Zum Umgang mit Psalmen in Kinderbibeln und Kindergebetbüchern.

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Zum Umgang mit Psalmen in Kinderbibeln und Kindergebetbüchern.
Abbildung aus: Regine Schindler/Arno: Im Schatten deiner Flügel. Die Psalmen für Kinder. Düsseldorf: Patmos 2005, S. 45. Illustration
zu Psalm 69.
Sich restlos unterbringen?
Zum Umgang mit Psalmen in Kinderbibeln und Kindergebetbüchern.
Abschlussarbeit im Fernkurs Theologie (http://www.theologischekurse.at)
Wien, Jänner 2012
verfasst von Dr. Kathrin Wexberg
1
Sich restlos unterbringen?
Zum Umgang mit Psalmen in Kinderbibeln und Kindergebetbüchern.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung – Fragestellungen der Arbeit ........................................................... 2
2. Der Psalter – die kleine Bibel ............................................................................ 3
3. Analyseteil: Der Umgang mit Psalmen
in Kinderbibeln/Kindergebetbüchern .................................................................... 6
3.1. Aufnahme der Psalmen in reduzierter/modifizierter Form ...................... 7
3.2. Modernisieren/neu schreiben von Psalmen ............................................ 14
4. Fazit, Ausblick................................................................................................. 18
5. Literaturverzeichnis ......................................................................................... 20
5.1. Untersuchte Kinderbibeln/Kindergebetbücher bzw. Bibelausgaben ..... 20
5.2. Weitere Primärliteratur ........................................................................... 20
5.3. Sekundärliteratur..................................................................................... 20
5.4. Internetquellen ....................................................................................... 23
2
1. Einleitung – Fragestellungen der Arbeit
„Ich habe die ganze Nacht einsam hingebracht...und habe schließlich die Psalmen gelesen,
eines der wenigen Bücher, in denen man sich restlos unterbringt, mag man noch so zerstreut
und angefochten sein.“1 So formulierte es Rainer Maria Rilke in einem Brief an seinen
Verleger, eine Textstelle, die in Auseinandersetzungen mit den Psalmen häufig zitiert wird.
Die poetische Kraft der Psalmen zeigt sich auch in ihrer Rezeption in der zeitgenössischen
Literatur, deren zahlreiche Varianten bereits aus germanistischer wie aus theologischer Sicht
umfangreich zusammengestellt und untersucht wurden.2 Wie aber verhält es sich mit dem
kinderliterarischen Umgang mit Psalmen? Wie werden in zeitgenössischen Bibeln und
Gebetbüchern für Kinder die Psalmen, „Nachtherbergen für die Wegwunden“3, wie es die
Dichterin Nelly Sachs in einem Gedicht ausdrückte, aufgenommen? Wie gehen AutorInnen
von Kinderbibeln mit der Herausforderung um, diese lyrischen und nicht unbedingt leicht
zugänglichen Texte in ihre Zusammenstellungen und Bearbeitungen biblischer Texte zu
integrieren? Werden Psalmen in Kinderbibeln übernommen – und wenn ja, wie wird mit ihrer
spezifischen sprachlichen Gestaltung umgegangen? Unter Kinderbibeln werden dabei, der
Definition im Lexikon für Religionspädagogik folgend, Bücher verstanden, die eine mehr
oder weniger umfangreiche Textauswahl aus Altem und Neuen Testament für Kinder
aufbereiten.4 Zu bedenken ist dabei natürlich die Tatsache, dass Kinderbibeln nicht
Bibelausgaben im kanonischen Sinn, sondern Auswahlbibeln sind, eine Gattung im
Spannungsfeld verschiedener Ansprüche, deren Erforschung erst in den letzten Jahren
allmählich begonnen hat.5
Diesen Fragestellungen soll im Rahmen der vorliegenden Arbeit nachgegangen werden. In
einem einführenden Abschnitt wird bezugnehmend auf einige ausgewählte Titel der
Fachliteratur auf den Psalter mit seinen Besonderheiten sowie einige zentrale Punkte der
Psalmenforschung eingegangen, im Hauptteil der Arbeit werden exemplarisch Kinderbibeln
1
Rainer Maria Rilke: Briefe an seinen Verleger 1906-1926. Hg. von Ruth Sieber-Rilke und Carl Sieber. Leipzig:
Insel 1934. S.247.
2
Siehe dazu etwa: Paul Konrad Kurz (Hg.): Psalmen vom Expressionismus bis zur Gegenwart. Herder: Freiburg
1978; Paul Konrad Kurz (Hg.): Höre Gott! Psalmen des Jahrhunderts. Zürich: Benziger 1997; Arnold Stadler:
Das Buch der Psalmen und die deutschsprachige Lyrik des 20. Jahrhunderts. Zur den Psalmen im Werk Bertolt
Brechts und Paul Celans. Wien: Böhlau 1989. und Reinhard Ehgartner: „Gelobt seist du, Niemand.“ Psalmen in
der deutschsprachigen Literatur nach 1945. Salzburg: Diss. 1995.
3
Nelly Sachs: David. In: Sternverdunkelung. Amsterdam: Bermann-Fischer/Querido 1949, S. 40.
4 Vgl. Josef Braun: Artikel Kinder- und Schulbibeln. In: Norbert Mette /Folkert Rickers (Hgg.): Lexikon der
Religionspädagogik. Zwei Bände. Bd. 1. Vluyn: Neukirchener Verlag 2001. Sp. 1015– 1017.
5 Vgl. dazu etwa Thomas Nauerth: Fabelnd denken lernen. Konturen biblischer Didaktik am Beispiel
Kinderbibel. (=Arbeiten zur Religionspädagogik, Band 42) Göttingen: V& R unipress 2009, S. 11f. Das nächste
der von Nauerth angesprochenen Forschungskolloquien zur Kinderbibeln findet im Juni 2012 an der Universität
Wien statt.
3
bzw. Kindergebetbücher auf ihren Umgang mit Psalmen hin untersucht, um nach einer
Zusammenfassung der Analyseergebnisse mögliche Anknüpfungspunkte für weitere
Überlegungen zu formulieren. Für die Arbeit wurde die entsprechende exegetische
Sekundärliteratur konsultiert und mit einbezogen, die Auseinandersetzung mit diesem
spezifischen Thema bringt aber auch Überschneidungen mit den Bereichen
Literaturwissenschaft und Religionspädagogik mit sich – und findet nicht zuletzt vor meinem
beruflichen Hintergrund als Germanistin, die sich immer wieder auch mit Fragen nach
religiöser Kinderliteratur beschäftigt,6 statt.
2. Der Psalter – die kleine Bibel
In seiner Einleitung zum Stuttgarter Psalter weist Erich Zenger auf die enorme Bedeutung des
Psalters in Christentum und Judentum hin: „Der Psalter, eine Zusammenstellung von 150
Liedern, Gebeten und Gedichten unterschiedlicher Herkunft und Zeit, ist das Dokument einer
langen Glaubens- und Gebetsgeschichte. Er ist als das Gebet-, Lese- und Lebensbuch Israels
und der Kirche Teil der jüdischen und der christlichen Bibel geworden. Martin Luther hat ihm
zu Recht den Ehrentitel ,die kleine Biblia’ gegeben.“7 Diese Fülle an Texten wurde im Laufe
einer langen Redaktionsgeschichte zusammengestellt – Zenger verweist auf die Komplexität
dieser Komposition: „Das Psalmenbuch ist nicht als ungeordnetes Archiv von Einzelpsalmen
unterschiedlicher Gattungen oder als eine irgendwie gegliederte Anthologie entstanden. [...]
Die Sammler und Redaktoren haben die Einzelpsalmen nach bestimmten Ideen hintereinander
gestellt, manchmal haben sie die von ihnen zusammengestellten Psalmen bearbeitet und
manchmal haben sie eigene Psalmen verfasst, um das theologische Profil ihrer
Teilsammlungen zu schärfen und zu vertiefen.“8 Die Gliederung des Psalters in fünf Bücher
verweist auf die fünf Bücher der Tora und zeigt, wie sehr die Psalmen als Antwort Israels auf
das in der Tora bezeugte Handeln Gottes verstanden wurden.9
Die Psalmen waren sozusagen von Anfang an Bestandteil der liturgischen Praxis der Kirche10
– einen wesentlichen und bleibenden Impuls dafür setzte Benedikt von Nursia, der die
Psalmen zum Stundengebet machte und damit in eine feste liturgische Ordnung einband.11
6
Siehe dazu etwa: Kathrin Wexberg: „Er hat nur einen kleinen Nachteil“. Gottesbilder in der Kinder- und
Jugendliteratur. In: Communicatio Socialis. Internationale Zeitschrift für Kommunikation in Religion, Kirche
und Gesellschaft 3/2009. S. 293-303.
7
Stuttgarter Psalter, S.7.
8
Stuttgarter Psalter, S.9f.
9
Vgl. Stuttgarter Psalter, S.12.
10
Vgl. Stadler, Das Buch der Psalmen und die deutschsprachige Lyrik des 20. Jahrhunderts, S.7.
11
Vgl. ebda.
4
Einer der wichtigen Vertreter der Psalmenforschung war Hermann Gunkel, der seine
gattungstheoretischen Überlegungen mit dem in den Geisteswissenschaften seiner Zeit
(Gunkel lebte von 1862 bis 1932) sehr verbreiteten positivistischen Zugang anstellte: „Wir
sollen für die Literaturgeschichte der Psalmen dieselbe Arbeit tun, die Linné für die Botanik
geleistet hat.“12 Auch wenn im Laufe der Zeit Differenzierungen hinzukamen, bleiben die von
Gunkel erarbeiteten Haupttypen der Psalmen weiterhin wesentlich: Hymnen, Klagelieder des
Volkes, Königspsalmen, Klagelieder und Danklieder des Einzelnen, kleinere Gattungen,
prophetische Psalmen, Weisheitspsalmen, Mischungen, Wechselgedichte und Liturgien.13
Wegweisend als heuristischer Impuls war auch die von Gunkel gestellte Frage nach dem Sitz
im Leben der Psalmendichtung,14 die natürlich auch bei der Frage nach der Eignung der
Psalmen für Kinder relevant ist. Gunkel sah Psalmen nicht als stilisierte Kunstgebilde,
sondern vielmehr als unmittelbaren Ausdruck der Religiosität einfacher Menschen (in seiner
Diktion der historischen Epoche entsprechend Männer...): „nicht was große Dichter mit all
ihrer Kunst gebildet, sondern was schlichte Männer des Volkes gebetet, das ist im Psalter
zusammengestellt.“15 Feministische Theologinnen haben gezeigt, wie in den Psalmen, obwohl
zweifellos von Männern für Männer geschrieben, auch Spuren der Lebenserfahrungen von
Frauen beziehungsweise weibliche Stimmen zu finden sind.16
Hans-Joachim Kraus verweist in seinen Überlegungen zur Theologie der Psalmen darauf, wie
sehr die Psalmen als Verdichtung von Glaubenserfahrungen zu sehen sind und damit in
außergewöhnliche Weise für theologische Reflexion geeignet sind: „Bedenkt man die
Entstehungs- und Traditionsgeschichte der Psalmen, so wird das Ineinander von akuter
Aussprache und Generationen überdauernder Lob- und Gebetssprache zum exzeptionellen
Gegenstand theologischer Rezeption und Reflexion.“17
Das Beten von Psalmen, so hat unter anderem Weihbischof Helmut Krätzl in seiner Predigt
beim Österreichischen Ordenstag 2002 betont, ist nicht nur Gebet einzelner Menschen und
Beten mit der ganzen Kirche, sondern auch Beten wie Jesus, für den als frommen Juden die
Psalmen zum Gebetsschatz gehörten.18 Diese besondere Bedeutung der Psalmen zeigt sich
auch an entsprechenden intertextuellen Bezügen im Neuen Testament: „Keines der
12
Gunkel, Die Psalmen, S.25.
Vgl. Seybold, Die Psalmen, S.17.
14
Ebda.
15
Gunkel, Die Psalmen, S. 27.
16
Vgl. dazu etwa Ulrike Bail: Die Psalmen. „Who is speaking may be all that matters.” In: Schottroff,
Kompendium feministische Bibelauslegung, S.180-191.
17
Kraus, Die Theologie der Psalmen, S.10.
18
Vgl. Helmut Krätzl: Das Buch der Psalmen – Wegweisung zum Leben. Eine Predigt zur Einführung in den
Ordenstag. In: Das Buch der Psalmen – Wegweisung zum Leben, S. 3-4. S. 3f.
13
5
alttestamentlichen Bücher wird so häufig im Neuen Testament aufgegriffen wie der Psalter.
Etwa ein Drittel der alttestamentlichen Zitate des Neuen Testaments ist dem Buch der
Psalmen entnommen.“19
Zu bedenken ist dabei natürlich, dass die Sprache der Psalmen für Menschen heute, und in
besonderer Weise natürlich auch für Kinder, nicht die eigene ist, sondern die einer lang
vergangenen Zeit. So stellte Claus Westermann bereits 1973 die Frage, ob Psalmenbeten
„heute nur noch eine ehrfürchtig weitergetragene Kulttradition [ist], die aber keine echte
Funktion mehr haben kann, weil die Psalmen das Gebet einer vergangenen Epoche sind und
eine Sprache sprechen, die wir nicht mehr verstehen?“20 Gleichzeitig betonte er aber auch die
Besonderheit der Psalmen, über die jeweilige Gegenwart des oder der Betenden hinaus zu
verweisen: „Eine Eigentümlichkeit des Psalmengebetes ist die Nähe von Vergangenheit und
Zukunft zur Gegenwart des Betenden.“21
Dietrich Bonhoeffer sah in der Fremdheit und Widersprüchlichkeit der Psalmen sogar eine
besondere Qualität des Gebetes: „Es kommt also nicht darauf an, ob die Psalmen gerade das
ausdrücken, was wir gegenwärtig in unserem Herzen fühlen. Vielleicht ist es gerade nötig,
daß wir gegen unser eigenes Herz beten, um recht zu beten.“22
Gegen das eigene Herz zu beten scheint im Widerspruch zu einer modernen
Religionspädagogik zu stehen, die ja gerade die persönliche Gottesbeziehung und daraus
resultierend persönliches Gebet im Sinne von Gespräch mit Gott sehr betont.23 Ingo
Baldermann hat jedoch gezeigt, wie geeignet gerade die manchmal so sperrig erscheinenden
Psalmentexte sind, um Kindern Identifikationspotential und Anknüpfungspunkte an eigene
Lebenserfahrungen zu ermöglichen – aller sprachlichen Fremdheit zum Trotz: „Fangen wir
an, so die Psalmen zu lesen, so werden wir immer mehr Sätze entdecken, die den Kindern
unmittelbar zugänglich sind. Natürlich deckt sich die Sprache der Psalmen nicht mit dem
Code, den die Kinder untereinander sprechen; aber dort werden Erfahrungen angesprochen,
die den ihren so nahe kommen, daß ihnen die Sprache der Psalmen auch gar nicht mehr fremd
erscheint; und das ist schon ein zweites didaktisch wichtiges Ergebnis.“24 In seinem Buch
„Wer hört mein Weinen?“ stellt Baldermann anhand eindrücklicher Beispiele dar, wie sich
Kinder im Religionsunterricht die Psalmen aneignen können – mit kreativen Methoden wie
Pantomime oder Malen, im Paraphrasieren, Weiter- oder Neuschreiben der alten Texte.
19
Sedlmeier, Die Psalmen – Gebete auf dem Weg, o.S.
Westermann, Anthropologische und theologische Aspekte des Gebets in den Psalmen, S. 452.
21
Westermann, Anthropologische und theologische Aspekte des Gebets in den Psalmen, S. 462., Hervorhebung
im Original.
22
Bonhoeffer, Die Psalmen, S.15.
23
Vgl. dazu etwa Biesinger, Kinder nicht um Gott betrügen.
24
Baldermann, Wer hört mein Weinen?, S.13.
20
6
3. Analyseteil: Der Umgang mit Psalmen in Kinderbibeln/Kindergebetbüchern
Nachdem nun in aller Kürze die Besonderheiten des Psalters sowie Chancen und
Schwierigkeiten von heutiger Psalmenrezeption durch Kinder und Erwachsene skizziert
wurden, soll im Hauptteil der Arbeit untersucht werden, wie in ausgewählten Kinderbibeln
und Kindergebetbüchern mit der biblischen Textsorte der Psalmen umgegangen wird. Aus der
Fülle der am Markt erhältlichen Titel (deren Bandbreite von Skurrilitäten wie Fühl-Bibeln für
Babys bis hin zu bibliophil gestalteten Auswahlbibeln für Jugendliche reicht) wurden dabei
einige ausgewählt, die insgesamt als einigermaßen gelungen gelten können und aus
religionspädagogischer wie aus literarischer Sicht von Fachleuten empfohlen werden.25
Untersucht werden dabei fünf Beispiele für Kinderbibeln sowie zwei Beispiele für
Kindergebetbücher, die Psalmen für Kinder bearbeiten bzw. sich vom Ton der Psalmen zu
neuen Gebeten inspirieren lassen. Während zunächst geplant war, vor allem aktuelle Bücher
in den Blick zu nehmen, zeigte sich bei näherer Betrachtung, dass die Erscheinungsjahre der
Erstauflagen von empfehlenswerten Kinderbibeln bereits einige Jahre zurückliegen und wenig
qualitätsvolle Neuerscheinungen vorliegen. Gegliedert wird die Analyse dabei nicht nach den
untersuchten Büchern, was wenig ergiebig erscheint, sondern vielmehr nach zwei Varianten
des Umgangs mit Psalmen, die sich feststellen lassen, nämlich der Aufnahme von einzelnen
Psalmen in reduzierter und oft auch modifizierter Form sowie der Modernisierung bzw.
Neuverfassung von Psalmen. Anders als zunächst vermutet, fand sich im untersuchten
Textkorpus von fünf Kinderbibeln kein Beispiel, in dem Psalmen gänzlich weggelassen
werden.
25
Vgl. dazu etwa http://www.stube.at/buchtipps/kinderbibel.htm [Zugriff 14.7.2011]; Astrid Frey/Rolf
Pitsch/Herbert Stangl: Mit der Bibel groß werden. Kinderbibeln im Vergleich. Borromäusverein: Bonn 2002 und
Borromäusverein/Deutsche Bibelgesesellschaft/Deutscher Verband Evangelischer Büchereien (Hgg.):
Empfehlenswerte Kinderbibeln. Göttingen 2003.
7
3.1. Aufnahme der Psalmen in reduzierter/modifizierter Form
Die großformatige, mit üppigen Bildern des tschechischen Malers Štěpán Zavřel26 illustrierte
Bibel der Schweizer Autorin Regine Schindler, „Mit Gott unterwegs“, stellt einen
bearbeiteten Psalm ganz an den Beginn des Textes. Nach einer kurzen Einleitung zur
Schöpfungsgeschichte und zur Bibel an sich wird erklärt, was Psalmen sind: „Aber die
Menschen redeten auch mit Gott selbst. Sie beteten zu ihm, sie machten Lieder für ihn. Solche
Lieder nennt man Psalmen. Sie sangen Lieder von der Schöpfung. Sie sangen:“27 Es folgt eine
bearbeitete Version von Psalm 104, ein weisheitlicher Schöpfungshymnus.28 Der Text ist
deutlich gekürzt und an den heutigen Sprachgebrauch29 angenähert – so wird etwa der
Eingangsvers „Herr, mein Gott, wie groß bist du!“ (Ps 104,1) ersetzt durch „Du, mein Gott,
du bist so groß.“30 Auch der Schlussvers wird in diesem Stil variiert: Wo es in der
Einheitsübersetzung heißt „Lobe den Herrn, meine Seele! Halleluja!“ (Ps 104,35) heißt es hier
„Wir loben dich, Gott! Amen.“31 Anschließend wird vom Psalmentext ausgehend der Bogen
zu den beiden Schöpfungserzählungen gespannt: „Die Menschen sangen solche Lieder. Sie
erzählten sich auch, wie Gott die Welt erschaffen hat. Und sie schrieben zwei Geschichten auf
über die allererste Zeit unserer Erde. Diese Geschichten stehen am Anfang der Bibel. “32
So wird also, noch bevor die Schöpfungsgeschichte erzählt wird, einfach und verständlich
erklärt, welche Textsorten Psalmen sind und daran anknüpfend bereits ganz zu Beginn der
Kinderbibel eine für ein Bibelverständnis im Sinne zeitgemäßer Theologie ganz wesentliche
Information gegeben, dass nämlich nicht nur die Psalmen, sondern auch die erzählenden
Texte der Bibel von Menschen verfasst wurden – Gotteswort durch Menschenwort,33 wie die
entsprechende theologische Formulierung lautet.
Der nächste Psalm, der sich in „Mit Gott unterwegs“ findet, ist in eine Geschichte eingebettet:
Als Beispiel für die Lieder, mit denen der jungen Hirt David den unglücklichen König Saul
tröstet, ist eine ebenfalls sprachlich bearbeitete Fassung des bekannten Psalm 23 in den
Erzähltext eingebaut: „Gott ist mein Hirte. Er gibt mir alles, was ich brauche. Er führt mich
26
Einige Informationen zum Illustrator, der aus der kommunistischen Tschechoslowakei nach Italien emigrierte
und als freiheitsliebender Katholik bezeichnet wurde, finden sich unter
http://www.radio.cz/en/section/books/the-magical-world-of-childrens-book-illustrator-stepan-zavrel [Zugriff
15.7.2011]
27
Schindler, Mit Gott unterwegs, S.10. Kursivsetzung im Original.
28
Vgl. Zenger, Stuttgarter Psalter, S. 273.
29
Eine genauere Analyse der sprachlichen Bearbeitung der Psalmentexte würde den Umfang dieser Arbeit
sprengen, wäre aber höchst interessant.
30
Schindler, Mit Gott unterwegs, S.10.
31
Ebda.
32
Ebda. (Kursivsetzung im Original)
33
Vgl. Hann, Die Bibel, S.13.
8
auf saftige, grüne Wiesen. Zu Wasserquellen führt er mich und zu einem Ruheplatz.“34
Nachdem also eingangs bereits geklärt wurde, welche Art Textsorte Psalmen sind, wird hier
eine zweite wichtige Information dazugeliefert: Viele der Psalmen werden traditionell König
David zugeschrieben, auch der Psalm 23. Einige Seiten weiter wird König David noch einmal
als Sänger von Liedern charakterisiert, diesmal anhand Psalm 18.35 Weitere bearbeitete
Psalmen sind in die Texte über den Propheten Elija36(Psalm 29) und Daniel37 (Psalm 137)
eingebaut. Mit ihrer Strategie, Psalmentexte stimmig in Erzähltexte zu integrieren, setzt die
Autorin Gunkels Formulierung vom Sitz im Leben der Psalmen um – sie stehen hier nicht wie
im Psalter als eine in sich geschlossene Textsammlung, sondern werden sozusagen Menschen
mitten im Leben in den Mund gelegt, die Gott, aber auch ihre eigenen Lebenserfahrungen
besingen. Die Autorin selbst hat ihren Umgang mit Psalmen in ihrer Bibel in einem Beitrag
über deren Entstehungsgeschichte wie folgt argumentiert: „Ein poetisches, aber, im Gegensatz
zu den andern Kapiteln, nicht narratives ,Psalmenbuch’ schien mir in meine Kinderbibel nicht
zu passen, obwohl ich immer wieder für das Umsetzen von Psalmen für Kinder plädierte, dies
auch in einzelnen meiner Kindergebete tat. [...] In ,Mit Gott unterwegs’ fügte ich dort
Psalmen ein, wo ich sie durch die Protagonisten der Geschichte im Rahmen der Erzählung
singen lassen konnte.“38
Die Kinderbibel von Werner Laubi, illustriert von Annegert Fuchshuber, nimmt Psalmen an
einer einzigen Stelle auf, im Kontext der Geschichte von König David. „David konnte viele
Lieder. Einige davon hatte er sich selber ausgedacht. Eines seiner schönsten Lieder hieß so:“39
Es folgt eine textnahe und ungekürzte Bearbeitung des Psalm 23; daran anschließend ist der
bearbeitete erste Vers des Psalm 27 abgedruckt. Wo es in der Einheitsübersetzung heißt „Der
Herr ist mein Licht und mein Heil: Vor wem sollte ich mich fürchten? Der Herr ist die Kraft
meines Lebens: Vor wem sollte mir bangen?“ (Ps 27,1) wird hier umformuliert: „Gott ist für
mich wie das Sonnenlicht. Er hilft mir und macht mein Leben hell. Darum habe ich keine
Angst. Wenn er bei mir ist, bin ich glücklich und fürchte mich vor niemandem.“40 Wie bei
Schindler wird also auch hier die Anrede „Herr“ durch „Gott“ ersetzt; bemerkenswert
erscheint hier, dass mit zwei Psalmen sehr unterschiedlich umgegangen wird: Während der
sehr bekannte und auch textlich wohl relativ leicht erschließbare Psalm 23 ungekürzt und
34
Schindler, Mit Gott unterwegs, S.96.
Schindler, Mit Gott unterwegs, S. 104.
36
Schindler, Mit Gott unterwegs, S.118
37
Schindler, Mit Gott unterwegs, S.128.
38
Schindler, Vorgeschichte, S. 234f.
39
Laubi, Kinderbibel, S.106.
40
Ebda.
35
9
nahe am Text der Einheitsübersetzung wiedergegeben wird, wird Psalm 27 sprachlich stark
bearbeitet und deutlich gekürzt. Das ansonsten fast vollständige Fehlen der Psalmen in dieser
insgesamt sehr gelungenen Kinderbibel wurde in einer Publikation über Kinderbibeln kritisch
angemerkt.41
Die Kinderbibel von Lois Rock, illustriert von Christina Balit, eine Lizenzausgabe aus dem
Englischen, stellt noch vor den Beginn des eigentlichen Textes, auf die der so genannten
Titelei gegenüberliegenden Seite, einen gekürzten Psalm: Psalm 136, dessen Besonderheit ist,
dass der zweite Teil jedes Verses aus der hymnischen bzw. liturgischen Formel „denn seine
Huld währt ewig“42 besteht, wodurch ein stark litaneiartiger Charakter entsteht. Der Text der
Einheitsübersetzung wird dabei wortwörtlich beibehalten, allerdings werden jene Passagen
gestrichen, in denen detailliert Etappen der Geschichte Israels berichtet werden (etwa „Der die
Erstgeburt der Ägypter schlug“ in Vers 10 oder die Aufzählung jener Könige, die Gott
geschlagen hat in Vers 19 und 20). Ebenfalls im Text der Einheitsübersetzung wird Psalm
24,1-2, der „über JHWH als Schöpfer und Erhalter des Kosmos“43 spricht, in die
Schöpfungsgeschichte integriert, eine ähnliche Vorgangsweise wie bei Schindler.
Ungewöhnlicher ist der erzählerische Kontext, in den der nächste Psalm eingebettet wird:
Psalm 130, eine Bitte in tiefer Not, die mit den Anfangsworten der lateinischen Übersetzung
„De profundis“ bekannt wurde,44 wird nach die Schilderung der Vertreibung aus dem Paradies
gesetzt – der Text ist neben einer eindrücklichen Illustration von Adam und Eva, die
niedergeschlagen das Paradies verlassen müssen, gedruckt. Im Buch Exodus wird der Bogen
von der Geschichte Israels zu den Psalmen als Texte, die diese sowie die Rolle Gottes dabei
besingen und kommentieren, gespannt: Unmittelbar nach der Episode von der Rettung in der
Wüste durch Manna45 werden Verse aus Psalm 107 gestellt, in denen es heißt: „Sie, die
umherirrten in der Wüste, im Ödland“ (Ps 107,4).
Auch hier wird David als der Urheber von Psalmen, jedoch nicht als „erfolgreicher Sänger“,
sondern in schwierigen Lebenssituationen dargestellt: Psalm 23 steht neben einer Illustration,
die ihn als Geächteten in der Wüste zeigt, die ersten Verse von Psalm 51, der in der
Einheitsübersetzung den Davidpsalter eröffnet und sowohl in der jüdischen als auch in der
christlichen Liturgie wichtig wurde,46 an jener Stelle der Lebensgeschichte Davids, die ihm
41
Vgl. Frey, Kinderbibeln im Vergleich, S. 46.
Vgl. Zenger, Stuttgarter Psalter, S. 369.
43
Zenger, Stuttgarter Psalter, S. 64.
44
Vgl. Zenger, Stuttgarter Psalter, S. 354.
45
Rock, Die Kinderbibel, S. 72.
46
Vgl. Zenger, Stuttgarter Psalter, S. 143.
42
10
auch der Psalter zuweist, „als der Prophet Natan zu ihm kam, nachdem sich David mit
Batseba vergangen hatte.“ (Ps 51,2). Naheliegenderweise ist die hier erzählte Episode vom
Ehebruch Davids mit Batseba und die daran anschließende gezielte Ermordung ihres
Ehemannes eine Textstelle, die in Kinderbibeln meist nicht aufgenommen wird.
Lois Rock, über die es auf einer Verlagshomepage heißt, sie sei in vielen Ländern für ihre
Nacherzählung biblischer Geschichten anerkannt,47 übernimmt anders als Schindler und
Laubi die Psalmentexte in der Einheitsübersetzung, während die anderen Texte der Bibel
nacherzählt werden – was angesichts des lyrischen Charakters der Psalmen als eine sinnvolle
und legitime Vorgangsweise erscheint. Insbesondere bei den hier im Kontext der
Lebensgeschichte von König David präsentierten Psalmen wird deutlich, wie sehr diese die
Fülle menschlicher Grunderfahrungen, von der Erfahrung eigener Schuldhaftigkeit bis zum
Vertrauen in Gott, zur Sprache bringen.
Auch die „Neukirchener Erzählbibel“ von Irmgard Weth, illustriert mit den bekannten Bildern
von Kees und Michiel de Kort, stellt einen Psalm an den Beginn ihrer Auswahl der Schriften
des Alten Testamentes. Hier ist es eine variierte Fassung des Psalm 8, die Anklänge an die
Luther-Übersetzung aufweist, Gott wird als Schöpfer der Welt gepriesen. Unter anderem wird
die Formulierung „wie gewaltig ist dein Name auf der ganzen Erde“ (Ps 8,2) durch „wie
herrlich ist dein Name in allen Landen!“48 ersetzt, der Wortlaut der Luther-Übersetzung.
An das Ende des Buches Josua, nachdem Josua den Bund mit Gott erneuert hat, werden
deutlich abgesetzt vom Erzählverlauf, einige bearbeitete Verse aus Psalm 105 gestellt:
„Danket dem Herrn und ruft an seinen Namen! Verkündigt sein Tun unter den Völkern! Singt
und spielt ihm und redet von all seinen Wundern!“49 Es handelt sich dabei um einen
Geschichtspsalm, der den abgeschlossenen Pentateuch voraussetzt und eine Synthese aus
priesterlicher und deuteronomistischer Theologie darstellt.50 So wirkt die Platzierung nach
dem Pentateuch, am Beginn jener Bücher, die in der Einheitsübersetzung als Bücher der
Geschichte des Volkes Gottes betitelt werden, durchaus schlüssig und mit Bedacht gewählt.
Am Ende des Buches Rut stehen Auszüge aus dem Psalm 146, der das hymnische Finale des
Psalters eröffnet.51 Im 1. Buch Samuel werden mehrere David zugeschriebene Psalmen,
teilweise in Auszügen abgedruckt: Psalm 2752, hier bezeichnet als „Ein Lied von David, dem
47
Vgl. http://www.lionhudson.com/authordetail.php?author_id=28 [Zugriff vom 15.7.2011]
Weth, Neukirchener Erzählbibel, S.10.
49
Weth, Neukirchener Erzählbibel, S. 96.
50
Vgl. Zenger, Stuttgarter Psalter, S. 278.
51
Vgl. Zenger, Stuttgarter Psalter, S. 401.
52
Weth, Neukirchener Erzählbibel, S. 131.
48
11
Freund Jonatans“,53 Psalm 59,54 Psalm 5655 und Psalm 34.56 Bemerkenswert erscheint dabei
die Auswahl von Psalm 59 und 56, in denen Gott um Schutz vor den Feinden angerufen wird,
die sich von den in den bisherigen Beispielen ausgewählten Psalmentexten, die eher
Harmonie und Geborgenheit in den Vordergrund stellen, abhebt. Nach den ersten Kapiteln
des 1. Buches der Könige findet sich passend zur erzählten Tempelweihe ein Auszug aus
Psalm 8457 (oft als Tempeltor-Liturgie oder Sehnsuchtsklage nach dem Tempel ausgelegt),58
ganz am Ende des 2. Buches der Könige ein Auszug aus Psalm 106,59 ein Geschichtspsalm.
Am Ende des 2. Buches der Chronik steht wiederum ein Psalm, der sich in seiner deutlichen
Rede vom Einfall der Heiden und Vergießen des Blutes deutlich von der in Kinderbibeln
üblichen Textauswahl abhebt, Psalm 79.60 Zwischen die Bücher Nehemia und Ester sind zwei
Verse aus Psalm 48,61 einem Lied der Freude über die Stadt Gottes, gestellt, am Ende des
Buches Ester thematisch passend zur dort erzählten Befreiung aus der Bedrängnis der Psalm
12462, ein Dank- und Vertrauenslied nach der Rettung aus tiefster Not.63 Ähnlich wird beim
Buch Hiob vorgegangen, an dessen Ende der Psalm 30,64 ein Danklied, steht. Mitten im Buch
des Propheten Hesekiel steht ein Auszug aus Psalm 8065 mit Bezug zum im Erzähltext
skizzierten Bild des Hirten, am Ende des Buches Daniel schließlich als letzter der in dieser
Kinderbibel vertretenen Psalmentexte ein Auszug aus Psalm 130,66 der die Klage Daniels
widerspiegelt. Mit Auszügen aus 15 Psalmen findet sich in dieser Kinderbibel also eine
bemerkenswert große Anzahl an Psalmen (möglicherweise auch nicht zufällig exakt ein
Zehntel des Psalters). In der Textauswahl wird hier ein ungewöhnlicher Weg gegangen,
indem auch Themen wie Gewalt und Bedrohung durch die Feinde nicht ausgespart werden –
die Psalmen werden mit Bedacht sozusagen als Kommentar zu thematisch verwandten
Passagen gesetzt. Durch dieses Einfügen der Psalmen in konkrete Erzählzusammenhänge
wird allerdings auch deren Universalität und Interpretierbarkeit für verschiedene Situationen
relativiert.
53
Ebda.
Weth, Neukirchener Erzählbibel, S. 135.
55
Weth, Neukirchener Erzählbibel, S. 138.
56
Weth, Neukirchener Erzählbibel, S. 140.
57
Weth, Neukirchener Erzählbibel, S. 164.
58
Vgl. Zenger, Stuttgarter Psalter, S. 224f.
59
Weth, Neukirchener Erzählbibel, S. 193.
60
Weth, Neukirchener Erzählbibel, S. 209.
61
Weth, Neukirchener Erzählbibel, S. 222.
62
Weth, Neukirchener Erzählbibel, S. 229.
63
Vgl. Zenger, Stuttgarter Psalter, S. 344.
64
Weth, Neukirchener Erzählbibel, S. 241.
65
Weth, Neukirchener Erzählbibel, S. 303.
66
Weth, Neukirchener Erzählbibel, S. 315.
54
12
Hermann-Josef Frisch macht in der Vorbemerkung zu seinem Buch „Die Bibel. Das Buch
fürs Leben“ transparent, wie und mit welchem Anliegen er mit der Textsorte der Psalmen
umgeht: „Die Psalmen wurden über das Buch verteilt jeweils anderen Texten zugeordnet. So
wird deutlich, dass sie das Beten Israels in ganz bestimmten Situationen darstellen – ein
Modell auch für Beten heute in vergleichbaren Situationen.“67 Frisch belässt alle Bibeltexte in
der Variante der Einheitsübersetzung. Der erste der Psalmen, den er dem Schöpfungstext
beistellt, ist ein Auszug aus Psalm 8,68 ein Lob des Schöpfers – auch die weiteren Psalmen
weisen einen thematischen Zusammenhang mit der jeweiligen Stelle aus dem Alten
Testament auf. Aufgrund ihrer großen Anzahl werden diese hier nur kurz dargestellt. Zum
Erstgeburtssegen Jakobs sind Segensverse aus Psalm 6769 ausgewählt; zur Geschichte von
Josefs Brüdern ein Auszug aus Psalm 13370 vom Wohnen der Brüder in Eintracht; zur
Geschichte von Simson Auszüge aus Psalm 4671, in denen Gott als Burg besungen wird; zum
Buch Rut Psalm 14672, ein Loblied; zu König David Psalm 9373 und 2374 sowie zur Episode
mit Batseba Psalm 5175; zum Tempel ein Auszug aus Psalm 8476; zu Elija am Berg Horeb
Psalm 11577, in dem es um die Anbetung von Götzen geht; neben die Klagelieder und das 2.
Buch der Könige sind Auszüge aus Psalm 79 und 13778 gestellt, zu Sacharja Auszüge aus
Psalm 10779; zu den beiden Büchern Daniel Auszüge aus Psalm 96 und zusammengestellte
Auszüge aus Psalm 2480; zum Buch Ijob Auszüge aus Psalm 13081; zu Jonas Rettung
Auszüge aus Psalm 1882, ein Dank für Rettung aus großer Not, zu seiner Enttäuschung über
Gott Auszüge aus Psalm 139.83 Der bereits bei der Kinderbibel von Irmgard Weth geäußerte
Einwand, dass die Psalmen durch ihr Einfügen in konkrete Erzählkontexte ein Stück ihrer
Universalität verlieren, gilt auch hier.
67
Frisch, Die Bibel, o.S.
Frisch, Die Bibel, S.17.
69
Frisch, Die Bibel, S. 30.
70
Frisch, Die Bibel, S. 38.
71
Frisch, Die Bibel, S. 59.
72
Frisch, Die Bibel, S.61.
73
Frisch, Die Bibel, S.64.
74
Frisch, Die Bibel, S.65.
75
Frisch, Die Bibel, S.70.
76
Frisch, Die Bibel, S.74.
77
Frisch, Die Bibel, S.81.
78
Frisch, Die Bibel, S.93.
79
Frisch, Die Bibel, S.97.
80
Frisch, Die Bibel, S.98f.
81
Frisch, Die Bibel, S.104.
82
Frisch, Die Bibel, S.197.
83
Frisch, Die Bibel, S.108.
68
13
Hermann-Josef Frischs Bibel ist das einzige der untersuchten Beispiele, in dem sich auf zwei
Doppelseiten84 sozusagen eine Kurzfassung des Psalters beziehungsweise Ausführungen zum
Buch der Psalmen finden. Wie alle anderen Bücher der Bibel wird auch das Buch der Psalmen
hier in einem blauen Info-Kasten kurz charakterisiert: Frisch bezeichnet die Psalmen als
Antwort der Menschen auf das Wort Gottes und Modell des Betens sowie der Ausrichtung der
Menschen auf Gott hin. Er skizziert die Vielfalt der Themen und erklärt, dass das Buch der
Psalmen (der Begriff Psalter wird nicht verwendet) 150 Psalmen unterschiedlicher Länge
enthält. Nicht erwähnt wird die für das Textverständnis durchaus relevante Annahme, dass
Psalmen ursprünglich gesungen wurden. In unterschiedlicher Schriftgröße sind anschließend
einige Psalmen in voller Länge (Ps 1, 27, 100, 91 und 150) sowie in Auszügen (Ps 92, 31,
104, und 138) abgedruckt. Obwohl er in seinen Erläuterungen auf die Vielfalt der
ausgedrückten menschlichen Erfahrungen verweist, setzt Frisch hier also auf relativ leicht
zugängliche Psalmen, die in erster Linie Lob Gottes und Vertrauen in seinen Schutz zum
Ausdruck bringen, sperrigere Texte wie Klage- oder Bußpsalmen werden ausgespart.
Frischs Bibel ist so aufgebaut, dass den Bibelstellen sowohl Bilder unterschiedlicher Epochen
als auch Kommentare und Erläuterungen zu einzelnen Begriffen beigestellt sind. Dadurch
wirken die Seiten etwas gedrängt – jenen Psalmen, die nicht im Buch der Psalmen, sondern zu
anderen Bibelstellen gestellt sind, kommt dadurch eine etwas problematische Position zu:
Obwohl sie in der gleichen Schriftart wie die anderen Bibeltexte gesetzt sind, stehen sie meist
wie die Kommentare am Seitenrand und wirken daher ein wenig wie aus der Bibel gedrängt –
oder aber ebenfalls als Kommentare zu den alttestamentarischen Texten, was jedoch die
Interpretation des Herausgebers und nicht die ursprüngliche Intention des biblischen Kanons
ist.
84
Frisch, Die Bibel, S. 120ff.
14
3.2. Modernisieren/neu schreiben von Psalmen
Im letzten Abschnitt der Analyse sollen nun zwei Bücher untersucht werden, die sich nicht als
Kinderbibeln verstehen, sondern Psalmen für Kinder modernisieren beziehungsweise sich
vom Ton der Psalmen zu neuen Texten inspirieren lassen.
2003 erschien im Verlag Bayard das Buch „Les Psaumes pour les tout-petits. Un premier
psautier pour se confier“ (übersetzt: „Die Psalmen für die ganz Kleinen. Ein erster Psalter um
sich anzuvertrauen“) der Autorin Marie-Hélène Delval, illustriert von Arno (Arnaud
Dombre). Der Kommentar des Verlags auf einer Buchhandelshomepage lautet dazu: „Les
psaumes, ces prières-poèmes que la traduction attribue à Moïse, à Salomon et surtout à David,
le roi musicien, n’ont certes pas été écrits pour les tout-petits. Mais est-on jamais trop petit
pour chanter les merveilles de Dieu ?“85 Die Psalmen seien also zwar nicht ursprünglich für
kleine Kinder verfasst worden, man sei aber nie zu klein, um die Wunder Gottes zu besingen.
2005 veröffentlichte der Patmos Verlag eine deutschsprachige Variante dieses Buches,
verfasst von der Schweizer Autorin Regine Schindler, bekannt sowohl für ihre Kinderbibel
„Mit Gott unterwegs“ als auch als Forscherin zu Kinderbibeln und anderen
religionspädagogischen Fragestellungen.86 Da die französische Ausgabe nicht lieferbar ist,
war es nicht möglich zu recherchieren, in welchem Verhältnis französische und deutsche
Ausgabe zueinander stehen – laut eines Pressetextes hat Regine Schindler die 40 hier
abgedruckten Psalmen neu übersetzt und in kindgerechte Sprache übertragen.87 Mit dem
Begriff „kindgerecht“ wird hier eine Formulierung gebraucht, die im Kontext einer
differenzierten Auseinandersetzung mit Kinder- und Jugendliteratur als problematisch
bezeichnet werden kann, bleibt sie doch oft schwammig und diente (in einem historischen
Kontext gesehen) lange Zeit als Vorwand, um aus der jeweils eigenen Sicht für Kinder nicht
geeignete Texte zu zensieren.
Für die Annahme, dass Schindler die Texte neu verfasst hat, spricht jedenfalls auch eine
Auskunft der Autorin im bereits zitierten Beitrag über die Entstehungsgeschichte ihrer
Kinderbibel: „Ich war froh über den Auftrag des Patmos Verlags, fast 10 Jahre nach
Erscheinen meiner Bibel, zu modernen französischen Illustrationen Psalmen für Kinder
verfassen zu können. Es ging dabei vor allem um die Bildhaftigkeit, um Burg und Fels als
85
http://livre.fnac.com/a3605053/Marie-Helene-Delval-Psaumes-pour-les-tout-petits [Zugriff 21.7.2011]
Siehe dazu etwa Gottfried Adam/Rainer Lachmann/Regine Schindler (Hgg.): Das Alte Testament in
Kinderbibeln. Eine didaktische Herausforderung in Vergangenheit und Gegenwart. Zürich: Theologischer
Verlag Zürich 2003, Gottfried Adam/Rainer Lachmann/Regine Schindler (Hgg.): Die Inhalte von Kinderbibeln.
Kriterien ihrer Auswahl. Göttingen: V&R unipress 2008. und Gottfried Adam/Rainer Lachmann/Regine
Schindler (Hgg.): Illustrationen in Kinderbibeln. Von Luther bis zum Internet. Jena: IKS Garamond 2005.
87
Vgl. http://www.weltbild.at/3/16302548-1/buch/im-schatten-deiner-fluegel.html [Zugriff 21.7.2011]
86
15
Bilder für Gott, also nur Psalmenteile, deren Vermittlung mir immer als wichtiger Teil
religiöser Erziehung, vor allem der Gebetserziehung erschienen war.“88
Ebenfalls unklar ist, in welcher zeitlichen Abfolge Textauswahl und -bearbeitung und
Illustrationen entstanden, der Illustrator, Comic-Künstler Arno, verstarb bereits 1996.89
Auf der ersten Seite führt die Autorin kurz in die Psalmen als Gebetbuch der Bibel, als Texte,
in denen Gott in anschaulichen Bildern lebendig wird und sich damit Kinder wiederfinden
können,90 ein. Dann findet sich auf jeder Doppelseite links ein Textauszug aus einem Psalm,
der auf der rechten Seite mit einem ganzseitigen Bild illustriert ist. Die ersten Worte sind
jeweils in einer Farbe gedruckt, die sich in der Illustration wiederfindet, am Ende steht jeweils
die Nummer des Psalms – wobei nicht explizit gemacht wird, dass es sich jeweils um
Auszüge daraus und nicht den ganzen Psalm handelt. Anders als in den bisher gezeigten
Zusammenstellungen gruppiert Regine Schindler die Psalmen nicht nach Themen, sondern
geht sozusagen in der Reihenfolge des Psalters vor: Sie beginnt mit Psalm 1 und endet mit
Psalm 149. Auch wenn der Schwerpunkt auf Lobliedern und Texten mit positiver
Grundstimmung liegt, werden hier Psalmen mit schwierigeren Themen nicht ausgespart und
sehr stimmig in den kindlichen Alltag bzw. kindliche Phantasien und Ängste übertragen.
Psalm 69, ein Hilferuf eines unschuldig Verfolgten, der von der Metaphorik der den Beter
tödlich bedrohenden Wasser- und Schlammmassen bestimmt ist,91 wird hier so
wiedergegeben:
Mein Gott, es geht mir schlecht.
Versunken im Schlamm,
tief unten im Wasser – so fühle ich mich.
Ich habe Angst vor dem Ertrinken.
Ich rufe.
Vom Rufen bin ich müde, und mein Mund ist ausgetrocknet.
Ich bete:
Rette mich, dass ich nicht ertrinke.
Hilf mir, Gott! Ich brauche dich!92
88
Schindler, Vorgeschichte, S. 235. (Hervorhebung im Original)
Vgl. http://www.weltbild.at/3/16302548-1/buch/im-schatten-deiner-fluegel.html [Zugriff 21.7.2011]
90
Vgl. Schindler, Im Schatten deiner Flügel, o.S.
91
Vgl. Zenger, Stuttgarter Psalter, S.182.
92
Schindler, Im Schatten deiner Flügel, S.44.
89
16
Hier zeigt sich deutlich, wie sehr Psalmen menschliche Grunderfahrungen wie Angst und
Bedrängnis thematisieren, die Kindern sehr vertraut sind. Der Autorin gelingt es, einen relativ
langen Psalm (Psalm 69 hat 37 Verse) auf wenige Zeilen zu komprimieren. Sie arbeitet mit
sehr kurz gehaltenen Sätzen und einer einfachen Sprache, die Atmosphäre und Grundaussage
des Textes entsprechen – wer in großer Not zu Gott ruft, wird wohl kaum lange
Schachtelsätze formulieren. Die sprachliche Gestaltung ermöglicht es den lesenden bzw.
zuhörenden Kindern den Psalm auf zwei Ebenen zu rezipieren: Im Sinn einer Metapher für
eine schwierige Lebenssituation, wie es die Formulierung „tief unten im Wasser – so fühle ich
mich“ nahe legt, aber auch als ganz reale Angst vor dem Ertrinken. Das Symbolhafte wird
auch in der Illustration deutlich: Ein kleines Mädchen sitzt mit gesenktem Kopf an die Wand
gelehnt, über ihr schweben bedrohlich wirkende Meereswesen. In seiner Darstellung von
Kinderfiguren bietet Arno auch auf der Bildebene Identifikations- bzw.
Interpretationsmöglichkeiten an, indem er ihre Mimik stark zurücknimmt. Einige Figuren, wie
auch das Mädchen zu Psalm 69, haben keinen Mund – so bleibt Raum für eigene
Betrachtungsweisen, wie es den Figuren wohl ergehen mag. Seine Bilder, die in einem
naiven, an Kinderzeichnungen erinnernden Stil gehalten sind, vermeiden auch eine
offensichtliche zeitliche oder geographische Verortung.
Im letzten Buchbeispiel findet sich nun eine Art des Umgangs mit der Tradition der Psalmen,
die es in der „Allgemeinliteratur“ durchaus häufig, in der Kinderliteratur aber kaum gibt,
nämlich das Verfassen von modernen Psalmen. In seiner Zusammenstellung moderner
Psalmen definiert Paul Konrad Kurz diese wie folgt: „Der Psalm ist ein Gedicht in freien
Rhythmen, das eine spirituelle Aussage, meist die Anrufung Gottes, spricht.“93 In seinem
2010 erschienenen Buch „Immer in deiner Nähe“ verfasst der österreichische Autor Georg
Bydlinski solche Texte – und bezieht seine Vorgangsweise im Vorwort auch ganz explizit auf
die Tradition der Psalmen. Zum fünften Kapitel, das den Titel „Im Schutz deiner Nähe – Lobund Klagelieder“ trägt, schreibt er: „Hier habe ich mich vom Ton der Psalmen und anderer
Gebete der Bibel anregen lassen, allgemein-zeitlose und heutig-moderne Situationen ,ins
Gebet zu nehmen’, die Kinder betreffen. Schmerz- und Trauererfahrung werden bewusst nicht
ausgespart, sondern mit einbezogen: Das Leben hat, auch für Kinder, helle und dunkle
Seiten.“94 Dem Kapitel vorangestellt ist eine Variante von Psalm 36,8 mit jenem Sprachbild,
das auch Regine Schindler als Titel ihrer Psalmen gewählt hat: „Zu dir kommen Menschen
93
94
Kurz, Höre Gott!, S.271.
Bydlinski, Immer in deiner Nähe, o.S.
17
und finden Schutz im Schatten deiner Flügel.“95 Auch einigen der anderen Kapitel sind
Auszüge aus Psalmen vorangestellt. In seinen Lob- und Klageliedern arbeitet Bydlinski mit
Sprachbildern, die denen der Psalmen sehr nahe sind: So wird etwa das lyrische Ich mit einem
kleinen Vogel verglichen, der im Schatten der Flügel der Vogelmutter Schutz findet.96 Eines
der Gebete wird auch im Titel als Psalm bezeichnet, ein „Ferienpsalm“:
„Vor uns liegt die lange Zeit,
die Zeit ohne Prüfung und Schularbeit.
Die Zeit aufzustehn, wann immer ich will.
Die Zeit von Schwimmbad und Gartengrill.
[...]
Die Zeit für Wege, die bergwärts führen.
Die Zeit, sich selber neu zu spüren.
Gott, du lässt die Zeit nie stehn.
Aber lass sie bitte nur langsam vergehn.97
In seiner Aufzählung von Zeit für verschiedene Tätigkeiten verweist der Text auch deutlich
auf einen anderen Text des Alten Testament, die bekannte Stelle Kohelet 3,1-8. So kann auch
ein erster Eindruck von jenen sprachlichen Ausdrucksformen vermittelt werden, die den
LeserInnen später bei der Lektüre biblischer „Originaltexte“ begegnen werden. Auch in den
in anderen Kapiteln des Gebetbuches vertretenen Texten ist immer wieder Nähe zu Stilmitteln
und Ausdrucksformen der Psalmen feststellbar, am deutlichsten in einem Loblied im Kapitel
„Texte für den Gottesdienst“, in dem es heißt:
„Lobt Gott mit euren Spielen,
mit euren Bauwerken aus Legosteinen,
mit eurem Jubel auf dem Fußballfeld!
Lobt Gott mit dem Geschick eurer Hände,
mit Basteleien und Bildern,
mit der Begeisterung beim Gameboyspiel!
95
Bydlinski, Immer in deiner Nähe, S. 73.
Vgl. Bydlinski, Immer in deiner Nähe, S. 74.
97
Bydlinski, Immer in deiner Nähe, S. 81.
96
18
Lobt Gott mit Worten und Liedern,
lobt ihn mit jedem Atemzug,
mit eurer Freude am Leben!“98
Bydlinski findet hier einen stimmigen Weg, sich nicht an moderne Phänomene anzubiedern,
Elemente aus dem heutigen Kinderalltag aber ganz selbstverständlich in seine Gebete
aufzunehmen99 – wie ja auch die Textsorte der Psalmen mitten im Leben verortet ist.
Während in den Kinderbibeln Psalmen, anders als die erzählenden Texte, nicht illustriert
werden, gibt es in den letzten beiden Büchern Illustrationen – bei Arno beziehen sich diese
sehr deutlich auf die Grundstimmung des jeweiligen Psalmes und verzichten dabei auf allzu
viel Ausschmückung, die Bilder, die Carola Holland zu den modernen Psalmen von Georg
Bydlinski stellt, zeigen sehr harmonisch-liebliche Sujets wie eine kuschelnde Bärenfamilie
oder anthropomorphisierte Tiere.
4. Fazit, Ausblick
Anders als es ein erster Eindruck vermuten ließe, hat sich bei der Analyse der sieben als
Textkorpus ausgewählten Kinderbibeln bzw. -gebetbücher gezeigt, dass diese Psalmen sehr
wohl in ihre Textauswahl mit aufnehmen. Mit zu bedenken ist dabei natürlich auch die bereits
eingangs formulierte Besonderheit, dass Kinderbibeln in einem engeren exegetischen
Verständnis keine Bibeln im kanonischen Sinn darstellen, sondern stets aus den festgelegten
Büchern der Heiligen Schrift eine Auswahl treffen (müssen). Weiters wichtig erscheinen die
durchaus weitreichenden Konsequenzen der Textauswahl für die kinderpastorale Praxis:
Wenn mit Kindern in pastoralen Kontexten zur Bibel gearbeitet wird, geschieht dies meist mit
Kinderbibeln – wenn also in Kinderbibeln Psalmen nicht oder nur zu einem sehr kleinen Teil
vorkommen, bedeutet das in Folge auch, dass die Wahrscheinlichkeit sinkt, dass Kinder die
Möglichkeit haben, Psalmen kennen zu lernen. Die sieben hier untersuchten Bücher sind
natürlich nur ein kleiner Teil des Buchangebotes – im Rahmen einer größeren Arbeit wäre es
lohnend, die hier angestellten Überlegungen auf einen breiteren Textkorpus anzuwenden.
Auch Fragen nach der Übersetzung beziehungsweise der sprachlichen Gestaltung von
Psalmen für Kinder konnten hier nicht oder nur am Rande behandelt werden.
98
Bydlinski, Immer in deiner Nähe, S. 93.
Diese und andere Anmerkungen zu diesem Buch habe ich bereits an anderer Stelle angestellt: Kathrin
Wexberg: Ferienpsalm und Freudenlied. Georg Bydlinskis neue Gebete für Kinder. In: 1000 und 1 Buch 3/2010.
S. 23.
99
19
Insgesamt hat sich gezeigt, dass in den meisten Fällen der Psalter nicht als ganzes Buch
übernommen wird, sondern ausgewählte Psalmen zu thematisch verwandten Bibelstellen
gestellt werden. Damit wird der Sitz im Leben, die Allgemeingültigkeit der in den Psalmen
artikulierten menschlichen Erfahrungen deutlich. Ein Bewusstsein für den Psalter als Buch
der Bibel und die Bandbreite der Psalmen und ihrer Themen geht jedoch verloren, zumal
meist in erster Linie Texte mit einer positiven Grundstimmung ausgewählt werden.
Problematisch erscheint jene Zugangsweise, die Psalmen auch im Rahmen des Seitenlayouts
anderen Texten fast als Kommentar oder Beiwerk zur Seite stellt. An der Art, wie überlegt
und bedacht Psalmen in das Gesamtgefüge einer Kinderbibel integriert werden, zeigt sich
auch ein Stück weit die allgemeine Zugangsweise der Kinderbibel – so kann die Frage nach
dem Umgang mit Psalmen durchaus auch als Qualitätsmaßstab dienen.
In jenen beiden Buchbeispielen, die Psalmen für Kinder neu formulieren oder sich vom Ton
der Psalmen zu Kindergebeten inspirieren lassen, zeigt sich deutlich, wie ungebrochen die
sprachliche Ausdruckskraft und das Identifikationspotential dieser Texte sind.
Sich im Sinne der eingangs zitierten Formulierung von Rilke ganz im Psalter unterzubringen,
wird dennoch in den wenigsten Fällen möglich sein, da sich in keinem der untersuchten
Beispiele der Psalter tatsächlich als ganzes Buch findet – eigene Lebenserfahrungen wieder zu
finden, ist jedoch sehr wohl möglich. So könnte abschließend für Kinderbibeln und
Kindergebetbücher in Anlehnung an Albert Biesingers bekanntes Postulat, Kinder nicht um
Gott zu betrügen,100 die Anregung formuliert werden, Kinder nicht um Psalmen zu betrügen,
sondern diese Textsorte noch umfassender in entsprechende Zusammenstellungen
aufzunehmen.
100
Biesinger, Kinder nicht um Gott betrügen.
20
5. Literaturverzeichnis
5.1. Untersuchte Kinderbibeln/Kindergebetbücher bzw. Bibelausgaben
Die Heilige Schrift. Einheitsübersetzung. Stuttgart: Verlag Katholisches Bibelwerk 1981. [9.
Auflage 2001]
Bydlinski Georg: Neue Gebete für Kinder. Ill. v. Carola Holland. Mannheim: Sauerländer
2010.
Frisch Hermann-Josef: Die Bibel. Das Buch fürs Leben. Düsseldorf: Patmos 2004.
Laubi Werner: Kinderbibel. Ill. v. Annegert Fuchshuber. Lahr: Ernst Kaufmann 1992. [8.
Auflage 2002]
Rock Lois: Die Kinderbibel. Ill. v. Christina Balit. Aus dem Engl. v. Norbert Juraschitz und
Karin Miedler. Innsbruck: Tyrolia 2001.
Schindler Regine: Im Schatten deiner Flügel. Die Psalmen für Kinder. Ill. v. Arno.
Düsseldorf: Patmos 2005.
Schindler Regine: Mit Gott unterwegs. Die Bibel für Kinder und Erwachsene neu erzählt. Ill.
v. Štěpán Zavřel. Innsbruck: Tyrolia 1996.
Weth Irmgard: Neukirchener Erzählbibel. Ill. v. Kees und Michiel de Kort. NeukirchenVluyn: Kalenderverlag des Erziehungsvereins 1998. [2. Auflage 2008]
[Anmerkung: Da in der Kinderliteratur das Verlagswesen für literarische Entwicklungen
wichtig ist, führe ich, anders als in den Zitationsvorgaben der Theologischen Kurse
vorgesehen, die Verlage an.]
5.2. Weitere Primärliteratur
Rainer Maria Rilke: Briefe an seinen Verleger 1906-1926. Hg. von Ruth Sieber-Rilke und
Carl Sieber. Leipzig: Insel 1934. S.247.
Nelly Sachs: David. In: Sternverdunkelung. Amsterdam: Bermann-Fischer/Querido 1949, S.
40.
5.3. Sekundärliteratur
Adam Gottfried/Rainer Lachmann/Regine Schindler (Hgg.): Das Alte Testament in
Kinderbibeln. Eine didaktische Herausforderung in Vergangenheit und Gegenwart.
Zürich: Theologischer Verlag Zürich 2003.
21
Adam Gottfried/Rainer Lachmann/Regine Schindler (Hgg.): Illustrationen in Kinderbibeln.
Von Luther bis zum Internet. Jena: IKS Garamond 2005.
Adam Gottfried/Rainer Lachmann/Regine Schindler (Hgg.): Die Inhalte von Kinderbibeln.
Kriterien ihrer Auswahl. Göttingen: V& R unipress 2008.
Bail Ulrike: Die Psalmen. „Who is speaking may be all that matters.” In: Luise
Schottroff/Marie-Theres Wacker (Hgg.): Kompendium feministische Bibelauslegung.
Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 1998. S.180-191. [3. Auflage 2007]
Baldermann Ingo: Wer hört mein Weinen? Kinder entdecken sich selbst in den Psalmen.
Vluyn: Neukirchener Verlag 1986. [9. Auflage 2008]
Biesinger Albert: Kinder nicht um Gott betrügen. Anstiftungen für Mütter und Väter.
Freiburg: Herder 2005.
Bonhoeffer Dietrich: Die Psalmen. Das Gebetbuch der Bibel. Bad Salzuflen: MBK Verlag
1940. [17. Auflage 2006]
Borromäusverein/Deutsche Bibelgesellschaft/Deutscher Verband Evangelischer Büchereien
(Hgg.): Empfehlenswerte Kinderbibeln. Göttingen 2003.
Braun Josef: Artikel Kinder- und Schulbibeln. In: Norbert Mette /Folkert Rickers (Hgg.):
Lexikon der Religionspädagogik. Zwei Bände. Bd. 1. Vluyn: Neukirchener Verlag
2001. Sp. 1015– 1017.
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22
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Kurz Paul Konrad (Hg.): Psalmen vom Expressionismus bis zur Gegenwart. Herder: Freiburg
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Stadler Arnold: Das Buch der Psalmen und die deutschsprachige Lyrik des 20. Jahrhunderts.
Zur den Psalmen im Werk Bertolt Brechts und Paul Celans. Wien: Böhlau 1989.
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Wexberg Kathrin: Ferienpsalm und Freudenlied. Georg Bydlinskis neue Gebete für Kinder.
In: 1000 und 1 Buch 3/2010. S. 23.
5.4. Internetquellen
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http://www.radio.cz/en/section/books/the-magical-world-of-childrens-book-illustrator-stepanzavrel [Zugriff 15.7.2011]
http://www.lionhudson.com/authordetail.php?author_id=28 [Zugriff vom 15.7.2011]
23
http://livre.fnac.com/a3605053/Marie-Helene-Delval-Psaumes-pour-les-tout-petits [Zugriff
21.7.2011]
http://www.weltbild.at/3/16302548-1/buch/im-schatten-deiner-fluegel.html [Zugriff
21.7.2011]
24