Toys Redux – on Play and CRiTique
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Toys Redux – on Play and CRiTique
Eine Institution des Migros-Kulturprozent Toys Redux – On Play and Critique Kuratiert von Raphael Gygax (Kurator, Migros Museum für Gegenwartskunst) und Judith Welter (Sammlungskonservatorin, Migros Museum für Gegenwartskunst) 30.05. – 16.08.2015 Informationen für Lehrpersonen Dieses Dossier ist ausschliesslich für den internen Gebrauch im Kontext des Unterrichts vorgesehen. Jan Peter Hammer, The Jungle Book, 2013 Migros Museum für Gegenwartskunst Limmatstrasse 270 Postfach 1766 CH–8005 Zürich Danny McDonald, Science Fiction vs Fantasy (Darth Vader & Harry Potter), 2010 T +41 44 277 20 50 F +41 44 277 62 86 [email protected] migrosmuseum.ch migros-kulturprozent.ch Eine Institution des Migros-Kulturprozent Inhalt Vorwort: Nachhaltige Kunstvermittlung im Migros Museum für Gegenwartskunst S. 1 Informationen: Ausstellung Toys Redux – On Play and Critique S. 2 Material: Leitfaden für einen individuellen Ausstellungsbesuch mit Schulklassen ohne Führung oder Workshop im unteren Stockwerk S. 3 Material: Leitfaden für einen individuellen Ausstellungsbesuch mit Schulklassen ohne Führung oder Workshop im oberen Stockwerk Material: Ideen für die Nachbearbeitung des Ausstellungsbesuches in der Schule S. 7 S. 11 Migros Museum für Gegenwartskunst Limmatstrasse 270 Postfach 1766 CH–8005 Zürich Impressum Konzept: Cynthia Gavranic (Kunstvermittlerin) und Alena Nawrotzki (wissenschaftliche Mitarbeiterin Kunstvermittlung) Texte zur Ausstellung: Raphael Gygax (Kurator) und Judith Welter (Sammlungskonservatorin) T +41 44 277 20 50 F +41 44 277 62 86 [email protected] Layout: Tobias Peper (Volontär) migrosmuseum.ch migros-kulturprozent.ch Eine Institution des Migros-Kulturprozent Vorwort: Nachhaltige Kunstvermittlung im Migros Museum für Gegenwartskunst Wissenschaftliche Untersuchungen an Schulen haben ergeben, dass der Umgang mit Gegenwartskunst das gesamte Lernverhalten fördert, dass Dialogbereitschaft sowie gegenseitiger Respekt entwickelt werden und dass Verantwortungsgefühl und Empathie wachsen können. Die Beschäftigung mit Gegenwartskunst bedeutet immer auch, sich auf etwas Neues einzulassen und Denkprozesse in Gang zu setzen. Aufgabe der nachhaltigen Kunstvermittlung im Migros Museum für Gegenwartskunst ist es, in stufengerechten, innovativen Workshops eine Verbindung zwischen Kunst und dem persönlichen Lebensalltag zu schaffen, Kunst erlebbar zu machen, ungezwungen Verbindungen zur Kunstgeschichte aufzudecken und die erwähnten Denkprozesse zu motivieren. Letztendlich beinhaltet jedes Kunstwerk eine bestimmte Botschaft, die entdeckt werden will. Die Ausstellungen im Migros Museum für Gegenwartskunst eignen sich besonders gut für eine nachhaltige Kunstvermittlung für Schulen, denn sie sind stark im gesellschaftlichen und alltäglichen Kontext verankert, sie sind räumlich und körperlich erfahrbar und sprechen alle Sinne an. Ausgehend von der jeweiligen künstlerischen Praxis der ausstellenden Künstler können Kinder und Jugendliche auf vielfältige Weise erlebnisbasierte Kunstvermittlung erfahren, welche zugleich einen niederschwelligen intellektuellen Zugang ermöglicht. Kunstvermittlung im Migros Museum für Gegenwartskunst kann spielerisch, intellektuell, gestalterisch oder performativ sein. Sie ist lehrreich und macht Spass. Das vorliegende Dossier beinhaltet Informationen zur aktuellen Ausstellung im Migros Museum für Gegenwartskunst und versucht, Referenzen mit den gezeigten Werken zu verbinden. Lehrpersonen finden Anregungen für einen individuellen Ausstellungsbesuch mit ihren Klassen und eine Themen vertiefende Nachbearbeitung in der Schule. Die Anregungen sind bewusst offen gehalten und können hinsichtlich Zeitrahmen und Bedürfnissen jeder Klasse stufengerecht sowie möglichen Themen aus dem Unterricht entsprechend angepasst werden. Migros Museum für Gegenwartskunst Limmatstrasse 270 Postfach 1766 CH–8005 Zürich T +41 44 277 20 50 F +41 44 277 62 86 [email protected] 1 migrosmuseum.ch migros-kulturprozent.ch Eine Institution des Migros-Kulturprozent Informationen: Ausstellung Toys Redux – On Play and Critique Wir empfehlen, mit jüngeren Schülern nur das untere Stockwerk der Ausstellung zu besuchen, da im oberen drei Werke mit explizitem Inhalt zu sehen sind. Sollten Sie Fragen dazu haben, kontaktieren Sie uns gern! Die Gruppenausstellung Toys Redux vereint Künstler, die sich populärkulturelle Formate und Bildwelten aneignen, die üblicherweise an Kinder oder Teenager adressiert sind. Die Übernahme von Motiven aus Videospielen, Fernsehserien, Filmen und Comics ist jedoch nicht nur als populärkulturelles Zitat zu lesen, sondern hinterfragt die Warenwelten kritisch. Die Pop-Ästhetik und das Versprechen einer «unschuldigen» und spielerischen Kinder- oder Fantasiewelt kontrastieren mit der Realität dieser Marktstrategien. Die thematische Ausstellung bringt Arbeiten von Künstlern unterschiedlicher Generationen zusammen und schliesst Werke aus der umfangreichen Sammlung des Migros Museum für Gegenwartskunst ein. Themen der Ausstellung sind: -Videospiele: - - kritische Betrachtung von computeranimierten Bildwelten Untersuchen der Mechanismen von Computerspielen -Fernsehindustrie: -Hinterfragen von Unterhaltungsendungen im Fernsehen, indem sich Künstler deren gezielte Zuschaueransprache aneignen -Aufzeigen, wie «pädagogische» Kindersendungen Kinder nicht nur unterhalten, sondern auch bestimmte Wertesysteme vermitteln oder sie als zukünftige Kunden rekrutieren -Spielzeug: - Aufzeigen von Merchandising und Werbung -Verdeutlichen der engen Verbindung von Spiel und Vermarktung, wenn kindliche Fantasiewelten von Wirtschaftsimperien wie der Walt Disney Company zu ganzen Warenwelten ausgebaut werden -Werbung: - Analyse von Werbeversprechen und welche Bilder und Emotionen sie vermitteln Migros Museum für Gegenwartskunst Limmatstrasse 270 Postfach 1766 CH–8005 Zürich T +41 44 277 20 50 F +41 44 277 62 86 [email protected] 2 migrosmuseum.ch migros-kulturprozent.ch Eine Institution des Migros-Kulturprozent Material: Leitfaden für einen individuellen Ausstellungsbesuch mit Schulklassen ohne Führung oder Workshop im unteren Stockwerk Heitere Spielwelt? Jan Peter Hammer (*1972 in Kirchheim unter Teck, Deutschland) Jan Peter Hammers Film ist ein Handpuppentheater mit selbstgemachten Figuren aus bunten Socken und erinnert an didaktische Kindersendungen wie die Sesamstrasse. Die Figuren reden in seinem Film nicht über die üblichen Themen wie Freundschaft oder Nächstenliebe, sondern über hochkomplizierte Dinge aus der Wirtschaft. Der Filmtitel zitiert das weltbekannte Kinderbuch Das Dschungelbuch (1894) von Rudyard Kipling (*1865 in Bombay, Indien, † 1936 in London, Grossbritannien), das nicht nur der Unterhaltung diente, sondern auch Ideen verbreitete, die den (britischen) Kolonialismus legitimierten. Die kommerziell erfolgreiche Disney-Verfilmung von 1967 von Kiplings Geschichte verweist auf eine weitere zentrale Aussage, die Hammer mit seinem Werk macht: «children are money». Kinder als zukünftige Konsumenten oder als indirekte Konsumenten durch ihre Eltern sind ein florierender Wirtschaftszweig und bedienen eine gesamte Marktbranche. Jan Peter Hammer, The Jungle Book, 2013 Sesamstrasse – Krümelmonster und Graf Zahl Kinder Maxi-Ei mit Dschungelbuchfiguren zum Sammeln Impulse für Diskussionen -Schaut in Gruppen diesen Film kurz an und besprecht miteinander, um was es darin vielleicht gehen könnte und an wen er sich eigentlich richtet. -Kennt Ihr Kindersendungen wie Sesamstrasse, Die Sendung mit der Maus, Micky Maus Wunderhaus oder JoNaLu? Welche Geschichten werden dort erzählt? Was sollen die Kinder dabei lernen? - Passen die Themen Spielen und Lernen für Euch zusammen? -Muss Spielen immer Geld kosten (Spielzeug, Games, etc.) oder kann man auch spielen, ohne Geld auszugeben? Migros Museum für Gegenwartskunst Limmatstrasse 270 Postfach 1766 CH–8005 Zürich T +41 44 277 20 50 F +41 44 277 62 86 [email protected] 3 migrosmuseum.ch migros-kulturprozent.ch Eine Institution des Migros-Kulturprozent Der etwas andere «Axe-Effekt» Timur Si-Qin (*1984 in Berlin, Deutschland) Die Werkgruppe des Künstlers Timur Si-Qin unter dem Titel Axe Effect besteht aus unterschiedlichen Arrangements, in denen Duschgelflaschen der Marke Axe durch Spielzeugschwerter aufgespiesst werden. Die durchbohrten Flaschen verlieren ihren Inhalt, der unkontrolliert auf Boden und Sockel tropft und so bunt-abstrakte Tropfbilder entstehen lässt. Die Skulpturen hinterfragen auf eine eindrucksvolle Weise die Produktwerbung von Axe, die sich insbesondere an Jugendliche richtet. Der Titel bezieht sich auf das Werbeversprechen der Firma, dass junge Männer durch das Verwenden der Axe-Produkte von Frauen umschwärmt werden – dies ist der so genannte «Axe-Effekt». Es wird suggeriert, dass man mit den richtigen Schönheitspflegeprodukten «endlich» Erfolg beim anderen Geschlecht haben kann, dieser also käuflich ist. Timur Si-Qin, Axe Effect, 2013 Werbung von Axe Protest gegen «sexistische» Axe-Werbekampagnen Impulse für Diskussionen - Was sagt Euch dieses Kunstwerk? - Wer von Euch weiss, was mit dem „Axe-Effekt“ gemeint ist? -Frage an die jungen Männer: Würdet Ihr Axe kaufen oder kauft Ihr es, weil Ihr die Werbebotschaft gut findet oder weil es gut riecht? -Frage an die jungen Frauen: Findet Ihr, dass Axe an einem Mann gut riecht? Trifft der «Axe-Effekt» zu? -Die Axe-Werbung wird von vielen Seiten als sexistisch kritisiert, in der Frauen bloss zum willenlosen Objekt herabgesetzt werde – was denkt Ihr darüber? Migros Museum für Gegenwartskunst Limmatstrasse 270 Postfach 1766 CH–8005 Zürich T +41 44 277 20 50 F +41 44 277 62 86 [email protected] 4 migrosmuseum.ch migros-kulturprozent.ch Eine Institution des Migros-Kulturprozent Geschenke über Geschenke Claus Richter (*1971 in Lippstadt, Deutschland) Die speziell für die Ausstellung geschaffene Installation Very Large Self-Portrait with Train and Colored Lights, bestehend aus aufgetürmten Geschenkpaketen, verdeutlicht die Ambivalenz zwischen dem Spielzeug als liebevollem Geschenk einerseits und Objekt einer kapitalistischen Konsumgesellschaft andererseits. Die Arbeit reproduziert das Moment des exzessiven Konsums, der von der Spielzeugindustrie und Wirtschaftsimperien wie Walt Disney erzeugt und gefördert wird. Claus Richter bezeichnet diese Arbeit als ein übergrosses Selbstporträt und zeigt, wie schnell man von Konsumgütern begeistert, aber auch überfordert sein kann. Die lebensgrosse Figur inmitten der Geschenke verdeutlicht dies auf eindrückliche Weise. Impulse für Diskussionen - - - - Was denkt Ihr, wenn Ihr den riesigen Geschenkberg seht? Empfindet Ihr Freude oder auch Skepsis? Kann man Liebe an Geschenken ablesen? Wie sieht es bei Euch an Weihnachten aus? Schenkt Ihr Euch viel innerhalb der Familie? Fühlt Ihr Euch schlecht, wenn Ihr weniger oder weniger teure Geschenke als Eure Freunde erhaltet? Claus Richter, Very Large Self-Portrait with Train and Colored Lights, 2015 Migros Museum für Gegenwartskunst Limmatstrasse 270 Postfach 1766 CH–8005 Zürich T +41 44 277 20 50 F +41 44 277 62 86 [email protected] 5 migrosmuseum.ch migros-kulturprozent.ch Eine Institution des Migros-Kulturprozent SpongeBob kämpft für den Regenwald Julia Wachtel (*1956 in New York, USA) Julia Wachtel übernimmt bekannte Cartoon-Figuren wie SpongeBob oder Motive von berühmten Videogames wie FarmVille. Cartoon-Figuren sind für die Künstlerin interessant, weil sie menschliche Emotionen ins Zentrum stellen und auf eine einfache Art und Weise in simplen Charakteren verwendbar machen. Da die Cartoons einen grossen Wiedererkennungseffekt haben, kann sie die Künstlerin in neue Zusammenhänge setzen. SpongeBob tritt hier beispielweise im Kontext eines Protests gegen den amerikanischen Lebensmittelhersteller General Mills auf, dem eine massive Zerstörung des Regenwalds vorgeworfen wird. Der Betrachter kann buchstäblich in SpongeBobs «panischen» Augen das Entsetzen über die General Mills-Aktivitäten ablesen. Im Werk Local tritt die Ästhetik des Spiels FarmVille neben ein Haus, das mit Werbebotschaften bemalt wurde. Die amerikanische Firma Adzookie bietet dies Privathaushalten an und bezahlt im Gegenzug ihre Miete. Hier gelangen Werbestrategien aus dem Internet in den Stadtraum zurück, der in seiner Ästhetik nun einer FarmVilleUmgebung ähnelt. Julia Wachtel, Handmade, 2011 Julia Wachtel, Local, 2011 Impulse für Diskussionen - Passen Eurer Meinung nach die Bilder und Botschaften zusammen? -Viele Konzerne, aber auch Hilfsorganisationen, werben mit bekannten Persönlichkeiten. Dies soll die Aufmerksamkeit auf das Produkt oder den guten Zweck erhöhen. Was glaubt Ihr, warum sie dies tun? Warum spendet man eher etwas für ein Hilfsprojekt, wenn ein Star wie Angelina Jolie dazu aufruft? - Welche bekannte Figur würdet Ihr für eine Botschaft, die Euch am Herzen liegt, verwenden? Migros Museum für Gegenwartskunst Limmatstrasse 270 Postfach 1766 CH–8005 Zürich T +41 44 277 20 50 F +41 44 277 62 86 [email protected] 6 migrosmuseum.ch migros-kulturprozent.ch Eine Institution des Migros-Kulturprozent Material: Leitfaden für einen individuellen Ausstellungsbesuch mit Schulklassen ohne Führung oder Workshop im oberen Stockwerk Science-Fiction versus Fantasy Danny McDonald (*1971 in Los Angeles, USA) Danny McDonalds Skulpturen aus Actionfiguren aus Plastik und Fanartikeln können als scharfe, aber auch humorvolle Gesellschaftsanalysen verstanden werden. Seine Themen reichen von Kolonialismus über Gentechnik bis zur unstillbaren Wachstumsgier des Finanzmarktes. In McDonalds Arbeiten werden die Superhelden oder Superschurken der Unterhaltungsindustrie zu Symbolen einer Geldmaschinerie, welche die Fankultur mit sich bringt. Es kommt zu Kollisionen zwischen Figuren unterschiedlicher Herkunft, wie hier zwischen dem Star Wars-Bösewicht Darth Vader und dem Zauberheld im Kampf gegen das Böse, Harry Potter. Danny McDonald, Science Fiction vs Fantasy (Darth Vader & Harry Fanartikel für den Hund: Darth Vader- Potter), 2010 Kostüm Harry Potter-Universum Star Wars-Universum Impulse für Diskussionen - Betrachtet die Skulptur, was geschieht hier genau und wer ist der Gewinner? - Was gefällt Euch besser, Science-Fiction wie Star Wars oder Fantasy wie Harry Potter? Warum? -Hattet Ihr schon einmal das Gefühl, dass Ihr durch den Kauf eines Fanartikels näher an der Geschichte, den Figuren oder der erfundenen Welt seid? Kennt Ihr Leute, die sich beispielsweise als Star Wars-Figuren verkleiden? -Mit den Fanartikeln von Star Wars verdienen die Macher über 20 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Was meint Ihr dazu? Migros Museum für Gegenwartskunst Limmatstrasse 270 Postfach 1766 CH–8005 Zürich T +41 44 277 20 50 F +41 44 277 62 86 [email protected] 7 migrosmuseum.ch migros-kulturprozent.ch Eine Institution des Migros-Kulturprozent Nackte Angst oder wohliges Gruseln? Simon Denny (*1982 in Auckland, Neuseeland) Mit seiner Predator-Statue befasst sich der Künstler Simon Denny mit der Bedeutung von Besitz und Diebstahl im digitalen Zeitalter. Die Skulptur ist eine Kopie eines Merchandising-Artikels der Actionfilm-Reihe, die 1987 mit dem Film Predator mit Arnold Schwarzenegger begann. Sie gehört einer Werkgruppe Dennys an, die auf einer Auflistung der 110 konfiszierten Güter basiert, die bei einer (später als illegal und dann wiederum als legal erklärten) Razzia des Anwesens des Internetmillionärs Kim Schmitz (alias Kim Dotcom, *1972 in Kiel, Deutschland, geboren) beschlagnahmt wurden. Dotcom ist Mitbegründer der illegalen Filesharing-Plattform Megaupload, seit 2012 ermittelt das FBI gegen ihn wegen mutmasslicher Verletzungen des Urheberrechts, wobei sich der geschätzte Schaden auf mehr als 500 Millionen US-Dollar belaufen soll. Denny schafft hier eine Kopie eines Merchandisingartikels, der durch vermutlich illegales Geld erworben wurde und stellt die Frage, wem etwas im digitalen Zeitalter überhaupt gehört und gehören kann. Die Predator-Kopie ist nicht nur Skulptur, sondern sie wird durch ihren symbolischen Wert als etwas, das Kim Dotcom besessen haben könnte, zum sammlungswürdigen Objekt. Denny thematisiert dabei letztendlich auch, welche Wertschöpfung eine sich unter anderem an Kinder und Jugendliche richtende Unterhaltungsindustrie generieren kann. Aliens versus Predator, Videospiel, 1999 Simon Denny, The Personal Effects of Kim Dotcom item 102. Artwork, Predator Statue (1), 2013 Kim Dotcom Impulse für Diskussionen -Wer von Euch kennt diese Figur? Was geht Euch durch den Kopf, wenn Ihr sie anseht? - Predator (englisch für Räuber/Raubtier) ist eine ausserirdische Mischung aus Echse, Mensch und Krabbe. Der erste Film von 1987 wurde bis 2010 nur in einer geschnittenen Version ausgestrahlt, da sein Inhalt aufgrund von Gewaltdarstellungen als jugendgefährdend eingestuft wurde. Was denkt Ihr darüber? Ab wann sollte man Filme oder Games mit expliziten Gewaltdarstellungen freigeben? - Seid Ihr der Meinung, dass solche Filme die Aggression von Jugendlichen erhöhen? - Würdet Ihr diesen Merchandisingartikel selbst kaufen und aufstellen? - Was haltet Ihr von Filesharing im Internet? Ist dies in Euren Augen illegal oder nicht? Migros Museum für Gegenwartskunst Limmatstrasse 270 Postfach 1766 CH–8005 Zürich T +41 44 277 20 50 F +41 44 277 62 86 [email protected] 8 migrosmuseum.ch migros-kulturprozent.ch Eine Institution des Migros-Kulturprozent Bild und Botschaft Nic Hess (*1968 in Zürich, Schweiz) Nic Hess versammelt in seiner Arbeit kollekTIERend Tiere, die von unterschiedlichen Firmen in ihren Logos verwendet werden. Den Tieren werden dabei jeweils Eigenschaften und Emotionen zugeschrieben, die die Unternehmen auch in ihrem eigenen Selbstbild wiederfinden möchten. So sollen durch die Logos und später durch ganze Corporate Identities, Lebensstile und Zugehörigkeitsgefühle vermittelt und angeregt werden. Ein Lifestyle-Kapitalismus entstand, der in einem nicht gekannten Umfang anwuchs. Indem Hess das Rennpferd von Ferrari oder den Puma von Puma neu anordnet und sie von ihrem Firmenbezug befreit, hinterfragt er die Botschaft und das Lebensgefühl, welche mittels dieser Embleme transportiert werden sollen. Nic Hess, kollekTIEREnd, 1998 Ferrari-Logo WWF-Logo Impulse für Diskussionen -Betrachtet in Gruppen die verschiedenen Logos und versucht, sie ihrer jeweiligen Marke zuzuordnen. - Welche Bildergeschichte erzählt die Wandinstallation? Welches ist ihre Botschaft? -Wie wichtig sind Brands für Euch? Geben sie Euch das Gefühl von Zugehörigkeit zu einer Gruppe? -Kennt Ihr Slogans von Marken, z.B. von Nike («Just Do It»)? Was vermitteln sie und stimmen diese Aussagen für Euch? Migros Museum für Gegenwartskunst Limmatstrasse 270 Postfach 1766 CH–8005 Zürich T +41 44 277 20 50 F +41 44 277 62 86 [email protected] 9 migrosmuseum.ch migros-kulturprozent.ch Eine Institution des Migros-Kulturprozent Wo ist Super Mario geblieben? Cory Arcangel (*1978 in Buffalo, USA) Für die Videoinstallation Super Landscape 1 nimmt der amerikanische Künstler Cory Arcangel das klassische Jump-‚n‘-Run-Videospiel Super Mario Bros. des japanischen Konzerns Nintendo aus dem Jahr 1985 und das ebenfalls japanische Autorennspiel F-1 Race aus dem Jahr 1984 als Ausgangsmaterial. Er hackt die Chips der Spielmodule und entfernt verschiedene Elemente. Bei Super Mario Bros. lässt er nur noch die Wolken des Hintergrundes stehen, beim Autorennspiel nur noch die Strassenansicht. Die Rauminstallation besteht aus Wandbildern und Monitoren mit langsam vorwärtstreibenden Wolken und einem an die Wand projizierten Bild einer geisterhaften Strassenfahrt. In Arcangels Arbeiten werden keine Levels mehr erklommen und keine «Power-ups» (Objekte, die die Spielfiguren einsammeln müssen und die ihnen bestimmte Fähigkeiten verleihen) gesammelt. Das Umformen des ursprünglichen Spielzwecks in geisterhafte Hintergrundszenarien ohne Spielfiguren kann als Kritik an der Maxime des quasi «spielerischen» Gewinnsteigerns in unserer Gesellschaft gelesen werden – schliesslich entspricht die Logik vieler Computerspiele der Logik unserer kapitalistischen Gesellschaft. Der ursprünglichen Aufgabenstellung entleert, werden die Spiele nun zu zweckfreien Kunstwerken. Cory Arcangel, Super Landscape 1, 2005 Super Mario F-1 Race Impulse für Diskussionen -Betrachtet die Wandprojektionen: Kommen Euch die Bilder bekannt vor? Kennt Ihr die Mario Brothers? - Wie wirken die Projektionen auf Euch? - Welches Videospiel würdet Ihr aussuchen und verändern? -Was wollte der Künstler mit dieser Installation ausdrücken? Meint Ihr, er ist ein Fan von Computerspielen oder eher nicht? Migros Museum für Gegenwartskunst Limmatstrasse 270 Postfach 1766 CH–8005 Zürich T +41 44 277 20 50 F +41 44 277 62 86 [email protected] 10 migrosmuseum.ch migros-kulturprozent.ch Eine Institution des Migros-Kulturprozent Material: Ideen für die Nachbearbeitung des Ausstellungsbesuches in der Schule Vom «Axe-Effekt» bis zu «Just Do It» In diesem Gruppenprojekt wird von einer kritischen Haltung gegenüber Werbeversprechen ausgegangen: Warum brauchen wir das neuste Smartphone, das «must have» der aktuellen Mode oder das gerade heraus gekommene Videospiel? Und warum brauchen wir viele Sachen (beispielsweise fünf Paar Turnschuhe oder gleich vier Taschen), um «trendy» zu sein? Gleichzeitig kann – neben dieser Konsumkritik – auch über das gute Gefühl geredet werden, «in» zu sein und die neusten Trends zu kennen bzw. zu tragen. In Gruppen gehen die Schüler als erstes im Internet den Logos, Slogans und Werbeplakaten von ihren Lieblingsmarken nach und drucken sie aus. Was bedeuten die Slogans eigentlich und was versprechen sie uns? Wir nehmen alles vom «Axe-Effekt» über «Red Bull verleiht Flügel», «Six Appeal» (Samsung Galaxy S6) oder «Just Do It» (Nike) unter die Lupe. Anschliessend stellt jede Gruppe im Stil von Nic Hess eine Collage (auf A3-Papier) aus den Logos her und die einzelnen Gruppencollagen werden zusammen als ein grosses Wandbild aufgehängt. Die Slogans der verschiedenen Marken können dabei kritisch oder humorvoll neu geschrieben oder umformuliert werden: «McDonald’s – I‘ m loving to get fat» oder «Axe – haut auch Deine Nase um.» Je nach vorhandenem Zeitbudget kann das Thema als Semesterprojekt, als Projekt des selbstorganisierten Lernens (SOL) oder als Kurzprojekt lanciert werden. Für Klassen der Unter- und Mittelstufe können die Lehrpersonen die Logos selbst ausdrucken, die Schüler gestalten dann Collagen und erfinden mit Filzstiften dazu eigene Logos. Fächer:Kooperationsprojekt der Fächer Bildnerisches Gestalten und Deutsch Schulstufen:Oberstufe, Mittel- und Berufsschulen Zeitraum: 4 bis 16 Lektionen Material:Computer, Internetanschluss, Drucker, A3-Papierbögen, Schere, Leim und diverse Filzstifte Axe-Werbung Migros Museum für Gegenwartskunst Limmatstrasse 270 Postfach 1766 CH–8005 Zürich T +41 44 277 20 50 F +41 44 277 62 86 [email protected] Diverse Logos mit Slogans 11 migrosmuseum.ch migros-kulturprozent.ch