Intel geht voran, (noch) folgt keiner

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Intel geht voran, (noch) folgt keiner
ITRESELLER
Intel geht voran, (noch) folgt keiner
18. Oktober 1999 - Auf dem Microprocessor Forum in Kalifornien überschlugen sich die CPU-Hersteller mit
Neuankündigungen. Itanium, Sledgehammer, Power4 und Alpha EV8 sollen in Zukunft die Maschinen antreiben.
Aber nur Intel geht auf einen neuen Befehlssatz. Intel geht davon aus, dass der bisherige, unter dem Namen x86 bekannte, Chip-Befehlssatz ausgereizt sei und
zieht mit dem neuen IA-64-Instruktionsset für den 64-Bit Itanium (bisher Merced)-Prozessor die Konsequenz. Doch
auf dem Microprocessor Forum in San Jose, Kalifornien, zeigte sich, dass Konkurrenten wie IBM, Compaq,
Hewlett-Packard, Sun und AMD (noch) nicht bereit sind, diesen Schritt nachzuvollziehen. Das Festhalten am x86-Befehlssatz bringt Intels Konkurrenten einen gewichtigen Vorteil: Sie sind nicht auf den
Goodwill der Softwareindustrie angewiesen, denn die Einführung einer neuen Befehlsstruktur bedingt, dass
sämtliche Software überarbeitet wird.
Itanium ohne Rambus
Der nun offiziell Itanium getaufte 64bit-Prozessor von Intel soll theroretisch sechs Gigaflops (sechs Milliarden
Rechenoperationen pro Sekunde) leisten. Um die Performance zu steigern werden dem Itanium vier Megabyte
Sekundär-Cache beigegeben. In der ersten Fassung wird Itanium mit herkömmlichem 100 MHz-Speicher arbeiten
und nicht etwa Rambus-Chips einsetzen. Als Begündung wurde gesagt, dass für die Hersteller von Servern – ein
Hauptzielsegment für den neuen Prozessor – nicht die Geschwindigkeit, sondern die Grösse des Speichers
entscheidend sei. Mit Standardchips liesse sich weit mehr Speicher in die Systeme einbauen. Es mag allerdings
sein, dass auch die Schwierigkeiten, die Intel zur Zeit mit dem auf Rambusspeicher basierenden 820-Chipset hat,
seinen Teil zu diesem Entscheid beitrugen. Intel-Leute mussten zugeben, dass auf dem Forum neue Möglichkeiten für die Verbesserung der Performance von
herkömmlichen x86-Prozessoren gezeigt wurden. Itanium-Chefingenieur Harsh Sharanpgani meint jedoch,
Techniken wie Mehrprozessoren-CPUs liessen sich später auch in den neuen Prozessor integrieren. In manchem erinnert die Debatte – wenn auch mit umgekehrten Vorzeichen – an die Auseinandersetzungen vor ein
paar Jahren, als Intel an der CISC-Architektur festhielt, während die Konkurrenz mehr und mehr auf
RISC-Prozessoren setzte.
Viele Wege führen nach Rom
Um die Leistung ihrer Prozessoren zu steigern, schlagen die anderen Hersteller unterschiedliche Wege ein. AMD kündigte Sledgehammer an, einen 64-Bit-Prozessor, der ebenfalls auf das Server- und Workstationsegment
zielt und direkt gegen Itanium antreten soll. Laut Fred Weber, Vice President of Engeneering bei AMD, läuft der
neue Chip mit dem bisherigen Befehlssatz, verfügt aber über verschiedene 64-Bit-Erweiterungen. Der Chip erkennt,
ob eine Software 64- oder 32-Bit-tauglich ist und bietet laut Weber für beides volle, native Unterstützung. Die Integration der 64-Bit-Innovationen in den alten x86-Befehlssatz erklärt, weshalb AMD seinen 64-Bit-Prozessor
so kurz nach der Einführung des Athlon aus dem Hut zaubern kann. Eigene Wege geht AMD jedoch in Bezug auf den Systembus. Der Lightning Data Tansport (LDT) soll Transferraten
bis zu 6,4 Gigabyte pro Sekunde erreichen. Der erste Chipsatz mit LTD soll in der zweiten Hälfte 2000 von API
geliefert werden, während Sledgehammer für 2001 erwartet wird. IBM setzt auf ihren Power4 Chip, der ebenfalls für 2001 geplant ist und mit mindestens einem GHz getaktet sein
soll. Zwei CPUs arbeiten mit viel Cache-Speicher. Der Datentransfer erfolgt mit einer Kombination von Silizium und
Kupferkontakten, insgesamt 5’500. Das ist rund zehn mal mehr als beim Itanium. Der Alpha EV8 von Compaq, ebenfalls mit einer Silikon-Kupfer-Kombination und einer Taktrate von bis zu 2 GHz,
wird eine Technologie nutzen, die «symetrisches Multithreading» genannt wird, wie Joel Emer vom Compaq
Alphateam ausführte. Symetrisches Multithreading vergrössert den Chip nur unbedeutend, verkürzt aber die
Pausen zwischen den einzelnen Operationen und erhöht so die Effizienz des Prozessors.
Neue Ära
Trotz allem ist klar, dass Intel mit dem auf dem IA-64 Befehlssatz basierenden Itanium-Chip eine neue Ära
einläutet. Erste Muster des Prozessors werden gegenwärtig an Entwickler ausgeliefert. Die Massenfertigung soll
Mitte 2000 anlaufen. Für die zweite Jahreshälfte erwartet Intel die ersten fertigen Systeme. Noch scheint allerdings
offen, wie weit die Industrie dem Martleader wirklich zu folgen gewillt ist. Am Microprocessor Forum setzte die
Konkurrenz jedenfalls klar auf herkömmliche Designs und gab sich überzeugt, dass auch so noch
Leistungssteigerungen möglich sind. (fis)
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