Declamation Contest 2007

Transcription

Declamation Contest 2007
GERMAN: LEVEL I
NOTE: Students are required to recite from memory two poems: the Mandatory Selection, as
well as one from the other three poems under Second Selection.
Mandatory Selection
Die deutsche Sprache
Von: Friedrich von Logau
Kann die deutsche Sprache schnauben, schnarchen, poltern, donnern, krachen,
Kann sie auch spielen, scherzen, liebeln, gütteln, kürmeln, lachen.
Second Selection I
Tritte des Herbstes
Von: Marie Luise Kaschnitz
Du lieber Herbst
Das Laub
Noch heiß vom Sommer
Und leuchtet feurig
Dann im Wind
Die feinen
Knöchernen Tritte
Zweigauf
Zweigab.
Second Selection II
Rat für die Wildnis
Von: Zafer Şenocak
gehst du zum Wald
vergiß nicht
das Märchen
es wird dich verstecken
wenn du kein Haus
mehr findest
Clemson Poetry Declamation-2016-German-1
GERMAN: LEVEL I (cont’d)
Second Selection III
Du bist wie eine Blume
Von: Heinrich Heine
Du bist wie eine Blume
so hold und schön und rein;
ich schau' dich an, und Wehmut
schleicht mir ins Herz hinein.
Mir ist, als ob ich die Hände
aufs Haupt dir legen sollt',
betend, daß Gott dich erhalte
so rein und schön und hold.
Clemson Poetry Declamation-2016-German-2
GERMAN: LEVEL II
NOTE: Students are required to recite from memory two poems: the Mandatory Selection, as
well as one from the other three poems under Second Selection.
Mandatory Selection
An die Deutschen
Von: Friedrich Hölderlin
Spottet ja nicht des Kinds, wenn es mit Peitsch' und Sporn
Auf dem Rosse von Holz mutig und groß sich dünkt,
Denn, ihr Deutschen, auch ihr seid
Tatenarm und gedankenvoll.
Oder kömmt, wie der Strahl aus dem Gewölke kömmt,
Aus Gedanken die Tat? Leben die Bücher bald?
O ihr Lieben, so nehmt mich,
Daß ich büße, die Lästerung.
Second Selection I
Mir ist zu licht zum Schlafen ...
Von: Achim von Arnim
Mir ist zu licht zum Schlafen,
Der Tag bricht in die Nacht,
Die Seele ruht im Hafen,
Ich bin so froh erwacht.
Ich hauchte meine Seele
Im ersten Kusse aus,
Was ist’s, daß ich mich quäle
Ob sie auch fand ein Haus.
Sie hat es wohl gefunden
Auf ihren Lippen schön,
O welche sel’ge Stunden,
Wie ist mir so geschehn!
Was soll ich nun noch sehen?
Ach, alles ist in ihr.
Was fühlen, was erflehen?
Es ward ja alles mir.
Ich habe was zu sinnen,
Ich hab’, was mich beglückt:
In allen meinen Sinnen
Bin ich von ihr entzückt.
Clemson Poetry Declamation-2016-German-3
GERMAN: LEVEL II (cont’d)
Second Selection II
Der Panther
Von: Rainer Maria Rilke
Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.
Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.
Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille und hört im Herzen auf zu sein.
Second Selection III
Im Spätboot
Von: Conrad Ferdinand Meyer
Aus der Schiffsbank mach ich meinen Pfühl.
Endlich wird die heiße Stirne kühl!
O wie süß erkaltet mir das Herz!
O wie weich verstummen Lust und Schmerz!
Über mir des Rohres schwarzer Rauch
Wiegt und biegt sich in des Windes Hauch.
Hüben hier und wieder drüben dort
Hält das Boot an manchem flachen Port:
Bei der Schiffslaterne kargem Schein
Steigt ein Schatten aus und niemand ein.
Nur der Steurer noch, der wacht und steht!
Nur der Wind, der mir im Haare weht,
Schmerz und Lust erleiden sanften Tod.
Einen Schlummrer trägt das dunkle Boot.
Clemson Poetry Declamation-2016-German-4
GERMAN: LEVEL III
NOTE: Students are required to recite from memory two poems: the Mandatory Selection, as
well as one from the other three poems under Second Selection.
Mandatory Selection
Gefunden
Von: Johann Wolfgang von Goethe
Ich ging im Walde
So für mich hin,
Und nichts zu suchen,
Das war mein Sinn.
Im Schatten sah ich
Ein Blümchen stehn,
Wie Sterne leuchtend,
Wie Äuglein schön.
Ich wollt’ es brechen,
Da sagt’ es fein:
Soll ich zum Welken
Gebrochen sein?
Ich grub’s mit allen
Den Würzlein aus,
Zum Garten trug ich’s
Am hübschen Haus.
Und pflanzt’ es wieder
Am stillen Ort;
Nun zweigt es immer
Und blüht so fort.
Clemson Poetry Declamation-2016-German-5
GERMAN: LEVEL III (cont’d)
Second Selection I
Abseits
Von: Theodor Storm
Es ist so still; die Heide liegt
Im warmen Mittagssonnenstrahle,
Ein rosenroter Schimmer fliegt
Um ihre alten Gräbermale;
Die Kräuter blühn; der Heideduft
Steigt in die blaue Sommerluft.
Laufkäfer hasten durchs Gesträuch
In ihren goldnen Panzerröckchen,
Die Bienen hängen Zweig um Zweig
Sich an der Edelheide Glöckchen,
Die Vögel schwirren aus dem Kraut –
Die Luft ist voller Lerchenlaut.
Ein halbverfallen niedrig Haus
Steht einsam hier und sonnbeschienen,
Der Kätner lehnt zur Tür hinaus,
Behaglich blinzelnd nach den Bienen,
Sein Junge auf dem Stein davor
Schnitzt Pfeifen sich aus Kälberrohr.
Kaum zittert durch die Mittagsruh
Ein Schlag der Dorfuhr, der entfernten;
Dem Alten fällt die Wimper zu,
Er träumt von seinen Honigernten.
– Kein Klang der aufgeregten Zeit
Drang noch in diese Einsamkeit.
Clemson Poetry Declamation-2016-German-6
GERMAN: LEVEL III (cont’d)
Second Selection II
Rufe nicht
Von Hilde Domin
Lege den Finger auf den Mund.
Rufe nicht.
Bleibe stehen am Wegrand.
Vielleicht solltest du dich hinlegen
in den Staub.
Dann siehst du in den Himmel
und bist eins mit der Straße,
und wer sich umdreht nach dir
kann gehen als lasse er niemand zurück.
Es geht sich leichter fort,
wenn du liegst als wenn du stehst,
wenn du schweigst als wenn du rufst.
Sieh die Wolken ziehn.
Sei bescheiden, halte nichts fest.
Sie lösen sich auf.
Auch du bist sehr leicht.
Auch du wirst nicht dauern.
Es lohnt sich nicht Angst zu haben
vor Verlassenheit,
wenn schon der Wind steigt
der die Wolke verweht.
Second Selection III
Robinson
Von: Christa Reinig
manchmal weint er wenn die worte
still in seiner kehle stehn
doch er lernt an seinem orte
schweigend mit sich umzugehn
und erfindet alte dinge
halb aus not und halb im spiel
splittert stein zur messerklinge
schnürt die axt an einen stiel
kratzt mit einer muschelkante
seinen namen in die wand
und der allzu oft genannte
wird ihm langsam unbekannt
Clemson Poetry Declamation-2016-German-7
GERMAN: LEVEL IV/NATIVE
NOTE: Students are required to recite from memory two poems: the Mandatory Selection, as
well as one from the other three poems under Second Selection.
Mandatory Selection
Das Karussell (Jardin du Luxembourg)
Von: Rainer Maria Rilke
Mit einem Dach und seinem Schatten dreht
Sich eine kleine Weile der Bestand
Von bunten Pferden, alle aus dem Land,
Das lange zögert, eh es untergeht.
Zwar manche sind an Wagen angespannt,
Doch alle haben Mut in ihren Mienen:
Ein böser roter Löwe geht mit ihnen
Und dann und wann ein weißer Elefant.
Sogar ein Hirsch ist da ganz wie im Wald,
Nur daß er einen Sattel trägt und drüber
Ein kleines blaues Mädchen aufgeschnallt.
Und auf dem Löwen reitet weiß ein Junge
Und hält sich mit der kleinen heißen Hand,
Dieweil der Löwe Zähne zeigt und Zunge.
Und dann und wann ein weißer Elefant.
Und auf den Pferden kommen sie vorüber,
Auch Mädchen, helle, diesem Pferdesprunge
Fast schon entwachsen; mitten in dem Schwunge
Schauen sie auf, irgendwohin, herüber –
Und dann und wann ein weißer Elefant.
Und das geht hin und eilt sich, daß es endet,
Und kreist und dreht sich nur und hat kein Ziel.
Ein Rot, ein Grün, ein Grau vorbeigesendet,
Ein kleines kaum begonnenes Profil –.
Und manchesmal ein Lächeln, hergewendet,
Ein seliges, das blendet und verschwendet
An dieses atemlose blinde Spiel ...
Clemson Poetry Declamation-2016-German-8
GERMAN: LEVEL IV/NATIVE (cont’d)
Second Selection I
Angestellte
Von: Kurt Tucholsky
Auf jeden Drehsitz im Büro
da warten hundert Leute;
man nimmt, was kommt – nur irgendwo
und heute, heute, heute.
Drin schuften sie
wies liebe Vieh,
sie hörn vom Chef die Schritte.
Und murren sie, so höhnt er sie:
„Wenns Ihnen nicht paßt – bitte!“
Mensch, duck dich. Muck dich nicht zu laut!
Sie zahln dich nicht zum Spaße!
Halts Maul – sonst wirst du abgebaut,
dann liegst du auf der Straße.
Acht Stunden nur?
Was ist die Uhr?
Das ist bei uns so Sitte:
Mach bis um zehne Inventur ...
„Wenns Ihnen nicht paßt – bitte!“
Durch eure Schuld.
Ihr habt euch nie
geeint und nie vereinigt.
Durch Jammern wird die Industrie
und Börse nicht gereinigt.
Doch tut ihr was,
dann wirds auch was.
Und ists soweit,
dann kommt die Zeit,
wo ihr mit heftigem Tritte
und ungeahnter Schnelligkeit
herauswerft eure Obrigkeit:
„Wenns Ihnen nicht paßt –: bitte!“
Clemson Poetry Declamation-2016-German-9
GERMAN: LEVEL IV/NATIVE (cont’d)
Second Selection II
Wiegenlied
Von: Bertolt Brecht
Mein Sohn, was immer auch aus dir werde
Sie stehn mit Knüppeln bereit schon jetzt
Denn für dich, mein Sohn, ist auf dieser Erde
Nur der Schuttablagerungsplatz da, und der ist besetzt.
Mein Sohn, laß es dir von deiner Mutter sagen:
Auf dich wartet ein Leben, schlimmer als die Pest.
Aber ich habe dich nicht dazu ausgetragen
Daß du dir das einmal ruhig gefallen läßt.
Was du nicht hast, das gib nicht verloren.
Was sie dir nicht geben, sieh zu, daß du’s kriegst.
Ich, deine Mutter, habe dich nicht geboren
Daß du einst des Nachts unter Brückenbogen liegst.
Vielleicht bist du nicht aus besonderem Stoffe
Ich habe nicht Geld für dich noch Gebet
Und ich baue auf dich allein, wenn ich hoffe
Daß du nicht an Stempelstellen lungerst und deine Zeit vergeht.
Wenn ich nachts schlaflos neben dir liege
Fühle ich oft nach deiner kleinen Faust.
Sicher, sie planen mit dir jetzt schon Kriege Was soll ich nur machen, daß du nicht ihren dreckigen Lügen
traust?
Deine Mutter, mein Sohn, hat dich nicht betrogen
Daß du etwas ganz Besonderes seist
Aber sie hat dich auch nicht mit Kummer aufgezogen
Daß du einst im Stacheldraht hängst und nach Wasser schreist.
Mein Sohn, darum halte dich an deinesgleichen
Damit ihre Macht wie ein Staub zerstiebt.
Du, mein Sohn, und ich und alle unsresgleichen
Müssen zusammenstehn und müssen erreichen
Daß es auf dieser Welt nicht mehr zweierlei Menschen gibt.
Clemson Poetry Declamation-2016-German-10
GERMAN: LEVEL IV/NATIVE (cont’d)
Second Selection III
Wiegenlied
Von: Georg Herwegh
Schlafe, was willst du mehr?
Goethe*
Deutschland – auf weichem Pfühle
Mach dir den Kopf nicht schwer!
Im irdischen Gewühle
Schlafe, was willst du mehr?
Laß jede Freiheit dir rauben,
Setze dich nicht zur Wehr,
Du behältst ja den christlichen Glauben
Schlafe, was willst du mehr?
Und ob man dir alles verböte,
Doch gräme dich nicht zu sehr,
Du hast ja Schiller und Goethe:
Schlafe, was willst du mehr?
Dein König beschützt die Kamele
Und macht sie pensionär,
Dreihundert Taler die Seele:
Schlafe, was willst du mehr?
Es fechten dreihundert Blätter
Im Schatten, ein Sparterheer;
Und täglich erfährst du das Wetter:
Schlafe, was willst du mehr?
Kein Kind läuft ohne Höschen
Am Rhein, dem freien, umher:
Mein Deutschland, mein Dornröschen,
Schlafe, was willst du mehr? –
_________________________________
*Students are not supposed to read the dedication.
Clemson Poetry Declamation-2016-German-11