Darum reichen auch Indizien

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Darum reichen auch Indizien
Vorlesung Nr. 277 / FS 2015
Kriminaltechnik I
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Darum reichen auch
Indizien
Von Daniel Huber
Meist sind sie spektakulär und spannend: Indizienprozesse wie im Fall der Leiche
vom Katzensee fesseln uns besonders.
Indizien sind Belege für Tatsachen, die ihrerseits auf einen
relevanten Sachverhalt hinweisen!
Was geschah wirklich zwischen dem 3. April 2010, als die 50-jährige Bosnierin
verschwand, und dem 1. Mai 2010, als ihre verweste Leiche im Flachmoor Hänsiried
beim Zürcher Katzensee entdeckt wurde?
Das Zürcher Bezirksgericht ist überzeugt, dass der einzige Tatverdächtige, der
Ehemann der Getöteten, die Frau umgebracht hat. Da der Angeklagte kein
Geständnis abgelegt hatte und seine Unschuld beteuerte, musste die
Staatsanwaltschaft seine Schuld in einem Indizienprozess nachweisen. Mit Erfolg: Das
Gericht befand, das «Indizienmosaik» sei erstellt.
«Indiz» vs. «Beweis»
Für den Laien sind die juristischen Begriffe «Indiz» und «Beweis» schwierig zu
entwirren. Im Strafrecht machen die Juristen aber einen klaren Unterschied: Ein
Beweis belegt unmittelbar einen relevanten Sachverhalt, während ein Indiz (von lat.
indicare = anzeigen) lediglich eine Tatsache belegt, die ihrerseits auf einen
relevanten Sachverhalt hinweist. Ein Indiz ist sozusagen eine Stufe weiter vom
Sachverhalt entfernt als der Beweis.
Als Beweis gilt beispielsweise die Aussage einer direkt involvierten Person; in der
Form einer Zeugenaussage oder auch als Geständnis. Dieser Beweis muss natürlich
noch gewürdigt werden, da Menschen lügen oder sich täuschen können. Wichtig ist
aber: Die Aussage belegt einen relevanten Sachverhalt direkt, zum Beispiel wenn ein
Zeuge aussagt, dass er den Täter bei der Tat beobachtet hat, oder wenn der Täter
aussagt, dass er die Tat begangen hat.
Klassisch: der Fingerabdruck
Ein klassisches Beispiel für ein Indiz ist der Fingerabdruck auf der Tatwaffe. Dieses
Indiz, das selbstredend bewiesen sein muss, belegt die Tatsache, dass der
Verdächtige die Tatwaffe berührt hat – nicht aber, dass er den Mord damit begangen
hat. Immerhin kann der Fingerabdruck je nach Umständen auch aus anderen,
harmlosen Gründen auf die Waffe gelangt sein. Genau wie der Beweis muss auch das
Indiz gewürdigt werden.
Vorlesung Nr. 277 / FS 2015
Kriminaltechnik I
Reine Indizienprozesse finden immer dann statt, wenn der Angeklagte Aussagen zu
der ihm zur Last gelegten Tat verweigert, was sein gutes Recht ist. In solchen
Verfahren ist es eine Indizienkette, die zur Urteilsfindung führt; oder ein
«Indizienmosaik», wie es das Zürcher Bezirksgericht nennt. Das Geflecht der
Indizien muss so dicht und überzeugend sein, dass die Richter keinen erheblichen
Zweifel an der Schuld hegen, da sonst der Grundsatz in dubio pro reo (im Zweifel
für den Angeklagten) einen Schuldspruch verhindert. Das Bundesgericht hat dazu
2010 wie folgt befunden: «Eine Mehrzahl von Indizien, welche für sich alleine nur
mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auf die Täterschaft oder die Tat hinweisen
und einzeln betrachtet die Möglichkeit des Andersseins offenlassen, können einen
Anfangsverdacht verstärken und in ihrer Gesamtheit ein Bild erzeugen, das bei
objektiver Betrachtung keine Zweifel bestehen lässt, dass sich der Sachverhalt so
verwirklicht hat.»
Quelle: www.20min.ch/wissen/news/story/Darum-reichen-auch-Indizien-12461408
Leserkommentar
Ich glaube da haben ein paar Personen das Prinzip
nicht begriffen. Indizienprozess bedeutet nicht, dass
ein mutmasslicher Täter verurteilt wird wegen Mordes
an seiner Ehefrau nur weil er Streit mit selbiger hatte
und zur Tatzeit kein Alibi vorweisen kann. Vielmehr
müssen stichhaltige Indizien vorliegen, wie z.B. dass
der Fingerabdruck auf der Tatwaffe zu finden ist, der
Täter zur Tatzeit im näheren Raum gesichtet wurde,
Vorankündigung einer Tat usw. usf.! Deshalb ist hier
die Kritik von wegen Willkür äussert kritisch und
unverhältnismässig. Stellen Sie sich einmal vor, man
könnte potenzielle Täter nur verurteilen, wenn sie die
Strafe zugeben, bzw. eine andere Person die Tat
beobachtet hätte (Beweisprozess). Wo kämen wir da
hin?