Fünf Jahre "Gesamtstädtisches Integrationskonzept"

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Fünf Jahre "Gesamtstädtisches Integrationskonzept"
Fünf Jahre
»Gesamtstädtisches
Integrationskonzept«
Erfolge, Potenziale,
Perspektiven
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Düsseldorfer Integrationskonferenz
am 27. Januar 2011
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Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
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2. Begrüßung
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2.1 Dirk Elbers
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Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Düsseldorf
2.2 Zülfiye Kaykin
07
Staatssekretärin im Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales
des Landes Nordrhein-Westfalen
2.3 Stefan Fischer
08
Sprecher der LIGA Düsseldorfer Wohlfahrtsverbände
3. Impulsvorträge
10
3.1 Vom Konzept zur gelebten Praxis
10
Burkhard Hintzsche
Beigeordneter der Landeshauptstadt Düsseldorf
3.2 Integration im Blick – Ergebnisse der kommunalen Sozialberichterstattung
13
Manfred Golschinski
Leiter des Amtes für Statistik und Wahlen
4. Podiumsdiskussion „Ein gelungenes Integrationskonzept zeigt sich im Handeln“
21
5. Erfahrungen aus der Praxis
25
6. Workshops
27
6.1 Workshop 1 – Interkultur – Chancen und Herausforderungen für die
Düsseldorfer Kultur?
27
Begrüßung durch Beigeordneten Hans-Georg Lohe, Kulturdezernat
6.2 Workshop 2 – Interkulturelle Jugendarbeit zur Integrationsförderung
30
Begrüßung durch Stephan Glaremin,
Leiter der Abteilung Jugendförderung im Jugendamt
6.3 Workshop 3 – OpenCities „Strategien für eine offene Stadt“
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Begrüßung durch Uwe Kerkmann,
Leiter des Wirtschaftsförderungsamtes
7. Projekttische – Vorstellung gelungener Praxisbeispiele der Verbände der freien Wohlfahrt
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1. Einleitung
Fünf Jahre Gesamtstädtisches Integrationskonzept
Erfolge, Potenziale, Perspektiven
Bei der Integrationskonferenz der Landeshauptstadt Düsseldorf am 27. Januar 2011 haben sich
über 170 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus
Politik, Verwaltung und Wohlfahrtsverbänden
sowie politisch und bürgerschaftlich engagierte
Personen mit Ideen zur Umsetzung des Gesamtstädtischen Integrationskonzeptes beschäftigt.
Neben einem fachbereichsübergreifenden
Austausch ging es auch darum, die kommunale
Strategie vorzustellen und einen Ausblick auf
zukünftige Aufgaben zu eröffnen. Workshops
zu ausgewählten Themen, wie der Düsseldorfer
Kulturarbeit, Strategien für eine offene Stadt im
Rahmen des OpenCities-Projektes sowie Ansätze
der interkulturellen Jugendarbeit lieferten neue
Impulse für die Praxis.
Alle Wohlfahrtsverbände beteiligten sich mit
Projekttischen, an denen Beispiele ihrer Arbeit
vorgestellt wurden. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter standen für Nachfragen und Diskussionen
zur Verfügung. Besonders in den Pausen kam es
dort immer wieder zu einem informativen Austausch und konstruktiven Gesprächen.
in ihrer Begrüßungsansprache mit den Worten:
„Das Gesamtstädtische Integrationskonzept steht
nicht nur auf dem Papier, sondern es bewährt
sich in der Praxis“ besonders hervorgehoben.
Oberbürgermeister Dirk Elbers erklärte zur Eröffnung der Konferenz: „In einer offenen Metropole
wie der Landeshauptstadt Düsseldorf stellt Zuwanderung eine gelebte Normalität dar. Darauf hat
sich die Stadt eingestellt. Viele lokale Initiativen,
Projekte der Verbände und Angebote der Stadtverwaltung zeigen, dass das Gesamtstädtische
Integrationskonzept in der Landeshauptstadt
Düsseldorf durch lebensnahe Angebote für Zugewanderte umgesetzt wird“.
Die vorliegende Dokumentation fasst die Vorträge,
Empfehlungen und Ergebnisse der Konferenz noch
einmal zusammen, um sie für die weitere politische
Arbeit zugänglich zu machen.
Die Initiative „Respekt und Mut“ wurde als gelungenes Praxisbeispiel für ein stadtweites Netzwerk vorgestellt. Über 40 verschiedene Kooperationspartner schließen sich dabei jedes Jahr neu
zusammen, um gemeinsam vielfältige Beiträge
zur interkulturellen Verständigung zu leisten.
Der Aufbau von Strukturen und Strategien zur
kommunalen Integrationsarbeit wird in Düsseldorf
laufend durch das Förderprogramm KOMM-INNRW der Landesregierung unterstützt. Diese
kontinuierliche und gute Zusammenarbeit wurde
von Staatssekretärin Zülfiye Kaykin aus dem
Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales
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2.1 Begrüßung
Dirk Elbers
Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Düsseldorf
Der Titel „Fünf Jahre Gesamtstädtisches Integrationskonzept – Erfolge, Potenziale, Perspektiven“
beschreibt den Leitgedanken der Düsseldorfer
Integrationskonferenz, zu der ich Sie ganz herzlich
begrüße. Die gute Resonanz auf diese Veranstaltung verdeutlicht die große Aktualität dieses
Themas. Zugleich zeigt sie, wie selbstverständlich
und intensiv Integrationsfragen heute in der
öffentlichen Diskussion wahrgenommen werden.
Zugewanderte bereichern eine moderne und lebendige Stadtgesellschaft. Diesen Grundsatz formuliert
bereits die „Charta der Vielfalt“. Sie bringt zum
Ausdruck, wie wertvoll und unverzichtbar ein vertrauensvolles Miteinander für die Gestaltung und
Entwicklung einer zukunftsfähigen Gesellschaft ist.
Ein Blick auf die demographische Entwicklung der
nachwachsenden Generationen führt stichhaltig
vor Augen, dass Zuwanderung und Integration
zentrale, gesamtgesellschaftliche Themen sind, die
reichhaltige Aufgaben mit sich bringen. Für die
Landeshauptstadt Düsseldorf stellt eine gelungene
Integrationsarbeit eine vielversprechende Chance
dar. In seinem Impulsvortrag wird Herr Beigeordneter Hintzsche diesen Grundgedanken sowie die
Düsseldorfer Praxis gleich näher ausführen.
Die Landeshauptstadt Düsseldorf versteht Integrationsarbeit als gesamtstädtische Querschnittsaufgabe. Ziele der kommunalen Integrationsarbeit
finden sich daher zum Beispiel im Gesamtstädtischen Integrationskonzept verankert.
Exemplarisch für die Vielfalt der beteiligten
Bereiche möchte ich folgende Ziele aufführen:
n
Förderung der Sprachkompetenz als wesentliche
Voraussetzung für einen schulischen/beruflichen Erfolg,
n
Ausbau des Gründungsnetzwerkes verstärkt
für Menschen mit Migrationshintergrund,
n
Förderung und Stärkung der interkulturellen
Kompetenz, vor allem im offenen Bereich der
Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen.
Weitere strategische Konzepte der Landeshauptstadt Düsseldorf wie das Stadtentwicklungskonzept 2020+ oder die Jugendhilfeplanung enthalten
ebenfalls Integrationsziele.
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In Düsseldorf praktizieren die verschiedensten
Akteure bereits seit vielen Jahren eine aktive und
kreative Integrationsarbeit. Gut, partnerschaftlich
und erfolgreich gestaltet sich beispielweise die Zusammenarbeit mit den Verbänden der freien Wohlfahrt. Seit dem Jahr 2008 schließt der Rahmenvertrag zwischen der Stadt und den Trägern der
freien Wohlfahrtspflege auch den Aufgabenbereich
Integration von Zuwanderinnen und Zuwanderern
ein. Die Verlängerung des Vertrages bis zum Jahr
2015 gibt den Verbänden Planungssicherheit. Angebote und Maßnahmen müssen gesamtstädtisch
kontinuierlich weiterentwickelt werden. Bereits
bestehende kommunale Angebote sollen sich zudem verstärkt interkulturell öffnen.
Für diese Planungen und die politische Arbeit steht
uns der im vergangenen Jahr neu konstituierte Integrationsausschuss (im Zusammenspiel mit den
weiteren kommunalen Fachausschüssen) zur Seite.
Als weiterer kompetenter Partner erweist sich das
Land Nordrhein-Westfalen. Sehr geehrte Frau
Staatssekretärin Kaykin, über die gute Zusammenarbeit zwischen der Landeshauptstadt und dem
Land bin ich sehr froh, kommt sie doch unmittelbar den Menschen zugute. Im Rahmen des Förderprogramms KOMM-IN NRW beteiligte sich das
Land in inzwischen sieben Projekten maßgeblich
an der Entwicklung innovativer Integrationskonzepte. Dazu zählen Projekte wie der Aufbau einer
Fachstelle Integration, die Erstellung und Herausgabe eines Wegweisers für Migrantinnen und Migranten und die Erarbeitung von Produkt- und
Aufgabenbeschreibungen mit den Verbänden.
Integrationspolitik steht immer in der Pflicht,
Perspektiven zu entwickeln, mit denen wir den
aktuellen Herausforderungen begegnen. Ziel ist
dabei, eine solidarische und zukunftsfähige Stadtgesellschaft zu gestalten, die allen Menschen ein
menschenwürdiges Leben und die soziale Teilhabe
ermöglicht. Die heutige Integrationskonferenz
soll hierzu einen Beitrag leisten.
Ich lade Sie ein, diese Gelegenheit zum fachlichen
Austausch und zur Diskussion wahrzunehmen
und wünsche Ihnen einen guten Konferenzverlauf.
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2.2 Begrüßung
Zülfiye Kaykin
Staatssekretärin im Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales
des Landes Nordrhein-Westfalen
Staatssekretärin Zülfiye Kaykin hat das Konzept
der Stadt Düsseldorf zur Integration von Migrantinnen und Migranten gelobt. „Das gesamtstädtische Konzept steht nicht nur auf dem Papier,
sondern es bewährt sich in der Praxis“.
Gleichzeitig hob sie die kontinuierliche und gute
Zusammenarbeit Düsseldorfs mit dem Land
Nordrhein-Westfalen hervor. Grundlage dafür sei
das Landesprogramm zur Kommunalen Integrationsarbeit (KOMM-IN): „Die Stadt Düsseldorf ist
von Anfang an mit dabei. Stadt und Land arbeiten
bereits seit dem Jahr 2005 erfolgreich zusammen“,
erklärte Zülfiye Kaykin. Aktuell liegt der besondere
Schwerpunkt auf der interkulturellen Öffnung der
Verwaltung. Das Integrationsministerium fördert
das Projekt mit 34.000 Euro. „Düsseldorf stellt
sich aktiv auf die Vielfalt der Bevölkerung ihrer
Stadt ein. Das hilft allen Bürgern und eröffnet
auch jungen Menschen mit Migrationshintergrund
mehr Chancen in der Verwaltung“.
Die Themen der Integrationskonferenz zeigten
außerdem, dass sich die Stadt den integrationspolitischen Herausforderungen der Zukunft stelle.
Unter anderem würden in den drei Workshops
wichtige Themen der Integration vor Ort thematisiert. „Chancen und Teilhabe von Menschen
mit Zuwanderungsgeschichte beginnen vor Ort“,
betonte Staatssekretärin Zülfiye Kaykin. Die Landesregierung werde deshalb noch in diesem Jahr
ein Integrationsgesetz auf den Weg bringen, in
dem erfolgreiche Ansätze nachhaltig strukturell
verankert werden.
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2.3 Begrüßung
Stefan Fischer
Sprecher der LIGA Düsseldorfer Wohlfahrtverbände
Die heutige Integrationskonferenz steht unter
der Überschrift „Fünf Jahre Gesamtstädtisches
Integrationskonzept – Erfolge, Potenziale und
Perspektiven“.
Nach fünf Jahren ist es Zeit, Bilanz zu ziehen,
Erfolge zu würdigen, aber auch das Getane einer
kritischen Bewertung zu unterziehen und Handlungsnotwendigkeiten für die Zukunft aufzuzeigen.
In Düsseldorf leben Menschen aus über 180
Nationen. Düsseldorf ist eine weltoffene und tolerante Stadt und Düsseldorf ist zu Recht stolz auf
seinen internationalen Charakter. Dennoch gibt
es auch in Düsseldorf Sozialräume mit erheblichen
Integrationsproblemen. Daher dürfen wir in unseren Bemühungen um eine erfolgreiche Integration
nicht nachlassen.
Das Ziel von Integration besteht darin, dass die
Migrantinnen und Migranten sowie ihre Kinder in
der deutschen Gesellschaft ankommen und
ein persönliches Zugehörigkeitsgefühl entwickeln,
ohne dabei ihre eigene Kultur aufzugeben. Gelungene Integration vereint bisherige und neue Zugehörigkeitsgefühle.
Integration ist ein mehrstufiger Prozess. Er besteht
aus Annäherung, gegenseitiger Auseinandersetzung
und Kommunikation, dem Finden von Gemeinsamkeiten, dem Feststellen von Unterschieden und
der Übernahme gemeinschaftlicher Verantwortung der Zugewanderten und der Mehrheitsbevölkerung. Im Ziel wird Deutschland als neue Heimat
empfunden und angenommen.
Integration ist damit ein gesamtgesellschaftlicher
Prozess, für dessen Erfolg schlüssige Konzepte,
ausreichende Ressourcen und politischer Wille erforderlich sind. Eine erfolgreiche Integration erfordert eine Steuerung und Begleitung durch Politik
und staatliche Stellen. Sie ist aber gleichermaßen
angewiesen auf die Initiative und das Engagement
von Einzelpersonen und Migrantenselbstorganisationen sowie auf die aktive Mitgestaltung durch
die Freie Wohlfahrtspflege.
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Die Verbände der freien Wohlfahrtspflege in
Düsseldorf bekennen sich zu diesem gesellschaftlichen Auftrag und sie wirken seit vielen Jahren
an der Integrationsarbeit in unserer Stadt mit
und dieses in zweierlei Hinsicht: Zum einen,
indem sie subsidiär Aufgaben der kommunalen
Integrationsarbeit für die Stadt wahrnehmen,
zum anderen, indem sie selbstständig, eigenverantwortlich und auch mit eigenem finanziellen
Engagement Integrationsprojekte konzipieren,
durchführen und evaluieren. Die Projekte „Fairplay“ (ein Integrationsprojekt für Kinder und
Jugendliche in Wersten) und die berufsorientierte
Integrationsberatung der Arbeiterwohlfahrt oder
die Projekte InGe (interkulturelle Gesundheitsaufklärung) oder MiMi (Mit Migranten für Migranten) des Deutschen Roten Kreuzes seien hier
nur beispielhaft genannt. Leider haben das eigenständige Engagement und die Fachlichkeit der
Wohlfahrtsverbände im Themenfeld Integration
in Politik und Verwaltung noch nicht die angemessene Wahrnehmung und Berücksichtigung
gefunden.
Eine erfolgreiche Integration braucht vielfältige
und differenzierte Angebote und Einrichtungen.
Dazu gehören unter anderem:
n
Sprach- und Orientierungskurse
(„Integrationskurse“), Servicestellen zur Integrationsberatung und -begleitung, Aufbaukurse,
Anpassungs- und Umschulungsmaßnahmen,
Fortbildungs- und Begegnungsmaßnahmen,
n
Spezialdienste und Hilfen für Gruppen mit
besonderem Hilfebedarf, wie zum Beispiel
Verfahrensberatung für Flüchtlinge, integrative
Jugendförderung, Schul- und Bildungspolitik:
Kindergarten, Schule, Berufsvorbereitung,
Berufsausbildung,
n
integrative Arbeitsmarktpolitik, integrative
Kulturpolitik sowie weitere Maßnahmen im
Bereich der Antidiskriminierung.
Fast alle diese Angebote und Einrichtungen haben
wir hier in Düsseldorf und wie sie arbeiten und
welche Potenziale und Weiterentwicklungsmöglichkeiten bestehen, werden wir bezogen auf drei
Beispielbereiche in den Workshops heute Nachmittag diskutieren.
Eine erfolgreiche Integration setzt neben geeigneten und zielführenden Angeboten auch die
Integrationsbereitschaft der Migrantinnen und
Migranten voraus. Diese ist nach unseren Erfahrungen erheblich größer, als man vor dem Hintergrund der beständig in einigen Medien geführten
Diskussionen annehmen könnte. Außerdem besteht in Bezug auf den Integrationserfolg sicherlich
auch ein Zusammenhang zwischen der Integrationsbereitschaft der Migrantinnen und Migranten
und der Glaubwürdigkeit der Botschaften und
Angebote der Aufnahmegesellschaft. Wenn zum
Beispiel beständig gefordert wird, Migrantinnen
und Migranten müssten zuerst und zeitnah die
deutsche Sprache lernen, was ja zweifellos richtig
ist, dann aber, wie bis vor Kurzem, mehrere Monate
vergehen, bis ein Platz in einem Sprachkurs zur
Verfügung steht, ist dieses weder glaubwürdig noch
integrationsfördernd. Gleiches gilt, wenn aufgrund
zu geringer Kapazitäten längere Wartezeiten in der
Migrationsberatung entstehen.
Abschließend möchte ich Ihren Blick noch auf
eine Migrantengruppe lenken, die in besonderer
Weise der Hilfe bedarf, nämlich die Menschen mit
keinem oder mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus.
Es handelt sich dabei oft um Familien, die lange
in Deutschland leben, deren Kinder hier geboren
wurden, zur Schule gehen, Ausbildungen absolvieren
und perfekt Deutsch sprechen. Ein dauerhaftes
Bleiberecht für diese Menschen, die vielfach bestens
integriert sind, ist aus Gründen der Menschlichkeit
dringend angeraten. Es wäre zudem ein starkes
Signal für die ernste und uneingeschränkte Bereitschaft zur Integration von Zugewanderten.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Die Förderung und weitere Verbesserung der
Integrationsleistung unserer Gesellschaft ist ohne
Alternative. Sie ist, neudeutsch, eine Win-WinSituation für alle. Lassen Sie uns gemeinsam weiter
daran arbeiten, die Vielfalt gesellschaftlichen Lebens
konstruktiv zu nutzen, lassen Sie uns weiter für
die Erkenntnis werben, dass Migrantinnen und
Migranten unsere Gesellschaft bereichern, indem
sie sich in sozialer, kultureller und auch wirtschaftlicher Hinsicht in die Gesellschaft der Aufnahmeländer einbringen. Schärfen wir den Blick dafür,
was Menschen mit Migrationshintergrund brauchen, was sie interessiert und was sie mitbringen –
und für die Chancen und Perspektiven, die ihre
Integration bietet.
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3.1 Vom Konzept zur gelebten Praxis
Burkhard Hintzsche
Beigeordneter der Landeshauptstadt Düsseldorf
Ich begrüße Sie ganz herzlich und danke Ihnen,
dass Sie so zahlreich meiner Einladung zur Integrationskonferenz gefolgt sind. Ich freue mich,
dass ich hier die unterschiedlichsten Bereiche
der Verwaltung, bürgerschaftlich und politisch
engagierte Düsseldorferinnen und Düsseldorfer
sowie unterschiedlichste Institutionen – von
Jugendfreizeiteinrichtungen, Migrationsdiensten
bis zu Kultureinrichtungen – gemeinsam in einem
Raum begrüßen darf.
Das kontinuierliche Engagement und die gute
Ausgangslage in der Landeshauptstadt Düsseldorf
für ein integratives Zusammenleben aller Einwohnerinnen und Einwohner wurde auch durch
die Studie „Ungenutzte Potenziale – Zur Lage der
Integration in Deutschland“ des Berliner Instituts
für Bevölkerung und Entwicklung hervorgehoben.
Im interkommunalen Vergleich von 20 deutschen
Großstädten anhand ausgewählter Integrationsindikatoren schnitt Düsseldorf auf Platz vier
überdurchschnittlich gut ab.
Kommunale Integrationsarbeit in Düsseldorf
Vor über fünf Jahren hat der Rat ein gesamtstädtisches Integrationskonzept für die Landeshauptstadt Düsseldorf beschlossen. Dieses Konzept
ist von seinem Grundsatz her als dynamisches
Konzept zu verstehen. Seine Grundgedanken
spiegeln sich in unterschiedlichen Fachbereichspapieren sowie weiteren Strategiepapieren der
Stadt wider.
Das Thema der Integration von Migrantinnen
und Migranten beschäftigt die Landeshauptstadt
Düsseldorf seit Jahrzehnten. Bereits 1992 hat die
Stadt für die Publikation „Ausländer raus!?
‚Stunde Null‘ – Ausländer verlassen die Stadt
Düsseldorf“ den Theodor-Heuss-Preis erhalten.
Die Studie basiert auf einer fiktiven Situationsanalyse und untersucht den Fall, dass alle Ausländerinnen und Ausländer ad hoc die Stadt verließen.
Ein solches Szenario hätte verheerende Auswirkungen auf die Wirtschaft und den Dienstleistungssektor vor Ort. Durch Aufzeigen der verheerenden
Konsequenzen konnte im Rahmen dieser Studie
die populär politische Forderung „Ausländer
raus!“ ad absurdum geführt werden.
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Vorhandene Integrationsschwierigkeiten, zum
Beispiel im Bildungsverlauf, gilt es differenziert
und vor allem auch geschlechtsspezifisch zu
betrachten. Schlechtere Bildungsabschlüsse
erreichen in erster Linie männliche jugendliche
Migranten. Die Integrationsauswertungen auf
Landesebene zeigen auch, dass eingebürgerte
Migrantinnen und Migranten bessere Bildungsergebnisse erzielen als Neuzugewanderte. Mit
diesen Ergebnissen können wir die Hoffnung
verbinden, dass sich mit längerer Aufenthaltsdauer
auch die Integrationsergebnisse der Einwohnerinnen und Einwohner mit Migrationshintergrund
verbessern.
Fallbeispiele gelebter Integration
Die Lebensrealitäten von Zugewanderten in der
Landeshauptstadt Düsseldorf sind sehr vielfältig.
Mit den folgenden vier Fallbeispielen fiktiver
Personen möchte ich diesen Grundgedanken
weiter veranschaulichen.
Sergej reiste im Alter von zwölf Jahren mit seinen
Eltern aus Russland ein. Seine ersten Monate in
Düsseldorf verbrachte er mit seiner Familie in
einer zentralen Unterkunft für Aussiedler. Mit
der Entscheidung seiner Eltern zur Auswanderung
aus Russland konnte er sich anfangs gar nicht
anfreunden. Er wollte im ersten Jahr nur noch zu
seinen alten Freunden zurück. Auch die deutsche
Sprache war ihm fremd.
Die Seiteneinsteigerberatung und Deutschförderklassen an der Schule halfen ihm, seinen Bildungsweg fortzuführen. Später konnte er an seinem
Gymnasium einen Russischleistungskurs belegen.
Mittlerweile hat Sergej eine Ausbildung als Werbekaufmann bei einem Düsseldorfer Unternehmen
begonnen, das seine russischen Sprachkenntnisse
sehr schätzt.
Als sich Lian Mai aus der Volksrepublik China vor
drei Jahren an der Heinrich-Heine-Universität
für ein Studium der Wirtschaftswissenschaften
einschrieb, hatte sie bereits einen Deutschtest
absolviert. Bei ihren ersten Schritten in Düsseldorf
profitierte sie von einem Patenschaftsprojekt.
Das Projekt vermittelte ihr einen ersten Ansprechpartner für alle ihre Fragen.
Lian Mai spielt leidenschaftlich gerne Tischtennis.
Im Sportverein hat sie erste gute Kontakte zu
Deutschen geknüpft. Mittlerweile hofft sie darauf,
auch nach ihrem Studium einen Job zu finden,
der es ihr ermöglicht, in Deutschland bleiben zu
können. Erste Kontakte in die Arbeitswelt knüpfte
sie in den Semesterferien über ein Praktikum.
Aola folgte vor sechs Jahren ihrem Mann in die
Landeshauptstadt. Der Winter in Deutschland war
für sie eine richtige Umstellung im Vergleich zum
tropischen Klima in der ghanaischen Hauptstadt
Accra. In der Familie wird die afrikanische Sprache
Twi gesprochen. Sie besucht sonntags eine afrikanische Kirchengemeinde.
Kontakte zu deutschen Müttern konnte sie über
eine Elterninitiative ihrer Kindertageseinrichtung
knüpfen. Ihre beiden Kinder profitieren von einer
Sprachförderung durch zusätzliche Honorarkräfte
in der Kindertageseinrichtung. Aola möchte
dauerhaft in Düsseldorf leben und zieht für sich
perspektivisch in Erwägung, sich einbürgern zu
lassen.
Die vorgestellten Fallbeispiele zeigen die vielen
kleinen Schritte von Integrationsprozessen, welche
sich über mehrere Generationen vollziehen. In
einer internationalen und offenen Metropole wie
der Landeshauptstadt Düsseldorf stellt Zuwanderung eine gelebte Normalität dar. Außerdem
verdeutlichen die Fallbeispiele die Wichtigkeit der
in Düsseldorf vorhandenen Förderangebote für
die Zielgruppe.
Mehmet ist zehn Jahre alt und kommt aus Düssel-
dorf. Da seine Familie als Gastarbeiter aus dem
türkischen Gaziantep nach Düsseldorf einreiste,
verfügt er über einen sogenannten Migrationshintergrund. Auf die Definition dieses Begriffes
wird Manfred Golschinski in seinem Vortrag im
Anschluss noch näher eingehen. Aufgrund der
aktuellen gesetzlichen Regelung verfügt Mehmet
sowohl über die deutsche als auch über die türkische Staatsbürgerschaft.
Während seine Eltern noch Mitglied in einem
türkischen Verein sind, verbindet Mehmet lediglich
die Sommerurlaube der Familie mit der Türkei.
Düsseldorf ist seine Heimat. Lediglich die gutgemeinten Komplimente nerven ihn, dass er
als Türke aber doch gut deutsch spräche.
Anforderungen an kommunale
Integrationsarbeit
Sinnvolle Förderangebote müssen sich auf alle
Lebenslagen beziehen und fangen als Sprachförderung in der hiesigen Kindertageseinrichtung
an und hören mit interkulturellen Begegnungsangeboten für Seniorinnen und Senioren auf.
Dabei zielen wir in erster Linie darauf ab, vorhandene Regelangebote und Dienste für die Zielgruppe der Zugewanderten attraktiv zu gestalten
und interkulturell zu öffnen. Viele Bereiche der
Stadtverwaltung haben Ideen zur interkulturellen
Öffnung entwickelt. Dies gilt insbesondere für die
Bereiche, in denen die Kommune als Dienstleister
fungiert und über entsprechende Gestaltungsspielräume verfügt.
Die Jugendfreizeiteinrichtung in seinem Viertel
stellt für ihn eine wichtige Anlaufstelle dar, wo er
sich mit seiner Clique in einem ungezwungenen
Rahmen trifft. Fördernde Angebote, wie eine
Hausaufgabenbetreuung, unterstützen ihn bei
seinem schulischen Werdegang.
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In Düsseldorf haben Zugewanderte aus über 180
verschiedenen Nationen eine neue Heimat gefunden. Mit dem strategischen Ziel der interkulturellen Öffnung kann nicht automatisch eine Kulturkompetenz für 180 Nationen gefordert werden.
Vielmehr zielt die Forderung auf eine Kultur
gegenseitiger Wertschätzung und des Respekts.
Neugierde, Offenheit, partizipative Planungsansätze
sowie Kooperationen mit Migranten(vereinen)
helfen Einrichtungen dabei, sich interkulturell zu
öffnen.
Im Bereich der offenen Ganztagsangebote sowie
der Jugendförderung setzen wir bewusst auf eine
individuelle Förderung, welche die Potenziale der
Kinder und Jugendlichen unabhängig vom Migrationshintergrund aufgreift. Auch die Schulsozialarbeit richtet sich an alle Personen mit entsprechendem Förderbedarf. Der bis 2015 verlängerte
Rahmenvertrag zur Sicherung der sozialen Dienste
mit den Verbänden der freien Wohlfahrt gewährleistet die notwendige Kontinuität für das breite
Aufgabenspektrum der kommunalen Integrationsarbeit.
Einen wichtigen Baustein gesellschaftlichen
Zusammenhaltes stellt auch das ehrenamtliche
Engagement dar. Wir unterstützen Migrantenvereine dabei, ihre Rolle als Brückenbauer zwischen (neu) Zugewanderten und der Düsseldorfer
Aufnahmegesellschaft wahrzunehmen. Mit ihren
integrativen Projekten und Angeboten ergänzen
die Migrantenvereine professionelle Beratungsleistungen und Dienste der Wohlfahrtsverbände.
Auch Sportvereine leisten einen wertvollen Beitrag
zur interkulturellen Begegnung.
Partnerschaftliche Zusammenarbeit
Die Gestaltungsaufgabe der Integrationsarbeit
übernehmen wir in Partnerschaft mit dem Land
und dem Bund. Das Ministerium für Arbeit,
Integration und Soziales fördert die Integrationskonferenz im Rahmen des KOMM-IN-NRW Förderprogramms. Die Landeshauptstadt Düsseldorf
hat sich seit der ersten Förderperiode am KOMMIN-NRW Programm beteiligt. Insgesamt sieben
KOMM-IN-NRW Projekte haben die kommunale
Integrationsarbeit positiv begleitet. Vor diesem
Hintergrund würden wir es sehr begrüßen, dass
dieses Programm fortgeführt wird.
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Im Hinblick auf das zu erwartende Integrationsgesetz der Landesregierung hofft die Landeshauptstadt Düsseldorf, dass hier nicht nur neue
Aufgaben in kommunaler Zuständigkeit festgelegt
werden, sondern auch Möglichkeiten der Refinanzierung geschaffen werden.
Eine Integrationsdebatte, die nicht auch das Bildungssystem und den Arbeitsmarkt in den Blick
nimmt, liefe Gefahr, entscheidende gesellschaftliche
Bereiche aus den Augen zu verlieren. Gerade was
die Anerkennung im Ausland erworbener Berufsund Bildungsabschlüsse angeht, sehen wir noch
erheblichen Handlungsbedarf. Hierzu gilt es,
sowohl vereinfachte Verfahren zu schaffen als auch
adäquate Angebote zur Anpassungsqualifizierung
bereitzustellen.
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3.2 Integration im Blick – Ergebnisse der
kommunalen Sozialberichterstattung
Manfred Golschinski
Leiter des Amtes für Statistik und Wahlen
Zur Lebenssituation von Migrantinnen und
Migranten in Düsseldorf
Wie Oberbürgermeister Dirk Elbers und der
Beigeordnete Burkhard Hintzsche ja bereits erwähnten, gibt es in Düsseldorf vielfältige Konzepte
und Planungen, die sich ausschließlich oder auch
partiell mit Integration / Migration befassen.
Überall wirkt das Amt für Statistik und Wahlen im
Hintergrund an diesen Konzepten mit, so auch –
und zwar diesmal federführend – an der kommunalen Sozialberichterstattung.
Die insgesamt geplanten 14 Berichte dienen als
Instrument zur Planungs- und Entscheidungsvorbereitung für Verwaltung und Politik. Wichtig hierbei ist es, darauf hinzuweisen, dass Fachplanungen
hierdurch nicht ersetzt werden!
Folgende Berichte sind bereits erschienen:
1. Lebenssituation von Frauen und Männern
in Düsseldorf
2. Einkommensverteilung und soziale Mindestsicherung in Düsseldorf
3. Bericht zur Bildungssituation in Düsseldorf
Inhalt
Was werde ich Ihnen in den nächsten Minuten
präsentieren? Ich möchte an dieser Stelle darauf
hinweisen, dass ich ab diesem Moment meiner
Präsentation sozusagen die „Statistikbrille“ aufsetze.
2. Bericht zur Lebenssituation von Migrantinnen
und Migranten in Düsseldorf
Der vierte Bericht wird zurzeit erstellt und ich
nehme die heutige Einladung zum Anlass, einige
Fakten vorzustellen.
1. Sozialberichterstattung Düsseldorf
Eine umfassende Datenbasis und die differenzierte
Darstellung der sozialen Lage der Bevölkerung sind
notwendige Voraussetzungen für vorausschauende
Sozialpolitik.
Rahmenplan zur Sozialberichterstattung
auf Basis amtlicher Statistiken
Der Beigeordnete Burkhard Hintzsche sprach soeben ja von den notwendigen Planungsgrundlagen!
Daher hat die Landeshauptstadt Düsseldorf im
März 2009 die Einführung einer transparenten,
systematischen und zukunftsorientierten Berichtsplanung für das Sozialwesen beschlossen.
Auftrag
Erstellung von Grundlagenberichten durch das
Amt für Statistik und Wahlen unter projektbezogener Beteiligung der Fachbereiche und gleichzeitigem Aufbau einer umfassenden, einheitlichen
und standardisierten Fachdatensammlung.
Sozialberichterstattung Düsseldorf
zu ausgewählten Bevölkerungsgruppen und besonderen Lebenslagen
Sozialberichterstattung Düsseldorf
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Personen mit Migrationshintergrund
nach Migrationsstatus und Datenquelle
Ausländer
Quelle:
Aussiedler
Eingebürgerte
Einwohnermelderegister
Bez.-Reg. Arnsberg
IT.NRW (Amt 33/3)
(Bestand und Bewegung)
(Nach Düsseldorf zugewiesene
Aussiedler)
(In Düsseldorf erfolgte
Einbürgerungen)
keine Zuordnung im Melderegister
Quelle:
Mikrozensus
Quelle:
MigraPro
Wie ist die Arbeitsstruktur zur Erstellung
des Berichtes zur Lebenssituation von
Migrantinnen und Migranten in Düsseldorf?
Die Zusammenarbeit mit der Fachstelle Integration
des Amtes für soziale Sicherung und Integration
hat eine lange Tradition, unter anderem im Rahmen
der KOMM-IN NRW Förderung für den Projektbericht „Integration aus sozialräumlicher Perspektive“ im Jahr 2008.
Ziele:
n
Personen mit Migrationshintergrund
n
n
Aufbereitung statistischer Grundlagen zu
Struktur und Entwicklung der Personen mit
Migrationshintergrund in Düsseldorf
Darstellung von geeigneten
Integrationsindikatoren als Grundlage für
eine regelmäßige Berichterstattung
Erfassung kleinräumiger Konzentrationen
von sozialen Problemlagen der Migrantenbevölkerung
Diese Ziele unterstützen den Aufbau eines Integrationsmonitorings in Düsseldorf. Dieses Integrationsmonitoring soll den Stand des Integrationsprozesses zu verschiedenen Zeitpunkten und seine
Entwicklung regelmäßig aufzeigen und künftig
überprüfbar machen.
Datenquellen und Definitionen
Über welche Datenquellen verfügen wir überhaupt,
um den Begriff Migrationshintergrund abbilden zu
können?
Personen mit Migrationshintergrund
Zunächst unterscheiden wir nach dem unterschiedlichen Migrationsstatus.
Die unterschiedlichen Stati sind aus verschiedenen
Datenquellen abbildbar:
n
n
n
Ausländer – (Einwohnermelderegister)
Nach Düsseldorf zugewanderte Aussiedler –
Geschlecht, Herkunft, Status, Konfession, kein
Alter (Bezirks-Regierung Arnsberg)
In Düsseldorf erfolgte Einbürgerungen – nach
Alter, ehem. Staatsangehörigkeit (IT NRW)
Die unterschiedlichen Aufbauten der Daten ermöglichen keine Zuordnung aller Stati „Aussiedler“
beziehungsweise „Eingebürgerter“ im Einwohnermelderegister.
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Wir bedienen uns daher zweier Hilfsmittel, um
den tatsächlichen Anteil der drei Gruppen an der
Bevölkerung abbilden zu können, nämlich erstens
dem Mikrozensus:
Definition Mikrozensus
Der Mikrozensus ist eine einprozentige Stichprobe
der Bevölkerung Nordrhein-Westfalens. Seit 2005
wird der Migrationshintergrund im Mikrozensus
differenziert erhoben, so dass auch Zugewanderte
erfasst werden, die die deutsche Staatsbürgerschaft
haben sowie deren Kinder, das heißt die zweite
Generation.
Als zweites Hilfsmittel bedienen wir uns MigraPro.
MigraPro ist ein im KOSIS-Verbund der deutschen
Städtestatistiker entwickeltes Verfahren zur Ableitung des Migrationshintergrundes aus dem Melderegister. Dieses Verfahren greift auf den vorhandenen Statistikdatensatz „Bevölkerungsbestand“
des Einwohnermelderegisters zu und leitet aus der
Kombination unterschiedlicher Datenfelder den
Migrationshintergrund einer Person ab.
Die verwendeten Merkmale sind:
n
Als Personen mit Zuwanderungsgeschichte werden
folgende Gruppen bezeichnet:
n
n
n
n
n
n
Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit
Nach 1949 über die Grenzen Deutschlands
Zugewanderte
Personen mit mindestens einem ausländischen
oder zugewanderten Elternteil
Das Verfahren MigraPro liefert folgende
Informationen:
n
n
Der Mikrozensus liefert folgende
Informationen:
Prozentanteil der Personen mit eigener Migrationserfahrung (Zugewanderte)
n
n
Zuzugsherkunft
Zweite Staatsangehörigkeit
Art der deutschen Staatsangehörigkeit
Geburtsort beziehungsweise Geburtsland
Personen ohne Migrationshintergrund
Personen mit Migrationshintergrund:
n
Ausländer
n
Aussiedler
n
Eingebürgerte Person
nach Geschlecht, Alter und Bezugsland
Ausländer
Deutsche:
n
Ohne Einbürgerung
n
Eingebürgerte
Prozentanteil der Personen ohne eigene Migrationserfahrung (nicht Zugewanderte)
n
n
Ausländer (zweite und dritte Generation)
Deutsche:
n
Eingebürgerte
n
Deutsche mit mindestens einem
zugewanderten oder als
n
Ausländer in Deutschland
geborenen Elternteil
Nachteil:
n
Eingeschränkte Genauigkeit der Stichprobenergebnisse unterhalb der Länderebene
à
15
Ausländische Bevölkerung Düsseldorf 1964 bis 2009
1999 bis 2009:
+ 7.400
= + 8%
120 000
100 000
1964 bis 1974:
+ 35.600
= + 105%
80 000
3. Zuwanderung nach Düsseldorf
60 000
40 000
20 000
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19
88
19
90
19
92
19
94
19
96
19
98
20
00
20
02
20
04
20
06
20
08
19
19
19
19
64
0
Nachdem wir nun Datenquellen und Definitionen
beziehungsweise Begrifflichkeiten geklärt haben,
kommen wir zu den ersten, vorläufigen Ergebnissen des Berichtes zur Lebenssituation von Migrantinnen und Migranten in Düsseldorf.
Ausländische Bevölkerung Düsseldorf 1964 bis 2009
Noch einmal: Der Bericht befindet sich noch in
der Bearbeitung, so dass die folgenden Folien nur
einige Aspekte des Berichtes darstellen.
Ausländische Bevölkerung Düsseldorf 1964 bis 2009
Neues
Staatsangehörigkeitsgesetz
120 000
100 000
Anwerbestop
Anwerbung
ausländischer
Arbeitskräfte
80 000
60 000
40 000
Ausländische Bevölkerung Düsseldorf
1964 bis 2009
Die Schaubilder zeigen die Entwicklung der ausländischen Bevölkerung in Düsseldorf, die wir als
erste der drei Gruppen betrachten. Wir erkennen,
dass die Kurve, die in den 1960ern noch steil nach
oben zeigte, ab dem Beginn des neuen Jahrtausends
stark abflacht.
20 000
19
72
19
74
19
76
19
78
19
80
19
82
19
84
19
86
19
88
19
90
19
92
19
94
19
96
19
98
20
00
20
02
20
04
20
06
20
08
70
19
66
68
19
19
19
64
0
Beispielhaft für diese Entwicklung stehen
zwei Ereignisse:
Ausländische Bevölkerung Düsseldorf 1964 bis 2009
1. Der Anwerbestop Mitte/Ende der 70er-Jahre
2. Das neue Staatsangehörigkeitsrecht im Jahr 2000
Lebendgeborene nach Nationalität Düsseldorf 1971 bis 2009
6.000
Deutsche Lebendgeborene:
+ 300
5.000
4.000
3.000
Neues Staatsangehörigkeitsgesetz
zum 1.1.2000
2.000
1.000
Ausländische Lebendgeborene: - 350
19
77
19
79
19
81
19
83
19
85
19
87
19
89
19
91
19
93
19
95
19
97
19
99
20
01
20
03
20
05
20
07
20
09
3
5
19
7
19
7
19
71
0
Deutsche
Ausländer
Lebendgeborene nach Nationalität Düsseldorf 1971 bis 2009
Zu- und Fortzüge ausländischer Bevölkerung
Düsseldorf 1970 bis 2009
25 000
20 000
Positiver Saldo seit 1987
15 000
10 000
5 000
19
70
19
72
19
74
19
76
19
78
19
80
19
82
19
84
19
86
19
88
19
90
19
92
19
94
19
96
19
98
20
00
20
02
20
04
20
06
20
08
-
Zuzüge Ausländer
Fortzüge Ausländer
Zu- und Fortzüge ausländische Bevölkerung Düsseldorf 1970 bis 2009
à
16
Lebendgeborene nach Nationalität
Düsseldorf 1971 bis 2009
Dieses geänderte Staatsangehörigkeitsrecht schlägt
sofort auf die Geburtenstatistik durch und trägt
dadurch mit dazu bei, dass der Zuwachs der ausländischen Bevölkerung sich verlangsamt.
Zu- und Fortzüge ausländischer Bevölkerung
Düsseldorf 1970 bis 2009
Grundsätzlich steigt jedoch der Anteil stetig an, da
seit 1987 der sogenannte Wanderungssaldo positiv
ist. Auch hier ist übrigens der Anwerbestopp
deutlich erkennbar.
Zuzüge ausländischer Bevölkerung nach
Düsseldorf
Wenn wir die Zuzüge der ausländischen Bevölkerung näher betrachten, fallen einige Besonderheiten ins Auge: Bei den Europäern gibt es einen
sehr hohen Zuzug polnischer Staatsangehöriger.
Bei den außereuropäischen Staatsangehörigen
einen kontinuierlich hohen Zuzug von Japanern.
Dazu können die EU-Beitritte zum Beispiel
Polens und Rumäniens deutlich erkannt werden.
Den höchsten Anteil ausländischer Mitbürger
stellen die Türken (13,1 Prozent), gefolgt von
Griechen (8,8 Prozent), Italienern und Polen
(je 6 Prozent).
Europäisches Ausland:
Zuzüge ausländischer
Bevölkerung nach
Düsseldorf
EU-Beitritt
Polen 2004
EU-Beitritt
Rumänien
2007
nach ausgewählten
Herkunftsländern
2001 bis 2009
Ausländische Bevölkerung in Düsseldorf 2009
Insgesamt setzt sich die ausländische Bevölkerung
aus 184 Nationen (von insgesamt 211 weltweit!)
zusammen. Hier die „Top Ten“ beziehungsweise
die Verteilung nach Kontinenten. Düsseldorf hat
also eine sehr ungewöhnliche Vielfalt der ausländischen Bevölkerung durch einen (im Vergleich mit
anderen Städten) hohen Anteil an EU-Bürgern –
zusammen 40 Prozent der Grundgesamtheit – und
nahezu ein sechstel Asiaten.
(Spät-) Aussiedler
Betrachten wir nun die zweite Gruppe, nämlich die
(Spät-) Aussiedler.
Außereuropäisches Ausland:
Zuzüge ausländischer Bevölkerung nach Düsseldorf
Ausländische Bevölkerung in Düsseldorf 2009
nach Staatsangehörigkeit
nach Kontinenten
Zugewiesene (Spät-) Aussiedler nach Düsseldorf
Bei den (Spät-) Aussiedlern ist eine stark fallende
Tendenz seit Ende der 80er-Jahre zu erkennen. Dies
liegt hauptsächlich an dem In-Kraft-Treten des
Kriegsfolgebereinigungsgesetzes am 21. Dezember
1992, in dem de facto der Begriff „Aussiedler“
durch die Neuregelung der Aufnahmevoraussetzungen in „Spät-Aussiedler“ geändert wurde.
Das sogenannte Kriegsfolgeschicksal gilt seitdem
als Vermutung nur für die Nachfolgestaaten der
ehemaligen Sowjetunion, alle anderen Staatsangehörigen müssen dies glaubhaft machen.
Ausländische Bevölkerung in Düsseldorf 2009
Zugewiesene (Spät-) Aussiedler nach Düsseldorf
Waren bis dahin die Spätaussiedler aus Polen die
stärkste Gruppe, so sind es jetzt die Personen aus
der ehemaligen Sowjetunion, jedoch auf einem
sehr kleinen Level.
Die tatsächliche Zahl der (Spät-) Aussiedler in
Düsseldorf ist vermutlich um einiges höher, da
hier lediglich die nach Düsseldorf Zugewiesenen
dargestellt werden können.
1989 bis 2009
nach Herkunftsländern
Einbürgerungen
Kommen wir nun zur dritten Gruppe, den
Einbürgerungen.
Zugewiesene (Spät-) Aussiedler nach Düsseldorf 1989 bis 2009
Einbürgerungen von Personen in Düsseldorf 2000 bis 2010
3000
2500
2000
1500
1.333
1000
500
Einbürgerungen 2010 nach
ehem. Staatsangehörigkeit:
0
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010
Einbürgerungen von Personen in Düsseldorf 2000 bis 2010
à
17
Personen mit Migrationshintergrund
Düsseldorf 2009
Personen mit Migrationshintergrund Düsseldorf 2009
Personen mit und ohne Migrationshintergrund
nach Altersklassen Düsseldorf 2009
100%
12,0
90%
24,3
80%
70%
60%
25 bis unter 65 Jahre
57,6
40%
15 bis unter 25 Jahre
30%
0 bis unter 15 Jahre
11,1
20%
8,9
10%
18,1
9,2
0%
ohne Migrationshintergrund
Personen mit Migrationshintergrund
Wir kommen jetzt zu den Personen mit Migrationshintergrund in Düsseldorf unter Zuhilfenahme der
Daten des Mikrozensus und MigraPro.
65 Jahre und älter
58,8
50%
Einbürgerungen von Personen in Düsseldorf
2000 bis 2010
Auch hier können – wie anfangs beschrieben –
nur die in Düsseldorf eingebürgerten Personen
betrachtet werden. Die seit der Änderung des
Staatsangehörigenrechtes anfangs hohe Anzahl von
Einbürgerungen geht langsam zurück und scheint
sich auf eine Zahl von plus-minus 1.500 pro Jahr
einzupendeln. Es sind meist Nicht-EU-Staatler.
Auch dies trägt zu einer Abflachung der Kurve
bei den Ausländern in Düsseldorf bei.
mit Migrationshintergrund
Personen mit Migrationshintergrund in
Düsseldorf 2009
Sie sehen, dass quasi jeder dritte Düsseldorfer
einen Migrationshintergrund hat und davon rund
die Hälfte eine ausländische Staatsangehörigkeit.
Personen mit und ohne Migrationshintergrund nach Altersklassen Düsseldorf 2009
Personen nach Art des Migrationshintergrundes
nach Altersklassen Düsseldorf 2009
100%
9,5
6,2
90%
25,6
80%
39,9
70%
60%
65 Jahre und älter
70,2
50%
11,8
52,8
40%
25 bis unter 65
Jahre
15 bis unter 25
Jahre
30%
42,2
20%
11,1
10,2
9,3
11,4
10%
0 bis unter 15 Jahre
0%
Ausländer
Eingebürgerte
Aussiedler
Personen nach Art des Migrationshintergrundes nach Altersklassen Düsseldorf 2009
Personen nach Art des Migrationshintergrundes
nach bevölkerungsstärksten Bezugsländern, Düsseldorf 2009
Personen nach Art des Migrationshintergrundes nach bevölkerungsstärksten
Bezugsländern, Düsseldorf 2009
à
18
Personen mit Migrationshintergrund nach
Altersklassen in Düsseldorf 2009
Betrachten wir die Gesamtbevölkerung Düsseldorfs nach Personen mit und ohne Migrationshintergrund ergibt sich eine deutlich andere
Altersstruktur zwischen Deutschen und Migranten. Die Migranten sind im Durchschnitt jünger,
besonders Kinder und Jugendliche weisen einen
beinahe doppelt so großen Anteil auf, als bei der
deutschen Bevölkerung. Parallel dazu ist der Anteil
der Senioren nur halb so groß.
Betrachtet man die Personen mit Migrationshintergrund noch einmal getrennt nach ihrem Status, so
ergibt sich folgendes Bild:
Bei den Ausländern überwiegt die Anzahl der
Personen im erwerbsfähigen Alter, zu Lasten der
Senioren. Bei den Eingebürgerten gibt es einen
Anteil von über 50 Prozent, bei den Kindern und
Jugendlichen / jungen Erwachsenen zu Lasten der
anderen beiden Gruppen, während sich die Altersstruktur der Aussiedler beinahe genau wie die der
deutschen Bevölkerung darstellt.
Personen mit Migrationshintergrund
nach bevölkerungsstärksten Bezugsländern, Düsseldorf 2009
ehem. Sowjetunion: 23.670 / 11,5%
ehem. Jugoslawien: 22.594 / 10,9%
Personen nach Art des Migrationshintergrundes
nach bevölkerungsstärksten Bezugsländern in
Düsseldorf 2009
Um die Zusammensetzung der Bevölkerung mit
Migrationshintergrund nach dem Bezugsland darzustellen, wurden in den folgenden drei Tabellen
(nach den beschriebenen drei Migrationsstati) mit
den „Top Ten“ der Nationen zusammengefasst
zu letztlich einer Tabelle „Migrationshintergrund
nach dem Bezugsland“.
Es wird unterschieden zwischen:
1. Ausländer – hier ein hoher Anteil EU-Bürger
und Japaner
2. Eingebürgerte – auch hier sind dies die für
uns erwarteten Nationen und
3. Aussiedler – mit der überraschend hohen
Quote der Personen mit polnischer Herkunft
Als Statistiker noch eine kleine Spielerei: Nach
Polen lägen die ehemalige Sowjetunion, das ehemalige Jugoslawien und die Türkei als Bezugsländer beinahe gleichauf.
Personen mit Migrationshintergrund nach bevölkerungsstärksten
Bezugsländern, Düsseldorf 2009
Thema Soziale Sicherung
Thema Bildung
Thema Gesundheit
Themen Soziale Sicherung, Bildung, Gesundheit
Indikatoren für integrationspolitisch relevante
Themenfelder
In Anlehnung an die bereits vom Beigeordneten
Burkhard Hintzsche beschriebenen Handlungsfelder werden im Migrationsbericht Indikatoren
für integrationspolitisch relevante Themenfelder
erarbeitet dargestellt.
Dies sind:
n
n
n
n
n
n
n
n
n
n
Rechtliche Integration
Bildung
Arbeit und Wirtschaft
Soziale Sicherung
Wohnen
Sprache
Gesundheit
Soziale Integration
Gesellschaftliche und politische Partizipation
Sicherheit
à
19
Themen: Soziale Sicherung, Bildung und
Gesundheit
Wir haben hier zum Teil, weil wir mit dem Bericht
noch nicht fertig sind, beziehungsweise weil sie –
wie Beigeordneter Burkhard Hintzsche ja bereits
erläuterte – besonders relevant erscheinen, drei
Themen beispielhaft herausgegriffen.
Bei den SGB-II-Beziehern (insgesamt 13,2 Prozent)
sind die ausländischen Personen mit 21 Prozent
deutlich häufiger vertreten als die Deutschen (11,1
Prozent). Bei den unter 15-Jährigen ist die Quote
sogar fast doppelt so hoch.
Beim Thema Bildung vergleichen wir einfach
die deutschen beziehungsweise ausländischen
Schülerinnen einer Jahrgangsstufe an Gymnasien
und Hauptschulen. Während sich insgesamt 42
Prozent der Mädchen der Jahrgangsstufe 8 im
Gymnasium befinden, sind dies fast 49 Prozent
der Deutschen, jedoch nur rund 20 Prozent der
Nichtdeutschen. An der Hauptschule verhält es sich
proportional umgekehrt. Auch hier ein Themenfeld, das politisch beachtet werden sollte, gerade
vor dem Hintergrund, dass die Migrationsbevölkerung im Durchschnitt jung ist.
Beim Thema Gesundheit nehmen nach der
U-8-Untersuchung nur 79 Prozent der Kinder
mit nichtdeutschem Sprachhintergrund teil,
während 90 Prozent der Deutschen freiwillig
diese Untersuchung mitmachen. Bei der U 9 ist
eine Angleichung zu erkennen, jedoch erfolgt
hierzu eine schriftliche Aufforderung.
à
20
Zusammenfassung
Soweit die kurze Vorstellung von ausgewählten
Indikatoren zu einigen Themen.
Neben den Erkenntnissen über die Struktur der
Bevölkerung mit Migrationshintergrund, die ich
Ihnen dargestellt habe, kann festgestellt werden,
dass es grundsätzlich eine bewährte Kooperation zwischen dem Amt für Statistik und Wahlen
und der Fachstelle Integration gibt, die mit dem
KOMM-IN-NRW Projektbericht „Integration aus
sozialräumlicher Perspektive“ 2008 begonnen hat.
Integration / Migration ist ein Schlüsselthema in
der kommunalen Sozialberichterstattung.
Der zu erarbeitende Migrationsbericht liefert
vielfältige Grundlageninformationen für ein
Integrationsmonitoring.
à
4. Ein gelungenes Integrationskonzept
zeigt sich im Handeln
Podiumsdiskussion
Teilnehmerinnen und Teilnehmer
Roland Buschhausen
Leiter des Amtes für soziale Sicherung und
Integration
Gregor Büscher
Leiter der kommunalen Ausländerbehörde
Johannes Horn
Leiter des Jugendamtes
Ioannis Vatalis
stellvertretender Vorsitzender des
Integrationsausschusses
Silke Vogelbusch
Leiterin des Schulverwaltungsamtes
Moderation
Daniela Milutin
WDR/Funkhaus Europa
Die Moderatorin wendet sich an Gregor Büscher:
„Ich erinnere mich noch an Erzählungen meines
Vaters über seine Besuche bei der kommunalen
Ausländerbehörde. Er berichtete von dunklen
Fluren und sehr langen Wartezeiten. Dann traf er
dort einen Beamten, der sich morgens hasste und
abends die ganze Welt. Wie schaut das heute aus?“
Gregor Büscher:
„Seit 2003 ist die kommunale Ausländerbehörde als
Dienstleistungszentrum organisiert. Dies beinhaltet
beispielsweise die Möglichkeit einer vorherigen
Terminvergabe, um unnötige Wartezeiten zu vermeiden. Auch haben wir einen eigenen Einbürgerungsraum mit besonderem Ambiente.“
Moderatorin zu Gregor Büscher:
„Seit dem Zuwanderungsgesetz aus 2005 verpflichten Sie Zugewanderte in Integrationskurse. Hat
das Ihre Arbeit verändert? Arbeiten Sie jetzt sozialarbeiterischer?“
Gregor Büscher:
„Nein. Unsere Arbeitsgrundlage bleibt eine
ordnungsrechtliche. Die Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter wurden für die Umsetzung der
Integrationskursverordnung geschult.“
Moderatorin zu Gregor Büscher:
„Werden Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
auch zu interkultureller Kompetenz fortgebildet?
Müssen Sie dafür in spezielle Kurse?!“
Gregor Büscher:
„Müssen wäre aus unserer Sicht der falsche Ansatz.
Einige unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
haben auch selber einen Migrationshintergrund.
Weiterhin bringen wir uns aktiv in die Düsseldorfer
Begegnungswoche ein und nutzen diese dann auch
als Angebot zur Mitarbeiterfortbildung.“
à
21
Moderatorin zu Roland Buschhausen:
„Was ist Ihr Beitrag zur kommunalen Integrationsarbeit?“
Moderatorin zu Silke Vogelbusch:
„Wie stellen Sie sich im Schulverwaltungsamt auf
die Zuwanderung nach Düsseldorf ein?“
Roland Buschhausen:
„Die Fachstelle Integration im Amt für soziale
Sicherung und Integration übernimmt eine
Steuerungs- und Koordinierungsfunktion. Diese
Arbeit leisten wir gemeinsam mit dem Integrationsausschuss, dessen Schriftführung auch im
Amt angesiedelt ist. Gleichzeitig ist es uns wichtig,
Transparenz über die vorhandenen Förderangebote
und Beratungsstellen zu schaffen. Daher geben wir
die Broschüre „Leben in Düsseldorf – Wegweiser
für Migrantinnen und Migranten“ heraus. Eine
mehrsprachige Datenbank auf unseren Webseiten
informiert Zugewanderte über aktuell beginnende
Integrationskurse. Kommunale Integrationsarbeit
ist als Querschnittsaufgabe zu verstehen; dies bedeutet, dass alle Bereiche auch auf Integrationsziele
hin ausgerichtet sein müssen. Ein Beispiel hierfür
bilden interkulturelle Angebote der „zentren plus“
in der Seniorenarbeit.“
Silke Vogelbusch:
„Die zunehmende Heterogenität erfordert eine
engere Kooperation zwischen verschiedenen
Professionen. Dies kann zum Beispiel im Ganztag
erfolgen. Außerdem steht den Schulen mit der
RAA, der Regionalen Arbeitstelle zur Förderung
von Kindern und Jugendlichen, eine Servicestelle
zur Verfügung, die die Schulen berät und mit
Projektarbeit, Fortbildung und Elternprogrammen
unterstützt.
Moderatorin zu Roland Buschhausen:
„Wie genau erreichen Sie eine Inklusion von
Einwanderern?“
Roland Buschhausen:
„Dies ist immer eine Zusammenarbeit mehrerer
Stellen. Neben dem Gesamtstädtischen Integrationskonzept haben auch weitere Strategiepapiere
der Stadtverwaltung das Thema „Integration“
aufgegriffen und in ihren Planungen umgesetzt.“
Moderatorin zu Johannes Horn:
„Was können Sie im Jugendamt machen?“
Johannes Horn:
„Wir beginnen ganz früh mit der Förderung
von Kindern mit Migrationshintergrund. In der
Kindertageseinrichtung setzen wir mit Sprachförderung für alle Kinder mit entsprechendem
Förderbedarf an. Dabei versuchen wir auch die
Kindertageseinrichtungen international auszurichten. Weitere Bausteine im Jugendamt sind die
Elternarbeit und die Schulsozialarbeit. Egal ob
„biodeutsch“ oder nicht, wir unterbreiten unsere
Angebote allen Kindern und Jugendlichen, nur
so wirken sie dann auch integrativ.“
à
22
Unter Beteiligung der Schulaufsicht und der
Schulen haben wir in Düsseldorf ein differenziertes
System der Seiteneinsteigerförderung aufgebaut,
an dem sich alle Schulformen beteiligen. Dies soll
zugewanderten Schülerinnen und Schülern ermöglichen, ihre im Herkunftsland eingeschlagene
Schullaufbahn hier fortzusetzen.
Es muss auch der Tatsache Rechnung getragen werden, dass die Erwartungen von Schule sich nicht
immer mit denen der Eltern decken. Bildung und
Erziehung sind hier nicht alleinige Aufgabe der
Lehrerinnen und Lehrer, sondern eine gemeinsame
Verantwortung der Eltern und Lehrenden.“
Moderatorin zu Silke Vogelbusch:
„Wie schaffen Sie es, bei Eltern mehr Verantwortung zu erreichen?“
Silke Vogelbusch:
„Die RAA hat hierzu das Projekt DüssEL-Talk initiiert. Mit dem Projekt werden Gesprächskreise für
Eltern von Kindern zwischen fünf und acht Jahren
aufgebaut. Die Eltern erhalten die Möglichkeit, sich
direkt in der Grundschule ihrer Kinder zu Fragen
rund um den Schulanfang und das deutsche Schulsystem auszutauschen. Dadurch wird Vertrauen
aufgebaut. Auch die weiteren Elternprojekte wie
die Rucksackgruppen oder das Griffbereit-Programm stärken das Selbstvertrauen der Eltern und
vermitteln ihnen Kenntnisse zum Bildungssystem
in Deutschland. Sprachförderung, Erweiterung von
Erziehungskompetenz und Beteiligung am Kindertagesstätten- beziehungsweise Schulalltag werden
bei uns immer miteinander verknüpft.“
Moderatorin zu Silke Vogelbusch:
„Welche Rolle spielt die Ganztagsschule?“
Silke Vogelbusch:
„In der Landeshauptstadt Düsseldorf beteiligen
sich bereits alle Grundschulen am offenen Ganztag,
in der Sekundarstufe wird der gebundene Ganztag
sukzessive aufgebaut. Wichtig ist uns eine individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler mit
ihren jeweiligen Stärken und Potenzialen. Daher
orientieren sich die Konzepte eher am individuellen Bedarf als an der ethnischen Herkunft. Mit
einem solchen Ansatz kann man auch gezielter auf
die Bedürfnisse von Zugewanderten eingehen. Der
Ganztag kann ebenfalls dazu beitragen, die Diskrepanz zwischen Bildungsanspruch und elterlichen
Unterstützungsmöglichkeiten auszugleichen.
Moderatorin zu Silke Vogelbusch:
„Wie bereiten Sie Lehrerinnen und Lehrer auf
den interkulturellen Schulalltag vor?“
Silke Vogelbusch:
„Die RAA bietet jedes Jahr ein Fortbildungsprogramm für Lehrerinnen und Lehrer an. Die
Angebote gehen auch auf Wünsche von Schulen
ein und greifen Themen wie Sprachförderung,
interkulturelle Kompetenz und Elternarbeit auf.
Leider beobachten wir bei vielen Zugewanderten
noch ein großes Desinteresse für den Lehrerberuf.
Hier setzt ein Netzwerk der Landesregierung an,
um Schülerinnen und Schüler für den Lehrerberuf
zu motivieren.“
Moderatorin zu Ioannis Vatalis:
„Im Bereich der politischen Gremienarbeit hat es
seit 2010 eine strukturelle Reform gegeben: Der
Rat der Stadt hat sich nach der Novellierung des
§ 27 der Gemeindeordnung für die Variante eines
Integrationsausschusses anstelle eines Integrationsrates entschieden. Sie sind stellvertretender Vorsitzender dieses Gremiums. Wird durch die Bildung
eines Ausschusses die kommunale Integrationsarbeit besser?“
Ioannis Vatalis:
„Die politische Mitbestimmung der Zugewanderten startete 1968, als die Kirchen und die
Wohlfahrtsverbände eine kommunale Arbeitsgemeinschaft ausländischer Arbeitnehmer gründeten.
1978 wurde diese Arbeitsgemeinschaft dann der
Stadtverwaltung zugeordnet und 1989 fand die
erste Wahl des Ausländerbeirates statt. Die Gemeindeordnung hat es den Kommunen überlassen,
welches Organisationsmodell sie favorisieren und
in Düsseldorf hat die Mehrheit des Rates für einen
Integrationsausschuss votiert.“
Moderatorin zu Ioannis Vatalis:
„Ist denn der Ausschuss ein Nachteil? Jetzt sind ja
mehr Ratsmitglieder als Migrantenvertreter in dem
Gremium vertreten?“
Ioannis Vatalis:
„Ja, es sind mehr Ratsmitglieder. Aber der Anspruch besteht ja auch gerade darin, eine Schnittstelle zum Rat herzustellen und die Themen
gemeinsam zu bearbeiten. Dabei haben in der
Praxis natürlich die Ratsmitglieder günstigere
Voraussetzungen, weil sie über eigene Fraktionsgeschäftsstellen verfügen, die ihre politische Arbeit
unterstützen. Die Tatsache, dass Etatberatungen
des Integrationsausschusses im Rat umentschieden
werden können, könnte auch bei manchen Migrantenvertretern zu Frustrationen führen.“
Moderatorin zu Ioannis Vatalis:
„Inwieweit nimmt der Integrationsausschuss
Rücksicht auf Ideen und Vorstellungen von
Migrantenvereinen?“
Ioannis Vatalis:
„Der Integrationsausschuss hat hier eine besondere
Funktion. Er bildet eine Brücke zwischen den
Migrantenvereinen, dem Rat und der Liga der
Wohlfahrtsverbände. Die Migrantenvereine arbeiten
in erster Linie ehrenamtlich. Ich würde mich freuen, wenn sie die Gelegenheit erhielten, ihre Arbeit
weiter zu professionalisieren und auszubauen.“
Moderatorin zur Podiumsrunde:
„Ändert sich Ihrer Meinung nach etwas durch die
Einrichtung des Integrationsausschusses?“
à
23
Johannes Horn:
„Ja, es ändert sich etwas. Der Integrationsausschuss
schafft eine neue Öffentlichkeit. Er kann Arbeitsaufträge erteilen, die real umzusetzen sind und
wirkt als weitere Kontrollinstanz im Gremiengefüge mit. Die Richtung der Jugendhilfeplanung wird
auch mit dem Integrationsausschuss abgestimmt.“
Roland Buschhausen:
„Der Integrationsausschuss hat wie alle anderen
Ausschüsse eine Etathoheit, das heißt, er hat das
Recht, den Rat in Etatfragen zu beraten und die
dem Ausschuss zur Verfügung stehenden Mittel
nach eigener Maßgabe einzusetzen.“
Moderatorin zu Ioannis Vatalis:
„Fühlen Sie sich jetzt mächtiger?“
Ioannis Vatalis:
„Ich bin ja als Ratsmitglied im Integrationsausschuss vertreten. Die Fähigkeiten und Kompetenzen des Integrationsausschusses stehen außer
Frage. Wichtig ist aber nicht nur die Struktur des
Gremiums, sondern auch, dass wir eine konstruktive Form der Zusammenarbeit finden.“
Moderatorin zur Podiumsrunde:
„So, jetzt habe ich viel gelernt von Düsseldorf.
Meine Abschlussfrage an Sie: Wo sehen Sie noch
Schwachstellen beziehungsweise welche guten
Ansätze der Integrationsarbeit gilt es weiterzuverfolgen?“
Roland Buschhausen:
„Ich denke, die Landeshauptstadt ist auf einem
guten Weg. Diesen gilt es nun konsequent weiterzuverfolgen. In der Sache sind wir uns meist einig.“
Ioannis Vatalis:
„Wir sollten noch weitere Anstrengungen unternehmen, um mehr jugendliche Migrantinnen und
Migranten für die Möglichkeiten der Ausbildung
bei der Stadtverwaltung zu sensibilisieren.“
à
24
Johannes Horn:
„Ich würde mir auch wünschen, dass wir bei der
Personalakquise mehr auf interkulturelle Kompetenzen und den zu begrüßenden Migrationshintergrund der Bewerberinnen und Bewerber verweisen
könnten. Bereits jetzt verzeichnen wir unter den
Honorarkräften viele Mitarbeiterinnen mit
Migrationshintergrund.“
à
5. Erfahrungen aus der Praxis
„In der Unterschiedlichkeit liegt unsere Stärke“
Daniela Milutin, WDR – Funkhaus Europa, im Interview mit Volker Neupert,
Koordinator von „Respekt und Mut“ / Düsseldorfer Appell
Daniela Milutin:
„Respekt und Mut ist ja ein seit Jahren breit vernetztes Programm zur interkulturellen Verständigung. Wie kam es zur Gründung von Respekt und
Mut?“
Volker Neupert:
„Im November 2000 wurde als Reaktion auf einen
Neonaziaufmarsch in Düsseldorf eine große
Kundgebung gegen rechte Gewalt veranstaltet, an
der sich über 20.000 Düsseldorfer Bürgerinnen
und Bürger beteiligten. Entwickelt und organisiert
hatte die Kundgebung ein Bürgerbündnis unter
Leitung des damaligen Superintendenten ErnstJürgen Albrecht. Beteiligt waren vor allem die
Kirchen, Parteien und Gewerkschaften, aber auch
der damalige Ausländerbeirat und der „Düsseldorfer Appell gegen Fremdenfeindlichkeit und
Rassismus“. Aus der Mitte dieses Bündnisses wurde
anschließend die Forderung formuliert, dass man
nicht nur auf rechtsextremistische Anfechtungen
reagieren solle, sondern bereits im Vorfeld präventiv und demokratie-fördernd handeln müsse.
Aus diesen Vorstellungen heraus wurden dann
in der Jahreswende 2000 / 2001 die „Düsseldorfer
Beiträge zur interkulturellen Verständigung –
Respekt und Mut“ ins Leben gerufen, die sich
seitdem bemühen, der kulturellen Vielfalt in
Düsseldorf einen sympathischen, konstruktiven
Ausdruck zu geben.“
Daniela Milutin:
„Wie arbeitet Respekt und Mut eigentlich und wie
ist die Reihe strukturiert?“
Volker Neupert:
„Respekt und Mut ist das Hauptprodukt der gewaltpräventiven Netzwerkarbeit des Düsseldorfer
Appells, der von der Stadt Düsseldorf gefördert
wird und sich seit Juli 2011 in Trägerschaft der
Diakonie in Düsseldorf befindet.
Respekt und Mut wäre aber nichts ohne die
Menschen, die sich am Programm oft schon seit
Jahren treu und stetig beteiligen: 2001 mit sechs
Teilnehmern und zwölf Programmbeiträgen gestartet, arbeiten heute mehr als 30 Kooperationspartner mit über 50 Veranstaltungen an den Beiträgen. Diese erscheinen dann jeweils im August
eines Jahres in Form eines frisch-grünen Halbjahresprogramms.
Zur Planung und Beratung kommen drei bis viermal im ersten Halbjahr Vertreter der kooperierenden Organisationen, Vereine und Verbände zusammen, um die Veranstaltungsbeiträge zu Themen
wie Rassismus, Extremismus, Zeitgeschichtliches,
Integration und interkulturelle Begegnungen auf
den Weg zu bringen.“
Daniela Milutin:
„Ihr seid ja in NRW ziemlich einmalig, was die
breite Ausrichtung angeht. Und außerdem wurde
Düsseldorf 2009 von der Bundesregierung als „Ort
der Vielfalt“ ausgezeichnet, wobei eure Arbeit besonders gelobt wurde. Was ist das Besondere
an Respekt und Mut?“
Volker Neupert:
„Dass wir zwar unsere Arbeit, aber uns nicht zu
ernst nehmen! Wir gehen gerne auch unkonventionelle Wege: Zum Beispiel haben wir einmal eine
Pressekonferenz in einem Hamam im Bahnhofsviertel veranstaltet und eine Eröffnung unserer
Reihe in einem marokkanischen Café in Oberbilk.
Aber das Besondere sind die Menschen, die bei
uns mitmachen, Angehörige aus 15 Nationen sind
es mittlerweile. Sie kommen aus den unterschiedlichsten Organisationen, Vereinen und Verbänden.
Das Fruchtbare ist, dass sie sich als Vertreter auch
eher wesenferner Institutionen in ihrer Themenfindung gegenseitig ergänzen und bereichern.
Ihre Arbeitgeber können wirklich stolz sein, solche
motivierten, kompetenten und oftmals auch
phantasievollen Mitarbeiter in ihren Reihen zu
haben. Es ist also durchaus möglich und unsere
Stärke, dass man in freundlicher, wertschätzender
Atmosphäre hierarchiefrei und freiwillig zu guten
Ergebnissen kommt.“
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Daniela Milutin:
„Du arbeitetest nun schon seit 2001 für Respekt
und Mut. Woraus beziehst Du Deine Kraft all die
Jahre an diesem Thema zu arbeiten?“
Volker Neupert:
„Aus der Vielfältigkeit der Arbeit! Manche meinen,
das Programm sei zu beliebig, wo bleibe denn die
„rote Linie“? Ich sage dann immer, die berühmte
dünne rote Linie blieb bei Balaklawa (eine Schlacht
1854 im Krimkrieg). Rote Linien begrenzen einen
nur und das war noch nie gut. Trotzdem bewegt
man sich ja nicht im luftleeren Raum fröhlicher
Unverbindlichkeit. Unsere Essentials sind eindeutig: Klare Kante gegen jede Art von politisch
oder religiös verbrämter Menschenverachtung!
Aber unabhängig davon ist das Schöne an meiner
Tätigkeit, dass sie so grenzenlos abwechslungsreich
ist, weil man mit den unterschiedlichsten Menschen und Kulturen zu tun hat. Und genau diese
Menschen, die hier und da zu Freunden geworden sind, haben mich selber reich und vielfältig
gemacht.“
Daniela Milutin:
„Wie geht’s weiter mit Respekt und Mut?
Was habt ihr noch vor?“
Volker Neupert:
„Wir möchten noch mehr ‚multikulturelle‘ Kooperationspartner gewinnen, das ist noch ausbaufähig.
Wir laden daher alle Migrantenselbstorganisationen sowie alle Kultureinrichtungen herzlich
ein, sich am Programm zu beteiligen. Es tut auch
wirklich nicht weh!
In diesem Zusammenhang werden wir 2011 mit
‚Düsseldorf, Deine Italiener‘ eine Länderreihe
beginnen, die die Besonderheiten der einzelnen
Ethnien, oder neu-deutsch ‚Communities‘, die in
Düsseldorf beheimatet sind, näher beleuchten.
Nicht umsonst wird das neue Programm unter
dem Motto „Mittendrin mit Eigensinn“ stehen.
Schließlich ist es ja der Eigensinn, der Menschen
so unverwechselbar macht.“
Weitere Informationen zur Programmreihe
Respekt und Mut im Internet unter
www.respekt-und-mut.de.
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6.1 Interkultur – Chancen auf Herausforderungen
für die Düsseldorfer Kultur?
Workshop 1
Begrüßung durch Beigeordneten Hans-Georg Lohe, Kulturdezernat
Beigeordneter Hans-Georg Lohe führt in die
Thematik ein und weist auf die Schwierigkeit hin,
den Begriff der Interkultur zu definieren, da dieser
meist als Adjektiv in Verknüpfung gebraucht wird,
wie zum Beispiel interkulturelle Kompetenz. Er
wirft dabei die Frage auf, wie sich die Zweckfreiheit
der Kunst mit dem Anspruch an Kunst und Kultur
integrierend zu wirken, vertrage. In diesem Zusammenhang verweist er auf den Unterschied zwischen
Zwecken und Effekten: Kunst kann absichtslos sein
und dennoch Toleranz und Verständigung fördern.
Die Sinus-Studie zu Migrantenmilieus und Kulturkonsum hat gezeigt, dass die Zugehörigkeit zu
einem bestimmten Milieu ausschlaggebender
für die Nutzung kultureller Angebote ist als der
ethnische Hintergrund. Ein Teil der Menschen mit
Migrationshintergrund nutzt bereits die kulturellen Angebote. Das Ziel, auch den anderen Teil zu
gewinnen, sollte aus verschiedenen Gründen verfolgt werden: Hier spielen Aspekte der kulturellen
Bildung eine Rolle, aber auch der Wunsch von Kultureinrichtungen, neue Zielgruppen zu erschließen
(Stichwort: „Audience Development“). Interkultur
ist eine Herausforderung für die Düsseldorfer Kulturarbeit und hierbei sind noch viele Fragen offen.
Der Workshop kann einen Beitrag zu einem gemeinsamen Verständnis für diese Aufgabe leisten.
Die zweisprachigen Bilderbücher werden teilweise
auch gerne von älteren Migrantinnen und Migranten mit geringen Deutschkenntnissen genutzt.
Die Stadtbücherei ist ein Ort, der von vielen
Menschen unterschiedlicher Herkunftsländer
inzwischen selbstverständlich genutzt wird.
Dr. Silvia Neysters, Museum Kunstpalast
Das Museum Kunstpalast verfügt über eine interkulturelle Kompetenz durch seine Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter. Ebenso werden im Bereich der
vorhandenen Sammlungen interkulturelle Themen
berücksichtigt, zum Beispiel eine Sammlung zum
Islam. Menschen mit Migrationshintergrund und
ihre Alltagserfahrungen werden in der Projektarbeit aufgegriffen. Ein Projektbeispiel bildet die
Ausstellung zu „Altäre“, bei der Jugendliche Menschen zu ihren persönlichen Altären befragen,
welche beispielsweise für Familienfotos genutzt
werden. Ein anderes Beispiel ist das Projekt
„Kulturen der Welt“, welches gemeinsam mit
dem Forum Freies Theater erarbeitet wurde.
Kurzvorstellungen aus der Düsseldorfer
Kulturarbeit
Martina Leschner, Stadtbücherei
Die Arbeit der Stadtbücherei stützt sich auf zwei
Säulen: erstens die Medienausleihe und zweitens
gezielte Veranstaltungen. Als Veranstaltungen
wären ein zweisprachiges Bilderbuchkino sowie
ein zweisprachiges Puppentheater der Kinder- und
Jugendbibliothek aufzuführen. Auch die Initiative
„Düsseldorf liest vor“ mit ihren Vorlesepatinnen
und Vorlesepaten leistet eine wertvolle Arbeit. Im
Bereich der Medienausleihe hat sich die Stadtbücherei auf gezielte Medien zum Deutscherwerb
sowie zweisprachige Bilderbücher eingestellt.
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Florian Deterding, Filmmuseum
Das Filmmuseum verfolgt eine internationale
Ausrichtung. Der klassische Stummfilm (bis Ende
der 1920er-Jahre) bedient sich einer universellen
Bildersprache. In den Filmclubs der Black Box
wird großer Wert auf Filme in Originalfassung
mit Untertitel gelegt. Zahlreiche Angebote, wie ein
japanisches Filmfestival, runden das Programm ab.
Ehrenamtliche aus Brasilien haben eine Filmveranstaltung gestaltet. Der anschließende Austausch
und das Fest boten Menschen aus Brasilien und
Teilnehmenden der Mehrheitsgesellschaft Gelegenheit zum Austausch.
Jochen Molck, Kulturzentrum zakk
Jochen Molck skizziert kurz die geschichtliche
Entwicklung des zakk. Die Arbeit mit Ausländerkindern bildete einen ersten Ansatz und eine Tradition im zakk, sich dem Thema zu widmen. Dieser
Ansatz wurde abgelöst durch Ideen von einer
multikulturellen Gesellschaft. Gegenwärtig steht
das Thema „Interkultur“ im Mittelpunkt. Hierbei
wird das Ziel verfolgt, die Arbeit von Künstlerinnen und Künstlern mit Migrationshintergrund
in der Region zu stärken und hierzu eine entsprechende Netzwerkarbeit zu entwickeln. Das Thema
„Interkultur“ ist im zakk als Querschnittsaufgabe
verankert, das heißt, zu allen Programmsparten
des zakks werden auch interkulturelle Angebote
realisiert. Hierfür ist ein eigener Koordinator
verantwortlich. Dabei legt das zakk besonderen
Wert darauf, dass sich alle Angebote im Bereich
Interkultur sowohl an Migrantencommunities –
als auch an die Mehrheitsgesellschaft richten
(keinen closed shop!).
Gruppenarbeit zu dem Thema „Interkultur –
Chancen und Herausforderungen für die
Düsseldorfer Kultur“
Die Workshopteilnehmer haben folgende Stichpunkte zusammengetragen:
Gelbe Gruppe:
n Kooperationspartner finden, auch stärkere
Vernetzung zwischen Kulturinstitutionen,
Sozialverbänden und Zivilgesellschaft
n Persönlicher Kontakt, persönliche Ansprache für
Verbände, aber auch für einzelne Besucherinnen
und Besucher offen
n Hemmschwellen müssen ermittelt und abgebaut
werden
n Die Häuser sind ein Stück „öffentlicher Raum“,
sie können Künstlerinnen und Künstlern eine
öffentliche Bühne bieten
n Partizipation
n Positive Diskriminierung, Frage Quoten ja/nein
n Interkulturelle Botschafterinnen und Botschafter
n Sprachvermittlerinnen, Kulturvermittlerinnen
n Die Heterogenität der Zielgruppe
berücksichtigen
Orange Gruppe:
Ansprechperson im Kulturamt fehlt
n Medien suchen Extreme und Exotik
n Institutionen sind „zu deutsch“
n Aufklärung über institutionelle Geschichte
n Politisches Signal fehlt, Legitimation für
interkulturelles Agieren
n „Eintritt frei für Kultur“ prüfen
n Sozialer Hintergrund ist wichtiger als
Migrationshintergrund
n Angebote für alle stärken, aber Zugang
für Migranten erleichtern
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Rote Gruppe:
Wertschätzung der kulturellen Vielfalt
n Barrieren abbauen
n Toleranz und Akzeptanz fördern
n Höhere gesellschaftliche Relevanz
n Öffnung der Programmgestaltung
n Folgen für die Programmgestaltung durch
die kulturelle Öffnung
n Ziele und Programme öffnen
n Neue Leitbilder
n Fortbildung für Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter
n Kommunikation zwischen Kultur verantwortlichen und Migranten sicherstellen
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Blaue Gruppe:
n Niedrigschwelligkeit
n Internationalität gleich Interkultur?!
n Partnerschaftlichkeit
n Singpause: Beispiel Gleichwertigkeit aller Lieder
n Interkultur findet zuerst im Lebensumfeld
statt und dann im Kulturraum
Grüne Gruppe:
Verstärkung der kulturellen Bildung an Schulen
n Interkultur bei Leuten ab 60 und Integration
für diese Zielgruppe ist anders
n Stärkeres Zielgruppenmarketing
n Interkulturelle Kulturscouts
n Informationsfluss überprüfen
n Beziehungen
n Vermittlung
n Ohne Unterstützung kann man nicht viel
machen, weitere Ressourcen werden benötigt
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Fazit
Die Thematik ist für die Kulturinstitute von großer
Bedeutung, zum einen im Hinblick auf die Sicherung der Publikumszahlen, zum anderen, um die
Themen der Gesellschaft aufzugreifen, das heißt,
inhaltlich die Themen der Einwanderungsgesellschaft zu repräsentieren.
Es sollte ein Forum für den Austausch zwischen
den Kulturinstituten und weiteren Partnern
geschaffen werden. Vernetzung und Kooperation
sind zu vertiefen, auch mit den Akteuren im
sozialen Bereich. Es gilt den Bereich Interkultur
mit Ressourcen zu unterstützen. Die Kulturinstitute sollen Hemmnisse identifizieren und Abhilfe
schaffen, wobei Kulturscouts hilfreich sein könnten. Dem Publikum mit Migrationshintergrund
soll wertschätzend begegnet werden. Unterschiede
der Milieus sind zu berücksichtigen und Zugewanderte durch partizipative Planungsansätze zu
beteiligen.
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6.2 Interkulturelle Jugendarbeit zur
Integrationsförderung
Workshop 2
Begrüßung durch Stephan Glaremin,
Leiter der Abteilung Jugendförderung im Jugendamt
Die Arbeit der Jugendförderung hat sich auf die
Realität der Einwanderungsgesellschaft eingestellt.
Für die städtischen Einrichtungen gehört es zum
Alltag, von ethnisch unterschiedlichen Besucherinnen und Besuchern angenommen zu werden.
Der jeweilige Anteil zugewanderter Jugendlicher
ist dabei abhängig vom unmittelbaren Sozialraum.
Von insgesamt über 70 Jugendfreizeiteinrichtungen in Düsseldorf greifen 20 Einrichtungen den
Schwerpunkt der interkulturellen Arbeit auf. Im
Rahmen der Jugendhilfeplanung entwickeln wir
unsere Anforderungen und unserer Verständnis
dieser pädagogischen Arbeit regelmäßig weiter.
Interkulturelle Jugendarbeit geht immer mit dem
Begriff der Integration einher, denn sie beinhaltet
eine intensive Förderung der Jugendlichen mit
Migrationshintergrund. Sie ermöglicht eine
gemeinsame Auseinandersetzung mit kultureller
Vielfalt und arbeitet inklusiv ohne „Wir-und-dieAnderen-Denkschablonen“. Dabei geht es auch
darum, kulturelle Konflikte konstruktiv zu lösen
und gegenseitigen Respekt zu schaffen.
Vorstellung gelungener Praxisbeispiele
Städtische Jugendfreizeitreinrichtung Ulmenclub
Berichterstattung: Andreas Passon
Projekt: „UC – Records“
Seit 2007 hat die Jugendfreizeiteinrichtung
Ulmenclub in Derendorf ein Musikangebot für
Jugendliche im Alter von 10 bis 20 Jahren. Das
Projekt zielt darauf, Musik als internationales
Kommunikationsmittel bei über 20 beteiligten
Nationalitäten einzusetzen. Die Jugendlichen
können ihre Erfahrungen und Gefühle in einem
eigenen Song auszudrücken. Sie werden beim
Texten, der Aufnahme bis zur Vermittlung von
Live-Auftritten unterstützt. Das Projekt leistet
einen Beitrag zur Integration hier aufwachsender
Jugendlicher mit Migrationshintergrund, indem
es ihnen und ihrer besonderen Lebenswelt eine
Stimme gibt und ihnen Erfolgserlebnisse vermittelt. Das Projekt erhielt den dritten Platz im Rahmen des Düsseldorfer Integrationspreises.
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Kabawil e.V.
Berichterstattung: Petra Kron
Projekt: Tanztheaterproduktion Leila & Madschnun
Der Verein Kabawil e. V. engagiert sich seit 16 Jahren
als freier Träger der Jugendhilfe, mit dem Schwerpunkt partizipativer Kulturarbeit für Jugendliche
mit und ohne Migrationshintergrund. Das Tanztheater thematisiert die Liebesgeschichte zwischen
zwei Jugendlichen: einer Christin und einem Muslim. Die Geschichte greift dabei Generationenkonflikte auf und hinterfragt gesellschaftliche
Schubladen und festgefahrene Denkmuster. Ein
künstlerisch kreativer Zugang ermöglicht eine
Auseinandersetzung der Jugendlichen mit den
sie bewegenden Vorstellungen von Liebe.
Aktion Gemeinwesen und Beratung (AGB) e. V.
Berichterstattung: Jordy de Vries und Leyla Saygin
1. Projekt: OrienTrain
Das Projekt begleitet Jugendliche aus dem Jagenberggelände Schritt für Schritt beim Übergang
zwischen Schule und Beruf. Angebote, wie grundlegende Informationen zu Berufsbildern, Vermittlung von Schnuppertagen und Praktika sowie
Einzelgespräche zu Stärken und Schwächen, helfen
beim ersten Schritt der Berufsfindung. Für die
Bewerbungsphase trainieren die Jugendlichen
Vorstellungsgespräche und bereiten ihre Bewerbungsunterlagen auf. Das Projekt ist nachhaltig
angelegt, da bei allen Phasen auch das soziale
Umfeld miteinbezogen wird. Mit dem Beginn
einer Ausbildung bietet es eine weiterführende
Begleitung an, zum Beispiel durch Intervention in
Konfliktfällen. Der Düsseldorfer Integrationspreis
würdigte das Projekt mit einem zweiten Platz.
2. Projekt: Sprachcafé für Frauen mit
Kinderbetreuung
Frauen mit Migrationshintergrund erhalten die
Möglichkeit, alltägliche Gesprächssituationen
einzuüben und ihren Wortschatz zu erweitern.
Dabei geht das Sprachcafé inhaltlich weit über
einen reinen Sprachkurs hinaus und bindet Institutionen des Sozialraumes mit ein, welche den
Teilnehmerinnen gezielt vorgestellt werden.
Besondere Berücksichtigung finden auch Fragen
der Erziehung und Bildung. Eine Kinderbetreuung
sowie soziale Beratung ergänzen das Angebot.
Gruppenarbeit zum Thema:
Welche Faktoren sind wichtig, damit Jugendarbeit
zur Integration junger Menschen beitragen kann?
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Anforderungen an das Personal: mehr muttersprachliche Fachkräfte, mehr männliche Fachkräfte sowie in der interkulturellen Jugendarbeit
erfahrene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Das Image der Jugendarbeit und ihrer Angebote
verbessern, bei Eltern mit Migrationshintergrund mögliche Vorbehalte abbauen
Veranstaltungsräume bereitstellen und
austauschen
Tandemprojekte und Patenschaftsprojekte
(Aufsuchende) Elternarbeit (diese wird nicht
immer von Seiten der Jugendlichen gewollt, ist
aber wichtig um Vertrauen aufzubauen und
die Einrichtung vorzustellen)
Finanzielle Wertschätzung der geleisteten Arbeit
Vorhandene Ressourcen durch bessere Vernetzung optimaler nutzen
Projekte und Angebote für die Zielgruppe
der Jungen (zum Beispiel Sport zum Austoben)
Enge Zusammenarbeit mit der Schule und mit
Sportvereinen (gute Vernetzung im Sozialraum)
Mit der Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund so früh wie
möglich beginnen
Einsatz von Sprach- und Kulturmittlern bei der
Elternarbeit
Weniger kognitive Maßnahmen, sondern Projekte mit Erlebnischarakter, die Kennenlernen
und Empathie ermöglichen
Ressourcenorientierter Ansatz anstelle einer
Defizitorientierung
Fazit
Besondere Zugänge zur Lebenswelt zugewanderter
Kinder und Jugendlicher bietet das Medium der
Kunst und Kultur für die pädagogische Arbeit.
Bewährt haben sich hierbei Angebote, die gemeinsame Erlebnisse schaffen und den Jugendlichen
Erfolgsmöglichkeiten bieten. Diese emotionalere
Herangehensweise bietet Chancen, neue Identifikationsbezüge und Zugehörigkeiten herzustellen.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, welche selber
über einen Migrationshintergrund verfügen, bilden
eine weitere wichtige Brückenfunktion.
Die lokale Netzwerkarbeit soll intensiviert werden,
um Migrantenvereine, aber auch zugewanderte
Eltern besser in die Arbeit einzubinden, die Kooperation mit Schulen weiterzuführen und dem
steigenden Bedarf an Veranstaltungsräumen
gerecht zu werden.
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6.3 OpenCities
„Strategien für eine offene Stadt“
Workshop 3
Begrüßung durch Uwe Kerkmann,
Leiter des Wirtschatfsförderungsamtes
Uwe Kerkmann führt in die Thematik ein und
erläutert das Interesse des Wirtschaftsförderungsamtes an dem Projekt OpenCities. Bereits seit drei
Jahren beteiligt sich die Landeshauptstadt Düsseldorf an dem EU-Projekt OpenCities. Düsseldorf
ist bereits eine internationale und offene Stadt und
durch den zu erarbeiteten Maßnahmenkatalog
wird die Attraktivität Düsseldorfs für internationale
Zuwanderung vor dem Hintergrund eines globalen
Wettbewerbes weiter ausgebaut und im Sinne einer
nachhaltigen Entwicklung gestärkt. Mit seiner
Offenheit für Zuwanderung untersucht das Projekt
zwei bedeutsame Standortfaktoren im globalen
Wettbewerb: Humankapital und Kreativität. Dabei
richtet das Projekt seinen Fokus auf alle Zuwanderergruppen: Neben den „klassischen“ Migrantengruppen werden auch beispielsweise Briten, Japaner und Niederländer mitberücksichtigt. Mit der
Gewinnung qualifizierter Bevölkerungsgruppen
soll ein Beitrag zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung geleistet werden, von dem die Bürgerinnen
und Bürger, die Unternehmerinnen und Unternehmer sowie die Zugewanderten profitieren.
Vorstellung des Projektes OpenCities durch
Stefanie Bolten (Internationale Angelegenheiten im Wirtschaftsförderungsamt):
Das Projekt OpenCities wurde durch das British
Council (internationale Organisation für Bildung
und Kultur) initiiert und aus EU-Mitteln im
Rahmen des URBACT-Programms finanziert.
Die Landeshauptstadt Düsseldorf beteiligt sich in
Kooperation mit weiteren europäischen Partnerstädten an diesem internationalen Projektverbund.
Durch die Entwicklung eines Messinstrumentes
zur Darstellung der Offenheit von Großstädten im
internationalen Vergleich leistet das OpenCitiesProjekt eine Analyse des positiven Beitrages, den
eine internationale Bevölkerungsstruktur für den
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Erfolg von Städten erbringt. Hiermit sollen die
positiven Aspekte von Zuwanderung sichtbar
gemacht werden. Das Projekt bietet Kommunen
einen strukturierten Rahmen, um darüber zu
reflektieren, wie sich ihre Attraktivität für Zugewanderte erhöhen lässt. Ebenso wird die Fragestellung thematisiert, welche Integrationsangebote
bereitzustellen sind, um Zugewanderte anzuziehen
und längerfristig an die Stadt zu binden.
Die Projektarbeit basiert auf folgender Definition
von Offenheit: Offenheit ist die Fähigkeit einer
Stadt, internationale Bevölkerung anzuziehen und
diese in die Lage zu versetzen, zum Erfolg einer
Stadt beizutragen.
Auf europäischer Ebene tauschen sich die Projektpartnerstädte zu bewährten Praxisbeispielen aus.
In den Kommunen unterstützen örtliche Projektgruppen mit Vertretern von Unternehmen, der
Industrie- und Handelskammer, unterschiedlicher
Bereiche der Verwaltung, Verbänden und Hochschulen die Erarbeitung lokaler Strategien. Diese
lokalen Handlungspläne wurden am 25. Mai 2011
im Rahmen einer Abschlusskonferenz in Brüssel
vorgestellt.
Gruppenarbeit zu folgenden Themen:
Was läuft in Düsseldorf bei der Integration
sehr gut?
n Welcome Feeling
n Reichhaltiges Angebot von Vereinen und
der LIGA der Wohlfahrtsverbände
n Sportveranstaltungen
n Finanzielle Förderung
n Einbindung von Migrantenselbstorganisationen
in die Integrationsarbeit und Stadtentwicklung
n Gute Kooperation und Vernetzungsstrukturen
Wo hat Düsseldorf Schwachstellen bei der
Integration?
n Integration ist noch kein Querschnittsthema
n Fremdenfeindlichkeit und Vorurteile des
Einzelnen
n Fehlende behördliche Willkommenskultur
n Homogener Blick auf Zuwanderung insgesamt
und die Migrantin / den Migranten
n Ethnozentrierter Blick statt effektive Kriterien
zur Förderung von Integration
n Freundlichkeit im Alltag sowie Hilfsbereitschaft
n Schwachstellen aufzeigen und / oder Entwicklungsansätze suchen und verstärken
n Zugang zu Angeboten und Leistungen
n „Hilfe-zur-Selbsthilfe-Gedanken“ stärken
Was müsste die Landeshauptstadt Düsseldorf für
eine gelingende Integration entwickeln?
n „Yes, I can“-Einstellung von Zugewanderten
fördern
n Interkulturelles Quartiersmanagement
n Frauen und Männer als unterschiedliche
Zielgruppen betrachten und gemeinsam
Projekte auf Augenhöhe entwickeln
n Abbau von Vorurteilen insbesondere bei
Jugendlichen und jungen Erwachsenen
n Berufliche Förderung von Zuwanderern mit
nicht anerkannten Berufsabschlüssen
n den Blickwinkel mit Unterstützung von
Diversity-Konzepten schärfen und Aufbau
einer bereichsübergreifenden Zusammenarbeit
hierzu
n Patenschaften mit beziehungsweise für
Jugendliche organisieren
n Gelegenheiten zur interkulturellen Begegnung
und zum Sprachtraining schaffen
(zum Beispiel durch Tandemvermittlung)
Fazit
Der Workshop stellte die Ziele des OpenCitiesProjektes vor und erarbeitete ein Brainstorming
zum Stand der gegenwärtigen Integrationsarbeit in
der Landeshauptstadt Düsseldorf. Die Fragen und
Ziele des OpenCities-Projektes beinhalten einen
gelungenen Brückenschlag zwischen Themenstellungen der Wirtschaftsförderung und der kommunalen Integrationsarbeit. Die Arbeitsergebnisse
aus dem Workshop wurden den Mitgliedern der
Projektgruppe zur Kenntnis gegeben und fließen
somit direkt in die weitere Arbeit des OpenCitiesProjektes ein. Das Projekt OpenCities verfolgt
das Ziel, zu den Themen „Leadership und Governance“, „Integration und Inklusion“ sowie „Internationalisierung“ einen lokalen Handlungsplan
zu entwickeln und ihn politisch abzustimmen.
Hierdurch werden neue Impulse für die kommunale Integrationsarbeit entwickelt und ein vielversprechender Beitrag zur bereichsspezifischen
Fortführung des Gesamtstädtischen Integrationskonzeptes geleistet.
Wie können wir eine positive Wahrnehmung von
Zugewanderten erreichen?
n Uns aufeinander einlassen und sich gegenseitig
die eigene Geschichte erzählen
(interkulturelle Begegnungen)
n Mehr Migrantinnen und Migranten in der
Stadtverwaltung einstellen und die Ausbildungsberufe offensiv bei dieser Zielgruppe
bewerben
n Interkulturelle Kontakte (Schule, Sport)
insbesondere bei Kindern, Jugendlichen und
jungen Erwachsenen
n Anerkennung von ausländischen Berufs- und
Bildungsabschlüssen
n Potenziale der Zuwanderer positiv nutzen
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7. Projekttische
Vorstellung gelungener Praxisbeispiele der Verbände der freien Wohlfahrt
AWO – „Präventiv- und Sozialaktion gegen
politischen und religiösen Radikalismus“
DPWV/IMAZ e.V. – „Nachbarschaftslotsen“
und „Migrationsfachdienst“
Ein Projekt zur Unterstützung des Dialogs und
der Toleranz, das dem Versuch radikaler Kräfte,
Jugendliche für extremistische Ziele zu missbrauchen, entgegenwirkt.
„Nachbarschaftslotsen“ in Rath: Praktische
Integration und interkultureller Austausch durch
Kooperationen und Motivation zur aktiven Beteiligung am Stadtteilleben.
„Migrationsfachdienst“: Individuelle und passgenaue Beratung, Gruppenangebote und Informationsveranstaltungen speziell für Frauen und
deren Familienangehörige.
Caritas – „Be taf“ und „Väterstolz“
„Be taf“: Beratung alleinerziehender Frauen mit
Migrationshintergrund zur Förderung einer unabhängigen Existenz und Erarbeitung neuer Lebensentwürfe sowie Handlungsspielräume.
„Väterstolz“: Ein gemeinwesenorientiertes Projekt
im Stadtteil Rath unter Berücksichtigung geschlechtsspezifischer und interkultureller Hintergründe, zur Intensivierung der Vater-Sohn-Beziehung und Begleitung im Integrationsprozess.
DRK – „InGe“ Interkulturelle Gesundheitsaufklärung
Migrantenfamilien und Mitarbeitende in Tageseinrichtungen für Kinder werden über die wichtigsten
Gesundheitsthemen informiert. Dies hilft den
Eltern, sich im Gesundheitssystem zurechtzufinden
und so die Gesundheit ihrer Kinder besser zu
fördern.
Diakonie – „Coach-Mi“
Kulturmittlerinnen, die Berufserfahrung im deutschen Gesundheitssystem haben und die Deutsch
und weitere Sprachen fließend sprechen, helfen,
kulturelle Unterschiede und Sprachbarrieren zu
überwinden, denn diese können gefährlich werden,
wenn es um die Gesundheit geht.
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Jüdische Gemeinde – „Hatikwa“
Ein Selbsthilfeprojekt für Migrantinnen und
Migranten mit einer Behinderung und ihre
Angehörigen, das den Spracherwerb fördert und
gleichzeitig der Beratung, Unterstützung und
Freizeitgestaltung dient.
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Herausgegeben von der
Landeshauptstadt Düsseldorf
Der Oberbürgermeister
Amt für soziale Sicherung und Integration
Verantwortlich
Roland Buschhausen
Redaktion
Dorothea Radler
Layout und Druckbetreuung
Medienservice, Stadtbetrieb Zentrale Dienste
Fotos
Amt für soziale Sicherung und Integration,
Real Image, Fotolia
IX/11
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