Zum Komplett-Bericht

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Zum Komplett-Bericht
KREIS EMSLAND
MONTAG,
24. JUNI 2013
17
Tolle Tanz- und Gesangsszenen: Conrad schmachtet Kim an, Albert kämpft um Rosies Liebe, und die Teen-Girls haben nur ihr Idol Birdie im Kopf.
Elvis-Hype im Esterfelder Forst
1400 Zuschauer umjubeln Premiere von „Bye Bye Birdie“ auf Meppener Freilichtbühne
Von Carola Alge
(Text und Fotos)
MEPPEN. Wow! Was für eine
tolle Liebeserklärung an die
und
Ironisierung
der
1950er-Jahre zugleich, was
für ein Conrad-Elvis-Hype.
Die 1400 Premierenbesucher des Musicals „Bye Bye
Birdie“ hatten am Samstagabend auf der Meppener Freilichtbühne jede
Menge Spaß vor allem am
szenischen Witz der Aufführung. Sie feierten das
Stück mit Ovationen im
Stehen, erklatschten mit
tosendem Beifall zwei Zugaben.
Schwungvoll nimmt das
Musical mit auf eine Zeitreise in das Amerika der Jahre,
in denen die Röcke kürzer
und bunter, die Koteletten
länger und der Rock ’ n’ Roll
geboren wurde. Die Handlung nach dem Buch von Autor Michael Steward ist relativ dünn. Im Mittelpunkt
steht Conrad Birdie, dessen
Leben viele Parallelen zu
dem von Elvis Presley hat.
Er begeistert die Massen,
lässt unter den weiblichen
Teenagern Hysterie ausbrechen. Plötzlich muss das
Rockidol zum Militär nach
Europa. Sein verschuldeter
Agent Albert ist verzweifelt.
Doch dessen Sekretärin und
Dauerverlobte Rosie hat eine Idee: Aus den Karteikarten der Millionen Fans wählt
sie ein Mädchen aus, das
Conrad zum Abschied am
Bahnhof küssen soll. Das
Ganze natürlich live und
werbewirksam im Fernsehen, in der legendären „Ed
Sullivan Show“. Gezogen
wird Kim MacAfee aus
Sweet Apple, Ohio. Diese
sensationelle
Nachricht
verbreitet sich wie ein Lauffeuer im Ort und sorgt für
einige Turbulenzen.
Schmachtende Teens
Schon die Ouvertüre des
Stücks, das mit viel Augenzwinkern die spießige Kleinstadtidylle, aufkommenden
Rummel der Medien und die
neuen Rebellen beleuchtet,
deutet an, was die Besucher
erwartet:
schmachtende
Teens (super vor allem Marina Kotte als Ursula), die den
selbstverliebten, die Anhimmelungsstimmung
gierig
aufsaugenden Jungstar Conrad Birdie förmlich anbeten,
nur ihm nahe sein wollen.
Regisseurin Iris Limbarth
hat den Elvis-Verschnitt mit
Andreas Langsch hervorragend besetzt. Ständig breitbeinig kommt er daher,
schwingt die Hüften, gibt
sich, Kaugummi kauend und
mit Sonnenbrille, betont
cool. Der Bobby Child aus
dem letztjährigen „Crazy for
You“ wird zum überzeugenden Rock ’ n’ Roller mit
schwarzer Haartolle, Glitzerkostümen und spektakulärem Sprungspagat. Gesanglich verblüfft Langsch. Timbre und Schmelz seiner
Stimme bei „You Gotta
Be Sincere“ und
„One Last Kiss“
kommen verdammt nah
an
Elvis
heran.
Im Conrad-Fieber: Die Mädchen aus Sweet
Apple tanzen ausgelassen um ihren Star.
Top sind aber auch viele
andere Besetzungen. Limbarth kennt die Qualitäten
ihres mehr als 70-köpfigen,
mit viel Spaß und Spielwitz
agierenden Ensembles, setzt
es geschickt in Szene. Ulrich
Kaßburg gibt, brillant komisch, das verschroben-neurotische, dann wieder charmante Muttersöhnchen Albert Peterson. Birdies Manager, eine Art Peter Alexander
des Rock ’ n’ Roll, unterstreicht in „Leg jetzt ein Lächeln auf“ seine tänzerischen
und gesanglichen Qualitäten. Maria Mader zickt köstlich überbesorgt, hysterisch
und schräg als seine Mama
herum, zaubert in Hut, Kostüm, Handtasche und dicken
Strümpfen Marlene-Jaschke-Feeling auf die Bühne.
Bravourös ist einmal mehr
Julia Felthaus. Sie hat genau
die Stimme („Ein Englischlehrer“) und Präsenz für den
Typ „Leading Lady“, den ihre
Rolle der Rosie Alvarez, Dauerverlobte und Sekretärin Alberts, verlangt. Im ersten Teil
lässt das Stück, so will es das
Original, dafür nur bedingt
Raum, im zweiten aber
nimmt die Figur Fahrt auf,
darf Felthaus – ganz Spanish
Rose – temperamentvoll sein
und endlich mehr tänzerisch
begeistern.
Begeistern kann auch Caren de Jong als Kim MacAfee.
Ob verträumt, altklug oder
hysterisch als Anführerin des
Conrad-Birdie-Fanclubs im
Kaff Sweet Apple, ob mit der
Sehnsucht, vom Teenager zur
Frau zu werden („Wie schön,
sich als Frau zu fühlen“) – die
Meppenerin hat sich enorm
weiterentwickelt. Eine der
vor allem auch gesanglichen
Überraschungen an ihrer
Seite: Tomas Stitilis als ihr
erster fester Freund Hugo
Peabody. Seine optisch von
über die Bühne schwebenden
Seifenblasen begleitete Liebeserklärung in „Mit Dir“ im
Duett mit de Jong ist wunderschön.
Garant für Lacher
Garant für Lacher ist einmal mehr Oliver Schulte als
cholerischer
Kleinstädter
Harry MacAfee, der frischen
Wind im Mief seines biederen Zuhauses nicht mag.
Wenn er vor Wut zwei übergroße Spiegeleier-Attrappen
in die Luft hält und rollende
Augen durch die Brille blitzen lässt, ist das urkomisch,
lässt aber seinen neben ihm
am Esstisch ständig zündelnden und physikalische Experimente startenden Sohn
Randolph (Damian Hake)
ganz schön zusammenzucken.
Herrliche Szenen sind das
in einer Inszenierung, in der
das spielfreudige Ensemble
tänzerisch die musikalische
Bandbreite jener Zeit vom
Swing über Jazz bis hin zum
Rock ’ n’ Roll gekonnt herüberbringt. Kompliment an
Myriam Lifka für die choreografische Einstudierung!
Applaus aber auch für das
Team der Schneiderei für die
Outfits und Reinhard Wust
für ein mit viel Liebe zum Detail gestaltetes Bühnenbild.
Übergroße
knallfarbene
Pop-Art-Bilder im Stil Andy
Warhols und Roy Lichtensteins bilden die Kulisse, in
der fast zweieinhalb Stunden
lang gleichbleibend schrille
Teenies unermüdlich ihr
„Wir lieben Conrad“ heulen,
in der opulente Requisiten
mehrfach wechseln. Ob ein
Riesentelefon für die TeenieTelefonschalte oder eine
fahrbare Bühne, auf der Birdie hoch oben seine unten davor kreischenden Fans singend anschmachtet, all das
wird schnell auf- und abgebaut. Helfer in Blaumännern
und – als passender Gag – mit
Elvis-Haartollen machen es
möglich.
Auch sie und die vielen anderen unsichtbaren „guten
Geister“ hinter den Kulissen
bekommen viel verdienten
Beifall der Premierenbesucher. Sie stehen, als schöne
Geste wie immer, am Ende eines vergnüglichen, farbenfrohen, swingenden, rockenden und groovenden Abends
neben den Darstellern und
Machern auf der Bühne, genießen die Ovationen.
Bildergalerie
auf www.noz.de
Noch 14 Aufführungen
Die Meppener
Freilichtbühne
spielt „Bye Bye
Birdie“ noch 14mal. Die Termine: Freitag, 28.
Juni, 20 Uhr,
Samstag, 29.Juni,
20 Uhr, Samstag,
20. Juli, 20 Uhr,
Samstag, 27. Juli,
20 Uhr, Freitag, 2.
August, 20 Uhr,
Samstag, 3. August, 20 Uhr, Freitag, 9.August, 20
Uhr, Samstag, 10.
August, 20 Uhr,
Freitag, 16. August, 20 Uhr,
Samstag, 17. August, 20 Uhr, Freitag, 23. August,
20 Uhr, Samstag,
24. August, 20
Uhr,
Freitag, 30.August, 20 Uhr,
Samstag, 31. August, 20 Uhr.