewährten Druckprivilegien. Tommaso
war der Vater (oder Onkel) des Giovanni Angelo Ruffinelli, der von 1578 bis 1588
in Venedig (mit Aldo Manuzio) und von 1576 bis zu seinem Tod 1628 in Rom (u.a.
mit Giulio Burchione) als Verleger und Buchhändler tätig war. In Rom betrieb er
eine gemeinsame Gesellschaft mit Ioannulfus Pamphilus und mit Angelo Manni.
Verheiratet war er seit 1582 mit Francesca, der Witwe des Buchhändlers
Alessandro Auricola aus Parione. Sein Geschäft befand sich an der Piazza di
Pasquino.
Das Bücherzeichen aus dem Jahr 1578 zeigt drei zu einem »Strauß« zusammengebundene Artischocken. Wie in vielen Bücherzeichen verweist die Anzahl
auf die Dreifaltigkeit. Es ist, soweit ersichtlich, das einzige Druckersignet, das
diese Pflanze zeigt. Die übliche Marke der Ruffinellis zeigt die Göttin Fortuna
oder die personifizierte Tugend.
Orazio Salviani
aus Città di Castello bei Rom war in den Jahren 1565 bis 1594 Verleger, Buchdrucker und Buchhändler in Neapel. Im Jahr 1569 hielt er sich in Venedig und
1593 in Vico Equense auf. Er arbeitete sowohl allein wie auch mit den Brüdern
Cesare Cesari. Während einer der vielen Kriege jener Zeit ließ er bei Raymond
Amato und Giovanni De Boy in Venedig drucken. Auch mit Felice Stiglioli arbeitete
er Mitte der 1590er Jahre zusammen. Er starb um 1594. Seine Werkstatt wurde
von Giovanni Giacomo Carlino und Antonio Pace übernommen, die schon vorher
bei ihm gearbeitet hatten.
Das Bücherzeichen zeigt in einem ovalen Rollwerkrahmen einen Granatapfelbaum mit Wurzeln, Blättern und Früchten. Die Devise auf dem Band lautet: »IN
DIES MAIORA.«
Martin Schott
war der Sohn des Straßburger Bildhauers und Holzschnitzers Friedrich Schott. Er
heiratete die jüngste Tochter des Straßburger Erstdruckers Johannes Mentelins
und, als dieser starb, erbte er als Nacherbe (von seinem Schwager Adolf Rusch,
der die Tochter Salome geheiratet hatte) dessen Haus und Officin in der Dornengasse. Doch schon vorher betrieb er eine eigene Werkstatt. Sein erstes datiertes
Buch, »Plenari nach Ordnung der christlichen Kirche«, stammt aus dem Jahr
1481, sein letztes Buch war 1499 »Agatharchia« des Humanisten Wimpheling.
Außer lateinischen und theologischen Schulbüchern druckte er ein Missal für
Breslau und mehrere Schriften von Jacob Wimpheling. Zu seinen Drucken gehörten auch eine Geschichte Trojas und etliche mit Holzschnittbildern ausgestattete
Volksbücher. Für einen der Frühdrucker besaß er verhältnismäßig viele Schriften:
zwei gotische Texttypen, mehrere Auszeichnungsschriften und zahlreiche Initialen. Schott druckte weniger als 50 Werke, die wenigsten in deutscher Sprache. Er
starb 1499.
Johannes Schott (Scotus, Johannem, Joannem, Scottus, Schottus, Ioannem
Scotum, Schottorum) war der Sohn des Martin und dessen Ehefrau, wurde in
Freiburg geboren und 1492 in Heidelberg und 1497 in Basel immatrikuliert. Nach
dem Tode seines Vaters übernahm er 1499 dessen Officin in der Dornengasse
(in dem schon sein Großvater Johannes Mentelin gedruckt hatte). 1502 ging Schott
nach Freiburg (Druck der »Margarita philosophica«) und nach Basel. 1506 ist er
wieder in Straßburg zurück, wo er möglicherweise erst als Geselle für Johannes
Knoblouch tätig war. 1509 begann er in einer eigenen Officin »Zum Baumgarten«
(»in Thomæ loco pomerio«) zu drucken. Nach dem Tod von Johannes Beck (1522)
verlegte er seine Werkstatt in das Haus »Zum Tiergarten«. Schott druckte für
andere Officine und Verleger wie Johannes Knoblouch, Paul Goetz und die Brüder
Martin Schott
Alantse in Wien. Er selbst druckte auf eigene Rechnung Schriften von Ulrich von
Hutten, Martin Luther und Otto Brunfels. Schott starb 1548; seine Witwe heiratete
den Drucker Georg Grüninger.
Das erste Bücherzeichen zeigt einen als Kohlkopf interpretierten Baum mit sichtbaren Wurzeln. Daneben stehen die Initialen des Druckers »MS« (1498 in Jakob
Wimpfeling »Philippica«). Das daneben abgebildete Bücherzeichen weist die Initialen »IS« für Johannes Schott auf.
Ein etwas anderes Bücherzeichen verwendet der Humanist Peter Schott in seinem in Straßburg erschienenen »Petrus Schottus Lucubraciunenlæ ornatissimæ«.
Das Werk wurde von seinem Vetter Martin Schott in Straßburg gedruckt und zeigt
das bei Schott übliche Grundmuster. Hier ist der Kohlkopf zu einem echten Baum
gewandelt; daneben die Initialen des Autoren.
Das letzte Bücherzeichen (»Passionis Christi unum ex quattuor evangelistis
textum«) ist wohl ein Verlagszeichen eines Schotts, denn das Buch wurde von
Knoblouch gedruckt. Es zeigt einen gebogenen Schild. Auf diesem Schild könnte
ein modifizierter Kohlkopf abgebildet sein.
Engelhard Schultis
(Chultis) nennt sich in dem einzigen erhalten gebliebenen Impressum (»Sermones
hortuli conscientiae« des Petrus de Orbellis) »natione almanus«, d.h. er ist deutscher Nation. Angeblich war er verwandt mit dem Tischler Johann Schulteis, der
im Straßburger Prozeß Gutenbergs genannt wird. Er war von 1490 bis 1500
Drucker in Lyon. Er besaß nur zwei gotische Schriften und dazu zwei Auszeichnungstypen und einige verhältnismäßig schlichte Lombarden.
Das redende Bücherzeichen (Lyon 1491 in Petrus Dorbellus »Quadragesimale«)
zeigt einen Zweig mit drei Eicheln und die Initialen »ec« (Chultis statt Schultis) in
gotischer Schrifttype. Die nährstoffreichen Eicheln waren nicht nur in jenem Jahrhundert auch menschliche Nahrung und nicht nur für die Wildschweine. Es wird
angenommen, daß die Eicheln auf den Tischler Schulteis verwiesen. An Mainz
erinnert auch der Ast und – wenn man das Bücherzeichen um 180 Grad dreht –
sieht man eine starke Annäherung an den »Allianzschild« von Fust und Schoiffer.
Nicola Antonio Stigliola
wurde 1546 in Neapel geboren. Er war Arzt, Ingenieur, Mathematiker und Astronom. 1592 begann er in seinem Geburtsort, unter dem Namen »Stamperia dello
Stigliola« bzw. »Typographia Stelliolae« Bücher herzustellen; sein erstes Werk
erschien ein Jahr später. Seine Officin befand sich Ad Portam Regalem. Schon
drei Jahre später wurde er als Anhänger der heliozentrischen Lehre des Kopernikus wegen Ketzerei verhaftet und in Rom eingekerkert. 1597 er aus der Haft
entlassen, konnte er Stadtbaumeister von Neapel werden. Auch seinen astronomischen Studien durfte er wieder nachgehen. Während seiner Haft und danach
betrieben seine beiden Söhne Giovanni Domenico und Felice die Officin. Nicola
Antonio Stigliola starb 1623 in Neapel.
Sein Sohn Felice leitete die Druckerei in den Jahren 1595 bis 1600. Auch er
druckte, wie schon sein Vater, musikalische Werke. 1606 starb Felice; die Officin
wurde von Constantino Vitale fortgeführt, der schon in den Jahren 1599 bis 1603
als Faktor in der Werkstatt tätig war.
Das Bücherzeichen zeigt in einem Olivenkranz zwei sich reichende Hände. Darüber befindet sich auf einem Band die Devise »[SI]NE FRAUDE BONA FIDE.«
Al segno del Seminate
Unter dem Zeichen Al segno del Seminate (Ad signum Seminantis) bestanden in
den Jahren 1567 bis 1676 in Venedig eine Buchhandlung und ein Verlag; 1573
wurde mit dem Verleger Domenico Nicolini da Sabbio eine Partnerschaft gründete
und mehrere Werke sind gemeinsam mit Giorgio Angelieri herausgegeben worden.
Das Bücherzeichen ist ein auf den Namen der Buchhandlung bezogenes »redendes« Signet, denn »seminatore« bedeutet Sämann. Über dem Landmann links
eine Sonne, aus den Wolken blickt mit Heiligenschein Gott herab. In der Mitte
des Ovals ist oben ein Frauenkopf eingezeichnet. In den Ecken sind bärtige
Männerköpfe zu erkennen. Am oberen Rand des Bücherzeichens sind Grannen.
Die Devise lautet: »UT SEMENTEM FECERIS ITA METES.«
Georg Ulricher
(Georgium Vlricherum, Andlanus, Georgio Vlrichero Adlano) stammt aus Andlau
im Elsaß und wurde im Jahr 1525 Straßburger Bürger. Im Jahr 1529 erschien der
erste (»Condordantiae maiores sacrae scripturae« von Conradus von Halberstadt d.J.) seiner ungefähr 30 Drucke, die meisten in lateinischer Sprache. Er
druckte mehrere Werke von Martin Luther, auch eine Teilausgabe des »Neuen
Testaments«. Ulrichers Holzschnitte sind zumeist von Heinrich Vogtherr d.Ä., der
auch als Drucker in Straßburg arbeitete. Er starb vermutlich 1537. Seine Officin
übernahm Kraft Müller (Crato Mylius).
Im Bücherzeichen zeigt Ulricher die römische Gottheit des Überflusses, Abundatia (griechisch: Amalthea). Schon auf römischen Münzen wird sie dargestellt
als Frauenfigur, die mit einem Füllhorn Geld oder Früchte, in diesem Fall Äpfel,
Birnen, Kirschen, Pflaumen, ausstreut. Der Text »CORNU COPIÆ« verweist auf die
Abundantia und nicht auf Ceres, die sein Nachfolger Mylius im Bücherzeichen
verwendete.
Meinhard Ungut
kam 1491 mit Stanislaus Polonus nach Sevilla und druckte mit diesem gemeinsam bis 1499/1500 Bücher in spanischer und lateinischer Sprache. Ungut und
Polonus waren vielfach als Auftragsdrucker tätig, zum Beispiel auch für die
Druckergemeinschaft der »Companeros Alemanes« (mit deren eigener Druckermarke). Ungut ging 1496 für kurze Zeit nach Granada, wo er mit Johann Pegnitzer
eine Reihe Schriften für den Erzbischof druckte. In Granada stellten die beiden
auf eigene Rechnung die »Vita Christi« von Franciscus Jimenez her. Ungut ist
um 1499 gestorben. Polonus führte die Officin in Sevilla noch bis 1502 weiter und
zog dann nach Alcala de Henares. Die Bücher von Ungut und Polonus waren mit
guten Holzschnitten und Initialen verziert.
Nach dem Tod Unguts 1499 gab Stanislaus Polonus die »Coronacion« des Juan
de Mena heraus. In den Jahren 1502 und 1503 erschienen aber auch noch Werke
in seiner Werkstatt in Sevilla, wo er mit Jakob Cromberger zusammenarbeitete.
Nach 1504 sind keine Drucke mehr von ihm hergestellt worden, so daß er wohl
gestorben sein wird.
Das gemeinsame Signet (»M« für Meinhard und ein »S« für Stanislaus) stammt
aus »Processionarium ordinis praedicatorum«. In dem Buch wird erstmals in Spanien eine Musiknotenschrift verwendet. Das Druckerzeichen ist in Spanien das
erste mit einem solchen Muster. Es ist auch das erste Mal, daß Wappenschilde
als Druckermarke an einem Baum und nicht nur an einem Ast hängen. Wegen
der Symmetrie zeigt der rechte Wappenschild die Tartsche auf der falschen Seite.
Bernardino Vitali
war ein Drucker, der in Venedig vom Anfang des 16. Jahrhunderts bis 1539 und
zwischendurch in Rom (1507 bis 1522) und in Rimini 1521 eine Officin betrieb. Er
war vermutlich auch in Neapel tätig. In Venedig befand sich seine Werkstatt erst
an der Piazza San Marina und später im Stadtteil San Giuliano. Er arbeitete viele
Jahre mit seinem Bruder Matteo und in den Jahren 1502 bis 1517 mit Francesco
Consorti zusammen.
Das Bücherzeichen zeigt einen viergeteilten »Reichsapfel« (Kreis-Kreuz-Zeichen),
aus dem ein lateinisches Kreuz nach oben ragt. Links und rechts vom Kreuz sind
die Initialen des Druckers »B« und »V«. Um Kreuz und »Reichsapfel« herum
sind Weinblätter und ein paar stilisierte Weintrauben.
Johann Wilcke
(Johannes, Wilckius, Wilkius, Johannis Wilckii) stellte als Universitätsdrucker
(»Typis Johannis Wilckii, Acad. Typogr.«) in Wittenberg in den Jahren 1667 bis
1700 zahlreiche Werke her, darunter viele Dissertationen und andere Schriften
für die Universitätsangehörigen. Sein erster Druck war eine Schrift von Tobias
Lincke, sein letztes war Theodor Schneckers »Vino«.
Über einem mehrstufigen Barocksockel schweben in diesem Bücherzeichen
(1678) Arm und Hand Gottes, einen Weinstock mit sieben Reben haltend, damit
auf die heilige symbolische Zahl (3 plus 4, Gott und Welt vereint) verweisend. Der
Weinstock erinnert mit seinen Ranken an einen Caduceus. Darüber steht in einem
Band die Devise: »IVSTE ET SINCERE.«
John Windet
begann in London seine Druckertätigkeit im Jahr 1584. Seine Officin befand sich
im Haus unter dem Zeichen des weißen Bären. Sein Nachfolger war William Stansby, der bei ihm den Beruf gelernt und seine siebenjährige Ausbildung im Januar
1597 beendet hatte. Windets erstes Buch war wohl ein Druck für den Verleger
Maunsell (»The English Creed«) im Jahr 1585; im selben Jahr stellt er auch eine
englische Ausgabe der Werke des heiligen Augustinus her. Er war Mitglied der
Stationers Company. 1611 übernimmt Stansby von ihm die Druckrechte für mehrere Bücher, darunter die der juristischen Schrift »The Assize of Bread«. Damit
endet auch die Drucktätigkeit Windets, der wohl 1611 verstarb.
Das auf den Officinort bezogene »redende« Bücherzeichen zeigt in einem ovalen Renaissancerahmen eine Garbe. Davor liegt eine Bibel mit dem Text »Verbum Dei manet in aeternum« (1 Petrus 1, 25: Das Wort des Herrn bleibt in Ewigkeit). Neben der Garbe steht Hypnos, der personifizierte Schlaf, mit einer Sense.
Oberhalb dieser Szene ist das königliche Wappen angebracht, unten (gegenüber) ein weißer Bär. Im Rand sind Lorbeerkränze und diverse Baumfrüchte wie
Äpfel und Birnen. Am linken Ovalrand ist das Londoner Stadtwappen, rechts das
Wappen der Stationers abgebildet. Die um das Oval laufende Devise lautet: »NON
SOLO PANE VIVET HOMO: Luke 4« (Lukas 4, 4: Der Mensch lebt nicht von Brot allein).
Francesco Zanetti
Aus einer weitverzweigten Druckerfamilie stammt Francesco Zanetti, der in Venedig geboren wurde und nach der Ausbildung bei seinem Vater Bartolomeo Drucker
in Rom (1531–1591), zwischendurch wieder in Venedig (1563) und in schließlich
in Treviso (1599) tätig war. Ursprünglich arbeitete er in seiner Geburtsstadt und
zog dann mit seiner Werkstatt nach Rom. In den Jahren von 1576 bis 1589 arbeitete er mit Bartolomeo Tosi und 1587 mit Giacomo Ruffinelli zusammen. Zu seiner weitverzweigten Druckerfamilie gehörten neben seinem Vater Bartolomeo
(druckte in Camaldoli 1520, in Florenz 1514 bis 1524; in Rom und in Venedig
1535 bis 1548), Michele (in Venedig 1583–1584), Luigi (in Rom 1593–1600, der
die Tipografia della Congregazione dell’Oratorio leitete), Alessandro (in Rom 1592
bis 1600?), Antonio (in Rom 1592–1598), Bonifacio (in Venedig 1578), Cristoforo
(in Venedig um 1546 bis 1579), Bastiano (in Treviso 1600), Daniele (in Venedig
1576–1600) und Fabrizio (in Treviso 1599–1600). Die Werkstatt von Francesco
Zanetti in Rom befand sich gegenüber der Universität (La Sapienza) und an der
Piazza di Pietra. Er druckte auch unter den Namen Franciscus Zanettus,
Franciscus Zannetus, Franciscus Zannettus, Francesco Zannetti, Francesco
Zanetti, Francesco Zannetto und Phrankiskos Zanetos.
Das Bücherzeichen (1587), das Zanetti mit Ruffinelli in der gemeinsamen Officin
verwendete, zeigt die Girasole. Die Bezeichnung Girasole wurde für eine Sonnenblumenart, für die Topinambur (einer Vorläuferin der Kartoffel) und für die
Jerusalemer (daher der Name) Artischocke verwendet. Die Devise lautet: »A
CLARITATE IN CLARITATEM.«
Bernardo Zucchetta
(Bernardus dictus Zuchetta, Bernardus Zucchetta, Bernardo Zucchecta, Bernardo
Zucchetta de poveri) war Verleger und Drucker in Florenz, der in den Jahren
1505 bis 1536 eine Officin betrieb. Der Florentiner Verleger Bernardo Pacino ließ
bei Zucchetta drucken (z.B. 1505 »Lamento del duca Galeazzo duca di Milano
quando fu morto in Sancto Stephano da Gionandrea da Lampognano«). Auch
der Buchhändler und Verleger Francesco di Iacopo Cartolaio ließ bei ihm viele
seiner Drucke herstellen (z.B. 1515 »Triomphi di messer Francesco Petrarcha
poeta fiorentino«). Den (Aelius) Donatus druckte er zweimal (1515 und 1525).
Auch eine Geschichte Roms in italienischer Sprache (»Istoria di Virginia Romana«,
1525) wurde von ihm hergestellt.
Das Bücherzeichen zeigt in einem rechteckigen Rahmen mit doppeltem Rand
auf einem Schild einen Kürbis (im italienischen zucca); es handelt sich also um
ein auf den Namen bezogenes »redendes« Signet. Der Kürbis war wegen seiner
vielen Kerne und seines schnellen Wachstums ein Symbol für Fruchtbarkeit sowie ursprünglich die Verkörperung des sich ausbreitenden Christentums. In den
oberen Ecken befinden sich die Initialen des Druckers »B« und »Z«.