Die 23 wichtigsten BGH-Urteile zu den Betriebskosten

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Die 23 wichtigsten BGH-Urteile zu den Betriebskosten
Die 23 wichtigsten BGH-Urteile zu den
Betriebskosten
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Angeblich ist jede 2. Betriebskostenabrechnung falsch. Das behauptet jedenfalls
der Deutsche Mieterbund. Auch aus seiner Streitstatistik geht hervor: Am häufigsten
streiten Mieter und Vermieter um die Betriebskosten.
Doch solche Betriebskostenstreitereien haben auch einen Vorteil: Der BGH muss sich
immer wieder mit solchen „Peanuts“ - wie die Öltank- oder die Dachrinnenreinigung
- beschäftigen und so mit einem Grundsatzurteil manche Woge zwischen Mieter und
Vermieter glätten.
Welche Kosten Sie umlegen dürfen, wie lange Sie eine Abrechnung nachbessern
dürfen und welche Rechnungen Sie in Ihrer Abrechnung aufführen müssen, zeigen
diese 23 wichtigsten BGH-Urteile rund um die Betriebskosten.
Autor: Heidi Schnurr
Worum geht es?
Abrechnungsfrist, Fehler, Eigenleistungen: Die 23 wichtigsten Grundsatzurteile des BGH zu
den Betriebskosten.
1. Betriebskosten vereinbaren: So einfach wie noch nie
Wenn Sie Betriebskosten auf einen Wohnungsmieter umlegen wollen, genügt es, wenn
Sie in Ihren Mietvertrag schreiben, dass der Mieter „die Betriebskosten“ zu tragen
hat. Sie müssen dabei weder auf die Betriebskostenverordnung verweisen, noch den
Betriebskostenkatalog von § 2 Betriebskostenverordnung beifügen (BGH, Urteil v. 10.2.2016,
VIII ZR 137/15).
2. Alle Rechenschritte offenlegen: Muss nicht mehr sein
Bekommen Sie eine Abrechnung für mehrere Gebäude, die Sie dann auf die einzelnen
Gebäude verteilen, müssen Sie in Ihrer Abrechnung nicht mehr dem Mieter haarklein
aufschlüsseln und erläutern, wie Sie die auf sein Gebäude entfallenden Kosten berechnet
haben (BGH, Urteil v. 20.1.2016, VIII ZR 93/15).
Gleiches gilt, wenn Sie Betriebskosten um nicht umlagefähige Anteile bereinigen und nur
die umlagefähigen Kosten dem Mieter auf die Betriebskostenabrechnung setzen.
Aber auch, wenn Sie Wohn- und Gewerberaumvermieter unter einem Dach haben und einen
Vorwegabzug für die Gewerberaummieter machen, bevor Sie die restlichen Kosten auf die
Wohnungsmieter umlegen.
Eine Betriebskostenabrechnung ist auch nicht schon deshalb gleich formell unwirksam,
wenn Sie aus jahresübergreifenden Rechnungen den auf den Abrechnungszeitraum
entfallenden Betrag ermitteln und dabei nicht alle dafür erforderlichen Zwischenschritte in
Ihrer Abrechnung offenlegen (BGH, Urteil v. 2.4.2014, VIII ZR 201/13).
3. Eigenleistungen dürfen auf Ihre Abrechnung
Den Hof fegen oder den Rasen mähen: Das zählt zu den umlegbaren Betriebskosten.
Erbringen Sie solche "umlegbaren Betriebskosten" selbst, dürfen Sie die dem Mieter auf die
Abrechnung setzen.
Selbst, wieviel Sie dafür dem Mieter auf die Abrechnung setzen dürfen, hat der BGH
entschieden: Die Kosten, die Ihnen auch ein Drittunternehmen - sprich die Gartenbau- oder
eine Hausmeisterfirma - in Rechnung stellen würde (BGH, Urteil v. 14.11.2012, VIII ZR
41/12). Allerdings ohne die Umsatzsteuer!
3. Überschrittene Abrechnungsfrist: Wenn der Mieter
dennoch zahlt
Wohnungsvermieter müssen spätestens innerhalb von 12 Monaten nach Ablauf des
Abrechnungszeitraums über die Betriebskosten abrechnen. Versäumen Sie diese Frist,
muss der Mieter keine Betriebskosten mehr nachzahlen.
Zahlt der Mieter dennoch irrtümlich und in Unkenntnis der Ausschlussfrist den berechneten
Nachzahlungsbetrag, kann er sein Geld wieder zurückfordern (BGH, Urteil v. 18.1.2006, VIII
ZR 94/05).
4. Abrechnungsfrist: Zugang, nicht Verschicken
entscheidet
Für das Einhalten der Abrechnungsfrist kommt es darauf an, wann der Mieter Ihre
Abrechnung erhält, nicht, wann Sie diese verschickt haben.
Es genügt also nicht, wenn Sie Ihre Betriebskostenabrechnung also noch vor Ablauf der 12Monats-Frist abgeschickt haben, sondern wann Ihre Abrechnung im Briefkasten des Mieters
liegt. Kommt die Abrechnung wegen eines Verschuldens der Post zu spät beim Mieter an,
wird das dem Vermieter zugerechnet (BGH, Urteil v. 21.1.2009, VIII ZR 107/08).
5. Abrechnungsinhalt: Formell muss alles stimmen
Als Vermieter halten Sie die 12-monatige Abrechnungsfrist schon dadurch ein, dass Sie
Ihrem Mieter eine formell ordnungsgemäße Betriebskostenabrechnung zuschicken.
Ob Ihre Abrechnung auch inhaltlich korrekt ist, ist für das Einhalten der Abrechnungsfrist
nicht entscheidend: Sie haben trotz eines eventuellen Rechenfehlers dennoch rechtzeitig
abgerechnet (BGH, Urteil v. 17.11.2004, VIII ZR 115/04).
Enthält Ihre Abrechnung allerdings einen formellen Fehler, ist es so, als hätten Sie gar nicht
abgerechnet. Dann können Sie die Abrechnung nicht mehr innerhalb der Abrechnungsfrist
korrigieren, sondern müssen eine komplett neue Abrechnung erstellen.
6. Abrechnungszeitraum umstellen: Nur mit Vereinbarung
möglich!
Laut Gesetz darf der Abrechnungszeitraum für die Betriebskosten maximal 12 Monate
betragen. Die meisten Vermieter rechnen kalenderjährlich von Januar bis Dezember ab. Den
12-Monats-Zeitraum dürfen Sie nicht überschreiten, sonst ist Ihre Abrechnung unwirksam.
Dies erschwert das Umstellen auf einen anderen Abrechnungszeitraum. So z. B., wenn Sie
bisher immer von Mai bis April abgerechnet haben und jetzt auf eine kalenderjährliche (von
Januar bis Dezember) Abrechnung umstellen wollen.
Deswegen hat der BGH entschieden, dass Sie den Abrechnungszeitraum einmalig und
auch nur in Absprache mit dem Mieter verlängern dürfen z. B. im Umstellungsjahr auf
19 Monate (BGH, Urteil v. 27.7.2011, VIII ZR 316/10). Besser ist es jedoch, bei einer
Umstellung erst eine "kürzere Abrechnung" zu erstellen (z. B. von Mai bis Dezember) und
dann wieder eine "normale" Abrechnung über 12 Monate.
7. Bitte keine Abkürzungen in Ihrer
Betriebskostenabrechnung
Benutzen Sie in Ihrer Betriebskostenabrechnung beim Verteilungsschlüssel eine
unverständliche Abkürzung, wie z. B. „HB-KOSTE“, macht das Ihre gesamte
Betriebskostenabrechnung formell unwirksam (BGH, Urteil v. 19.11.2008, VIII ZR 295/07).
8. Richtig adressieren: Vergessen Sie ja niemanden
Es reicht aus, wenn der Vermieter die Betriebskostenabrechnung an einen der beiden
Ehepartner adressiert und von diesem die Nachzahlung fordert (BGH, Urteil v. 28.4.2010,
VIII ZR 263/09).
9. Abrechnung nachbessern: Wie lange Sie Zeit haben
Grundsätzlich gilt: Sie können Ihre Betriebskostenabrechnung noch innerhalb der
Abrechnungsfrist nachbessern, wenn Sie nach dem Absenden einen inhaltlichen Fehler
entdecken.
Typische Beispiele für einen inhaltlichen Fehler: Sie rechnen Kosten ab, obwohl Sie diese
nicht oder nicht korrekt vereinbart haben. Oder Sie rechnen ab, obwohl Sie eine Pauschale
im Mietvertrag vereinbart haben. Gleiches gilt, wenn Sie die Betriebskostenvorauszahlungen
in Ihrer Abrechnung falsch berechnet haben, bzw. Sie nicht die tatsächlich gezahlten
Vorauszahlungen eingestellt haben (BGH, Urteil v. 18.5.2011, VIII ZR 240/10).
Ein Nachbesserungsrecht zu Ihren Gunsten haben Sie selbst dann noch, wenn Sie bereits
ein Guthaben vorbehaltlos an den Mieter ausgezahlt haben. Das gilt jedoch nur, so lange
Sie Ihre Betriebskostenabrechnung noch innerhalb der Abrechnungsfrist korrigieren. Das gilt
auch für Gewerberaumvermieter (BGH, Urteil v. 10.7.2013, XII ZR 62/12).
Wichtig: Nur inhaltliche Fehler in der Betriebskostenabrechnung lassen sich nachbessern,
formelle nicht! Allerdings können Sie selbst inhaltliche Fehler nur innerhalb der
Abrechnungsfrist noch zu Ihren Gunsten nachbessern. Ist die Abrechnungsfrist abgelaufen
und kommt beim Nachbessern ein höherer Nachzahlungsbetrag heraus, muss der Mieter
dennoch nur den bisher errechneten, niedrigeren Nachzahlungsbetrag zahlen.
10. Unverständliche Betriebskostenabrechnungen sind
unwirksam
Ein unverständlicher Verteilerschlüssel gilt als formeller Mangel und das heißt: Ihre
Abrechnung ist unwirksam (BGH, Urteil v. 9.4.2008, VIII ZR 84/07).
11. Ein formeller Fehler kostet Sie Ihre
Betriebskostennachzahlung
Verschicken Sie eine Abrechnung, die schon aus formellen Gründen unwirksam ist, tickt die
Uhr gegen Sie. Das bedeutet: Sie müssen noch innerhalb der Abrechnungsfrist eine korrekte
Betriebskostenabrechnung erstellen, um Ihre Nachzahlung zu retten. Auf der anderen Seite
beginnt dafür jedoch die 12-monatige „Meckerfrist“ des Mieters erst gar nicht zu laufen.
Häufiger formeller Fehler: In der Abrechnung ist kein Verteilerschlüssel angegeben (BGH,
Urteil v. 25.1.2011, VIII ZR 27/10).
12. Zu große Wasserzähler müssen raus
Überdimensionierte Wasserzähler muss der Wasserversorger austauschen, wenn die
Grundgebühren je nach Zählergröße unterschiedlich hoch ausfallen (BGH, Urteil v.
21.4.2010, VIII ZR 97/09).
13. Ungeeichte Wasserzähler: Abrechnung nicht gleich
unwirksam
Dagegen ist eine Abrechnung, die auf einem ungeeichten Wohnungs-Wasserzähler
beruht, dennoch wirksam. Vorausgesetzt Sie können nachweisen, dass der Zähler dennoch
korrekt misst (BGH, Urteil v. 17.11.2010, VIII ZR 112/10).
14. Wann und wie Sie Sperrmüllkosten umlegen dürfen
Sie dürfen dem Mieter auch die Sperrmüllkosten auf die Abrechnung setzen. Die entstehen
zwar nicht jährlich, aber doch laufend, wenn die Mieter unberechtigt ihren Müll auf den
Gemeinschaftsflächen abstellen.
Insoweit handelt es sich um Kosten der Müllbeseitigung, die dem Vermieter als Eigentümer
wiederkehrend entstehen (BGH Urteil v. 13.1.2010, VIII ZR 137/09).
15. Versicherungskosten dürfen zusammengefasst werden
Sie dürfen in Ihrer Betriebskostenabrechnung die Kosten der Sach- und
Haftpflichtversicherung in einem Betrag angeben.
Sie müssen also nicht die einzelnen Versicherungsarten einzeln aufführen und jeden Betrag
in der Betriebskostenabrechnung extra ausweisen. Es genügt, wenn Sie die Kosten für
die Gebäudeversicherung, Glasversicherung, Haftpflichtversicherung für das Gebäude, für
den Öltank oder für den Aufzug zusammenrechnen und nur den Gesamtbetrag unter den
„Kosten der Sach- und Haftpflichtversicherung“ aufführen (BGH, Urteil v. 16.9.2009, VIII ZR
346/08).
16. E-Check fällt unter "Sonstige Betriebskosten"
Die gute Nachricht lautet: Die Kosten für das Überprüfen von Elektroanlagen sind keine
Instandsetzungs- und Instandhaltungskosten, sondern umlagefähige Betriebskosten.
Die schlechte Nachricht lautet: Sie dürfen diese Kosten nur als „Sonstige Betriebskosten“
auf den Mieter umlegen, wenn Sie diese z. B. als Kosten für einen "E-Check" extra
im Mietvertrag unter den „Sonstigen Betriebskosten“ aufgeführt haben (BGH, Urteil v.
14.2.2007, VIII ZR 123/06).
17. Aufzugskosten: Erdgeschossmieter muss mitzahlen
Sie können den Erdgeschossmieter mit an den Aufzugskosten beteiligen (BGH, Urteil v.
20.9.2006, VIII ZR 103/06). Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Mieter in einem anderen
Gebäudeteil wohnt und den Aufzug nicht nutzen kann (BGH, Urteil v. 8.4.2009, VIII ZR
128/08).
18. Sonstige Betriebskosten müssen ausdrücklich genannt
werden
Sie können eine Kostenart nur dann als „Sonstige Betriebskosten“ in Ihrer
Betriebskostenabrechnung auf den Mieter umlegen, wenn Sie im Mietvertrag diese Kostenart
extra genannt haben (BGH, Urteil v. 7.4.2004, VIII ZR 167/03).
Typisches Beispiel: Die Dachrinnenreinigung zählt zu den „Sonstigen Betriebskosten“.
Sie dürfen Sie aber nur auf den Mieter umlegen, wenn Sie in Ihrem Mietvertrag bei der
Aufzählung der „Sonstigen Betriebskosten“ die Dachrinnenreinigung ausdrücklich erwähnt
haben.
19. Saubere Sache: Die Öltankreinigung dürfen Sie
umlegen
Die Kosten der Öltankreinigung zählen zu den Betriebskosten und zwar zu den sogenannten
Heizungsnebenkosten. Deswegen dürfen Sie die auch über die Heizkostenabrechnung an
die Mieter weitergeben (BGH, Urteil v. 11.11.2009, VIII ZR 221/08).
Sie müssen sie also nicht extra unter den „Sonstigen Betriebskosten“ aufführen, damit
Sie die Tankreinigungskosten auch später umlegen dürfen.
20. Funkbasierte Messgeräte: Mieter muss Einbau dulden
Vermieter dürfen die bisher eingesetzten Messgeräte zur Verbrauchserfassung von
Heizkosten (Heizkostenverteiler) oder Wasserkosten gegen funkbasierte Ablesesysteme
austauschen. Der Mieter muss den Einbau dieser Geräte dulden (BGH, Urteil v. 28.9.2011,
VIII ZR 326/10).
21. Zwischenablesungskosten sind keine Betriebskosten
Kosten im Zusammenhang mit einem Nutzer- oder Mieterwechsel, zum Beispiel Kosten einer
Zwischenablesung, zählen nicht zu den Betriebskosten: Solche „Nutzerwechselgebühren“
sind Verwaltungskosten und die dürfen nicht auf Ihre Betriebskostenabrechnung!
Ihr Mieter muss Zwischenablesungskosten nur übernehmen, wenn Sie im Mietvertrag
ausdrücklich eine andere Regelung vereinbart haben (BGH, Urteil v. 14.11.2007, VIII ZR
19/07).
22. Fehler in der Abrechnung: Mieter hat 12 Monate Zeit
Spätestens 12 Monate nachdem Ihr Mieter die Nebenkostenabrechnung erhalten hat, muss
er eventuelle Fehler reklamieren.
Hält er sich nicht an die Frist, muss er dennoch die falsche Abrechnung zahlen. Das gilt
selbst dann, wenn der Vermieter Jahr für Jahr den gleichen Fehler in der Abrechnung macht
und der Mieter den in den vergangenen Jahren immer erfolgreich reklamiert hatte (BGH,
Urteil v. 12.5.2010, VIII ZR 185/09).
23. Betriebskostenrechnungen: Sie müssen die Originale
vorlegen
Der Mieter darf die Unterlagen für ihre Betriebskostenabrechnung prüfen. Dazu gehört, dass
er die Originalbelege und -rechnungen einsehen darf.
Er kann nur ausnahmsweise von Ihnen fordern, dass Sie ihm Kopien der
Betriebskostenbelege zusenden statt die Belege persönlich anzuschauen. Das ist
beispielsweise der Fall, wenn der Vermieter sein Büro nicht am Ort der Wohnung hat,
sondern weiter weg wohnt oder der Mieter weiter weggezogen ist (BGH, Urteil v. 8.3.2006,
VIII ZR 78/05; BGH, Urteil v. 19.1.2010, VIII ZR 83/09).
meineimmobilie.de-Tipp
Das Wichtigste beim Betriebskostenabrechnen ist, dass Sie die Frist einhalten. Alles
andere lässt sich noch kitten, so lange Sie Ihren Fehler vor Ablauf der Abrechnungsfrist noch
entdecken.
Vorausgesetzt natürlich, Sie haben bereits im Mietvertrag die Weichen korrekt gestellt, so
dass Sie tatsächlich auch alle umlegbaren Betriebskosten auf den Mieter umlegen dürfen!