Biographie Hermann Gmeiner
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Biographie Hermann Gmeiner
Biographie Hermann Gmeiner (23.06.1919 – 26.04.1986) Abb. 1: Hermann Gmeiner mit zwei „seiner“ Kinder Kindheit und Jugend Hermann Gmeiner wurde am 23. Juni 1919 als sechstes von neun Kindern einer Bergbauernfamilie in Alberschwende in Vorarlberg, geboren. Die Mutter starb, als er fünf war. Von da an sorgte seine älteste Schwester Elsa für die Kinder und lebte ihm vor, was später zum Mittelpunkt seiner SOSKinderdorf-Idee wurde, den Beruf der SOS-Kinderdorf-Mutter. Der jüngste Bruder Anton wurde von einem Onkel adoptiert. Auf Grund seiner vorzüglichen Leistungen in der Dorfschule Alberschwende erhielt er ein Stipendium, das ihm ab 1936 den Besuch des Gymnasiums in Feldkirch ermöglichte. Noch vor Ablegung der Matura wurde Gmeiner im Februar 1940 zur Wehrmacht eingezogen und diente in Nord-Finnland (Lappland/Eismeerfront), Russland und Ungarn. Mehrere Male verwundet, kehrte er 1945 auch als Verwundeter in seine Heimat zurück, wo er bis November 1945 im Lazarett Bregenz verbringen musste. Die vielen leidenden Kinder denen er im Krieg begegnete und die Vaterfigur die er für seine Kameraden darstellte waren sicher ausschlaggebende Erlebnisse die seinen späteren Lebensweg prägten. Nach seiner Genesung half er seinem Vater auf dem Bauernhof, bis nach kurzer Zeit der erste aus der Kriegsgefangenschaft heimgekehrte Bruder diese Stelle übernahm und er die Matura nachholen konnte. Im Herbst 1946 begann er in Innsbruck Medizin zu studieren. Er wollte Kinderarzt werden. In dieser Zeit wirkte er aktiv in der Jugendarbeit mit und lernte die große Not vieler Kinder und Jugendlicher kennen, die nach dem Krieg niemand mehr hatten und auf sich allein gestellt waren. Dabei erlebte er die Not und Verlassenheit der vielen Kriegswaisen und die Missstände in den überfüllten, kasernenartigen Heimen der Nachkriegszeit. Seine Familie konnte ihn kaum unterstützen. Deshalb gab er nebenbei Nachhilfestunden und arbeitete aushilfsweise an der Uni-Klinik, um sein Studium zu finanzieren. Biografie Hermann Gmeiner Philipp Konrad 2010‐11 Seite 1 von 7 Erste Soziale Gedanken Durch seine Tätigkeit als Ministrant, die der sehr gläubige Gmeiner in der katholischen Pfarre des Innsbrucker Stadtteiles Mariahilf in seiner kargen Freizeit ausübte, kannte er den dortigen Kaplan Mayr. Als ihm im Winter 1947 ein zwölfjähriger Bub begegnete, dessen trauriges Schicksal ihn tief bewegte, kamen Erinnerungen an seine eigene Kindheit und seine Erlebnisse im Krieg hoch, wo ihm einmal ein russischer Junge das Leben gerettet hatte und dabei selbst starb. Gmeiner wollte für das Kind unbedingt etwas tun und ging mit seinem Anliegen hilfesuchend zu Kaplan Mayr. Nach langem Gespräch überzeugte dieser ihn, eine neue Jugendgruppe aufzubauen, und in dieser katholischen Pfarrjugendgruppe von Mariahilf begann Gmeiners Auseinandersetzung mit den sozialen Problemen der Kinder, die schließlich zur Gründung der SOS-Kinderdörfer führen sollte. Durch hohen persönlichen Einsatz konnte er anfangs 16 Jugendliche motivieren und schon bald war der StoßTrupp (abgekürzt StT), so hatten die Jungen die Gruppe getauft, in der gesamten Tiroler katholischen Jugend bekannt. Es folgte eine intensive Beschäftigung mit dem Elend der vielen Kriegswaisen und heimatlosen Kinder nach dem Zweiten Weltkrieg und Vertiefung in die Probleme der Jugendfürsorge. Gmeiner besuchte eine Erziehungsanstalt, sprach mit Jugendfürsorgerinnen und diskutierte ganze Nächte mit anderen Studenten über diesen Gegenstand. Schließlich reifte in ihm die Überzeugung, dass Heime und Anstalten nicht der richtige Weg seien, um Kindern und Jugendlichen aus schwierigen Familienverhältnissen zu helfen. Dabei erinnerte er sich auch an seine eigene Kindheit, den frühen Verlust der Mutter und die Ersatzmutter in Gestalt seiner Schwester Elsa. Er entwarf den Plan, ein Haus für diese Kinder zu bauen, wo eine Mutter ein richtiges Daheim schenken konnte, ja eine ganze Anzahl dieser Häuser sollten es sein, ein richtiges Kinderdorf. Er wollte ihnen wieder ein familiennahes Daheim bieten, wo sie in Schutz und Geborgenheit aufwachsen konnten, mit einer Mutter, die für sie sorgte, wie jede andere gute Mutter auch. Geschwister sollten nicht getrennt werden, sondern gemeinsam in einem Haus aufwachsen und neben dem Gefühl familiärer Geborgenheit auch die Gemeinschaft eines Dorfes spüren. Auf diese vier Grundsätze (Mutter, Geschwister, Haus, Dorf) aufbauend, wollte Hermann Gmeiner das erste SOS-Kinderdorf errichten. Der Weg zum SOS-Kinderdorf Im Februar 1948 versuchte Gmeiner, seine Idee Wirklichkeit werden zu lassen. Er sprach bei allen nur denkbaren kirchlichen, staatlichen und privaten Stellen vor, die nach seiner Ansicht etwas für die Verbesserung der Jugendproblematik tun könnten. Das Ergebnis war ernüchternd, niemand nahm seine Idee ernst: Die einen lachten, die anderen nannten ihn verrückt und wieder andere warfen ihn kurzerhand hinaus. Nach dieser Niederlage schlug Kaplan Mayr überraschend vor, dass Gmeiner zum Jugendführer für das gesamte Dekanat werden solle; und bei der anstehenden Wahl im März 1948 wurde er dann tatsächlich gewählt. Die neue Aufgabe forderte noch mehr von seiner ohnehin knappen Zeit, was vor allem zu Lasten seines Studiums ging, dennoch bastelte er weiter an seiner Idee. Schließlich kam er zur Überzeugung, dass von den zuständigen Stellen keinerlei Hilfe zu erwarten sei und die Realisierung nur von ihm mit anderen Studenten verwirklicht werden könnte. Die einzige Möglichkeit sah Gmeiner nun in der Gründung eines Vereines. Mit Hilfe eines befreundeten Rechtsanwaltes, Hansheinz Reinprecht, arbeitete er die Statuten aus und gewann in der Jugendgruppe sowie aus seinem Studentenkreis die ersten Mitglieder und Unterstützer. Am 25. April 1949 hielt er die Gründungsversammlung ab, die Ziele des Vereines sollten sein: • Errichtung eines Dorfes für Waisenkinder • Errichtung einer Einrichtung „Mutter und Kind“, zum Schutz verheirateter Mütter • Errichtung eines „Mutterhauses“, zur Ausbildung einer Schwesternschaft für soziale Arbeit Biografie Hermann Gmeiner Philipp Konrad 2010‐11 Seite 2 von 7 Die Tätigkeit des Vereines sollte sich, zumindest vorerst, auf das Land Tirol beschränken und seinen Sitz in Innsbruck haben. Gmeiner gab dem Verein den lateinischen Namen Societas Socialis, darin war bereits die Abkürzung SOS, was mit Save our Souls (= Rettet unsere Seelen) übersetzt werden konnte, enthalten. Später wurde der Name dann in die leichter fassbare Form „SOS-Kinderdorf“ geändert. Als Untertitel gab er der Societas Socialis noch den Namen „Hilfswerk für Waisenkinder“. Am 13. Juni 1949 wurde der Verein schließlich bei der Sicherheitsdirektion für Tirol in Innsbruck eingetragen, damit war der Grundstein gelegt. Das SOS-Kinderdorf entsteht Zuerst wollte Gmeiner die Idee des SOS-Kinderdorfes realisieren, erst dann sollten „Mutter und Kind“ und das „Mutterhaus“ in Angriff genommen werden. Später zeigte sich, dass die beiden letzten Ziele eine unnötige Verzettelung der Kräfte bedeuten würden und wurden daher fallengelassen. Gmeiner steckte nun all seine Energie in die einmal begonnene Aufgabe. Er dachte sich, wenn eine genügend große Anzahl Menschen nur einen Schilling geben, könnte das Werk finanziert werden. Er begann mit einem Kapital von 600 Schilling, dies waren seine gesamten Ersparnisse, und, nachdem man ihm in Innsbruck einen Abstellraum kostenlos zur Verfügung gestellt hatte, den er als Büro umfunktionierte, investierte er in Flugblätter, die einen Spendenaufruf enthielten, welche von einigen Frauen und Bekannten aus seiner Jugendgruppe in der Stadt verteilt wurden. Am 22. Juli 1949 schrieb er an zahlreiche Tiroler Gemeinden und versuchte, dem Verein kostenlos ein Grundstück für den Bau eines Kinderdorfes zur Verfügung zu stellen. Das Wunder geschah, der Bürgermeister der kleinen Stadt Imst, Josef Koch, selbst Waise, antwortete positiv auf die Bitte Gmeiners. Wenige Tage darauf schon war er persönlich in Imst, sprach mit dem Bürgermeister, besichtigte das auf einer Anhöhe gelegene Grundstück und sagte, ohne sich weiter zu besinnen, zu. Erst später wurde ihm bewusst, dass auf den Berg weder eine Straße führte, noch es Strom oder Wasser gab. Kurz darauf begegnete ihm zufällig ein Kriegskamerad, der in Imst Baumeister war und dieser erklärte sich bereit, mit dem Bau eines Hauses auf Kredit und ohne Anzahlung zu beginnen. Unterdessen kaufte Gmeiner in Innsbruck eine billige Baracke, um Platz für die mittlerweile schon gewachsene Schar ehrenamtlicher Helfer zu bekommen, die Adresslisten erstellten oder Bittschriften verfassten und diese verteilten. Langsam zeigte sich der Erfolg vieler Mühe und es kam Geld herein, das meist sofort wieder in neue Mitgliederwerbung gesteckt wurde. Am 2. Dezember 1949 konnte die Dachgleiche des ersten Kinderdorfhauses gefeiert werden, ohne dass bisher Geld bezahlt werden musste. Hindernisse In diesem Jahr 1949 gab Gmeiner - schweren Herzens - sein Medizinstudium und die Arbeit als Dekanatsjugendführer auf, um sich völlig der SOS-Kinderdorf-Aufgabe widmen zu können. Es gab auch Schwierigkeiten. So wurde Gmeiner von vielen verlacht, aber auch angefeindet. Den die Kirche und andere Hilfsorganisationen sahen in ihm einen unangenehmen Konkurrenten. Er selbst und viele seiner Helfer wurden mehrmals von der Polizei festgenommen und verhört. Im Sommer 1949 kam es sogar zu einer Hausdurchsuchung. Das Büro wurde plombiert und das Konto gesperrt. Erst durch die Hilfe eines befreundeten Rechtsanwaltes konnte der Betrieb wieder aufgenommen werden. Auch eine „Akte Gmeiner“ wurde bei der Sicherheitsdirektion Tirol angelegt. Geheimdienst, Detektive und Journalisten durchleuchteten seine Vergangenheit auf dunkle Stellen. Ein Zeichen, dass Kirche und Staat aufmerksam geworden waren und einen unbequemen Konkurrenten mundtot machen wollten. Dennoch ließ sich Gmeiner nicht aufhalten. Im Frühjahr 1950 hatte er beinahe 1000 regelmäßige Spendenmitglieder in seinen Listen stehen und langsam kamen auch die ersten größeren Einzelspenden. Als die Gemeinde Imst zusagte, die notwendige Zufahrtsstraße, Strom- und Wasserleitung bis zum Grundstück kostenlos zu errichten, gab er sofort den Auftrag, weitere vier Kinderdorfhäuser zu errichten. Biografie Hermann Gmeiner Philipp Konrad 2010‐11 Seite 3 von 7 Verwirklichung einer Idee Inzwischen hatte Gmeiner mit der Suche nach Kinderdorfmüttern begonnen und auch hier hatte er Erfolg. Die erste Kinderdorfmutter, Helene Diddl, brachte die Idee mit der Weihnachtskartenaktion ein. Die Spendenwerbung wurde auf ganz Österreich ausgedehnt und intensiviert. Dadurch konnte er bereits Ende 1950 sämtliche Schulden abzahlen. Am Weihnachtsabend, dem 24. Dezember 1950, wurde das erste Kinderdorfhaus, Haus „Frieden“, von fünf Waisenkindern, die kurz vorher ihre Eltern verloren hatten, bezogen. Einige Monate später waren alle fünf Häuser fertiggestellt und im Sommer 1951 von insgesamt 45 Kindern bewohnt. Die Kinderdörfer beruhen auf dem Prinzip Mutter-Geschwister-Haus-Dorf, das am ehesten den natürlichen Familienverhältnissen entspricht. Der Anfang war schwierig, zahllose Probleme mussten mit den Kinderdorfmüttern besprochen werden, der Schriftverkehr mit Jugendämtern, Pflegschaftsgerichten und Fürsorgeeinrichtungen bewältigt, und viele Details, von Impfkarten bis Dokumentenmappen, für die Kinder organisiert werden. Expansion Im Sommer 1951 fuhr Gmeiner nach Wien, um dort eine eigene SOS-Geschäftsstelle einzurichten, für die er bald auch einen engagierten Mitarbeiter fand. Bereits im Frühjahr 1952 hatten sich dadurch die regelmäßigen Spender auf fast 100.000 erhöht. So konnten in diesem Jahr in Imst zwei weitere Kinderdorfhäuser und ein Gemeindehaus errichtet werden. Im Gemeindehaus wurden eine Krankenstation, ein Gemeinschaftsraum, eine Waschküche, Näh- und Bastelzimmer sowie Lagerräume untergebracht. 1952 erschien erstmals der „Kinderdorfbote“, eine vierteljährliche Zeitschrift, die alles in und um die Kinderdörfer berichtete und an alle Spender verschickt wurde. Dieses Blatt sollte später, in zahlreichen Sprachen gedruckt, in Millionenauflage der wichtigste Spendenbringer werden. Daneben wurde der Kinderdorfkalender ins Leben gerufen, eine Kinderdorflotterie gegründet und mehr und mehr Unternehmen und Organisationen als Unterstützer gewonnen werden. Die immer reichlicher fließenden Spenden ermöglichten es Gmeiner in den folgenden Jahren kontinuierlich das Kinderdorf in Imst auszubauen. 1953 errichtete Gmeiner im italienischen Caldonazzo, am See gleichen Namens, ein Ferienlager, welches später ein Ort der Begegnung für alle europäischen Kinderdorfkinder werden sollte und als Ausbildungsstätte für spätere Kinderdorfleiter genutzt wurde. Helmut Kutin aus Südtirol, selbst im Kinderdorf in Imst aufgewachsen und Gmeiners Nachfolger war hier sein erster Übersetzter. 1954 folgte in Innsbruck die erste Mütterschule, diese wurde als Ausbildungszentrum für Kinderdorfmütter ins Leben gerufen. Am 10. Februar 1955 konnte Gmeiner in München die Gründungsversammlung der deutschen „SOS-Kinderdorf e. V.“ unter der Leitung von Jürgen Froelich und Peter Hecker eröffnen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten - auch hier gab es polizeiliche Beschlagnahmungen wurde 1958 das erste deutsche Kinderdorf in Dießen am Ammersee eröffnet. Am 26. Februar 1955 gründete Gmeiner den Verein „SOS-Kinderdorf Oberösterreich“, unter ihrem Geschäftsführer Hansheinz Reinprecht entstand im Frühjahr 1956 das Kinderdorf Altmünster. 1956 wurde auch das Kinderdorf Osttirol in Nußdorf-Debant bei Lienz, und das erste Jugendhaus, wofür Gmeiner in Egerdach bei Innsbruck ein aufgelassenes Erholungsheim erwarb, eröffnet. Letzteres wurde Wohnung für spätere Lehrlinge und Studenten aus Kinderdörfern. 1957, nachdem Gmeiner monatelang persönlich in Wien Spenden gesammelt hatte, wurde das bis dahin größte Kinderdorf in Hinterbrühl im Wienerwald seiner Bestimmung übergeben. Es folgten Kinderdörfer in Frankreich und Italien. Biografie Hermann Gmeiner Philipp Konrad 2010‐11 Seite 4 von 7 Rechtsgrundlagen Um die Expansion in geordneten Bahnen ablaufen zu lassen, gründete Gmeiner am 26. November 1960 im französischen Straßburg den Dachverband „Europäischer Verband der SOS-Kinderdörfer“. Hier wurde auch beschlossen, den Namen SOS-Kinderdorf und das Kinderdorfemblem rechtlich zu schützen. Die bereits bestehenden Kinderdorfvereine traten geschlossen dem Dachverband bei und verpflichteten sich, die von Gmeiner ausgearbeiteten Grundsätze der Kinderdorfidee zu befolgen. Ab nun sollten nur noch Vereine aufgenommen werden, welche bereit waren, diese Grundsätze umzusetzen. Hermann Gmeiner wurde einstimmig zum Präsidenten gewählt, Hansheinz Reinprecht zum Generalsekretär. Nun begann die eigentliche und bis heute unaufhaltsame Ausbreitung der SOSKinderdörfer in der ganzen Welt. Nach weiteren europäischen Staaten folgte ein erstes überseeisches Kinderdorf in Südkorea. Bei einem Besuch in Seoul Anfang 1963 kam Gmeiner die Idee, für die Finanzierung ein Reiskorn, ein Glücksssymbol in Korea, für einen Dollar zu verkaufen. Die Kampagne „Ein Reiskorn für Korea“ war ein durchschlagender Erfolg, 1964 konnte der „Kinderdorfverein Korea“ gegründet werden und 1965 fand die Eröffnung des ersten außereuropäischen Kinderdorfes in Daegu statt. 1966 reiste er während des Vietnamkrieges nach Saigon, um ein SOS-Kinderdorf Vietnam ins Leben zu rufen, welches trotz des Krieges 1969 in Go Vap, einem Vorort von Ho-Chi-Minh-Stadt eröffnet werden konnte. Es folgten Kinderdörfer in Indien, unter anderem für die im Exil lebenden tibetischen Flüchtlingskinder, schließlich Lateinamerika und Afrika. 1965 trug Gmeiner der Internationalisierung seiner Idee Rechnung und der Dachverband wurde in „SOS-Kinderdorf International“ mit Sitz in Wien umbenannt. Um die Expansion in den ärmeren Ländern vorantreiben zu können, wurden in den nächsten Jahren in den reicheren Ländern zahlreiche eigene Fördervereine gegründet, z.B. in Deutschland der „Hermann Gmeiner Fonds Deutschland e. V.“ (im Gegensatz zum „SOS-Kinderdorf e. V.“, der nur für den Bau und Unterhalt der deutschen Kinderdörfer zuständig war) oder in der Schweiz die „Schweizer Freunde der SOS-Kinderdörfer“. Die Spenden an diese Fördervereine werden ausschließlich für den Aufbau von Kinderdörfern in den Entwicklungsländern verwendet. In diesem Zusammenhang wurde auch ein neues Finanzierungsprogramm geboren, die Patenschaft. Hier hatte jeder die Möglichkeit, die Patenschaft für ein SOS-Kinderdorfkind irgendwo auf der Welt zu übernehmen und auch mit diesem in direkten Kontakt zu treten. Tod und Nachruf Hermann Gmeiner selbst fühlte sich im Kinderdorf Imst zuhause. Dorthin kehrte er, vor allem nach seinen zahlreichen Auslandsreisen, immer wieder zurück. Das Kinderdorf Imst war auch seine Familie, da er aus Zeitmangel nie heiratete und keine eigenen Kinder hatte. Nach 37 Jahren Arbeit im Dienste benachteiligter Kinder starb Gmeiner im 66. Lebensjahr am 26. April 1986 in Innsbruck an Krebs. Seinem Wunsch entsprechend, wurde er im Kinderdorf Imst begraben, wo auch eine kleine Gedenkstätte an ihn erinnert. Bereits 1985 hat Gmeiner seinen Nachfolger bestellt: Helmut Kutin leitet seit dem Tod Gmeiners das weltweite Sozialwerk. Die SOS-Kinderdorf-Idee spannt einen Bogen der Menschlichkeit um die ganze Welt, quer über alle Gesellschaften, Religionen und Kulturen hinweg. Biografie Hermann Gmeiner Philipp Konrad 2010‐11 Seite 5 von 7 Der Mensch Hermann Gmeiner Hermann Gmeiner sprach nur seine Muttersprache und weigerte sich Fremdsprachen zu lernen. Dafür hatte er Übersetzer. Er erreichte sein Gegenüber durch seine Ausstrahlung und sein Charisma. Er sprach jeden auf Deutsch an und verständigte sich mit Gesten. Hermann Gmeiner hielt sich bei Staatsbesuchen nie an Protokolle sondern empfing die Gäste auf seine persönliche herzliche Art und brach damit sofort das Eis. Das war genau das was seinen Besuchern stets ein Lächeln entlockte und sie beeindruckte. Gmeiner hoffte im „Jahr des Kindes“ 1979 den Nobelpreis zu bekommen. Er erhoffte sich dadurch ein stärkeres bekannt werden des SOS-Kinderdorfes und dadurch einen weiteren Aufschwung seiner Idee. Trotz zahlreicher Empfehlungen anderer Friedensnobelpreisträger bekam „ Mutter Theresa“ den Preis. Obwohl Gmeiner sie sehr schätzte war er gekränkt und verband dies mit seinem Kriegseinsatz in Norwegen. Gmeiner sah sich als Vater aller Kinder im SOS-Kinderdorf. Er übernahm auch für viele von Ihnen die Patenschaft. Dafür das Gmeiner ledig blieb gibt es drei Gründe: Seine starke Mutterbindung (keine Frau konnte diesem Idealbild entsprechen), der permanente Zeitmangel aufgrund der vielen Reisen und die verpflichtende Vorbildwirkung für die unverheirateten Kinderdorf Mütter. Er litt sein Leben lang unter dieser Einsamkeit, gab es aber nur selten zu. Am Ende seines Lebens versuchte er dies mit Alkohol zu verdrängen. Kaum bekannt ist das Gmeiner während dem Krieg mit einer Deutschen aus Dresden verlobt war. Sie und ihre ganze Familie starben bei einem Bombenangriff auf Dresden. Gmeiner wollte seinen Geburtstag nie feiern und flüchtete lieber in eines der Kinderdörfer auf seinen Reisen. Zu seinem 65. Geburtstag ließ er sich überreden doch eine Feier zuzulassen . All die Glückwünsch, Ehrungen und Auszeichnungen nahm er zwar dankend an – „im Sinne der Guten Sache“- war aber zu bescheiden sie für sich selbst zu beanspruchen. Wirklich Freude empfand er jedoch bei all den kleinen selbst gebastelten Dingen die ihm „seine“ Kinder aus aller Welt schickten. Gutes zu tun wurde für den Menschen Gmeiner am Ende beinahe zu viel des Guten. Es waren die vielen Reisen, die ständigen Klima und Zeitwechsel und natürlich die immer größer werdende Verantwortung die Gmeiner in den letzten Jahren seines Lebens schwierig machten. Gmeiner war ein sehr religiöser und gläubiger Mensch. Der Glaube gab ihm zeitlebens Kraft und Stabilität. Für seine Botschaft war ausschlaggebend, dass allen die Richtung wichtig ist, von der man auf den Berg hinaufblickt, egal welchem Glauben man angehört. Somit hatte Gmeiner stets alle Religionen akzeptiert. Eines jener Prinzipien, mit denen Gmeiner seine Kinderdorf Idee weltweit und bis heute so erfolgreich machen konnte. Gmeiner hatte jahrelang Rückenschmerzen die er ertrug und als solche behandelt wurden. Erst kurz vor seinem Tod stellte sich heraus dass er Krebs im Endstadium hatte. Trotz der Übergabe der Präsidentschaft an seinen Ziehsohn Helmut Kutin konnte Gmeiner sein Projekt nie wirklich loslassen und erkundigte sich noch am Sterbebett nach den aktuellen Entwicklungen und Fortschritten von SOS-Kinderdorf. Biografie Hermann Gmeiner Philipp Konrad 2010‐11 Seite 6 von 7 Quellennachweis: Literatur Claudio J. Honsal, Für die Kinder dieser Welt – Hermann Gmeiner: Der Vater der SOS-Kinderdörfer – Die Biografie, Kösel Verlag München, 2009 Internet • Wikipedia, Suchbegriff: Hermann Gmeiner, http://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Gmeiner, 2010-11-03 • Homepage der Gemeinde Imst, http://www.imst.at/xxl/_area/437377/_subArea/437431/_lang/de/_articleId/452786/season/at 2/index.html, 2010-11-03 • Homepage der SOS-Kinderdörfer Weltweit, http://www.sos‐kinderdoerfer.de/informationen/ueber‐sos/geschichte/hermann‐ gmeiner/pages/default.aspx, 2010-11-03 • Homepage www.planet‐wissen.de, Onlinedatenbank der Rundfunksender WDR/SWR/BRalpha, http://www.planet‐ wissen.de/politik_geschichte/organisationen/kinderdoerfer/portraet_hermann_gmeiner.jsp, 2010-11-03 Abbildungen Abb. 01: Hermann Gmeiner mit zwei „seiner“ Kinder, http://ais.badische-zeitung.de/piece/00/d9/14/7d/14226557.jpg Biografie Hermann Gmeiner Philipp Konrad 2010‐11 Seite 7 von 7