Wie schreibe ich eine Abmahnung richtig?

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Wie schreibe ich eine Abmahnung richtig?
Wie schreibe ich eine Abmahnung richtig?
Stand: 15.06.2011
Landesinnungsverband des Bayerischen Maler- und Lackiererhandwerks
Eine Abmahnung ist zwingend notwendig, wenn einem Arbeitnehmer eine Kündigung
wegen verhaltensbedingter Gründe ausgesprochen werden soll.
Auch bei Fehlverhalten von Auszubildenden ist eine Abmahnung notwendig. Zwar ist
ein Lehrling in der Regel faktisch unkündbar. Aber bei wiederholten
schwerwiegenden Verstößen ist eine Kündigung des Lehrverhältnisses möglich. Der
Nachweis, dass der Auszubildende wiederholt und beharrlich gegen seine
vertraglichen Pflichten verstoßen hat, kann nur mit einer schriftlichen Abmahnung
geführt werden.
Warum sollte Wert auf eine schriftliche Abmahnung gelegt werden?
a.) Der Arbeitgeber ist beweispflichtig für die Voraussetzungen einer späteren
Kündigung. Dazu gehört bei Verhaltensverstößen zwingend eine vorherige
Abmahnung. Der entsprechende Beweis, dass eine Abmahnung wirksam
ausgesprochen wurde, kann nur über die Schriftform geführt werden.
b.) Die Rechtsprechung stellt an Abmahnungen bestimmte inhaltliche
Anforderungen. Der Nachweis, dass diese Anforderungen eingehalten wurden kann
nur über die Schriftform geführt werden.
c.) Der psychologische Effekt als „Warnschuss“ ist bei einer schriftlichen Abmahnung
deutlich größer. Nur so merkt der betroffene Mitarbeiter, dass es Zeit ist, dass
Verhalten zu ändern.
Welche inhaltlichen Anforderungen werden an eine korrekte Abmahnung
gestellt?
Eine Abmahnung kann grundsätzlich frei formuliert werden. Es müssen jedoch drei
wesentliche Dinge in einer Abmahnung beinhaltet sein. In der Praxis werden hier
die meisten Fehler gemacht. Diese Fehler führen jedoch zur Rechtsunwirksamkeit
der Abmahnung und ggf. zur Niederlage in einem Kündigungsschutzprozess.
1.) Konkrete Schilderung des Vorfalls
Es muss das Verhalten, das den Verstoß gegen die Pflichten aus dem Arbeitsvertrag
darstellt möglichst konkret beschrieben werden. Der Vorwurf muss hinreichend
bestimmt sein.
Achtung: Es muss ausführlich und genau geschildert werden, was genau vorgefallen
ist. Die Schilderung darf nicht in Stichworten, sondern muss in ganzen Sätzen
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erfolgen. Wichtig ist hierbei immer die Nennung von Datum, ggf. Uhrzeit und
konkreter Vorfall. (Was hätte gemacht werden müssen und was wurde tatsächlich
gemacht?) Der Arbeitnehmer muss aus der Formulierung ohne nähere Erklärung
erkennen können, was er falsch gemacht hat. Es kommt nicht darauf an, daß er es
vielleicht sowieso schon weiß. Besonders sorgfältig müssen Leistungsmängel
beschrieben werden. Bei Beleidigungen muss immer der genaue Wortlaut
angegeben werden. Hierzu sind zuvor genaue Nachforschungen bei den Beteiligten
/Zeugen anzustellen. Bei Verspätungen muss immer auch genannt sein, wann
verpflichtender Beginn der Arbeitszeit gewesen wäre und wieviel Verspätung vorliegt.
Vermeiden Sie unbedingt übergeordnete Begriffe, wie „tätlicher Angriff“ etc.
Beschreiben Sie nur was geschehen ist und das möglichst genau.
Auf diese Schilderungen sollte die größte Sorgfalt gelegt werden. Wertungen und
Mutmaßungen haben hier nichts zu suchen. Es sind nur die bloßen Fakten der
Geschehnisse darzustellen. Denken Sie daran: Die Abmahnung ist eine
rechtserhebliche Erklärung; Sie schreiben diese nicht nur für den betroffenen
Mitarbeiter, sondern quasi auch für einen Arbeitsrichter oder andere, die später dies
rechtlich zu beurteilen haben!
2.) Klarer Hinweis auf Pflichtverletzung
Es muss ein klarer Hinweis erfolgen, daß gegen Pflichten aus dem Arbeitsvertrag
verstoßen wurden. Z.B. "Sie haben mit dem beschriebenen Verhalten gegen Ihre
Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verstoßen." Im Idealfall sollte sogar genau
bezeichnet werden, gegen welche Vorschrift z.B. aus Gesetz oder Tarifvertrag
verstoßen wurde. Dies ist aber nicht zwingend.
Achtung: Es muss klargestellt werden, dass die Abmahnung einen Verstoß gegen
vertragliche Pflichten sanktioniert, denn nur solche Pflichtverstöße sind überhaupt
abmahnfähig. Verhalten, dass nichts mit den arbeitsvertraglichen oder
ausbildungsvertraglichen Pflichten zu tun hat, kann nicht abgemahnt werden. Z.B:
Fehlende Erwiderung eines Grußes; allgemeine Unhöflichkeit; Freizeitkleidung,
politische Äußerungen oder sonstiges Verhalten in der Freizeit.
Dort wo eine Rechtspflicht noch nicht vorgelegen hat, kann auch kein Fehlverhalten
abgemahnt werden, z.B. Abmahnung der Nichtvorlage der
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AUB) ab dem ersten Tag, wenn betrieblicherseits
zuvor keine nachweisbare Festlegung /Anordnung vorgelegen hat, dass bereits ab
dem ersten Krankheitstag eine AUB benötigt wird. Eine solche Abmahnung wäre
rechtlich nicht vor Gericht haltbar.
3.) Kündigungsandrohung
Eine Abmahnung ist nur dann eine wirksame Abmahnung, wenn als Konsequenz für
weiteres Fehlverhalten eine Kündigung des Vertragsverhältnisses angedroht wird.
Andere Konsequenzen kommen nicht in Frage.
Formulierung z.B.: „Im Wiederholungsfall müssen Sie ohne weitere Abmahnung mit
der Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechnen.“
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Achtung:
- Eine Kündigung ist nur dann möglich, wenn sich der gleiche
Vertragsverstoß noch einmal wiederholt, z.B. unerlaubtes Verlassen der
Arbeitsstelle. Andere Verstöße, z.B. Nichtbefolgen einer
Arbeitsanweisung, müssten erneut abgemahnt werden. Insofern muss
man nach einer Abmahnung zunächst warten, bis sich der Verstoß
wiederholt, oder Dauerverstöße weiterhin bestehen.
Achtung:
- Ist ein bestimmtes Fehlverhalten bereits abgemahnt worden, dann
kann wegen dieses selben Vorfalls nicht mehr gekündigt werden. Die
Abmahnung „verbraucht“ den Vorfall, so dass dieser nicht mehr als
Kündigungsgrund verwendet werden kann.
Was ist sonst noch beim Verfassen einer Abmahnung zu beachten?
a.) Grundsätzlich können mehrere Pflichtverstöße in einer Abmahnung
zusammengefasst werden. Aber es ist eher zu empfehlen, jedes einzelne
Fehlverhalten mit einer eigenen Abmahnung zu ahnden. Der Grund dafür liegt darin,
dass ein Fehler in einer Abmahnung im Falle einer gerichtlichen Überprüfung die
gesamte Abmahnung unwirksam macht. Es können also keine Teile einer
Abmahnung „gerettet“ werden. Die Rechtsprechung zum Thema „Abmahnung“ ist
vielfältig. Die Aufteilung in mehrere Einzelabmahnungen ist daher als Risikosplitting
zu verstehen.
b.) Sie sollten keine weiteren zusätzlichen Sanktionen in einer Abmahnung
ankündigen. Z.B. Die Anrechnung für Urlaub im Gegenzug zu unentschuldigten
Fehlzeiten innerhalb einer Abmahnung ist höchst problematisch. Urlaub darf
während eines laufenden Arbeitsverhältnisses nicht einseitig angeordnet oder
angerechnet werden. Es ist nicht auszuschließen, dass dieses rechtlich unzulässige
Anrechnen auch zur Unwirksamkeit einer Abmahnung führen kann. Gleiches gilt
auch für Lohnabzüge bei Mängeln, die der Arbeitnehmer verursacht hat. Solche
Dinge sollten dann wenigstens in einem separaten Schreiben angekündigt werden.
c.) Abgemahnt wird jeweils ein Pflichtverstoß. Es sollte davon abgesehen werden,
die Abmahnung mit „1. Abmahnung“, „2.Abmahnung“ etc zu betiteln. Denn im
Zeitpunkt der Abmahnung ist unklar, ob sich das Fehlverhalten so fortsetzen wird
und wann z.B. die erste Abmahnung verfällt.
d.) Die Abmahnung ist deshalb so wichtig, weil diese eine spätere Kündigung
vorbereitet. Ist eine Abmahnung rechtsunwirksam so kann dies auch zur
Rechtsunwirksamkeit der späteren Kündigung führen und damit zur Niederlage im
Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses.
Wie oft muss abgemahnt werden?
Hierzu gibt es keine klaren Anweisungen. Es kommt darauf an, wie schwer der
abgemahnte Verstoß ist. Im Gegenzug dazu muss der Arbeitgeber abwägen, wie
lange der Arbeitnehmer schon beanstandungsfrei im Betrieb arbeitet. Die
Betriebszugehörigkeit ist hierbei ein wesentlicher Faktor. Es ist wohl kaum
vermittelbar, einen Arbeitnehmer mit 15 Jahren Betriebszugehörigkeit zu kündigen,
wenn dieser 2 mal im Jahr 10 Minuten zu spät kommt. Hier kommt es natürlich auf
die schriftlich dokumentierte Sachlage an. Ein Arbeitgeber, der sich Fehlverhalten
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lange Zeit anschaut, ohne mit einer Abmahnung zu reagieren, kann später mit
diesem Fehlverhalten nicht mehr argumentieren, er hätte ja darauf reagieren können.
Das BAG hat in dem berühmt gewordenen Fall einer Kassiererin, die einen Wertbon
unterschlagen hat, die lange Betriebszugehörigkeit und beanstandungslose Arbeit
der Kassiererin zu deren Gunsten berücksichtigt, so dass die Kündigung wegen der
Unterschlagung eines Wertbons als unwirksam betrachtet wurde. Dem Arbeitgeber
obliegt es, hier jeweils eine Abwägung vorzunehmen, ob die Kündigung bereits die
unvermeidliche und notwendige Sanktion ist.
Treten geringfügige Verstöße, wie geringfügiges Zu-Spät-Kommen, nicht-rechtzeitige
Vorlage der AUB etc. verstärkt auf und dann noch in kurzen Zeitabständen, so kann
nach z.B. zweimaliger Abmahnung beim dritten Mal sicherlich ohne weiteres
gekündigt werden. Hier ist immer auch der zeitliche Zusammenhang zu beachten.
Kommt ein Fehlverhalten nur selten vor, so ist dies zugunsten des Arbeitnehmers zu
beachten.
Bei gröberen Verstößen, wie erhebliches Zu-Spät-Kommen, schwerwiegenden
Beleidigungen, völlig fehlenden oder manipulierten Arbeitszeitaufzeichnungen,
Nichterscheinen bei der Arbeit über mehrere Tage, reicht eine Abmahnung bereits
aus.
Zu häufiges Abmahnen ist dagegen auch nicht ratsam. Erhält der Arbeitnehmer eine
Abmahnung, ohne dass auf Dauer etwas geschieht, wird die Abmahnung unsinnig
und unglaubhaft. Im Normalfall, sollte nach 2 bis 3 korrekten Abmahnungen mit dem
gleichen Verstoß innerhalb einiger Monate Schluss sein. Diese Bewertung muss
jedoch im Einzelfall vorgenommen werden. Der Rechtsberater des LIV steht Ihnen
hierfür zur Verfügung.
Sonderbedingungen für Auszubildende:
Auszubildende sind nach der Probezeit grundsätzlich unkündbar! Eine Kündigung
kann nur aus wichtigem Grund erfolgen. Ein wichtiger Grund kann auch darin
bestehen, dass ein Auszubildender trotz mehrerer Abmahnungen unbelehrbar bleibt.
Diese „Unbelehrbarkeit“ kann nur mit Abmahnungen dokumentiert werden. Dabei
gelten die gleichen oben beschriebenen Voraussetzungen. Allerdings sind hier bis zu
einer Kündigung mehrere Abmahnungen nötig. Aber auch hier gilt: Abmahnungen
ohne jede Reaktion werden unglaubwürdig. Für die oben erwähnten geringeren
Verstöße wie geringfügiges Zu-Spät-Kommen, Nichtanzeige von Krankheit, fehlende
Vorlage von AUB etc. bedarf es mehrerer Abmahnungen, damit über die Anzahl der
Abmahnungen und dem Zeitraum, in dem die Abmahnungen erfolgen, die
Unbelehrbarkeit des Auszubildenden nachgewiesen werden kann. Hier sollte als
Richtwert etwa 3 Abmahnungen innerhalb eines Zeitraums von 4 bis 6 Monaten
angepeilt werden. Aber Achtung! Je weiter die Ausbildung fortgeschritten ist, desto
schwieriger ist es, den Azubi zu kündigen. Eine Kündigung im 3. Lehrjahr ist kaum
mehr rechtssicher auf der Basis von Abmahnungen möglich.
Der „Wiederholungsfall“
Die Abmahnung enthält die Androhung der Kündigung des Vertragsverhältnis für den
Fall, dass sich ein gleichartiges Verhalten wiederholt. Was unter „gleichartigem
Verhalten“ genau zu verstehen ist, kann im Einzelfall schwierig abzugrenzen sein.
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Es reicht jedenfalls nicht aus, dass der Mitarbeiter schon mehrere Abmahnungen in
verschiedenen Angelegenheiten erhalten hat, z.B. eine Abmahnung wegen Zu-SpätKommens, eine Abmahnung wegen verspäteter Vorlage der AUB, eine Abmahnung
wegen Verstoßes gegen ein Alkoholverbot. Hier handelt es sich jeweils um eine erste
Abmahnung und nicht um drei Abmahnungen in derselben Sache. Es muss sich also
ein Fehlverhalten wiederholen, dass bereits schon einmal abgemahnt wurde, wobei
es weniger erheblich ist, ob er zu spät gekommen ist, oder unerlaubt früher den
Arbeitsplatz verlassen hat. In beiden Fällen hat er die Arbeitszeit nicht eingehalten.
Im Wiederholungsfall muss der Arbeitgeber prüfen, ob er besser eine weitere
Abmahnung ausspricht, oder ob er kündigt. Wird eine weitere Abmahnung
ausgesprochen, so ist das Verhalten bereits damit geahndet. Der Arbeitgeber kann
dann nicht ein paar Tage später wegen der gleichen Sache kündigen (Es sei denn es
handelt sich um einen Dauerverstoß, z.B. dass der Arbeitnehmer trotz Aufforderung
nicht zur Arbeit erscheint). Hier besteht in der Praxis das Risiko in der Beurteilung,
ob die vorherige Abmahnung ausreichend ist. Leidet diese z.B. an einem Mangel, der
die Abmahnung rechtsunwirksam macht, so wäre auch die daraufhin
ausgesprochene Kündigung rechtsunwirksam. Daher sollte hier Rechtsrat unter
Vorlage aller bisherigen Abmahnungen eingeholt werden, bevor gekündigt wird.
Wie lange kann noch abgemahnt werden?
Die weit verbreitete Meinung, dass eine Abmahnung nur innerhalb von 14 Tagen
nach Kenntnis des Vorfalls möglich ist, ist nicht richtig. Die 14-Tages-Frist gilt nur für
den Ausspruch fristloser Kündigungen, nicht aber für Abmahnungen. Dennoch sollte
eine Abmahnung relativ zeitnah erfolgen. Zum einen weil sie nur dann psychologisch
wirksam ist, zum anderen, weil es aus Sicht eines Gerichts schon fraglich sein kann,
warum ein Arbeitgeber mit einer Abmahnung wartet. Denn wenn das Fehlverhalten
offenbar nicht gleich abgemahnt wird, ist es offenbar auch nicht so schlimm sondern
wird toleriert. Damit kann der Arbeitgeber sein Recht zur Abmahnung verwirken.
Wie lange hält eine Abmahnung?
Hier gibt es keinen festen Zeitpunkt. Spätestens nach 2 Jahren ist eine Abmahnung
aus der Personalakte zu entfernen, wenn kein weiterer Vorfall stattgefunden hat.
Ansonsten kommt es auf die Art und Schwere des Verstoßes an und darauf, wie
lange man allgemein erwarten darf, dass die Abmahnung wirkt. In der Regel wird
man ca. nach 1 Jahr erneut abmahnen und nicht mehr zur Kündigung greifen.
Wer darf eine Abmahnung unterschreiben?
Abmahnberechtigt ist grundsätzlich jeder, der dem Arbeitnehmer gegenüber
weisungsbefugt ist, also nicht nur der Arbeitgeber, sondern auch ggf. ein
Fachvorgesetzter. Dies sollte aber betriebsintern schriftlich geregelt sein. Ansonsten
sollte nur der die Abmahnung unterschreiben, der auch kündigen darf, also nicht die
Bürokraft, sondern der Arbeitgeber selbst.
Was kann abgemahnt werden?
Wie bereits gesagt, können nur Verstöße gegen vertragliche Pflichten abgemahnt
werden. Diese können sich aus dem Arbeitsvertrag / Ausbildungsvertrag oder aus
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Gesetz oder Tarifvertrag ergeben. Dies setzt jedoch voraus, dass der Arbeitnehmer
sein Verhalten auch ändern kann. Ein Alkoholkranker z.B. ist süchtig und kann daher
sein Verhalten nicht kontrollieren. Entsprechend kann eine Abmahnung wegen
Verstoß gegen ein Alkoholverbot ins Leere laufen (dennoch würde ich eine
Abmahnung grundsätzlich empfehlen). Jemand, der „unverschuldet“ handelt, wird in
der Regel auch nicht abgemahnt werden können.
Wird ein Arbeitnehmer z.B. abgemahnt, weil er an einem Tag unentschuldigt gefehlt
hat, so kann diese Abmahnung später unwirksam sein, wenn der Arbeitnehmer im
Nachhinein eine ärztliche AUB vorlegt, aus der sich ergibt, dass er arbeitsunfähig
war. Dann fehlte er nicht „unentschuldigt“. Dieser Begriff sollte daher in einer
Abmahnung nicht verwendet werden. Vielmehr sollte man lediglich schreiben, der
Arbeitnehmer sei nicht zur Arbeit erschienen, ohne sich zu melden.
Steigerung der Abmahnung
Liegt bereits eine oder mehrere Abmahnungen vor und kommt es zur letzten
Abmahnung, so muss dies in der Formulierung der Abmahnung stärker deutlich
gemacht werden, dass im nächsten Schritt endgültig nur noch eine Kündigung zu
erwarten ist. Bei Auszubildenden sollte ebenfalls eine Verschärfung im Ton der
jeweiligen Abmahnungen erfolgen. Über die Formulierung soll ein entsprechendes
Signal erfolgen, dass das Ende der Toleranz erreicht ist.
Typische Abmahngründe
Nachstehende Liste stellt nur eine Zusammenstellung häufig vorkommender
Abmahngründe dar und ist nicht vollständig.
Typische Abmahngründe:
Zu-Spät-Kommen
Vorzeitiges Verlassen des Arbeitsplatzes
Fehlen am Arbeitsplatz
Verstoß gegen Alkoholverbot
Verstoß gegen Rauchverbot
Hinweise:
Hier sind die jeweilige Uhrzeit, wann der
Arbeitnehmer die Arbeit begonnen zw.
beendet hat und der Beginn, bzw. das
Ende der Arbeitszeit an dem jeweiligen
Tag anzugeben. Wenn unklar ist, wann
genau der Arbeitnehmer den Arbeitsplatz
aufgesucht oder verlassen hat, ist dies
so weit wie möglich zeitlich
einzugrenzen. Zeugen, die den
Mitarbeiter beobachtet haben, sollte sich
mit Datum und Uhrzeit eine Notiz
machen.
Vermeiden Sie den Begriff
„unentschuldigtes Fehlen“. Beschreiben
Sie nur, dass der Arbeitnehmer am …
nicht zur Arbeit erschienen ist und auch
keine Nachricht hierüber gegeben hat.
Der Verstoß gegen ein Verbot setzt
voraus, dass das Verbot bereits
bestanden hat und der Arbeitnehmer das
Verbot kannte. In der Abmahnung sollte
daher auf ein schriftliches Verbot
(Unterschrift des AN oder Aushang mit
Aushangdatum) Bezug genommen
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Verstoß gegen Meldepflicht
Verstoß gegen Nachweispflicht
Lohnbetrug
Falsches Führen von Arbeitsnachweisen
Manipulation der Arbeitszeiterfassung
Nichtvorlage Berichtsheft
Fehlen in der Berufsschule
Beleidigung
Eigenmächtiger Urlaubantritt bei
fehlender Urlaubsgenehmigung
werden.
Die Meldepflicht besteht kraft Gesetzes,
§ 5 EfZG, Zu regeln ist aber im Betrieb,
an wen die Meldung jeweils auf welchem
Weg zu gehen hat, damit sich später der
AN nicht rausredet, er hätte es einem
Kollegen gesagt.
Die Vorlage der AUB kann ab dem
ersten Tag verlangt werden, wenn dies
betrieblich vorab geregelt ist (schriftlich).
Ansonsten kann eine Abmahnung erst
nach dem 4. Tag der Krankheit wegen
Nichtvorlage der AUB erfolgen.
Dies kann auch ohne Abmahnung ein
Grund für eine fristlose Kündigung sein.
Im Einzelfall kann sich eine Abmahnung
anbieten, wenn die Manipulation
geringfügig ist oder der Sachverhalt nicht
ganz klar ist.
Wann und wem gegenüber das
Berichtsheft vorzulegen ist, ist betrieblich
zu regeln. Das Berichtsheft ist während
der Ausbildungszeit zu führen. Vom
Auszubildenden darf nicht verlangt
werden das Berichtsheft außerhalb der
Ausbildungszeit zu führen. Eine
entsprechende Abmahnung könnte dann
unwirksam sein.
Das Fehlen im Berufsschulunterricht
kann nur dann abgemahnt werden, wenn
gleichzeitig auch abgemahnt wird, dass
der Auszubildende in dieser Zeit seine
Ausbildung auch nicht im Betrieb
absolvierte. Sonst könnte die
Abmahnung unwirksam sein, denn in der
dualen Ausbildung ist der schulische
Bereich vom betrieblichen Bereich
rechtlich getrennt.
Hier sollte wenn möglich wörtlich der
genaue Wortlaut der Beleidigung
wiedergegeben werden und auch die
Umstände geschildert werden, die im
Vorfeld zu der Beleidigung geführt
haben. Wenn der genauer Wortlaut
unklar ist, dann muss die Beleidigung
sinngemäß zitiert werden und dieses
Zitat entsprechend kenntlich gemacht
werden, z.B. …darauf hin bezeichneten
Sie Herrn … sinngemäß als ….
Urlaub bedarf immer einer beiderseitigen
Vereinbarung über den Termin. Stellen
Sie sicher, auf welche Weise
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Unerlaubte Nebentätigkeit
Verstoß gegen Gesundungspflicht
Sexuelle Belästigung
Nicht fachgerechte Arbeit
Leistungsmängel
Verstoß gegen Arbeitsanweisung
Verweigerung von Überstunden
Verweigerung von Samstagsarbeit
betriebsintern Urlaub beantragt und
genehmigt wird.
Nebentätigkeit bedarf der Erlaubnis des
Arbeitgebers. Dieser darf die Erlaubnis
aber nur verweigern, wenn die
Nebentätigkeit sich nachteilig auf das
bestehende Arbeitsverhältnis auswirkt.
Wenn der AN krank ist, darf er keine
Tätigkeiten ausführen, die seiner
Gesundung schaden, z.B. schwere
Gartenarbeit etc. Hier sollte aber die
Dauer der Tätigkeit nachweisbar sein.
Der AG hat jegliche sexuelle Belästigung
zu unterbinden, nicht nur durch
Abmahnung ggf. auch durch Versetzung
oder Kündigung. Das Problem ist häufig
der Nachweis.
Leistungsmängel sind ausgesprochen
schwierig abzumahnen und sehr
risikoreich. Am Besten geht dies noch,
wenn der fachlich ausgebildete
Mitarbeiter massiv die wichtigsten
Regeln verletzt, deren Einhaltung von
einem Facharbeiter erwartet werden
muss. Sinnvoller ist es wie nachstehend
den Verstoß gegen Arbeitsanweisungen
abzumahnen.
Die Abmahnung setzt voraus, dass
überhaupt eine entsprechende
Anweisung gegeben wurde. Ist dies der
Fall kann ein Verstoß gegen eine
Arbeitsanweisung abgemahnt werden.
Die Arbeitsanweisung muss sich auf die
eigentliche Arbeitstätigkeit beziehen.
Hier kann eine Abmahnung nur erfolgen,
wenn auch eine Pflicht für die
Überstundenleistung bestand.
Überstunden sind Ausnahmefälle. Dies
muss ggf. der Arbeitgeber nachweisen
können, z.B. weil die Ausführung des
Auftrags nur an einem Wochenende
möglich ist. Die Pflicht zur
Überstundenleistung ist im RTV geregelt.
Azubis unter 18 dürfen nicht für
Überstunden herangezogen werden.
Mitwirkung des Betriebsrats?
Ein Betriebsrat muss vor einer Abmahnung weder angehört, noch unterrichtet
werden. Bei Abmahnungen gibt es keine Mitbestimmung. Entsprechend darf er auch
nicht Einblick in die Abmahnung nehmen. Bei der Anhörung zur späteren
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verhaltensbedingten Kündigung müssen dem Betriebsrat jedoch die einschlägigen
Abmahnungen vorgelegt werden.
Abmahnung – mit Kanonen auf Spatzen schießen?
Ob man wirklich zu einer Abmahnung greift, oder es bei einer mündlichen
Ermahnung belässt, ist natürlich die Entscheidung jedes einzelnen Betriebs. Das ist
auch eine Frage des Geschicks der Personalführung. Doch eines ist klar: Eine
Abmahnung allein macht noch keine Kündigung. Wer es versäumt frühzeitig genug
mit den Abmahnungen zu beginnen, dem fehlt dies später als „Material“ zur
Vorbereitung einer Kündigung, wenn „der Kragen endgültig platzt“. Bei einem
Mitarbeiter, der sich sonst nichts oder nur wenig zu schulden kommen lässt oder bei
unverzichtbaren Mitarbeitern wird man sicher zurückhaltender sein.
Bei Auszubildenden sind die Anforderungen höher, hier gilt es frühzeitiger mit
Abmahnungen zu reagieren, auch um ein erzieherisches Zeichen zu setzen.
In bestimmten schwerwiegenderen Fällen sollte eine Abmahnung auf jeden Fall
erfolgen, so z.B. bei Beleidigungen, Verstößen gegen Arbeitszeiterfassung,
unerlaubte Nebentätigkeit etc. Die übrigen Mitarbeiter registrieren sehr genau, was
sich der Chef gefallen lässt und was nicht.
Das Problem mit Muster-Abmahnungen
Immer wieder wird nach Musterformulierungen für Abmahnungen gefragt. Die
Verwendung von Mustern ist jedoch relativ gefährlich. Eine Abmahnung muss auf
den jeweiligen Einzelfall bezogen formuliert werden. So etwas lässt sich schlecht in
einem Musterschreiben darstellen. Es besteht auch die Gefahr, dass der Betrieb, der
ein Muster verwendet, dieses „blind“ abschreibt und damit Dinge in das eigene
Abmahnschrieben aus dem Muster übernimmt, die so gar nicht stimmen. Damit kann
eine Abmahnung unter Umständen hinfällig werden. Die vom LIV angebotenen
Muster können daher nur eine Orientierung für eigene Formulierungen sein und
sollen dem realen Fall angepasst werden!!
Rechtsanwalt Martin Gottsmann, Landesinnungsverband des Bayerischen Maler- und Lackiererhandwerks
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