Kommunikation statt Vorwürfe - Regionalgruppe Mediation Bonn

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Kommunikation statt Vorwürfe - Regionalgruppe Mediation Bonn
Regionalgruppe Mediation Bonn/Rhein-Sieg
Kommunikation statt Vorwürfe
Von Axel Vogel
RHEIN-SIEG-KREIS. In dem festgefahrenen Streit in der Freiwilligen Feuerwehr von
Ruppichteroth, versuchte ein Mediator vergeblich zu vermitteln. Beworben für den Job
hatte sich auch die Regionalgruppe Mediation Bonn/Rhein-Sieg (RG), die aber nicht den
Zuschlag bekam. Von den RG-Mediatoren Annegret Pilartz und Sabine Krause wollte
Axel Vogel losgelöst vom Einzelfall wissen, ob und was Streitschlichtung in einer solchen
Freiwilligenorganisation wie der Feuerwehr besonders macht.
Bild 1:
Der örtliche Bezug und die in
einer Tradition verwurzelte
Aufgabe zeichnen die
Feuerwehr aus. [Foto: dpa]
Frau Pilartz, verfügt die RG über Erfahrungen mit einer Freiwilligen Feuerwehr?
Annegret Pilartz: Das Einsatzfeld der Mediation ist vielfältig. Frau Krause und ich haben
schon mehrfach mit größeren Gruppen, auch mit Non-Profit-Organisationen, gearbeitet. Bei
den Feuerwehren gewinnt Mediation dennoch erst langsam an Bedeutung.
Nachdem es jetzt Krach in der Hennefer Feuerwehr gibt, ist erneut der Beleg erbracht, dass
auch solch wichtige Institutionen nicht vor Streit gefeit sind.
Sabine Krause: Zunächst ist kein Mensch vor Streit gefeit. Streit läutet notwendige
Veränderungen ein. Beim Ehrenamt handelt es sich zudem um eine Herzensangelegenheit,
jeder Ehrenamtler macht seine Arbeit zu 100 Prozent freiwillig. Diese intensive
Identifizierung bedingt ein hohes Maß an Engagement. Und mit dem Engagement verknüpft
sich oft eine hohe Erwartungshaltung an die Führungskräfte und Kollegen.
Lassen sich Parallelen zu den "normalen" Vereinsquerelen ziehen?
Pilartz: Im Ausgangspunkt: Ja. Bei der Freiwilligen Feuerwehr kommt der oft
freundschaftliche Umgang, ihr örtlicher Bezug und die tief in einer Tradition verwurzelte
Aufgabe hinzu. Hier verbindet nicht nur wie beim Verein ein gemeinsames Interesse, sondern
ein bunter Strauß von Interessen und Motivationen.
Dem Streit in den Wehren war die Klage gemeinsam, in Entscheidungsprozesse nicht genug
eingebunden worden zu sein. Fehlt es oft an Kommunikation?
Krause: Konflikte sind alltäglich und immer, wenn eine Entscheidung getroffen wird, wird
eine Erwartung erfüllt und "scheinbar" alle anderen Erwartungen nicht. Also ist der Umgang
mit den alltäglichen Konflikten die Lösung von diesem Dilemma - und hier ist die
Kommunikation ein entscheidender Faktor. Kommunikation - vor allem in "Krisenzeiten"
erfordert Mut, alles offen anzusprechen, um Transparenz über das Geschehen zu erreichen.
Pilartz: Gemeinsames Reden ist wichtiger als Handeln, aber die Natur des Menschen sucht
sofort nach einer Lösung, etwa im Sinne eines Austritts von Mitgliedern. Daraus entsteht ein
Aktionismus, und ein Teufelskreis beginnt, sich zu drehen.
Auch scheint bei den Streitigkeiten "der Ton die Musik" zu machen.
Krause: Hier greift das Ursache-Wirkungs-Prinzip: Der Ton ist die Wirkung - nicht die
Ursache! Die Ursache liegt im Verborgenen, also in der belasteten Beziehung.
Sind Ehrenamtler besonders sensible Wesen, die anders geführt werden wollen als
Mitarbeiter?
Krause: Wenn Sie freiwillig das Auto Ihrer Frau polieren und diese Sie dann fragen würde,
wie lange das denn noch dauert, dann würde Ihnen die Wertschätzung Ihrer Arbeit fehlen. So
ähnlich ist das mit dem Ehrenamt. Möglichweise gab es einen Grund, warum Ihre Frau so
gedrängt hat. Daher gilt: Statt Vorwürfen oder Schuldzuweisungen so zu kommunizieren,
dass zunächst das Verständnis wieder hergestellt wird, bevor man handelt.
Es gibt auch Berufsfeuerwehren. Sind Hauptberufler eher vor Streit gefeit?
Pilartz: Im Berufsleben werden Konflikte heute als normal akzeptiert. Daher kommen bei
den Berufsfeuerwehren eher professionelle Konfliktlösungsverfahren zur Anwendung.
Hiermit ist kein Ansehensverlust verbunden. Streit gibt es in jeder Organisation.
Wie moderiert man einen festgefahren Streit in einer Freiwilligen Feuerwehr am besten?
Krause: Möglichst schnell alle an einen Tisch! Wir wollen die Beteiligten wieder ins
Gespräch bringen und ihnen Zugang zu ihren eigenen Lösungsideen vermitteln.
Was kann eine Wehrführung präventiv tun, um eine Eskalation zu verhindern?
Krause: Es geht darum, Raum für den Austausch von Herzensangelegenheiten zu schaffen, in
denen Tabuthemen fair und aufrichtig bearbeitet werden können. Um gegenseitiges Vertrauen
zu pflegen, braucht es eine aktive, ehrliche und regelmäßige Kommunikation.
Regionalgruppe
Die Regionalgruppe Mediation Bonn/Rhein-Sieg (RG) bietet Mediationen im Zuge eines
Konfliktklärungsverfahrens an, welches Einzelpersonen oder aber Gruppen und Teams in
Konflikten unterstützt. Dabei ist die RG ein Mediatorennetzwerk mit derzeit rund 90
Mediatoren, die unterschiedliche Basisberufe haben sowie spezielle Ausbildungen vorweisen.
Weitere Infos unter www.bonn-mediation.de.
Bild 2:
Annegret Pilartz (l.) und
Sabine Krause arbeiten als
Mediatoren [Foto: dpa]
Zu den Personen
Annegret Pilartz (Foto links) ist 57 Jahre alt und arbeitet als Richterin am Arbeitsgericht
Bonn. Die Mutter von drei Töchtern ist seit 2003 Mediatorin und arbeitet seit 2006 auch als
externe Konfliktbeauftragte.
Sabine Krause ist 48 Jahre alt und von Beruf Diplom-Ökonomin, Trainerin und IFM-Coachin.
Seit 2007 arbeitet sie als hauptberufliche Mediatorin im Bereich "Wirtschaft". Krause ist
Mutter einer Tochter.
Artikel vom 12.06.2013