Abweichungen zwischen Handelsbilanz und Steuerbilanz
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Abweichungen zwischen Handelsbilanz und Steuerbilanz
AK Steuern St Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz und Steuern Abweichungen zwischen Handelsbilanz und Steuerbilanz – Ende der Einheitsbilanz? Prof. Dr. Wolfram Scheffler Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg g g Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Steuerlehre 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 Übersicht 1. Zielsetzung 2. Inhalt des Maßgeblichkeitsprinzips nach dem BilMoG 2.1 Interpretation des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG 2.2 Auswirkungen auf die Steuerabgrenzung nach § 274 HGB 3. Auswirkungen des Maßgeblichkeitsprinzips 3.1 Überblick über die möglichen Fallkonstellationen 3.2 Handelsrecht: verbindliche Regelung 3.3 Handelsrecht: Wahlrecht 3.4 Handelsrecht: Ermessensspielraum 3 5 Handelsrecht: 3.5 H d l ht kkeine i vergleichbare l i hb R Regelung l 4. Ergebnis 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 2 1. Zielsetzung Überblick über den Inhalt des Maßgeblichkeitsprinzips und seine i R Reichweite i h it Aufzeigen von Unklarheiten des § 5 EStG Gruppierung der Abweichungen und Übereinstimmungen G Ü zwischen handelsrechtlichem Einzelabschluss nach HGB und Steuerbilanz Eindruck vermitteln, in welchem Umfang es zu aktiven oder passiven latenten Steuern kommt bzw. inwieweit Handelsp und Steuerbilanz übereinstimmen oder konzeptionelle (permanente) Abweichungen bestehen 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 3 2.1 Interpretation des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG formelle Maßgeblichkeit bleibt bestehen § 5 Abs. 1 EStG: „Bei Gewerbetreibenden, die aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder die ohne eine solche Verpflichtung Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen, ist für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG), das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger B hfüh Buchführung auszuweisen i iist,…“ t “ umgekehrte Maßgeblichkeit wird aufgegeben di handelsrechtlichen die h d l htli h Öff Öffnungsklauseln kl l werden d aufgehoben f h b • steuerfreie Rücklagen § 247 Abs. 3, § 273 HGB • niedrigerer steuerlicher Wert § 254, § 279 Abs. 2 i.V.m. § 281 HGB 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 4 2.1 Interpretation des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG Rückwirkungen auf die Steuerbilanz keine formelle Maßgeblichkeit im Rahmen der umgekehrten Maßgeblichkeit § 5 Abs Abs. 1 S S. 1 EStG: „… es sei denn, denn im Rahmen der Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts wird oder wurde ein anderer Ansatz gewählt.“ Einführung spezieller steuerlicher Aufzeichnungspflichten § 5 Abs. 1 S. 2, 3 EStG: „Voraussetzung für die Ausübung steuerlicher Wahlrechte ist, dass die Wirtschaftsgüter, die nicht mit dem handelsrechtlich maßgeblichen Wert in der steuerlichen Gewinnermittlung ausgewiesen werden, in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufgenommen werden. In den Verzeichnissen sind der Tag g der Anschaffung g oder Herstellung, g, die Anschaffungsg oder Herstellungskosten, die Vorschrift des ausgeübten steuerlichen Wahlrechts und die vorgenommenen Abschreibungen nachzuweisen.“ 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 5 2.1 Interpretation des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG Alternativen materielle Maßgeblichkeit: abstrakte Übereinstimmung formelle Maßgeblichkeit: konkrete Übereinstimmung zusätzlich zu berücksichtigen: Objektivierungsüberlegungen (Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit und Tatbestandsbestimmtheit) Bedeutung für Wahlrechte nur für Vereinfachungswahlrechte, Vereinfachungswahlrechte für Lenkungszweck Bedeutung für Ermessensspielräume 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 6 2.1 Interpretation des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG Ergebnis Der Handelsbilanzansatz ist für die steuerliche Gewinn- § 5 Abs. 1 S. 1 1. Alt. EStG ermittlung dem Grunde und der Höhe nach zu übernehmen außer • es besteht eine steuerliche Regelung, die für die Bilanzierung oder die Bewertung eine abweichende Regelung g g vorsieht oder • in der Handelsbilanz besteht ein Wahlrecht und im Steuerrecht ist keine Regelung g g vorgesehen g oder • für die Steuerbilanz besteht ein Wahlrecht mit speziellem p steuerlichen Hintergrund g und dieses steuerliche Wahlrecht wird so ausgeübt, dass der Wert in der Steuerbilanz vom in der Handelsbilanz angesetzten Wert abweicht. 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 spezielle steuerliche Norm geht vor Einschränkung der Maßgeblichkeit g durch die Finanzrechtsprechung § 5 Abs. 1 S. 1 2. Alt. EStG 7 2.1 Interpretation des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG Einteilung g der Ausnahme vom Maßgeblichkeitsprinzip g p p Einschränkungen: Übereinstimmung oder Abweichung möglich Durchbrechungen: Abweichung zwingend 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 8 2.2 Auswirkungen auf die Steuerabgrenzung nach § 274 HGB Akti Aktiva P i Passiva Handelsbilanz < Steuerbilanz Handelsbilanz > Steuerbilanz passive latente Handelsbilanz > Steuerbilanz Steuern Handelsbilanz < Steuerbilanz aktive latente Steuern 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 9 3.1 Überblick über mögliche Fallkonstellationen Handelsrecht zwingende Vorschrift (Pflicht, Verbot) Wahlrecht Ermessensspielraum Steuerrecht keine Vorschrift zwingende Vorschrift Wahlrecht Ermessensspielraum 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 10 3.2 Handelsrecht: verbindliche Regelung Fall 1: Handelsbilanz verbindliche Regelung – St Steuerbilanz bil kkeine i R Regelung l Wert aus der Handelsbilanz ist in die Steuerbilanz zu übernehmen (§ 5 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. EStG) Maßgeblichkeit keine e e latenten ate te Steue Steuern betroffene Bilanzierungsvorgänge • Aktivierungspflicht für materielle Vermögenswerte, entgeltlich erworbene immaterielle Vermögenswerte des Anlagevermögens, immaterielle Vermögenswerte des Umlaufvermögens • p persönliche Zurechnung g von Vermögenswerten: g wirtschaftliche Zugehörigkeit / wirtschaftliches Eigentum (Grundsatz) 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 11 3.2 Handelsrecht: verbindliche Regelung • Währungsumrechnung: Umrechnung zum Devisenkassamittelkurs am Bilanzstichtag • Verbindlichkeiten: Passivierungspflicht • Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten (grundsätzliche Regelung): Passivierungspflicht • Kulanzrückstellungen: Passivierungsgebot • spezielle Aufwandsrückstellungen: Passivierungspflicht • persönliche Zurechnung bei passiven Wirtschaftsgütern • Bewertung von Rückstellungen – mehrjährige Verpflichtungen (Ansammlungsrückstellungen): Ansammlung entsprechend dem Verlauf der Verpflichtung – Besonderheit bei wertpapiergebundenen Altersversorgungsverpflichtungen: beizulegender Zeitwert der Wertpapiere bzw. Teilwert der Wertpapiere 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 12 3.2 Handelsrecht: verbindliche Regelung Fall 2: Handelsbilanz verbindliche Regelung – St Steuerbilanz bil verbindliche bi dli h R Regelung l Fall 2a: übereinstimmende verbindliche Regelung: Handelsbilanz und Steuerbilanz stimmen überein Maßgeblichkeit (deklaratorisch) keine e e latenten ate te Steue Steuern betroffene Bilanzierungsvorgänge • Begriff „Vermögensgegenstand“ stimmt grundsätzlich mit dem Begriff „Wirtschaftsgut“ überein • Geschäfts- oder Firmenwert gilt als Vermögensgegenstand bzw. ist ein Wirtschaftsgut g • Abgrenzung der Wirtschaftsgüter untereinander nach dem Kriterium der selbständigen Nutzungsfähigkeit 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 13 3.2 Handelsrecht: verbindliche Regelung • entgeltlich erworbene immaterielle Vermögenswerte des Anlagevermögens: Aktivierungsgebot • selbst geschaffener Geschäftswert: Aktivierungsverbot • sachliche Zurechnung bei Kapitalgesellschaften: alle Wirtschaftsgüter sind Betriebsvermögen • Anschaffungskosten Besonderheiten: Fremdkapitalaufwendungen • Herstellungskosten: produktionsbezogener Vollkostenbegriff (Grundsatz) Besonderheiten: Entwicklungskosten, Verwaltungsgemeinkosten, A f Aufwendungen d im i sozialen i l B Bereich, i h F Fremdkapitalaufwendungen dk it l f d • Behandlung von Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden (Grundsatz) möglicherweise Besonderheiten: anschaffungsnahe Herstellungskosten (15%-Grenze) 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 14 3.2 Handelsrecht: verbindliche Regelung • fortgeführte Anschaffungs- oder Herstellungskosten (Abschreibungssumme) • vorübergehende Wertminderungen (Anlagevermögen, ohne Finanzanlagen): Abwertungsverbot • Pflicht zur Bildung von Bewertungseinheiten • Wertaufholungsgebot (alle Wirtschaftsgüter mit Ausnahme des Geschäftswerts) • Wertaufholungsverbot beim Geschäftswerts (wenn Trennungstheorie) • Besonderheit für Kreditinstitute bei zu Handelszwecken erworbene Finanzinstrumente: Bewertung zum beizulegenden Zeitwert • Währungsumrechnung (Restlaufzeit > 1 Jahr): Beachtung des Realisations- und Imparitätsprinzips sowie des Anschaffungswertprinzips g p p • Begriff „bilanzielle Schuld“ gilt sowohl in der Handelsbilanz auch in der Steuerbilanz 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 15 3.2 Handelsrecht: verbindliche Regelung • Rückstellungen für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit zukünftig g Einnahmen oder Gewinne anfallen: Passivierungsverbot g • Rückstellungen für Aufwendungen, die in künftigen Wirtschaftsjahren zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten führen: Passivierungsverbot • Pensionsrückstellungen: Passivierungsverbot, soweit von gewinnabhängigen Bezügen abhängig • „Wertaufholungsgebot“ bei bilanziellen Schulden • Bewertung von Verbindlichkeiten • Bewertung von Rückstellungen – mehrjährige Verpflichtungen (Verteilungsrückstellungen): zeitanteilige Ansammlung (Grundsatz) – Abzinsungsgebot (Grundsatz) • Bewertung von Pensionsrückstellungen: Erfassung der Ungewissheit durch Bewertung mit dem Erwartungswert • transitorische Rechnungsabgrenzungsposten (Grundformen): Ansatzpflicht 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 16 3.2 Handelsrecht: verbindliche Regelung Fall 2b: abweichende verbindliche Regelung (für die Steuerbilanz ist die steuerliche Regelung verbindlich): Handelsbilanz und Steuerbilanz weichen voneinander ab Durchbrechung g der Maßgeblichkeit g aktive latente Steuern • Behandlung von Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden (wenn andere Interpretation bei anschaffungsnahen Herstellungskosten, 15%-Grenze) • vorübergehende Wertminderungen (Umlaufvermögen): Abwertungsgebot bzw. steuerliches Abwertungsverbot • Geschäftswert: Wertaufholungsverbot bzw. Wertaufholungsgebot (wenn Einheitstheorie) 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 17 3.2 Handelsrecht: verbindliche Regelung • Rückstellungen für Jubiläumszuwendungen (die in § 5 Abs. 4 EStG aufgestellten g Voraussetzungen g werden nicht erfüllt): ) Passivierungspflicht bzw. Begrenzung der Passivierungspflicht auf bestimmte Verpflichtungen • Rückstellungen g für die Verpflichtung p g zur schadlosen Verwertung g von radioaktiven Reststoffen, soweit sie im Zusammenhang mit der Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen stehen: Passivierungspflicht bzw. Passivierungsverbot g • Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften: Passivierungspflicht bzw. Passivierungsverbot • vorübergehende Erhöhung der Belastung aus einer bilanziellen Schuld: Aufwertungsgebot bzw. steuerliches Aufwertungsverbot • Bewertung von Rückstellungen – mehrjährige Verpflichtungen (Verteilungsrückstellungen) im Zusammenhang mit der Stilllegung von Kernkraftwerken: steuerrechtliche Sonderregelung – zukünftige Preis- und Kostensteigerungen: Pflicht zur Berücksichtigung bzw. Abstellen bste e au auf d die ea am Abschlussstichtag bsc ussst c tag ge geltenden te de Verhältnisse e ä t sse 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 18 3.2 Handelsrecht: verbindliche Regelung – Bewertung von Pensionsrückstellungen: Pflicht zur Berücksichtigung von Gehalts- und Rententrends bzw. Abstellen auf das am Abschlussstichtag g geltenden Lohnniveau – Rechnungsabgrenzungsposten (als Aufwand berücksichtigte Zölle und Verbrauchsteuern und als Aufwand berücksichtigte Umsatzsteuer auf erhaltene Anzahlungen): Aktivierungsverbot bzw. Aktivierungsgebot passive latente Steuern • A Anspruch h auff Di Dividendenzahlungen id d hl b beii B Beteiligung t ili an einer i Kapitalgesellschaft: phasengleiche Gewinnvereinnahmung bzw. keine phasengleiche Gewinnvereinnahmung • Währungsumrechnung Wäh h (R (Restlaufzeit tl f it ≤ 1 JJahr): h ) Stichtagswert Sti ht t bzw. b Beachtung des Realisations- und Imparitätsprinzips (dauernde Wertsteigerungen) 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 19 3.2 Handelsrecht: verbindliche Regelung aktive/passive latente Steuern • für die Abzinsung von Rückstellungen heranzuziehender Zinssatz: durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen sieben Geschäftsjahre bzw. 5,5% • Abzinsung von Pensionsrückstellungen mit dem durchschnittlichen Marktzins der letzten sieben Jahre, Wahlrecht zur pauschalen Festsetzung der Laufzeit auf 15 Jahre bzw. Abzinsung mit 6% keine latenten Steuern (permanente Abweichung) • Vermögenswerte, die zur Erfüllung von Schulden aus Alt Altersversorgungsverpflichtungen fli ht di dienen: V Verrechnungsgebot h b tb bzw. Verrechnungsverbot 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 20 3.2 Handelsrecht: verbindliche Regelung Fall 3: Handelsbilanz verbindliche Regelung – St Steuerbilanz bil W Wahlrecht hl ht der Wert aus der Handelsbilanz ist zu übernehmen (§ 5 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. EStG): Handelsbilanz und Steuerbilanz stimmen überein Maßgeblichkeit keine latenten Steuern 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 21 3.2 Handelsrecht: verbindliche Regelung betroffene Bilanzierungsvorgänge • dauernde Wertminderungen (Anlage- und Umlaufvermögen): Abwertungsgebot • Rückstellungen wegen Verletzung von fremden Patent-, Urheber- oder ähnlichen Schutzrechten (die in § 5 Abs. 3 EStG aufgestellten Voraussetzungen werden erfüllt): Passivierungspflicht • Rückstellungen für Jubiläumszuwendungen (die in § 5 Abs. 4 EStG aufgestellten Voraussetzungen werden erfüllt) : Passivierungspflicht • Pensionsrückstellungen (die in § 6a Abs. 1, 2 EStG aufgestellten Voraussetzungen g werden erfüllt)) „Neuzusagen“: g Passivierungspflicht g p • dauernde Erhöhung der Belastung aus einer bilanziellen Schuld: Aufwertungsgebot 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 22 3.3 Handelsrecht: Wahlrecht Fall 4: Handelsbilanz Wahlrecht – St Steuerbilanz bil verbindliche bi dli h R Regelung l für die Steuerbilanz ist die steuerliche Regelung verbindlich: Handelsbilanz und Steuerbilanz können, müssen aber nicht übereinstimmen (§ 5 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. EStG) Einschränkung der Maßgeblichkeit aktive latente Steuern • vorübergehende Wertminderungen (Finanzanlagen im Anlagevermögen): Abwertungswahlrecht bzw bzw. Abwertungsverbot • Rechnungsabgrenzungsposten (Disagio): Aktivierungswahlrecht bzw. Aktivierungspflicht 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 23 3.3 Handelsrecht: Wahlrecht passive latente Steuern • selbst erstellte immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (ohne Geschäftswert): Aktivierungswahlrecht bzw. Aktivierungsverbot verstärkt durch den Einbezug von Entwicklungskosten in die h d l handelsrechtlichen htli h H Herstellungskosten t ll k t 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 24 3.3 Handelsrecht: Wahlrecht Fall 5: Handelsbilanz Wahlrecht – St Steuerbilanz bil kkeine i R Regelung l aufgrund der BFH-Rechtsprechung • Aktiva: Aktivierungspflicht bzw bzw. höherer Wert • Passiva: Passivierungsverbot bzw. niedrigerer Wert Handelsbilanz und Steuerbilanz können, müssen aber nicht übereinstimmen Einschränkung der Maßgeblichkeit aktive kti llatente t t St Steuern • mittelbare Verpflichtungen aus einer Pensionszusage und für ähnliche p g Passivierungswahlrecht g bzw. Passivierungsverbot g Verpflichtungen: 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 25 3.3 Handelsrecht: Wahlrecht Fall 6: Handelsbilanz Wahlrecht – Steuerbilanz Wahlrecht Fall 6a: übereinstimmendes Wahlrecht der Wert aus der Handelsbilanz ist zu übernehmen (§ 5 Ab Abs. 1 S S. 1 1 1. Alt Alt. EStG) EStG): Handelsbilanz und Steuerbilanz stimmen überein Maßgeblichkeit g keine latenten Steuern betroffene Bilanzierungsvorgänge • Bewertungsvereinfachungen: Festbewertung, Gruppenbewertung • Herstellungskosten – Verwaltungsgemeinkosten, g g Aufwendungen g im sozialen Bereich – Fremdkapitalzinsen (unter bestimmten Voraussetzungen) • Pensionsrückstellungen (die in § 6a Abs. 1, 2 EStG aufgestellten Voraussetzungen werden erfüllt) „Altzusagen“ 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 26 3.3 Handelsrecht: Wahlrecht Fall 6b: engeres Wahlrecht der Wert aus der Handelsbilanz ist insoweit zu übernehmen übernehmen, als er mit dem steuerlichen Wahlrecht vereinbar ist: Handelsbilanz und Steuerbilanz können, müssen aber nicht üb i ti übereinstimmen Einschränkung der Maßgeblichkeit passive latente Steuern • Verbrauchs- oder Veräußerungsfolgeverfahren: lifo- oder fifoVerfahren bzw. lifo-Verfahren (bei kontinuierlich steigenden Preisen) 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 27 3.4 Handelsrecht: Ermessensspielraum Fall 7: Handelsbilanz Ermessensspielraum – St Steuerbilanz bil kkeine i R Regelung l Wert aus der Handelsbilanz ist in die Steuerbilanz zu übernehmen (§ 5 Abs.1 S. 1 1. Alt. EStG) Maßgeblichkeit keine latenten Steuern betroffene Bilanzierungsvorgänge • Bewertungsvereinfachungen: Verbrauchs- oder Veräußerungsfolgeverfahren (Durchschnittsbewertung) • Anschaffungskosten: g Fremdkapitalzinsen p ((unter bestimmten Voraussetzungen) 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 28 3.4 Handelsrecht: Ermessensspielraum Fall 8: Handelsbilanz Ermessensspielraum – St Steuerbilanz bil E Ermessensspielraum i l Fall 8a: Ermessensspielraum stimmt überein Handelsbilanz und Steuerbilanz stimmen überein Maßgeblichkeit keine e e latenten ate te Steue Steuern 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 29 3.4 Handelsrecht: Ermessensspielraum betroffene Bilanzierungsvorgänge • Investitionszuschüsse (Ermessensspielraum zwischen sofortiger Ertragsvereinnahmung oder Verrechnung mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten) • Bewertung von Rückstellungen – Sachleistungsverpflichtungen: vernünftiges kaufmännisches Ermessen bzw. Einzelkosten und angemessene Teile der notwendigen Gemeinkosten – Berücksichtigung von mit der Verpflichtung voraussichtlich verbundenen Vorteile: vernünftiges kaufmännisches Ermessen bzw. Minderung des Rückstellungswerts durch künftige Vorteile, die mit der Erfüllung der Verpflichtung voraussichtlich verbunden sein werden – Bewertungsvereinfachungen (z.B. Garantierückstellungen): vernünftiges kaufmännisches Ermessen bzw. Berücksichtigung von Vergangenheitserfahrungen bei Rückstellungen für gleichartige Verpflichtungen sowie Berücksichtigung der Wahrscheinlichkeit, dass nur ein Teil der Verpflichtungen erfüllt werden muss 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 30 3.4 Handelsrecht: Ermessensspielraum Fall 8b: handelsrechtlicher Ermessensspielraum geht weiter als der im Steuerrecht zulässige Rahmen (im Steuerrecht u u.U. U verbindliche Regelung): Handelsbilanz und Steuerbilanz können, müssen aber nicht üb i ti übereinstimmen Einschränkung der Maßgeblichkeit aktive latente Steuern • Tausch: Wahlrecht zu Gewinnrealisierung (strittig) bzw. Pflicht zur Gewinnrealisierung • fortgeführte Anschaffungs- oder Herstellungskosten (Abschreibungsdauer, Abschreibungsmethode) • Abgrenzung zwischen voraussichtlich dauernder und voraussichtlich vorübergehender Wertminderung: Konkretisierung der Kriterien durch die Finanzverwaltung 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 31 3.4 Handelsrecht: Ermessensspielraum • handelsrechtlicher Vergleichswert (beizulegender Wert u.a.) u.U. niedriger als steuerrechtlicher Vergleichswert (Teilwert) (Teilwert), insbesondere bei Forderungen, immaterielle Wirtschaftsgüter, Beteiligungen • Pauschalwertberichtigung von Forderungen: in der Steuerbilanz höhere Anforderungen an die Konkretisierung • Rückstellungen wegen Verletzung von fremden Patent-, Urheber- oder ähnlichen Schutzrechten (die in § 5 Abs. 3 EStG aufgestellten Voraussetzungen werden nicht erfüllt) • Pensionsrückstellungen (die in § 6a Abs. 1, 2 EStG aufgestellten zusätzlichen Voraussetzungen werden nicht erfüllt) Rechtsanspruch, kein steuerschädlicher Vorbehalt Vorbehalt, Schriftform • Bewertung von Rückstellungen: Berücksichtigung der Ungewissheit • Bewertungsmethode bei Pensionsrückstellungen: keine Vorgabe einer bestimmten Bewertungsmethode bzw. Teilwertverfahren verbindlich 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 32 3.4 Handelsrecht: Ermessensspielraum aktive/passive latente Steuern • Pensionsrückstellungen: Möglichkeit zur Verwendung individueller Fluktuationswahrscheinlichkeiten bzw. pauschale Berücksichtigung der Fluktuationswahrscheinlichkeiten (kein Ansatz einer Rückstellung vor Vollendung V ll d d des 27 27. Lebensjahrs L b j h /U Unverfallbarkeit f llb k it d des A Anspruchs h / Eintritt des Versorgungsfalls) 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 33 3.5 Handelsrecht: keine vergleichbare Regelung Fall 9: Handelsbilanz keine vergleichbare Regelung – St Steuerbilanz bil eigenständige i tä di ertragsteuerliche t t li h R Regelung l die spezielle steuerliche Regelung ist anzuwenden (z.B. Besteuerung von PersonenPersonen und Kapitalgesellschaften, Abgrenzung des betrieblichen Bereichs von der privaten Sphäre, Vermeidung einer internationalen Doppelbesteuerung) konzeptionelle Abweichung (Durchbrechung der Maßgeblichkeit) aktive latente Steuern • B Beteiligung t ili an einer i P Personengesellschaft ll h ft iistt ein i Vermögensgegenstand bzw. wird nicht als Wirtschaftsgut angesehen (Mitunternehmerkonzeption) • Investitionszulagen I titi l (wenn ( in i d der H Handelsbilanz d l bil mit it d den A Anschaffungsh ff oder Herstellungskosten verrechnet) 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 34 3.5 Handelsrecht: keine vergleichbare Regelung passive latente Steuern • steuerliche Sonderregelungen für den Tausch: § 6 Abs Abs. 5 EStG EStG, Realteilung • bei retrograder Ermittlung des Teilwerts von Wirtschaftsgütern des Vorratsvermögens steuerrechtlicher Vergleichswert aufgrund des Abzugs eines Gewinnaufschlags niedriger als handelsrechtlicher Vergleichswert (beizulegender Wert u.a.) aktive/passive kti / i llatente t t St Steuern • sachliche Zurechnung bei Einzelunternehmen und g spezielle p Regeln g für die Zurechnung g zum Personengesellschaften: Betriebsvermögen • ausländische Betriebsstätte: Weltbuchführung bzw. Erfolgszuordnung nach der direkten Methode • sachliche Zurechnung bei passiven Wirtschaftsgütern • Bilanzänderungen und Bilanzberichtigungen: steuerliche Sonderregelung 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 35 3.5 Handelsrecht: keine vergleichbare Regelung keine latenten Steuern (dauerhafte Abweichung bzw bzw. Korrektur außerhalb der Bilanz) • Einlagen von stillen Gesellschaftern: eigenständige Kriterien zur Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital • Genussrechte: eigenständige Kriterien zur Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital • Entnahmen / Einlagen g bzw. verdeckte Gewinnausschüttungen g / verdeckte Einlagen: konzeptionelle Abweichung • Erträge aus der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als eine Form von ((teilweise)) steuerfreien Betriebseinnahmen (§ 3 Nr. 40 EStG,, § 8b KStG) Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft p g als eine Form von teilweise nicht abziehbaren Betriebsausgaben (§ 3c Abs. 2 EStG) 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 36 3.5 Handelsrecht: keine vergleichbare Regelung • nicht abziehbare Betriebsausgaben (z.B. § 4 Abs. 5-7 EStG, § 4 Abs 4a, Abs. 4a § 4h EStG EStG, § 8a KStG KStG, § 10 KStG KStG, § 160 AO) • Sonderbehandlung von Erhaltungsaufwand bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen und bei Baudenkmäler: Wahlrecht zwischen sofortigem Abzug oder gleichmäßiger Verteilung zwischen 2 und 5 Jahre • Investitionsabzugsbetrag (§ 7g EStG): Wahlrecht zum Abzug außerhalb der Buchführung 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 37 3.5 Handelsrecht: keine vergleichbare Regelung Fall 10: Handelsbilanz keine vergleichbare Regelung – St Steuerbilanz bil spezielles i ll steuerliches t li h W Wahlrecht hl ht Ziel: Förderung von Investitionen sowie Vermeidung einer Behinderung von unternehmerischen Umstrukturierungen (Lenkungszweck); das steuerliche Wahlrecht kann unabhängig von der handelsrechtlichen Regelung ausgeübt werden (§ 5 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. EStG): Handelsbilanz und Steuerbilanz können, müssen aber nicht üb i ti übereinstimmen Einschränkung der Maßgeblichkeit 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 38 3.5 Handelsrecht: keine vergleichbare Regelung passive latente Steuern • niedrigerer steuerlicher Wert (Sonderabschreibungen, erhöhte Absetzungen, Bewertungsabschläge): spezielles steuerliches Wahlrecht • steuerfreie Rücklagen (einschließlich Verteilungswahlrechte im Rahmen von Übergangsvorschriften): spezielles steuerliches Wahlrecht • Umstrukturierungen des Unternehmens: im UmwStG spezielle steuerliche Wahlrechte 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 39 4. Ergebnis Umfang der latenten Steuern hängt von Interpretation des § 5 Ab Abs. 1 EStG ab b tendenziell mehr aktive als passive latente Steuern Akti i Aktivierungswahlrecht hl ht für fü aktive kti llatente t t Steuern St Möglichkeit zur Saldierung von aktiven und passiven latenten Steuern noch (überraschend?) viele Übereinstimmungen zum Teil auch konzeptionsbedingte (permanente) Abweichungen zwischen handels- und steuerrechtlicher Rechnungslegung 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 40 Weitere Informationen Literatur Scheffler, W., Besteuerung von Unternehmen, Band II: Steuerbilanz, 6. Aufl., Heidelberg 2009, Erster Teil, Erster Abschnitt, Kapitel C und Erster Teil, Sechster Abschnitt Kontakt Prof. Dr. Wolfram Scheffler Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insb. Steuerlehre Lange Gasse 20 90403 Nürnberg Tel: 0911/5302-346 Fax: 0911/5302-428 [email protected] 63. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 12./13. Oktober 2009 41