Vervielfältiger
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Vervielfältiger
Personen, die aus einem Unternehmen ausscheiden und mit einer Abfindungszahlung verabschiedet werden, stellen schnell fest, dass die steuerliche Belastung enorm ist. Da sämtliche Freibeträge abgeschafft wurden, verbleibt dem Abgefundenen nur noch die sogenannte Fünftelungsregelung. Jedoch hilft die Fünftelungsregelung vor allem demjenigen, der erst durch eine Abfindung einen deutlich höheren Steuersatz unterworfen wird. Für Besserverdiener mit einem Jahreseinkommen, welches bereits den oberen Grenzsteuersatz erreicht, hat diese Regelung keine nennenswerten Vorteile. Wird die Abfindung ganz oder teilweise in die eigene betriebliche Altersversorgung investiert, kann die Steuerbelastung sinken. Für die Ermittlung der steuerbegünstigten Einmalzahlung in die betriebliche Altersversorgung werden die möglichen steuerlich geförderten Maximalbeiträge dienstzeitabhängig vervielfältigt. Aus diesem Grund wird die Möglichkeit auch als „Vervielfältiger“bezeichnet. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um den Vervielfältiger nutzen zu können? Voraussetzung ist, dass die Zahlung in eine Direktversicherung, Pensionskasse oder Pensionsfonds im Zusammenhang mit der Beendigung des Dienstverhältnisses steht. Beispielsweise durch Eintritt in den Ruhestand bei Erreichen der Altersgrenze oder durch das vorzeitige Ausscheiden aufgrund eines Arbeitgeberwechsels. Es empfiehlt sich bereits im Abfindungsvertrag zu vereinbaren, dass die Abfindung in eine geförderte Vertragsform eingezahlt werden soll. Welche Beiträge können als Einmalbeitrag genutzt werden? Als Einmalbeitrag können einmalige Zahlungen, wie zum Beispiel Abfindungen, gewinnabhängige Bezüge, Gratifikationen, Provisionsansprüche und Tantiemen oder auch noch nicht zugeflossener Arbeitslohn (z. B.: laufende Bezüge, Sonderzahlungen, wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld) steuerbegünstigt in eine Direktversicherung, Pensionskasse oder Pensionsfonds einfließen. Die Vervielfältigungsregelungen Nach den Änderungen durch das Alterseinkünftegesetz (AltEinkG) sind zwei Varianten der Vervielfältigung zu unterscheiden: / Alte Regelung - Vervielfältiger nach § 40b Abs. 2 Satz 3 EStG für Altzusagen (Zusageerteilung bis 31.12.2004) / Neue Regelung - Vervielfältiger nach § 3 Nr. 63 Satz 4 EStG für Neuzusagen (Zusageerteilung ab 01.01.2005) Es kann immer nur eine Variante des Vervielfältigers angewandt werden. Alte Regelung - Vervielfältiger nach § 40b Abs. 2 Satz 3 EStG Die „Alte Regelung“ besagt bereits, dass die Anwendung dieses Vervielfältigers nur noch begrenzt möglich ist. Grundsätzlich ist der Vervielfältiger nach § 40b EStG anwendbar, wenn der Arbeitnehmer über eine bereits vor dem 01.01.2005 erteilte Versorgungszusage verfügt, welche nicht die Voraussetzung des § 3 Nr. 63 EStG erfüllt. Für Arbeitnehmer, die eine Altzusage besitzen (Zusageerteilung bis zum 31.12.2004) und die sich für die Pauschalversteuerung entschieden haben, bleibt die Förderung nach § 40b EStG über eine zusätzlich abgeschlossene Direktversicherung in besonderer Form erhalten. Die Förderung besteht darin, dass die umgewandelten Gehaltsteile oder sonstige Bezüge nur mit 20 Prozent (zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer) pauschal versteuert werden. Vor allem für Arbeitnehmer, die bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis auf eine langjährige Dienstzeit zurückblicken, ist dies besonders interessant, da ihr Einkommen häufig einer hohen Steuerbelastung unterliegt. Wie ermittelt sich nun die Beitragshöchstgrenze für den Einmalbeitrag beim Vervielfältiger nach § 40b EStG? Der jährliche Höchstbetrag von 1.752 EUR wird mit der Anzahl der Kalenderjahre vervielfacht, in denen das Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bestanden hat. Das Diensteintrittsjahr sowie das Ausscheidejahr werden jeweils als volle Kalenderjahre gewertet. Besteht bereits eine Versorgungszusage, deren Beiträge pauschal versteuert werden, so wird der Einmalbeitrag um die summierten laufenden Beiträge im Jahr des Ausscheidens und der vergangenen sechs Kalenderjahre gekürzt. Das folgende Beispiel soll Ihnen die Berechnung des Höchstbeitrags für den alten Vervielfältiger veranschaulichen. Horst R. trat am 01.10.1991 in die Firma ein. Im Jahr 1996 schloss er eine Direktversicherung ab (Förderung nach § 40b EStG), in welche er sein jährliches Urlaubsgeld (Auszahlungsmonat Mai) in Höhe von 1.000 EUR einzahlte. Die Direktversicherungsbeiträge wurde pauschal versteuert. Am 01.06.2011 verlässt Herr R. die Firma und erhält eine Abfindungszahlung. Daher möchte er mit Ausscheiden die Vervielfältigungsmöglichkeit nutzen und seine Direktversicherung mit einem Teil der Abfindungszahlung aufstocken. Für ihn ergibt sich folgender pauschalierungsfähiger Höchstbetrag: 21 Dienstjahre x 1.752 EUR = 36.792 EUR abzgl. der Prämien für das aktuelle und der letzten 6 Jahre für die Direktversicherung 7 x 1.000 EUR = 7.000 EUR Höchstbetrag = 29.792 EUR Horst R. kann in einen Direktversicherungsvertrag eine pauschalierungsfähige Einmalzahlung in Höhe von 29.792 EUR einbringen. Steuerliche Behandlung der Abfindungszahlung In der folgenden Berechnung unterscheiden wir zwischen der Abfindungszahlung in eine pauschalversteuerte Direktversicherung nach § 40b EStG und einer Barauszahlung. Ziel ist es die steuerlichen Behandlung der Abfindungszahlung darzustellen. Abfindungszahlung in eine Direktversicherung Steuern ./. pauschale Lohnsteuer von 20 % ./. Kirchensteuer 9 % ./. Solidaritätszuschlag 5,5 % 29.792 EUR 5.958,40 EUR 536,26 EUR 327,71 EUR 6.822,37 EUR 22.969,63 EUR Einmalbeitrag in die Direktversicherung Abfindungszahlung als Barauszahlung* Steuern ./. Einkommensteuer bei einem Spitzensteuersatz von 42 % ./. Kirchensteuer 9 % ./. Solidaritätszuschlag 5,5 % 29.792 EUR 12.512,64 EUR 1.126,14 EUR 688,20 EUR 14.326,98 EUR 15.465,02 EUR Barauszahlung *Wir unterstellen eine Abfindungszahlung in Fünftelungsregelung bleibt unberücksichtigt. Höhe der pauschalierungsfähigen Einmalzahlung. Die Zahlt Horst R. die Abfindungszahlung in eine pauschalversteuerte Direktversicherung ergibt sich für ihn ein steuerlicher Vorteil von 7.504,61 EUR gegenüber der Barauszahlung. Neue Regelung - Vervielfältiger nach § 3 Nr. 63 Satz 4 EStG Arbeitnehmer, die aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden und nicht die Voraussetzungen für die Anwendung des Vervielfältigers nach § 40b EStG erfüllen (zum Beispiel besitzen bislang keine betriebliche Altersversorgung), bietet der „neue“Vervielfältiger nach § 3 Nr. 63 Satz 4 EStG eine annähernde Alternative Abfindungszahlungen steuerbegünstigt in die betriebliche Altersversorgung einfließen zu lassen. Der Maximalbeitrag beim Vervielfältiger nach § 3 Nr. 63 EStG ermittelt sich wie folgt: Der mit den Dienstjahren zu vervielfältigende Wert beträgt 1.800 EUR. Abgezogen werden auch hier Beiträge, die bereits im Ausscheidejahr und in den letzten sechs vorangegangenen Jahren in eine Direktversicherung, Pensionskasse oder Pensionsfonds im Rahmen des § 3 Nr. 63 EStG eingezahlt wurden. Hinzu kommt bei dieser „neuen Regelung“allerdings, dass Kalenderjahre vor 2005 bei der Berechnung nicht berücksichtigt werden (auch wenn der Diensteintritt viel früher lag). Katja M. trat am 01.04.2001 in die Firma ein. Sie hat kurz vor ihrem Ausscheiden eine Direktversicherung nach § 3 Nr. 63 EStG abgeschlossen, in die jedoch noch keine Beiträge geflossen sind. Am 01.04.2010 verlässt Frau M. die Firma und möchte mit Ausscheiden die Vervielfältigungsmöglichkeit nutzen. Für sie ergibt sich folgender steuerfreier Höchstbetrag: 6 Dienstjahre (ab 2005) x 1.800 EUR = 10.800 EUR abzgl. der Prämien für das aktuelle und der letzten 6 Jahre für die Direktversicherung = Höchstbetrag 0 EUR (da bisher keine Beiträge eingezahlt wurden) = 10.800 EUR Katja M. kann in einen Direktversicherungsvertrag nach § 3 Nr. 63 EStG eine steuerfreie Einmalzahlung in Höhe von 10.800 EUR einbringen. Steuerliche Behandlung der Abfindungszahlung In der folgenden Berechnung unterscheiden wir zwischen der Abfindungszahlung in eine Direktversicherung nach § 3 Nr. 63 EStG und einer Barauszahlung. Ziel ist es die steuerlichen Behandlung der Abfindungszahlung darzustellen. Abfindungszahlung in die Direktversicherung steuerfreie Einzahlung Einmalbeitrag in die Direktversicherung 10.800 EUR Abfindungszahlung als Barauszahlung Steuern ./. Einkommensteuer bei einem Spitzensteuersatz von 42 % ./. Kirchensteuer 9 % ./. Solidaritätszuschlag 5,5 % 10.800 EUR* 10.800 EUR 4.536,00 EUR 408,24 EUR 249,48 EUR 5.606,28 EUR 5.193,72 EUR Barauszahlung *Die Fünftelungsregelung bleibt unberücksichtigt. Zahlt Katja M. die Abfindungszahlung in ihre Direktversicherung nach § 3 Nr. 63 EStG ein, ergibt sich für sie ein steuerlicher Vorteil von 5.606,28 EUR gegenüber der Barauszahlung. Wie werden Abfindungszahlungen sozialversicherungsrechtlich behandelt? Abfindungszahlungen infolge ausgesprochenen Auflösung Sozialversicherung beitragfrei. einer vom Arbeitgeber veranlassten oder gerichtlich des Arbeitsverhältnisses sind grundsätzlich in der Die Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung gilt nicht, wenn die Abfindung „verstecktes“ Arbeitsentgelt enthält. Beitragspflichtiges Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt wurden. Wird „verstecktes“ Arbeitsentgelt als Abfindung in eine betriebliche Altersversorgung eingebracht, ist dieses beitragspflichtig zur Sozialversicherung.