Vergaberecht Bietergemeinschaften
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Vergaberecht Bietergemeinschaften
RAin Silke Neugebohrn Bietergemeinschaften und Vergaberecht Stand: Dezember 2008 Literaturverzeichnis Daub, Walter/ Eberstein, Hans Hermann, Kommentar zur VOL/A, begründet von Walter Daub und Rudolf Meierrose, fortgeführt und herausgegeben in 5., völlig neu bearbeiteter Auflage 2000 von Hans Hermann Eberstein, Werner Verlag Düsseldorf, zitiert als: Bearbeiter in Daub/Eberstein, VOL/A, §, Rn. Immenga, Ulrich/ Mestmäcker, Ernst-Joachim, Wettbewerbsrecht, Band 2 GWB, Kommentar zum Deutschen Kartellrecht, 4. Auflage, Beck Verlag München 2007, zitiert als: Bearbeiter in Immenga/ Mestmäcker, GWB, §, Rn. Kulartz, Hans-Peter/ Marx, Friedhelm/ Portz, Norbert/ Prieß, Hans-Joachim (Hrsg.), Kommentar zur VOL/A, Werner Verlag Köln, 2007, zitiert als: Bearbeiter in Kulartz, VOL/A, §, Rn. Müller-Wrede, Malte, Verdingungsordnung für Leistungen VOL/A, Kommentar, Bundesanzeiger Verlag, 2. Auflage 2007, zitiert als: Bearbeiter in Müller-Wrede, VOL/A, §, Rn. Noch, Rainer, Vergaberecht kompakt – Handbuch für die Praxis, 4. Auflage, Werner Verlag Düsseldorf 2008, zitiert: Noch, VergR kompakt, S. X Ohrtmann, Nicola „Bietergemeinschaften – Chancen und Risiken“ in Zeitschrift für das gesamte Vergaberecht 2008, S. 426 ff. , zitiert als: Ohrtmann, VergR 2008, 426, X 2 Gliederung A. Zulässigkeit von Bietergemeinschaften und Bezeichnung 4 B. Vorliegen einer Bietergemeinschaft 5 C. Rechtsform 7 D. Formalia bei Angeboten von Bietergemeinschaften E. Bestand von Bietergemeinschaften 8 I. Zulässigkeit eines Bestandswechsels 1. Verfahrensarten ohne Teilnahmewettbewerb 9 2. Vergabeverfahren mit Teilnahmewettbewerb II. Vorliegen eines Bestandswechsels 10 1. OLG Celle – erneute Eignungsprüfung 11 a) Kein Wechsel in der Identität der Bietergemeinschaft b) Möglicher Wegfall der Eignung 12 2. OLG Düsseldorf – Ausschluss der Bietergemeinschaft 3. Bewertung III. 14 Bestandswechsel nach Zuschlagserteilung 16 F. Wettbewerbsrechtliche Grenzen I. Wettbewerbsbeschränkung II. Wettbewerbswidrige Abrede 19 G. Eignungsprüfung bei Bietergemeinschaften 20 H. Vergaberechtsschutz I. Antragsbefugnis im Nachprüfungsverfahren II. Ordnungsgemäße Rüge 24 3 A. Zulässigkeit von Bietergemeinschaften und Bezeichnung Bei Ausschreibungen ist es durchaus üblich bzw. je nach Komplexität und Umfang des Ausschreibungsgegenstandes sogar erforderlich, dass nicht nur einzelne Bieter ein Angebot abgeben, sondern sich mehrere Bieter für die Auftragsdurchführung zusammenschließen und ein gemeinschaftliches Angebot abgeben. Die Möglichkeit solcher Zusammenschlüsse entspricht der vergaberechtlichen Maxime des Mittelstandsschutzes. Nach § 97 Abs. 3 GWB sind mittelständische Interessen zwar vornehmlich durch die Teilung der Aufträge in Lose zu berücksichtigen. Wo dies nicht möglich mittelständische Großaufträge oder nicht Unternehmen im Rahmen wirtschaftlich jedoch einer die ist, haben Möglichkeit, Bietergemeinschaft durchzuführen1. Ihre Zulässigkeit solcher Zusammenschlüsse ergibt sich aus § 7 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A bzw. § 25 Nr. 6 VOB/A, wonach Bietergemeinschaften Einzelbietern gleichzusetzen sind. Eine einheitliche Terminologie existiert im Vergaberecht nicht, in § 25 Nr. 6 VOB/A ist von „Bietergemeinschaften“ die Rede, in § 7 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A von „Arbeitsgemeinschaften“ und „anderen gemeinschaftlichen Bietern“. In der Praxis haben sich jedoch auch im Bereich der VOL/A die Begriffe „Bietergemeinschaft“ bzw. herausgebildet.2 „Bewerbergemeinschaft“ Als Bewerbergemeinschaft ist dabei die gemeinschaftliche Teilnahme mehrerer Unternehmen im Rahmen eines vorgeschalteten Teilnahmewettbewerbs zu verstehen, in dem es nur Bewerber, jedoch noch keine Angebote und daher auch noch keine Bieter gibt, als Bietergemeinschaft gemeinschaftliche Bewerber, die ein gemeinsames Angebot abgeben.3 In der älteren Literatur zu § 7 VOL/A wurden als „Arbeitsgemeinschaften“ Zusammenschlüsse von mindestens zwei Unternehmen auf vertraglicher Grundlage 1 VK Thüringen, Beschl. v. 16.02.2007 – 360-4003.20-402/2007-001-UH-; VK Bund Beschl. v. 01.02.2001 – VK 1-1/012 Hausmann in Kulartz, VOL/A, § 7 Rn. 83 3 Hausmann in Kulartz, VOL/A, § 7 Rn. 83 4 zur Übernahme und Durchführung größerer Aufträge, die über die Leistungsfähigkeit eines Einzelbetriebs hinausgehen, angesehen.4 Unter den „anderen gemeinschaftlichen Bewerbern“ wurden im Umkehrschluss hierzu alle Gemeinschaften verstanden, die zwar ein gemeinsames Angebot abgeben, sich jedoch erst im Fall des Zuschlags vertraglich zusammenschließen5. Diese begriffliche Differenzierung hat jedoch kaum praktische Relevanz, da sämtliche Zusammenschlüsse in der Regel Gesellschaften des bürgerlichen Rechts gemäß §§ 705 ff. BGB darstellen. B. Vorliegen einer Bietergemeinschaft Eine Bietergemeinschaft bzw. sonstige gemeinschaftliche Bewerbung liegt nur dann vor, wenn dies auch nach außen zu Tage tritt, die Gemeinschaft also in der Bewerbung offengelegt wird6. Keine Bietergemeinschaft liegt vor, wenn einer der Partner ganz im Hintergrund bleibt und weder als Bewerber im Teilnahmeantrag noch als Bieter im Angebot genannt ist, auch wenn beide Partner alle Festlegungen bzgl. Bewerbung bzw. Angebot gemeinsam treffen und nach ihrer Vereinbarung auch das wirtschaftliche Risiko gemeinsam tragen; diese schuldrechtliche Vereinbarung hat mangels Außenwirkung keine rechtlichen Konsequenzen gegenüber dem Auftraggeber.7 Ebenfalls liegt keine Bietergemeinschaft vor, wenn sich zwar mehrere Unternehmen zur gemeinsamen Teilnahme am Vergabeverfahren zusammenschließen, jedoch nur ein Unternehmen als Bieter auftritt und die anderen nur als Subunternehmer eingebunden sind.8 Die Abgrenzung der Bietergemeinschaft zum Generalunternehmer mit Subunternehmern ist für den Auftraggeber sowohl aufgrund des Erfordernisses eines unterschriebenen Angebots als auch bzgl. 4 Zdzieblo in Daub/Eberstein, VOL/A, § 7 Rn. 34 Müller-Wrede in Müller-Wrede, VOL/A, § 7 Rn. 13 6 Hausmann in Kulartz, VOL/A, § 7 Rn. 86 7 Hausmann in Kulartz, VOL/A, § 7 Rn. 87 8 Hausmann in Kulartz, VOL/A, § 7 Rn. 88 5 5 der Haftung für die ordnungsgemäße Ausführung des Auftrags wichtig. Nach § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A bzw. § 21 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A ist ein nicht unterschriebenes Angebot zwingend vom Verfahren auszuschließen. Bei Vorliegen einer Bietergemeinschaft ist die Unterschrift von sämtlichen Mitgliedern zu leisten, sofern nicht der unterschreibende Unternehmer von den übrigen Mitgliedern ordnungsgemäß bevollmächtigt ist. Liegt ein Angebot eines Generalunternehmers mit Subunternehmern vor, genügt die Unterschrift des Generalunternehmers. Da in diesem Fall auch allein zwischen Generalunternehmer und Auftraggeber eine vertragliche Bindung vorliegt und folglich nur der Generalunternehmer zur Leistungserbringung verpflichtet ist, haftet auch allein dieser für die fristgerechte und mangelfreie Ausführung des gesamten Auftrags einschließlich der durch Subunternehmer zu erbringenden Bestandteile. Die Subunternehmer sind nur dem Generalunternehmer gegenüber verpflichtet. Eine Bietergemeinschaft ist nach § 25 Nr. 6 VOB/A bzw. § 7 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A einem Einzelbieter mit den entsprechenden Rechten und Pflichten gleichzusetzen, sodass die Mitglieder gegenüber dem Auftraggeber gemeinsam auftreten, gesamtschuldnerisch haften und gemeinschaftlich gegenüber dem Auftraggeber vertraglich gebunden sind9. Ob ein Angebot einer Bietergemeinschaft oder eines Generalunternehmers vorliegt, ist nicht immer eindeutig. Es ist daher nach §§ 133, 157 BGB auszulegen, wobei maßgeblich ist, welchen objektiven Erklärungswert es unter Berücksichtigung aller einem objektiven Empfänger bekannten Umstände hat10. Zu berücksichtigen sind dabei sowohl die objektive Interessenlage der Beteiligten als auch außerhalb der Erklärung liegende Umstände soweit 9 sie , wie zB Vorkorrespondenz oder VK Bund, Beschl. v. 04.10.2004 – VK 3-152/04 OLG Celle, Beschl. v. 05.09.2007 – 13 Verg 9/07 10 6 Geschäftsgepflogenheiten, Rückschlüsse auf das Gewollte zulassen11. C. Rechtsform Die Rechtsform einer Bietergemeinschaft ist grundsätzlich frei wählbar. Auftraggeber können die Annahme einer bestimmten Rechtsform der Bietergemeinschaft nur für den Fall der Auftragsvergabe fordern und nur, wenn dies für die ordnungsgemäße Durchführung notwendig ist. Für Bauleistungen ergibt sich dies aus § 6 Abs. 2 Nr. 1 VgV und § 8a Nr. 8 VOB/A, im Bereich der VOL/A § 7a Nr. 3 Abs. 7 und § 7 b Nr. 4), für freiberufliche Leistungen aus § 7 Abs. 4 VOF. Diese Vorschriften gelten unmittelbar zwar nur oberhalb der Schwellenwerte, jedoch ist kein sachlicher Grund ersichtlich, aus dem es bei Vergaben im Unterschwellenbereich zulässig sein sollte, die Bildung einer bestimmten Rechtsform schon vor Zuschlagserteilung vorzugeben, ohne dass dafür zumindest ein sachlicher Grund besteht12. Es ist daher davon auszugehen, dass auch unterhalb der Schwellenwerte die Rechtsform mit den genannten Einschränkungen frei wählbar ist. D. Formalia bei Angeboten von Bietergemeinschaften Nach § 21 Nr. 5 VOB/A und § 21 Nr. 4 VOL/A sind sämtliche Mitglieder eine Bietergemeinschaft im Angebot zu benennen und eines der Mitglieder als bevollmächtigter Vertreter für den Abschluss und die Durchführung des Vertrags zu bezeichnen. Davon zu unterscheiden ist das Erfordernis nach § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A bzw. § 21 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A, dass Angebote unterschrieben sein müssen. Dieses Erfordernis gilt auch für Nebenangebote13. Fehlt die Unterschrift, ist das Angebot nach § 25 Nr.1 Abs. 1 b) VOB/A bzw. § 25 Nr. 1 Abs. 1 b) VOL/A zwingend vom Wettbewerb auszuschließen. Bei 11 OLG Koblenz, Beschl. v. 08.02.2001 – 1 Verg 5/00 Hausmann in Kulartz, VOL/A, § 7 Rn. 86 13 OLG Thüringen, Beschl. v. 13.10 1999 – 6 Verg 1/99 12 7 Bietergemeinschaften müssen grundsätzlich alle Mitglieder das Angebot unterschreiben, da gemäß § 709 Abs. 1 BGB alle Mitglieder haben14. Außenvertretungsmacht Eine andere Möglichkeit ist die schriftliche und von sämtlichen Mitgliedern der Bietergemeinschaft unterzeichnete Bevollmächtigung eines Mitglieds der Bietergemeinschaft zur Abgabe des Angebots für alle andere Mitglieder15. Das bevollmächtigte Mitglied muss das Angebot dann im Namen der Bietergemeinschaft unterschreiben16. E. Bestand von Bietergemeinschaften Fraglich ist, zu welchem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens die genaue Zusammensetzung einer Bietergemeinschaft feststehen muss, welche Konstellationen einen Bestandswechsel darstellen und inwieweit ein solcher bei Bietergemeinschaften zulässig ist – sowohl betreffend die nachträgliche Bietergemeinschaften als auch die Bildung von Änderung der Zusammensetzung von Bietergemeinschaften. Rechtsfolge eines unzulässigen Bestandswechsels ist der Ausschluss des Angebots nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 a) VOB/A bei Bauleistungen. Im Rahmen der VOL/A erfolgt der Ausschluss nach §25 Nr. 1 Abs. 1 d) – sofern ein Bestandswechsel in den Verdingungsunterlagen ausdrücklich untersagt waren -, e) – sofern der Bestandswechsel nach Ablauf der Angebotsfrist stattfindet und das Angebot daher verspätet war - oder f) VOL/A – insbesondere wenn der Bestandswchsel nach Abschluss des Teilnahmewettbewerbs und Angebotsabgabe stattfindet17. I. Zulässigkeit eines Bestandswechsels Die Zulässigkeit eines Bestandswechsels hängt vom genauen Zeitpunkt seines Eintritts und der Art des jeweiligen Vergabeverfahrens ab. 14 OLG Thüringen, Beschl. v. 13.10.1999 – 6 Verg 1/99 Ohrtmann, VergR 2008, 426, 428 16 VK Köln, Beschl.v. 25.02.2005 – VK VOL 48/2004 17 VK Brandenburg, Beschl. v. 18.07.2001 – 1 VK 55/01 15 8 1. Verfahrensarten ohne Teilnahmewettbewerb In den Verfahrensarten ohne vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb – dem offenen Verfahren bzw. der öffentlichen Ausschreibung und zT auch der beschränkten Ausschreibung - bilden die Angebotsabgabe und der Ablauf der Angebotsfrist die zeitliche Grenze für die Zulässigkeit18. Begründung ist, dass nach § 18 Nr. 3, § 19 Nr. 3 VOB/A bzw. § 18 Nr. 3, § 19 Nr. 3 VOL/A die Angebote nach Abgabe verbindlich sind und inhaltlich nicht mehr geändert werden dürfen, wobei die Bieter Bestandteil des Angebotes sind, sodass ein Wechsel eine unzulässige Angeboständerung darstellt. Teilweise wird dies auch mit dem Verhandlungsverbot gemäß § 24 Nr. 2 VOL/A begründet, das auch die Identität des Bieters und die Zusammensetzung von Bietergemeinschaften umfasst19. Im Umkehrschluss ist ein Wechsel in der Zusammensetzung einer Bietergemeinschaft vor Ablauf der Angebotsfrist zulässig. Auch dürfen sich Unternehmen, die einzeln und unabhängig voneinander unter Zusendung der Verdingungsunterlagen zur Angebotsabgabe aufgefordert wurden, sich bis zum Ablauf der Angebotsfrist zu Bietergemeinschaften zusammenschließen20. Eine Einschätzung, ob sie sich an dem Vergabeverfahren im Rahmen einer Bietergemeinschaft oder allein beteiligen wollen, kann oft erst nach Kenntnis der Verdingungsunterlagen getroffen werden, aus denen sich die genauen Anforderungen des ausgeschriebenen Auftrags ergeben21. 2. Vergabeverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb Ist dem Vergabeverfahren ein Teilnahmewettbewerb vorgeschaltet – beim nichtoffenen Verfahren, zT bei der beschränkten 18 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.05.2005 – Verg 28/05 OLG Düsseldorf Beschl. v. 26.01.2005 – VII – Verg 45/04 20 Ohrtmann in VergR 2008, 426, 434 21 VK Thüringen, Beschl. v. 13.02.2003 – 216-4002.20-003/03-EF-S19 9 Ausschreibung oder beim Verhandlungsverfahren – ist ein Wechsel bereits ab Ablauf der Teilnahmefrist und Aufforderung zur Angebotsabgabe unzulässig22. Grund ist, dass nur die Unternehmen bzw. Bietergemeinschaften ein Angebot abgeben dürfen, die sich zuvor präqualifiziert haben und zur 23 Angebotsabgabe aufgefordert wurden . Dies gilt auch, wenn sich zwei Bewerber zusammenschließen wollen, die sich beide einzeln präqualifiziert haben24, da dann der Wettbewerb durch die Verringerung der Anzahl der Bieter eingeschränkt wird25. Auch müsste der Auftraggeber bei nachträglichem Bestandswechsel erneut in die Eignungsprüfung eintreten, was gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen würde26. II. Vorliegen eines Bestandswechsels In welchen Fällen von einem solchen Bestandswechsel auszugehen ist, wird unterschiedlich beurteilt. Als unkritisch für die Wahrung der Identität einer Bietergemeinschaft wurde vom OLG Schleswig erachtet, wenn ein Mitgliedsunternehmen in Rechtsform einer GmbH auf eine Aktiengesellschaft verschmolzen wird, da eine solche Verschmelzung nach § 20 UmwG, dass die Aktiengesellschaft an die Stelle der früheren GmbH tritt27. In dem konkreten Fall hatte die Aktiengesellschaft überdies ausdrücklich erklärt, die Verpflichtungen der früheren GmbH zu übernehmen und die Bietergemeinschaft fortzuführen, sodass das OLG Schleswig die Identität der Bietergemeinschaft als fortbestehend erachtete28. Das OLG Düsseldorf hat in einem ähnlich gelagerten Fall der Verschmelzung eines Unternehmens nach § 20 UmwG anders entschieden29. § 20 UmwG habe zwar keine zivilrechtlichen Auswirkungen auf den Bestand eines Angebots, 22 OLG Hamburg, Beschl. v. 02.10.2002 – 1 Verg 1/100 VK Köln Beschl. v. 30.09.2003 – VK VOB 27/2003 24 VK Köln Beschl. v. 30.09.2003 – VK VOB 27/2003 25 VK Köln Beschl. v. 30.09.2003 – VK VOB 27/2003 26 Hausmann in Kulartz, VOL/A, § 7 Rn. 97 27 OLG Schleswig, Beschl. v. 13.04.2006 – 1 (6) Verg 10/05 28 OLG Schleswig, Beschl. v. 13.04.2006 – 1 (6) Verg 10/05 29 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18.10.2006 – VII-Verg 30/06 23 10 vergaberechtlich führe der Identitätswechsel jedoch zu einer inhaltlichen Angebotsänderung, was mit dem Transparenzgebot und dem Nachverhandlungsverbot kollidiere und so zum zwingenden Ausschluss führe30. Auch der Fall der Insolvenz eines Mitglieds einer Bietergemeinschaft wird in der Rechtsprechung nicht einheitlich beurteilt. Auch hier setzt das OLG Düsseldorf strenge Maßstäbe, die im Gegensatz vor allem zur Auffassung des OLG Celle stehen. 1. OLG Celle – erneute Eignungsprüfung Das OLG Celle entschied in seinem Beschluss vom 05.09.2007, dass der Auftraggeber die Eignung einer Bietergemeinschaft nach der zwischenzeitlich Konsortialmitglieds erneut eingetretenen zu prüfen Insolvenz habe, eines anstatt die Bietergemeinschaft nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 a) VOB/A auszuschließen31. Die Argumentation erfolgt in zwei Schritten. a) Kein Wechsel in der Identität der Bietergemeinschaft Unumstritten ist zunächst, dass bei einer Veränderung der Person des Bieters, der das ursprünglich zum Submissionstermin vorgelegte Angebot abgegeben hat, hin zu einer ganz anderen Person, ein anderes Angebot vorliegt32. Die Vertragsparteien stellen ein so wesentliches Angebotsmerkmal dar, dass die Veränderung in der Person des Bieters hin zu einer anderen Person auch ein anderes Angebot bedeutet. Konsequenz dafür, dass das Angebot im Eröffnungstermin dem Verhandlungsleiter bei Öffnung des ersten Angebots noch nicht vorgelegen hat, ist der zwingende Ausschluss des Angebots nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 a) VOB/A. Bei Insolvenz eines der Mitglieder einer Bietergemeinschaft ist zwar nach § 728 Abs. 2 Satz 1 BGB die Auflösung der Gesellschaft vorgesehen. Dies gilt jedoch nicht für den Fall einer vertraglichen Fortsetzungsklausel nach § 736 BGB. 30 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18.10.2006 – VII-Verg 30/06 OLG Celle, Beschl. v. 05.09.2007 – 13 Verg 9/07 32 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18.10.2006 – VII-Verg 30/0631 11 Ist also im Gesellschaftsvertrag vorgesehen, dass im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer der Gesellschafter die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehen soll, scheidet lediglich der insolvente Gesellschafter aus. Der Mitgliederbestand der Bietergemeinschaft verändert sich in einem solchen Fall also, die GbR bleibt jedoch nach außen als solche bestehen. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH zur (Außen-) GbR33 ist auch die Bietergemeinschaft nach Auffassung des OLG Celle als teilrechtsfähiges Zuordnungsobjekt der vergaberechtlichen Rechtsbeziehungen mit dem Auftraggeber einzustufen. Konsequenz Mitgliederbestand keinen ist, dass Einfluss ein auf Wechsel die mit im der Bietergemeinschaft bestehenden Rechtsbeziehungen hat34. Wie bei einem Wechsel im Gesellschafterbestand einer juristischen Person im Vergabeverfahren, der nicht nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 a) VOB/A berücksichtigt werden muss35, wenn die Gesellschaft als solche bestehen bleibe, führe auch der Wegfall eines Mitglieds einer Bietergemeinschaft nicht zu einem anderen Angebot, wenn die Bietergemeinschaft selbst fortgeführt werde. Bleibt also die Identität der Bietergemeinschaft als GbR erhalten, liegt keine unzulässige Angebotsänderung vor36. b) Möglicher Wegfall der Eignung Die Eignung der Bietergemeinschaft ist jedoch erneut zu prüfen. Scheidet ein Mitglied einer Bietergemeinschaft aus, reduziert sich die fachliche und personelle Leistungsfähigkeit der Bietergemeinschaft sowie deren Haftungsmasse. Dies kann sich auf die Eignung auswirken, die im Rahmen der zweiten Wertungsstufe nach § 25 Nr. 2 VOB/A zu prüfen ist. Ob die Eignung tatsächlich wegfällt, ist im Einzelfall zu überprüfen und eine ungeeignet gewordene Bietergemeinschaft nachträglich vom 33 BGH, Urteil v. 29.01.2001 – II ZR 331/00 OLG Celle, Beschl. v. 05.09.2007 – 13 Verg 9/07 35 VK Hessen, Beschl. v. 28.06.2005 – 69 d VK 07/2005 36 VK Hessen, Beschl. v. 28.06.2005 – 69 d VK 07/2005 34 12 Verfahren auszuschließen37. Dies sieht § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOB/A zum einen für Verfahrensarten mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb vor. Zum anderen kann der Auftraggeber nicht gezwungen sein, den Zuschlag sehenden Auges einem ungeeigneten Bieter zu erteilen38. Für eine erneute Eignungsprüfung spricht zudem die gebotene Gleichbehandlung von Einzelbietern und Bietergemeinschaften. Die Insolvenz eines Einzelbieters stellt keinen zwingenden Ausschlussgrund dar. Dies ergibt sich aus § 8 Nr. 5 Abs. 1 a) VOB/A i.V.m. § 25 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A bzw. § 7 Nr. 5 a) VOL/A i.V.m. § 25 Nr. 1 Abs. 2 b) VOL/A bzw. § 11 Abs. 4 a) VOF. Diese Tatbestände ziele darauf ab, dass beim Vorliegen bestimmter Merkmale Bieter oder Bewerber keine ausreichende Gewähr mehr dafür bieten, den Auftrag ordnungsgemäß ausführen zu können. Diese Merkmale sind in einem typisierenden Sinn zu verstehen, sodass der Auftraggeber in jedem Einzelfall zu überprüfen hat, ob das betroffene Unternehmen trotz Vorliegen eines dieser Merkmale ausreichend fachkundig, leistungsfähig und zuverlässig ist, um die in der Vergabebekanntmachung angegebenen Anforderungen zu erfüllen und die erforderliche Sicherheit bietet, die vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen39. Wenn jedoch schon der Ausschluss eines insolventen Einzelunternehmens nicht zwingend ist, kann dies erst recht nicht für das Ausscheiden eines einzelnen Bieters aus einer ansonsten intakten Bietergemeinschaft gelten. Ein solches Vorgehen stünde zudem der vergaberechtlichen Maxime einer weitest möglichen Wettbewerbsöffnung diametral entgegen40. 2) OLG Düsseldorf – Ausschluss der Bietergemeinschaft Nach Auffassung des OLG Düsseldorf stellt eine Umgestaltung in der Zusammensetzung einer Bietergemeinschaft grundsätzlich 37 VK Hessen, Beschl. v. 28.06.2005 – 69 d VK 07/2005 OLG Celle, Beschl. v. 05.09.2007 – 13 Verg 9/07 39 Zdzieblo in Daub/Eberstein, VOL/A, 5. Aufl., § 7 Rn. 67; Müller-Wrede, VOL/A, § 7 Rn. 39 40 OLG Celle, Beschl. v. 05.09.2007 – 13 Verg 9/07 38 13 eine unzulässige Angebotsänderung dar41. Das Verbot der § 24 Nr. 3 VOB/A bzw. § 24 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A erstreckt sich wegen der ansonsten erheblichen Wettbewerbseinflüsse auch auf Änderungen in der Person des Bieters und an der Zusammensetzung einer Bietergemeinschaft nach Angebotseinreichung und –eröffnung und vor Zuschlagserteilung42. Das OLG Düsseldorf führt bei der Auslegung der nationalen Vorschriften der §§ 24 Nr. 3, 18 Nr. 3, 19 Nr. 3 VOB/A auch die Rechtsrechung des EuGH zur Auslegung des Art. 21 der Richtlinie 93/37 EWG in der Rechtssache „Makedoniko Metro u. Michaniki AE“43 an, wonach die Richtlinie einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die es untersagt, die Zusammensetzung einer Bietergemeinschaft, die an einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Bauauftrags teilnimmt, nach Abgabe der Angebote zu ändern, da die Regelung der Zusammensetzung einer Bietergemeinschaft in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten falle. 3. Bewertung Gegen die Auffassung des OLG Düsseldorf spricht, dass § 24 Nr. 3 VOB/A bzw. § 24 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A nicht die Zusammensetzung der Bietergemeinschaft regeln, sondern das Verhandlungsverbot über den Angebotsinhalt. Folgt man der Überlegung des OLG Celle, dass die Identität der Bietergemeinschaft bei vereinbarter Fortsetzungsklausel ihre Identität nicht ändert, betrifft das Ausscheiden eines Gesellschafters nicht das Angebot selbst, sondern die Eignung der Bietergemeinschaft. Vor diesem Hintergrund ist die Auffassung des OLG Düsseldorf, das Verbot der Angebotsänderung erstrecke sich auch auf die Zusammensetzung der Bietergemeinschaft, sehr weitgehend44. 41 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.05.2005 – VII-Verg 28/05OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.05.2005 – VII –Verg 28/05 43 - Rs. C 57/01-; VergR 2003, 155, 161, Rn. 63 44 Ohrtmann, VergR 2008, 426, 437 42 14 Dem Einwand des OLG Düsseldorf, es seien erhebliche Wettbewerbseinflüsse45 bzw. Transparenz46 mangelnde zu befürchten kann - u.a. mit einer eigenen Entscheidung entgegengehalten werden, dass es Sache der Bietergemeinschaft selbst ist, etwaige Zweifel an der erforderlichen Eignung auszuräumen47. Die Bietergemeinschaft ist zur unaufgeforderten und unverzüglichen Darlegung ihrer fortbestehenden Eignung nach dem Wechsel der Mitglieder verpflichtet; unterlässt die dies, ist unabhängig von sonstigen Eignungsmerkmalen ihre Zuverlässigkeit zweifelhaft48. Der Auftraggeber kann das Angebot ausschließen, wenn die Bietergemeinschaft ihm nicht unverzüglich und von sich aus darlegt, dass die Bietergemeinschaft identitätswahrend fortgesetzt wird und die Eignung weiterhin besteht49. Für die Auffassung des OLG Düsseldorf, bei jeglichem Bestandswechsel zwischen Angebotsabgabe und Zuschlagserteilung das Angebot zwingend auszuschließen, spricht, dass diese Handhabung aus Sicht des Auftraggebers praxistauglicher und leichter handhabbar ist50. Dagegen spricht jedoch wieder der wettbewerbliche Aspekt – bei umfangreichen und aufwändigen Verfahren mit längerer Laufzeit ist je nach Anzahl der eingegangenen Angebot der Schaden durch dne Ausschluss eines Angebots für den Auftraggeber uU größer. Die Auffassung des OLG Celle ist damit vorzuziehen. Diese Beurteilung gilt jedoch nicht für die Fälle, dass neue Mitglieder einer Bietergemeinschaft hinzukommen. Werden neue Mitglieder in eine Bietergemeinschaft aufgenommen, die bislang nicht am Vergabeverfahren beteiligt waren, stellt dies eine Ungleichbehandlung und Wettbewerbsverzerrung gegenüber den 45 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.05.2005 – VII-Verg 28/05 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18.10.2006 – VII-Verg 30/06 47 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 26.01.2005 – VII-Verg 45/04 48 VK Hessen, Beschl. v. 28.06.2005 – 69 d VK 07/2005 49 Ohrtmann, VergR 2008, 426, 439 50 Ohrtmann, VergR 2008, 426, 438 46 15 Bietern dar, die sich nach den einzuhaltenden Fristen und anderen Vorgaben des Verfahrens gerichtet haben dar51. Das Auswechseln von Altmitgliedern der Bietergemeinschaft durch neue Unternehmen oder die Aufnahme zusätzlicher Unternehmen nach Abschluss des Teilnahmewettbewerbs bzw. Angebotsabgabe ist wegen Verstoßes gegen § 97 Abs. 1 und 2 GWB unzulässig52 III. Bestandswechsel nach Zuschlagserteilung Nach Zuschlagserteilung ist die Zulässigkeit eines Bestandswechsels zumeist eine vertragsrechtliche Frage, die gewöhnlich durch ausgeschriebenen entsprechende Verträgen geregelt Klauseln 53 wird . in den Auch eine Vertragsübernahme durch einen anderen Auftragnehmer oder Gesellschafter der Projektgesellschaft, ggf. nach § 415 BGB, erscheint nicht generell unzulässig54. Jedoch wurde die gezielte Weitergabe eines Auftrags unmittelbar nach Ersteilung des Zuschlags für vergaberechtlich unzulässig gehalten und für diesen Fall eine Neuausschreibung gefordert55. Hier habe der öffentliche Auftraggeber die Vertragsübernahme mitgestaltet, weswegen diese als neuer Beschaffungsvorgang anzusehen sei; eine Ausnahme von dieser Rechtsprechung wird jedoch gemacht, wenn ein Vertrag an ein konzernverbundenes Unternehmen übergeleitet wird56. F. Wettbewerbsrechtliche Grenzen I. Wettbewerbsbeschränkung Zusammenschlüsse zu Bewerber- bzw. Bietergemeinschaften dürfen nicht zu einer Wettbewerbsbeschränkung nach § 1 GWB führen. Wann eine Bewerber- bzw. Bietergemeinschaft aus wettbewerbsrechtlichen Gründen unzulässig ist, hängt von den 51 Ohrtmann, VergR 2008, 426, 439 Ohrtmann, VergR 2008, 426, 439 53 Hausmann in Kulartz, VOL/A, § 7 Rn. 101 54 OLG Frankfurt/M. Beschl..v. 05.08.2003 – 11Verg 2/02;,Rittwage 55 VK Bund Beschl. v. 29.06.2005 – VK 3 52/05 56 Hausmann in Kulartz, VOL/A, § 7, Rn. 101 52 16 Umständen des Einzelfalls ab57. Grundsätzlich kann eine Wettbewerbsbeschränkung nur vorliegen, wenn sich aktuelle oder potentielle Konkurrenten verbinden58. Kann dagegen keines der an der Bewerber-/ Bietergemeinschaft die ausgeschriebene Leistung allein erbringen, scheidet eine Wettbewerbesbeschränkung aus, da in diesem Fall der Zusammenschluss der Unternehmen zu zusätzlichem Wettbewerb führt59. In einem Grundsatzurteil zu Bietergemeinschaften stellt der BGH fest, dass ein Verstoß gegen § 1 GWB nicht vorliegt, wenn eine selbständige Teilnahme der Bietergemeinscahftsmitglieder an der Ausschreibung wirtschaftlich nicht zweckmäßig kaufmännisch nicht vernünftig wäre. Das gilt auch Beteiligungen von Großunternehmen, deren und für Kapazitäten, technische Einrichtungen und fachliche Kenntnisse objektiv ausreichen würden, den Auftrag selbständig auszuführen60. Entscheidend ist die Zweckmäßigkeit der selbständigen 61 Bewerbung . Fälle, in denen eine Bietergemeinschaft zulässig ist: Bei Zusammenschlüssen von Unternehmen aus unterschiedlichen Wirtschaftszweigen, die hinsichtlich der ausgeschriebenen Leistung nicht miteinander im Wettbewerb stehen62. Wenn die Bietergemeinschaftsmitglieder nicht über die erforderlich Kapazität zur Ausführung des Auftrags verfügen63. Dabei ist auf den Zeitpunkt der Erbringung der Leistung abzustellen, dass sie grundsätzlich über die erforderlichen Ressourcen verfügen ist irrelevant, wenn diese im Augenblick der Leistungserbringung nicht hinreichend sind64. Eine „unternehmerische Pflicht“ zu einer Kapazitätsausweitung, die den 57 Dzieblo in Daub/Eberstein, VOL/A, § 7 Rn. 36 Hausmann in Kulartz, VOL/A, § 7 Rn. 89 59 Zimmer in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 1 Rn. 285 60 ständige Rspr. Seit BGH Urt. V. 13.12.1983 WuW/ E BGH 2050 „Bauvorhaben Schramberg“ 61 OLG Koblenz Beschl. v. 29.12.2004 – 1 Verg 6/04 62 VK Lüneburg Beschl. v. 02.02.2000 – 203 – VgK – 01/2000 63 VK Lüneburg Beschl..v. 02.02.2000 – 203 – VgK – 01/2000 64 Zimmer in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 1 Rn. 285 58 17 Zusammenschluß zu einer Bietergemeinschaft überflüssig machen würde, besteht nicht65. Wenn zwar ausreichend Kapazitäten vorliegen, eine selbständige Ausführung der Leistung zwar nicht zweckmäßig wäre66, zB wenn erst der Zusammenschluss zu einer Bietergemeinschaft die Abgabe eines preislich konkurrenzfähigen Angebots ermöglicht67. Liegen die genannten Voraussetzungen nicht vor, verstößt die Bietergemeinschaften idR gegen § 1 GWB und damit gegen ein gesetzliches Verbot. Hinzukommen müssen jedoch konkrete Anhaltspunkte für die Wettbewerbsbeschränkung wie zB einer auffällig niedrigen Anzahl an Angeboten oder erhöhter Angebotspreise; alein die Tatsache, dass sich zwei an sich konkurrenzfähige Unternehmen als Bietergemeinschaft bewerben, genügt nicht68. Ist die unternehmerische Entscheidung gegen eine Alleinbewerbung nachvollziehbar, ist von der Zulässigkeit der Bietergemeinschaft auszugehen69. Vergabestellen, Vergabekammern oder Vergabesenate dürfen die Überlegungen eines Unternehmers nicht durch eigene „unternehmerische“ Bewertungen ersetzen70. Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen § 1 GWB sind zum einen mögliche Maßnahmen des (Untersagungsverfügung, Bußgeld), vertragliche der Abrede Bundeskartellamts zum anderen ist die Bietergemeinschaftsmitglieder untereinander wegen eines Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz nichtig. Weiterhin besteht die Möglichkeit des Ausschlusses des Angebots von der Ausschreibung nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 f) VOL/A wegen wettbewerbsbeschränkender Abrede. 65 OLG Koblenz Beschl. v. 29.12.2004 - Verg 6/04 BGH Urt. v. 13.12.1983, WuW / E BGH 2050 „Bauvorhaben Schramberg“; VK Lüneburg Beschl. v. 02.02.2000 – 203 – VgK – 01/ 2000 67 Zimmer in Immenga/ Mestmäcker, GWB, § 1 Rn. 285 68 VK Nordbayern Beschl. v. 28.07.2003 – 320 –VK – 3194 - 26/03 69 Hausmann in Kulartz, VOL/A, § 7 Rn. 92 70 OLG Koblenz Beschl. v. 29.12.2004 – 1 Verg 6/04 66 18 II. Wettbewerbswidrige Abrede Gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 c) VOB/A, § 25 Nr. 1 Abs. 1 f) VOL/A und § 4 Abs. 3 VOF sind Angebote von Bietern auszuschließen, die in Bezug auf wettbewerbsbeschränkende die Vergabe Abrede eine getroffen unzulässige, haben. Diese Vorschriften gehen über den Anwendungsbereicht von § 1 GWB hinaus, indem sie ganz allgemein Verhaltensweisen der Bieter umfassen, die den Wettbewerb beeinträchtigen. Ein wichtiger Fall ist hierbei die Verletzung des wettbewerblichen Geheimhaltungsverbots, das immer dann vorliegt, wenn Bieter in Kenntnis des Inhalts eines konkurrierenden Angebots ein Angebot erstellen und abgeben71. Dies gilt auch bei Hauptangebot und konkurrierendem Nebenangebot72 und wenn konkurrierende Bieter mit gegenseitig bekannten Angeboten sich an einer Ausschreibung beteiligen73. Keine wettbewerbsbeschränkende Abrede liegt vor, wenn sich ein Unternehmen als Subunternehmer an mehreren Angeboten beteiligt, da dann nicht von einer Kenntnis beider Angebote auszugehen ist74. Indizien für Doppelangebote/ wettbewerbsbeschränkende Abreden sind: - Verbindungen zwischen Unternehmen z.B. in Form einer Holding oder eines Zusammenschlusses zu einem Konzern (§§ 17, 18 AktG, § 36 II GWB) - Personelle Verflechtungen zwischen den Unternehmen - Räumliche Nähe zwischen den Unternehmen - Nutzung der gleichen Infrastruktur seitens der Unternehmen - Übereinstimmungen in abgegebenen Angeboten (Gleichartigkeit einzelner Preise reicht nicht aus, es kann sich zufällig um gleiche Hersteller/Zulieferer mit identischen Preisen handeln 71 OLG Jena, Beschl. v. 06.07.2004 – 6 Verg 3/04 OLG Jena, Beschl. v. 06.07.2004 – 6 Verg 3/04 73 Noch, VergR kompakt, S. 355 74 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.04.2006 – VII-Verg 10/06 72 19 Bei Erfüllung all dieser Kriterien sind die betroffenen Angebote auszuschließen75. G. Eignungsprüfung bei Bietergemeinschaften Bei der Prüfung der Eignung von Bietergemeinschaften nach § 25 Nr. 2 VOB/A bzw. § 25 Nr. 2 VOL/A, also der Überprüfung der Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit, gelten einige Besonderheiten. Bzgl. der Leistungsfähigkeit und der Fachkunde kommt es auf die der Bietergemeinschaft insgesamt zur Verfügung stehenden Kapazitäten an76, da solche Gemeinschaften je gerade mit dem Zweck gegründet werden, dass die Mitglieder sich gegenseitig ergänzen77. Hinsichtlich der Zuverlässigkeit gilt dies jedoch nicht – die Zuverlässigkeit hat jedes Mitglied der Bietergemeinschaft einzeln nachzuweisen78. H. Vergaberechtsschutz Bietergemeinschaften sind üblicherweise BGB-Gemeinschaften und auch im Nachprüfungsverfahren beteiligtenfähig79. Besonderheiten gegenüber Einzelbietern ergeben sich bzgl. der Zulässigkeitsvoraussetzungen der Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB und der Rügeerfordernis nach § 107 Abs. 3 GWB. I. Antragsbefugnis im Nachprüfungsverfahren Wird der Nachprüfungsantrag nur von einem einzelnen Mitglied der Bietergemeinschaft gestellt, fehlt die Antragsbefugnis. Diese liegt nur vor, wenn das Mitglied von den anderen Mitgliedern der Bietergemeinschaft ausdrücklich bevollmächtigt wurde oder der Antrag von der Bietergemeinschaft insgesamt, vertreten durch ihre Gesellschafter, gestellt wird80. Im Nachprüfungsverfahren ist nach 75 Noch, VergR kompakt, S. 356 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.12.2004 – Verg 48/04 77 Dittmann in Kulartz, VOL/A § 25, Rn. 122 78 Hausmann in Kulartz, VOL/A, § 7, Rn. 2 79 BGH, Beschl. v. 16.07.2004 80 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.03.2005 – VII-Verg 101/04 76 20 § 107 Abs. 2 GWB das Unternehmen antragsbefugt, das ein Interesse an dem Auftrag hat. Im Falle einer Bietergemeinschaft ist nur die Bietergemeinschaft insgesamt dasjenige „Unternehmen“, das ein Interesse am Auftrag hat81. Nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögens eines Mitglieds einer Bietergemeinschaft sind die übrigen Mitglieder der nach § 736 BGB fortgeführten Bietergemeinschaft antragsbefugt82. Die Antragsbefugnis wird ebenfalls bejaht, wenn die Antragstellerin allein verbleibende Gesellschafterin der beendeten Bietergemeinschaft und deren Gesamtrechtsnachfolgerin ist – und als solche ein wirtschaftliches und rechtliches Interesse an der Klärung der Frage hat, ob das rechtlich noch existente Angebot der Bietergemeinschaft zu Recht von der Wertung ausgeschlossen wurde83. Die Antragsbefugnis nur eines Mitglieds einer Bietergemeinschaft ist auch gegeben, wenn der Antrag in Verfahrensstandschaft für die gesamte Bietergemeinschaft gestellt wird84. Entsprechend der gewillkürten Prozessstandschaft im Zivilprozessrecht liegen deren Voraussetzungen vor, wenn ein schutzwürdiges Eigeninteresse des Antragstellers und eine Ermächtigung durch die am Verfahren nicht teilnehmenden Mitglieder der Bietergemeinschaft vorliegt85. Dabei ist ein schutzwürdiges Eigeninteresse anzunehmen, wenn die Entscheidung im Nachprüfungsverfahren Einfluss auf die eigene Rechtslage des Antragsstellers hat86, was für Mitgliedsunternehmen einer Bietergemeinschaft zu bejahen ist. Fraglich ist, wie die Antragsbefugnis zu beurteilen ist, wenn das den Antrag stellende Mitglied keine ausdrückliche Ermächtigung zur Einleitung des Nachprüfungsverfahrens hat. Zwar ist die 81 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.03.2005 – VII-Verg 101/04 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.03.2005 – VII-Verg 101/04 83 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.05.2005 – VII-Verg 28/05 84 OLG Frankfurt, Beschl. v. 23.01.2007 – 11Verg 11/06 85 OLG Frankfurt, Beschl. v. 23.01.2007 – 11Verg 11/06 86 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.03.2005 – VII-Verg 101/04-. 82 21 Erteilung auch stillschweigend möglich und kann sich durch Auslegung ermitteln lassen, sodass die gewillkürte Prozessstandschaft nicht allein dadurch ausgeschlossen ist, dass keine ausdrückliche Ermächtigung vorliegt87. Wird die Ermächtigung jedoch nicht bis zum Ablauf einer vom Gericht zu setzenden Frist und zum Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die der Beschluss ergeht, nachgereicht, ist der vom vollmachtlosen Vertreter gestellte Nachprüfungsantrag unzulässig88. In Entscheidungen, Bietergemeinschaftsmitglieder in denen ihre Beteiligung einzelne an der Bietergemeinschaft nicht aufrecht erhalten und den Nachprüfungsantrag nicht mittragen wollten, wurde die Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB jedoch bejaht89. Begründet wurde dies damit, dass die Bietergemeinschaft als Gesellschaft bürgerlichen Rechts für die Dauer des Vergabeverfahrens, an dem sie sich beteiligt, gegründet sei, da der Bieter nach § 19 Nr. 3 VOB/A bis zum Ablauf der Zuschlagsfrist an sein Angebot gebunden sei, und damit nach § 723 Abs. 1 BGB nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes vorzeitig gekündigt werden könne, was hier nicht der Fall sei90. Nur so könnten auch Manipulationsmöglichkeiten sowohl seitens des Auftraggebers (Auftraggeber verspricht einem Bietergemeinschaftsmitglied nach Kündigung derselben einen Auftrag als Subunternehmer des erstplazierten Bieters und eliminiert so das auch aussichtsreiche Angebot der Bietergemeinschaft) als auch der Bietergemeinschaft (Bietergemeinschaft will nicht mehr an ihr Angebot gebunden sein und lässt sich durch ein Mitglied kündigen) unterbunden werden91. Nach anderer Ansicht erstreckt sich die zum Zweck einer Angebotsabgabe oder auch Zuschlagserteilung erteilte Vollmacht 87 Ohrtmann, VergR 2008, 426, 442 Ohrtmann, VergR 2008, 426, 442 89 VK Brandenburg, Beschl. v. 21.12.2004 – VK 64/04; VK Saarland, Beschl. v. 09.03.2007 – 3 VK 01/200790 VK Brandenburg, Beschl. v. 21.12.2004 – VK 64/04 91 VK Saarland, Beschl. v. 09.03.2007 – 3 VK 01/2007 88 22 nicht auf die Vertretungsbefugnis in einem Rechtsstreit92. Der Zusammenschluss zu einer Bietergemeinschaft dient zunächst der gemeinsamen Teilnahme am Wettbewerb durch die Abgabe eines gemeinsamen Angebots. Nachprüfungsinstanzen Die zur Einschaltung Überprüfung einer von für die Bietergemeinschaft nachteiligen Auftraggeberentscheidung ist jedoch mit einem nicht unerheblichen Kostenrisiko belastet und kann daher nicht pauschal vorausgesetzt werden93. Die Finanzierung eines Rechtsstreits komme einer nachträglichen Beitragspflicht der Mitglieder einer Bietergemeinschaft gleich, zu der die Gesellschafter nach § 707 BGB nicht verpflichtet seien, und der sie zunächst zustimmen müssten, sodass durchaus ein Kündigungsgrund nach § 723 Abs. 1 BGB vorliege, wenn ein Mitglied gegen das Einstimmigkeitsprinzip verstoßend einen Nachprüfungsantrag gegen den Willen der anderen Mitglieder stelle94. Unabhängig vom Vorliegen eines Kündigungsgrundes fehlt auch beim Verbleib eines der Stellung eines Nachprüfungsantrags nicht zustimmenden Mitglieds in der Bietergemeinschaft die Antragsbefugnis, sodass der Nachprüfungsantrag als unzulässig abzuweisen wäre. Denn die Außen GbR kann nach §§ 709, 715 BGB nur durch sämtliche Gesellschafter gemeinschaftlich vertreten werden oder durch Einzelvertretungsermächtigung, die nachgewiesen werden muss. Im Falle einer Kündigung der Bietergemeinschaft durch eines der Mitglieder ist das Angebot nach Vergaberecht auszuschließen. Eventuelle Manipulationsmöglichkeiten müssten durch zivilrechtliche Schadensersatzansprüche unterbunden werden. 92 VK Bund, Beschl. v. 29.09.2006 – VK 2-97/04 VK Bund, Beschl. v. 29.09.2006 – VK 2-97/04 94 Ohrtmann, VergR 2008, 426, 444 93 23 II. Ordnungsgemäße Rüge Fraglich ist, wann eine ordnungsgemäße Rüge nach § 107 Abs. 3 GWB vorliegt. Die Bietergemeinschaft muss entweder einheitlich, vertreten durch das hierzu berufene Mitglied, oder durch jedes einzelne Mitglied rügen95. Uneinigkeit herrscht jedoch darüber, ob die Rüge ausdrücklich im Namen der Bietergemeinschaft erhoben werden muss, oder ob es ausreicht, wenn das Mitglied durch Erklärung der Bietergemeinschaft ermächtigt wurde, als geschäftsführendes Mitglied die Bietergemeinschaft gegenüber dem Auftaggeber rechtsverbindlich zu vertreten, und daher auch eine nicht ausdrücklich im Namen der Bietergemeinschaft erhobene Rüge der Bietergemeinschaft zuzurechnen ist96. Letztere Ansicht wird damit begründet, dass ein solch weitgehendes Verständnis der dem geschäftsführenden Mitglied erteilten Vollmacht der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit diene und so auch der Auftraggeber auf die Verbindlichkeit der Aussagen des geschäftsführenden Mitglieds vertrauen könne97. Eine Rüge sei ferner bloße Kritik und nicht viel mehr als ein Hinweis und habe als Zulässigkeitsvoraussetzung für das Vergabeverfahren nur eine öffentlich-rechtliche Rechtsfolge, weswegen die Vertretungsvorschrift des § 14 Abs. 1 VwVfG heranzuziehen sei, nach der eine einmal erteilte Vollmacht zu allen das Verfahren betreffenden Handlungen ermächtige98. Der Gegenauffassung zufolge ist jedoch die Rüge eine Zäsur im Vergabeverfahren, da sich ein Bieter hiermit erstmalig gegen seinen potenziellen Auftraggeber wendet, was ein Nachprüfungsverfahren verbunden mit hohen Kosten nach sich ziehen kann99. Der Auftraggeber müsse wissen, ob dieses Vorgehen von allen Mitgliedern der Bietergemeinschaft getragen 95 VK Sachsen, Beschl. v. 01.06.2006 – 1/SVK/045-06 VK Sachsen, Beschl. v. 19.07.2006 – 1/SVK/060-06-;VK Saarland, Beschl. v. 09.03.2007 – 03 VK 01/2007 97 VK Saarland, Beschl. v. 09.03.2007 – 03 VK 01/2007 98 VK Saarland, Beschl. v. 09.03.2007 – 03 VK 01/2007 99 VK Sachsen, Beschl.v. 01.06.2006 – 1/SVK/045-06 96 24 wird, eine allgemeine Bevollmächtigung zu Vertretung gegenüber dem Auftraggeber und die nach § 21 Nr. 5 Abs. 1 VOL/A bzw. § 21 Nr. 4 VOL/A geforderte Bevollmächtigung für den Abschluss und die Durchführung des Vertrags genüge inhaltlich jedoch nicht. Diese Vollmachten seien auf den Abschluss von Rechtsgeschäften gerichtet und würden daher für eine Rüge, die kein Rechtsgeschäft sondern eine verfahrensrechtliche Erklärung sei, nicht ausreichen100. Zu folgen ist der zweiten Ansicht. Die Rüge als Verfahrenshandlung muss, wenn sie in Vertretung vorgenommen wird, den vertretenen Verfahrensbeteiligten erkennen lassen, was in den Verfahrensvorschriften für das Verwaltungsverfahren und die gerichtlichen Verfahren als selbstverständlich vorausgesetzt wird101. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO muss die Klageschrift die Bezeichnung der Parteien enthalten, woraus folgt, dass auch bei der Einleitung des Nachprüfungsverfahrens der vertretene Bieter benannt sein muss. Dies ist daher auch bei der Einlegung einer Rüge als Zugangsvoraussetzung für das Nachprüfungsverfahren der Fall102. Die Rüge ist also entweder ausdrücklich im Namen der Bietergemeinschaft und mit entsprechender Ermächtigung der vertretenen Bieter zu erheben oder die Mitglieder müssen gemeinschaftlich die Rüge aussprechen. 100 VK Sachsen, Beschl.v. 01.06.2006 – 1/SVK/045-06 Ohrtmann, VergR 2008, 426, 446 102 Ohrtmann, VergR 2008, 426, 446 101 25