Sicherer Betrieb von Rollenschneidmaschinen

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Sicherer Betrieb von Rollenschneidmaschinen
Feldebene
Sicherer Betrieb von
Rollenschneidmaschinen
Rollenschneid- und Umrollmaschinen bergen im Betrieb vielfältige Gefahren
für den Bediener. Diese müssen über ein entsprechendes Safety-Konzept
abgesichert werden. Der englische Rollenschneidmaschinen-Hersteller Ashe
setzt dazu unter anderem auf Sicherheits-Schaltgeräte und -Relais aus dem
Haus Phoenix Contact.
Simon Davis
Im Aufrollbereich einer Rollenschneidmaschine kann es zu gefährlichen Situationen für die Bediener kommen
Ashe Converting Equipment Ltd. ist ein
weltweit agierender Hersteller von Rollenschneid- und Umrollmaschinen für die
Kunstofffolien-, Papier- und Rollenrota­
Simon Davis ist Manager im
Produktmarketing Safety bei
der Phoenix Contact Electronics GmbH in Bad Pyrmont.
E-Mail:
[email protected]
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tionsbranche. Das Portfolio umfasst da­
rüber hinaus Spezialgeräte zum Etikettieren. Aufgrund seiner 30-jährigen Unternehmensgeschichte sowie mehr als 900 
in Betrieb befindlichen Systemen verfügt
Ashe über umfangreiche Erfahrungen sowie eine hohe technische Kompetenz im
Bereich von Verarbeitungsanlagen für
verschiedene industrielle Branchen. Im
Werk in Ipswich befassen sich die Maschinentechniker beispielsweise mit der
Entwicklung qualitativ hochwertiger Rol-
lenschneidmaschinen, die durch den Einsatz moderner Technologie sicher und
produktiv fertigen. So erwarten Anwender auch bei der Behandlung empfindlicher Materialien ein tadelloses Ergebnis.
Die meisten Kunden von Ashe verarbeiten Güter, wie Papier oder Kunststoff­
folien. Sie werden in langen Bahnen produziert und anschließend aufgerollt, um
die Handhabung und den Transport zu
erleichtern. Je nach Material unterscheiden sich die Rollen in puncto Größe und
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Gewicht. Ihre Spannbreite reicht dabei von wenigen Zentimetern
bis zu 8,7 m, wohingegen das Gewicht mehrere Tonnen betragen kann.
Drei Hauptbereiche
mit ­unterschiedlichen ­Gefährdungen
Im Rahmen des Verarbeitungsprozesses wird das dünne
aufgerollte Material durch Rollenschneidmaschinen geführt, die
aus ihm ein Zwischen- oder gleich ein Endprodukt herstellen.
Primäre Rollenschneider dienen dazu, große Rollen zu verarbeiten. Die Maschinen von Ashe zeichnen sich dadurch aus, dass
sie auch bei hoher Verarbeitungsgeschwindigkeit eine hohe
Aufrollqualität der Folie liefern, die auf präzisen Linearführungen
ruht. Während die aufgewickelte Rolle bei einer Geschwindigkeit
von bis zu 1 200 m pro Minute stetig an Durchmesser zunimmt,
bewegen sich die Aufrollstationen selbstständig horizontal von
den Reiterwalzen weg. Um ein optimales Aufroll­ergebnis zu erzielen, halten die Aufrollstationen über den gesamten Zeitraum
des Aufwickelns Kontakt. Bei den teilweise sehr dünnen Stoffen
besteht immer die Gefahr des Knitterns und der Faltenbildung.
Damit es nicht dazu kommt, wird die Rollenspannung von einer
Unterdruck-Zugwalze geregelt. Sekundäre Rollenschneider sind
ähnlich aufgebaut, verarbeiten aber nur Folien bis zu einer Breite von 3,5 m.
Rollenschneider untergliedern sich in drei Hauptbereiche, die
unterschiedliche Gefahren für den Maschinenbediener und das
Wartungspersonal bergen:
• In der Aufrollzone resultiert die Gefährdung aus der mit hoher
Geschwindigkeit rotierenden Rolle. Menschen könnten in die
Maschine gezogen oder durch den Aufprall verletzt werden.
•Die Schneidzone ist durch scharfe, sich schnell bewegende
Klingen gekennzeichnet, was zu schweren Schnittverletzungen
bei den Mitarbeitern führen kann.
•Die Gefahren der Abroll- gleichen denen der Aufrollzone: Das
immense Verarbeitungstempo der Folie kann Körperteile
einziehen und abtrennen, wenn sie von der Rolle abgewickelt
wird.
Schranken und Sensoren
als Schutzmaßnahmen
Zwecks Erfüllung der Maschinenricht­linie 2006/42/EG beschreibt die DIN EN ISO 12100 einen dreistufigen Ansatz zur
Reduzierung der von Maschinen ausgehenden Gefahren sowie
Schaffung einer sicheren Arbeitsumgebung. Nach Abschluss der
Gefahrenbewertung der Maschine muss der Hersteller zunächst
konstruktive Maßnahmen zur Verringerung des Verletzungsrisikos ergreifen. Dabei kann es sich im ersten Schritt um einen
sicheren mechanischen Aufbau oder den Austausch gefährlicher Mate­rialien durch weniger riskante ­Stoffe handeln. Falls die
Gefährdung weiterhin besteht, lassen sich an den Gefahrenpunkten Schutzvorrichtungen wie Schrankensysteme anbringen,
die dem Anwendungsbereich angemessen sein sollten. Außerdem sollte ihre Position bei Bedarf durch Schutzmaßnahmen
wie eine Si­cher­heits­kontroll­funk­tion überwacht werden. Verbleibende Risiken können durch ausreichende Information der
Mitarbeiter in Form von Warnschildern auf der Maschine und
Hinweise im Betriebshandbuch abgedeckt werden.
Nach Abwägung der Gefahren, denen die Bediener in den
verschiedenen Phasen des Betriebszyklus der Rollenschneidmaschine – Einrichtung, Wartung, Produktion – ausgesetzt
sind, haben sich die Verantwortlichen bei Ashe für Schranken
zur Risikominderung entschieden. Diese sind mechanisch an
den Auf- und Abrollbereichen befestigt; ihre Position wird über
mechanische Schalter mit Sperren überwacht. Darüber hinaus
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Das eigenständige Sicher­
heitsmodul PSR-Trisafe
und das Sicherheitsrelais
PSR-RSM4 zur Geschwin­
digkeits­überwachung
erweisen sich als einfach
hand­hab­bare und kosten­
günstige Lösung
kommen optische Sensoren zum Einsatz. Sie erkennen die Anwesenheit einer Person im Aufrollbereich und stellen
den Fingerschutz im Abrollbereich sicher.
Wegen der besonderen Gefahren, die
sich im Schneidbereich ergeben, musste
neben den Schutzmaßnahmen für den
normalen Betrieb auch die Drehzahl der
Antriebswellen bei der Einrichtung und
Wartung des Rollenschneiders überwacht werden, da der Techniker direkten
Zugang zu dieser Zone benötigt.
Schnelle Einrichtung
der Sicherheitsfunktionen
Aus der Summe der einzelnen Sicherheitsfunktionen und den daraus resultierenden Sicherheitssensoren folgte für
Ashe Converting Equipment die Verwendung eines flexiblen Sicherheitsmoduls,
das alle Anforderungen an die Sicherheitsschaltung mit einer zentralen Einheit umsetzt. Ferner muss die SafetyKomponente die Performance-Level-Vorgaben der DIN EN ISO 13849-1 erfüllen.
Die Ingenieure des Unternehmens lösten
das Problem mit PSR-Trisafe von Phoenix
Contact. Das konfigurier­bare SicherheitsSchaltgerät lässt sich bedarfsgerecht einrichten, um Sicherheitsfunktionen für die
meisten an Maschinen verbauten Schutzvorrichtungen zur Verfügung zu stellen.
Hierunter fallen ­beispielsweise Not-HaltSchalter, die Überwachung von Sicherheitstüren, Lichtvorhänge mit Durchlassfunktion oder Laserabtaster.
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Die Sicherheitsfunktionen von PSR-­
Trisafe setzen sich aus dem Modul als
TÜV-zertifizierter Hardware sowie Software-Funktionsblöcken zusammen. Letztgenannte werden mit der Software Safe­
conf konfiguriert und anschließend auf
das Sicherheitsmodul übertragen. Trotz
der kompakten Bauform umfasst das
Sicherheits-Schaltgerät 20 sichere Eingänge und vier sichere Ausgänge gemäß
PL e respektive SIL CL 3, die zehn Sicherheitsfunktionen mit je zwei Kanälen
unterstützen. Sind weitere Funktionen
erforderlich, lässt sich die Basiseinheit
um zusätzliche Module erweitern, die je
acht sichere Eingänge und vier sichere
Ausgänge bieten. Neben den geringen
Gehäuseabmessungen überzeugte Mike
King, leitender Ingenieur bei Ashe, vor
allem die einfache Installation und Inbetriebnahme des Safety-Moduls. „Im Vergleich zu herkömmlichen Sicherheits­
relais erweist sich PSR-Trisafe als sehr
flexibel. Mit der Software Safeconf haben
wir die notwendigen Sicherheitsfunktionen schnell eingerichtet und getestet“,
berichtet er.
Eigenständige Drehzahlüberwachung im Schneidbereich
Ergänzend zu den üblichen Sicherheitsfunktionen für die Maschine benötigte
Ashe ein sicheres Verfahren zur Kontrolle
der Drehzahl im Schneidbereich. Diese
Anforderung wurde mit dem Sicherheitsrelais PSR-RSM4 zur Drehzahlüberwa-
chung ­realisiert. Das Safety-­Modul misst
die Drehzahl der Antriebswelle über einen Drehimpulsgeber und reagiert dabei
sicher auf bis zu drei Schwellwerte, die
dynamisch von drei separaten Eingängen
ausgelöst werden. Wenn ein Eingang
beschaltet ist (DC 24 V), ist die für ihn
eingestellte maximale Wellendrehzahl
aktiv. Aufgrund dieser Funktion hat A
­ she
das PSR-RSM4 mit ­einer auf einem Laserscanner beruhenden Bereichsüberwachung zu einer eigenständigen sowie
zuverlässigen Sicherheitsfunktion verbunden. Der Laserscanner kontrolliert
drei Schutzzonen. Sobald ein Bediener
eine der Zonen betritt, wird der entsprechende sichere Ausgang geschaltet, was
einen vorgegebenen DrehzahlschwellenEingang am Sicherheitsrelais aktiviert.
Aus der Lösung ergibt sich ein dynamisches Maschinensicherheitssystem,
welches die im Rahmen der Risikobewertung definierte maximal zulässige
Drehzahl nicht überschreitet. M. King
erklärt dazu abschließend: „Die Möglichkeit der intelligenten Kombination von
Funktionen stellt einen großen Schritt in
Richtung der Entwicklung eines sicheren
und adap­tiven Maschinenumfelds dar.
So lassen sich die Bedienung unserer
Maschinen vereinfachen sowie die Produktivitätsziele der internationalen Kunden umsetzen.“
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