Prävention - Nature Fitness Magazin

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Prävention - Nature Fitness Magazin
Xundheit
beste Prävention
Bewegung ist die
Das wirksamste und günstigste Medikament: jeden Tag
ein paar tausend Schritte.
Die Heilkraft der Bewegung
ist fast allen bekannt. Und
trotzdem: In der hitzigen Diskussion um die so genannte
Gesundheitsreform ist noch
zu wenig Bewegung, wenn
es um Bewegung geht. Und
welche Rolle kann und sollte
künftig die Prävention in unserem Leben spielen?
Ein Bericht von Ulrich Pramann
nen. Wir essen reichlich und trinken gern, manchmal auch über den Durst. Na gut, wir
wissen, dass wir sündigen. Zu viel von allem, vor allem von fettem Fastfood, Süßigkeiten
und Kaffee, zu viel Pillen, vielleicht auch zu viel Zigaretten und Alkohol und zu wenig
Obst, Gemüse – und Bewegung. Aber davon wollen wir lieber nichts wissen.
Unsere Mütter und Väter, ja, die hatten es noch schwer. Gewiss aber unsere Großeltern,
die kannten schwere, körperliche Arbeit. Und wir?
Viele sind, was den Tagesablauf betrifft, Sitzriesen. Sie gehen die paar Schritte zum
Auto und vom Auto ins Büro. Sie meiden Treppen, schließlich gibt es Rolltreppen und
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Foto: Nordic Fitness Magazin
Eigentlich geht es uns doch gut. Wir machen es uns bequem. Wir können uns viel gön-
Fahrstühle. Sie sitzen den lieben langen Tag. Auch abends, am Esstisch, auf der Couch, vor
dem Fernsehapparat. Schließlich bequemen sie sich ins Bett. Hilfe, geht es uns gut.
Es geht uns wirklich gut – aber die meisten fühlen sich ganz und gar nicht gut. Sie fühlen
sich nicht besonders belastbar. Sie schlafen schlecht. Sie sind tagsüber häufig müde, mehr
noch, zerschlagen. Der Rücken schmerzt, es drückt bedenklich auf der Brust, irgendetwas
scheint auf dem Magen zu liegen. Es knackt komisch, wenn sie in die Knie gehen, und
wenn sie wieder hochkommen, stellen sich manchmal Schwindelgefühle ein. Kommt Ihnen da etwas bekannt vor?
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Prävention
Bluthochdruck,
Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfall, Herzinfarkt, Osteoporose,
Arthrose, Depressionen leiden
– lauter Krankheiten, die durch
mehr Bewegung und bewusste
Ernährung zum größten Teil
vermeidbar wären. Viele Mediziner sind überzeugt, dass sich
die meisten Krankheiten, die
jedes Jahr Milliarden von Euro
verschlingen, durch einen aktiven Lebensstil vermeiden ließen.
Allein die ernährungsbedingten
Erkrankungen machen nahezu
ein Drittel aller Kosten im Gesundheitswesen (234 Milliarden
Euro) aus.
amte im Innendienst, so das Ergebnis einer Studie, geht pro Tag
kaum mehr als 1000 Schritte.
Für viele andere Menschen fällt
die tägliche Bewegungsbilanz
kaum besser aus. Jede zweite
Frau und jeder dritte Mann im
Alter zwischen 50 und 59 Jahren
ist nicht mehr in der Lage, läppische drei Stockwerke zu gehen,
»Wir müssen Prävention zu einer nationalen
ohne sich dabei völlig zu verAufgabe machen. Dazu brauchen wir einen Paradigmenausgaben. Ernüchternde Zahwechsel. Wir müssen unser Gesundheitssystem so umlen, die jüngst wieder aus dem
organisieren, dass Prävention mindestens so viel BeRobert-Koch-Institut gemeldet
deutung zugemessen wird wie der Behandlung, der
wurden: Ab einem Alter von
Rehabilitation und der Pflege. Ansonsten hat ein Gesundheitssystem keine Zukunft.«
40 Jahren steigt der Anteil der
Ulla Schmidt, Bundesgesundheitsministerin
Menschen, die gänzlich ohne
sportliche Betätigung leben, auf
»Ich war fit und fett – fit ist
40 Prozent im Westen und auf
besser.« Diesen schönen Satz
50 Prozent im Osten. Der Sportmediziner Michael Colgan hat es sagte Susan Powter. In einem Interview brachte sie das scheinbar
einmal auf den Punkt gebracht: »Wenn Sie keine Zeit für körper- komplizierte Thema gesundheitsbewusstes Verhalten auf den denkliche Bewegung haben, sollten Sie sich eine Menge Zeit für Ihre bar einfachsten Nenner: »Iss richtig und beweg deinen Arsch!«
Krankheiten reservieren.«
Die Powerfrau Susan Powter hat eine typische amerikanische
Die gravierenden Folgen von Bewegungsmangel und schlech- Karriere gemacht hat. Sie war mal ein 260-Pfund-Brummer und
ten Ernährungsgewohnheiten sind ja hinlänglich bekannt: Milli- wurde eine von Amerikas Fitnessqueens und eine Fitnessmissioonen Menschen hierzulande, die unter Übergewicht, Diabetes, narin, die gerne kokettiert und provoziert. Immerhin ist sie ehrlich,
»Die meisten ändern ihr Verhalten leider erst dann, wenn es gekracht hat«
Mit der Energie BKK engagieren Sie sich besonders auch für
Nordic Walking. Welche Überlegungen stecken dahinter?
Dieter Poppe: Wir haben intern darüber diskutiert: Welcher
Sport eignet sich auch für Familien und für ältere Menschen? Da
bietet sich Nordic Walking als Einstieg ideal an – eine gesunde
Bewegung, kann jeder überall machen.
Was bietet Ihre Krankenkasse konkret an?
Wir bezuschussen Kurse, die qualitätsgesichert sind, mit 80 Prozent – ebenso wie AntiStress- oder Rückenschulen. Wir unterstützen
Betriebssportgruppen. Zum Beispiel wurden
120 Vertrauensleute von Peter Schlickenrieder in Nordic Walking ausgebildet.
Dieter Poppe,
Vorstand der
Nordic Walking als Präventionssport?
Energie BKK
Ja. Wir wollen, dass die Leute etwas für sich
tun, am besten, wenn sie sich verletzungsfrei in der Natur bewegen. Wir erheben aber keinen Anspruch, dass das die Gesundheitskosten dramatisch reduziert.
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Wäre doch aber eine erfreuliche Nebenwirkung ...
... die aber gar nicht bewiesen ist. Prävention führt dazu, dass
Sie länger leben und sich Ihr persönliches Wohlbefinden verbessert. Das ist wertvoll. Aber Prävention ändert kaum etwas
daran, dass Sie irgendwann doch alt werden. Fest steht: Die
meisten Kosten, nämlich 80 Prozent, entstehen nun mal in den
letzten zwei Lebensjahren.
Welche Rolle sollte Prävention künftig spielen?
Sie muss sehr früh beginnen – am besten, wenn ein Kind mit
dem Kinn noch nicht über die Tischkante kommt, also im Kindergarten. Noch ist es ja so, dass die meisten ihr ungesundes
Verhalten erst dann ändern, wenn es gekracht hat, wenn ihr
Körper nicht mehr mitmacht.
Können und wollen Sie künftig gesundheitsbewusstes Verhalten besonders belohnen?
Was ist denn gesundheitsbewusstes Verhalten? Wie wollen
Sie das denn messen? Mein Opa hat in seinem Leben immer
viel Fett gegessen und ist trotzdem 100 Jahre alt geworden.
Foto: www.die-praevention.de
Ein Volk von Bewegungsmuffeln. Der durchschnittliche Be-
Xundheit
wenn sie zum Beispiel über Motive für Bewegung und bewusste
Prävention, darüber sind sich alle Experten einig, hilft, GeErnährung spricht: »Tun Sie nichts wegen der Gesundheit, tun Sie
sundheitsschäden und gesundheitlichen Beeinträchtigungen vores, um Ihr Aussehen zu mögen und Ihr Wohlbefinden zu verbeszubeugen. Und ebenso kann Prävention die Verschlimmerung
sern.« Oder: »Vergessen Sie Gesundheit. Tun Sie es nicht desweeiner Krankheit oder Pflegebedürftigkeit verhindern.
gen. Das war niemals meine Motivation. Ich habe keine 60 Kilo
»Langfristig führt erfolgreiche Prävention nicht nur dazu, dass
abgenommen, um ein gedie Menschen ein gesunsundes Herz zu haben. Ich
des und selbstbestimmtes
wollte einfach nur besser
Leben führen können,
Präventionsgesetz § 20
aussehen als die Freundin
sondern auch zu einer
Wirksamkeit und Qualitätssicherung
meines Exmannes.«
Senkung der Gesundheits(1) Leistungen zur Verhaltensprävention nach § 15 dürfen
Wenn unsere Gekosten. Dies kommt dann
grundsätzlich nur erbracht oder gewährt werden, wenn ihre
sundheitsministerin Ulla
allen Versicherten zugute
Wirksamkeit wissenschaftlich hinreichend nachgewiesen ist.
Schmidt über dieses Thema
und leistet einen Beitrag
Ist sie nicht ausreichend nachgewiesen, kann zwischen dem
spricht, klingt das natürzur nachhaltigen StabiLeistungsträger und dem Erbringer der Leistung vertraglich
lich anders. Aber auch sie
lisierung der sozialen Sifestgelegt werden, dass die Wirksamkeit auf Kosten des Leismöchte »solche ganz norcherungssysteme« – kann
tungserbringers innerhalb einer angemessenen Frist begleimalen Dinge wie gesunde
man auf dem Portal www.
tend nachzuweisen ist. Maßnahmen der gesundheitlichen
Ernährung und Bewegung
die-praevention.de lesen,
Aufklärung nach § 13 sowie Leistungen zur Prävention und Genach vorne bringen«. Die
hinter dem das Gesundsundheitsförderung in Lebenswelten nach § 17 dürfen von den
Politikerin weiß natürlich
heitsministerium steckt.
sozialen Präventionsträgern nur erbracht oder gewährt werum die gesellschaftliche
den, wenn vorab der Nachweis eines präzisen, nachvollziehbaNotwendigkeit: »Wenn wir
An einem so genannten
ren und Erfolg versprechenden Konzepts einschließlich eines
das nicht tun, werden die bePräventionsgesetz wird
Konzepts zum Qualitätsmanagement im Sinne des Absatzes 2
troffenen Menschen nicht
hierzulande schon seit viegeführt wird. ...
erst ab dem Alter von 50
len Jahren herumgedoktert.
chronisch krank sein, sonDie schwarz-rote Bundesdern bereits ab einem Alter
regierung hat sich auf eivon 30 als chronisch Kranke behandelt werden müssen. Das vernen neuen Anlauf für ein Präventionsgesetz verständigt, nachdem
kraftet kein Gesundheitssystem dieser Welt.« Ihr Zauberwort der
der Entwurf der rot-grünen Regierung im Sommer 2005 im BunZukunft lautet: Prävention.
desrat gescheitert war. Noch ist offen, wann ein entsprechender
Gesetzentwurf vorgelegt wird. Das Ziel fast aller Verantwortlichen
Prävention – was genau bedeutet das eigentlich? »Als Präist, die Prävention zu einer »vierten Säule« neben Akutbehandlung,
vention werden Strategien bezeichnet, die entweder spezifische
Rehabilitation und Pflege auszubauen. Bereits im Oktober 2004
Risikofaktoren für bestimmte Krankheiten vermindern oder mithatten sich Bund und Länder auf die Eckpunkte eines entspreverursachende Rahmenfaktoren
chenden Gesetzes verständigt. In
beeinflussen, welche die Anfälligseiner Stellungnahme zum darkeiten gegenüber Krankheiten
auf folgenden Gesetzentwurf
Der Weg ist das Ziel,
verringern. Aktivitäten zur Reduverlangte der Bundesrat jedoch
zierung der Auswirkungen bereits
am 18. März 2005 Änderungen
das Ziel ist Gesundheit,
vorhandener Krankheiten sind
an den geplanten Regelungen.
Gesundheit ist Lebensqualität.
dabei einbezogen. Prävention
Die Länder kritisierten eine
kann sich sowohl auf das Verhal»Überregulierung« und mahnten
ten von Individuen und Gruppen
»einfachere und transparentere
(Verhaltensprävention) als auch auf Veränderungen der Umwelt
Strukturen« bei der vorgesehenen »Stiftung Prävention und Geoder Arbeitswelt beziehen (Verhältnisprävention).« Puh. Viele solsundheitsförderung« an. Zu einem Vermittlungsverfahren war es
cher Sätze finden sich in einem 71-Seiten-Papier, das »Leitfaden
wegen der vorgezogenen Bundestagswahl am 18. September nicht
Prävention – Gemeinsame und einheitliche Handlungsfelder und
mehr gekommen.
Kriterien der Spitzenverbände der Krankenkassen zur Umsetzung
von § 20 Abs.1 und 2 SGB V vom 21. Juni 2000 in der Fassung
Aktiv vorbeugen. Wie gesagt: Die meisten Krankheiten sind nicht
vom 10. Februar 2006« heißt.
angeboren, sondern im Lauf des Lebens erworben – so viel steht
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Nordic Walking – 10 gute Gründe für die Gesundheit
> 1. Nordic Walking verbessert die Sauerstoffversorgung
Durch regelmäßiges Training lernt die Lunget, größere Mengen
Luft aufzunehmen, und transportiert mehr Sauerstoff zu den Körperzellen. Tiefere Atemzüge sorgen für eine stärkere Belüftung
der Lungenbläschen. Das wirkt sich auch indirekt auf die roten
Blutkörperchen aus, die den Sauerstoff im Blut transportieren.
Deren Anzahl steigt mit der Trainingsdauer.
Foto: Nordic Fitness Magazin/Ulrich Pramann; Grafik: Nordic Fitness Magazin
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fest. Durch regelmäßige Bewegung,
mäßig, mit moderater Intensität und
richtige Ernährung und ausreichende
einem Mindestumfang von etwa zwei
Entspannung und Erholung können
Stunden pro Woche durchgeführt wird,
wir möglichen Erkrankungen aktiv
stellt gesichert einen zentralen Schutzvorbeugen. In der Fachsprache nennt
faktor der Gesundheit dar.« (Leifaden
man dies »primäre Prävention«. Die
Prävention)
Sportwissenschaft hat herausgefunden,
Diese Formulierungen klingen so,
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dass durch körperlich-sportliche Aktials hätten die Urheber dabei an Nordic
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vität mindestens 800 bis 1000 Kalorien
Walking gedacht. Über die Wohltaten
pro Woche zusätzlich zur normalen Alldieser Bewegungsform wird ja in jeder
tagsaktivität verbrannt werden sollten.
Ausgabe vom Nordic Fitness Magazin
Gesundheit beruht auf vier
Diese Minimalbeanspruchung wird
ausführlich berichtet. Längst haben
Säulen: regelmäßiger Bewegung,
derzeit aber nur von maximal 10 bis
auch viele Krankenkassen (siehe Interbewusster Ernährung, Entspannung
20 Prozent der Erwachsenen erreicht.
views Seite 52 und 58) das Präventions– und auch auf ärztlicher Kunst, also
»Die Folgen sind katastrophal für die
potenzial von Nordic Walking erkannt.
Diagnostik. Unsere genetische ProLebensqualität, für die VolksgesundDie meisten fördern diese gesunde
grammierung (die Erbanlagen) hat
natürlich Einfluss auf unsere Gesundheit sowie die Ökonomie. BewegungsBewegung und zahlen Einsteigern Zuheit.
Aber
durch
Körperbewusstsein
mangel ist ein zentraler Risikofaktor
schüsse für Nordic-Walking-Kurse.
haben wir vieles selbst in der Hand.
für die Entstehung insbesondere von
Herz-Kreislauf- sowie Muskel-SkelettGute Angebote, die aber noch zögerErkrankungen. Körperliche Inaktivität
lich angenommen werden. Denn der
mit ihren Folgen wurde demzufolge bereits als das zentrale Ge- Weg bis zur Umsetzung ist weit. Der Psychologe und Autor Heiko
sundheitsproblem des dritten Jahrtausends bezeichnet«, heißt es im Ernst (»Gesund ist, was Spaß macht«) kennt die komplizierten PsyLeitfaden Prävention.
chopfade – wie mühsam neue Einsichten wirken. Das gilt selbst
dann, wenn es um die für jeden wichtige Gesundheit geht.
Unser Körper ist nämlich schlau, er funktioniert nach dem Prin- > Gesagt ist nicht gehört: Wir hören bei vermeintlich anstrengenzip der Selbstregulierung. Das biologisches System passt sich stets
den Sachen einfach nicht hin.
an. Wenn wir den Körper fordern (z. B. durch Training stärkeren > Gehört ist nicht verstanden: Wir kapieren allzu wissenschaftliBelastungsreizen aussetzen), stellen sich der Muskelapparat, Herzchen Medizinjargon nicht, Informationen rauschen vorbei.
Kreislauf-System, sogar die Verdauung rasch auf die höheren An- > Verstanden ist nicht einverstanden: Der Experte mag ja recht
forderungen ein. Die Folge: eine Verbesserung der Struktur. Unsere
haben, aber ich kenne meine Situation besser.
Leistungsfähigkeit nimmt also zu. Dieses Prinzip der biologischen > Einverstanden ist nicht ausprobiert: Wir lassen es bei guten
Anpassung (Adaption) gilt
Vorsätzen – einfach zu viel um
aber leider auch, wenn wir
die Ohren ...
den Körper zu wenig fordern
> Ausprobiert ist nicht beiWas genau ist Prävention?
– also unterfordern. Dann
behalten: Wir haben zu
Unter Primärprävention (Risikoschutz) sind gezielte
schaltet das ganze System gewenig Geduld und AusMaßnahmen zu verstehen, die den Eintritt eines Schawissermaßen auf Sparflamme.
dauer. Und sind dann bald
densfalls verhindern oder verzögern. Es geht also um die
Langfristig kündigt der Körwieder im alten Trott.
Erhaltung von Gesundheit bei (noch) Gesunden.
per sogar komplett die MitarVon Sekundärprävention (Vorsorge) spricht man, wenn
beit auf. Das ist so, weil sich
»Es muss Spaß machen,
es um Interventionen bei Erkrankungen in frühen Stadien
die Natur nicht den Luxus
damit es beibehalten wird«
geht. Es soll das Fortschreiten eines noch symptomlosen
leistet, etwas mitzuschleppen,
– George Harris, der HerausVorstadiums einer Krankheit durch Früherkennung und
das offensichtlich nicht mehr
geber von American Health,
-behandlung aufgehalten werden.
richtig gebraucht wird. Die
weiß, wie es mit der MotivaTertiärprävention (Rehabilitation) umfasst Maßnahfatale Folge: Das Leistungsvertion läuft.
men zur Verhütung von Folge- und/oder Begleiterkranmögen nimmt ab. Wer rastet,
Auch in dieser Hinsicht ist
kungen sowie der Verschlimmerung eines bereits in
der rostet. Das ist wirklich so.
Nordic
Walking als Schrittfortgeschrittenen Stadien bestehenden Krankheitsbilds
Als gesichert gilt: »Bewemacher
ideal.
und der größtmöglichen Wiederherstellung der Lebensgung, die zielgerichtet, regelqualität.
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Xundheit
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Prävention
> 2. Nordic Walking verbessert die Denkleistung
Auch das Gehirn profitiert von der besseren Sauerstoffversorgung. Durch moderates Training wird unser Denkorgan mit doppelt so viel Sauerstoff versorgt wie beim Sitzen. Deswegen kommen einem unterwegs oftmals die besten Ideen. Hinzu kommt,
dass beim Training im richtigen Pulsbereich das Kreativhormon
(ATCH) steigt. Es kann Fettablagerungen zwischen den Gehirnzellen wieder lösen. Das verbessert den Gedankenstrom.
> 3. Nordic Walking verbessert die Herzleistung
Ähnlich wie ein Muskel lässt sich auch das Herz durch Training
aufbauen. Durch regelmäßige Bewegung vergrößert sich das
Herzvolumen, die Pumpe wird leistungsfähiger und kann ökonomischer arbeiten: Der Ruhepuls sinkt, ebenso der Blutdruck.
> 4. Nordic Walking verbessert die Durchblutung
Durch Ausdauertraining kann die Zahl der Kapillaren auf das 30bis 50fache ansteigen, es entstehen neue Querverbindungen
zwischen den Kapillaren. Dadurch verbessert sich die Durchblutung um das 15- bis 20fache. Kein Medikament kann das.
> 5. Nordic Walking stärkt den Rücken
Besonders Menschen, die viel Büroarbeit verrichten, profitieren.
Das Ergebnis einer großen finnischen Studie belegt, dass jeder
Zweite mit Wirbelsäulenproblemen nach regelmäßigem NordicWalking-Training schmerzfrei war. Das Training wirkt wie eine natürliche, sanfte Mobilisation.
> 6. Nordic Walking hilft dem Darm
Durch die Bewegung wird der Darm massiert, und feste Bauchmuskeln halten das »Darmpaket« schön zusammen, sodass der
Tonus stimmt und die Darmpassage beschleunigt wird. Wer sich
viel bewegt, leidet so gut wie nie unter Verstopfung.
> 7. Nordic Walking ist segensreich für die Gelenke
Auch unsere Gelenke brauchen eine regelmäßige Belastung,
wenn ihr optimaler Funktionszustand erhalten bleiben soll. Bei
einem Gelenk, das längere Zeit ruhig gestellt werden musste
(Bruch), können erhebliche Schäden auftreten – Inaktivitätsschäden. Denn die Muskulatur, die das Gelenk umgibt und stabilisiert,
schwindet. Nordic Walking stärkt Muskulatur und Gelenke.
> 8. Nordic Walking fördert erholsamen Schlaf
Nur wer den Körper fordert und auslastet, gibt dem Körper, was er
braucht – z. B. auch das wichtige Verlangen nach Schlaf. Wirklich
erholsamer Schlaf setzt nämlich körperliche Aktivität während
des Tages voraus. Erst dann werden wir »rechtschaffen müde«.
> 9. Nordic Walking hält schlank
Diäten funktionieren nicht. Nur Bewegung in Kombination mit einer Ernährungsumstellung hilft, unliebsame Pfunde zu verlieren.
Bewegung wirkt wie ein Zündfunke für den Stoffwechsel, Bewegung kurbelt die Verbrennung von Fettsäuren an und verstärkt
die Aktivität fettabbauender Enzyme. Der Organismus braucht
etwa drei Monate, um den Stoffwechsel umzustellen.
> 10. Nordic Walking steigert das Wohlgefühl
Zwei Drittel jener, die sich regelmäßig sportlich betätigen, sind
mit ihrem Leben »zufrieden«. In der Gruppe der Sportmuffel behaupten das nur 48 Prozent. Aktive gewinnen Distanz zu Aufgaben und Problemen. Sie lernen, die eigenen Grenzen einzuschätzen und ihre Ziele geduldig zu erreichen. Und: Erfolgserlebnisse
stärken auch das Selbstwertgefühl.
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Prävention
Xundheit
Wie wertvoll Nordic Walking
für die Gesundheit ist
Nordic Walking und Bluthochdruck
> Was Bluthochdruck ist: Der Druck
im Blutkreislauf stellt die Sauerstoffversorgung über das Blut in den Organen, Geweben und der Muskulatur sicher. Dazu
muss sich der Blutdruck ständig an aktuelle Erfordernisse anpassen. Der Blutdruck
wird nach dem italienischen Physiologen
Riva-Rocci (RR) in Millimeter QuecksilDr. Natalie Lotzmann,
bersäule (mmHg) gemessen. Er sollte in
Leiterin GesundheitsRuhe zwischen 120/80 und 140/90 liegen.
wesen (»Health and
Diversity«) bei SAP.
Ab 150 für den oberen Wert und 95 für
den unteren Wert spricht man von Blutdruckerhöhung in Ruhe. Die häufigsten Ursachen sind neben erblicher Belastung die Arteriosklerose in Folge von Fehlernährung,
Bewegungsmangel, erhöhten Blutfetten und Stress.
> Was Nordic Walking bewirkt: In vielen Studien wurde
der positive Effekt von Bewegung auf das Blutdruckverhalten
bestätigt. Bei länger bestehenden ausgeprägten Blutdruckproblemen sollte vor Aufnahme des Trainings ein BelastungsEKG durchgeführt werden. Auch Blutdruckselbstmessungen
mit Eintrag in den Trainingsplan sind zur Verlaufskontrolle
sinnvoll. Verordnete Medikamente sollten nach ärztlichem
Rat weiter eingenommen werden. Falls zur Blutdrucksenkung ein so genannter Betablocker verordnet wurde, ist dies
bei der Trainingssteuerung zu berücksichtigen. Im Trainingsverlauf, insbesondere falls eine Gewichtsreduktion erzielt
wurde, können nach Rücksprache mit dem Arzt oftmals Tabletten reduziert werden.
Nordic Walking und Arteriosklerose
> Was Arteriosklerose ist: In unseren Arterien wird das nährstoff-
und sauerstoffreiche Blut zu den Organen und in unseren Bewegungsapparat transportiert. Dazu sind sie innen glattwandig und
elastisch gebaut. Unter Arteriosklerose sind verhärtende und verengende Veränderungen an den Blutgefäßen zu verstehen. Sie sind die
häufigste Ursache u. a. für Schlaganfälle (Hirngefäße), Herzinfarkte
(Koronargefäße) und Durchblutungsstörungen in den Beinen. Die
Verengungen werden zunächst durch Ablagerungen fetthaltiger
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und wechselnden Be- und Entlastungen stimulieren über
den Muskelzug der beanspruchten Muskelketten die Knochengewebe aufbauenden Zellen. Dadurch werden physiologisch wichtige Impulse für ein stabiles Knochengerüst gesetzt.
Ebenfalls günstig für den Knochenaufbau: Nordic Walking
findet draußen statt. Sonnenlicht auf der Haut lässt das für
die Knochenbildung unverzichtbare Vitamin D entstehen.
Hierzu reichen bereits etwa 20 Minuten pro Tag.
Substanzen an den Innenwänden der Blutgefäße verursacht,
die zu Verhärtungen führen und den Blutstrom behindern.
Die Anlagerung von Blutplättchen und eine Veränderung
der Gerinnungseigenschaften können in der Folge zu Blutgerinnseln und Verschluss des Blutgefäßes führen.
> Was Nordic Walking bewirkt: Körperliche Fitness ist
Nordic Walking und Diabetes mellitus
> Was Diabetes ist: Diabetes mellitus ist die weitaus häufigste
nachgewiesenermaßen der zentrale Schutzfaktor bei der
Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen – sowohl
zur Vorbeugung als auch nach überstandenem Herzinfarkt. Sprechen Sie mit Ihrem Hausarzt oder Kardiologen. Er wird z. B. nach dem Ergebnis der BelastungsEKGs entscheiden, in welchem Umfang Sie sich belasten
können. Bei Einnahme von Betablockern sind die sonst
üblichen Richtwerte möglicherweise leicht verschoben.
Nordic Walking in der Gruppe sowie ein mitgeführtes
Mobiltelefon können zusätzliche Sicherheit geben.
Wenn von ärztlicher Seite einer sportlichen Betätigung
nichts im Wege steht, stellt Nordic Walking ein einfach
zu erlernendes und durch die Pulsuhr exakt zu steuerndes
Training dar, das sich gerade für Herz-Kreislauf-Patienten eignet.
Nordic Walking und Stressbewältigung
> Was Stress ist: Der biologische Sinn besteht in der Bereit-
stellung aller körperlichen Voraussetzungen für Flucht oder Angriff. So steigen Blutdruck und Herzschlag, die Durchblutung der
Muskeln wird erhöht. Typische Symptome für akuten Stress sind
Herzklopfen, Zittern, Schweißausbruch, Denkblockaden. Chronischer Stress führt häufig zu Schlaf- und Konzentrationsproblemen,
Erschöpfung, Reizbarkeit, Infektanfälligkeit, Magengeschwüren,
Kopfschmerzen, Bluthochdruck, Lustlosigkeit oder Depression
und kann bestehende Erkrankungen verschlimmern.
Förderlich für die Entstehung von Stress sind dabei bestimmte
Persönlichkeitsmerkmale wie Perfektionismus, ein geringes Selbstwertgefühl, übermäßiger Ehrgeiz oder die Unfähigkeit, um Rat
oder Hilfe zu bitten. Allen gemeinsam ist das Gefühl, »keine Zeit«
zu haben, keine Muße – und vor allem keine Zeit für sich selbst.
> Was Nordic Walking bewirkt: Regelmäßige Pausen und
Auszeiten führen zu höherer Lebensqualität und höherer
Effektivität bei der Bewältigung alltäglicher Aufgaben – ein
Ausstieg aus dem Teufelskreis. Nordic Walking ist ja jederzeit
möglich. Wenn es flexible Arbeitszeiten erlauben, ist Nordic
Stoffwechselerkrankung. Das in der Bauchspeicheldrüse produzierte Insulin reicht nicht aus, den durch die Nahrung aufgenommenen
Zucker (Energielieferant) vom Blut in die Zellen (Verbrennungsort) zu transportieren. Ein Übermaß an Zucker im Blut ist die Folge (»Zuckerkrankheit«). Der erhöhte Blutzucker beschleunigt die
Blutgefäßverkalkung. Besonders betroffen sind kleinste Blutgefäße
in Augen und Nieren, aber auch in Herz und Gehirn. Beim Typ-1Diabetes ist die Ursache eine Zerstörung der Insulin produzierenden Zellen in Folge von Immunreaktionen oder einer unerkannten
Virusinfektion. Wesentlich häufiger ist der Typ-2-Diabetes, der
durch Übergewicht, falsche Ernährung und zum Teil Vererbung
hervorgerufen wird. Die Therapie besteht vor allem in Gewichtsreduktion und Diät, in begrenztem Umfang auch Tabletten (Typ 2)
bzw. in der Insulingabe (Typ 1und fortgeschrittener Typ 2).
Foto: Gerd Heidorn; aus dem Buch »Nordic Walking für Späteinsteiger«, Südwest Verlag
Wie kaum eine andere Bewegung kann Nordic
Walking auch speziellen Erkrankungen vorbeugen bzw. das Fortschreiten einer Erkrankung verhindern oder den Verlauf verbessern.
Dr. Natalie Lotzmann nennt sechs Beispiele.
> Was Nordic Walking bewirkt: Körperliche Bewegung
Walking auch kommunikatives Kurztraining mit Arbeitskollegen in der Mittagspause. Feste Verabredungen tragen zu
Regelmäßigkeit und Verbindlichkeit bei. Ideal ist die Einbindung von Nordic Walking in einen ganzheitlichen Plan zur
persönlichen Stressbewältigung und Lebensbalance.
> Was Nordic Walking bewirkt: Zu den beeinflussbaren
Stellgrößen für den Verlauf der Zuckerkrankheit gehören
ein möglichst normales Körpergewicht und ein angeregter
gesunder Stoffwechsel. Nordic Walking kann den typischen
Teufelskreis zwischen erhöhtem Körpergewicht (Fettspeicher), Insulinresistenz und erhöhtem Blutzucker- und Blutfettspiegel durchbrechen.
Nordic Walking und Osteoporose
> Was Osteoporose ist: Knochen sind in einem ständigen Um-
bauprozess. Dabei befindet sich die Aktivität der aufbauenden Zellen in einem Gleichgewicht mit den abbauenden Zellen. Bei der
Osteoporose ist dieses Gleichgewicht gestört, es kommt zu Knochenschwund. Besonders betroffen sind Wirbelsäule, Brustkorb,
Becken und Oberschenkelhals. Man unterscheidet die primäre
Osteoporose, die in erster Linie bei älteren Menschen vorkommt
und deren genaue Ursache unbekannt ist, von der sekundären
Osteoporose, als Folge nachweisbarer hormoneller Störungen
oder Medikamenteneinnahme (z. B. langfristige Einnahme von
Kortison). Das Leitsymptom ist der Rückenschmerz. Es kann zu
Wirbel- oder Rippenbrüchen und Oberschenkelhalsbrüchen kommen. Typische Blutbefunde gibt es nicht.
Nordic Walking und Übergewicht (Adipositas)
> Was Adipositas ist: Von Übergewicht spricht man im Allge-
meinen, wenn der Anteil des Fettgewebes mehr als 20 Prozent (bei
Männern) bzw. 30 Prozent (bei Frauen) ausmacht.
> Was Nordic Walking bewirkt: Es gibt einen Weg ins Nor-
malgewicht. Es ist nicht leicht, aus dem häufig bestehenden
Teufelskreis (langjähriges, ungünstiges Essverhalten, schlechtes Körpergefühl, Scham) allein herauszukommen. Nordic
Walking wird völlig bekleidet ausgeübt, mit Gleichgesinnten
durchgeführt, macht Spaß. In Verbindung mit einer Ernährungsumstellung werden Erfolge schnell spür- und messbar.
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Das Nordic-Fitness-Interview
Professor Herbert
REBSCHER
»Prävention ist im besten Sinne eine Investition«, sagt der
Vorstandsvorsitzende der DAK, der zweitgrößten Krankenkasse
in Deutschland (über 6 Millionen Versicherte.) Was wird sich durch
die Gesundheitsreform ändern? Nordic-Fitness-Chefredakteur Ulrich
Pramann sprach mit ihm über die komplizierten Themen Gesundheitsbe-
Foto: DAK
wusstsein und Eigenverantwortung – und auch über seine private Vorliebe
für Nordic Walking.
Die so genannte Gesundheitsreform sorgt für heftige Diskuson als Eigenwert zu sehen, als Instrument für Lebensqualität und
sionen. Da ist von Murks die Rede. Sie sind einer der schärften
um vermeidbare Erkrankungen tatsächlich zu vermeiden. Und
Kritiker. Was bereitet Ihnen besonderen Kummer?
nicht, um den Kassen Kosten zu ersparen, sondern um sich selbst
Prof. Herbert Rebscher: Wenn der staatliche Gesundheitsfonds
Leid und Last zu ersparen.
kommt und Kassen eine zusätzliche Kopfprämie erheben müssen,
Was ist so schwierig, wenn es um Prävention geht?
wird sich der gesamte Wettbewerb um die Höhe dieser Prämie
Zu unterscheiden, was ist die Verantwortung des Einzelnen, wo
drehen. Der Wettbewerb um Qualität in der Versorgung und inkann und soll er in der Verantwortung sein? Wo bedarf es einer
novative Ansätze würde damit auf der Strecke bleiben.
finanziellen Unterstützung, um Infrastrukturen zu fördern, und
Was bedeutet das für die Prävention?
wo kann das aus sich selbst heraus geschaffen werden? Was ist die
Alle Kassen würden versuchen, die Kopfprämie niedrig zu halten.
Funktion einer Krankenversicherung, und was ist eine öffentliche,
Sie wären gezwungen, nur noch Dinge zu machen, die sich betriebsgesellschaftliche Funktion, also Kindergärten, Schulen, Betriebe?
wirtschaftlich rechnen. Dabei würde auch die Prävention unter die
Spart Prävention Kosten oder kostet Prävention?
Räder kommen, denn sie wirkt sich erst mittel- oder langfristig aus.
Prävention ist im besten Sinne eine Investition, um mittel- und
Ist die Diskussion schon durch?
langfristig Nutzen zu haben. Es wird aber nie gelingen zu sagen:
Na ja, ich befürchte, wenn eine Große Koalition sich festlegt, das
Weil du im Alter zwischen 20 und 30 sehr viel Prävention gemacht
dann das zentrale Kriterium Gesichtshast, also viel Sport gemacht hast, dich
wahrung aller Beteiligten ist und nicht
bewusst ernährt hast, nicht geraucht
Prävention
ist
ein
Instrument
mehr die Aufnahme von sachlichen und
hast, bist du als 70-Jähriger gesünder
für Lebensqualität und um vermeidfachlichen Argumenten. Dies ist jetzt
als dein Nachbar. Weil wir diesen Zubare Erkrankungen tatsächlich zu
unsere Angst, und deshalb bemühen wir
sammenhang nicht herstellen können,
vermeiden. »Wir sollten uns bemüuns um Aufklärung, wie die geplanten
bleibt Prävention zunächst eine Ausgabe,
hen, Prävention als Eigenwert zu
Rezepte wirken. Vielleicht können wir ja
das kostet Geld. Man sollte nicht darauf
sehen. Und nicht, um den Kassen
das eine oder andere noch vermeiden.
setzen, eine Kosten-Nutzen-Analyse anKosten zu ersparen«, sagt Prof. HerWie weit ist in unserer Gesellschaft
zulegen. Das kann man nur unter sonst
bert Rebscher. Prävention kann jeder Präventionsgedanke entwickelt?
gleichen Umständen tun, aber unser aller
dem
Leid
und
Last
ersparen.
Wir sollten uns alle bemühen, PräventiLeben hat nicht sonst gleiche Umstände.
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Prof. Dr. h. c. Herbert Rebscher,
Vorsitzender des DAK-Vorstands,
Was kann jeder tun? Das Gesundheitswurde 1954 in Bad König im Odenwald geboren. Nach
bewusstsein ist bei vielen entwickelt,
seinem Abitur 1973 begann seine berufliche Laufaber bei ganz vielen auch noch nicht ...
bahn als Offizier bei der Bundeswehr. In München
... ja, aber es gibt schon eine ziemlich breite
studierte er an der Universität der Bundeswehr WirtBewegung. Dass eine Zeitschrift wie die
schafts- und Organisationswissenschaften, SchwerIhre einen Markt hat, zeigt doch, dass
punkt Wirtschafts- und Sozialpolitik sowie Gesundheitsökonomie, sozialwissenes eine Nachfrage gibt für Angebote für
schaftliches Studium mit Schwerpunkt medizinische Ethik. Seit 1992 war Herbert
gesundheitsbewusstes Leben. Es kommt
Rebscher als stellvertretender Geschäftsführer beim VdAK tätig, 1996 wurde er
darauf an, ohne Zeigefinger zu arbeiten.
Vorsitzender des Vorstands des VdAK. Zum 1. Oktober 2003 wechselte er in den
Nach dem Motto: Was schmeckt gut?
Vorstand der DAK. Seit Jahresbeginn 2005 ist Herbert Rebscher Vorsitzender des
Und nicht: Was wirkt gut? Das Signal
DAK-Vorstands und seit August 2005 zudem Honorarprofessor für Gesundheitspomuss sein: Was macht mir Spaß?
litik und Gesundheitsökonomie an der Universität Bayreuth. Er spielte 20 Jahre HalImmer mehr Menschen werden dick,
lenhandball, war Jogger und fand zum Nordic Walking.
und gleichzeitig gibt es immer mehr
Leute, die sich mit dem Thema Gesundheit auseinander setzen. Sind wir mitten in einer gesellcherung zahlt, hat ja eigenverantwortlich gehandelt. Er zahlt das
schaftlichen Veränderung?
Geld schließlich, und nicht Vater Staat. Wenn Eltern ihre Kinder
Ich denke ja. In unserer Gesellschaft verstärken sich ohnehin die
in Sportvereine geben, hat das mit Eigenverantwortung zu tun.
Gegensätze. In den Städten wird dieses Phänomen deutlich. Es
Wenn man die gesamte Wellness-Fitness-Bewegung sieht, dann
gibt entweder Billigmärkte oder teure Fachgeschäfte, das mittlere
ist das gelebte Eigenverantwortung. Und ein Skiurlaub ist auch
Segment bricht weg. Die Leute werden entweder ärmer oder reinichts anderes. Das ist aktive Erholung, und die ist viel höher eincher. Viele hocken nur noch vor dem Fernseher oder PC, andere
zuschätzen als passive Erholung. Deswegen sind wir auch dagegen,
treiben ganz extrem Sport, drei-, viermal in der Woche.
dass gefahrenreiche Sportarten zusätzlich versichert werden sollen.
Was bedeutet das?
Es ist doch ein hohes kulturelles Gut, dass Sport in der KrankenEs ist schwer, mit einer Idee alle zu erreichen. Für das gesellschaftsversicherung abgedeckt ist.
politisch Wünschenswerte, also das Vermeiden des Vermeidbaren,
Was Sie da sagen, hört sich sehr optimistisch an.
kann man nur werben – das kann man nicht einfach anweisen.
Ja, es gibt eine hohe Bereitschaft zu Eigenverantwortung. Die sollte
Was kann eine Krankenkasse tun, um das Gesundheitsbeund kann man fördern, indem man bestimmten Zielgruppen bewusstsein zu stärken und auch
stimmte Angebote macht, möglichst
Menschen zu erreichen, die bisder Lebenssituation der Menschen
lang schwer zu erreichen sind?
angepasst. Ein Sportverein sollte
Der Spaßfaktor spielt auch bei
Wir versuchen es mit Bonusmodelnicht nur an die 1. Mannschaft und
allem, was mit Prävention zu tun hat, eine
len, um das Mitmachen zu honoan die A-Jugend denken, sondern
entscheidende Rolle. Prof. Herbert Rebscher
rieren. Die Produkte, die wir dafür
auch an ein altersgemäßes Angebot
ist der Überzeugung: »Wenn jemand etwas mit
ausloben, sollen das gesundheitsfür die Generation 60plus: GemeinVergnügen macht, wenn er aus Überzeugung
bewusste Tun möglichst noch weischaftserlebnisse mit Bewegung,
mitmacht, dann ist das immer sehr viel besser
ter unterstützen – es gibt also neue
Wandern statt Joggen oder Ballund wirksamer, als wenn einer zwar alles richtig
Turnschuhe statt einer Bratpfanne.
spiele statt Wettkampf. Da müssten
macht, aber nur zähneknirschend dabei ist.«
Rund 500 000 unserer VersicherPartner vor Ort zusammenwirken,
Das Angebot muss also maßgeschneidert sein.
ten nehmen daran teil. Wir bieten
um so etwas zu organisieren.
zum Beispiel auch Menschen, die in
Die Mehrheit der Ärzte sagt, viele
ihrem Beruf sehr stark gebunden sind, an, dass sie Zuschüsse zu
Zivilisationskrankheiten sind durch den Lebensstil selbst zubestimmten Kursen bekommen, die sie im Urlaub machen. Denn
gefügt. Sollte man in Zukunft anders mit Menschen umgehen,
dann haben sie Zeit dafür und retten hoffentlich neu erworbene
die sich nicht um ihre Gesundheit kümmern?
Fähigkeiten und den Trainingseffekt in ihren Alltag herüber.
Also, vorsichtig. Stimmt, es gibt Krankheiten, die lassen sich im
Jeder möchte alt werden, und zwar gesund alt werden, aber die
hohen Grad auf den Lebensstil zurückführen. Man sollte sich aber
wenigsten tun aktiv etwas dafür. Wie kann man die Eigenverdavor hüten, die Lebensführung zu qualifizieren und zu diskrediantwortung stärken?
tieren. Ich traue der Bevölkerung mehr zu, als wir da so gemeinhin
Ich wundere mich immer über die Verwendung des Begriffs
diskutieren. Unsere heutige Lebenssituation ist doch mit derjeniEigenverantwortung. Wer im Monat 400 Euro Krankenversigen vor 40, 50 Jahren überhaupt nicht mehr vergleichbar. Wir
60
Xundheit | Interview
Fotos: DAK (3), Exel (1)
Prävention
verlangen hohe Mobilität im Beruf, darunter leidet die Familie.
Schulen, um bestimmte Mitmachaktionen zu initiieren und BreiUnser Leben ist ungeheuer verdichtet.
tenwirksamkeit zu erreichen. Wir unterstützen zum Beispiel auch
Und Ihr Leben?
Nordic Walking.
Ich rede ja schon mein halbes Leben lang über gesunde LebensfühHaben Sie eigene Erfahrungen mit Nordic Walking?
rung, und habe oft nicht die Chance, selbst gesund zu leben. Ich
Durch zu langes und intensives Joggen und vor allem nach 20
stehe abends nach einer lange Sitzung vor einem Büffet und nicht
Jahren Hallenhandball hatte ich ziemliche Probleme mit den Gevor einem selbst zubereiteten Salat. Ich packe dann nicht die Schuhe
lenken, bis es nicht mehr ging. Da habe ich mit Nordic Walking
aus und laufe noch los. Und am nächsten Morgen esse ich dann
angefangen. Ich muss sagen, das ist ein sehr dynamischer, sehr
am Flughafen ein vermanschtes
Brötchen. Wir sind also selbst
beste Beispiele für schlechte Lebensführung. Wer hat den die
Chance, wirklich gesund zu leben?
Das ist doch heute unser Problem.
Wie wollen Sie das lösen?
Was müssen die Menschen dort
abholen, wo sie sind. Wir müssen für Prävention werben und
informieren, was das eine oder
andere bewirken kann – wir
müssen mit Lust und Spaß motivieren. Dann kriegen wir mehr,
als wir denken.
Würden Sie es begrüßen, wenn
künftig die Ärzte statt mehr
Pillen mehr Bewegung verschreiben würden?
Gute Ärzte tun das doch schon.
Die beste Prävention ist ein
In jedem guten Therapiekonbewusster Lebenstil: regelmäßige Bewezept sind Ratschläge zu mehr
gung, vernünftige Ernährung und immer
Bewegung drin.
wieder Phasen der Entspannung.
Aber mit solchen Botschaften ist offenbar nur eine gewisser Teil der Gesellschaft
erreichbar.
koordinierter Bewegungsablauf mit hohem Trainingseffekt. Das
Wir wollen doch keine Zwangsverpflichtung für irgendwelche
Schöne ist, dass auch der Oberkörper gut trainiert wird.
Aktivitäten. Man muss auch mal sagen: Es gehört zu einer freiWo oft kommen Sie zum Nordic Walking?
en Gesellschaft, die Lebensführung zu wählen, die man will. Wir
Meist nur am Wochenende.
können noch so viel aufklären und informieren – trotzdem wird
Welche Chance geben Sie persönlich der Nordic-Walking-Bees immer einen Teil geben, der nicht mitmacht. Ich finde es allerwegung?
dings auch bedenklich, dass so viele Sportstunden in den Schulen
Alles hat seine Zyklen. Das ist aber im Zusammenhang mit Präausfallen. Wenn man was erreichen will, dann muss man bei den
vention völlig gleichgültig. Hauptsache, die Menschen machen
Kindern und Jugendlichen anfangen und Aktivität fördern.
was. Spielt Fußball, lauft durch den Wald, macht Nordic Walking
Die Mittel werden knapper. Was kann eine Krankenkasse
– und ihr tut was für eure Gesundheit.
denn in dieser Situation noch leisten?
Welchen Stellenwert wird Prävention in 10 Jahren haben?
Wir können fördern, aktivieren, moderieren. Wir koordinieren
Eine hohen Stellenwert. Und wenn es uns gelingt, Prävention
auch Aktivitäten, die wir nicht finanzieren.
nicht mit asketischer, sondern mit lustbetonter Lebensführung zu
Was heißt das konkret?
verbinden, wenn wir nicht mehr nur danach fragen: Was hat
Wir arbeiten mit Urlaubsanbietern zusammen, um Sinnvolles
den höchsten Effekt, sondern wenn wir fragen: Was macht
im Urlaub zu unterstützen. Oder mit Sportvereinen vor Ort, in
mir am meisten Spaß – dann machen auch mehr Leute mit.