Erfahrungsbericht Erasmus Lyon_anonymisiert

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Erfahrungsbericht Erasmus Lyon_anonymisiert
Erfahrungsbericht Erasmus-Auslandsjahr
Universität: Institut d’Études Politiques Lyon (Sciences Po Lyon)
Studienfach: Kulturwissenschaften
1.
Gesamteindruck
2.
Entscheidungsprozess und Bewerbung
a.
Warum Lyon?
Ich habe mich für Lyon entschieden, da ich nur Positives über die Stadt gehört hatte. Paris hatte
ich bereits mehrere Male zuvor besucht und obwohl die Stadt sicherlich einen Besuch lohnt,
würde ich sie für das Studium nicht empfehlen. Lyon hat als zweitgrößte Stadt Frankreichs für
eine Berlinerin wie mich die perfekte Größe: Lyon ist einerseits groß genug, um ein wenig
Großstadt-Feeling zu haben und ist andererseits klein genug, um in den Straßen ab und zu
bekannte Gesichter zu sehen. In Lyon habe ich einen relativ milden Winter erlebt und mir
meinen ersten Sonnenbrand bereits Anfang April geholt.
Lyon ist vor allem für eines bekannt: die gute Küche. Lyon ist die Gourmethauptstadt
Frankreichs. Der berühmte Koch Paul Bocuse lernte sein Handwerk in Lyon. Die Lyoner Küche
könnt ihr in den Bouchons, den kleinen Restaurants, genießen.
b.
Warum das IEP?
Sobald man sich einmal für Lyon entschieden hat, hat man zwangsläufig auch das IEP gewählt,
da die Viadrina bisher keine weitere Partnerschaft mit einer anderen Hochschule geschlossen hat.
Über die Kurswahl erzähle ich später noch mehr. Vorab bleibt aber zu sagen: Wird man im IEP
nicht fündig in Sachen Kurse, kann man sich auch an der Universität Lyon 2 umschauen. Das
IEP gehört zu den sogenannten Grandes Écoles Frankreichs. Die Aufnahmeprüfungen sind sehr
schwierig (uns Erasmus-Studenten kann das natürlich egal sein). Hat man sein Studium am IEP,
in Frankreich eher Sciences Po genannt, absolviert, stehen einem im Grunde die meisten Türen
der Personaler in Frankreich offen.
3.
Vorbereitung
a. Krankenversicherung
Ich empfehle euch für euren Auslandsaufenthalt die Gruppenversicherung vom DAAD. Hier
sind eine Unfall-, Kranken- und Privathaftpflichtversicherung kombiniert und für eine günstige
Prämie von 54,50€ zu haben. Die Prämie sollte wenn möglich in einer Summe, mindestens aber
vierteljährlich überwiesen werden.
b. Internationale Geburtsurkunde
Wollt ihr in Frankreich das Wohngeld bei der CAF (Caisse d’allocations familiales; Näheres dazu
später) beantragen, müsst ihr früher oder später eine Geburtsurkunde vorlegen. Hierfür eignet
sich eine internationale Geburtsurkunde, die man bei den Berliner Standesämtern teilweise auch
online bestellen kann.
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c. Anreise
Ich bin mit der Bahn angereist. Eine Fahrt von Berlin nach Lyon kostet mit der Bahn-Card 50
etwa 100 Euro. Ich wollte mir einfach keine Sorgen um das Gewicht meines Gepäcks machen.
Es gibt allerdings auch relativ günstige Flüge mit Easyjet direkt nach Lyon. Die Lufthansa hat die
Direktflüge gestrichen, man muss einen Umstieg in Düsseldorf in Kauf nehmen.
4.
Unterkunft
a. Suche
Kommen wir zum leidigen Thema der Wohnungssuche in Frankreich. Ihr habt sicherlich bereits
einige Horrorgeschichten gehört. Ich kann euch sagen, dass die Wohnungssuche sich nicht
besonders einfach gestaltet. Wenn man einige Dinge beachtet, kann man jedoch eine schöne
Bleibe finden. Zuerst sollte man sich weder zu früh noch zu spät auf Wohnungssuche begeben.
Mein Auslandsjahr begann im September. Im Juli habe ich die ersten Anzeigen gesichtet. Im
August sind viele Franzosen im Urlaub. Wer es spannend machen möchte, kann natürlich auch
erst im September vor Ort etwas suchen, aber dann suchen viele andere auch verzweifelt eine
Unterkunft. Die klassischen Anlaufstellen sind:
Appartager.com: Hier werden sowohl Zimmer als auch Studios (Ein-Zimmer-Wohnungen)
und größere Wohnungen angeboten. Man kann sich einen kostenlosen Account anlegen. Leider
kann man in diesem Fall so gut wie keine Anbieter kontaktieren. Daher lohnt sich ein PremiumAccount, der günstigste kostet 58,90€ für drei Monate. Manchmal kann man seinen Account
noch weiterverkaufen auf Facebook oder kann sich den Account, so wie ich, mit seinen
zukünftigen Mitbewohnern teilen.
Leboncoin.fr: ist quasi das Ebay-Kleinanzeigen Frankreichs. Hier werden sehr viele Wohnungen
und Zimmer angeboten. Ich selbst habe meine Wohnung über Leboncoin weitervermieten
können.
Vivastreet.fr: Vivastreet ist eine weitere Kleinanzeigen-Seite, die etwas weniger bekannt ist als
Leboncoin. Versuchen kann man es hier trotzdem einmal.
Facebook: Auf Facebook gibt es zahlreiche Gruppen, in denen Wohnungen angeboten und
gesucht werden. Zunächst gibt es immer eine offizielle Erasmus-Gruppe für den jeweiligen
Jahrgang. Daneben gibt es viele andere Gruppen. Hier müsst ihr einfach mal nach den
Schlagworten „colocation“, „appartement“, „location“ suchen. In diesen Gruppen herrscht
natürlich ein enormer Andrang in Sachen Anzeigen. Vieles geht einfach in der Masse unter. Ich
habe zumindest meine Mitbewohnerin gefunden, indem ich ein Gesuch auf der offiziellen
Facebook-Seite des IEP gestartet habe. Hier bedarf es einfach ein wenig Geduld und Glück.
Agences immobilières: Zuletzt gibt es die Möglichkeit, eine Wohnung über eine der zahlreichen
Wohnungsagenturen zu suchen. Ich habe mit meiner Mitbewohnerin eine Wohnung bei einer der
agences gefunden. Die Suche gestaltete sich allerdings mehr als problematisch. Zunächst wurden
meine Eltern als garants (dazu später mehr) nicht akzeptiert, da sie im Ausland lebten. Zudem
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muss man die frais d’agence, quasi eine Provision, zahlen, die sich in der Regel auf eine NettoKaltmiete bezieht.
b. Allgemeines
Garant: Der garant ist euer Bürge und muss in den meisten Fällen ein für die Zahlung der Miete
ausreichendes Einkommen nachweisen können. In meinem Fall war die agence sehr nett und hat
eine Ausnahme gemacht, denn in der Regel werden Ausländer nicht als Bürgen akzeptiert.
Manchmal kann man auch Glück haben und braucht keinen garant.
Bail: Der bail ist der Mietvertrag. Den ganzen Trubel um die Wohnungssuche in Frankreich und
die hohen Ansprüche der Vermieter in Bezug auf ihre Mieter versteht man erst, wenn man sich
die Gesetzeslage in Frankreich genauer anschaut. Für eine unmöblierte Wohnung schließt man in
der Regel einen Drei-Jahres-Vertrag ab. Zudem darf der Vermieter seinen Mietern nicht in den
Wintermonaten (soweit ich weiß hier von Oktober bis März) kündigen. Schließt ihr einen Vertrag
für eine Wohngemeinschaft ab, müsst ihr meistens auch eine Solidaritätsklausel unterschreiben.
Hier müsst ihr höllisch aufpassen. Diese Klausel besagt zum einen, dass ihr oder eure garants
zahlen müsst, sollte euer/eure Mitbewohner/in nicht in der Lage sein, die Miete/Kaution zu
zahlen. Zum anderen hat diese Klausel auch Auswirkungen auf die Kündigung des
Mietverhältnisses. Entweder ziehen alle Mitbewohner aus oder keiner. Möchte nur einer der
Mitbewohner ausziehen, muss ein neuer Mietvertrag geschlossen werden und die restlichen
Bewohner müssen sich erneut auf die Wohnung bewerben. Wird kein neuer Mietvertrag
geschlossen, bleibt derjenige, der auszieht, offiziell im Mietvertrag als Mieter bestehen und kann
für das Verhalten des neuen Mitbewohners (z.B. ausbleibende Zahlungen) haftbar gemacht
werden.
c. Wohnviertel
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Die verschiedenen Arrondissements lassen sich sehr leicht an der Postleitzahl erkennen. Ich habe
beispielsweise im siebten gewohnt und hatte die Postleitzahl 69007. Für das sechste ist die PLZ
69006 usw.
1er Arrondissement: Das erste Arrondissement ist das kleinste und liegt auf der Presqu‘île, der
Halbinsel zwischen den beiden Flüssen Rhône und Saône (gespr. „Sône“). Zum ersten
Arrondissement gehören auch die Pentes de la Croix-Rousse, die Hänge des Viertels CroixRousse. Im ersten Arrondissement befinden sich unter anderem das Hôtel de Ville mit dem
großen Place des terreaux und die Opéra. In dem Viertel befinden sich viele Bars und Kneipen.
Die Mieten sind hier entsprechend hoch.
2ième Arrondissement: Das zweite Arrondissement erstreckt sich fast über die gesamte
Presqu’île. Hier findet ihr die Haupteinkaufsstraße Lyons, die Rue de la République, die am Place
Bellecour beginnt und sich bis zum Hôte de ville erstreckt. Hier ist immer unheimlich viel los, am
Wochenende sollten Misanthropen und Klaustrophobiker diese Straße meiden. In den
Nebenstraßen der Rue de la Rep (so könnt ihr bei den Einheimischen Eindruck schinden)
befinden sich sehr viele Cafés, Bars, Restaurants, Bouchons. Der Place Bellcour ist mit rotem
Kies/Sand aufgeschüttet und dient allen möglichen Veranstaltungen, Versammlungen,
Demonstrationen. Hier findet ihr auch das bureau de tourisme. Der Bahnhof Perrache, in dem
auch viele TGVs halten, versprüht mit seiner 70er-Jahre-Architektur leider nur wenig Charme.
Viele Einwohner regen sich über diese Baukonstruktion auf. Hier gibt es fast immer Staus und als
Fußgänger muss man den Bahnhof durchqueren, um zum Zipfel der Presqu’île zu gelangen.
Kurz vor besagtem Zipfel befindet sich das Viertel Confluence. Hier ist ein Desinger-Bau nach
dem anderen aus dem Boden geschossen. Die dortigen Einkaufspassagen sind sehr schick und
modern. Ein Tipp: Für nur 1,50€ kann man mit dem Vaporetto, einem kleinen Boot, vom Gare
St. Paul aus über Bellecour zur Confluence fahren.
3ième Arrondissement: Das dritte Arrondissement besitzt die meisten Einwohner. Hier
befindet sich der Hauptbahnhof, der Gare Part-Dieu. Am Gare Part-Dieu hält auch der RhôneExpress, der zwischen dem Hauptbahnhof und dem Flughafen Saint Exupéry pendelt. Für
Fahrer unter 25 Jahren kostet eine Tour 11€. Falls ihr ab und zu nach Deutschland reist, solltet
ihr für den Hinweg zum Flughafen ein wenig Zeit einplanen. Um zum Rhône-Express zu
gelangen, muss man den gesamten Bahnhof durchqueren, was am Freitagnachmittag eine wahre
Qual sein kann. Das Bahnhofsviertel ist sicherlich nicht das schönste Viertel Lyons, aber hier
wohnt man recht zentral. Gegenüber vom Part-Dieu befindet sich die große Bibliothèque
municipale, wo es sich mit kostenlosem W-Lan (Wifi auf Französisch) sehr gut lernen und
arbeiten lässt.
4ième Arrondissement: Das vierte Arrondissement befindet sich auf dem Colline (Hügel) de la
Croix-Rousse. Das Croix-Rousse ist ein sehr beliebtes Viertel. Die Häuser weisen einen rötlichen
Anstrich auf. Hier findet man Hipster und Bobos zu Hauf (Bourgeois-Bohème, d.h. linke,
betuchte, Bio-liebende Einwohner). Berliner werden sich an den Prenzlauer Berg erinnert fühlen,
bevor es dort so viele Kinder gab. Die Häuser sind zumeist sehr alt, das Wifi-Signal kommt
manchmal nicht hinter die dicken Mauern. Die Mieten steigen unentwegt. In den kleinen Straßen
findet man wirklich tolle Cafés, Bars, Bistrots.
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5ième Arrondissement: Man sagt, dass es in Lyon zwei Hügel gibt: Den der arbeitet, das heißt
la colline de la Croix-Rousse, wo früher die traditionelle Seiden-Verarbeitung stattfand, und den,
der betet. Dieser Hügel befindet sich im fünften Arrondissement. Auf dem Hügel findet man die
basilique Notre-Dame de Fourvière, zu der eine kleine funiculaire, eine Drahtseilbahn, hinauf
fährt. Zum fünften Arrondissement gehört außerdem das unheimlich beliebte Viertel Vieux
Lyon. Hier findet man wunderschöne alte Häuser, viele kleine Geschäfte, leckere boulangeries
(Bäckereien) und vor allem: MASSEN an Touristen.
6ième Arrondissement: Wer im sechsten Arrondissement wohnen möchte, muss auch das
nötige Kleingeld mitbringen. Vor allem das Viertel Brotteaux ist für seine betuchten Bewohner
bekannt. Die Häuser sind sehr schön. In diesem Arrondissement befindet sich auch der parc de
la Tête d’Or, der wunderschöne, große Park. Im Park gibt es einen See und einen kleinen Zoo.
Jogger und Pick-Nicker werden hier in Jubel ausbrechen.
7ième Arrondissement: Im siebten Arrondissement, genauer gesagt an der Guillotière, habe ich
gewohnt. Hier finden sich viele Nationalitäten. Es zieht immer mehr Studenten in das siebte
Arrondissement. Ihr müsst unbedingt einen Abstecher zu Bahadourian, einer großen, arabischen
Épicerie machen. Das IEP liegt auch im siebten Arrondissement, direkt an den Bahngleisen, die
nach Perrache führen.
8ième Arrondissement: Das achte Arrondissement liegt etwas außerhalb des Geschehens. Wer
hier eine günstige Unterkunft findet, muss sich auch auf etwas längere Wege gefasst machen. Im
achten Arrondissement liegt auch der Campus Bron, der Universität Lyon 2, wo der Großteil der
sozialwissenschaftlichen Kurse der Uni stattfindet.
9ième Arrondissement: Über das neunte Arrondissement kann ich euch leider kaum etwas
erzählen, da ich mich dort kaum aufhielt.
d. CAF
Bei der Caisses d’allocations familiales, genannt CAF, können französische und ausländische
Studenten Wohngeld (APL, aide personnalisée au logement) beantragen. Ich habe etwa 90 Euro
APL erhalten. Das ist natürlich ein netter Zusatz für das monatliche Budget. Allerdings muss
man auch starke Nerven aufweisen und sich auf einen langwierigen Papierkrieg gefasst machen.
Böse Stimmen munkeln, man würde den ausländischen Studenten nicht besonders gerne Geld
geben und lege ihnen daher etliche Steine in den Weg. Gemunkel hin oder her: Solange man sich
von der Behörde einfach nicht alles gefallen lässt, erhält man am Ende auch sein Geld auf das
Konto. Des Öfteren bekommt man Schreiben von verschiedenen Mitarbeitern, die
unterschiedliche Dokumente anfordern, von denen teilweise bereits einige vorliegen. In solchen
Fällen muss man dort einfach mal anrufen, das schult das Französisch und erspart weitere Briefe.
Bei Problemen mit dem Ausfüllen der Anträge kann man sich beispielsweise an die
Erasmusgruppe auf Facebook wenden, die auch eine wöchentliche Sprechstunde anbieten. Im
Grunde verfügt man über die meisten geforderten Angaben ohnehin nicht (z.B.
Gehaltsnachweise in Frankreich), so dass der Antrag schnell ausgefüllt ist. Die APL müssen auf
ein französisches Konto gezahlt werden.
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5.
Organisatorisches vor Ort
a. Handy
Wer sich so wie ich nicht von den Vorzügen seines Smartphones trennen kann, dem kann ich
den Vertrag für mobiles Internet der Firma Free für 19,99€ empfehlen. Mit diesem Vertrag hat
man unbegrenzt mobiles Internet, eine SMS- und Telefonie-Flatrate ins französische Netz und
eine kostenlose Telefonie-Flatrate in etliche andere Länder. Wer kein mobiles Internet braucht,
wird sich über den von Free angebotenen Tarif für zwei Euro freuen. Die Einrichtung und
Kündigung meines vertraglosen Abos bei Free waren wirklich sehr unkompliziert. Ich habe
gehört, dass es bei vielen anderen Anbietern große Probleme gab. Ich persönlich konnte bei Free
nicht klagen.
b. Bank
In der Einführungswoche boten Mitarbeiter der Bank BNP Paribas eine Kontoeröffnung für
ausländische Studenten an. Ich habe das Angebot angenommen, da man zunächst ein
französisches Konto für die Zahlung der APL braucht. Außerdem ist es praktische, die
sogenannte Carte bleue, bei der BNP eine kombinierte EC- und Visakarte, zu besitzen, da man in
so gut wie allen Geschäften und Restaurants auch Kleinstbeträge mit der Karte zahlen kann. Die
Kontoeröffnung verlief schnell und unkompliziert und die Mitarbeiter waren sehr freundlich. Ich
bekam zwei Karten, eine davon galt für die Bezahlung im Internet. Als ich eine der beiden Karten
verlor, wurde diese sehr schnell gesperrt und ersetzt. Natürlich gibt es auch sehr viele andere
Banken, die studentenfreundliche Angebote haben. Ich würde mich an eurer Stelle an die großen
Banken wie die BNP oder die Société Générale wenden, die Filialen in der ganzen Stadt besitzen.
6.
Die Uni
a. Einführungswochen
Falls ihr die Möglichkeit habt, würde ich euch raten, die Einführungsveranstaltungen des IEP zu
besuchen. Man hat am Anfang bereits genug mit der neuen Umgebung, den neuen Leuten und
der Sprache zu tun und muss es sich mit der Uni daher nicht unnötig schwer machen. Ich fand es
sehr schön, in Ruhe in Lyon und am IEP ankommen zu können. Damit ihr das terminlich
abschätzen könnt: Meine Einführungsveranstaltung fand am 11. September statt. Alle
ausländischen Studenten mussten spätestens am 30. September am IEP erscheinen.
b. Art der Kurse
Cours fondamentaux (CF): Die CF finden meist in den großen Hörsälen (grand et petit Amphi)
statt und behandeln sehr allgemeine Themen. Diese Kurse haben einen sehr einführenden
Charakter. Bei 24 Semesterstunden gibt es 4, bei 38 Semesterstunden gibt es 6 ECTS. Die CF
werden mit einer Klausur abgeschlossen.
Conférences de méthode (CDM): Die CDM sind eher für kleine Gruppen von Studenten gedacht
und erinnern an eine Mischung aus Seminar und Tutorium. Hier sollen die Studenten
grundlegende Arbeitsweisen lernen. In diesen Kursen sollen die Studenten sich auch mündlich
beteiligen. Allerdings werdet ihr schnell merken, dass mündliche Mitarbeit nicht unbedingt das
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Steckenpferd französischer Studenten ist. In den CDM legen die Dozenten den
Leistungsnachweis fest. Sehr oft findet man hier die Kombi aus Referat und Essay/Hausarbeit.
Cours d’ouverture (CO) und Cours spécialisé (CS): Die CO und CS haben Seminar-Charakter
und bringen in der Regel vier bzw. fünf ECTS.
c. Kurswahl
Ich habe mich gegen das Ablegen des internen IEP-Zertifikates CEP entschieden und war daher
sehr frei in meiner Kurswahl. Ihr habt auch die Möglichkeit, Kurse an der Universität Lyon 2, zu
der das IEP administrativ gehört, zu belegen. Ich habe mich vor meiner Abreise nach Frankreich
auf die Literaturwissenschaft konzentriert, da derartige Kurse nicht am IEP angeboten werden.
In Frankreich habe ich mich auf die Soziologie konzentriert. Zudem habe ich einige
wirtschaftswissenschaftliche Kurse belegt, zum Beispiel eine Einführung im Marketing. Am IEP
findet man viele interessante Kurse.
7.
Betreuung und Integration in das universitäre Leben
Ich habe mich an der Sciences Po gut betreut gefühlt. Da ein Auslandssemester auch für die IEPStudenten im dritten Jahr verpflichtend ist, kennen sich vor allem die Studenten höherer
Semester sehr gut mit den Startschwierigkeiten des Erasmus-Aufenthaltes aus. Die Dozenten
sind in der Regel freundlich zu ausländischen Studenten. Ich habe hier nur Gutes zu berichten,
weiß aber, dass es bei Freunden am IEP teilweise schlechter verlaufen ist. Deshalb rate ich, euch
ein wenig mehr Zeit für die Kurswahl zu nehmen und zu Beginn auch mit den Dozenten zu
sprechen. Wer erst in letzter Minute anreist, muss sich in den Kursen überraschen lassen. Man
liest immer wieder, dass es schwer ist, mit französischen Studenten in Kontakt zu treten. Stimmt,
einfach ist das wirklich nicht. Meiner Meinung nach ist es in allen anderen Ländern sicherlich
ähnlich schwierig. Die einfachste Möglichkeit ist, in einer WG zu wohnen. In den Kursen lernt
man über gemeinsame Referate oder Hausarbeiten französische Studenten kennen. Man muss
beachten, dass das IEP eine sehr kleine Hochschule ist und die Studenten dort zusammen
studieren wie in einem Klassenverband. Sicherlich ist es schwer, sich in solche Gruppen zu
integrieren. Strengt euch an, euer Französisch zu trainieren, dann klappt’s auch mit den
Franzosen. Die Studentengruppe Melting Science Pot kümmert sich am IEP um die
ausländischen Studenten und stellt auch einige Veranstaltungen auf die Beine. An diese Gruppe
könnte ihr euch auch bei Fragen und Problemen, zum Beispiel mit der Wohnungssuche, wenden.
8.
Alltag und Freizeit
a. Sport
Die universitären Sportkurse werden von der Lyon2 organisiert. Um sich für die Sportkurse
anzumelden, muss man nach Bron fahren. Auf der Homepage des SUAP (Service Universitaire
d’Activités Physiques et Sportives) findet ihr das große Angebot an Kursen. Für die Sportkurse
zahlt man zehn Euro im Semester. Man kann auch mehrere Kurse belegen.
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b. Nachtleben
Ich persönlich bin kein Fan der organisierten Erasmus-Partys. Wer feiern will, kommt auf jeden
Fall auf seine Kosten. Der Eintritt in den meisten Clubs kostet in der Regel zwischen fünf und
acht Euro. Meine Freunde und ich haben es meistens wie die Franzosen gemacht, Getränke,
Käse und das Pflichtbaguette im Supermarkt gekauft und uns an die Quais (Ufer) du Rhône
gesetzt. Bars und Restaurants findet ihr in Lyon genug.
c. Kultur
In Lyon gibt es zahlreiche Museen, wo der Eintritt für Studenten meist kostenlos ist. Auf dem
Gelände des IEP befindet sich das Centre d’histoire de la déportation et de la résistance, das
einen Besuch lohnt. Ein Kinobesuch kostet in Frankreich etwa 6 Euro. Es gibt stets viele
französische Filme zu sehen. Einmal im Jahr wird auf dem Place Bellecour der Lyon-Guide „Petit
Paumé“ verteilt, mit dem ihr in Lyon die besten Cafés, Bars, Kinos, Restaurants usw. findet. Ich
kann euch nur empfehlen, das Angebot des TNP, des théâtre national populaire, in Anspruch zu
nehmen. Das Theater bietet ein kleines Abo an, mit dem man drei Theaterstücke für jeweils acht
Euro besuchen kann. Hier habe ich durch Zufall sogar das Berliner Ensemble auf der Bühne
gesehen. Eine der Hauptattraktionen ist natürlich das Fête des Lumières im Dezember. Wer
Menschenmassen nicht fürchtet, wird tolle Lichtinstallationen zu sehen bekommen.
9.
Fazit
Kurz und knapp: geht nach Lyon, es lohnt sich!!