Eine Frau, ein Busen: Laetitia Casta, französische
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Eine Frau, ein Busen: Laetitia Casta, französische
Eine Frau, ein Busen: Laetitia Casta, französische Göttin 28 DA S M A G A Z I N 6/2 0 1 0 CUP B Seit sie 13 ist, will Lea nur eines: neue Brüste. Mehr denn je sehnen sich junge Frauen nach dem perfekten Busen. VON A NDRE A SC HAFROT H BIL D: STEEV E IUNCKER (VU, LAIF ) W enn irgendwo ein herrlich praller Busen in Sicht war, wenn nur schon dieses Wort fiel, brach Lea in Tränen aus. «Busen». — Jetzt geht es ihr besser, ihre Eltern haben unterschrieben, sie darf sich operieren lassen: Lea ist 17. Sie erhält zwei neue Brüste. Seit fast fünf Jahren wartet sie darauf. Eine Ewigkeit. Lea hat die Jahre, die Monate, die Tage gezählt. Es begann, als sie 13 war: Lea sah jüngere Mädchen mit grösseren Brüsten. Klar, ihre, aprikosengross mit spitzen Brustwarzen, konnten noch wachsen, aber Lea glaubte nicht daran: Die Mutter und auch die ältere Schwester hatten kleine Brüste, sozusagen nichts. Als sie 15 war, wurde Leas Problem zum Drama. Fast jeden Abend schrie und heulte sie am Familientisch. Sie weinte sich in den Schlaf, sodass an manchem Morgen die Augen zu Beulen angeschwollen waren und sie die Schule sausen liess. Bahnhof Stadelhofen, Zürich: Lea rennt nach Feierabend die Rolltreppe zum Gleis hoch, den iPod-Knopf im Ohr, die Gratiszeitung in der Hand. Eine ganz normale junge Frau, angehende kaufmännische Angestellte im zweiten Lehrjahr. Lange Beine, blondes Haar, ein rundes Gesicht mit Mandelaugen und vollen Lippen wie die von Scarlett Johansson. Sie trägt eine transparente, schwarze Bluse, darunter schimmert ein pinkfarbenes T-Shirt. Ein Schal verbirgt die Brustpartie. Lea schafft es gerade noch auf die S-Bahn nach Hause. Sie wohnt bei ihren Eltern, in einer pastellfarbenen Siedlung im Zürcher Oberland, mit Blick auf einen Streifen See am Horizont. «Früher wäre ich oft am liebsten unsichtbar gewesen. Da waren überall junge Frauen, denen ein ausgeschnittenes Top wie angegossen stand. Bei mir sah alles nur dumm aus.» Lea sitzt inzwischen zu Hause am Esstisch. Neben ihr der Vater, er erzählt: «Als unsere Tochter uns anschrie, sie halte es nicht mehr aus mit diesen Brüsten, sie müsse sich operieren lassen, war das ein Schreck. Aber wir sahen das Ausmass ihrer seelischen Krise und wollten helfen.» Die Eltern begleiteten Lea ins Kinderspital und zur Frauenärztin, sie bekam die Pille verschrieben, die das Wachstum ankurbeln sollte. Aber der Busen blieb klein. Die Eltern schickten Lea zur Psychologin. Die fragte sie, was sie so mache in der Freizeit. Lea verstand kein Wort. Sie hatte doch nur dieses eine Problem: Brüste, die keine waren. Am Ende blieben die Schönheitschirurgen. Lea und ihre Eltern gingen von einem zum nächsten, aber überall hiess es: viel zu jung! In den USA bekommen Teenager zum 16. Geburtstag Brüste wie Luftballons geschenkt. In der Schweiz ist ein Mädchen, das wie Lea bereits mit 15 in der Praxis des Schönheitschirurgen sitzt, noch die Ausnahme. Doch auch hier erwacht der Wunsch nach operativer Optimierung früh: Laut einer Studie von 2007 hat ein Viertel der Frauen, die sich operieren liessen, schon vor 20 daran gedacht. Bei einer Befragung in Deutschland gaben vierzig Prozent der Mädchen zwischen 9 und 14 Jahren an, sie würden sich gerne Fett absaugen lassen, und zehn Prozent wünschten sich eine Brustoperation. Es kommt vor, dass Freundinnen zwischen 20 und 30 sich reihum die Brüste operieren lassen. Gerade jetzt, im Winter, lassen Frauen wieder an sich schnipseln und stopfen, damit sie im Frühjahr parat sind: schlanker Körper, voller Busen. «Unser Verhältnis zum Körper wird technischer», sagt Trendforscherin Karin Frick vom Gottlieb Duttweiler Institut. Vielleicht stellen wir dereinst unsere Körper zusammen wie unser Outfit, nach Lust und Laune, tragen den Busen mal gross wie eine Bowlingkugel, mal klein wie einen Pingpongball. Oder werfen noch rasch eine Pille für phosphoreszierende Haut ein, bevor wir ins Nachtleben ziehen. Je verfügbarer die Techniken zur Verschönerung werden, umso höher wird die ästhetische Messlatte gelegt: Frauen mit grauen Strähnen sind so selten geworden wie Jugendliche mit Pickeln. Und weil inzwischen sämtliche jungen Gebisse mit ausgeklügelten Zahnkorrekturen aufs Hollywood-Perlweiss-Lächeln getrimmt werden, wirken krumme Zähne künftig noch schräger. Der Fortschritt in der Schönheitstechnologie bringe mehr Möglichkeiten, aber auch mehr Zwänge, sagt die österreichische Soziologin Waltraud Posch: «Wir handeln individuell und vergessen, dass wir dabei immer die Norm mitdenken.» OBJEKT DER BEGIERDE Deshalb geistert der perfekte Busen so kollektiv wie nie zuvor in den Köpfen junger Frauen herum — als greifbares Objekt der Begierde. Wenn sie im Starbucks an ihrem Macchiato nippen, plaudern sie gleichmütig über Brustvergrösserungen wie über die neusten Chucks oder die knackigen Ärsche vorbeigehender Männer oder Heidi Klums Topmodel-Show. Aufregung kommt vielleicht auf, wenn sie die ganz neuen Trends der Schönheitschirurgie drannehmen: Schamlippenverkleinerung — «etwas für Schlampen». Die Bleichung des Analbereichs: «schwul». Und Implantate für strammere Waden und Pobacken? «Einfach nur peinlich.» Lea schaut in den Spiegel. Wie ein Gemälde hängt er in ihrem Zimmer quer an der Wand. Am Rahmen baumeln die wuchtigen Ohrringe für den Ausgang. Lea wählt glitzernde DA S M A G A Z I N 6/2 0 1 0 29 ! ! 30 Kreolen, dann reisst sie Kleider aus dem Schrank, breitet sie auf dem Bett aus. In zwei Stunden geht sie an eine Party. Sie wird nicht mit knallig rot geschminkten Lippen hingehen und auch nicht im hautengen Minirock. Lea steht auf Natürlichkeit, wie sie sagt. Aber auch die will gestylt sein: «Ich bin Perfektionistin, was mich selbst angeht.» Es sind nicht Menschen mit zerknitterten Gesichtern, die sich operieren lassen, es sind die Schönen, die schöner werden wollen. Unerbittlich suchen sie nach einem Makel, den ausser ihnen keiner sieht. Gutes Aussehen ist für sie Pflicht — und auch ihr Recht. Sie kennen die Beschaffenheit ihres Äusseren bis ins kleinste Detail. Lea kneift sich in die Wangen: «zu speckig». Aber schlimm sei das nicht, schlimm ist nur der Busen. Wegen des Busens geht Lea seit Jahren in keine Badi mehr, oder nur, wenn es anders nicht geht: Sie behält dann ein T-Shirt an, zieht es kurz aus, falls sie ins Wasser muss, danach gleich wieder an. Dabei, sagt ihre Schönheitschirurgin, liegen Leas Brüste keineswegs ausserhalb der normalen Bandbreite. Und Lea sagt: «Die Männer finden meine kleinen Brüste okay.» Aber sie würde nie zulassen, dass einer ihren Busen berührt. Und sie weiss, sie ist nicht allein mit ihrer Scham. Manche Mädchen behalten wie Lea beim Sex den BH an, weil sie ihre Brüste für unzumutbar klein halten. Es gibt andere Mädchen, mit Brüsten wie Wassermelonen, die betteln schon mit 14 darum, sie verkleinern zu dürfen. Weil die Männer ihnen nie in die Augen sehen würden. Wie Brüste auszusehen haben, ist ihnen allen klar: Cup B, schön gefüllt. Der Busen ist eine Frage der Körbchengrösse geworden — mit nationalen Varianten. In Frankreich sind Männer auf den Hintern fixiert, dort tuts vorne auch ein satt gefülltes A. Schliesslich sind Brüste, evolutionsbiologisch gesehen, ohnehin nur auf die Vorderseite der Frau geratene Pobacken, die der aufrechte Gang des Menschen als neue sexuelle Locksignale erforderlich machte (sagt Desmond Morris). Im übrigen Europa soll die Oberweite grösser sein, eben Cup B, aber nicht so opulent wie in den USA: Dort, im Land der Big Macs, hat der Busen aus Cup C zu quellen. Mindestens. DER BH MACHT DEN BUSEN Lea trägt immer einen BH. Es sind dicke Push-ups, die sie mit zusätzlichen Kissen stopft. Mädchen kaufen sich heute ihren ersten BH, sobald die Knospen spriessen. Denn der BH macht den Busen: Er gibt den Brüsten diese volle Rundung, er drückt sie hoch und zusammen, damit bei tiefem Ausschnitt ein Tal zwischen Kugeln erscheint. Und er versteckt seine natürliche Form und die Brustwarzen, die sich keinesfalls abzeichnen dürfen. Deshalb guckt der BH heute auch unter luftigen Sommerkleidern hervor. Darum sind sogar Bikini-Oberteile gepolstert, deren Sinn einst gerade darin bestand, unter einem Hauch von Stoff den Busen durchschimmern zu lassen. Eine knappe Generation vor Lea sahen Frauen im BH in erster Linie eine Art Gefängnis. Nach 1968 verbannten sie ihn aus Protest gegen äussere Zwänge aus ihrer Garderobe. Sie entblössten ihre Brüste an Demonstrationen oder wuschen oben ohne Autos. Sie zogen am Strand ihre Bikini-Oberteile aus oder rollten ihre Einteiler hinunter bis an die Hüfte. Unvorstellbar für Lea. Das Idealbild des Busens ist so absolut wie historisch relativ. Steinzeitmenschen verehrten die Venus von Willendorf, der die Brüste bis zum Bauchnabel herunterhingen. Die Griechen insze- DA S M A G A Z I N 6/2 0 1 0 DIFFUSE LEIDEN «Die Adoleszenz ist eine Zeit der inneren Stürme», sagt Monika Gsell, Psychoanalytikerin in Zürich, die sich seit Jahren mit dem Thema Schönheitsoperationen auseinandersetzt. Es sei die Zeit diffuser Spannungen und Ängste, die mit aller Gewalt an die Oberfläche drängen. «Auf einmal dreht sich das ganze Denken und Fühlen um den einen äusseren Makel. Da die Ursachen psychischer Probleme meist unbewusst sind, suchen Menschen nach einer plausiblen Erklärung. Man möchte das Leiden fassbar und rasch lösbar machen.» Nora Ephron weiss das, fast nebenbei bemerkt sie, es sei ihr natürlich schon klar, dass ihre Besessenheit damals letztlich wenig mit ihren Brüsten zu tun gehabt habe. Dennoch besteht sie auf ihrer Obsession: Kein noch so vernünftiges Argument habe je ihr unbändiges Verlangen nach anderen Brüsten schmälern können. Auch Lea schert sich nicht um Einwände. Sie sitzt endlich, an diesem lang ersehnten Montagmorgen, im VorbereiD A S M A G A Z I N 6/2 0 1 0 31 Gewinnen Sie von zur 2 Karten Weltpremiere Tim Burton's Alice im nierten Aphrodites Apfelbrüste als Symbol purer Erotik. Und während der Renaissance feierten die Maler hoch gelegene, baumnussgrosse Brüste. Dank dem Korsett wurde der Busen über die Jahrhunderte mal hochgedrückt, mal flachgepresst. Auch andere technische Hilfsmittel versprachen Wunder, etwa der «Bust Developer», der Ende des 19. Jahrhunderts aufkam: ein «Die Männer finden saugglockenartiges Gerät, das meine kleinen über die Brust gestülpt wurde Brüste okay», sagt Lea. und die Durchblutung fördern sollte, damit der Busen grösser, Aber nie würde schöner, runder werde. sie zulassen, dass einer Klein, gross, klein — wechselhaft war die Geschichihren Busen berührt. te des Busens im letzten Jahrhundert. In den Zwanzigerjahren galt eine androgyne Figur als schön, und Frauen schnitten sich in einer emanzipatorischen Geste die Haare kurz. In den Sechzigerjahren eroberte die spindeldürre flachbrüstige Twiggy die Welt, Urmutter des anorektischen Topmodels. Aber dazwischen, in den Fünfzigerjahren, regierten die wollüstigen Kurven der Marilyn Monroe. Auf bunten Plakaten warben vollbusige Pin-up-Girls für Melonen. Ihre dicken Brüste in steifen, spitz auslaufenden Büstenhaltern wiesen stramm in die Horizontale. In jener Zeit war Nora Ephron so alt wie Lea heute. Die amerikanische Drehbuchautorin und Regisseurin von Hollywood-Schlagern wie «When Harry Met Sally» breitet in einem berühmt gewordenen Aufsatz von 1975 minutiös ihre an winzigen Brüsten leidende Teenagerseele aus. Es könnte auch Lea sein, die beschreibt, wie sehr ihr Badeanzüge ein Gräuel sind und wie verzweifelt sie ihre Büstenhalter ausstopft. Wunderland 25.2.10 in London inkl. Flug und Unterkunft in London Übernachtung vom 25.2. — 26.2.2010 im Hotel Soho Oder je 25 x 2 Karten für die regulären Vorführungen in den schweizer Kinos ! Teilnahme via email an: [email protected] Teilnahmeschluss: 17.2.10 Die Preise werden unter allen Teilnahmen verlost. Teilnahmeberechtigt sind alle in der Schweiz wohnhaften Personen ab 18 Jahren. Tamedia-Mitarbeiter sind von der Verlosung ausgenommen. Die Gewinner werden direkt benachrichtigt. Es wird keine Korrespondenz geführt. Die Preise können weder umgetauscht noch in Bargeld umgewandelt werden. Es besteht kein Kaufzwang. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. © Disney tungszimmer des Operationszentrums Zumikon: «Jemand, der zu dick ist, kann aufhören, sich mit Chips vollzustopfen», sagt sie, «ich kann meine Brüste beim besten Willen nicht selbst grösser machen.» Fast 10 000 Franken wird sie die Operation kosten, sie hat das Geld zusammengespart von ihrem kleinen Lehrlingslohn und das Sparbüchlein mit dem Geld von Geburt bis Konfirmation geplündert: «Ein Kollege hat zu mir gesagt, für so viel Geld würde er sich lieber ein schönes Motorrad kaufen, ich kaufe mir jetzt halt die Lösung meines Problems.» Lea trägt ein weisses Operationshemd mit grauem Muster und graue Frotteeschlappen. Den BH, den getigerten, musste sie ausziehen. Ihre Ärztin wird noch Markierungen auf die Haut zeichnen für die Operation. Sie sitzt ihr gegenüber, lächelt Lea an. Dr. med. Cynthia Wolfensberger gleicht mehr einer Gospelsängerin, aber sie ist Fachärztin für plastische und ästhetische Chirurgie. Geschickt dreht, wendet und drückt sie ein Silikonkissen in einer Hand: «Es gibt runde Implantate, tropfenförmige, hochovale und querovale, spitze, breite, extraflache — und natürlich alles in verschiedenen Grössen.» Eine halbe Stunde später liegt Lea im Operationssaal und schläft. In ihrem offenen Mund steckt ein Plastikschlauch, die Fussnägel sind rot lackiert. Ihre Haut wird mit Desinfektionsmittel eingerieben, sodass die Brustwarzen sich durch die Kälte zu kleinen Knoten zusammenziehen. Dann wird ihr Körper in grüne Papiertücher gepackt, nur die Brüste schauen hervor: zwei kleine Hügel, wohlgeformt und symmetrisch. Es gibt Frauenbrüste, die aufeinanderzukleben scheinen, andere, die weit auseinander, besonders hoch, tief oder verschoben liegen. Es gibt Hühnerbrüste und asymmetrische Warzenhöfe oder Brustpaare, bei denen eine Brust halb so gross ist wie die andere. Bei Marilyn Yalom, der Verfasserin des Standardwerks «A History of the Breast», klingt das schöner: «Die Brüste der Frauen schauen aus wie Zitronen, Orangen oder Grapefruits, wie Äpfel, Birnen und Melonen, wie Rüben und Auberginen.» Junge Frauen wie Lea wissen natürlich, dass Bilder lügen können und Keira Knightleys perfekter Busen eine Illusion aus dem Photoshop ist: Und doch fürchten sie in ihrem tiefsten Innern, unter den wattierten BHs der anderen könnte sich dieser surreale Barbie-Busen verstecken — voll, rund und brustwarzenlos —, der sich dem Gesetz der Schwerkraft entzieht. Der Busen ist der wunde Punkt der Frau. Dort stülpen sich Unsicherheiten im weiblichen Selbstverständnis, Zweifel und Ängste im Umgang mit dem anderen Geschlecht quasi nach aussen. Er ist das einzige Organ, bei dem man miterlebt, wie es wächst. «Brüste», schreibt Ephron in ihrem Aufsatz, «haben mehr mit Frauwerden zu tun als alles andere.» Das Verhältnis der Frau zu ihrem Busen ist so intim wie fragil. Das hat auch damit zu tun, dass er seit jeher als Projektionsfläche dient: Brüste sind ebenso zur christlichen Mystifizierung in der Darstellung der stillenden Maria geeignet wie zur Ankurbelung des Pornogeschäfts. Die Brust steht als sprudelnde Milchquelle für Leben, sie ist aber auch Herd tödlicher Krebsgeschwüre. Sie verkörpert Sex in all seinen Facetten, steht aber auch für Brutpflege und Mutterpflichten. Doch eigentlich sitzt im Busen die weibliche Potenz. Davon zeugen die Brustfetische früher Kulturen: vielbrüstige Gottheiten oder solche mit grotesk überdimensionalen Brüs- # ! ! !" # ####$##! * "#$ 2 '$ $+ ):7597( # < ):::. ' , )67597(/ # + 3:7597 ;:675 ' 7 , $+ (7/ 8 $ # % ## / 1 3 $ ;0 8 - 7971 &) 797 / $ 7 ! $ $ $+ ;: 7 $ 8 # $4 7 / $ 8 &) 7971 # / ## 1 1 , 7 8 $ ,/ 7 ten. Die alten Ägypter statteten sogar einen männlichen Gott mit Brüsten aus — God Hapi. Trotz all den späteren Vereinnahmungen ist die Brust als Symbol weiblicher Macht den Frauen nie ganz abhandengekommen: 1969 trieben an der Frankfurter Universität Studentinnen den weltberühmten Philosophen Theodor W. Adorno in die Flucht — mit ihren nackten Brüsten. In den Achtzigerjahren machte das Pornosternchen Cicciolina Schlagzeilen, als es für das italienische Parlament kandidierte und im Wahlkampf als Freiheitsstatue mit einer entblössten Brust posierte. Und nicht so lange ists her, da schwappte eine Welle freudiger Entrüstung durch die Medien: Angela Merkel, die Bundeskanzlerin, blies an einem offiziellen Anlass zum ungewohnt weiblichen Angriff — mit ihrem ebenso freizügigen wie proppevollen Décolleté. Es brutzelt, der Geruch von versengtem Fleisch zieht durch den Operationssaal. Das elektrische Messer schneidet eine saubere Linie in die Brustfalte und verödet dabei die Äderchen. Ohne zu bluten, klafft die Wunde. Cynthia Wolfensberger steckt ihre Finger hinein. Mit ganzer Kraft schiebt sie Muskeln und Gewebe beiseite, dass die Brustdecke sich wölbt und bewegt. Sie stopft eine Plastikhülle ins Loch und pumpt sie auf. «Zu gross, nicht?», sagt sie zu ihren Helferinnen und lässt Luft ab. So. Sie entfernt die Pumpe, nimmt das Implantat der richtigen Grösse aus der Kartonschachtel, ein matt glänzendes Silikonkissen, Marke Nagor. Setzt es ein. Zunähen, zweite Brust, fertig. Nach einer Stunde recken sich Leas Brüste in die Höhe. Zwei Matterhörner. Drei Monate später, Lea steht in der Praxis ihrer Ärztin und streicht sich wie so oft ihren schräg geföhnten Pony aus der Stirn: «Doch, sie sind schön geworden.» Damit Frau Wolfensberger kontrollieren kann, zieht Lea den Pulli hoch und auch den BH, einen roten mit schwarzen Spitzen. Zwei Brüste tauchen auf, fest und rund, darunter zwei feine rote Linien, die Narben. Nach der Operation hat Lea zwei Tage lang gekotzt vom Narkosemittel, bevor sie ihren neuen Busen begutachten konnte. Als sie dann mit den Fingern drüberfuhr, war er hart und taub. Aber inzwischen kann Lea wieder auf dem Bauch schlafen, und alles fühlt sich an wie früher, nur einfach grösser. Und das Leben, fühlt es sich anders an? Nein, sagt Lea, es geht weiter, der Stress in der Schule, der Ausgang am Wochenende. Vielleicht, sagt sie, sind es weniger die neuen Brüste selbst, die ihr Leben verändert haben, als das Wissen darum, ihren Körper verändern zu können. Aber jetzt sind sie da, und das ist gut. Klingt nicht ein leises Zögern aus diesem Satz? Nein. Nun ja, sie trägt noch immer ihre alten BHs, immer noch Cup A. Aber die Grösse passt zu ihr, das sagen alle. Nur für den Fall, dass sie mal wieder etwas richten lassen müsste — schliesslich halten Implantate kaum ein Leben lang: «Dann würde ich wohl eine Nummer grösser wählen.» • Der Name des Mädchens wurde geändert. AN DR E A S C HA F ROT H ist freie Journalistin in Zürich. [email protected]