Geschichtswettbewerb 2014 Info Rheinland

Transcription

Geschichtswettbewerb 2014 Info Rheinland
Geschichtswettbewerb 2014/15__________
Anders sein. Außenseiter in der Geschichte
Die Bestände:
Im Landesarchiv NRW Abteilung Rheinland in Duisburg werden Urkunden und Akten staatlicher Institutionen und Behörden gesammelt
und zur Einsichtnahme bereitgestellt. Ergänzend zur staatlichen Überlieferung werden teilweise auch Unterlagen nichtstaatlicher Einrichtungen archiviert. Die Archivalien umfassen Urkunden, Handschriften,
Akten, Karten, Pläne, Plakate, Druckschriften und Fotos. Die Zeitspanne der Überlieferung reicht vom frühen Mittelalter bis in die Gegenwart. Die im Landesarchiv aufbewahrten Archivalien stammen aus
dem Bereich der Regierungsbezirke Düsseldorf und Köln, decken also
einen Großteil rheinischer Städte und Regionen wie das westliche
Ruhrgebiet ab.
Die Nutzung:
Die Einsichtnahme der Archivalien erfolgt im Lesesaal. Für einzelne, insbesondere personenbezogene
Akten gelten besondere Sperrfristen (100 Jahre nach der Geburt der Betroffenen oder 10 Jahre nach
dem Tod), die auf Antrag verkürzt werden können. Im Rahmen des Geschichtswettbewerbs werden
Schülerinnen und Schüler vom Archivpädagogen betreut.
Adresse:
Landesarchiv NRW Abteilung Rheinland
Schifferstraße 30
47059 Duisburg
Anfahrt:
Mit der Straßenbahnlinie 901 (Richtung Scholtenhofstraße / Obermarxloh) ab Hauptbahnhof bis Haltestelle „Scharnhorststraße“; der Eingang befindet sich auf der Hafenseite. Fußweg ca. 3 Minuten.
Kostenlose Parkplätze für Besucher des Landesarchivs stehen im Parkhaus Schifferstraße 52 (Zentrale
Polizeitechnische Dienste) zur Verfügung.
Öffnungszeiten des Lesesaals:
Mo -Di 8.30 – 19.00 Uhr; Mi -Do 8.30 – 16.00 Uhr; Fr 8.30 – 12.30 Uhr
Archivpädagogische Angebote:
Zur Betreuung und Unterstützung von Schülerinnen und Schülern bei der Themenfindung, Recherche
und Auswertung steht der Archivpädagoge, Herr Pieper, montags und donnerstags zur Verfügung.
Um eine vorige Kontaktaufnahme (per E-Mail) wird generell gebeten, damit eventuelle Vorrecherchen schon vorgenommen und erste Archivalien gezielt zur Verfügung gestellt werden können. Schülergruppen können nach Absprache auch eine Einführung in die Archivarbeit erhalten.
Kontakt:
Joachim Pieper M.A. (E-Mail: [email protected] oder T: 0203-98721-223)
Weitere Informationen zum Landessarchiv NRW: www.archive.nrw.de
1
Aus den Beständen des Landesarchivs NRW Abteilung Rheinland
Die folgende Auswahl soll zur Themenfindung anregen. Es werden exemplarisch Bestände genannt,
in denen sich geeignete Archivalien befinden. Der eigenen Forschungsfreude sollen aber keine Grenzen gesetzt werden.
„Mit denen möchte keiner etwas zu tun haben“ – z.B. Henker und Abdecker
Die Vollstreckung von Todesstrafen, zum Teil aber auch die Folter zur Erzwingung von Geständnissen
war seit dem Mittelalter bis weit ins 20. Jahrhundert die Aufgabe von Scharfrichtern oder Henkern.
Oft waren sie auch Abdecker, die damit beauftragt waren Tierkadaver zu verwerten. Sie und ihre
Familien wurden in der Regel gesellschaftlich nur wenig akzeptiert und standen immer am Rande der
Gesellschaft.
Mögliche Bestände:
für das 17. und 18. Jahrhundert:
o Herzogtum Kleve-Mark, Akten; Großherzogtum Berg, Akten; Reichskammergericht, Prozesse
o Herzogtum Kleve, Akten: Sünden und Laster
Für das 19. Und 20. Jahrhundert:
o Regierung Köln: Hinrichtung, Richtplätze, Guillotine und Scharfrichter
o Schlachthauspolizei und Abdeckereien
Hinweis: Die älteren Archivalien sind bis Anfang des 20. Jahrhunderts handschriftlich in deutscher Schrift verfasst. Zum Lesen sind Hilfestellung und etwas Übung und Geduld nötig.
„Gern besucht, ungern gesehen“ – z.B. Prostituierte
Prostituierte standen und stehen mit ihrem Gewerbe am Rande der Gesellschaft. Der „ Sperrbezirk“
ist räumlicher Ausdruck für ihre Ausgrenzung aus der bürgerlich geprägten Stadtgesellschaft. Die
soziale Stellung war und ist gering. Ihre Tätigkeit steht aus Sicht der Gesellschaft außerhalb jeder
sozialen Norm.
Mögliche Bestände:
Polizeipräsidien Aachen, Bonn, Duisburg, Düsseldorf, Essen, Köln, Oberhausen
Französische Besatzungsbehörden
(Bezirks-)Regierungen Düsseldorf und Köln
Staatsanwaltschaften und Landgerichte
Sammlungen
Zeitungen
„Gefürchtete Zeitgenossen“ – Räuber- und Diebesbanden im Rheinland
Organisierte Räuberbanden waren bis ins 19. Jahrhundert keine Seltenheit. Sie zogen übers Land,
raubten und plünderten, verbreiteten überall Angst und Schrecken. Ihre Anführer und Mitglieder
waren gesellschaftliche und rechtliche Außenseiter. Ihnen folgten im 20. Jahrhundert organisierte
Diebesbanden, die bis in die Gegenwart Eigentum und Leben der bürgerlichen Gesellschaft bedrohen.
Mögliche Bestände:
für das 17. und 18. Jahrhundert:
o Lande zwischen Maas und Rhein, Amt Neuss: herumvagierende Räuberbande bestehend aus
40 bewaffneten Männern, die in Odenkirchen öffentlich geplündert haben.
2
o Großherzogtum Berg, Präfektur des Rheindepartements; Akten der Polizei
Für das 19. Und 20. Jahrhundert:
o Oberförstereien, Landesvisitationen nach Vagabunden und Räuberbanden
o Regierung Düsseldorf, Polizei
„On the Road again“ – Landstreicher, Berber, Obdachlose und Bettler
Arbeits- und wohnungslos – zwei Kriterien, die einen Menschen in allen Zeiten ziemlich schnell an
den Rand oder komplett aus der Gesellschaft drängen. Wie gerieten Menschen in diese schlimme
Lage und wie reagiert die Gesellschaft und der Staat darauf?
Mögliche Bestände:
für das 17. und 18. Jahrhundert:
o Generalgouvernement Berg, Akten der Polizeidirektion
o Regierung Aachen, Polizei: Landesverweisungen von Bettlern und Landstreichern
o Herrschaft Stolberg: Edikte gegen Bettler und Landstreicher
Für das 19. Und 20. Jahrhundert:
o Regierungen Aachen, Düsseldorf, Köln:
Maßnahmen gegen Landstreicher, und Vagabunden
Polizeiliche Überwachung von Schaustellen und Musikanten
Bekämpfung des Bettel- und Landstreicherwesens
Arbeitszwang für Landstreicher, Wanderer und Arbeitsscheue
Asyl für männliche Obdachlose
o Land- und Amtsgericht e, Staatsanwaltschaften
o Rheinisch-Westfälische Gefängnisgesellschaft
Betreuung und Verpflegung obdachloser Wanderer
„Resozialisierung gesellschaftlicher Randgruppen“ – Alltag in Besserungs- und Erziehungsanstalten
Wer zu offensichtlich am Rande der Gesellschaft lebte und somit offensichtlich eine Störung im bürgerlichen Empfinden darstellte, musste oft mit harten Strafen rechnen. Das galt für Bettler, Obdachlose, Prostituierte und (Klein-)Kriminelle und besonders auch für auffällige Jugendliche, die ihre Jugendkultur in der Öffentlichkeit auslebten. Die zwangsweise Unterbringung in Besserungs- und Erziehungsanstalten (auch als Korrigenden- oder Rettungsanstalten benannt) sollte die Wiedereingliederung in die vor allem bürgerliche Gesellschaft ermöglichen. In der Regel hatte sie jedoch einen eher
strafenden und abschreckenden Charakter. Im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts entstand ein großes Netz privater und staatlicher Einrichtungen.
Mögliche Bestände:
Landratsämter: Unterbringung in Arbeits- und Besserungsanstalten
Rheinisch-Westfälische Gefängnisgesellschaft: Gesetz zur Unterbringung verwahrloster Kinder
unter 12 Jahren in Erziehungs- und Besserungsanstalten
Arbeits- und Sozialministerium NRW: Jugendschutz
Justizministerium NRW
(Bezirks-)Regierungen Aachen, Düsseldorf, Köln: Arbeitshäuser, Jugendschutz
„Hinter Mauern“ – Häftlinge in Zuchthäusern und Gefängnissen
Verstöße gegen Recht und Ordnung werden vom Staat sanktioniert, die Täter verurteilt und hinter
Gitter gebracht. Das gilt gleichermaßen für Obrigkeitsstaaten und Diktaturen wie für Demokratien,
3
allerdings mit deutlich unterschiedlichen Normen. Häftlinge sind durch das Eingesperrtsein schon
räumlich ein gesellschaftlicher Außenseiter. Dabei macht es schon einen Unterschied, ob er nur bestraft und eingesperrt oder später wieder in die Gesellschaft integriert werden soll. Wie aber gehen
Staat und Gesellschaft mit Straftätern um? Bedeutet einmal Außenseiter immer Außenseiter?
Mögliche Bestände:
für das 17. und 18. Jahrhundert:
o Herzogtum Kleve, Gerichts- und Polizeiwesen: Verwahrung von Häftlingen
o Großherzogtum Berg, Justizwesen: Zuchthäuser
Für das 19. Und 20. Jahrhundert:
o Gestapoleitstelle Düsseldorf
o Jahresberichte der Justizvollzugsanstalten
o Polizeipräsidien
o Polizeigefängnisse: Verzeichnisse der politischen Häftlinge
o Justizministerium NRW: Einrichtung von Arbeitsbetrieben in Justizvollzugsanstalten
o Arbeitsämter
„Macht arm anders – von Harzern und anderen?“ – Diskriminierung durch Armut
Besitz und Wohlstand führen in der bürgerlichen Gesellschaft zu Anerkennung, Menschen, die in
Armut leben werden vorschnell diskriminiert und ausgegrenzt, somit zu Außenseitern. Private und
öffentliche Unterstützungsleistungen helfen zwar in der Regel über Notlagen hinweg, verstärken
aber die Ausgrenzung am Rande der Gesellschaft.
Mögliche Bestände:
für das 17. und 18. Jahrhundert:
o Klöster und Stifte im Rheinland, z.B. Kloster Duissern oder Stift Essen
o Herzogtum Jülich Berg: Armut von Adligen
Für das 19. Und 20. Jahrhundert:
o (Bezirks-)Regierungen Aachen, Düsseldorf, Köln
o Land- , Amts- und Sozialgerichte
o Arbeitsämter
o Zeitungsausschnittsammlung Dortmund
o Sammelbestand Fotografien: Demonstrationen, Schlafaktion „Studenten leben in Armut“,
„Eleganz und Armut auf der Königsallee in Düsseldorf“
„Macht arbeitslos anders?“ – Ausgrenzungen durch Arbeitslosigkeit
Menschen, die dauerhaft oder vorübergehend ohne Arbeit sind, stehen dann umso mehr am Rande
der Gesellschaft, wenn Arbeit und ein sicherer Arbeitsplatz vorherrschende Werte sind und darüber
der arbeitende Teil der Bevölkerung zu Wohlstand und gesellschaftlicher Anerkennung gelangt. Wie
aber werden Menschen arbeitslos und was bedeutet dies für ihr Selbstverständnis. Wie reagiert die
übrige Gesellschaft, welche Maßnahmen ergreift der Staat?
Mögliche Bestände:
Staatskanzlei NRW: Arbeitslosenentwicklung und Arbeitslosenfürsorge
Finanzministerium NRW: Unterhaltshilfen und Arbeitslosenfürsorge
Arbeits- und Sozialministerium NRW
Arbeitsämter
Bezirksregierungen Düsseldorf und Köln
Zeitungsausschnittsammlung Dortmund
4
Druckschriftensammlung
Plakatsammlung
Sammelbestand Fotografien
„Eine andere Religion“ – Juden in einer christlich geprägten Mehrheitsgesellschaft
Die Erfahrung von gesellschaftlicher Ausgrenzung und rechtlicher Sonderstellung allein aufgrund
ihrer anderen religion haben Juden seit dem Mittelalter machen müssen. Erst mit dem 19. Jahrhundert begann der Weg ihrer Emanzipation, ohne dass allerdings Antijudaismus und Antisemitismus
vollständig an Einfluss einbüßten. Mit der nationalsozialistischen Herrschaft steigerten sich neuerliche Isolierung und Entrechtung bis zu ihrer Vertreibung und Ermordung. Ihr Anderssein konnte und
kann aber auch zu einem friedlichen Neben- und Miteinander führen.
Mögliche Zugänge:
Je nach zeitlich-epochalem, lokalem oder thematischen Schwerpunkt bieten sich hierfür unterschiedliche Bestände und Archivalien wie zum Beispiel der Bestand der Gestapoleitstelle Düsseldorf oder die Entschädigungsakten nach 1945 an.
„Eine andere Konfession“ – Katholiken und Protestanten
Viel mehr als in unserer Zeit prägten über Jahrhunderte hinweg konfessionelle Schranken und Unterschiede mehr als Gemeinsamkeiten das Zusammenleben der Menschen i Stadt und Land. In überwiegend katholischen Gegenden wie am Niederrhein oder in der Eifel blieben Protestanten lange Zeit
Fremde und Außenseiter, in evangelischen Gebieten wie dem Bergischen Land war es genau umgekehrt. Erst mit den Bevölkerungsverschiebungen der Nachkriegszeit änderte sich diese Situation.
Mögliche Bestände:
für das 17. und 18. Jahrhundert:
o Herzogtum Kleve Mark, Akten: Religionsbeschwerden
o Fürstentum Moers: Verhältnisse zwischen Katholiken und Protestanten
o Stift Werden: Verdrängung der Protestanten aus Magistrat und Gericht
o Roer-Departement, Kanton Köln: Teilung des Friedhofs zu Frauweiler zwischen Protestanten
und Katholiken
o Großherzogtum Berg, Akten: Mitfeiern der katholischen Festtage durch die Protestanten
o Generalgouvernement Berg, Gerichte: Klagen über den katholischen Bürgermeister
Für das 19. Und 20. Jahrhundert:
o Regierungen Aachen, Düsseldorf, Köln: Kirchenwesen
„Andere Konfessionen“ – Altkatholiken, Freikirchen, Sekten
Neben und außerhalb der großen Kirchen haben einzelne Christen immer versucht, einen eigenen
weg zum Glauben zu finden. Sie organisierten sich in eigenen Kirchen und sektenartigen Gemeinschaften oder Sekten. Dabei gerieten Sie häufig in eine ambiguöse Außenseiterrolle: zum einen wur
den Sie von den etablierten Kirchen angefeindet, zum anderen auch von der von den Konfessionen
geprägten Mehrheitsgesellschaft und auch von staatlicher Seite. Formen von Ausgrenzung, Benachteiligung und zum Teil auch Verfolgung besonders in der NS-Zeit waren die Folgen.
Mögliche Bestände:
Regierung Aachen, Polizei, Kirchenwesen: Altkatholiken und Dissidenten
Regierung Düsseldorf, politische Akten: Freikirchen
Regierung Köln, Polizei, Kirchenwesen
5
Gestapoleitstelle Düsseldorf: Bibelforscher (Zeugen Jehovas), Sekten und konfessionelle Weltbünde
Landratsämter: Sekten und konfessionelle Weltbünde
Ortspolizei
Zeitungsauschnittsammlung Dortmund
Regionale und lokale Zeitungen
Wiedergutmachungsakten
o Bezirksregierungen Aachen, Düsseldorf, Köln
o Oberversicherungsamt Düsseldorf
o Gerichtsakten, Finanzämter
o Staatskanzlei NRW
o Nachlässe
o Nordrhein-Westfälischer Städte- und Gemeindebund
„Missverständnisse und Vorurteile – eine andere Kultur“ – Sinti und Roma im Rheinland
Das Verhältnis der Deutschen zu Sinti und Roma war und ist noch heute seit Jahrhunderten durch
Vorurteile, Benachteiligungen und Verfolgung gekennzeichnet. Mögliche Fragen nach dem Anderssein sind ihr Aussehen, ihre Kleidung und Sprache, ihre Lebensweise. Wie wird eine ganze Volksgruppe zum Außenseiter und welche Folgen hatte dies für sie?
Mögliche Bestände:
Regierung Düsseldorf, Ausländerangelegenheiten, Polizei, Gesundheit
Landratsämter
Polizeipräsidien
Zeitungsausschnittsammlung Dortmund
Lokale und regionale Presse
Informationen der Landesregierung zum Duldungserlass für Roma
Sammelbestand Fotografien: Roma-Demonstrationen, Wohnhäuser, Siedlungen, Quartierplätze,
Reportage zum Reintegrationsprogramm für Roma aus NRW in Rumänien
„Einst Minderheit in der Fremde, jetzt Merkmal der Region“ – Polen im Ruhrgebiet
Während der Industrialisierung im 19. Und beginnenden 20. Jahrhunderts kamen viele Polen als
Arbeiterinnen und Arbeiter vornehmlich in die Bergbau- und Industriebetriebe des Ruhrgebiets. Sie
sprachen anders, ihre Sitten und Gebräuche unterschieden sich deutlich von denen der einheimischen Bevölkerung. Das machte sie in ihrer neuen Heimat für die deutsche Bevölkerung und den
Staat äußerst verdächtig, dennoch prägten sie die Region auf ganz besondere Art und wurden so zum
zentralen teil der Gesellschaft des Ruhrgebiets, nicht nur bei den Fußballvereinen der Region.
Mögliche Bestände:
Regierung Düsseldorf, politische Akten: Ausländerangelegenheiten
Polizeipräsidien
Landratsämter, Pass- und Fremdenpolizei: Unruhen, verdächtige Personen
Bergämter
„Vom Rand in die Mitte der Gesellschaft“ – Abgrenzung und Eingliederung von Heimatvertriebenen und Flüchtlingen nach 1945
Am Ende des Zweiten Weltkrieges zogen Heimatvertriebene und Flüchtlinge aus dem Osten des
Deutschen Reiches, den ehemaligen Ostgebieten, in die westdeutschen Städte und Gemeinden. Sie
brachten neben den Fluchterfahrungen eigene Traditionen mit und standen vor der Herausforde6
rung, das Eigene, die Sitten und Gebräuche, aus der ehemaligen Heimat zu erhalten, sich aber gleichzeitig in der neuen Heimat zurechtzufinden. Das Zusammenleben mit der einheimischen Bevölkerung
gestaltete sich als schwierig, da gemeinsamer Wohnraum knapp war, Lebensmitte und Gebrauchsgüter für alle fehlten. Die Fremden aus dem Osten waren selten willkommen und mussten zunächst in
Notunterkünften leben. Erst langsam gelang ein friedliches Miteinander.
Mögliche Bestände:
Regierungen Aachen, Düsseldorf, Köln: Wiederaufbau, Wohnungsnotprogramme, Wohnraumbewirtschaftung, Siedlungsvorhaben
Regierungen Aachen, Düsseldorf, Köln: Flüchtlingswohnungsbau, Notunterkünfte, Wohnungsbauprogramme
Regierungen Aachen, Düsseldorf, Köln: Sozialwesen, Flüchtlings- und VertriebenenAngelegenheiten
Arbeitsämter
Landratsämter der einzelnen Kreise
Regional- und Lokalpresse
„Parallelgesellschaften oder Integration?“ – Gastarbeiter und ihre Familien im Rheinland
Die Arbeiter, die das Wirtschaftswunder in der Bundesrepublik Deutschland seit den 1960er Jahren
aufrecht erhalten sollten, kamen von weit her: aus Italien und Griechenland, aus Spanien und Portugal, aus Jugoslawien und der Türkei. Sie wurden dringend gebraucht, doch mit Erstaunen und teils
Widerwillen stellten viele Deutsche fest, dass sie nicht nur hier arbeiteten, sondern auch hier lebten,
ihre Familien nachholten und sich entschlossen, hier zu bleiben. Vieles an ihnen war anders: die
Sprache, das Essen, ihre Kultur und Religion. Das irritierte beide Seiten teils bis in unsere Gegenwart.
Mögliche Bestände:
Landespresse- und Informationsamt NRW
Landespressestelle NRW
Zeitungsauschnittsammlung Dortmund
Regionale und lokale Presse
Deutscher Gewerkschaftsbund: Arbeitsgruppe für Angelegenheiten ausländischer Arbeitnehmer
Regierungen Aachen, Düsseldorf, Köln: Schulbesuch ausländischer Kinder
Informationsfilme der Landeszentrale für politische Bildung Düsseldorf für ausländische Arbeitnehmer, z.B. „Tips für den Alltag“
Polizeipräsidien Düsseldorf, Duisburg, Essen, Köln, Oberhausen, Wuppertal zur Überwachung von
Gastarbeitern und ihren Vereinen (Sperrfristen beachten!!)
„Ungeliebt und oft vergessen“ – der Umgang mit körperlich oder geistig Behinderten
Wenn jemand nicht hören oder sprechen kann, nicht sehen oder laufen oder mit der geistigen Entwicklung nicht Schritt halten kann, dann wird er schnell und offensichtlich zum Außenseiter. Der Umgang mit Behinderten spiegelt die Vorstellungen und Werte einer Gesellschaft. Er hat sich in der Geschichte vielfach gewandelt und wandelt sich noch. Denn auch der Umgang miteinander ist nicht
selten für beide Seiten eine Herausforderung.
Mögliche Bestände:
Gestapoleitstelle Düsseldorf: Generalakten, Ermittlungsakten
Erbgesundheitsgerichte über Zwangsterilisation und Euthanasie in der NS-Zeit (Sperrfristen beachten!!)
7
Regierungen Aachen, Düsseldorf, Köln: Entmündigungen in den 1920er Jahren und das Gesundheitswesen in der NS-Zeit
(Bezirks-)Regierungen Aachen, Düsseldorf, Köln: Gesundheitswesen, Schulwesen
Gerichte: Euthanasieprozesse, Contergan-Prozess (Sperrfristen beachten!)
Staatsanwaltschaften: Euthanasieprozesse, Contergan-Prozess (Sperrfristen beachten!)
Landratsämter der einzelnen Kreise
Arbeitsämter zur Vermittlung Schwerbehinderter
Rheinische Gemeindeverbände
Ministerium für Arbeit, Soziales und Gesundheit NRW: Einzelfallakten (Sperrfristen beachten!)
Kultusministerium NRW
Zeitungsauschnittsammlung Dortmund
Regionale und lokale Presse
„Vom anderen Ufer?“ – Der Umgang mit Homosexualität
Eine andere sexuelle Orientierung wirkt auf viele Menschen verstörend und irritierend. Wer sich outet, riskierte lange Zeit Ansehen, Stellung und sogar Freiheit oder sogar das Leben. In der NS-Zeit
erreichte die Verfolgung von Schwulen und Lesben ihren Höhepunkt. Doch auch in der Bundesrepublik galt lange Zeit Homosexualität als strafbar und wurde entsprechend verfolgt. Die gegenwärtige
Debatte um Lebenspartnerschaften und das Adoptionsrecht gleichgeschlechtlicher Paare verdeutlicht, wie kontrovers dieses Thema bis heute ist.
Mögliche Bestände:
Polizeipräsidium Bonn: Demonstration „Lesben kommen raus“
Regierung Köln: Beobachtung homosexueller Kreise
Polizeipräsidium Köln: Überwachung von Homosexuellenlokalen, schwulen- und Lesbentage,
Christopher Street Day
Gestapoleitstelle Düsseldorf: Einzelfälle (Sperrfristen beachten!)
Stadtpolizei Köln: Morde und Überfälle auf Homosexuelle (Sperrfristen beachten!)
Polizeipräsidium Düsseldorf: Vorsorgehaft für Homosexuelle
Staatsanwaltschaften: Einzelfälle – Verstoß gegen § 175 StGB (Sperrfristen beachten!)
Junge Union Rheinland: Die gesellschaftliche Lage der Homosexuellen
Sammlung Hüttenberger: Homosexuelle Probleme in Internaten (Sperrfristen beachten!), Behandlung von Homosexuellen in den Prozessen wegen Sittlichkeitsvergehen in der NS-Zeit
„Gegen die Vaterlandspflicht“ – Deserteure und Kriegsdienstverweigerer
Wer den Dienst an der Waffe verweigerte, fiel im wahrsten Sinne des Wortes aus der Reihe. Die
Gründe dafür waren vielfältig, teils sogar sehr unterschiedlich, die Obrigkeit verfolgte auf jeden Fall
jede Form der „Fahnenflucht“ mit harten Strafen. Deserteure des Ersten und Zweiten Weltkrieges
haftete – falls sie überlebten – noch Jahrzehnte später der Makel des „Vaterlandverrats“ an. Erst in
der Bundesrepublik setzte sich das Recht auf Kriegsdienstverweigerung allmählich durch, aber auch
hier dauerte es noch lange bis zur gesellschaftlichen Akzeptanz.
Mögliche Bestände:
für das 17. und 18. Jahrhundert:
o Herzogtum Jülich-Berg, Gerichte: Liste von Deserteuren, Verfolgung von Deserteuren, Verhörprotokolle
o Grafschaft Moers, Gerichte: Behandlung von Deserteuren
8
o Roer-Departement, Präfektur: Generalkontrollliste der verurteilten Deserteure, Eintreibung
der Strafgelder von verurteilten Deserteuren
o Großherzogtum Berg, Gerichte: Festnahme und Hinrichtung von Deserteuren, Urteile gegen
Deserteure, Personenbeschreibungen von Deserteuren, Verhaftung der Eltern von Deserteuren, Austausch von Deserteuren, Patrouillen am Rhein
o Regierung Düsseldorf, Polizei: Auslieferung von Deserteuren, Behandlung einheimischer und
ausländischer Deserteure, Rückkehrgesuche von Deserteuren
o Regierung Köln, Militärwesen: Errichtung von Militärgalgen
Für das 19. Und 20. Jahrhundert:
o NS-Sondergerichte Aachen, Düsseldorf, Duisburg, Essen, Köln, Wuppertal (Sperrfristen beachten!)
o Gestapoleitstelle Düsseldorf: Generalakten, Einzelfälle (Sperrfristen beachten!)
o Landespresse- und Informationsamt NRW: Auslieferung von Bundeswehrsoldaten aus WestBerlin
o Plakate der deutschen Friedensgesellschaft
o Sammelbestand Fotografien: Demonstrationen vor Kreiswehrersatzämtern
o Generalstaatsanwaltschaft Hamm
o Staatsanwaltschaften
o Verwaltungsgerichte Aachen, Düsseldorf und Köln: Einzelfälle zur Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer (Sperrfristen beachten!)
o Zeitungsauschnittsammlung Dortmund
o Regionale und lokale Presse
o Druckschriftensammlung zur politischen Auseinandersetzung
„Nicht mitgelaufen“ – Verweigerung und Widerstand in der NS-Diktatur
Während der NS-Herrschaft war der Anpassungsdruck für die Bevölkerung enorm. Mit Mitteln der
Propaganda, der Kontrolle und der Unterdrückung sollte die „Volksgemeinschaft“ gleichgeschaltet
werden. Trotzdem gab es immer wieder einzelne Menschen, die nicht mitmachten, sich verweigerten
oder sogar aktiv Widerstand leisteten. Wer z.B. den Hitlergruß nicht erwiderte, die HakenkreuzFahne nicht hisste oder es ablehnte, einer NS-Organisation beizutreten, grenzte sich bewusst ab. Die
Machthaber gingen mit aller Gewalt gegen solche „Außenseiter“ vor. Vielfach waren Einschüchterungen und Verhaftungen die Folge, bei aktivem Widerstand auch Todesstrafen.
Mögliche Bestände im Landesarchiv:
Regierungen Aachen, Düsseldorf und Köln: Politische Polizei
Landratsämter der einzelnen Kreise: Sicherheitspolizei
Polizeipräsidien und Kreispolizeibehörden
Staatsanwaltschaft bei den NS-Sondergerichten Aachen, Düsseldorf, Duisburg, Essen, Köln, Wuppertal mit Einzelverfahren zur Verfolgung „heimtückischer Angriffe gegen die Regierung“ (Sperrfristen beachten!)
Generalstaatsanwaltschaft Hamm Erstinstanzliche Strafsachen mit zahlreichen Einzelverfahren
wegen Hoch-und Landesverrats ( Sperrfristen beachten!)
Druckschriftensammlung, dort insbesondere politische Flugblätter aus Strafverfahren
„Alternativen zum Establishment?“ – politische Bewegungen in der Bundesrepublik
Ausgehend von den Aufbrüchen der 1968er-Bewegung entstanden in den 1970er und 1980er Jahren
verschiedene politische Gruppierungen und Protestbewegungen. Die Ausrichtungen konnten ganz
9
unterschiedlich sein, mit ihrem Engagement richteten sich die Anhänger jedoch gegen die etablierten
Verhältnisse in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Zum Teil wurden auch überkommene Lebensweisen und Konsumverhalten in Frage gestellt.
Mögliche Bestände im Landesarchiv:
Staatskanzlei Landespressestelle: Ursachen des Terrorismus, Diskussion über RAFSympathisanten, Schleyer-Entführung
Polizeipräsidien Aachen, Bonn, Köln: Überwachung der Studentenbewegung; verschiedener linker
Gruppen, einschließlich RAF und RAF-Sympathisanten; der Friedensbewegung; der AntiAtomkraftbewegung und Umweltbewegung (Sperrfristen beachten!)
Druckschriftensammlung mit Flugblättern
Verfassungsschutz: Linksextremismus, RAF (Sperrfristen beachten!)
10