Die Umwandlung von Regie- und Eigenbetrieben in ein

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Die Umwandlung von Regie- und Eigenbetrieben in ein
ISSN 0522-5337
15. August 2011
142. Jahrgang
B 1605
Seiten 485–516
BayVBl. 16/2011
Bayerische Verwaltungsblätter
Zeitschrift für öffentliches Recht und öffentliche Verwaltung
Herausgeber
Hans Angerer, Regierungspräsident von Oberfranken a. D.
Rolf Hüffer, Präsident des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs a. D.
Dr. Markus Möstl, Professor des öffentlichen Rechts an der Universität
Bayreuth
Dr. h. c. Heino Schöbel, Ministerialdirigent im Bayerischen Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz a. D. – ehemals
Leiter des Landesjustizprüfungsamts
Redaktion
Dr. Herbert von Golitschek, Präsident a. D. des Bayerischen
Verwaltungsgerichts Würzburg
Aus dem Inhalt
485 Lorenzmeier Grenzen kommunaler Selbstverwaltung und
493
497
499
500
508
511
völkerrechtskonforme Auslegung
Baier/Müller Die Umwandlung von Regie- und Eigenbetrieben
in ein Kommunalunternehmen
EuGH Öffentliche Aufträge; Rettungsdienst; öffentlicher
Dienstleistungsauftrag; Dienstleistungskonzession
BVerfG Aufenthaltserlaubnis; Sprachkenntnisse
BayVGH Beseitigungsanordnung; Verhältnismäßigkeit
BVerwG Dienstliche Beurteilung; fiktive Fortschreibung
BayVerfGH Strafbefehl; Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand
Å BOORBERG
15. August 2011
BayVBl.
16/2011
Bayerische Verwaltungsblätter
Zeitschrift für öffentliches Recht und öffentliche Verwaltung
Inhalt
Abhandlungen
Lorenzmeier, Grenzen kommunaler Selbstverwaltung und völkerrechtskonforme Auslegung — 485
Baier/Müller, Die Umwandlung von Regie- und Eigenbetrieben
in ein Kommunalunternehmen aus kommunalrechtlicher, handelsrechtlicher und steuerlicher Sicht — 493
Ausbildung und Prüfung
Lösungsskizze zur Aufgabe 8 der Zweiten Juristischen Staatsprüfung 2007/1 (Text s. BayVBl. 2011, 481) — 513
Literatur
Voitl/Luber, Das neue Dienstrecht in Bayern (Hoffmann)
— 516
Notizen
Veranstaltungsbericht 2. Speyerer Tage zum Friedhofs- und
Bestattungsrecht — II
Veranstaltungen, Vorschau, Impressum — III, IV
Rechtsprechung
EuGH
U. v. 10. 3. 2011
Rs. C-274/09
BVerfG
B. v. 25. 3. 2011
2 BvR 1413/10 Aufenthaltserlaubnis; Ehegattennachzug; einfache Kenntnisse der deutschen
Sprache — 499
BayVGH
U. v. 28. 6. 2010
1 B 09.1911
Beseitigungsanordnung (Reduzierung der Wandhöhe, Rückbau bzw. Beseitigung
von Balkonen); materielle Illegalität (Widerspruch zu den Bestimmungen einer
Außenbereichssatzung); Wirksamkeit der Außenbereichssatzung; geringfügiges
Vortreten von Gebäudeteilen; Grundsatz der Verhältnismäßigkeit; Unerheblichkeit der – erheblichen – für die Beseitigung aufzuwendenden bzw. durch sie entstehenden Kosten; Gleichbehandlungsgebot — 500
U. v. 6. 4. 2011
11 B 08.1892
Benutzungspflicht für Radweg; Mindestanforderungen der VwV-StVO — 504
U. v. 9. 11. 2010
6 BV 09.675
Erschließungsbeitrag; Erschließungsvertrag; Regimeentscheidung; Anbaustraße;
Wohnweg; Kosten für Grunderwerb; Grundflächen; Aufwandsverteilung;
Erschlossensein — 507
BVerwG
Öffentliche Aufträge; Konzession für Gemeinwohldienstleistungen; Rettungsdienste; Unterscheidung zwischen „öffentlichem Dienstleistungsauftrag“ und
„Dienstleistungskonzession“ — 497
U. v. 16. 12. 2010 2 C 11.09
Dienstliche Beurteilung; fiktive Fortschreibung; belastbare Tatsachengrundlage;
Mandat; Abgeordnete; Wiederaufnahme des Dienstes; Benachteiligungsverbot;
Leistungsgrundsatz; Grundsatz der Bestenauslese; Auswahlentscheidung
— 508
B. v. 7. 1. 2010
Gemeindliche Satzungsbefugnis; öffentliche Einrichtung (Friedhof); Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft; Grabmal; Verbot der Kinderarbeit — 510
7 BN 2.09
Wissenswertes für den Rechtsanwalt
BayVerfGH E. v. 12. 5. 2010
Vf. 117-VI-09
Rechtliches Gehör; Einspruch gegen Strafbefehl; Wiedereinsetzung in den vorigen Stand; Zugang zu den Strafgerichten; Säumnis des Betroffenen — 511
I BayVBl. 16/2011
BayVBl. Heft 16/2011
Baier/Müller, Die Umwandlung von Regie- und Eigenbetrieben in ein Kommunalunternehmen — 493
Die Umwandlung von Regie- und Eigenbetrieben in ein Kommunalunternehmen aus kommunalrechtlicher, handelsrechtlicher und
steuerlicher Sicht
Von Dipl.-Kfm. Steuerberater Matthias Baier und Steuerberater Rainer Müller*
Baier/Müller, Die Umwandlung von Regie- und Eigenbetrieben in ein KommunalunternehmenBaier/Müller, Die Umwandlung von
Regie- und Eigenbetrieben in ein Kommunalunternehmen
Regie- oder Eigenbetriebe galten jahrzehntelang als das optimale Instrument wirtschaftlicher Betätigung von
Kommunen. Unternehmerisches Handeln konnte in diesen Organisationsformen mit umfassender politischer
Kontrolle verbunden werden. In den letzten Jahren wird die Dominanz der Regie- oder Eigenbetriebe
zunehmend ins Wanken gebracht. Grund ist eine tiefgreifende Veränderung des kommunalen Wirtschaftsrechts mit der Einführung einer neuen Rechtsform für kommunale Unternehmen. Die Einführung dieser
neuen Rechtsform, das sog. Kommunalunternehmen, und die hiermit in Zusammenhang stehende Möglichkeit der Umwandlung eines Regie- oder Eigenbetriebs in ein solches Kommunalunternehmen wirft zahlreiche
rechtliche Fragestellungen auf. Im nachfolgenden Beitrag soll der Umwandlungsvorgang aus kommunalrechtlicher, handelsrechtlicher und steuerlicher Sicht umfassend beleuchtet werden.
1. Einleitung
Regie- oder Eigenbetriebe galten jahrzehntelang als das optimale Instrument wirtschaftlicher Betätigung von Kommunen. Unternehmerisches
Handeln konnte in diesen Organisationsformen mit umfassender politischer Kontrolle verbunden werden.
In den letzten Jahren wird die Dominanz der Regie- oder Eigenbetriebe zunehmend ins Wanken gebracht. Grund ist eine tiefgreifende
Veränderung des kommunalen Wirtschaftsrechts mit der Einführung einer neuen Rechtsform für kommunale Unternehmen. Die Bezeichnung
für die neue Rechtsform variiert. Es existieren die Begriffe „Kommunalunternehmen“, „kommunale Anstalt“ und „Anstalt des öffentlichen
Rechts“. In nachfolgender Darstellung soll aus Vereinfachungsgründen
ausschließlich die in Bayern geltende Bezeichnung „Kommunalunternehmen“ verwendet werden.
Die Einführung der neuen Rechtsform und die hiermit in Zusammenhang stehende Möglichkeit der Umwandlung eines Regie- oder Eigenbetriebs in ein Kommunalunternehmen wirft zahlreiche rechtliche Fragestellungen auf. In nachfolgendem Beitrag soll der Umwandlungsvorgang
aus kommunalrechtlicher, handelsrechtlicher und steuerlicher Sicht umfassend beleuchtet werden.
2. Umwandlung aus kommunalrechtlicher Sicht
2.1. Kommunalrechtliche Grundlagen
Art. 86 Nr. 2 der BayGO1 ermöglicht es bei Vorliegen der in Art. 87
BayGO aufgeführten Voraussetzungen den Gemeinden, außerhalb ihrer
allgemeinen Verwaltung ein Unternehmen als selbstständiges Kommunalunternehmen des öffentlichen Rechts zu betreiben. Hierzu ermächtigt
Art. 89 Abs. 1 BayGO die Gemeinde, Kommunalunternehmen zu errichten oder bestehende Regie- und Eigenbetriebe im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in Kommunalunternehmen umzuwandeln.
Ferner sieht Art. 89 Abs. 2 a BayGO vor, dass eine 100%ige TochterKapitalgesellschaft der Gemeinde durch Formwechsel in ein Kommunalunternehmen umgewandelt werden kann. Hierbei wird explizit auf die
Vorschriften des UmwG2 (§§ 193 – 195, 197 – 199, 200 Abs. 1, §§ 201,
202 Abs. 1 und Abs. 3) Bezug genommen. Diese sind damit entsprechend
anzuwenden.
Das Kommunalunternehmen entsteht am Tag nach der Bekanntmachung der Unternehmenssatzung, außer in der Satzung ist ein späterer
Tag bestimmt. Die Bekanntmachung hat nach den Bestimmungen des
Art. 26 BayGO in der Regel im Amtsblatt der Gemeinde zu erfolgen.
Einer aufsichtsbehördlichen Genehmigung bedarf die Errichtung eines
Kommunalunternehmens nicht. Es besteht lediglich eine Anzeigepflicht
bei der Rechtsaufsichtsbehörde bei Errichtung, wesentlicher Erweiterung
oder Auflösung eines Kommunalunternehmens (Art. 96 BayGO).
Der Begriff „Umwandlung“ ist hier als Überführung zu verstehen. Neben der Überführung zur Neugründung eines Kommunalunternehmens
(sog. Ausgründung) ist auch die Überführung zur Aufnahme durch ein
bestehendes Kommunalunternehmen geregelt (§ 7 Abs. 2 und Abs. 4
KUV3).
Mit der Umwandlung tritt das Kommunalunternehmen in alle Rechte
und Pflichten des bisherigen Regie- oder Eigenbetriebes ein. Diese Gesamtrechtsnachfolge erfolgt kraft Gesetzes, so dass es keiner gesonderten
Übertragungsakte bedarf. Werden Grundstücke in der Unternehmenssatzung aufgeführt, so bedarf es für den Eigentumsübergang keiner notariellen Beurkundung4.
2.2. Bedeutung und Inhalt der Unternehmenssatzung
Maßgebende Bedeutung für die Entstehung eines Kommunalunternehmens kommt allein der Unternehmenssatzung zu5. Unerheblich ist, ob
und wann eine Eintragung in das Handelsregister stattfindet. Die Eintragung wirkt nicht konstitutiv, sondern nur deklaratorisch6.
Die Satzung ist grundsätzlich nur wirksam, wenn die formellen und
materiellen Erfordernisse eingehalten sind. Formelle Mängel führen
grundsätzlich zur Unwirksamkeit der Satzung, materielle Verstöße zur
Nichtigkeit der Einzelvorschrift oder der gesamten Satzung.
Zu den formellen Erfordernissen gehören die Vorschriften zu Zuständigkeit, Form und Verfahren einschließlich Verkündung und Bekanntmachung7. Die Unternehmenssatzung ist dementsprechend vom Anstaltsträger nach den allgemeinen kommunalrechtlichen Bestimmungen
zu erlassen. Aufgrund der Tragweite der Entscheidung hat das Kommunalgremium selbst den Beschluss über die Satzung zu fassen, eine Übertragung auf einen Ausschuss kommt nicht in Betracht8. Die Satzung wird
vom Bürgermeister ausgefertigt und bekanntgemacht.
Neben dem materiellen Mindestinhalt der Unternehmenssatzung gemäß Art. 89 Abs. 3 Satz 2 BayGO und § 5 KUV (Name und Aufgaben
des Unternehmens, Zahl der Mitglieder des Vorstands und des Verwaltungsrats, Höhe des Stammkapitals, Beschlussfähigkeit des Verwaltungsrats, Entschädigung des Verwaltungsrats sowie eine Geschäftsordnung
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Matthias Baier, Steuerberater und Partner, verantwortet bei der MTGWirtschaftskanzlei den überregionalen Geschäftsbereich „Kommunalberatung“. Rainer Müller, Steuerberater und Partner, leitet bei der MTGWirtschaftskanzlei den Geschäftsbereich „Umwandlung und Umstrukturierung von Unternehmen“; mehr Infos unter www.mtg-group.de.
Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern.
Umwandlungsgesetz.
Verordnung über Kommunalunternehmen (KUV).
Wurzel/Schraml/Becker, Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen,
1. Aufl., Kap. D RdNr. 150.
Klein/Uckler/Ibler, Kommunen als Unternehmer, Kap. 32.00.
Klein/Uckler/Ibler, Kommunen als Unternehmer, Kap. 32.20 RdNr. 3.
Leitzen, Die Umwandlung kommunaler Eigengesellschaften und Regieund Eigenbetriebe aus zivilrechtlicher und notarieller Sicht, MittBayNot
2009, 353 ff.
Wurzel/Schraml/Becker, Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen,
2. Aufl., Kap. D RdNr. 159.
494 — Baier/Müller, Die Umwandlung von Regie- und Eigenbetrieben in ein Kommunalunternehmen
für den Vorstand – falls dieser aus mehreren Personen besteht – und
Verwaltungsrat) und den fakultativ zu treffenden Regelungen (Beteiligungsmöglichkeiten, Zuständigkeiten der Organe, Weisungsrechte der
Kommune gegenüber den Organen des Kommunalunternehmens, Vertretungsregelungen) sind hinsichtlich der Umwandlungssatzung Besonderheiten aufgrund der (Teil-)Gesamtrechtsnachfolge zu beachten.
Der Umwandlungssatzung9 muss mit hinreichender Deutlichkeit entnehmbar sein, welcher kommunale Betrieb in dem Kommunalunternehmen aufgehen soll. Empfehlenswert sind der Gebrauch des Ausdrucks
„Gesamtrechtsnachfolge“ und das genaue Zitat der entsprechenden Satzungsermächtigung in der Gemeindeordnung. Die Übergangsfähigkeit
öffentlich-rechtlicher Rechtspositionen (Gebührenansprüche, Zuständigkeiten, Eingriffsbefugnisse, Verwaltungsrechtsverhältnisse usw.) richtet sich nach öffentlich-rechtlichen Kriterien. Für den Übergang zivilrechtlicher Rechtspositionen gelten die allgemeinen Vorschriften10. Die
Umwandlungssatzung muss einen bestimmten Stichtag enthalten, den
sog. Umwandlungsstichtag.
Für den Übergang von Grundstücken und grundstücksbezogenen
Rechten ist aus Publizitätsgründen des sich außerhalb des Grundbuchs
vollziehenden Rechtsübergangs eine dem § 28 GBO11 genügende Bezeichnung in der Umwandlungssatzung erforderlich (§ 7 Abs. 1 Satz 3
KUV)12. Für das übrige Vermögen ist auf die Grundsätze für die Übertragung von Sachgesamtheiten zurückzugreifen. Es muss danach hinreichend bestimmt sein, welche Gegenstände übergehen. Bei der Übertragung von (Teil-)Betrieben wird es durchaus als ausreichend angesehen,
wenn der (Teil-)Betrieb bezeichnet wird und die Gegenstände mithilfe
betriebswirtschaftlicher Betrachtung zugeordnet werden können13.
Bestimmtheitsmängel sind grundsätzlich nicht heilbar. Gehen wesentliche Betriebsgrundlagen durch den Mangel nicht über, ist der Umwandlungsvorgang insgesamt fehlgeschlagen. Wurden nur einzelne nicht wesentliche Gegenstände nicht aufgeführt, kommt für diese nur eine nachträgliche Einzelübertragung in Betracht14.
2.3. Grundlagen der Eröffnungsbilanz
§ 7 Abs. 1 Satz 1 KUV bestimmt, dass dem Beschluss zur Umwandlung
des Regie- oder Eigenbetriebs in ein Kommunalunternehmen eine Eröffnungsbilanz zugrunde zu legen ist. Dabei sind die Inventarvorschriften
des HGB15 maßgebend. Weder die Eröffnungsbilanz noch das aufgestellte Inventar müssen aber zwingend Bestandteil der Satzung sein.
Liegt die Eröffnungsbilanz zum Zeitpunkt des Entstehens des Kommunalunternehmens nicht vor, ist über diese gesondert zu beschließen
(§ 7 Abs. 2 Satz 1 KUV). Die rechtliche Entstehung des Kommunalunternehmens kann jedoch nicht rückbezogen werden (Art. 89 Abs. 3 Satz 4
BayGO).
Liegt die Eröffnungsbilanz zum Zeitpunkt des Entstehens des Kommunalunternehmens jedoch bereits vor, ist eine wirtschaftliche Rückwirkung der Geschäftsvorfälle im Innenverhältnis möglich, wenn das Kommunalunternehmen spätestens acht Monate nach dem Bilanzstichtag zivilrechtlich entsteht. Diese Regelung entspricht der handelsrechtlichen
Rückwirkungsmöglichkeit in Umwandlungsfällen.
3. Umwandlung aus handelsrechtlicher Sicht
3.1. Anwendung von § 1 Abs. 1 UmwG
§ 1 Abs. 1 UmwG definiert die handelsrechtliche Umwandlung durch
erschöpfende Aufzählung der möglichen Umwandlungsarten und ordnet
somit an, dass diese Umwandlungsarten (Verschmelzung, Aufspaltung,
Abspaltung, Ausgliederung, Vermögensübertragung und Formwechsel) – und auch nur diese – Umwandlungen im Sinne des UmwG mit
Gesamtrechtsnachfolge und entbehrlicher Abwicklung des erlöschenden
Rechtsträgers sind16. Die Anstalt des öffentlichen Rechts (AdöR)17 ist im
UmwG als möglicher beteiligter Rechtsträger für einen Formwechsel vorgesehen, jedoch nur für den Formwechsel einer AdöR in eine Kapitalgesellschaft (§ 191 Abs. 1 Nr. 6 UmwG).
Die Ausgliederung von Vermögen aus Gebietskörperschaften gemäß
§ 123 Abs. 3 i. V. m. § 168 UmwG als Unterfall der Spaltung ist nur für
die Ausgliederung eines Unternehmens auf eine Kapitalgesellschaft oder
BayVBl. Heft 16/2011
eine Personenhandelsgesellschaft und somit nur auf eine privatrechtliche
Gesellschaftsform möglich.
Die Umwandlung eines Regie- oder Eigenbetriebs in ein Kommunalunternehmen kann folglich nicht unter § 1 Abs. 1 UmwG subsumiert
werden.
3.2. Anwendung von § 1 Abs. 2 UmwG
§ 1 Abs. 2 UmwG regelt, dass eine Umwandlung i. S. des § 1 Abs. 1
UmwG außer in den im UmwG aufgeführten Fällen nur möglich ist,
wenn sie durch Bundes- oder Landesgesetz ausdrücklich vorgesehen ist.
Art. 89 Abs. 2 a BayGO ist unstreitig eine derartige landesrechtliche
Vorschrift. Diese verweist für den Formwechsel einer kommunalen Tochter-Kapitalgesellschaft in ein Kommunalunternehmen auf die Regelungen im UmwG zum Formwechsel.
Art. 89 Abs. 1 BayGO hingegen, der die kommunalrechtliche Grundlage für die Umwandlung eines Eigen- oder Regiebetriebs in ein Kommunalunternehmen darstellt, enthält keinen Verweis auf die Regelungen
zum UmwG. In der Literatur wird aber die Meinung vertreten, Art. 89
BayGO sei insgesamt eine Vorschrift auf Basis der Ermächtigung durch
§ 1 Abs. 2 UmwG18. Das Niedersächsische Finanzgericht folgte allerdings
dieser Auffassung nicht19 (s. hierzu ausführlich Abschnitt 4.1.1).
4. Umwandlung aus steuerlicher Sicht
4.1. Ertragsteuerliche Beurteilung nach dem Umwandlungssteuerrecht
Steuerlich ist die Überführung eines Regie- oder Eigenbetriebes in ein
Kommunalunternehmen deshalb relevant, weil es sich um einen steuerpflichtigen Betrieb gewerblicher Art (BgA) handelt (§ 1 Abs. 1 Nr. 6
i. V. m. § 4 KStG) und darin steuerlich verstrickte stille Reserven vorhanden sein können.
Das UmwStG20 lässt sich grundsätzlich in zwei Bereiche gliedern.
Der zweite bis fünfte Teil des UmwStG (§§ 3 – 19) regelt dabei u. a.
die Verschmelzung auf eine Personengesellschaft, auf eine andere Körperschaft, den Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft sowie die Auf- und Abspaltung als Untervarianten der Spaltung. Für die Ausgliederung als weitere Untervariante der Spaltung gelten diese Teile nicht.
Der sechste bis achte Teil des UmwStG (§§ 20 – 25) behandelt u. a. die
Einbringung von Unternehmensteilen in eine Kapitalgesellschaft oder in
eine Personengesellschaft, den Formwechsel einer Personengesellschaft
in eine Kapitalgesellschaft sowie den Anteilstausch.
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Die Umwandlungssatzung sollte explizit als solche bezeichnet werden.
Leitzen, Die Umwandlung kommunaler Eigengesellschaften und Regieund Eigenbetriebe aus zivilrechtlicher und notarieller Sicht, MittBayNot
2009, 353 ff.
Grundbuchordnung.
S. aktuell zu grundstücksbezogenen Rechten: OLG Schleswig, Beschluss
vom 26. 8. 2009 2 W 241/08.
Leitzen, Die Umwandlung kommunaler Eigengesellschaften und Regieund Eigenbetriebe aus zivilrechtlicher und notarieller Sicht, MittBayNot
2009, 353 ff.
Leitzen, Die Umwandlung kommunaler Eigengesellschaften und Regieund Eigenbetriebe aus zivilrechtlicher und notarieller Sicht, MittBayNot
2009, 353 ff.
Handelsgesetzbuch.
Kallmeyer, UmwG, 4. Aufl., § 1 RdNr. 1.
Der Begriff „AdöR“ ist deckungsgleich mit dem Begriff „Kommunalunternehmen“.
Leitzen, Die Umwandlung kommunaler Eigengesellschaften und Regieund Eigenbetriebe aus zivilrechtlicher und notarieller Sicht, MittBayNot
2009, 353 ff.; Wurzel/Schraml/Becker, Rechtspraxis der kommunalen
Unternehmen, 1. Aufl., Kap. D RdNr. 149.
Urteil vom 12. 11. 2009 Az. 6 K 31/09, nrkr. Die niedersächsische
Gemeindeordnung entspricht insoweit der BayGO.
Umwandlungssteuergesetz.
BayVBl. Heft 16/2011
Baier/Müller, Die Umwandlung von Regie- und Eigenbetrieben in ein Kommunalunternehmen — 495
4.1.1 Anwendbarkeit der §§ 3 – 19 UmwStG
Für die Umwandlung eines Regie- oder Eigenbetriebs in ein Kommunalunternehmen kann nach der gesetzlichen Regelung der zweite bis fünfte
Teil des UmwStG dann nicht zur Anwendung kommen, wenn der Zugang über § 1 Abs. 2 UmwG in das UmwStG fehlt.
Das Niedersächsische Finanzgericht21 hat sich in einem Klageverfahren mit der Umwandlung eines Regiebetriebs in ein Kommunalunternehmen22 befasst. Das Finanzgericht sieht den zweiten bis fünften Teil
des UmwStG für diese Überführung aus der fehlenden Verweisung auf
das UmwG und dem daraus folgenden Analogieverbot als nicht eröffnet
an. Es führt diesbezüglich noch weitere Gründe auf:
Eine Verschmelzung setzt voraus, dass das Vermögen eines Rechtsträgers im Ganzen übergeht und der übertragende Rechtsträger ohne Abwicklung erlischt. Dies ist bei einer Gebietskörperschaft denklogisch ausgeschlossen. Der Urteilsfall bezieht sich jedoch nur auf einen Regiebetrieb.
Ob die finanzgerichtliche Argumentation auch auf einen im Sondervermögen mit eigener Wirtschaftsführung verwalteten Eigenbetrieb zutrifft,
ist unseres Erachtens fraglich. Ferner schließt das Finanzgericht die Anwendung der Verschmelzungs- bzw. Spaltungsvorschriften (z. B. Abspaltung) auch deshalb aus, weil es an der in § 2 UmwG vorgesehenen Gewährung von Mitgliedschaftsrechten fehlt. Das Kommunalunternehmen weist
keine Mitglieder auf. Vielmehr definiert es sich durch ein Anbieter-Benutzer-Verhältnis und kann daher nicht unter den Begriff der Körperschaft
(mitgliedschaftliche Organisationsform) gefasst werden23.
Ein Rechtsformwechsel scheidet ebenso aus, da ein Vermögensübergang stattfindet (s. o.).
Das Urteil ist nicht rechtskräftig24. Die OFD25 Hannover hat mit Verfügung vom 27. 11. 2009 postwendend auf das Urteil reagiert und für
die niedersächsische Finanzverwaltung angeordnet, dass die Regelung in
§ 113 a NGO26 insgesamt eine Regelung im Sinne des § 1 Abs. 2 UmwG
darstellt und somit eine steuerneutrale Umwandlung eines BgA in ein
Kommunalunternehmen in analoger Anwendung des UmwStG grundsätzlich möglich ist. Voraussetzung ist insbesondere, dass die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist. Eine länderübergreifende Verwaltungsanweisung existiert hierzu derzeit nicht.
4.1.2 Anwendbarkeit der §§ 20 – 25 UmwStG
Das Niedersächsische Finanzgericht hat im bereits zitierten Urteil die
Umwandlung des Regiebetriebes in ein Kommunalunternehmen als vergleichbar mit einer Ausgliederung bezeichnet, da der zunächst der Stadt
gehörende Regiebetrieb in seiner Gesamtheit auf einen neuen Rechtsträger übertragen wird. Die analoge Anwendung der Vorschriften des
UmwG für die Ausgliederung lehnt es mangels landesgesetzlicher (Verweisungs-)Regelung aber ab. Ob dennoch eine Einstufung des Sachverhaltes als Einbringungsfall zu werten ist, war im Urteilsfall unerheblich
und wurde nicht weiter ausgeführt.
Die vom Finanzgericht hergestellte Vergleichbarkeit mit der Ausgliederung, die Verfügung der OFD Hannover sowie die Meinung in der
Fachliteratur27 lassen den Schluss zu, dass der Vorgang einen Einbringungsfall i. S. der §§ 20 ff. UmwStG darstellt. Wirtschaftlich wird Teilvermögen aus dem Vermögen der Gebietskörperschaft ausgegliedert.
Der Vorgang wäre demnach entweder als Ausgliederung (§ 1 Abs. 3
Nr. 2 UmwStG i. V. m. § 123 Abs. 3 UmwG) oder als Einbringung von
Betriebsvermögen durch Einzelrechtsnachfolge in eine Kapitalgesellschaft (§ 1 Abs. 3 Nr. 4 UmwStG) einzuordnen.
Ein Fall der Ausgliederung kann aber dann nicht vorliegen, wenn
Art. 89 BayGO nicht insgesamt als Verweisungsnorm auf das UmwG gewertet wird. Die Fachliteratur28 sowie die OFD Hannover29 haben in der
Vergangenheit Art. 89 BayGO insgesamt als Nutzung der Ermächtigung
in § 1 Abs. 2 UmwG gesehen (s. auch Abschnitt 3.2). Damit wurde ein
Ausgliederungsvorgang entsprechend dem UmwG bejaht und so der Zugang zum sechsten Teil des UmwStG hergestellt.
§ 1 Abs. 3 Nr. 4 UmwStG umfasst nach dem Gesetzeswortlaut nur
Einbringungen im Wege der Einzelrechtsnachfolge. Gemäß Art. 89 Abs. 1
BayGO erfolgt die Umwandlung eines Eigenbetriebes in ein Kommunalunternehmen aber durch Gesamtrechtsnachfolge, so dass § 1 Abs. 3 Nr. 4
UmwStG im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist.
4.1.3 Problemfelder bei der Anwendung der §§ 20 – 25 UmwStG
Persönlicher Anwendungsbereich
§ 20 Abs. 1 UmwStG reduziert den persönlichen Anwendungsbereich
hinsichtlich der übernehmenden Gesellschaft auf Kapitalgesellschaften
und Genossenschaften. Andere Rechtsträger kommen nach dem Gesetzeswortlaut nicht als übernehmende Gesellschaft in Betracht. Für ausländische Gesellschaften ist ein Typenvergleich durchzuführen. Eine weitergehende Analogiemöglichkeit soll aber nicht bestehen30. Das Kommunalunternehmen stellt folglich keine Gesellschaft in diesem Sinne dar, so
dass insoweit diese Voraussetzung als nicht erfüllt anzusehen ist.
Sachlicher Anwendungsbereich
Hinsichtlich des sachlichen Anwendungsbereichs der Vorschriften ist das
Vorliegen einer Sacheinlage von entscheidender Bedeutung. Eine Sacheinlage liegt dann vor, wenn neben der Vermögensübertragung einer betrieblichen Einheit die Gewährung neuer Anteile an der aufnehmenden
Gesellschaft an den Einbringenden tritt.
Gegenstand einer begünstigten Einbringung kann auch ein BgA einer
juristischen Person des öffentlichen Rechts sein31. Erforderlich ist, dass
sämtliche wesentliche Betriebsgrundlagen (für den Betriebszweck und
Betriebsablauf erforderliche Wirtschaftsgüter) des Betriebs auf den übernehmenden Rechtsträger übergehen. Die Zurückbehaltung auch nur einer funktional wesentlichen Betriebsgrundlage führt zur Nichtanwendbarkeit von § 20 UmwStG. Eine bloße Nutzungsüberlassung ist demzufolge nicht ausreichend.
Eine Begünstigung des Einbringungsfalls kann des Weiteren nur dann
erfolgen, wenn neue Anteile gewährt werden. Eine Aufstockung eines bereits bestehenden Anteils durch Sachkapitalerhöhung wird auch hierunter erfasst, weil durch die Sacheinlage bei der Übernehmerin unmittelbar
zusätzliches Stammkapital entsteht. Dass zivilrechtlich kein neuer Gesellschaftsanteil entsteht, ist insoweit unerheblich32.
Fraglich ist jedoch, ob ein Kommunalunternehmen Anteile gewähren
kann. Geht man davon aus, dass in Anteilen gewisse Rechte (Mitgliedsrechte, Gesellschaftsrechte) verkörpert werden, wird dies im Schrifttum
nach wie vor überwiegend abgelehnt, da im Unterschied zu Körperschaften oder Personengesellschaften die Kommune nicht Mitglied oder Gesellschafter der Anstalt, sondern Anstaltsträger ist. Die Anstalt fungiert
damit als eine Art verselbstständigter Erfüllungsgehilfe des Anstaltsträgers (= Kommune, Gewährträger)33. Eine mitgliedschaftliche Organisation liegt nicht vor. Die Anstalt nimmt lediglich ausgegliederte Aufgaben
ihrer Errichtungskörperschaft wahr.
Die Rechtsentwicklung in den letzten Jahren lässt unseres Erachtens
an der bisherigen Auffassung Zweifel aufkommen. Kommunalunternehmen können in Bayern und mittlerweile auch in anderen Bundesländern
von mehreren Kommunen gegründet werden (Gemeinsames Kommunalunternehmen, Art. 49 und 50 BayKommZG34). In dieser gemeinsamen Unternehmenssatzung müssen unter anderem Angaben über die
Stammeinlagen sowie die Sitz- und Stimmenverteilung gemacht werden
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Urteil vom 12. 11. 2009 Az. 6 K 31/09, nrkr.
In Niedersachsen wird die Rechtsform als „kommunale Anstalt“ bezeichnet.
S. auch Wurzel/Schraml/Becker, Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen, 1. Aufl., Kapitel D RdNrn. 123, 124.
Revision eingelegt zum BFH (Az. I R 112/09).
Oberfinanzdirektion.
Entspricht inhaltlich Art. 89 Abs. 1 BayGO.
Leitzen, Die Umwandlung kommunaler Eigengesellschaften und Regieund Eigenbetriebe aus zivilrechtlicher und notarieller Sicht, MittBayNot
2009, 353 ff.
Wurzel/Schraml/Becker, Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen,
1. Aufl., Kap. D RdNr. 149.
S. hierzu Abschnitt 4.1.1.
Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, § 20 RdNr. 115.
Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, § 20 RdNr. 31.
Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, § 20 RdNr. 132.
Schraml, in: Wurzel/Schraml/Becker, Rechtspraxis der kommunalen
Unternehmen, 2. Aufl., Kap. D RdNr. 239 a.
Gesetz über die kommunale Zusammenarbeit.
496 — Baier/Müller, Die Umwandlung von Regie- und Eigenbetrieben in ein Kommunalunternehmen
(Art. 50 Abs. 2 Nrn. 1–5 und Art. 50 Abs. 5 BayKommZG). Damit entsteht über die Stammeinlage und den daran begründeten Mitspracherechten zumindest wirtschaftlich ein Anteil. Dies muss unseres Erachtens
unter der neuen Betrachtung analog einer Einmann-Kapitalgesellschaft
auch für einfache Kommunalunternehmen gelten.
Auch wettbewerbsrechtliche Gesichtspunkte sprechen für eine analoge
Anwendung im Steuerrecht. Um eine Benachteiligung der Privatwirtschaft zu vermeiden, wird das Kommunalunternehmen beispielsweise als
Gesellschaft betrachtet, wenn es um die Beurteilung einer grunderwerbsteuerbaren Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG geht35.
Als Ergebnis ist festzuhalten, dass der Einstieg in den Einbringungsteil
des UmwStG im vorliegenden Fall möglich ist. Die engeren Voraussetzungen (Kapitalgesellschaft, Gewährung von Anteilen) sind – wenn man
dem Gesetzeswortlaut folgt – zwar nicht erfüllt. Eine wirtschaftliche Betrachtungsweise unter Betrachtung der Rechtsentwicklung und Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen spricht jedoch für die analoge Anwendung.
Die OFD Nürnberg (jetzt Bayerisches Landesamt für Steuern) befürwortet anscheinend eine analoge Anwendung der Vorschrift des § 20
UmwStG36. Eine offizielle Verfügung hierzu existiert jedoch derzeit nicht.
4.1.4 Rechtsfolgen der Anwendung der §§ 20 – 25 UmwStG
Das Kommunalunternehmen hat grundsätzlich ein Wahlrecht, anstelle
des gemeinen Werts für die übergegangenen Wirtschaftsgüter den Buchwert oder einen Zwischenwert anzusetzen (§ 20 Abs. 2 Sätze 1 und 2
UmwStG). Erfolgt die Einbringung zu Buchwerten, entsteht beim Einbringenden kein Gewinn, da der Wert, mit dem das Kommunalunternehmen die Wirtschaftsgüter ansetzt, für den Einbringenden als Veräußerungspreis für die Anteile gilt. Aufgrund der zwingenden Wertverknüpfung nach § 20 Abs. 3 Satz 1 UmwStG gilt der Wert, mit dem das
Kommunalunternehmen das eingebrachte Betriebsvermögen ansetzt, für
den Einbringenden als Anschaffungskosten für die Anteile.
Der Antrag für die Wahlrechtsausübung ist spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz bei dem für die Besteuerung
der übernehmenden Gesellschaft zuständigen Finanzamt zu stellen (§ 20
Abs. 2 Satz 3 UmwStG). Antragsteller ist die übernehmende Gesellschaft
(hier: Kommunalunternehmen)37.
Soweit der Einbringende bei einer Einbringung unter dem gemeinen
Wert die erhaltenen Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren
veräußert oder mit einer Veräußerung vergleichbare Vorgänge vorliegen,
wird mit steuerlicher Rückwirkung ein im Zeitablauf abschmelzender
Einbringungsgewinn versteuert (§ 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG).
Der Einbringende hat in den dem Einbringungszeitpunkt folgenden
sieben Jahren jährlich bis spätestens 31. Mai nachzuweisen, wenn mit
Ablauf des Tages, der dem maßgebenden Einbringungszeitpunkt entspricht, die erhaltenen Anteile zuzurechnen sind. Wird dieser Nachweis
nicht erbracht, gelten die Anteile als veräußert (§ 22 Abs. 3 Sätze 1
und 2 UmwStG).
4.2. Ertragsteuerlicher Vorgang außerhalb des Umwandlungssteuerrechts
Außerhalb des Umwandlungsgesetzes kommt für die Umwandlung eines
Regie- oder Eigenbetriebs in ein Kommunalunternehmen als maßgebende Vorschrift auch § 6 Abs. 3 EStG38 in Betracht.
§ 6 Abs. 3 EStG sieht zwingende Buchwertfortführung in den Fällen
vor, in denen ein Betrieb unentgeltlich übertragen wird. Bei Ermittlung
des Gewinns des bisherigen Betriebsinhabers sind die Wirtschaftsgüter
mit den Werten anzusetzen, die sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben. Eine Realisierung von stillen Reserven unterbleibt somit. Der Rechtsnachfolger ist zwingend an die Buchwerte gebunden (§ 6 Abs. 3 Satz 3 EStG).
Die Anwendung von § 6 Abs. 3 EStG für den vorliegenden Umwandlungsfall vertritt in der Fachliteratur nur eine Mindermeinung. Außerhalb Bayerns wurden allerdings schon verbindliche Auskünfte durch Finanzämter für die Anwendung von § 6 Abs. 3 EStG erteilt39.
Die Anwendung von § 6 Abs. 4 EStG und § 6 Abs. 5 EStG scheidet
aus, da insoweit nur die Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter geregelt
BayVBl. Heft 16/2011
ist. Im vorliegenden Fall soll jedoch eine Sachgesamtheit übertragen werden.
4.3. Grunderwerbsteuerliche Beurteilung
Sind Grundstücke Bestandteil des in das Kommunalunternehmen im
Wege der Gesamtrechtsnachfolge eingebrachten Betriebs, ist der Vorgang
nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG40 steuerbar.
Da die Grundstücke in die Unternehmenssatzung des Kommunalunternehmens aufgenommen werden müssen, bedarf der Übergang keiner
notariellen Beurkundung41. Das Grundeigentum geht vielmehr ebenso
wie die anderen Aktiva und Passiva ohne einzelrechtsgeschäftliche Übertragung im Augenblick der Umwandlung automatisch über. Es bedarf
lediglich einer Grundbuchberichtigung42. Dem Grundbuchamt ist die
Unrichtigkeit des Grundbuchs schlüssig darzulegen. Dies kann in Einklang mit § 28 GBO nur durch Verweis auf die Unternehmenssatzung
erfolgen.
Eine Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 GrEStG kommt
dann in Betracht, wenn das Grundstück aus Anlass des Übergangs öffentlich-rechtlicher Aufgaben übergeht. Diese Befreiungsvorschrift kann
grundsätzlich keine Geltung beanspruchen, wenn das Grundstück überwiegend einem BgA dient.
Demnach würde für die Übertragung von Grundstücken der kommunalen Abwasserbeseitigung keine Grunderwerbsteuer anfallen. Im Gegensatz dazu ist für den gleichen Vorgang bei Versorgungsbetrieben
Grunderwerbsteuer zu entrichten43.
Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer ist grundsätzlich
die Gegenleistung (§ 8 Abs. 1 GrEStG). Da eine derartige Gegenleistung
bei der Umwandlung eines kommunalen Betriebs nicht in Betracht
kommt, wird der für die Steuerbemessung maßgebliche Wert gemäß § 8
Abs. 2 Nr. 1 GrEStG nach den Werten des § 138 Abs. 2 oder Abs. 3
BewG44 ermittelt (sog. Bedarfswertermittlung/Grundbesitzwerte).
Der Steuersatz beträgt 3,5 % vom Wert der übernommenen Grundstücke. Die Steuer entsteht mit rechtlicher Wirksamkeit des Umwandlungsvorgangs.
Steuerschuldner sind nach § 13 GrEStG die am Vorgang beteiligten
Personen als Gesamtschuldner. Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GrEStG
besteht bei Rechtsvorgängen, die es ohne Begründung eines Anspruchs
auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten, eine Anzeigepflicht der Steuerschuldner beim zuständigen Finanzamt. Auch bei
Grundstückserwerben durch Umwandlungsvorgänge ist nach § 17 Abs. 1
GrEStG grundsätzlich das Finanzamt, in dessen Bezirk das Grundstück
liegt (Lagefinanzamt), zuständig. Dies gilt allerdings nur dann, wenn sich
die Grundstücke im Bezirk des Lagefinanzamtes befinden, in dessen Bezirk sich auch die Geschäftsleitung des Kommunalunternehmens befindet. Ist durch den Umwandlungsvorgang ein Grundstück außerhalb betroffen, ist eine gesonderte Feststellung durchzuführen (§ 17 Abs. 3
Satz 1 Nr. 1 GrEStG).
Die Anzeigepflichtigen haben innerhalb von zwei Wochen, nachdem
sie von dem anzeigepflichtigen Vorgang Kenntnis erhalten haben, den
Vorgang anzuzeigen (§ 19 Abs. 3 GrEStG). Wird ein Antrag auf Grundbuchberichtigung gestellt (§§ 19, 22, 29 GBO), ist zudem der Notar anzeigepflichtig (§ 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GrEStG). Die Grundbuchberichtigung kann erst nach Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung des
Finanzamtes erfolgen (§ 22 Abs. 1 GrEStG).
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Götz, Grunderwerbsteuer bei Übertragung von Anteilen an einer Anstalt
des öffentlichen Rechts, DB 7. 5. 2004, Heft 19 S. 1009 – 1012.
Gay/Gohlke/Neudert, Die AöR im Fokus des Fiskus..., Praxiserfahrungen.
Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, § 20 RdNr. 149.
Einkommensteuergesetz.
Gay/Gohlke/Neudert, Die AöR im Fokus des Fiskus..., Praxiserfahrungen.
Grunderwerbsteuergesetz.
Wurzel/Schraml/Becker, Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen,
1. Aufl., Kap. D RdNr. 150.
Klein/Uckler/Ibler, Kommunen als Unternehmer, Kap. 32.64 RdNr. 5.
Klein/Uckler/Ibler, Kommunen als Unternehmer, Kap. 32.68 RdNr. 4.2.
Bewertungsgesetz.
Rechtsprechung — 497
BayVBl. Heft 16/2011
4.4. Umsatzsteuerliche Beurteilung
Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind nur im Rahmen ihrer
BgA und ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder
beruflich tätig und damit umsatzsteuerlicher Unternehmer (§ 2 Abs. 2
und Abs. 3 Satz 1 UStG45 i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 6 Satz 4 KStG). Werden
mehrere BgA unterhalten, bildet die Gesamtheit der Betriebe das umsatzsteuerliche Unternehmen (A 23 Abs. 2 Satz 1 UStR46).
Gehen die BgA im Ganzen oder ein in der Gliederung gesondert geführter BgA durch die Umwandlung auf einen übernehmenden Rechtsträger für dessen Unternehmen mit der Möglichkeit der Fortführung
über, liegt umsatzsteuerlich ein nichtsteuerbarer Vorgang vor47. Es handelt sich um einen mit einer Geschäftsveräußerung im Ganzen (§ 1
Abs. 1 a UStG) vergleichbaren Tatbestand (§ 1 Abs. 1 a Satz 2 UStG). Der
erwerbende/übernehmende Unternehmer tritt in die umsatzsteuerliche
Rechtsstellung des Übertragenden ein. Er führt u. a. die VorsteuerBerichtigungszeiträume fort (§ 15 a Abs. 10 UStG).
5. Fazit
Die Umwandlung eines kommunalen Regie- oder Eigenbetriebs in ein
Kommunalunternehmen wirft zahlreiche komplexe Fragestellungen auf.
Während die kommunalrechtlichen Grundlagen weitgehend geregelt er-
scheinen, bestehen vor allem hinsichtlich der handelsrechtlichen und
steuerlichen Beurteilung teilweise erhebliche Rechtsunsicherheiten.
Insbesondere die Anwendbarkeit des § 1 Abs. 2 UmwG ist derzeit
nicht gesichert. Eine Versagung der Anwendung dieser Vorschrift und die
hieraus resultierende Versperrung des Zugangs in das UmwStG würden
erhebliche negative Auswirkungen für die betroffenen Kommunen nach
sich ziehen. In einem solchen Fall wären grundsätzlich alle stillen Reserven des betroffenen Regie- oder Eigenbetriebs aufzudecken und der Besteuerung zu unterwerfen. Da das Bayerische Landesamt für Steuern offensichtlich die Anwendung des § 20 UmwStG befürwortet, wäre eine
diesbezügliche offizielle Verfügung aus Gründen der einheitlichen
Rechtsanwendung wünschenswert.
Im Zweifelsfall sollte vor der Umwandlung eine verbindliche Auskunft
gemäß § 89 Abs. 2 AO bei der Finanzverwaltung eingeholt werden.
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Umsatzsteuergesetz.
Umsatzsteuerrichtlinien.
Wurzel/Schraml/Becker, Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen,
1. Aufl., Kap. G RdNr. 242.