Meine erste IWC
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Meine erste IWC
Der Beginn Wir schreiben das Jahr 1980. Seit 3 Jahren hatte ich die Geborgenheit der Wiener Wirtschaftsuniversität verlassen und mich ins feindliche Berufsleben begeben, nach Düsseldorf. In meiner „alten Heimat“, Österreich, ließ man mich wegen meiner deutschen Staatsbürgerschaft nicht arbeiten, und ich weigerte mich strikt, die österreichische anzunehmen, strikt, wie man eben nur in der Jugend ist. Ich arbeite bei einer ziemlich bekannten Unternehmensberatung in Düsseldorf und kam durch den Job ganz schön rum. Wie es der Zufall wollte, war die historische Zentrale des Unternehmens ZÜRICH, und so kam es, dass ich sehr oft in der schönen Schweiz war. Und was macht man da, wenn man Niemanden kennt und nur im Hotel rumsitzen langweilig ist: Abb. 1 – Hochschule für Welthandel, Wien man geht spazieren. Und wer ZÜRICH kennt, weiß es: man kommt einfach nicht um die Uhren herum. Gerade in der Bahnhofsstraße begegnen sie einem auf Schritt und Tritt. Und da sah ich sie – die Uhr, und es traf mich der Blitz oder: „soviel Geschmack hätte ich den Amis gar nicht zugetraut!“ o ?????International Watch C – Schaffhausen – IWC????? Was machte eine amerikanische Uhr unter all diesen Schweizer Nobelmarken??? Der Leser merkt schon: ich hatte Null Ahnung! War ich doch vor ein paar Wochen gerade geschäftlich in der Nähe von Schaffhausen und hatte mir gerade mal den Rheinfall angesehen. Hätte ich es geahnt: ich hätte mich mit Mark XI’s und Original Portugiesern bis zum Geht-nicht-mehr eingedeckt und bräuchte heute nicht mehr zu arbeiten! Zurück zu der Uhr. Es stand da noch Porsche Design drauf; das sagte mir was. Die Uhr sah ja so was von toll aus – sie traf meinen Geschmack zu 100%. - Da war es gar nicht so schlimm, dass sie aus den USA kam. in diese Nobel-Geschäfte traute ich mich gar nicht rein. Ich kann mich auch nicht mehr erinnern, Abb. 2 IWC Referenz 3700 1/9 was ich damals für eine Uhr trug – wahrscheinlich eine mit digitaler Anzeige; es gab da eine von SEIKO, mit der konnte man sich auch wecken lassen. Allerdings hatte diese Uhr einen großen Fehler: sie kostete damals genau 1,5x so viel, wie ich netto verdiente. Als österreichischer Hochschulabgänger, der in der Heimat mit einem Verdienst von öS 17.000 anfing (wenn er großes Glück hatte), ließ ich mich von den Deutschen damals viel zu billig einkaufen. Um es auf den Punkt zu bringen: die Uhr war unerschwinglich! Zu Hause ließ mich aber die Uhr nicht los und ich drückte mir buchstäblich an jedem besseren Uhrenladen in Düsseldorf die Nase platt – und bekam an jedem Jahresbeginn fast einen Herzinfarkt, denn die Uhr wurde mit schweizerischer Genauigkeit an jedem 1.1. um genau 100 DM teurer. Zur Erinnerung: 100DM war eigentlich der Betrag, für den man sich gewöhnlich mal eine neue Uhr gönnte!!! Diese Prozedur hielt ich genau 2 Jahre lang aus. Und die Uhr kostete in Deutschland in diesem Moment 3.650 DM. Dann führte mich der Beruf mal wieder nach Zürich und ich hatte in Anbetracht meiner Leistungen mein Gehalt gerade um mehr als 50% vermehren können. Natürlich trieb ich mich wieder und wieder in der Bahnhofsstraße und Umgebung herum und bei TÜRLER, am Paradeplatz, hielt ich es dann gar nicht mehr aus: ich ging hinein! Abb. 4 Das Türler Logo Abb. 3 Türler bei Nacht Die alte Uhr hatte ich vorsichtshalber in meiner Hosentasche versteckt. Ich werde das Gefühl wohl niemals vergessen: zum ersten Mal in einem wirklich exklusiven Uhrentempel, umsorgt von einer zuvorkommenden Verkäuferin, die mir alles genau erklärte. Von ihr erfuhr ich auch, dass IWC doch eine rein schweizerische Manufaktur sei, allerdings mit „einem amerikanischem Vorfahren“. 2/9 Abb. 5 Eine denkwürdiges Dokument Das beruhigte mich ungemein und packte die Amerikaner wieder zurück in die „Design-Schublade“, in der sie sich meiner Meinung nach allgemein zu befinden hatten. Nachdem ich die Uhr nun auch berühren durfte (sie fühlte sich an wie Samt), war es gänzlich um mich geschehen; aber war ich nicht deswegen eigentlich hineingegangen? Verkaufsfördernd kam natürlich noch hinzu, dass ich mir die Mehrwertsteuer am Züricher Flughafen zurückholen konnte; insgesamt war die Uhr doch preiswerter als in Deutschland. Selbstverständlich behielt ich die Uhr sofort an! Ich glaube, ich habe niemals öfter auf die Zeit geschaut als in den nächsten Stunden. Zuhause wieder angekommen, hatte ich in der anschließenden Woche eine Besprechung mit meinem Supervisor, der einzigen Frau, die ich kenne, die es in dieser Branche (Unternehmensberatung) zu allgemeinem Bekanntheitsgrad brachte – für mich auch noch heute die klügste Frau, die ich jemals getroffen habe. Sie schaute auf meine Uhr und sagte: „Oh, eine IWC. Das ist aber eine besonders schöne Uhr . . . und sie passt genau zu Ihnen“ Ich war stolz wie Oskar! Diese Uhr sollte mich für die nächsten 17 Jahre als meine einzige Uhr begleiten. Und sie hat in diesen Jahren viel mitmachen müssen: Motorradtouren (davon 3 nach Griechenland und eine nach Afrika), Schifahren und viele Tauchgänge in Istrien. Abb. 6 Diese Uhr ging mit mir durch dick und dünn Erste Erfahrung mit dem Service In dieser Zeit sollte ich auch erfahren, was IWC unter dem Namen Service versteht: einmal war ich zu Besuch bei meiner Tante in Göttingen. Ich musste auf der Gästecouch schlafen, einem klapprigen Ding, das nicht sehr standfest war. Die Uhr hatte ich wie immer vor das Bett auf das Armband gestellt, und zwar so, dass ich immer die Zeit ablesen konnte, wenn ich wollte. In dieser Nacht fiel ich mit dem Bett um und mit all meinem Gewicht und dem Bett direkt auf die Uhr. Zuerst dachte ich: „Jetzt ist sie platt“ und befürchtete das allerschlimmste. Das einzige, was ihr fehlte war ein Riss im Titan am Bandanstoß. Jeder, der weiß, wie zäh Titan ist, kann ermessen, was das für ein Bums gewesen sein musste. Die Uhr wurde nach Schaffhausen eingeschickt, bekam einen neuen Bandanstoß und eine komplett neue Schließe (das Ur-System neigte zum Aufgehen), und das alles ohne jegliche Berechnung. Ich war ehrlich gesagt ziemlich perplex. 3/9 Eine lange Inkubationszeit Damals ahnte ich noch nicht, dass der IWC-Virus in mir steckte. Die Uhr war und blieb eigentlich meine einzige Uhr, abgesehen von einer reinen Taucheruhr (Roamer Rockshell MarkII), die dafür besser geeignet war. Erst 1999 nach langer Durststrecke der beruflichen Verselbständigung und mit Hilfe eines sehr generösen Kunden in Hannover, begann die Krankheit richtig auszubrechen. Obwohl zu meiner ersten IWC noch ca. 30 weitere hinzugekommen sind, würde ich diese Uhr wohl niemals hergeben: erstens gefällt sie mir immer noch so gut wie am ersten Tag (sie hat sich auch so gut gehalten, dass man mir ihr Alter nicht glauben will) und auf der anderen Seite ist sie immer noch meine „Uhr für das Grobe.“ Die Referenz 3700 – die Schicksalsuhr der IWC? Im Laufe der Jahre lernte ich immer mehr über die Geschichte und den Hintergrund kennen. Es ist kein Zufall, dass die Uhr einen prominenten Platz im IWC-Museum hat oder: ist Ihnen schon aufgefallen, dass diese Uhr in jedem IWC-Katalog unter dem Kapitel Geschichte neben solchen Meilensteinen wie die Portugieser oder Da Vinci steht? Ich behaupte: wenn diese Uhr und im weiteren die Kooperation mit F.A.Porsche nicht diesen Erfolg gehabt hätte, die IWC wäre heute nicht das, was sie ist oder es gäbe sie vielleicht gar nicht mehr. Denn wir befanden uns in jenen Zeiten mitten drin in der japanischen Quartz-Offensive und mechanische Uhren hatten soviel an Bedeutung verloren, wie es eigentlich nicht mehr ging. Die Entscheidung, einen mechanischen Chronographen aus einem für die Uhrenindustrie ganz neuen Werkstoff zu bauen war eine für damalige Zeiten unglaublich mutige Entscheidung und IWC vollzog damit einen Schritt weg vom bürgerlich biederen Understatement hin in die zeitgemäß-zeitlose Moderne. Dass IWC sich heute noch so präsentiert, unterstreicht die Richtigkeit dieses Konzeptes. Im Pflichtenheft wurde der Schwerpunkt auf höchstmögliche Funktionalität gelegt. Bedienung, Ablesbarkeit, Bandverschluss mussten hohen Anforderungen entsprechen, genau wie das Uhrwerk selbst. Das Gehäuse ist ein ästhetischer Genuss und für die integrierten Tastendrücker mussten z.B. eigene Dichtungen entworfen werden. Als Problem gestaltete sich die Gehäuseherstellung: kein Unternehmen war imstande, Gehäuse aus solch zähem Rohstoff zu bauen und so nahm das IWC selbst in die Hand. 4/9 Abb. 7 So schön kann ein Valjoux 7750 aussehen Abb. 8 Die einmaligen integrierten Drücker Abb. 9 Durchdacht bis ins Detail: Faltschließe mit Sicherheitsverschluss 5/9 Steckbrief der Referenz 3700 Hersteller: IWC International Watch Company Co. AG CH8201 Schaffhausen Titan-Chronograph Porsche Design Automatic 3702 Modell: Referenz: Funktionen: Chronograph mit 30-Minu-ten-und 12-StundenZähler, Anzeige von Stunde, Minute und Sekunde sowie Wochentag und Datum Werk: Schwingungszahl (Halbscnwingungen/h): IWC-Kaliber C. 790, automatisches Chronographenwerk, Basiskaliber Valjoux 7750, Steuerung der Chronographenfunktionen über Kulisse und Hebel, einseitig aufziehender, kugelgelagerter Zentralrotor, Feinregulierung über Rücker und Exzenter, Werkhöhe 7,9 mm, Durchmesser 26 mm, 17 Steine 28 800 massives Titangehäuse mit integrierten Drucktastendrückern und kratzhartem Saphirglas Scnraubboden O-Ring geprüft bis 60 Meter Gehäuse: Boden: Dichtung: Wasserdichtheit: Gangprüfung: (Abweichung Sek./Tag) Zifferblatt oben: Zifferblatt unten: Krone links: Krone oben: Krone unten: Größte Gangdifferenz: mit/ohne eingeschaltetem Chronographen + 0 +4 + 4 +2 4 Maße: Durchmesser (mm): Höhe (mm): Gewicht (Gramm): 42 14,3 118 Letzter Preis (DM) 6350 6/9 +8 + 3 4 +5 + 4 +5 + 4 Abb. 10 Das Band – eine Klasse für sich, ist vierfach mit dem Gehäuse verschraubt. Ebenfalls verschraubt: der Titanboden. Man traut der Uhr mehr zu, als „nur“ 50m Tauchtiefe Fazit Der Porsche Titan Chronograph ist seit über 20 Jahren eine meiner Lieblingsuhren geblieben. Bis auf kleinere Veränderungen wurde er bis zum Schluss fast unverändert gebaut. Am auffallendsten sind die verschiedenen Zifferblattvarianten, die es im Laufe der Zeit gegeben hat: Abb. 11 Die Zifferblattvarianten 7/9 Ansonsten hat sich bis zum Ende der Produktion kaum etwas verändert. Oft kopiert und nie erreicht: bei dieser Uhr trifft es genau zu. Die meisten Uhrenhersteller nahmen später auch Uhren aus Titan in ihr Programm auf, sodass man zeitweise schon von einer TitanInflation sprechen konnte (aus diesem Grunde wurde sicher auch der damals stolze Schriftzug Titan auf dem Gehäuse wieder entfernt). Das sachliche, von reiner Funktionalität geprägte Design widersteht spurlos den Jahrzehnten, das widerstandsfähige Material ebenfalls. IWC beherrscht die schwierige Titanverarbeitung wie kaum ein zweiter in der Branche. Viele dieser Erkenntnisse sind später in die Entwicklung der GST-Linie eingeflossen. Ein Schlusssatz, der mein Verhältnis zu dieser Uhr am besten widerspiegelt: Ich bin verliebt wie am ersten Tag Abb. 12 verliebt wie am ersten Tag – in die Ref.3700 H.W. Goerter, im Juli 2005 andere interessante Artikel über IWC-Uhren: • http://www.zeitwerke.com/pdf/1072259867-1.pdf • http://www.goerter.de/IWCFORUM/MK9_Adrian_Deutsch.pdf • http://www.goerter.de/IWCFORUM/THE IWC BALL WATCH_DE.pdf 8/9 Exkurs: F.A. Porsche (Quelle: Chronos) 9/9