Kunsthistorische Einführung: Pieter Bruegel „Die sieben Werke der

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Kunsthistorische Einführung: Pieter Bruegel „Die sieben Werke der
Kunsthistorische Einführung: Pieter Bruegel „Die sieben Werke der Barmherzigkeit“
Leben
Pieter Bruegel der Jüngere ist zwischen Mai und Oktober 1564 in Brüssel geboren worden und
wahrscheinlich zwischen März und April 1638 in Antwerpen gestorben. Sein Geburtshaus in der
Hoogstaar 132 im Brüssler Marollenviertel existiert heute noch. Schon früh, mit etwa fünf Jahren, verlor
er seinen Vater, den bekannten Maler Pieter Bruegel der Ältere (1525/1530-1569). Entgegen landläufiger
Meinung kann er also nicht von ihm ausgebildet worden sein. Mit seiner Schwester Marie und seinem
Bruder Jan Bruegel dem Älteren, später Samtbruegel genannt, wuchs er in einer von Kunst geprägten
Umgebung auf. Auch einige seiner sieben Kinder, die er mit seiner 1588 geheirateten Frau Elisabeth
Goddelet hatte, wurden Künstler (so z.B. Pieter III. Bruegel). In den Büchern der Lukasgilde in Antwerpen
ist er im Jahr 1585 als selbstständiger Meister verzeichnet. Dort unterhielt er ein größeres Atelier, in dem
mehrere Gehilfen arbeiteten.
Zur Schreibweise des Namens
Liest man in der einschlägigen Literatur, den Lexika oder den Internetseiten, dann finden sich für seinen
Namen die unterschiedlichsten Schreibweisen: Neben Brueghel, Breugel und Breughel auch
eingedeutschte Schreibweisen wie Brügel, Brügl, Brögel oder Briegel. Als Signatur schreibt Pieter Bruegel
der Ältere seinen Namen erst mit „h“ und änderte dann ab 1559 seine Signatur in „Bruegel“ um.
Unterschiedliche Schreibweisen sind auch bei seinen künstlerisch tätigen Söhnen bekannt. In diesem
Skript soll die Schreibweise „Bruegel“ verwandt werden, weil sie die in kunstwissenschaftlichen
Publikationen am häufigsten genutzte Schreibweise ist.
Werk
Sein künstlerisches Werk ist stark geprägt von dem seines Vaters Pieter Bruegel der Ältere, der zu den
bedeutendsten Malern des 16.Jahrhundersts in den Niederlanden zählt. Dessen Landschafts- und
Genremalerei prägte die gesamte flämisch-niederländische Malerei der Zeit. Seine Szenen aus dem
bäuerlichen Leben brachten ihm den Beinamen „Bauern-Bruegel“ ein. Die Zeit war reif für einen Wechsel
von religiösen Motiven zu der Darstellung von Alltagssituationen und der Lebenswirklichkeit gewöhnlicher
Menschen (vgl. Abschnitt Zeitepoche). In seinen 40 erhaltenen Werken steht eine Vielzahl an Menschen
im Vordergrund, die ähnlich wie in „Wimmelbildern“ angeordnet sind und eine detaillierte Betrachtung
erfordern.
Diese Vielfigurigkeit und scheinbare Unübersichtlichkeit hat Pieter Bruegel d.J. beim Nachmalen
übernommen. Auch sein Gemälde „Werke der Barmherzigkeit“ müssen wir betrachten wie eine
andauernde Lektüre. Immer wieder gibt es Szenen oder Gegenstände neu zu entdecken. Gleich mehrere
optische Haltepunkte verwirren und faszinieren gleichzeitig.
„Barmherzigkeit“ – Kunsthistorische Einführung von Petra Hildebrand-Hofmann, Fortbildungsleiterin SEK I
Pieter Bruegel d.J. hat die Werke seines Vaters zahlreich kopiert, eigene Gemälde nach Zeichnungen
seines Vaters angefertigt oder Motive abgewandelt. Er tat dies vermutlich wegen der starken Nachfrage
nach den Bildern seines Vaters. Sein Werk beinhaltet jedoch auch eigene Kompositionen. Die Anfang
des 17.Jahrhunderst entstandenen Höllenszenen, die Pieter Bruegel d.J. den Beinamen Höllenbruegel
einbrachte, stammen aber wohl von der Hand seines Bruders Jan. Inwiefern die Bruegel-Söhne Pieter
und Jan eigenhändig an ihren Werken gearbeitet haben oder inwieweit es sich um „Ateliersarbeiten“
handelt, ist schwer zu entscheiden. Beiden Söhnen werden insgesamt über 1000 Werke zugeschrieben.
Das in diesem Skript behandelte Bild ist in einer Auktion im April 2004 für 562.500 Euro ersteigert worden.
Zeitepoche
Pieter Bruegel der Jüngere malte in der Zeit des Übergangs von der Spätrenaissance zum Frühbarock.
Der Stellenwert seiner Bilder und der Kunst überhaupt lässt sich mit der damaligen politischen Stellung
der Niederlande erklären. Im 17.Jahrhundert bildeten die Niederlande eine große Wirtschaftsmacht,
deren Vormachtstellung erst Jahrzehnte später durch Großbritannien abgelöst wurde. Als Land ohne
Rohstoffe mit unbedeutender landwirtschaftlicher Produktion und geringer Bevölkerungszahl, lag die
Wirtschaftskraft im Geschick, Warenhandel und Finanzverkehr zu kontrollieren. Amsterdam wurde der
bedeutendste europäische Umschlagplatz, das Kapital aus Seefahrts- und Kolonialhandel stieg an.
Mit der wirtschaftlichen Macht gewann das Bürgertum an Einfluss. Es bildete die Oberschicht, die diesen
Aufstieg auch sozial und kulturell demonstrieren wollte. Kunst wurde bürgerlich. Einrichtungsgegenstände
und besonders Bilder dienten als Geldanlage. In den Niederlanden wurden im 17.Jahrhundert jährlich
geschätzte 70 000 Bilder gemalt. Kunst war ein Wirtschaftsfaktor, Bilder wurden fast fließbandähnlich
hergestellt. Dies erklärt den Erfolg, den alle Bruegel-Maler mit ihren Bildern und ihrem Atelier hatten. Von
den vielen Bildern sind heute vermutlich nur noch zehn Prozent erhalten.
Die sich langsam ändernden Motive der Bilder haben noch eine andere Ursache. Europa befand sich in
einem geistigen Umbruch: die Naturwissenschaften erstarkten, säkularisierte Denkweisen fanden
Verbreitung. Der Buchdruck machte Wissen auch für weniger Reiche zugänglich. Bücher, die verboten
oder der Inquisition anheimgefallen waren, wurden in den Niederlanden gedruckt. Amsterdam und später
Antwerpen galten als „Verlagshäuser“.
Nicht mehr Aristokraten oder Kirchenfürsten gaben Kunst in Auftrag, sondern immer mehr reiche Händler,
Beamte oder Bauern. Das wachsende gesellschaftliche Ansehen beförderte den Kunstbetrieb. Damit
wuchs auch der Wunsch nach anderen Motiven, nach „weltlicher“ Malerei. Fachbetriebe für bestimmte
Gattungen wurden gegründet, Landschaftsmalerei und Sittengemälde waren gefragt. Traditionelle
kirchliche Bildthemen wurden als „katholisch“ abgelehnt..
Quellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Goldenes_Zeitalter_%28Niederlande%29
http://www.van-ham.com/rekordgalerie/gdr/detail/alte-meister/pieter-brueghel-dj.html
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-7810162.html, DER SPIEGEL 2/1998
https://de.wikipedia.org/wiki/Pieter_Bruegel_der_%C3%84ltere#Zur_Schreibweise_des_Namens
https://www.uni-muenster.de/NiederlandeNet/nl-wissen/kultur/vertiefung/tafelmalerei/vorbildersturm.html
http://www.rheinische-art.de/cms/topics/die-brueghel-familie-vier-generationen-der-flaemischen-malerdynastie-in-paderborn.php
„Barmherzigkeit“ – Kunsthistorische Einführung von Petra Hildebrand-Hofmann, Fortbildungsleiterin SEK I