Merkblatt: Übergang zum Betriebsvermögensvergleich

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Merkblatt: Übergang zum Betriebsvermögensvergleich
Merkblatt: Übergang zum Betriebsvermögensvergleich
Stand: 6.09.2005
1. Anwendungsfälle
Für die Frage, in welchen Fällen der Wechsel von der Einnahmen-Überschussrechnung zum Betriebsvermögensvergleich erfolgt, seien zunächst einmal die Fälle genannt, in denen Gewerbetreibende zwingend zu bilanzieren haben:
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2.
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alle im Handelsregister eingetragene Unternehmen (z.B. KG, OHG, eingetragener Kaufmann);
alle Gewerbebetriebe, die einen Umsatz von mehr als € 350.000 oder einen Gewinn von
mehr als € 30.000 haben oder
wenn das Unternehmen „nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert“ (sofern der Umsatz bzw. der Gewinn die Grenze
von € 350.000 bzw. € 30.000 nicht übersteigen, ist regelmäßig auch die Voraussetzung eines „in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb“ nicht erfüllt!)
Das bedeutet, dass in allen anderen Fällen für Gewerbetreibende die Gewinnermittlung nach der
Einnahmen-Überschussrechnung zulässig ist. Diese Überlegung vorweggestellt, kommt ein
Wechsel von der Einnahmen-Überschussrechnung hin zum Betriebsvermögensvergleich in folgenden Fällen in Betracht:
1. Eine der o.g. Voraussetzungen werden erfüllt. Der häufigste Fall ist, dass der Gewinn die
Grenze von € 30.000 übersteigt;
2. Freiwilliger Wechsel;
3. Wird das Unternehmen veräußert (oder aufgegeben), wird gesetzlich fingiert, dass im
Zeitpunkt der Veräußerung (Aufgabe) ein Übergang zum Betriebsvermögensvergleich erfolgt ist, vgl. R 16 Abs. 7 EStR.
2. Allgemeines zum Übergangsgewinn
Zwar stimmt der Totalgewinn über die gesamte Laufzeit bei der EinnahmenÜberschussrechnung einerseits und beim Betriebsvermögensvergleich andererseits überein.
Dennoch werden aufgrund der unterschiedlichen „Technik“ bestimmte Vorgänge bei diesen
beiden Gewinnermittlungsarten in unterschiedlichen Perioden erfasst.
Beispiel:
Im Dezember 2004 wird eine Ware für € 100 an den Kunden veräußert. Die Bezahlung der Ware erfolgt im Januar 2005.
Lösung:
Während beim Betriebsvermögensvergleich durch Einbuchen einer Forderung in Höhe von €
100 dieser Vorgang bereits 2004 erfolgswirksam erfasst wird, wird bei der EinnahmenÜberschussrechnung dieser Vorgang erfolgswirksam erst mit Zufluss erfasst (hier 2005) (sog.
Zuflussprinzip).
Das bestimmte Vorgänge in unterschiedlichen Perioden erfasst werden, könnte also dazu führen, dass durch den Übergang auf den Betriebsvermögensvergleich erfolgswirksame Vorgänge
gar nicht oder doppelt erfasst werden
Fortsetzung des Beispiels:
Im Dezember 2004 wird eine Ware für € 100 an den Kunden veräußert, Die Bezahlung der Ware erfolgt im Januar 2005. Erfolgt zum 1. Januar 2005 eine Umstellung auf den Betriebsver-
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mögensvergleich, wird dieser Vorgang – ohne anderweitige Berücksichtigungen – in keinem
Jahr berücksichtigt:
in 2004 kommt noch die Einnahmen-Überschussrechnung zur Anwendung: hier keine Erfassung mangels Zufluss in 2004;
in 2005 erfolgt die Gewinnermittlung nach dem Betriebsvermögensvergleich: hier keine
Erfassung, da beim Betriebsvermögensvergleich die Forderungsentstehung (dies war bereits in 2004) maßgeblich ist.
Um genau eine solche Nichtberücksichtigung (bzw. Doppelberücksichtigung) zu vermeiden, ist
ein Übergangsgewinn/ -verlust zu ermitteln, dass heißt hinsichtlich der einzelnen Geschäftsvorfälle sind Hinzurechnungen bzw. Abrechnungen vorzunehmen. Die Ermittlung des Übergangsgewinn ist insofern etwas aufwendiger, weil stets die Überlegung anzustellen ist, wie ein Vorgang beim Betriebsvermögensvergleich einerseits und bei der Einnahmen-Überschussrechnung
andererseits zu behandeln ist. Sofern der Vorgang unterschiedlich behandelt wird, führt dies zur
Erhöhung bzw. zur Reduzierung des Übergangsgewinns. Oder anders ausgedrückt, soweit die
Behandlung in der Vergangenheit aufgrund der Einnahmen-Überschussrechnung anders war, als
wie sie beim Betriebsvermögensvergleich gewesen wäre, wird diese Abweichung durch den
Übergangsgewinn/ -verlust quasi wieder zurückgedreht.
Beispiel (Fortsetzung):
Im Dezember 2004 wird eine Ware für € 100 an den Kunden veräußert. Die Bezahlung der Ware erfolgt im Januar 2005. Umstellung auf den Betriebsvermögensvergleich zum 1. Januar
2005.
Behandlung bis zum Übergang:
Einnahmen-Überschussrechnung: keine erfolgswirksame Berücksichtung
Beim Betriebsvermögensvergleich wäre der Vorgang in 2004 als Forderung (+€ 100) zu berücksichtigen gewesen
daher Hinzurechnung: + € 100 (=Übergangsgewinn)
Beim Übergang auf den Betriebsvermögensvergleich ist der Gewinn des ersten Jahres insbesondere um die folgenden Hinzurechnungen und Abrechnungen zu berichtigen (vgl. auch Anlage 1 zu den Einkommensteuerrichtlinien):
Hinzurechnungen:
Warenbestand
Warenforderungsanfangsbestand
Sonstige Forderungen
Anfangsbilanzwert der nicht abnutzbaren Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens
Abrechnungen:
Verbindlichkeiten
Es gilt zu beachten, dass der Übergangsgewinn einen laufenden Gewinn darstellt. Auf Antrag
des Steuerpflichtigen kann der Übergangsgewinn auf drei Jahre verteilt werden (vgl. R 17 Abs.
1 Satz 4 EStR). Bei Betriebsveräußerung/ -aufgabe darf der Übergangsgewinn nicht verteilt
werden, vgl. H 17 EStH.
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3. Beispiel zur Übergangsgewinnsgewinnermittlung
Sachverhalt
Ein Gewerbetreibender hat bisher den Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt.
Ab dem 1. Juli 2005 ermittelt er den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich.
Sachverhaltsangaben:
Wert der Betriebs- und Geschäftsausstattung zum 1.7.2005:
Zum 1.7.2005 bestehen ausstehende Kundenforderungen in Höhe von:
Im Juni 2005 wurden für das 3. Quartal Mietvorauszahlungen geleistet
Verbindlichkeiten aus der Anschaffung von Waren zum 1.7.2005:
Im April 2005 wurde ein Darlehen für die Anschaffung des
Geschäftswagens aufgenommen in Höhe von:
Zum 1.7.2005 ist eine Rückstellung aus Prozessrisiken zu
bilden in Höhe von
€
€
€
€
100.00
20.000
1.500
1.000
€ 15.000
€ 5.000
Lösung:
Bei den einzelnen Geschäftsvorfällen ist die erfolgswirksame Behandlung nach dem Betriebsvermögensvergleich (§ 5 EStG) und der Einnahmen-Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG)
vergleichend gegenüberzustellen. Differenzen erhöhen bzw. mindern den Übergangsgewinn:
Betriebs- und Geschäftsausstattung:
Betriebsvermögensvergleich: Erfolgsneutrale Einbuchung; Auswirkung über die Jahres-AfA.
Einnahmen-Überschussrechnung: Auch hier erfolgswirksame Auswirkung lediglich über die Jahres-AfA.
Damit keine Auswirkungen auf den Übergangsgewinn.
Ausstehende Kundenforderungen:
Betriebsvermögensvergleich: Forderungen sind erfolgswirksam zu erfassen.
Einnahmen-Überschussrechnung: Erfolgswirksame Erfassung des Geschäftsvorfalls erst bei Zufluss.
Daher erhöhen die ausstehenden Kundenforderungen den Übergangsgewinn.
Mietvorauszahlungen:
Betriebsvermögensvergleich: Vorauszahlungen werden durch die Bildung eines aktiven Rechnungsabgrenzungsposten erfolgsneutral behandelt.
Einnahmen-Überschussrechnung: Hier werden sie hingegen bei Abfluss gewinnmindernd berücksichtigt.
Entsprechend erhöhen die Mietvorauszahlungen den Übergangsgewinn.
Verbindlichkeiten aus erhaltenden Leistungen:
Betriebsvermögensvergleich: erfolgswirksame Erfassung im Zeitpunkt der Verbindlichkeitspassivierung.
Einnahmen-Überschussrechnung: erfolgswirksame Erfassung erst im Zeitpunkt des Abflusses
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Entsprechend mindern Verbindlichkeiten den Übergangsgewinn.
Bankdarlehn:
Betriebsvermögensvergleich: Erfolgsneutrale Einbuchung von Darlehensschulden.
Einnahmen-Überschussrechnung: Auch bei der Einnahmen-Überschussrechnung wirkt sich das
Darlehn nicht erfolgswirksam aus (vgl. H 16 Abs. 2 (Darlehen) EStH).
Daher keine Auswirkung auf den Übergangsgewinn.
Rückstellungen:
Betriebsvermögensvergleich: Die Bildung von Rückstellungen wirkt sich gewinnmindern aus.
Einnahmen-Überschussrechnung: Keine Berücksichtigung.
Entsprechend mindert sich der Übergangsgewinn.
Berechnung des Überganggewinns:
Betriebs- und Geschäftsausstattung
Ausstehende Forderungen:
Mietvorauszahlungen:
Verbindlichkeiten aus erhaltenden Leistungen:
Darlehn:
Rückstellungen:
=Summe
+€ 0
+€ 20.000
+€ 1.500
- € 1.000
+€ 0
- € 5.000
+€ 15.500
Es ist ein Übergangsgewinn von € 15.500 in 2005 zu versteuern. Es handelt sich hierbei um
laufende Einkünfte die ggf. auf 3 Jahre verteilt werden können (vgl. R 17 Abs. 1 Satz 4 EStR).
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