Falsche Telefon- und Onlinerechnungen Bei plötzlich sehr hohen

Transcription

Falsche Telefon- und Onlinerechnungen Bei plötzlich sehr hohen
Texte zum Internet, Online und E-Commerce Recht von Rechtsanwalt Johannes Richard
Rechtsanwälte Langhoff, Dr. Schaarschmidt & Kollegen www.internetrecht-rostock.de
Rostock • Stralsund • Barth • Berlin • Mallorca
Falsche Telefon- und Onlinerechnungen
Bei plötzlich sehr hohen Telefon- oder Online- bzw. Providerrechnungen stellt sich die Frage,
wie der Kunde sich in diesem Fall zu verhalten hat.
Nachstehend möchten wir daher die Rechtslage zur Frage der Richtigkeit von Telefon- und
Onlinerechnungen darstellen.
1. Allgemeine Regelungen ergeben aus § 16, 17 Telekomunikationskundenverordnung
(TKV).
Gemäß § 16 I TKV ist bei Sprachkomunikation, wenn durch den Kunden Einwendungen
gegen die Höhe der Rechnung geltend gemacht werden ein Einzelverbindungsnachweis zu
erstellen und eine technische Prüfung durchzuführen. Die Dokumentation der Prüfung ist dem
Kunden auf Verlangen vorzulegen.
§ 16 II TKV regelt den Verbindungsnachweis. Es heisst dort, dass soweit aus technischen
Gründen oder auf Wunsch des Kunden keine Verbindungsdaten gespeichert oder gespeicherte
Verbindungsdaten gelöscht wurden, den Anbieter keine Nachweispflicht für
Einzelverbindungen trifft, wenn der Kunde auf die nach den gesetzlichen Bestimmungen
geltenden Fristen für die Löschung gespeicherter Verbindungsdaten in drucktechnisch
deutlich gestalteter Form hingewiesen wurde.
Auch bei einer unklaren Forderungshöhe trifft die TKV in § 17 eine Regelung. Wenn eine
Telefonrechnung unrichtig ist, ohne das ihre richtige Höhe feststellbar ist so wird eine
Abrechnung aus dem Durchschnitt der letzten sechs Abrechnungszeiträume erstellt. Dies gilt
auch dann, wenn nach den Umständen erhebliche Zweifel bleiben, ob der allgemeine
Netzzugang des Kunden im Umfang der Entgeltforderungen durch den Kunden tatsächlich in
Anspruch genommen wurde.
3.
Zum Thema Online- und Providerrechnungen ist uns nur wenig Rechtsprechung bekannt.
Relativ geklärt ist die Rechtslage jedoch bei Telefonrechnungen, die sich wohl zumindestens
für den Fall der Berechnung des Internetzugangs auf Onlinerechnungen übertragen lassen.
Die Rechtsprechung zu Telefonrechnungen ist relativ uneinheitlich. Wohl herrschende
Ansicht der Rechtsprechung ist jedoch, dass der Beweis des ersten Anscheins für die
Richtigkeit einer Telefonrechnung spricht, wenn eine technische und betriebliche Prüfung
durch den Anbieter keine Fehler der Entgelterfassungeinrichtungen ergab und eine
Manipulation Dritter nicht nachweisbar ist. Im Bereich der Telefonrechnungen wird daher
immer wieder mit dem Begriff des Anscheinsbeweises gearbeitet. Ein Anscheinsbeweis liegt
vor, wenn ein erwiesener Sachverhalt der Lebenserfahrung nach auf einen typischen Ablauf
eines damit zusammenhängenden Sachverhaltes hinweist. In die Praxis übertragen bedeutet
dies, dass eine Telefonrechnung an sich erst einmal den Anschein beinhaltet, dass sie richtig
ist und vom Telefonanschluß die Gespräche auch tatsächlich geführt wurden.
© Rechtsanwalt Johannes Richard, Richard Wagner Str. 14, D-18055 Rostock, Tel. 0381-4901751,
Fax 0381-4901753, Email: [email protected]
Alle Angaben ohne Gewähr
Texte zum Internet, Online und E-Commerce Recht von Rechtsanwalt Johannes Richard
Rechtsanwälte Langhoff, Dr. Schaarschmidt & Kollegen www.internetrecht-rostock.de
Rostock • Stralsund • Barth • Berlin • Mallorca
Der Anscheinsbeweis stellt eine Beweiserleichterung für den Telefonanbieter dar, d.h. für den
Fall das der Anscheinsbeweis erbracht ist, ist es Sache des Kunden in einem Zivilverfahren
das Gegenteil zu beweisen. Wichtig ist, dass die Grundsätze des Anscheinsbeweis nicht für
eine pauschale Telefonrechnung gelten, die nur die Rechnungssumme mitteilt, sondern nur
dann, wenn der Telefonanbieter einen Einzelverbindungsnachweis vorlegt (OLG
Celle,Aktenzeichen: 20 U 67/95 in: NJW- RR 1997, 568).
Verzichtet der Telefonkunde auf ein Einzelverbindungsnachweis, führt dies in der Regel für
ihn nicht zu Nachteilen, da er bei Verzicht des Einzelverbindungsnachweises nicht darauf
hingewiesen worden ist, das dies ggf. mit Rechtsverlusten verbunden sein könnte.
Problematisch kann der Fall sein, dass der Telefonanbieter aus Datenschutzgründen gar nicht
mehr über die Verbindungsdaten verfügt da diese gem. § 6 III Satz 2 TDSV nur bis zu 80
Tagen nach Versendung der Rechnung gespeichert werden dürfen. Um dies zu verhindern ist
es somit wichtig, möglichst umgehend nach Erhalt der Rechnungen seine Einwendungen
gegenüber den Telefonanbieter geltend zu machen. Die sich aus § 6 TDSV ergebene
Verpflichtung des Telefonunternehmens zur Löschung der Daten führt nach Ansicht des
Oberlandesgerichtes Celle (a.a.O.) nicht automatisch zu einer Beweislastumkehr zu Lasten
des Kunden. Das OLG nimmt an, dass die Daten auch weiterhin dann gespeichert werden
dürfen, wenn das Telefonunternehmen weiterhin auf diese Daten zum Nachweis seiner
Rechnung angewiesen ist. Dies gilt nach den Ausführungen des Oberlandesgerichtes Celle
jedoch dann nicht, wenn es auf Grund eines dem Kunden zurechenbaren Verhaltens davon
auszugehen war, dass es auf den Einzelverbindungsnachweis nicht mehr ankommen würde,
weil die Rechnungshöhe nicht mehr bestritten wird.
Liegt somit eine Telefonrechnung mit Einzelverbindungsnachweis vor, ist es somit Sache des
Kunden, nachzuweisen, dass die Telefonrechnung falsch ist. Die sich daraus ergebene
Rechtsprechung ist sehr stark Einzelfall bezogen und kann, zumal es sich oftmals um
amtsgerichtliche Urteile handelt, nicht verallgemeinert werden. Das Landgericht Oldenburg (
Aktenzeichen: 6 O 3627/94, in: NJW-RR 1998, Seite 1365) hat bspw. den Anscheinsbeweis
schon als erschüttert angesehen, wenn eine Telefonrechnung von zuvor durchschnittlich 150
DM sich auf Beträge zwischen 1200 DM und 5600 DM vervielfacht hat. Das Landgericht
Saarbrücken (Aktenzeichen: 11 S 8/97 in: NJW-RR 1998/, Seite 1367) hat den
Anscheinsbeweis schon deshalb als erschüttert angesehen, wenn ausserhalb des Gebäudes
sich ein unverplombter Anschlußpunkt befindet, der die konkrete Möglichkeit eines
unbefugten Aufschaltens beinhaltet.
Sehr weitgehend ist ein aktuelles Urteil des Amtsgerichtes Starnberg (AZ: 2 C 1497/01 in:
CUR 2003, Seite: 201 f.). Das Amtsgericht hatte angenommen, das eine Manipulation der
Telefonleitung nicht nur theoretisch dadurch vorgenommen werden kann, dass die Leitungen
tatsächlich angzweigt werden. Nach Ansicht des Amtsgerichtes kann dies auch dadurch
geschehen, dass im Abrechnungssystem Verbindungen durch Software simuliert werden
können, also nicht getätigte Verbindungen abgerechnet werden. Wenn somit HardwareManipulationen Dritter auszuschließen sind, gilt nicht automatisch der Beweis des ersten
Anscheins für die Richtigkeit der Telefonrechnung. Wenn Verbindungen softwaremäßig
simuliert werden können, dann spricht der Anscheinsbeweis nicht mehr für die Richtigkeit
einer plötzlich gegenüber früheren Rechnungen weit überhöhten Telefonrechnungen. Es
besteht somit kein Sachverhalt mehr, der dann nach der Lebenserfahrung regelmäßig auf
einen bestimmten Verlauf hinweist, also darauf, dass die Gespräche von dem Anschluß aus
geführt werden mussten.
© Rechtsanwalt Johannes Richard, Richard Wagner Str. 14, D-18055 Rostock, Tel. 0381-4901751,
Fax 0381-4901753, Email: [email protected]
Alle Angaben ohne Gewähr
Texte zum Internet, Online und E-Commerce Recht von Rechtsanwalt Johannes Richard
Rechtsanwälte Langhoff, Dr. Schaarschmidt & Kollegen www.internetrecht-rostock.de
Rostock • Stralsund • Barth • Berlin • Mallorca
Das Urteil des Amtsgerichtes Starnberg ist eine Einzelfallentscheidung, die man nicht
übergewichten sollte. Die folgen wären fatal: Da die Abrechnung der Telefongebühren
softwaremäßig erfolgt und die Software manipuliert werden könnte beständen für
Telefonanbieter gar keine Möglichkeiten mehr, die Richtigkeit der Rechnungen
nachzuweisen.
Zusammengefasst kann man somit für Telefonrechnungen sagen, dass es nach der sehr
uneinheitlichen Rechtsprechung Sache des Kunden ist Fehler in der Telefonrechnung
nachzuweisen, wenn
- die Rechnung nicht ungleich höher als in den letzten Monaten
- ein Einzelverbindungsnachweis vorgelegt wurde
- Manipulationsmöglichkeiten nicht offensichtlich sind.
3. Online- und Providerrechnungen
Für die Rechnungen von Onlineentgelte für den Internetzugang dürfte sinngemäß das gleiche
gelten, wie für Rechnungen für Sprachtelefonie. Insbesondere wird man wohl einen
Einzelverbindungsnachweis verlangen müssen, wenn der Provider die Richtigkeit seiner
Rechnung beweisen will.
Für übrige Providerrechnungen ist ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichtes Düsseldorf
(AZ: 18 U 192/02) interessant. Ein Kunde hatte einen Server gemietet wobei eine
Abrechnung nach übertragenden Datenvolumen erfolgte. Die monatliche Rechnung belief
sich auf durchschnittlich 3000,00 DM. In einem Monat rechnete der Provider jedoch fast den
zehnfachen Betrag ab, da in diesem Monat ein Volumen von rund 200 Gigabyte entstanden
war.
Das Oberlandesgericht hatte in der zweiten Instanz die Klage des Providers abgewiesen, da
der Provider den Datenumfang nicht nachgewiesen hatte. Die vom Provider vorgelegten
Verbindungslogfiles sah das Gericht als nicht ausreichend an. Nach Ansicht des
Oberlandesgerichtes kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass die Mess- und
Auswärtsmethode fehlerfrei arbeitet. Es würde sich bei einer Abrechnung nach Volumen um
eine neue Methode handeln, von einem gesicherten Abrechnungsstandart könne nicht
gesprochen werden. Der Provider hätte daher die Verpflichtung gehabt, dass
Aufzeichnungsverfahren im einzelnen darzustellen und ggf. unter Beweis zu stellen. Ein
Zeugenbeweis, der die Richtigkeit der Logfiles nachweisen sollte sah das OLG als nicht
ausreichend an.
© Rechtsanwalt Johannes Richard, Richard Wagner Str. 14, D-18055 Rostock, Tel. 0381-4901751,
Fax 0381-4901753, Email: [email protected]
Alle Angaben ohne Gewähr