ZDv 46/1 Bestimmungen für die Durchführung bei der ärztlichen
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ZDv 46/1 Bestimmungen für die Durchführung bei der ärztlichen
Ergebnisse von Musterungsuntersuchungen bei Muskel- und Skeletterkrankungen Berberich, F. Die ärztliche Musterungsuntersuchung hat zu allen Zeiten die Feststellung der Militärtauglichkeit zum Zweck. Seit der ersten Musterung für die Bundeswehr 1957 werden jährlich hunderttausende Bundesbürger bei Musterung und Annahme nach den Bestimmungen einer zentralen Dienstvorschrift mit der Nummer 46/1 erstmals auf ihre Wehrdienstfähigkeit, d. h. auf körperliche und geistige Tauglichkeit und Verwendungfähigkeit für den Wehrdienst untersucht (s. Abb.1). ZDv 46/1 Bestimmungen für die Durchführung bei der ärztlichen Untersuchung bei Musterung und Diensteintritt von Wehrpflichtigen, Annahme und Einstellung von freiwilligen Bewerbern sowie bei der Entlassung von Soldaten Abb. 1 Juni 1999 Aufgabe der Musterung ist es, Wehrpflichtige nach verschiedenen Kriterien zu untersuchen, um festzustellen, ob sie den militärischen Anforderungen genügen und inwieweit sie verwendungsfähig sind. Trotz sich abzeichnender Personalprobleme mit den zunehmenden geburtenschwachen Jahrgängen setzt die Bundeswehr heute u. a. folgende unabdingbare Mindestanforderungen bezüglich der Tauglich- und Verwendungsfähigkeit voraus: S S S S S S Leben in der militärischen Gemeinschaft einschließlich Reinigen der Unterkünfte Teilnahme an der Truppenverpflegung Tragen der Dienstbekleidung und persönlichen Ausrüstung (ca. 3 kg) Einsetzen einer Handwaffe und Treffen der persönlichen ABC-Schutzmaßnahmen Leisten von Erste-Hilfe-Maßnahmen im Rahmen der Selbst- und Kameradenhilfe Erlernen/Ausüben einer Fachtätigkeit bei Tag und Nacht Das ärztliche Musterungsergebnis ist dabei keine Diagnose oder nach AgesundA oder AkrankA zu differenzieren, sondern drückt sich in einem etwas komplizierten 1 Tauglichkeitsschlüssel aus. Stark vereinfacht werden dabei folgende Tauglichkeitsgrade zusammengefasst: S wehrdienstfähig (mit verschiedenen Verwendungsfähigkeiten) S vorübergehend nicht wehrdienstfähig S dauernd nicht wehrdienstfähig Die erläuternde Begründung erfolgt in Anwendung einer Fehlertabelle, die z. Z. 83 verschiedene musterungsrelevante Körperfehler beschreibt. Der jeweilige Schweregrad der Veränderungen wird mittels Gradation von I bis VII ausgedrückt, wobei I bis III leichteren, wenig bedeutsamen Gesundheitsstörungen entsprechen. Der Grad IV charakterisiert bereits bis mittelschwere Gesundheits-störungen. Akute sowie durch Behandlungsmaßnahmen besserungsfähige Krankheiten/Verletzungen werden in Gradation V zusammengefaßt und entsprechen dem Tauglichkeitsgrad Avorübergehend nicht wehrdienstfähigA, was einer zeitlichen Zurückstellung entspricht. Schwere Gesundheitsstörungen werden mit Gradation VI belegt und sind als Anicht wehrdienstfähigA einzustufen. Ein Sonderfall ist die vor einigen Jahren eingeführte Gradation VII, die einen Grenzfall zwischen mittelschweren und schweren Gesundheitsschäden darstellt und zur Verwendungsfähigkeit für nur bestimmte Tätigkeiten des Grundwehrdienstes unter Freistellung von der Grundausbildung führt. Von den 83 Körperfehlern ist fast jeder 3., nämlich 25 von besonderem orthopädischen Interesse, da er den Haltungs- und Bewegungsapparat betrifft. Ein Blick in die Statistik zeigt, dass davon 4 Fehlerziffern nahezu regelmäßig unter den häufigsten 10 Körperfehlern zu finden sind: Fehler-Nr. 6: Fehler-Nr. 42: Fehler-Nr. 59: Fehler-Nr. 71: Veränderung am Knochensystem Wirbelsäule Gelenke Fuß Im Jahr 1998 wurden im gesamten Bundesgebiet 186 058 Wehrpflichtige des Jahrganges 1979 im Rahmen der Musterung untersucht und dabei rund 1,59 Mio Körperfehler festgestellt (im Durchschnitt 9 Fehler pro Untersuchten). Die nun folgenden Häufigkeitsangaben sind stets auf 1000 Untersuchte bezogen. Am häufigsten waren mit 735,6 l (fast :!) die Schäden an der Wirbelsäule. An 3. Stelle lagen mit 681,8 l die Formveränderungen an den Füßen, an 9. Stelle die Veränderungen am Knochensystem mit 317,5 l (s. Abb. 2). Analysiert man diese Zahlen genauer, fällt auf, dass Normvarianten bzw. leichte bis mittelschwere Veränderungen am Haltungs- und Bewegungsapparat zwar recht weit 2 verbreitet, aber erfreulicherweise selten schwerwiegender Natur sind (Gradationen I bis III). Unter der Gradation V (Zurückstellung) rangieren die Gelenkveränderungen mit 5,3 l an 2. Stelle, gefolgt von Veränderungen am Knochensystem mit 4,5 l, in der Regel noch nicht vollständig konsolidierte Frakturen (s. Abb. 3). Wehruntauglichkeit (Gradation VI) wurde an 3. Stelle bei 4,8 l wegen Wirbelsäulenveränderungen und an 4. Stelle bei 4,3 l wegen Gelenkveränderungen festgestellt (s. Abb. 4). Ernst zu nehmen scheint mit die Vielzahl der Wirbelsäulen- und Gelenkbefunde aller Schweregrade bereits in jungen Jahren. Freizeitverhalten, Bewegungsmangel und Eßgewohnheiten spielen hier sicher eine entscheidende Rolle. Wehrmedizinische Präventivmaßnahmen betreffen in erster Linie den gesundheitsspezifischen Einsatz der untersuchten Wehrpflichtigen, das heißt entsprechende Berücksichtigung gesundheitlicher Vorschäden. Darüber hinaus orientieren sich wehrmedizinische Präventivmaßnahmen am Auftrag der Truppe, wie z. B. sanitätsdienstliche Beratungen und Unterrichte, das Impfprogramm, die Sportausbildung oder angewandte Ernährungswissenschaft. Prospektiv können wir nur hoffen, dass insbesondere unsere gesundheits-erzieherischen Bemühungen während der Wehrdienstzeit einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Die Erfahrung lehrt jedoch heute leider, dass nur zu oft im wehrpflichtigen Alter praktisch sämtliche Lebensgewohnheiten bereits so stark fixiert sind, dass sie sich in den wenigen Monaten Grundwehrdienst (Tendenz weiter sinkend) nicht nachhaltig verändern lassen. 3