grunzen, vb. , grunnire, murmurare. intensivbil

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grunzen, vb. , grunnire, murmurare. intensivbil
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Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. 16 Bde. in 32 Teilbänden. Leipzig 1854-1961. Quellenverzeichnis Leipzig 1971. Online-Version vom 16.01.2017.
grunzen, vb. , grunnire, murmurare. intensivbildung zu grunnen (s. d.), vgl. auch grunsen. ahd.
grunzen, gigrunzen; spätmhd. grunzen; ags.
grunnettan; me. grunten; engl. grunt; norw.-dän.
grynte, alle in der bedeutung grunnire. im ahd.
wie grunsen (s. d.) und grummen, grummeln,
auch grunzen vom dumpfen laut des donners:
(aether und aer sind geschwister) ane daz er
(aether) io in guotemo ist. si (aer) grunzet aber
diccho fone ungeuuitere Notker schr. 1, 743
Piper. statt grunzen gelegentlich gronzen, wobei
aber gron(n)en teil 4, 1, 6, 443 zu beachten: gronzen Abr. a s. Clara Judas 3 (1692) 93; gronza
Sartorius Würzbg. 50, vgl. auch kronzer, m.,
'mürrischer mensch' aus Grimmelshausen s. v.
krunzen teil 5 sp. 2471. selten ist umlaut des u:
grünzen Keisersberg seelenparadies (1510) 43c;
H. Sachs 1, 329 lit. ver.; S. Brant v. d. losen
füchsen (1546) v 2a; Schöpper syn. (1550) b 6c;
Orsäus nomencl. (1623) 51; Schottel haubtspr.
60. formen mit anlautendem k s. bei krunzen
teil 5 sp. 2471, vgl. auszerdem ahd. crunnizodon
ahd. gl. 2, 543, 4. das wort ist dem nd. fremd und
zeigt, wenn es gelegentlich erscheint, die aus dem
hochdeutschen entlehnte verschobene form, vgl.
gruntzer chron. d. dtsch. städte (Braunschweig
1488) 16, 101; zur verbreitung in den maa. s.
sp. 965; 966.
1) meist bezeichnet grunzen die rauhen, stoszartigen, einem gebell ähnlichen laute des schweines;
ahd. ist das wort in dieser bedeutung als verbum
nicht belegt, aber zu erschlieszen aus dem subst.
grunnizoton, crunnizodon grunnitibus (glosse zu
Prud. apotheosis 416) ahd. gl. 2, 537, 30; 2, 543,
4. gebucht in md., obd. glossaren seit dem 15.
jh.: grunczen grunnire Diefenbach gloss. 270b;
grunnire porcorum est gruntzen Bas. Faber thes.
(1587) 368b; grunnio, grundio gruntzen wie die
säw Corvinus fons lat. (1660) 653. wie grunnen
auch als glosse zu baulare (eig. 'bellen') pellen
ader grunczen bei Diefenbach mlat.-böhm. 49.
in fester substantivierung: das gruntzen der
schwein grunnitus J. Bentzius thes. lat. (1596)
71; Hulsius-Ravellus (1616) 147b; Steinbach
dtsch. wb. (1734) 1, 651: ist ein sau ... den wendelstein raufkommen, gegrunzet, davon wir uns
gefürchtet Schweinichen denkw. 16 Öst.; hörete
einen gantzen hauffen seuwe kirren und gruntzen Luther tischr. (Frkf. 1576) 202b Aurifaber;
bald schracken die elephanten für den trommetern und gruntzen der schweine Gabr. Rollenhagen indian. reisen (1603) 24; (das ansinnen)
so widrig klingt, wie das gruntzen der säuen
im judenhause Er. Francisci lust. schaubühne
(1702) 1, 974; die schweine in den koben fingen erschreckt an zu grunzen Cl. Viebig das
schlafende heer (1904) 1, 190. mit stärkerem
affectgehalt: ist es, das inen eine (eichel) entgat,
so grüntzent sy und schnauwent mit dem grans
(rüssel) herumb Keisersberg seelenparadies
(1510) 43c; (ein schwein, das) seine augen rollt
und wuth grunzt Pestalozzi sämtl. werke (1927)
2, 29 krit. ausg.; mit 4 spielend: wenn man gleich
ihren (der schweine) gesellen die kehle absticht;
ob sie wol ein wenig drüber grunzen, so ists
doch bald vergessen Prätorius winterflucht d.
sommervögel (1678) 357. das grunzen ist eines
der zoologischen merkmale des schweins: die
schlange zischet, das schwein gruntzt, die spansau rültzt Harsdörfer frauenzimmergesprächsp.
3, 292;
will grunzen, wiehern, bellen, brummen, flammen
wie eber, pferd, hund, bär und feur zusammen
Shakespeare 1, 223.
im partic. als stehendes beiwort: ein gruntzend
schwein Prätorius philos. colus (1662) 11; Triller poet. betrachtungen (1750) 2, 612; Freytag
ges. w. 12, 63; die saudirn mit ihren grunzenden
zöglingen Steub drei sommer 1, 244; grunzen
wie die schweine, säue u. a.: das er kerren und
gruntzen kondt wie die schwein V. Dietrich
christl.
[Bd. 9, Sp. 965]
1b;
kirche zu Regensburg (1555) p
Mathesius
Sarepta (1571) 219b; Prätorius saturnalia (1663)
137. daher auch ohne specielle nennung verständlich: in den fluszarmen, welche durch die stadt
führen, hat das vieh seine schwemmen, dort
brüllt und grunzt es und verengt den weg für
menschen und karren Freytag ges. w. 18, 123;
und tausendstimmig brüllt und blökt und grunzt
ein zahllos herdenvolk auf deinen wiesen
Geibel w. (1888) 4, 82;
und endlich mit des Ulysses seinen geferden
dörfte in der gruntzenden zunft verfallen Prätorius der abenteuerl. glückstopf (1669) 16. in
den maa. ist die bedeutung nicht durchaus verbreitet oder nicht consequent notiert: grunzen
Schmeller-Fr. 1, 1006; grunzen Ch. Schmidt
Straszb. 45b; gronza Sartorius Würzb. 50; grunzen neben grunschen rhein. wb. 2, 1468; grunzen
Crecelius oberhess. 441; gruinze Hertel Thür.
110. auf norddeutschem boden nur nordfries.
grŷînte Jensen 173, sonst grunsen (s. d.).
2) seltener von anderen, dem grunzen des schweines ähnlichen tierstimmen: ein gruntzender bär
Ettner u. Eiteritz maulaffe (1719) 752; da (die
wanderer) näher kamen, wurde das gekläff der
rüden wilder, die grunzenden stimmen einer
bärenfamilie mischten sich darein G. Freytag
ges. w. 8, 228; (der affe) streckte sich (im zorn)
auf allen vieren, grunzte und machte bedrohliche bewegungen Brehm tierl. 1, 142 P.-L.; (des
gorillas) bald rollendes, bald grunzendes gebrüll
ebda 1, 66; (du wirfst) über den grunzenden tiger
das joch maler Müller w. (1811) 1, 176; die
einsiedler (unter den grunzochsen) gesellen sich
den herden, laufen, kühe suchend und dabei
beständig grunzend, wie sinnlos umher Brehm
tierl. 3, 255 P.-L.; der fisch läszt im wasser ein
grunzen hören Oken allg. naturgesch. 6, 93. im
zoologischen namen: cottus grunniens der grunzende brummer (ein fisch) ebda 6, 47, s. auch
grunzochse, grunzer. auch fabelhafte, unheimliche lebewesen grunzen: grunzender lindwurm
Fr. Th. Vischer auch einer (1879) 1, 337;
(der winter) hat mir verhunzet
des gartens zier
und knurrt und grunzet
vor meiner thür
Fr. Stolberg ges. w. (1820) 2, 3;
und grunzend entfliehen die dämonen J. V. v.
Scheffel ges. w. (1907) 1, 133; in einem traume
(spielt) dieser krückenjunge eine hauptrolle,
indem er ... grunzende töne ausstöszt Holtei
vierzig jahre (1843) 1, 51.
3) auf den menschen übertragen 'rauhe töne von
sich geben': dann begannen wir ein ceremonielles gespräch, das jener (der eingeborene) des
öfteren unterbrach, um sein erstaunen über
unsere weisze hautfarbe durch grunzende töne
auszudrücken v. Götzen durch Afrika (1895)
180; die halbnackten Baschkiren, verschiedene
sprachen grunzend und schnaufend Rosegger
höllbart (1903) 111; (aus dem küchenfenster)
kann man mitunter einen grunzenden gesang
vernehmen Storm ges. schr. 7 (1877) 194. mit
mannigfachem psychischen gehalt: nur durch ein
grunzendes gestöhn giebt (der gymnasiast in
den ferien) seinem behagen ausdruck Raabe
Horacker (1876) 4; musz ein held die würde seines epischen charakters dadurch behaupten,
dasz er wie ein karthäuser nur sein memento
mori! ernsthaft und sauertöpfisch grunze? Herder s. w. 3, 221 S.; (ein herr) der dem redner mit
groszem beifall, welchen er durch kopfnicken,
grunzen kund gab, zuhörte Spielhagen s. w. 2,
386; bald erklang jenes urkräftige grunzen,
wodurch damals (1849) die sittliche entrüstung
sich zu offenbaren pflegte Treitschke hist. u.
polit. aufsätze 1, 493; eigenartig im reime schon
bei H. Sachs:
(ich sah schmelzwerke)
mit ertzbrechen, schmeltzen und zrennen,
mit schayden, probieren und müntzen;
vor wunder gleich mein hertz thet grüntzen
ob diesem groszem arbeyten und zabeln
3, 480
lit. ver.
gern als einschub in eine unwillige, cynische,
unbeherrschte antwort: 'schwindel' grunzte John
Bull, welchem wenig
[Bd. 9, Sp. 966]
oder nichts an dem graben gelegen ist W. Raabe
Abu Telfan (1870) 1, 31; 'ich weisz, was ihr mir
sagen wollt', grunzte er mir entgegen Pfeffel
pros. versuche (1810) 3, 174;
'ach himmel!' gruntzt er (der von gläubigern heimgesuchte) 'wirds noch schlimmer!'
Chr. Günther ged. (1739) 167;
Robert: 'ich will jetzt blos noch nach innen
musik machen ...' Josef (hat sich abgekehrt, um
seine heiterkeit zu verbergen, grunzt jetzt:)
'nach innen?' Hirschfeld die mütter (1896) 65.
an dem gebrauch von 1 bereichert: daher grunzen zoten in liebevollen versen, daher flieszt die
hefe der natur in empfindsamen silbenmaszen
Jean Paul w. 40/41, 42 Hempel; unter allem
romantisme grunzt und giert der instinkt Rousseaus nach rache Nietzsche w. 8, 118; morgen
internationalistisch geifern, übermorgen kommunistisch grunzen J. Scherr Schiller (1873) 1,
x. selbständigere bedeutungen, die aber den
gebrauch von 1 oft deutlich durchspüren lassen,
sind in diesem bereich: grunzen 'behaglich der
ruhe genieszen, wie ein schwein, das vor behagen grunzt' Ch. Schmidt Straszb. 45b; grunzen
'schlafen' Eilenberger pennälersprache 18; Müller-Fraureuth obersächs.-erzgeb. 1, 447b; hierher auch 'schnarchlaute von sich geben':
wenn ich (die junge verliebte frau) in kümmernusz
und lauter liebesschmerz
musz meine junge zeit mit leerer hand verzehren,
da ein Saturnus (ihr alter ehemann) stets an meiner seite gruntz
Joh. Riemer polit. stockfisch (1681) 116.
4) 'murren, grollen'; von alters im range einer
selbständigen bedeutung:
thie guate es sar biginnent joh iz frambringent,
joh sint fro thrato rehtero dato;
thie andere alle filu frua sero grunzent tharzua
Otfrid V 25, 85;
in derselben bedeutung gigrunzen mit d. gen.:
odo inan wiht sar smerze, thaz er es thoh gigrunze
ebda V 23, 252,
vgl. gruncenti caperrans (die brauen zusammenziehend) Graff 4, 329; irasci ergrimmen, griszgrammen, grüntzen Schöpper syn. (1550) b 6c;
sonst gebucht zu lat. stomachari Diefenbach
nov. gl. 349b (15. jh.); altercari, expostulari, fremere Stieler stammb. 701; ital. mormorare di
qualche cosa Kramer 1 (1700) 575a; frz. grogner,
gronder, murmurer Schrader dtsch.-frz. 1, 582a;
si grunzedin und grynen,
war umme her (gott) were heymelich den genen,
de da waren groize sundere vier geistl. ged. 648
Heinzel, zs. f. dt. altert. 17, 31;
so gott diesz thun kan und ... dem gruntzen und
der gewalt der phariseer durch einen einigen
Nicodemum wehren Luther w. 33, 485 W.; (der
capitän) hat soviel ausgerichtet, dasz diakonus
auf seinen teil 10 rthr. wieder bekommen zum
viatico, nicht ohne grunzen der soldaten acta
publica 7, 249 Palm; die öbirsten von disen worten erbittert, gruntzten noch dartzu in irem
mut, daz er im so vil gewalts beym volk einneme Michael Risch paraphr. d. evangelium
Joh. (1524) s 4b; offt stirbet der man, den dass
weib zu tode gegruntzet Mathesius Syrach
(1586) 174a. gern mit sinnverwandten
ausdrücken; sehr sinnkräftig bei Luther: nu ist
doctor Luther ein wenig hoffertig und gibt nit
vil auf der romanisten runtzen und gruntzen
w. 6, 289 W.; schmollen und gruntzen ebda 53,
621; fluchen, gruntzen und schelten Herberger
trauerbinden (1617) 4, 217; sie grolleten und
gruntzeten Zesen Assenat (1679) 62;
da grunzt ein jeder, zürnt und greint
Pape christiani hominis sors (1612) e 4b;
kein greinen und kein grunzen, meine söhn und
töchter! U. Bräker schr. 1, 269;
wenn die braut zuweilen in der nacht
von einem schweren traum in ihrem schlaf
erwacht
und weckt den bräutgam auf und will es ihm
erzehlen,
so soll er darum nicht viel gruntzen oder schmählen
Henrici ernst-, scherzh. ged. (1727) 2, 161;
[Bd. 9, Sp. 967]
besonders murren und grunzen: kommet aber
unglück, creutz, trbsahl, (dann) gehet das murren und gruntzen an Dannhawer katechismus-
milch 1, 260; wo lauter murren, gruntzen und
argwon ist, da wohnt der teufel Petri d. Teutschen weish. (1604) 2, m m m 7a; Ambras. liederb.
32, 21 lit. ver.; Dan. Schaller herold (1595) f 4a;
mit jemandem, wider, auf jemanden grunzen:
auch kan ich (des teufels groszmutter) mich verdrehen an diesem tanze,
darumb solt ihr nicht mit mir gruntzen,
last mich auch schütteln die alten runtzeln
D. Schernberg spiel v. frau Jutten 6
Schröder;
gruntze nicht wieder gott J. Gigas furcht d.
pestilenz (1546) a 3a; (dasz sie) auf einander
gruntzeten Prätorius Blockesberg (1668) 574;
auf dem wege zu einer specialisierung 'widersprechen, raisonnieren': ihr tummen kerle, müszt ihr
noch gruntzen? Steinbach deutsches wb. (1734)
1, 651, vgl.entgegengrunzen ebda; etwas
begrunzen:
magst es benuscheln, beneifeln, begruntzen
W. Scherfer ged. (1652) 408;
darnach lassen sie den gefaszten zorn aus dem
hertzen durch sawrsehen, morren, gruntzen
und andere unfreundliche geberde herfür
Sigism. Suevus Herodis bankett (1569) h 7b; auf 1
anspielend: wollt ir brüllen, brummen, gruntzen
und murren, so geht hinaus unter die kühe und
schweine Luther tischr. (1576) 187a Aurifaber;
öfters übertragen vom knurren des hundes:
gleich wie ein groszer kettenhund
kan nichts dann gruntzen alle stund
B. Krüger anf. u. ende d. welt (1580) g 3a;
(der hund) bellet den frembdling an, den zu
nahe herbey nahenden beiszet er auch wol
heimlich und gruntzet und murret wider in
Comenius ian. iv ling. (1643) 67.
der lebenskreis des wortes in dieser bedeutung ist
die niedere umgangssprache; vgl.: einsmals hörte
man, die keine schäfer waren (formula loquendi
rusticis usitata) über das schmiergeld
(draufgeld, das die bauern dem lohn der schäfer
zusetzen) gruntzen Veroander bauernstandes
lasterprobe (1684) 97; es verdankt seine im 16. jh.
vorübergehend starke verbreitung wohl vor allem
Luthers einflusz, während Luther selbst es mit
anderen nicht hochsprachlichen worten 1540 aus
der übersetzung apostelgesch. 12, 20 tilgt, vgl. C.
Franke schriftspr. Luthers 2, 70b: er gruntzet (ἦν
δὲ θυμομαχῶν) aber mit den von Tyro und
Sidon, später: er gedacht wider die von T. und S.
zu kriegen. im 17. jh. seltener, darf die bedeutung
im 18. jh. trotz gelegentlicher belege (Henrici, U.
Bräker s. o.) und buchungen (s. sp. 964) allgemein als ausgestorben gelten, vgl. 'grunzen wird
nur noch von den schweinen gesagt' Frisch 1,
380b. in einem teil der maa. hat sie sich dagegen
erhalten: grunzen 'murrend klagen' Staub-Tobler 2, 786; grünzen Martin-Lienhart 1, 279;
gronza 'murren, grollen' Sartorius Würzbg. 50;
'vom murren des menschen' Crecelius oberhess.
441; grunzen, grunschen 'sich beschweren, murren, brummen' rhein. wb. 2, 1468.