Die gesetzliche Erbfolge.

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Die gesetzliche Erbfolge.
Die gesetzliche Erbfolge.
Wer erbt und wie viel, wenn kein
­Testament existiert?
Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) enthält detaillier­
te Vorschriften für den Fall, dass jemand ohne letztwillige Ver­
fügung über sein Vermögen verstirbt (§§ 727 ff. ABGB). Es kommt
dann zur sogenannten „gesetzlichen Erbfolge“, d. h., dass die Erbin
bzw. der Erbe aufgrund des Gesetzes und nicht von der Erblasserin
bzw. vom Erblasser bestimmt wird. Um die gesetzliche Erbfolge zu
ändern, bedarf es einer letztwilligen Verfügung (Testament).
Nach der gesetzlichen Erbfolge ergibt sich auch, wer pflichtteils­
berechtigt ist und in welcher Höhe der Pflichtteilsanspruch be­
steht (siehe dazu das Kundeninformationsblatt „Pflichtteilsrecht“).
Familienerbfolge – das gesetzliche Erbrecht
der Verwandten und Ehegattinnen und
Ehegatten.
Die gesetzliche Erbfolge ist Familienerbfolge. Der Nachlass der
oder des Verstorbenen fällt seinen bzw. ihren Verwandten und der
überlebenden Ehegattin bzw. dem überlebenden Ehegatten zu.
Die uneheliche Verwandtschaft ist der ehelichen gleichgestellt.
Das Gesetz folgt damit dem Prinzip der Familienerbfolge, das die­
jenigen Personen vom gesetzlichen Erbrecht ausschließt, die mit
der Erblasserin bzw. dem Erblasser nicht verwandt, sondern bloß
verschwägert sind – so zum Beispiel Schwiegermutter, Schwager,
Schwiegersohn, Stiefvater.
Parentel
1. Parentel
2. Parentel
3. Parentel
4. Parentel
Personenkreis
Erben erster Ordnung
Leibliche Kinder und Adoptivkinder;
ersatzweise die Enkelkinder
Auch die Lebensgefährtin bzw. der Lebensgefährte hat nach öster­
reichischem Recht kein gesetzliches Erbrecht, wird also nur dann
Rechtsnachfolgerin bzw. Rechtsnachfolger der Erblasserin bzw.
des Erblassers, wenn dieser bzw. diese ihn bzw. sie letztwillig be­
dacht hat.
Parentelensystem: Wer zählt zu den
g­ esetzlichen Erben?
Die sogenannten Parentelen (zu Deutsch: Linien) kommen nach­
einander zum Zug. Daher können Angehörige der zweiten Parentel
nur dann erben, wenn aus der ersten Parentel niemand vorhanden
ist. Angehörige der dritten Parentel werden durch die zweite
­Parentel ausgeschlossen usw.
Teilung nach Köpfen: Wenn das Gesetz das
Vermögen verteilt.
Söhne und Töchter teilen den Nachlass nach Köpfen. Die Größe des
Erbteils von Kindern variiert somit danach, wie viele Töchter und
Söhne vorhanden sind.
Fällt einem Kind die Erbschaft nicht an, so können seine Nachkom­
men den freigewordenen Kopfteil erben. Dieses Recht, anstelle
­eines nicht erbenden Vorfahren dessen Anteil zu erben, bezeichnet
man als Repräsentationsrecht.
Mehrere Eintrittsberechtigte erben zusammen jenen Teil, der dem
Vorfahren zugefallen wäre, den sie repräsentieren.
Erbfolge
Zur ersten Parentel gehören die Nachkommen (Deszendenten) der Erblasserin
bzw. des Erblassers, also seine bzw. ihre Kinder, Enkel, Großenkel usw. Wenn alle
Kinder noch leben, so wird die Erbschaft unter ihnen „nach Köpfen“ aufgeteilt (§
732 ABGB). Gelangt ein Kind nicht zur Erbschaft (weil es z. B. erbunwürdig oder
vorverstorben ist), so fällt sein Anteil seinen Nachkommen, die es „repräsentie­
ren“, zu.
Erben zweiter Ordnung
Zur zweiten Parentel gehören die Eltern der Erblasserin bzw. des Erblassers und
Eltern und ersatzweise deren
deren Nachkommen (§ 735 ABGB). Die Angehörigen der zweiten Parentel sind
­Nachkommen (Geschwister, Nichten, nur dann erbberechtigt, wenn niemand aus der ersten Parentel Erbin oder Erbe
Neffen)
wird. Sind beide Eltern noch am Leben, so gebührt jedem Elternteil je die Hälfte
der Erbschaft. Ein vorverstorbener Elternteil wird wieder von seinen Nachkom­
men repräsentiert. Hat ein vorverstorbener Elternteil keine (lebende) Nachkom­
menschaft, so fällt sein Erbanteil dem anderen Elternteil zu, und wenn auch
dieser schon verstorben ist, dessen Nachkommen (§ 737 ABGB).
Erben dritter Ordnung
Ist auch aus der zweiten Parentel niemand vorhanden, so wird die dritte Parentel
Beide Großelternpaare der Erblasserin berufen. Sie besteht aus den beiden Großelternpaaren der Erblasserin bzw. des
bzw. des Erblassers und ersatzweise
Erblassers und deren Nachkommen.
deren Nachkommen (Onkel, Tante,
Cousin, Cousine)
Erben vierter Ordnung
Ist schließlich auch die dritte Parentel erschöpft, so kommt die vierte Parentel
Lebende Urgroßeltern
zum Zug, die aus den Urgroßeltern der Erblasserin bzw. des Erblassers besteht.
Das Gesetz ordnet an, dass aus der vierten Parentel nur noch die acht Urgroß­
elternteile berufen werden (§ 741 ABGB). Deren Nachkommen sind von der Erb­
schaft ausgeschlossen.
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EhegattInnenerbrecht und eingetragene
PartnerInnen im Erbrecht.1)
Ein gesetzliches Erbrecht hat die Ehegattin bzw. der Ehegatte, der
bzw. die mit der Erblasserin bzw. dem Erblasser zum Zeitpunkt
seines bzw. ihres Todes in gültiger Ehe lebt (§ 757 ABGB). Geschie­
dene Ehegatten beerben einander daher nicht.
Der Ehepartner bzw. die Ehepartnerin des Erblassers bzw. der Erb­
lasserin fügt sich mit seinem bzw. ihrem gesetzlichen Erbrecht
nicht in diese Parentelenordnung ein, er bzw. sie erbt neben man­
chen Verwandten bzw. schließt andere aus. Die Erbquote der Ehe­
gattin bzw. des Ehegatten hängt davon ab, mit welchen Verwand­
ten der Erblasserin bzw. des Erblassers er konkurriert (dadurch
werden umgekehrt die Erbportionen der Verwandten beeinflusst:
Unter ihnen kann nur das verteilt werden, was nach Abzug der
EhegattInnenquote übrig bleibt).
Im Einzelnen erhält die Ehegattin bzw. der Ehegatte neben Kindern der Erblasserin bzw. des Erblassers und deren Nachkommen
(1. Parentel) ein Drittel des Nachlasses.
Neben den Eltern oder Geschwistern der Erblasserin bzw. des
Erblassers, bzw. neben Großeltern, erbt der Ehepartner zwei
Drittel.
Sind neben Großeltern Nachkommen vorverstorbener Großeltern
vorhanden, so erhält überdies die Ehegattin bzw. der Ehegatte
vom restlichen Drittel des Nachlasses den Teil, der den Nachkom­
men der verstorbenen Großeltern zufallen würde. Gleiches gilt für
jene Erbteile, die den Nachkommen verstorbener Geschwister zu­
fallen würden.
In den übrigen Fällen erbt die Ehegattin bzw. der Ehegatte den
gesamten Nachlass.
Familien-Konstellation Gesetzliche Quote
Ehegatte und Kinder
Ehegatte
Kinder
Lebensgefährte und
Lebensgefährte
Kinder
Kinder
Ehegatte und Eltern bzw. Ehegatte
Geschwister
Eltern bzw. Geschwister
Lebensgefährte und
Lebensgefährte
Eltern bzw. Geschwister Eltern bzw. Geschwister
1/3
2/3
0
Alles
2/3
1/3
0
Alles
Das gesetzliche Vorausvermächtnis:
Was Ehegattinnen bzw. Ehegatten neben
dem Erbteil noch zusteht.
Über ihren bzw. seinen Erbteil hinaus erhält die Ehegattin bzw. der
Ehegatte jedenfalls das sogenannte gesetzliche Vorausvermächtnis (§ 758 ABGB).
Dieser „Voraus“ umfasst auf der einen Seite die zum ehelichen
Haushalt gehörenden beweglichen Sachen, soweit sie zu dessen
Fortführung erforderlich sind, und auf der anderen Seite das Recht,
weiter in der Ehewohnung zu wohnen. Dieses höchstpersönliche
Recht erlischt mit dem freiwilligen Auszug oder mit dem Tod der
berechtigten Ehegattin bzw. des berechtigten Ehegatten.
Der Anspruch auf das Vorausvermächtnis genießt eine Sonderstel­
lung und hat Ähnlichkeiten mit dem Pflichtteil. Das Vorausver­
mächtnis kann nur durch rechtmäßige Enterbung entzogen wer­
den und hat pflichtteilsähnlichen Charakter. Es hat Vorrang vor
allen anderen Vermächtnissen, Pflichtteilsansprüchen sowie Un­
terhaltsansprüchen. Da eine wirksame Enterbung das Vorliegen
eines Enterbungsgrundes voraussetzt, ist der Entzug des Voraus­
vermächtnisses sehr selten möglich.
Das Vorausvermächtnis ist in den gesetzlichen Erbteil der Ehepart­
nerin bzw. des Ehepartners nicht einzurechnen (jedoch könnte die
Erblasserin bzw. der Erblasser etwas anderes anordnen). Der An­
spruch ist sofort fällig, und über die erforderlichen Sachen des
Vorausvermächtnisses kann die Erblasserin bzw. der Erblasser
nicht letztwillig verfügen.
Persönliche Beratung.
Für ein individuelles Beratungsgespräch zur Vermögensweiterga­
be wenden Sie sich bitte an Ihre Private Banking Kundenbetreuerin
bzw. Ihren Private Banking Kundenbetreuer. Bei Interesse stehen
Ihnen auch unsere Expertinnen und Experten des Private Banking
Wealth Advisory Service gerne für detaillierte Fragen zur Verfü­
gung.
1) Seit 1. Jänner 2010 können in Österreich zwei Menschen des gleichen Geschlechts eine eingetragene Partnerschaft eingehen. Damit gehen sie
eine Lebensgemeinschaft auf Dauer mit gegenseitigen Rechten und Pflichten ein. § 537 ABGB regelt das Erbrecht für eingetragene Partnerund
Partnerinnen. Demnach sind die für Ehegatten maßgebenden und auf das Erbrecht Bezug nehmenden Bestimmungen des ABGB auf eingetra­
gene Partner und Partnerinnen anzuwenden.
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men werden. Sämtliche Angaben in diesem Factsheet erfolgen ohne Gewähr. Eine Haftung der Autoren und der Herausgeber ist ausgeschlossen.
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Stand: Oktober 2012
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