Preisexplosion beim Boden
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Preisexplosion beim Boden
BLW 39 I 28. 9. 2012 FOTO: AGRARPRESS 56 I BETRIEBSFÜHRUNG Die Bodenqualität übt einen großen Einfluss auf den Kaufpreis aus. pelt so hoch wie in den drei fränkischen Bezirken. Aber auch innerhalb der Regierungsbezirke gibt es enorme Preisunterschiede: Rekordpreise in Mühldorf: 61 120 €/ha Preisexplosion beim Boden Die Preise für landwirtschaftliche Grundstücke sind im vergangenen Jahr um 16 Prozent gestiegen. Im Schnitt wurden je Hektar 30 064 Euro bezahlt. N ur 6166 Hektar Acker- und Grünland wechselten im Jahr 2011 in Bayern den Eigentümer. Im langjährigen Vergleich sind das sehr geringe Werte. Im Jahr 2008 wurden immerhin noch 7390 ha verkauft und im Jahr 2009 noch 7095 ha. Mit 6042 ha Verkaufsfläche zeichnete sich jedoch bereits 2010 ein deutlicher Einknick ab. Die Sorgen um die Stabilität der Währung und das derzeit niedrige Zinsniveau bestärken offenbar viele Grundbesitzer, am Boden festzuhalten. Der geringen Verkaufsbereitschaft stand gleichzeitig ein verstärktes In- teresse am Kauf von landwirtschaftlichen Grundstücken gegenüber. Viele Landwirte konnten 2011 ein gutes Wirtschaftsergebnis erzielen und hätten gerne ihre Flächenausstattung verbessert. Wegen der Eurokrise suchen aber auch außerlandwirtschaftliche Kaufinteressenten verstärkt nach Sachwertanlagen und drängen dabei auch in den landwirtschaftlichen Bodenmarkt. Die gestiegene Nachfrage führte damit zwangsläufig zu höheren Preisen, die um mehr als 16 Prozent nach oben schnellten. Im Durchschnitt errechnet sich für alle im Jahr 2011 in Bay- Kaufwert je Hektar in Bayern 1961 bis 2011 40 20 10 JAHR 10 20 05 20 00 20 95 19 90 19 85 19 80 19 75 19 70 19 65 19 61 0 19 TSD. EURO 30 ern getätigten Verkäufe von landwirtschaftlich genutzter Fläche ein Wert von 30 064 Euro je Hektar. Dies waren je Hektar fast 4200 Euro mehr als im Vorjahr. Die Kaufsumme betrug insgesamt 185,4 Millionen Euro. Bezogen auf die Ertragsmesszahl (EMZ) betrug der Preis 664 Euro je 100 EMZ. Das geht aus der kürzlich veröffentlichten Kaufpreissammlung des Bayerischen Landesamtes für Statistik hervor. Bei der Entwicklung der Bodenpreise zeigen sich jedoch ausgeprägte regionale Unterschiede. In Niederund Oberbayern sind die Preise dop- Zu einem besonders krassen Preissprung kam es in Mühldorf am Inn. Dort stiegen die Preise innerhalb eines Jahres um 21 649 Euro. In dem oberbayerischen Landkreis wurden sage und schreibe 61 120 Euro pro Hektar bezahlt, 55 Prozent mehr als im Vorjahr (39 471 Euro). In Mühldorf haben die Preise damit Münchner Niveau erreicht, wo die Preise überraschend auf 67 881 Euro (Vorjahr 73 461 Euro) gefallen sind. Kräftig gestiegen sind die Preise auch in Bad Tölz-Wolfratshausen (+42 %) und in Garmisch-Partenkirchen (+38 %). In Niederbayern führt die Preisliste jetzt der Landkreis Deggendorf mit 47 203 Euro/ha an (+27 %). Der Anstieg in Deggendort ist auch deshalb bemerkenswert, weil hier mit 230 ha überdurchschnittlich viele Grundstücke zum Verkauf kamen. Stagnierende Preise sind dagegen schon seit einigen Jahren in Landshut zu beobachten, obwohl hier nur 45 ha den Eigentümer wechselten. Im Regierungsbezirk Oberpfalz ging es vor allem im Landkreis Regensburg steil nach oben, dort stiegen die Preise um 50 Prozent von 26 147 auf 39 122 Euro. In den anderen Landkreisen fielen die Anstiege deutlich moderater aus. Große Preissprünge gab es auch in Mittel- und Unterfranken: +38 % in Erlangen-Höchstadt (22 897 Euro), +36 % in Weißenburg-Gunzenhausen (25 325 Euro), +48 % in Kitzingen (24 172 Euro). Zu einem Preisrückgang auf 15 829 Euro kam es Schweinfurt; hier wurden mit 209 ha besonders viele Grundstücke verkauft. In Schwaben ist der Bodenmarkt traditionell am stärksten in Bewegung, Durchschnittlicher Kaufwert je Hektar 2011 Nordrhein-Westfalen Bayern Baden-Württemberg Niedersachsen Schleswig-Holstein Deutschland Hessen Mecklenburg-Vorpommern Sachsen-Anhalt Rheinland-Pfalz Saarland Brandenburg Thüringen Sachsen 30 488 30 064 20 668 18 910 18 797 13 493 12 822 11 789 9736 9532 9274 6879 6288 5909 Kaufpreis in Euro BLW 39 I 28. 9. 2012 Bundesweiter Preisanstieg D ie durchschnittlichen Kaufwerte je ha veräußerter Fläche der landwirtschaftlichen Nutzung sind 2011 im Vergleich zum Vorjahr in Deutschland mit 13 493 €/ha um 13,8 % wiederum deutlich gestiegen. Rückläufig waren die Kaufwerte lediglich in Rheinland-Pfalz, Sachsen und Thüringen. Insgesamt wechselten in 2011 bundesweit rund 114 700 ha landwirtschaftliche Flächen ihren Eigentümer, etwas mehr (+ 870 ha) als im Vorjahr. Mit rund 68 950 ha kamen in den neuen Ländern erneut mehr landwirtschaftliche Nutzfläche zum Verkauf als im gesamten früheren Bundesgebiet (45 780 ha). im Jahr 2011 gelangten hier 1433,8 ha in den Verkauf. Mit einer verkauften Fläche von 301 ha steht der Kreis Unterallgäu an der Spitze der bayerischen Verkaufsliste, dicht gefolgt vom Kreis Donau-Ries mit 297,8 ha. Das hohe Flächenangebot stieß hier auf ein noch höheres Käuferinteresse: Im DonauRies kletterte der Hektarpreis um 37 % auf 43 353 Euro. Bodengüte Einen wesentlichen Einfluss auf den Preis hat die Bodengüte. Als Maßstab für die natürliche Bodenfruchtbarkeit wird die sogenannte Ertragsmesszahl aus der landwirtschaftlichen Einheitsbewertung herangezogen. Gliedert man alle Verkaufsfälle in Bayern nach der Ertragsmesszahl in 100 je Hektar Fläche, ergibt sich für das Jahr 2011 folgende Verteilung: EMZ in 100 je Hektar unter 30 30 bis unter 40 40 bis unter 50 50 bis unter 60 60 und mehr Preis €/ha 17 247 21 079 29 421 39 544 44 273 Flächengröße Neben der Bodengüte spielt auch die Größe der jeweils veräußerten Fläche eine große Rolle. Für das Jahr 2011 ist ein eindeutiger Trend erkennbar, dass für größere Flächen auch höhere Hektarpreise bezahlt werden. Die Käufer sind offenbar bereit, für große Flächen, die sich mit modernen Maschinen effektiv bewirtschaften lassen, einen Aufpreis zu bezahlen. Etwas aus der Rolle fallen die Kleinstflächen, da hierfür oft „Liebhaberpreise“ bezahlt werden. Für Bayern insgesamt ergibt sich hier folgende Verteilung: Größe in Hektar 0,10 bis unter 0,25 0,25 bis unter 1,00 Preis €/ha 28 083 26 299 BETRIEBSFÜHRUNG I 57 1,00 bis unter 2,00 2,00 bis unter 5,00 5,00 oder mehr 27 674 29 738 37 136 In Bayern werden überwiegend kleinere Flächen zum Verkauf angeboten. Je Verkaufsfall wurden durchschnittlich 1,45 Hektar landwirtschaftlich genutzte Fläche veräußert. Bei über der Hälfte der Kauffälle lag die Fläche unter 1 ha. In lediglich 3,6 Prozent der Fälle wechselten mindestens 5 ha den Eigentümer. Woher sind die Daten? Die Kaufwerte für landwirtschaftliche Grundstücke werden vom Bayerischen Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik jährlich erhoben und veröffentlicht. Doch wie kommt das Landesamt an die Daten? Dazu muss man wissen, dass jeder Grundstücksverkauf von einem Notar beurkundet werden muss. Der Notar ist gesetzlich verpflichtet, eine Kopie des Kaufvertrags an das zuständige Finanzamt weiterzuleiten. Dort werden die Daten zur Ermittlung der Grunderwerbsteuer erfasst und anschließend dem Landesamt für Statistik für die Kaufpreissammlung gemeldet. In die Kaufstatistik werden nur Flächen von mehr als 0,1 ha einbezogen, von denen angenommen werden kann, dass sie in einem überschaubaren Zeitraum auch nach dem Verkauf weiterhin landwirtschaftlich genutzt werden. Bei den erfassten Flächen handelt es sich fast ausschließlich um Acker- und Grünland. Flächen für Gartenbau und Sonderkulturen werden nicht berücksichtigt. Die Statistiker bezeichnen die von ihnen erfassten Flächen deshalb als Fläche der landwirtschaftlichen Nutzung, kurz FdlN. Die Statistiker weisen darauf hin, dass die durchschnittlichen Kaufwerte für einen regionalen und insbesondere für einen zeitlichen Vergleich nur bedingt aussagekräftig sind. Zwar handelt es sich um eine Totalerhebung, die statistische Masse, aus der die durchschnittlichen Kaufwerte ermittelt werden, setzt sich aber jedes Jahr aus andersgearteten Einzelfällen zusammen. So unterscheidet sich jedes veräußerte Grundstück nach Größe, Bodenqualität, Lage in der Feldmark, Nähe zu Verkehrswegen, Nutzungsart usw. von jedem anderen Grundstück. Alle diese kauffallspezifischen Eigenschaften wirken sich mehr oder weniger stark auf den Verkaufspreis aus. Beispiel: Aus den Notarverträgen geht nicht hervor, ob eine Fläche als Acker- oder Grünland genutzt wird. Bei der Erfassung der Kaufpreise kann die Nutzung deshalb nicht berücksichtigt werden. Für Ackerland werden jedoch höhere Preise bezahlt als für Grünland. Ist in einem Jahr der Anteil des Ackerlandes an der Verkaufsfläche größer als im Vorjahr, kann sich allein dadurch eine Preisänderungen ergeben. Hans Dreier Kaufpreise für Acker- und Grünland im Jahr 2011 Kreisfreie Städte nicht abgebildet veräußerte Fläche (FdlN) ha OBERBAYERN 1160,3 Altötting 16,5 Berchtesgadener Land 7,1 Bad Tölz-Wolfratshausen 14,8 Dachau 79,7 Ebersberg 26,7 Eichstätt 158,0 Erding 26,2 Freising 92,6 Fürstenfeldbruck 71,4 Garmisch-Partenkirchen 24,7 Landsberg am Lech 50,8 Miesbach 6,7 Mühldorf a.Inn 112,3 München 21,8 Neuburg-Schrobenhausen 108,9 Pfaffenhofen a.d.Ilm 98,0 Rosenheim 134,1 Starnberg – Traunstein 64,0 Weilheim-Schongau 20,9 NIEDERBAYERN 1113,5 Deggendorf 230,1 Freyung-Grafenau 85,8 Kelheim 97,0 Landshut 45,3 Passau 185,3 Regen 56,2 Rottal-Inn 83,0 Straubing-Bogen 200,0 Dingolfing-Landau 114,0 OBERPFALZ 630,6 Amberg-Sulzbach 106,3 Cham 91,4 Neumarkt i.d.OPf. 72,4 Neustadt a.d.Waldnaab 108,4 Regensburg 83,8 Schwandorf 72,2 Tirschenreuth 86,6 OBERFRANKEN 739,6 Bamberg 92,6 Bayreuth 137,1 Coburg 27,2 Forchheim 28,2 Hof 100,4 Kronach 28,5 Kulmbach 166,9 Lichtenfels 81,0 Wunsiedel i.Fichtelgebirge 66,0 MITTELFRANKEN 409,7 Ansbach 39,7 Erlangen-Höchstadt 20,9 Fürth 6,1 Nürnberger Land 12,8 Neustd/Aisch-Bad Windsh. 142,0 Roth 58,4 Weißenburg-Gunzenhausen 126,4 UNTERFRANKEN 677,9 Aschaffenburg 3,1 Bad Kissingen 43,9 Rhön-Grabfeld 52,0 Haßberge 118,9 Kitzingen 54,3 Miltenberg 24,2 Main-Spessart 42,5 Schweinfurt 209,9 Würzburg 109,5 SCHWABEN 1433,8 Aichach-Friedberg 67,1 Augsburg 29,1 Dillingen a.d.Donau 178,1 Günzburg 182,4 Neu-Ulm 59,2 Lindau (Bodensee) 32,7 Ostallgäu 162,6 Unterallgäu 301,0 Donau-Ries 297,8 Oberallgäu 103,9 Landkreis Kaufwert je ha FdLN in € 2011 2010 41 972 36 500 32 908 31 950 34 516 41 827 35 575 25 003 48 637 43 315 46 501 46 628 34 998 34 741 47 099 47 831 39 179 32 868 51 419 45 546 44 107 31 815 28 388 32 356 37 334 – 61 120 39 471 67 881 73 461 27 895 27 893 27 329 28 885 50 263 43 498 – – 38 868 35 407 23 659 20 925 36 595 30 579 47 203 37 236 14 941 13 632 37 869 31 158 43 164 43 731 33 885 31 304 21 967 17 907 35 176 29 357 36 172 29 201 40 825 36 152 25 219 21 427 22 127 20 718 23 816 19 255 21 107 21 377 23 551 22 042 39 122 26 147 23 452 20 614 22 899 21 100 14 303 13 918 18 268 15 950 12 140 13 327 13 948 12 264 22 639 21 614 14 934 11 692 9187 5341 12 839 15 045 13 344 13 403 12 930 13 767 23 902 19 317 20 045 15 808 22 897 16 610 25 987 – 10 448 13 962 23 103 21 161 24 864 20 088 25 325 18 626 19 465 18 550 25 309 23 464 9218 10 997 9362 10 813 11 629 – 24 172 16 291 20 272 20 533 15 683 13 688 15 829 18 570 37 326 25 825 32 387 27 713 48 332 43 527 47 536 29 817 33 884 29 543 24 699 25 064 25 723 24 290 23 746 24 948 28 033 22 711 25 662 20 976 43 353 31 613 26 337 15 711 Kaufwert je 100 Ertragsmesszahl 894 629 826 773 1031 1035 768 897 795 1079 1448 571 951 1153 1514 567 616 1136 – 806 632 729 842 464 805 858 683 608 737 649 755 698 634 677 555 778 702 766 759 404 459 345 366 558 496 299 372 312 429 581 486 564 596 245 504 722 656 408 615 219 252 298 529 385 269 333 655 656 1038 951 642 497 507 435 559 525 872 660