Handelsvertreter Der Kundenstamm als Kapital

Transcription

Handelsvertreter Der Kundenstamm als Kapital
» » Strategie & Innovation | Handelsvertreter
Der Kundenstamm als Kapital
Claudia Mischon
Unternehmen agieren heute auf weitgehend gesättigten, konkurrenzinten­
siven Märkten. Ihre Zukunftsfähigkeit liegt in den Händen von Produktion
und Handel, vor allem aber des Vertriebs, der die Hand am Puls der Märkte
hat und auf den veränderten Pulsschlag rasch reagieren muss.
Hier lesen Sie …
•wie Unternehmen ihren
Vertrieb an veränderte
Marktbedingungen anpassen können,
• welche Möglichkeiten es
gibt, externe Vertriebspartner einzuschalten,
•welche Vorteile das Outsourcing des Vertriebs bietet.
1
E
in gutes Produkt zu haben, ist heute für die
meisten Unternehmen kein Garant mehr für
Erfolg, worauf es ankommt, ist eine überzeugende Vertriebsstrategie. Grundsätzlich steht ein
Unternehmen vor der Entscheidung, den Vertrieb
mit einem eigenen Außendienst durchzuführen
oder externen Vertriebsexperten zum Beispiel Handelsvertretern zu übertragen. In der Praxis gibt es
nicht selten auch den gemischten Vertrieb. Gelegentlich findet man auch die Möglichkeit, eine externe
Außendienstorganisation einzusetzen, die vorübergehend, zeitlich befristet die Aufgabe des Vertriebs
für ein Unternehmen übernimmt.
Eine mögliche Anpassungsstrategie an Marktveränderungen ist es, Kosten zu senken, eine andere,
Qualität zu erhöhen. In diesem Spannungsfeld zwi-
schen Kosten und Qualität steht auch die Entscheidung für eine Vertriebsform. Das heißt, es geht um
die Frage, wie lässt sich mit möglichst geringen Kosten ein effizienter und effektiver Vertrieb durchführen.
Unter dieser Prämisse spricht viel für den Vertrieb
mit externen Vertriebspartnern, allerdings weniger
für solche Organisationen, die nur temporär für ein
Unternehmen tätig sind. Verkaufsorganisationen
müssen heute wesentlich mehr leisten, um zumindest die Ergebnisse der Vergangenheit zu erreichen,
dies kann nicht mit kurzfristig angelegten ad-hoc
Maßnahmen bewältigt werden. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor sind vielmehr nach wie vor stabile vertrauensvolle Geschäftsbeziehungen, und die müssen
oft über Jahre hinweg aufgebaut werden.
08.2011 | salesbusiness HINTERGRUND
Die Centralvereinigung Deutscher Wirtschaftsverbände für Handelsvermittlung und Vertrieb (CDH) e.V.
•Die Centralvereinigung Deutscher Wirtschaftsverbände für Handelsvermittlung und
Vertrieb (CDH) e.V. repräsentiert als Spitzenverband die mehr als 60 000 Handelsvermittlerbetriebe aller Branchen.
•Dazu gehören insbesondere die Handelsvertretungen als Marktpartner von Industrie
und Handel. Den Wirtschaftsverbänden der
CDH gehören auch Industrievertretungen,
Handelsagenturen, Vertragshändler, Vertriebsingenieurbüros, Merchandiser etc. an.
•Die CDH ist der Dachverband der 13
CDH-Wirtschaftsverbände in allen Teilen
der Bundesrepublik Deutschland. Sie ist ferner gegliedert in Bundesfachverbände, die
die branchenbezogenen Belange der Handelsvertretungen wahrnehmen.
•Die CDH ist vertreten in vielen nationalen
und internationalen Organisationen und
Gremien, u.a. im Gemeinschaftsausschuss
der Deutschen Gewerblichen Wirtschaft. Sie
ist Mitglied der Internationalen Union der
Handelsvertreter und Handelsmakler
(IUCAB) mit Sitz in Amsterdam (www.iucab.
com).
Quelle: CDH e. V. , www.cdh.de
Persönliche Beziehung ist die Stärke
Systematisches Beziehungsmanagement ist eine der
Stärken der Handelsvertretungen. Der Kundenstamm ist das Kapital, das sie in die Geschäftsbeziehung mit den vertretenen Unternehmen einbringen.
Handelsvertretungen pflegen die Beziehungen zu ihren Kunden daher so intensiv wie möglich, dies liegt
in ihrem eigenen Interesse. Das Institut für Mittelstandsökonomie an der Universität Trier (INMIT)
hat im Rahmen einer Studie Wettbewerbsposition
und Entwicklungsperspektiven von Handelsvertretungen untersucht und deren persönliche Beziehung
zu den Kunden auch als größte Stärke identifiziert.
An zweiter Stelle stehen die günstigen Vertriebskosten. Durch die Zusammenarbeit mit Handelsvertretungen - so das Ergebnis der Analyse - lassen sich
wesentliche Einsparungspotentiale im Vertrieb erreichen, sowohl von den Auftraggebern zum Beispiel
Anbahnungs- und Kontrollkosten als auch von den
Abnehmern durch die Bündelung von Sortimenten.
Nur der Handelsvertreter bietet eine kundenbezogene Sortimentspolitik, ein Angebot sich ergänzender
Produkte und ermöglicht so seinen Abnehmern, den
Einkauf mit nur wenigen Geschäftspartnern rationeller abwickeln zu können.
salesbusiness | 08.2011
Eng damit verbunden ist eine intensive Beratungstätigkeit. Ein Handelsvertreter, der mehrere Firmen
vertritt und daher auch über vielfältige Kontakte verfügt, hat in der Regel einen besseren Überblick über
das Marktverhalten und die Wettbewerbssituation
als der firmeneigene Reisende. Diese Informationen
– zum BeispielVeränderungen des Nachfrageverhaltens, Auftritt neuer Wettbewerber, Angebot neuer
Produkte – gibt er an seine vertretenen Unternehmen und seine Kunden weiter, die sich dann auf die
veränderten Bedingungen einstellen können. Durch
seine Position zwischen den Marktstufen hat der
Handelsvertreter auch eine Art Vermittlerfunktion,
die darauf angelegt ist, mögliche Interessengegensätze zwischen den Marktpartnern auszugleichen.
Autorin
Claudia Mischon
Diplom-Volkswirtin und
stellvertretende Chefredakteurin des H&V Journals,
Wirtschaftsmagazin für
Handelsvermittlung und
Vertrieb
Breites Leistungsspektrum
Das Dienstleistungsangebot der Handelsvertretungen hat sich den veränderten Rahmenbedingungen
entsprechend kontinuierlich ausgeweitet und geht
heute über die reine Vermittlungstätigkeit weit hinaus. Schulung und Weiterbildung des Verkaufspersonals, Regalpflege, Reklamationsbearbeitung, Reparaturdienste, Lagerhaltung und Logistik sind für
viele Unternehmen ein selbstverständlicher Teil ihrer Vermittlungstätigkeit. Hinzu kommt, dass moderne Informations- und Kommunikationstechnologien immer stärker zum Einsatz kommen.
Der Handelsvertreter als Relationship-Manager
mit intensiven Kundenbeziehungen wird im Wirtschaftsgefüge immer zukunftsfähig sein – so auch
das INMIT-Institut in seiner Analyse. Denn Verkaufen ist nach wie vor eine Art sozialer Interaktion. Da
wird der die Nase vorn haben, der sich als kompetenter Berater und Problemlöser profiliert.
«
FAKTEN
Wirtschaftsfaktor Handelsvertretungen
•Handelsvertretungen sind selbstständige Unternehmen, die Produkte zwischen Industriebetrieben, zwischen Industrie und Handel oder zwischen
Groß- und Einzelhandel vermitteln. Der Wert der von den Handelsvertretungen gegen Provision vermittelten Warenumsätze beläuft sich auf etwa
175 Milliarden Euro einschließlich eines Eigenumsatzes von circa fünf Milliarden Euro pro Jahr.
•In den meisten Fällen werden von den Handelsvertretungen mehrere Firmen vertreten, nach den Ergebnissen der CDH-Statistik 2010 im Durchschnitt 5,4. Das Gewicht der ausländischen Vertretungen hat in den vergangenen Jahren ständig zugenommen: Gegenwärtig vertritt die Hälfte der
Betriebe zumindest eine ausländische Firma.
•Der unterschiedliche Tätigkeitsbereich der Handelsvertretungen spiegelt
sich in den verschiedenen Kundenkreisen wider. Eine statistische Erhebung
der CDH zeigt, dass die Hauptkunden der Handelsvertretungen im produzierenden Gewerbe (Industrie 47 Prozent, Handwerk 19 Prozent) und im
Handel liegen. Rund 54 Prozent der Handelsvertretungen haben den Einzelhandel als Kunden, 52 Prozent den Großhandel, sieben Prozent entfallen
auf die Gastronomie, fast 15 Prozent auf öffentliche Institutionen.
2