Trennungsgespräche - Siemens Dialog
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Trennungsgespräche - Siemens Dialog
Für Trennungsgespräche lassen sich nur schwer allgemein gültige Regeln aufstellen. Nachfolgend ein Bericht über vor allem negativen Erfahrungen bei Siemens Business Services im Jahr 2005. In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass Trennungsgespräche nicht immer zwangsläufig von Misstrauen und einer Haltung des Arbeitgebers wie hier geschildert geprägt sein müssen! Erfahrungsbericht zur Psychologie von Trennungsgesprächen Derzeit werden in Firmen wie Siemens Business Services sogenannte „Restrukturierungsmaßnahmen“ durchgeführt. Im Rahmen dieser Restrukturierung will sich die Firma von einem Teil ihrer Mitarbeiter trennen. Dies läuft folgendermaßen: Von den Vorgesetzten werden Mitarbeiter als Kandidaten für die „Trennung“ vom Betrieb ausgewählt; in Trennungsgesprächen und Meetings wird ihnen ein Aufhebungsvertrag angeboten. Während der Restrukturierung schafft die Arbeitgeberseite laufend Fakten für die vorgesehenen Mitarbeiter. Zum Beispiel: – – – – Weniger gut Ausgelastete werden in eine Extra-Abteilung ausgegliedert. Die Mitarbeiter werden auf eine Schwarze Liste gesetzt, aus der sie nicht mehr herauskommen. Laufende Projektarbeiten werden gestoppt. Eine Weiterbildung dieser Mitarbeiter auf vorhandene Arbeitsplätze hin ist nicht vorgesehen. Diese Strategie wird unterstützt durch die Verhandlungstechnik der Firma: geschulte Vorgesetzte und Manager führen die Gespräche, in denen dem Mitarbeiter klar gemacht werden soll, dass seine Arbeit und er nicht mehr erwünscht sind. Vorüberlegungen zu einem Trennungsgespräch Sollten Sie zu einem Trennungsgespräch geladen sein, dann gehen Sie davon aus (so die bisher gesammelten und hier beschriebenen Erfahrungen von Teilnehmern der Trennungsgespräche), dass die Firma fest dazu entschlossen ist, sich von Ihnen zu trennen. Es liegt auf der Hand, dass Sie für sich klären müssen, ob Sie einen Aufhebungsvertrag unterschreiben. Fundiert können Sie dies aber nur dann, wenn Sie Ihre finanzielle und rechtliche Situation (einschließlich Kündigungsschutz) geklärt haben (siehe Kasten auf der Seite 2). Nicht immer, „aber immer öfter“ wartet die Firma nicht einfach solange, bis Sie Ihre Situation geklärt haben und Ihre Entscheidung fällen. Sie werden immer wieder gefragt, ob Sie einen Aufhebungsvertrag unterschreiben. Man akzeptiert auch Ihre Entscheidung nicht, wenn sie nicht im Sinne des Betriebs ausfällt. Daraus folgt: Sie brauchen, um für wiederholte Trennungsgespräche besser gewappnet zu sein, Informationen über den Ablauf von Gesprächen, die der Arbeitgeber mit Ihnen führt. Mit den folgenden Erläuterungen soll auf das Klima von Verhandlungen vorbereitet werden, wie sie in vielen Fällen mit angesprochenen Mitarbeitern geführt worden sind. Dabei geht es nicht um eine vollständige Beschreibung des Ablaufs von allen Trennungsgesprächen, sondern um den Worst Case, der aber realistisch geschildert ist. Zur Klarstellung: Es laufen keineswegs alle Trennungsgespräche nach diesem Schema ab. Verhandlungen werden auch in relativ humanem Klima und mit für den Mitarbeiter akzeptablem Ausgang (z.B. Versetzung auf einen gleichwertigen Arbeitsplatz innerhalb der Firma) geführt. Wie immer es bei Ihnen auch laufen wird: Mit Hilfe dieses Ratgebers können Sie sich auf den „Fall der Fälle“ individuell vorbereiten. Das schadet nie. Sie können natürlich auch auf die Hilfe eines Betriebsrats zurückgreifen. Ob Sie das wollen, entscheiden Sie am besten nach der Lektüre dieser Tipps. Prinzipien der Verhandlungstechnik der Arbeitgeberseite – ausgewählte Beispiele – Prinzip Nr. 1: Die Firma bestimmt Der Vorgesetzte/die Firma versucht, ihren Willen als alleingültigen darzustellen. Umgekehrt wird die Situation des Arbeitnehmers als schlecht bis ausweglos ausgemalt, Sie sollen sich schutz- und rechtlos fühlen. Dass Sie einen Arbeitsvertrag haben, der auch Pflichten des Arbeitgebers und Rechte des Arbeitnehmers definiert, dass Sie nicht einfach alles hinnehmen müssen, dass Sie übrigens auch ein Recht auf Beschwerde beim Betriebsrat haben, soll keine Rolle spielen: Der Tenor: „Wir wollen Sie nicht. Egal, was Sie tun, wir haben keine Beschäftigung für Sie. Ihren Arbeitsplatz gibt es nicht mehr.“ Lehnen Sie den Aufhebungsvertrag ab, wird durch die Teilnahme von leitenden Angestellten der Geschäftsleitung demonstriert, dass Ihr Wille und Ihr Interesse nicht zählen. Zur Demonstration der Macht der Firma gehört auch das ungleiche Zahlenverhältnis bei solchen Gesprächen: der unmittelbare Vorgesetzte, ein „Oberer“ sowie bis zu 2 Vertreter der Personalabteilung sitzen Ihnen gegenüber. Prinzip Nr. 2: Sie werden unter Zeitdruck gesetzt – durch Angabe einer knapp bemessenen Frist, bis wann Sie angeblich unterschrieben haben müssen – durch wiederholte Termine, auch dann, wenn Sie für sich noch gar nichts geklärt haben – durch Locken mit „Angeboten“, die Sie sich verscherzen, wenn Sie nicht schnell genug „zugreifen“ Beratung in rechtlichen und finanziellen Fragen: Weitere wichtige Adressen: Egal, ob Sie ohne oder mit Betriebsrat- bzw. Schwerbehindertenvertreter in solche Gespräche gehen – informieren Sie sich auf jeden Fall bei einem Betriebsrat bzw. Schwerbehindertenvertreter Ihres Vertrauens über Ihre individuellen Vertragsbedingungen und Ihre rechtlichen Möglichkeiten. Dort erfahren Sie auch alles über Kündigungsschutzbestimmungen, Stellenausschreibungen, Bewerbungen usw. IG Metall Ansprechpersonen im SBS-BR Region Südbayern Arbeitsagentur (früher: Arbeitsamt), z.B. für Auskünfte zum Aufhebungsvertrag (Alg, Sperrfristen, Ruhenszeiten...) http://sbs-betriebsrat.sbs.de/br_sued/ index.htm IG Metall Siemens-Dialog: http://dialog.igmetall.de/ BFA: Rentenauskunft http://www.bfa.de Intranetadressen: SBS Betriebsrat: http://sbs-betriebsrat.sbs.de/br_sued/ index.htm Internetadressen: IG Metall Verwaltungsstelle: http://www.igmetall-muenchen.de Namen von Steuerberatern und Rechtsanwälten Betriebsrat NL München R, siehe Notkarte: dürfen wir aus rechtlichen Gründen nicht //intranet.br-regionen.siemens.de/mchr/ nennen. information/infos/m-s/ 2 Prinzip Nr. 3: Wer fragt, führt In Trennungsgesprächen und Meetings werden Sie ständig gefragt: wie Sie das Problem lösen wollen, wo Sie sich beworben haben, was Sie noch tun können, wo man Ihnen noch helfen kann, damit Sie woanders was finden ... Wenn Sie nicht im erwünschten Sinne antworten, werden Sie weiter gefragt im Tenor: „das reicht uns nicht“, usw. Eine einfache Technik, aber in der Regel recht wirkungsvoll. Appelliert wird damit an die Gewohnheit, auf Fragen zu antworten – aus purer Gewohnheit oder Höflichkeit. Die Fragen können dabei verschiedenen Absichten dienen: – Sie dazu zu bringen, Ihre eigene Antwort/Interesse als ungenügend zu betrachten („das hatten wir doch schon“) und Sie so zu nicht durchdachten Kompromissen zu bewegen – Sie auszuhorchen, um Ihre Auskünfte (über mangelnde Qualifikationen, vergangene Fehler, schlechte Auslastung, anstehende Projekte) gegen Sie zu verwenden und Ihnen Steine in den Weg zu legen – Sie unter Rechtfertigungsdruck zu setzen und Sie aus der Reserve zu locken („Können Sie das noch mal erklären, ich habe es nicht verstanden“) und Sie zu unsauberen Formulierungen oder emotionalen Äußerungen zu bewegen, die dann festgehalten („Darf ich das fürs Protokoll festhalten als ....“) und gegen Sie verwandt werden können. Insbesondere Telefonkonferenzen sind dazu ausgesprochen gut geeignet. – Sie zu demütigen („Bitte wiederholen Sie das, damit wir sehen, ob Sie alles verstanden haben.“). Die andere Seite führt Ihnen vor, dass Sie ein kleiner Wicht sind, den man von seinem „hohen Ross“ holen wird. Bis Sie den starken Wunsch verspüren, Ihren eigenen Standpunkt aufzugeben. Ein paar generelle Schlussfolgerungen aus der Verhandlungstechnik der Arbeitgeberseite Trennungsgespräche sind Verhandlungen zwischen ungleichen Vertragspartnern. In diesen Verhandlungen wird Ihnen nichts geschenkt, im Gegenteil: Sie sollen auf Ihren Arbeitsplatz und sonstige Vorteile und Errungenschaften verzichten. Kalkulieren Sie nicht darauf, durch Ihr Entgegenkommen die andere Seite zu Zugeständnissen zu bewegen. Setzen Sie nicht auf Verständigung auf partnerschaftlicher Basis. Vertrauen Sie nicht auf Freundlichkeit, Umgänglichkeit, Ihr bisheriges gutes Verhältnis zu Vorgesetzten, hoffen Sie nicht auf Einsicht in Ihre schwierige finanzielle Lage. Der Firma ist die eigene Lage wichtig. Es geht um Zahlen, es geht nicht um Ihre Person. Wenn Ihnen manche Methoden nicht fein genug sind, ist das Ihr Problem. Es ist Ihre Zukunft, über die Sie entscheiden. Machen Sie sich vor jedem Trennungsgespräch wieder klar: Wenn in Gesprächen „Druck“ ausgeübt wird, kann dies durchaus ein Hinweis auf die objektiv schwierige rechtliche Lage der anderen Seite sein. Sonst würde sie nämlich von vornherein auf den Einsatz psychologischer Methoden verzichten. Dann, wenn Sie es trotzdem, und zwar natürlicherweise, nicht mehr aushalten (und das passiert durchaus irgendwann einmal) und bevor Sie deswegen solche Gespräche beenden wollen, denken Sie trotzdem bzw. gerade deswegen ganz sachlich, so gut es geht, (am besten an einem Schreibtisch) ernsthaft über die realistischen Perspektiven nach, die Sie haben. Es könnte nämlich sein, dass sich nach einem spontanen Beschluss, wenn Sie die Flinte ins Korn geworfen haben, noch mehr Unlust einstellt, z.B. wenn Sie sich statt aus ungekündigter Stellung aus der Situation der Arbeitslosigkeit aus um eine Stelle bewerben müssen ... 3 Möglichkeiten und Strategien der Arbeitnehmerseite Vorweg: ein paar Worte zum Thema Betriebsrat/Schwerbehindertenvertreter Die Institution des Betriebsrats wird zwar in der Regel als notwendig anerkannt, aber selbst auf einen Betriebsrat/Schwerbehindertenvertreter zurückzugreifen, ist zwar nicht sonderlich beliebt. Informieren Sie sich trotzdem auf jeden Fall bei einem Betriebsrat/Schwerbehindertenvertreter Ihres Vertrauens (siehe hierzu den Kasten auf Seite 2). Begleitung durch Betriebsrat/Schwerbehindertenvertreter Die bisherigen Erfahrungen zeigen: Trennungsgespräche ohne Betriebsrat/Schwerbehindertenvertreter sind schwieriger.Nicht umsonst dringen Vorgesetzte des Öfteren darauf, Trennungsgespräche ohne Betriebsrat/Schwerbehindertenvertreter durchzuführen. Und das, obwohl es ist Ihr Recht ist, zu jedem Gespräch mit der Personalabteilung oder einem Vorgesetzten einen Betriebsrat/Schwerbehindertenvertreter, und zwar Ihres Vertrauens hinzuzuziehen. Für und wider Betriebsrat/Schwerbehindertenvertreter in Trennungsgesprächen Contra: Wenn Sie keinen Betriebsrat/Schwerbehindertenvertreter mitnehmen ... ... meinen Sie vielleicht, Sie könnten → Diese Art von Debatte ist nicht vorgesehen. „Restrukturierung“ die verschiedenen Möglichkeiten zur heißt, dass der Betrieb schon radikal auf Kosten hin Erhaltung Ihres Arbeitsplatzes in durchforstet worden ist, die der Betrieb sich nicht mehr leisten einer sachlichen Debatte abklären? will. Ihr Gehalt gehört dazu. ... befürchten Sie, Sie könnten einen → Vergessen Sie es! Ein Trennungsgespräch ist keine schlechten Eindruck machen oder Bewerbung; Sie sollen nicht eingestellt werden, die Firma will unselbstständig wirken, statt sich als sich von Ihnen trennen. Rechnen Sie nicht darauf, dass die angenehm, umgänglich, verhandArbeitgeberseite Ihnen deswegen entgegenkommt, weil Sie lungssicher usw. zu beweisen? sich selbstbewusst oder geschickt anstellen. Ihre ganze Selbstständigkeit nutzt Ihnen in dieser Situation nichts mehr. ... befürchten Sie, Sie könnten einen → Sie verkennen die Lage: Ihr Vorgesetzter hat Sie selbst als unguten Stil in die Gespräche Kandidaten ausgewählt. Jetzt wird Ihr Vorgesetzter von seinen bringen, wo Sie sich doch immer Vorgesetzten daran gemessen, wie gut er seiner Funktion recht gut verstanden haben mit nachkommt, Leute zum Aufgeben zu bewegen. Ob mit oder Ihrem Vorgesetzten? ohne schlechtes Gewissen, ist nicht Ihr Problem. ... Sie könnten sich mit der Arbeitgeberseite besser verständigen? → Das auf keinen Fall. Allenfalls genau so gut. Und nur dann, wenn Sie sehr routiniert in Verhandlungen dieser Art sind. Unterschätzen Sie bitte nicht die Entschlossenheit der Firma, Mitarbeiter billig los zu werden. 4 Pro: Wenn Sie einen Betriebsrat/Schwerbehindertenvertreter Ihres Vertrauens mitnehmen ... ... können Sie sich mit dem Betriebsrat/Schwerbehindertenvertreter Ihres Vertrauens beraten. → Sie können Ihre individuelle Situation und Ihre Absichten besprechen. → Sie können die Gespräche vorbereiten und Ihre individuelle Strategie besprechen (z.B. deutlich ablehnen, oder Einvernehmen unter bestimmten Bedingungen signalisieren, …). → Sie können Ablauf und Inhalte der Gespräche intensiv nachbesprechen. → Sie können eine „Arbeitsteilung“ in der Argumentation gegenüber der Firma ausmachen. → Sie können mit Ihrem Betriebsrat auch besprechen, ob Sie auf andere Mittel zurückgreifen (z.B. auf wiederholt angesetzte Trennungsgespräche, die Ihnen von nicht mehr zielführend vorkommen, mit Abbruch reagieren, Ihr Beschwerderecht beim Betriebsrat wahrnehmen ...). → usw. ... haben Sie einen Zeugen für die → Sie haben nämlich jemanden an Ihrer Seite, der genau weiß, Aussagen der anderen Seite. Allein wann die andere Seite zu weit geht. das verhindert schon einiges. Bitte beachten Sie aber auch: Ein Betriebsrat ist auch Zeuge für die Fehler, die Sie selbst unter Druck machen. Beraten Sie sich deshalb in Ihrem eigenen Interesse mit Ihrem Betriebsrats/Schwerbehindertenvertreters. ... sind Sie zahlenmäßig nicht ganz so unterlegen. → Schon durch die bloße Anwesenheit eines Betriebsrats/Schwerbehindertenvertreters demonstrieren Sie, dass Sie nicht alles ungefragt hinnehmen wollen, was über Sie beschlossen ist. Wenn Sie lieber ohne Betriebsrat/Schwerbehindertenvertreter in Trennungsgespräche gehen – halten Sie sich bedeckt. (Sie können sich gegebenenfalls später immer noch anders entschließen.) 5 Tipps für Ihre Gesprächsführung in Trennungsgesprächen Auch wenn weder Ihr Betriebsrat/Schwerbehindertenvertreter noch Sie den Ablauf von Gesprächen vorprogrammieren können: Sie sollten sich trotzdem auf Trennungsgespräche vorbereiten, um dem neuen Stil der Firma gegenübertreten und Ihre Lösung vertreten zu können – es sei denn, Sie wollen genau das akzeptieren, was über Sie beschlossen wurde. Der Arbeitgeber verfolgt mit sogenannten „Trennungs“gesprächen den Zweck, sich von Ihnen zu trennen. Sie haben aber – trotz dieser Namensgebung – das Recht, Ihre Rolle als Verhandlungspartner in einem Vertragsverhältnis, sprich: einem gültigen Arbeitsvertrag wahrzunehmen. Deswegen sollten Sie sich in Bezug auf Trennungsgespräche ein paar in der normalen Kommunikation übliche Gewohnheiten klar machen. • Man ist gewohnt zu antworten, wenn man gefragt ist. Stoppen Sie diese Gewohnheit ganz bewusst. Überlegen Sie sich stattdessen vor jeder Antwort, was Sie selbst und ob Sie etwas zu dem Gegenstand zu Protokoll geben wollen, vielleicht auch, was Ihr Gesprächspartner mit der Frage bezweckt. Es sind Ihre Aussagen, die zählen. • Glauben Sie nicht, dass es in Trennungsgesprächen allzusehr auf die Art Ihres Auftretens (Nervosität, usw. …) ankommt. Was zählt, ist etwas anderes: Ihr Vorgesetzter tut nur dann etwas für Sie, wenn er Sie nicht anders loswerden kann. • Lassen Sie sich nie auf Zugeständnisse festlegen (Projektarbeiten deutschlandweit, usw.), die Sie nicht wirklich einhalten wollen. • Lehnen Sie Angebote, die Sie nicht annehmen wollen, deutlich ab. • Bleiben Sie sachlich und bewahren Sie Distanz – auch wenn Sie sich durch Aussagen der Arbeitgeberseite provoziert fühlen. Denken Sie daran, dass die Erzeugung von Emotionalität auf einer „zwischenmenschlichen“ Ebene durchaus auch ein bewusst eingesetztes Mittel der Verhandlungsführung innerhalb eines sachlichen Vertragsverhältnisses sein kann. • Wichtig ist vor allem: Rechtfertigen Sie sich nie! Damit akzeptieren Sie nämlich schon im Ausgangspunkt, dass Sie das Problem sind – und in Rechtfertigungsversuchen gibt man in der Regel die Schwachstellen zur Kenntnis, die man erst mal nur selbst von sich kennt. So verschaffen Sie sich selbst eine schlechte Position. • Wenn Sie angegriffen werden und/oder wenn Sie Hilfe brauchen, signalisieren Sie Ihrem Betriebsrat/Schwerbehindertenvertreter – z.B. per Blickkontakt oder Frage (auch deswegen ist es nützlich, nicht allein in ein Gespräch zu gehen), – wann er die Gesprächsführung übernehmen soll. • Glauben Sie nicht, dass Fehler, die Sie in Trennungsgesprächen machen, nicht revidierbar sind: Sie können auch bereits gemachte Zusagen mit einer entsprechenden Begründung widerrufen bzw. klarstellen. Auch einen vorbereiteten Vertrag können Sie noch ablehnen. • Wichtig ist auch für Ihre Verhandlungsführung: Bleiben Sie in den Verhandlungen zur Verfolgung Ihrer Interessen, ungeachtet des Vorgehens der anderen Seite, immer Sie selbst. Sie müssen sich nicht „verbiegen“ und Ihre Rolle oder Persönlichkeit wechseln. 6 Sie haben verschiedene Möglichkeiten, sich auf die Fragen der Arbeitgeberseite zu beziehen, die Sie je nach Ihrer Sachlage am besten mit einem Betriebsrat/Schwerbehindertenvertreter abstimmen. Darüber hinaus stehen Ihnen in Gesprächssituationen folgende Techniken zur Verfügung: • Hören Sie sich aufmerksam die Argumente Ihres Vorgesetzten an. Denken Sie daran: Sie müssen in dieser Situation nicht sofort ein Gegenargument bringen. • Unterschreiben Sie nichs, geben Sie nichts zu und streiten Sie nichts ab. Bitten Sie immer um Bedenkzeit bitten, damit Sie sich in dieser Zeit ausreichend informieren können. • Sie können möglichst wenig aussagen durch Verzögerungsaussagen (mal drüber schlafen, ein interessanter Vorschlag, müsste mal drüber nachdenken, …) und durch Leeraussagen („interessant“) • Sie können das Thema wechseln und zu einem Thema reden, das Sie selbst auf die Tagesordnung setzen wollen. • Sie können über andere belanglose Themen reden. Auch das ist eine Botschaft. • Sie können die Rede des anderen einfach unterbrechen. • Sie können im Notfall auch einfach gar nicht antworten, wenn Sie nicht wollen. Sie sind nicht im Beweiszwang. Keinen Kommentar zu machen, spricht auch nicht gegen Sie. Nur ein Beispiel für eine mögliche Vorwärtsverteidigungsstrategie: Sie (oder Ihr Betriebsrat/Schwerbehindertenvertreter) könnte z.B. fragen, was Ihr Arbeitgeber eigentlich für Sie tut. Das stößt zwar nicht unbedingt auf Entgegenkommen – aber es zeigt, dass Sie nicht schnell aufgeben, also ernst zu nehmen sind. Umgekehrt: Wenn man schweigt, kann man erstens nichts Falsches sagen. Schweigen kann zweitens sogar wirkungsvoll sein, weil die andere Seite dann unter Zugzwang ist. • Machen Sie z.B. eine Pause als „Auszeit“, wenn Sie das – aus welchen Gründen auch immer, die Sie nicht nennen müssen – wollen. Äußern Sie, dass Sie eine Pause möchten, und nehmen Sie Ihren Betriebsrat/Schwerbehindertenvertreter mit. Das ist ein bekanntes und normales Verfahren. • Wenn Sie doch noch einen Betriebsrat zu diesem Gespräch hinzugeziehen wollen und die Führungskraft Ihrem Wunsch nicht entspricht: Sollte dies nicht der Fall sein, bestehen Sie auf Ihrem Recht! • Kommen Sie nach dem Gespräch gegebenenfalls sofort zum Betriebsrat und stellen Sie ihm den Sachverhalt nochmals aus Ihrer Sicht dar! Ein paar nützliche Redewendungen, die Sie nach Belieben ergänzen können … Das ist Ihre Sicht der Dinge. / Das sehe ich anders. Dazu möchte ich mich im Augenblick nicht äußern. Das müsste ich mal überschlafen / mir durch den Kopf gehen lassen. 7 Noch ein paar Tipps allgemeiner Art Generell: – Verhalten Sie sich formal korrekt: Vermeiden Sie alles, was zu einer Abmahnung bzw. verhaltensbedingten Kündigung führen könnte. Unterlassen Sie z.B. privates Mailen, Surfen, Telefonieren; nähere Informationen erhalten Sie beim Betriebsrat. Während des Trennungsgespräches: – Machen Sie sich Notizen. Vor Trennungsgesprächen: – Lesen Sie diesen Ratgeber noch einmal durch, insbesondere die generellen „Schlussfolgerungen aus der Verhandlungstechnik der Arbeitgeberseite“ auf Seite 3. – Beraten Sie sich mit Ihrem Betriebsrat/Schwerbehindertenvertreter. – Üben Sie diese Art von Gesprächen ein, allein oder mit Partnern, Familienangehörigen, Freunden, ... Nach Trennungsgesprächen: – Protokollieren Sie den Ablauf des Gesprächs, möglichst zeitnah und möglichst genau. – Sollten Ihnen nachträglich Fehler auffallen (eine Zusage, die Sie nachträglich nicht mehr einhalten wollen usw.) reden Sie zuerst mit Ihrem Betriebsrat/Schwerbehindertenvertreter und mailen Sie Ihre Richtigstellung mit einer vernünftigen Begründung. Parallel zu Trennungsgesprächen: – Heben Sie alle Unterlagen, die wichtig sind, sicher bei sich zuhause auf, in einem Ordner und als Datei. Dazu gehört z.B. der Nachweis über Bewerbungen, Protokolle über den Ablauf von Trennungsgesprächen, wichtige Mails, damit sie nicht verloren gehen, usw. 8