Marder im Haus aus der Sicht eines Schädlingsbekämpfers

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Marder im Haus aus der Sicht eines Schädlingsbekämpfers
Marder im Haus aus der Sicht eines
Schädlingsbekämpfers
Vita:
Mein Name ist Martin Vogeler
Beruf: Geschäftsführer der Vogeler
Schädlingsbekämpfung GmbH und
Sachverständiger für Schädlingsbekämpfung und
Schimmelpilzbelastungen. Die Firma Vogeler ist
ein anerkannter Ausbildungsbetrieb für
Schädlingsbekämpfung, Hausschwammsanierung
und Desinfektion mit Sitz in Bochum.
Ein Marder, Waschbär und Co. ist keinesfalls ein
Gottesgeschenk, sondern der Anfang einer
finanziellen und nicht selten auch einer
gesundheitlichen Katastrophe. Das Ausmaß
solcher Schäden ist in der Regel ohne
Bauteilöffnungen nicht erkennbar.
Ich möchte Ihnen heute einmal die direkten und
indirekten Schäden durch einen Tierbefall z. B. im
Dachbereich darstellen. Die Schäden an einem
Gebäude sind Zerstörungen der Wärmedämmung
und Schädigung der Luftschichtbegrenzungen wie
der diffusionsoffenen Unterspannbahnen und der
Dampfbremse.
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In diesen Fällen gelangt feuchtwarme Luft in den
nun nicht mehr gedämmten Teil des Daches und
kondensiert hier aus. Diese Feuchteschäden sind
die Voraussetzung für einen Schimmelpilzschaden
in den nichteinsehbaren Bereich eines Gebäudes
und dieser wird auch so nicht erkannt. Nicht selten
wachsen in solche Bereiche auch holzzerstörende
Bau-Pilze wie der Hausporling oder sogar der
echte Hausschwamm.
Erst nach der Erkrankung eines Menschen durch
Schimmelpilze werden solche Schäden bemerkt
und müssen dann aufwendig saniert werden.
Aber auch die Hinterlassenschaften der Tiere
bergen eine nicht zu unterschätzende
Gesundheitsgefährdung der Bewohner des
Hauses sowie Handwerkern, die am Gebäude
arbeiten.
Die Berufsgenossenschaften haben in Ihren
Regelwerken die Handlungsanleitung zur
Gefährdungsbeurteilung nach der
Biostoffverordnung aufgenommen und
veröffentlicht.
Neben der geruchlichen Belastung durch Tierkot,
Urin und Aas kommen noch Erreger wie Viren,
Bakterien, Pilze und Würmer hinzu, die unsere
Gesundheit nachhaltig beeinflussen können. Hier
möchte ich besonders auf Hantaviren und Würmer
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hinweisen. Hantaviren verursachen zunächst
grippeähnliche Symptome später Bauch-, Kopfund Gliederschmerzen sowie im schlimmsten Fall
sogar Nierenversagen.
Hantaviren werden bei Nagern wie Ratten, Brandoder Rötelmäusen nachgewiesen. Allerdings ist
eine Übertragung durch nagerfressende Tiere
nicht auszuschließen. Diese Krankheit ist
meldepflichtig und auf dem Vormarsch.
Schädlingsbekämpfer und Desinfektoren
beschäftigen sich seit Jahrhunderten mit
Überträgern von Krankheiten und dem
Gesundheitsschutz der Bevölkerung. Wir sehen
eine böse Entwicklung und Gefährdung der
Bevölkerung durch potentiell tödliche Krankheiten.
Wie in unserer Fachzeitung (Fachzeitung zur
Schädlingsbekämpfung – DpS) im Januar 2016 zu
lesen ist, stellte die Universität Ulm in
Zusammenarbeit mit dem Robert-Koch-Institut eine
Zunahme von Leberschäden durch den
Fuchsbandwurm fest.
Es wird davon ausgegangen, dass 70 % der
Füchse in der Region Ulm den Erreger in sich
tragen und diesen dann durch Absetzung des
Kotes in Sandkästen oder Gemüsebeeten
verteilen. Bis vor wenigen Jahren waren in der
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Regel Landwirte und Jäger betroffen. Doch
zunehmender sind nun auch Städter betroffen. Als
Kulturfolger besiedeln der Fuchs, Marder,
Waschbär und Co. vermehrt das Stadtgebiet. Hier
braut sich eine Gefährdung der Bevölkerung
zusammen, die durch falsch verstandene Tierliebe
stark unterschätzt wird.
Falls Sie Tierkot und verschmutzte
Wärmedämmung privat oder beruflich entfernen,
beachten Sie den Arbeits- und Umgebungsschutz.
Folgende Schutzkleidung ist dabei zu tragen:
- Staubmaske „Vierendicht“ FFP3 (FFP3:
Schutz vor giftigen und
gesundheitsschädlichen Stäuben, Rauch und
Aerosolen. Krebserregende und radioaktive
Schadstoffe und Krankheitserreger wie Viren,
Bakterien und Pilzsporen werden von dieser
Schutzklasse gefiltert. Die Gesamtleckage darf
maximal 5% betragen, die Überschreitung der
MAK darf höchstens 30-fach sein.)
- Einwegoverall Klasse 5-6 (Partikeldichte
Schutzanzüge - Schutz gegen feste Partikel
und begrenzt sprühdichte Schutzanzüge Schutz gegen leichten Sprühnebel)
- Abwaschbare Stiefel
- Gummierte Handschuhe.
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Sollten Sie diese Arbeiten beruflich durchführen,
hat der Arbeitgeber eine Gefährdungsbeurteilung
zu erstellen und Ihnen den notwendigen
Arbeitsschutz (PSA) zur Verfügung zu stellen. Es
kommt vor, dass ich erst nach Beginn solcher
Tätigkeiten um Rat gefragt werde. Hier erlebe
ich Dinge, die mich erschauern lassen:
- Schutzkleidung? Nein.
- Abschottung? Wozu.
Keime, Erreger, Sporen werden so weiter verteilt
und müssen nach Ende der Arbeiten durch
intensive Fachreinigung aufwendig und teuer
beseitigt werden. Zum Absaugen der Flächen
müssen Sauger mit H-Filter verwendet werden.
Falls nachgewiesen werden kann, dass sie bei
der Entfernung von kontaminiertem Material
nicht die notwendigen Abschottungen erbracht
haben, können hohe Kosten auf Sie zukommen.
Fachreinigung, Nutzungsausfall, Messungen,
Labor, Hotelkosten usw.
Auch die Parasiten wollen an dieser Stelle nicht
unerwähnt bleiben. Hier kommen als erstes die
Flöhe ins Spiel, die nicht selten mit den Tieren
ins Haus kommen und die Bewohner des
Hauses beglücken. Aber auch Fliegenmaden,
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die aus der Decke fallen und adulte Fliegen, die
rumbrummen, erheitern selten die Bewohner des
Hauses. Nicht zu vergessen sind hier die
Räudemilben, die auch auf den Menschen
übertragbar sind. Bei Untersuchungen in
Räudegebieten wurden an vielen Katzenklappen
auch Milben nachgewiesen.
Da der Marder nachtaktiv ist, werden die
Bewohner des Hauses noch mit Schlafentzug
gefoltert und werden somit im Wohlbefinden und
in der Leistungsfähigkeit stark beeinträchtigt.
Das war der Teil mit den gesundheitlichen
Aspekten, die hoffentlich niemand hier erleidet.
Nun einmal die finanzielle Situation:
Defekte und verunreinigte / verschimmelte
Dämmung muss erneuert werden. In der Regel
erfolgt dies durch eine Abdeckung des Daches.
Zusätzlich entstehen Kosten für Gerüst,
Container und Entsorgung. Häufig sind auch bei
Schimmelpilzsanierungen die Erneuerung der
leichtbauwände (GK Platten), Malerarbeiten und
manchmal auch Umzugskosten der Bewohner
zu berücksichtigen. Hier kommen schnell 10.000
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bis 50.000 Euro zusammen. Unser Unternehmen
war bei einer solchen Sanierungsmaßnahme in
drei miteinander verbundenen
Mehrfamilienhäusern beteiligt bei denen Dach
und Drempelbereiche stark mit toxinbildenen
Schimmelpilzen belastet waren. Insgesamt
wurden:
- 6 Familien zwangsweise umgesiedelt.
- Drei Dächer, die vier Jahre vorher neu gedeckt
wurden, mussten Streifenweise erneuert
werden.
- GK Wände im Bad, Flur und Drempel wurden
ausgebaut und erneuert
Gesamtkosten um die 200.000 Euro.
Wie vermeidet man solche Kosten und
Katastrophen?
Nun der beste Schutz ist natürlich zu verhindern,
das ein auf/in das Gebäude gelangen kann. Hier
kommt der Gärtner ins Spiel der dafür Sorge
trägt, dass Bäume und Büsche nicht als
Kletterhilfe dienen. Auch Holzstapel,
Blumenranken und Sichtschutzblenden dienen
als Aufbaumhilfen. Das Aufstellen von
Marderfallen ist nicht die erste Wahl. Hier wird
eventuell mal ein Tier gefangen, aber solange
die Zuwegungen nicht verschlossen werden,
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kommt es unter Umständen über Nacht zu
einem Neubewohner. Chemische Repellentien
und akustische Signale dienen in meinen Augen
lediglich den Herstellern oder Dienstleistern. Bei
den akustischen Signalen entstehen
Schallschatten und die chemischen Stoffe
müssten regelmäßig erneuert werden.
Geruchsempfindliche Menschen bemerken
ebenfalls den Wirkstoff (häufig Bitrex) und
klagen über Geschmack- und Geruchsverlust.
Das Aufstellen von Lebendfallen macht in der
Regel nur bei Tieren Sinn, die eingesperrt
wurden (z. B. nach Dachsanierungen, Teilabriß
bei Gebäuden oder nach Umbauarbeiten. In
solchen Situationen könnte eine Lebendfangfalle
gute Dienste leisten. Leider hat die Rot-Grüne
Landesregierung hier in NRW die Fallenjagd so
reglementiert, dass eine sinnvolle Fallenstellung
nicht mehr möglich ist. Was spricht dagegen,
dass der Haus-/Wohnungsnutzer der vor Ort ist
2-mal täglich die Falle kontrolliert und bei
verschlossener Falle den Fallensteller
informiert? Schon vor Jahren wurden dazu
akustische oder optische Geräte eingesetzt (z.
B. Babyphone, Kamera). Heute ist das Aufstellen
einer Falle in NRW so gut wie nicht mehr
möglich.
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Mir selber ist 2014 folgendes passiert: Ich wurde
von der unteren Jagdbehörde hinzugezogen, um
einen jungen Steinmarder der in einem Innenhof
eines öffentlichen Gebäudes ohne Zugang
gefangen saß, zu befreien. Er fiel wohl von der
Dachkante in den Innenhof. Hier gab es weder
Nahrung noch Wasser für das Tier. Nach
Absprache mit der vor Ort stehenden Feuerwehr,
unteren Jagdbehörde und Hauseigentümer
entschloss ich mich bei Nacht (es war schon
Nachmittag) eine Lebendfangfalle mit Futter und
Wasser aufzustellen und diese am nächsten
Morgen zu kontrollieren. Ab 07:00 Uhr konnte
das Gebäude betreten werden und der junge
Steinmarder saß in der Falle. Nach Absprache
mit der unteren Jagdbehörde sollte der Marder
wieder ausgewildert werden. So weit so gut. Auf
dem Weg zum Ausgang eilte mir ein Lebewesen
mit lila Haaren entgegen und beschimpfte mich
als Tiermörder und noch anderen. Sie sei
Tierschützerin und sie würde mich anzeigen.
Mein Versuch Ihr zu erklären, dass ein Marder
nicht lange ohne Wasser und Nahrung
auskommt und das Geschrei dem Tier jetzt nicht
gut tut brachte nichts. Egal. Die lila Kuh stehen
gelassen und ab zum vereinbarten Platz zum
Auswildern. Schlauerweise wurde die
Auswilderaktion gefilmt. Im Büro angekommen
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lag schon eine Notiz mit der Bitte um Rückruf auf
meinem Schreibtisch. Wer meldet sich?
Veterinäramt mit der Bitte um Stellungnahme
wegen (und jetzt kommt´s) Tierquälerei.
Zum Glück hatte ich bei der Aktion Zeugen (von
der Behörde) und die Filmaufnahmen, die die
körperliche Verfassung des Tieres darstellen
konnten.
Alles gut, kein Verfahren.
Mit dieser kleinen Geschichte wollte ich einmal
den Spagat des
Marderbeauftragten/Schädlingsbekämpfers
darstellen.
Bei Beratungen wegen Marderkummer am Haus
oder Auto erlebt man so einiges.
Da versucht der Handwerker, Schornsteinfeger
etc. das Marderproblem mit Rattengift zu lösen.
Oder der Bürger, den der Marderbeauftragte
erklärt, dass keine Falle aufgestellt wird, bestellt
sich über das Internet eine Falle und nach 14
Tagen Erfolglosigkeit wird die Lebendfangfalle
fängisch stehen gelassen und in den Urlaub
gefahren. Während dieser Zeit fängt diese Falle
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einen Steinmarder und der Marder verhungert
erbärmlich in der Falle. Da ist in meinen Augen
mal wieder die verlogene Doppelmoral der RotGrünen Landesregierung deutlich sichtbar. Der
Jäger und der Schädlingsbekämpfer, die nach
einer soliden Ausbildung verantwortungsvoll dem
Wild nachstellen werden böse Absichten
unterstellt und das Fachwissen abgesprochen.
Zum Ende meines Vortrages einmal etwas in
eigener Sache. Oft lese und höre ich, dass der
Jäger zum Schädlingsbekämpfer degradiert wird.
Starke Worte. Degrado = herabsetzen. Hmmm.
Was wollen solche Leute mitteilen?
Hocherhoben zum Wochenendtrapper?
Viele meiner Mitstreiter und ich haben ebenfalls
die Jägerprüfung bestanden. Was nun?
Die Ausbildung zum Schädlingsbekämpfer
dauert drei Jahre. Inhalte sind: Biologie, Chemie,
Physik, Pflanzenschutz, Gesetzeskunde,
Holzkunde, Bauwerkabdichtung, Desinfektionen
und vieles mehr. Für diesen Ausbildungszweig
werden wir weltweit beneidet. Viele von Ihnen
kennen noch den alten Begriff Kammerjäger.
Hier sind beide Worte vereint und zeigen die
Entstehung des Berufes allerdings noch aus der
Zeit der Leibeigenschaft. In vielen Ländern der
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Welt ist dieses Zusammenspiel geblieben. Dass
Schädlingsbekämpfung, NaturschutzArtenschutz und Jagd kein Gegensatz oder gar
eine Degradierung ist, sondern sehr häufig in
eins übergeht, zeigt sich an vielen Beispielen auf
der ganzen Welt: Schutz vor eingeschleppten
Wanderratten auf Vogelinseln und in
Schutzgebieten wie z. B. den Galapagosinseln.
In Australien haben sich neben dem
Wildkaninchen auch die zu deren Bekämpfung
ausgewilderten Füchse und Katzen derart
vermehrt, so dass sie die einheimischen
Tierarten bedrohen. Laut der Senkenberg
Gesellschaft für Naturforschung bedrohen etwa
30 Millionen Katzen die Australische
Artenvielfalt. 100 Tierarten (Säugetiere, Vögel
und Reptilien) sind durch die aus Europa
eingeführten Katzen akut bedroht. Australien gibt
jährlich bis zu 720 Millionen Dollar zur
Bekämpfung von tierischen Schädlingen aus.
Dort kümmert sich der Schädlingsbekämpfer um
das Problem mit den Katzen. Gerade, wenn es
dort um Umwelt- und Artenschutz geht, ist die
Kombination Jäger-Schädlingsbekämpfer
unschlagbar. Ich denke, dass auch hier bei uns
die Schädlingsbekämpfer immer mehr mit den
invasiven Tierarten Waschbär, Nutria, Enok
(Marderhund) und einheimische Arten wie Fuchs
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und Marder zu tun haben werden. Durch
falschen Tierschutz durch die Politik und
Bevölkerung werden diese Arten zunehmen und
zu Problemen führen.
Viele Jäger haben zur Fallenjagd auf die
genannten Arten kein Interesse. Für den Pelz
gibt es nichts und ist verpönt.
Martin Vogeler, Marderbeauftragter der
Kreisjägerschaft Bochum und
Schädlingsbekämpfer
Vogeler Schädlingsbekämpfung GmbH
Liebfrauenstr. 1
44803 Bochum
Telefon: 02 34 – 59 37 07
Telefax: 02 34 – 35 20 43
E-Mail: [email protected]